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Dietmar Achilles

Die
Fourier-Transformation
'in der
Signalverarbeitung
Kontinuierliche und diskrete Verfahren
der Praxis

~:~ Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1978


Dr.-Ing. DI ETMAR ACH I LL ES
Diplomphysiker, Privatdozent an der Universität Erlangen-Nürnberg
z. Zt. Gastdozent an der Bundesuniversität in Rio de Janeiro, Brasilien

Mit 87 Abbildungen

ISBN 978-3-540-08362-7 ISBN 978 -3-662-11492-6 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-662-11492-6
Library of Congress Cataloging in Publication Data
Achilles , Dietmar, 1933- Die Fourier-Transformation in der Signalverarbeitung . (Hochschultext)
Includes bibliographies and index.
1. Signal processing . 2. Fourier transformations . I. Tille .
TK5102 .5.A286 621.38'043 77-21701
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© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1978.
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1978.
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von jedermann benutzt werden dürften .
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2362/3020 - 5 4 3 2 1 0
Vorwort

Die Fourier-Transformation gehört s e it über 150 Jahren zu den wichtigsten mathe-


matischen Hilfsmitteln der Physik. Viele ihrer z ahlreichen Anwendungen lassen
sich dem Bereich der Signalverarbeitung im weitesten Sinne zuordnen. Ein Beispiel
hierfür ist die Wirkung von Blenden bei der optischen Abbildung, die man als Fil-
terung von zweidimensionalen Signalen interpretieren kann. Noch deutlicher in Er-
scheinung tritt der Aspekt der Signalverarbeitung bei der Analyse von zeitlich schwan-
kenden Vorgängen in der Natur (Seismologie, Meteorologie, Gezeitenforschung usw.)
und in der Technik (Vibrationen, Wechselströme usw. ), die ebenfalls schon seit lan-
gem zu den Aufgaben der Fourier-Transformation zählt. Hier wurde vor allem die
diskrete Variante der Fourier-Transformation, die sogenannte Diskrete Fourier-
Transformation (DFT) zur numerischen Ausführung eingesetzt.

Mit der Begründung der Systemtheorie der elektrischen Nachrichtenübertragung ist


die Fourier-Transformation vor einigen Jahrzehnten in eine neue Phase ihrer Bedeu-
tung eingetreten und zu einem unentbehrlichen mathematischen Werkzeug des Nach-
r ichtentechnikers geworden. Die systemtheoretische Betrachtungsweise ist jedoch
keineswegs ausschließlich auf die Nachrichtentechnik zugeschnitten , sondern sie kann
ebenso vorteilhaft auch auf mannigfal tige Aufgabenstellungen in a nde re n Bereichen der
Technik und der Naturwissenschaften angewendet werden. Diese Erkenntnis hat sich
in den letzten zwölf Jahren weitgehend durchgesetzt, seitdem man die sehr effektiven
Algorithmen der Fast Fourier Transform (FFT) verwendet, die eine Evolution in der
Signalverarbeitung ausgelöst haben. Die Fourier-Transformation ist in dieser jüng-
sten Entwicklungsphase weit über das ursprüngliche Stadium der analytischen Signal-
und Systembeschreibung hinausgewachsen und wird heute auch zur Realisierung von
signalverarbeitenden Systemen mit Hilfe von Di gitalrechnern, sowie zur Identifizie-
rung und zur Simulation allgemeinerer technischer, physikalischer und biologischer
Systeme eingesetzt.

Das vorliegende Buch wendet sich an Ingenieure und Naturwissenschaftler, die in


ständig zunehmendem Maß Problemen der Signalverarbeitung gegen über-stehen, Es
behandelt schwerpunktmäßig die wichtigsten Prinzipien der Fourier-Transforma-
tion , die für die Signalverarbeitung von Bedeutung sind. Die mathematische Dar-
IV Vorwort

stellung ist weitgehend lückenlos und leicht zugänglich. Vorkenntnisse in der System-
theorie sind für das Verständnis nicht erforderlich.

Das einleitende Kapitel illustriert an zwei Beispielen die Begriffe Signalverarbeitung


und Fourier-Transformation. Zunächst wird an einer Aufgabenstellung der Signal-
verarbeitung in der Radar-Astronomie gezeigt, wie man mit Hilfe der Fourier-Trans-
formation aus einem Signal Informationen gewinnen kann, die bei erster Betrachtung
scheinbar völlig unzugänglich sind. Dann wird durch elementare Betrachtungen an
einem linearen zeitinvarianten System die wechselseitige Beziehung zwischen Fourier-
Transformation und Systemtheorie beleuchtet.

Das zweite Kapitel zeigt, wie man mit Hilfe der Fourier-Transformation die Spektren
von Signalen verschiedener Klassen definieren kann. Bei der Betrachtung von Signalen
endlicher Energie werden die wesentlichen Eigenschaften des Fourier-Integrals dar-
gestellt. Dann wird eine leicht zugängliche Einführung in die Theorie der Fourier-
Transformation von Distributionen gegeben, die bei der mathematischen Beschreibung
von Signalen und Systemen eine wichtige Rolle spielen. Die periodischen und die sto-
chastischen Signale werden gemeinsam als Signale endlicher Leistung behandelt. Im
Zusammenhang mit den periodischen Signalen ergeben sich einführende Darstellungen
der Fourier-Reihe und der harmonischen Analyse. Die spektrale Leistungsdichte sto-
chastischer Signale wird zunächst analog zu den periodischen Signalen definiert. Dