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Feuerwiderstand

Der Feuerwiderstand (auch Brandwiderstand) bzw. die Feuerwiderstandsklasse eines Bauteils steht für
die Dauer, während der ein Bauteil bei einem Normbrand seine Funktion beibehält. Dabei werden je nach
geprüftem Bauteil definierte Anforderungen u.  a. an die Tragfähigkeit, den Raumabschluss oder die
Wärmedämmung gestellt.

Die Feuerwiderstandsdauer einiger bewährter Konstruktionen wird beispielsweise in Teil 4 der deutschen
DIN 4102 katalogisiert.[1] Die hier aufgeführten Bauteile und Baustoffe können ohne einen Brandversuch
eingesetzt und verwendet werden. Im Rahmen der Erstellung der Verwendbarkeitsnachweise sind
normalerweise Brandprüfungen durchzuführen. Die Verwendbarkeit von normativ nicht abgebildeten
Konstruktionen und solchen, die auch über einen Brandversuch nicht ausreichend klassifiziert werden
können, kann in Deutschland über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, ein allgemeines
bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder durch eine Zustimmung im Einzelfall nachgewiesen werden.

Inhaltsverzeichnis
Einteilung der Bauteile nach Feuerwiderstandsklassen
DIN 4102-2
EN 13501
International
Länder ohne Zulassungspflicht
Normen
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise

Einteilung der Bauteile nach Feuerwiderstandsklassen


Der Feuerwiderstand bildet zusammen mit anderen Kriterien die Feuerwiderstandsklasse eines Bauteils. So
muss beispielsweise eine einflügelige (Feuerschutz-)Tür die Feuerwiderstandsfunktion auch nach einer
festgelegten Anzahl von Öffnungs- und Schließvorgängen (in diesem Fall 200.000 Zyklen) erfüllen.
Manchmal ist ein Bewitterungstest vor der Brandprüfung vorgeschrieben.

Vom Feuerwiderstand bzw. der Feuerwiderstandsklasse eines kompletten Bauteils ist das Brandverhalten
der Baustoffe zu unterscheiden, aus denen sich ein Bauteil zusammensetzt. Das Brandverhalten der
Baustoffe wird in verschiedene Baustoffklassen nach DIN 4102-1 und EN 13501-1 unterteilt. Es wird
unterschieden zwischen brennbaren und nicht brennbaren Baustoffen. Die Art der Überwachung bzw. des
zu erbringenden Nachweises für Bauprodukte richtet sich nach den Bauregellisten. Für Bauprodukte, die
nicht in der Bauregelliste A Teil 1 oder B Teil 1 aufgeführt und an die Anforderungen an den Brandschutz
gestellt werden, wird auf europäischer Ebene und in Deutschland in der Regel eine Fremdüberwachung
und Zertifizierung des Bauprodukts durch eine notifizierte Stelle (europäisch) bzw. eine anerkannte Prüf-,
Überwachungs- und Zertifizierungsstelle (Deutschland) gefordert.

Um ein Bauteil entsprechend seinem Feuerwiderstand zu klassifizieren, ist (mit Ausnahme von in der DIN
4102-4 aufgeführten Bauteilen und Baustoffen) eine Prüfung des Brandverhaltens notwendig. Die Prüfung
des Brandverhaltens erfolgt in Europa auf Grundlage europäisch harmonisierten Normen (z.  B.
EN 13501ff., EN 1363ff. oder EN 13823 zum SBI (Single Burning Item Test)) oder in Deutschland nach
nationalen Normen (DIN  4102-2 oder 4102-14). Eine Klassifizierung der Bauteile in
Feuerwiderstandsklassen erfolgt auf Grundlage der Ergebnisse nach der nationalen DIN 4102 oder der
europäischen EN 13501.

Anforderungen, die an ein Bauteil gestellt werden, ergeben sich aus der jeweils geltenden
Landesbauordnung (LBO) bzw. der Musterbauordnung (MBO).

Das montierte Bauteil muss nachweisbar aus normgerechtem und überwachtem Material bestehen. Des
Weiteren ist es zwingend notwendig, die Toleranzen der einschlägigen Zulassung (Beispielsweise die
Anforderungen an die Mindestdicken in der DIN 4102-4) einzuhalten. Zum Beispiel: Eine Decke, die aus
einem spezifizierten Beton besteht, welche einen 120-Minuten-Feuerwiderstand erreicht hat und in der
Stärke 120  mm geprüft wurde, darf nicht unter dieser Stärke eingesetzt werden, wenn diese
Feuerwiderstandsklasse beim Bau verlangt wurde. Derartige Toleranzen, wie zum Beispiel die
Mindestdicke eines Materials, sind Teilbestand der bauamtlichen Zulassung. Die Klassifizierung wird im
Bau auch nur dann erreicht, wenn die Montage des zugelassenen Produktes innerhalb der Toleranzen der
Zulassung erfolgt. Die Zulassung muss zur Zeit der Montage des Produktes auf der Baustelle gültig sein.

DIN 4102-2

Feuerwiderstandsklassen nach DIN 4102-2 und Benennung nach MBO sind:

Feuerwiderstandsklasse Funktionserhalt
deutsche bauaufsichtliche Benennung
Kurzbezeichnung über
F30 30 Minuten feuerhemmend
F60 60 Minuten hochfeuerhemmend
F90 90 Minuten feuerbeständig
F120 120 Minuten hochfeuerbeständig
F180 180 Minuten höchstfeuerbeständig

Bestimmte Bauteile haben eigene Kennbuchstaben, welche anstatt des allgemeinen „F“ benutzt werden
und in den ihr zugeschriebenen Teilen der DIN 4102 beschrieben:

F: Wände, Decken, Gebäudestützen und -unterzüge, Treppen


F: Brandschutzverglasung. (F-Verglasung: Verhinderung der Ausbreitung von Feuer und
Rauch und des Durchtritts von Wärmestrahlung)
T: Feuerschutzabschlüsse (Türen, Tore und Klappen)
G: Brandschutzverglasung (G-Verglasung: Verhinderung der Ausbreitung von Feuer und
Rauch, der Durchtritt von Wärmestrahlung wird behindert, aber nicht verhindert)
L: Lüftungsleitungen
E: Funktionserhalt von elektrischen Kabelanlagen
I: Installationsschächte und -kanäle sowie Abschlüsse ihrer Revisionsöffnungen
K: Absperrvorrichtungen in Lüftungsleitungen (z. B. Brandschutzklappen)
R: Rohrabschottung und Rohrummantelungen
S: Kabelabschottungen
W: Nichttragende Außenwände einschließlich Brüstungen und Schürzen

Durch Anhängen der Kennung für das Brandverhalten der Baustoffe kann ein Bauteil weiter spezifiziert
werden. So bezeichnet zum Beispiel die Klasse F30-B ein Bauteil der Feuerwiderstandsklasse F30, das in
seinen wesentlichen (tragenden) und übrigen Teilen aus brennbaren Stoffen hergestellt ist. Die Klasse F60-
AB beschreibt ein Bauteil, das nur in seinen tragenden Teilen aus nichtbrennbaren Stoffen besteht.

Trennwände in Gebäuden der Gebäudeklasse 4 müssen zum Beispiel in der Regel F60 erfüllen, Türen in
diesen Wänden T30.
Brandwände müssen zum einen eine Feuerwiderstandsdauer von F90 besitzen und
darüber hinaus mechanischen Stoßprüfungen widerstehen, geregelt in DIN 4102-3.

EN 13501

Als europäische Norm wurde die EN  13501 eingeführt. Teil 2 der Norm behandelt die
Feuerwiderstandsklassen. Die Klassifizierungszeiten der DIN 4102-2 (30, 60, 90, 120 und 180 Minuten)
werden zusätzlich mit den Zeiten 10, 15, 20, 45, 240 und 360 Minuten ergänzt.

Die Leistungseigenschaften der Bauteile werden im Einzelnen mit folgenden Buchstaben abgekürzt:[2][3]

R (Résistance): Tragfähigkeit; kein Verlust der Standsicherheit


E (Etanchéité): Raumabschluss; Verhinderung des Feuer- oder Gasdurchtritts auf die
unbeflammte Seite
I (Isolation): Wärmedämmung (unter Brandeinwirkung); Begrenzung der Übertragung von
Wärme auf die dem Feuer abgewandte Seite
W (Radiation; ursprünglich Watt): Wärmestrahlung; Begrenzung des Durchtritts der
Wärmestrahlung auf die abgewandte Seite
S (Smoke): Rauchdichtheit; Begrenzung des Rauchdurchtritts in abgeschlossenen Räumen
M (Mechanical): Mechanische Einwirkung; Stoßbeanspruchung auf die Wand
C (Closing): Selbstschließend; für Rauchschutztüren und andere Feuerschutzabschlüsse
G: Rußbrandbeständigkeit für Abgasanlagen
K: Brandschutzwirkung; Schutz vor Entzündung oder Verkohlung, für Wand- oder
Deckenbekleidung

Dazu kommen Angaben zur Richtung der Feuerwiderstandsdauer (z. B. i → o, von innen nach außen bei
nichttragenden Außenwänden) oder zu Prüfbedingungen (z. B. konstante Brandbeanspruchung bei 500 °C
(r)).

Eine Wand der Feuerwiderstandsklasse F90 nach DIN 4102 beispielsweise wird nach EN 13501 als REI
90 bezeichnet. Soll diese Wand als Brandwand ausgeführt werden, muss sie die Klassifikation REI 90-M
besitzen (Zusatzkriterium Stoßbeanspruchung für die Brandwand).

Beispiel für eine Klassifizierung nach EN 13501-2: Die Standsicherheit wird von einer tragenden Wand
über eine Dauer von 200 Minuten aufrechterhalten, der Raumabschluss über einen Zeitraum von 110
Minuten und die Wärmedämmung über 44 Minuten. Alle Eigenschaften werden auch unter
Stoßbeanspruchung gewährleistet. Die Klassifizierung dieses Bauteils lautet: R 180 / RE 90 / REI 30 /
REI-M.
In Deutschland ist die DIN EN 13501 mit den Teilen 1 und 2 in die Bauregelliste 2002/1 ff. (Bauregelliste
A Teil 1 Anlage 0.1.2) eingeführt worden.

International

International gibt es hier viele Varianten mit vielfältigen Anforderungen für fast unzählige Bauteile.

In Kanada zum Beispiel legt das kanadische Institut für Bauforschung (Institute for Research in
Construction, ein Teil des National Research Council of Canada, Herausgeber der kanadischen
Musterbauordnung NBC) besondere Anforderungen für Abschottungen für Plastikrohre fest. Durch den
möglicherweise hohen Temperaturunterschied zwischen Innen- und Außentemperaturen (zum Beispiel +20
°C innen und −40 °C draußen vor der Brandentwicklung), verlangt die kanadische Prüfungsnorm, deren
Anwendung in der kanadischen MBO zwingend vorgeschrieben ist, einen positiven Ofendruck von >50
Pa. Dabei müssen im Prüfstand Hauben aufgesetzt werden, in denen der Überdruck künstlich hergestellt
wird. Nach erfolgreichem Abschluss der Brandprüfung wird das Schott ggfs. zusätzlich mit einem 30-PSI-
Löschwassertest über eine bestimmte Zeitspanne belastet.

In den USA dürfen bestimmte Brandschutztüren sogar während der Brandprüfung aufklaffen, allerdings
nur geringfügig.

Länder ohne Zulassungspflicht

Einzigartig im internationalen Bauwesen sind England sowie die US-amerikanische Atomindustrie, wo


keine Zulassungspflicht besteht. Hier bedient man sich einzig der Prüfungsberichte, welche aber nicht in
Zulassungen resultieren, die auf genormte Art und Weise den Prüfungsbericht interpretieren. Im NAFTA-
Kernkraftwerk-Bereich ist es sogar üblich, Montageunternehmen die Prüfkörper in der eigenen Werkstatt
ohne eine amtliche oder unabhängige Bezeugung anfertigen zu lassen.

Das ist in Deutschland unzulässig. Man bedient sich dort rechtlicher Wege, um die Hersteller und
Montageunternehmen vor Gericht im Schadensfalle zur Rechenschaft ziehen zu können. Allerdings ist die
Beweisführung deutlich dadurch erschwert, dass die exakte Materialbeschaffenheit des Prüflings nicht
bekannt ist, zusätzlich dazu ist ohne genormte Interpretation eines Prüfungsberichtes mit folgender
Zulassung die rechtliche Auslegung des selbigen vor Gericht streitbar.

Normen
DIN 4102-2 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile, Begriffe,
Anforderungen und Prüfungen.
DIN 4102-3 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Brandwände und nichttragende
Außenwände, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen.
DIN 4102-4 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und
Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile.
EN 13501-2 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil
2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme
von Lüftungsanlagen.
Musterbauordnung – MBO – zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz
vom 13. Mai 2016.

Siehe auch
Brandprüfung
Brandverhalten
Intumeszenz
Einheits-Temperaturzeitkurve
(Brand-)Schott

Literatur
Frieder Kircher, Rainer Sonntag: Die Roten Hefte, Heft 75 – Vorbeugender Brandschutz. 1.
Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-17-016996-8.
Nabil A. Fouad, Astrid Schwedler: Brandschutzbemessung auf einen Blick nach DIN 4102.
Beuth Verlag, 2010, ISBN 978-3-410-21628-5 (Online (https://books.google.de/books?id=eT
5k2-pk-agC&hl=de))
Klaus W. Usemann: Brandschutz in der Gebäudetechnik: Grundlagen – Gesetzgebung –
Bauteile – Anwendungen. Verlag Springer, 2002, ISBN 3-642-19001-4 (Online (https://book
s.google.de/books?id=TdieX5DsHTEC&hl=de))
Lutz, Jenisch, Klopfer, Freymuth, Krampf, Petzold: Lehrbuch der Bauphysik. Schall – Wärme
– Feuchte – Licht – Brand – Klima. 5. Auflage. Verlag Teubner, Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden
2002, ISBN 3-519-45014-3.
Wilhelm Scholz, Wolfram Hiese (Hrsg.): Baustoffkenntnis. Werner-Verlag, Köln 2007, ISBN
978-3-8041-5227-4.
Katrina Bounin, Walter Graf, Peter Schulz: Handbuch Bauphysik. Schallschutz,
Wärmeschutz, Feuchteschutz, Brandschutz. 9. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, München
2010, ISBN 978-3-421-03770-1.
Ulrich Schneider, Jean Marc Franssen, Christian Lebeda: Baulicher Brandschutz. Nationale
und Europäische Normung. Bauordnungsrecht. Praxisbeispiele. 2. Auflage. Bauwerk
Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89932-086-2.
Hans Michael Bock, Ernst Klement: Brandschutz-Praxis für Architekten und Ingenieure.
Brandschutzvorschriften und aktuelle Planungsbeispiele. 4. Auflage. Beuth Verlag, Berlin
2016, ISBN 978-3-410-24746-3.

Weblinks
Baustoff-Klassifizierung nach DIN EN 13501-1 und Feuerwiderstandsklassen nach DIN
EN 13501-2 auf den Seiten der Hagebau-Brandschutzallianz (https://www.hagebau-brandsc
hutzallianz.de/publish/viewfull.cfm?objectid=282b7af4_7e90_43c1_73c4438ec37b44a9)

Einzelnachweise
1. Ebenso auch in der englischen BS 476 oder in der kanadischen MBO - NBC.
2. Vorlesung Vorbeugender baulicher Brandschutz im Studiengang Sicherheit und
Gefahrenabwehr an der Hochschule Magdeburg-Stendal
3. 2000/367/EG: (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32000D03
67&rid=26) Entscheidung der Kommission vom 3. Mai 2000 zur Durchführung der Richtlinie
89/106/EWG des Rates im Hinblick auf die Klassifizierung des Feuerwiderstands von
Bauprodukten, Bauwerken und Teilen davon (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2000)
1001)

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Diese Seite wurde zuletzt am 30. April 2022 um 09:19 Uhr bearbeitet.

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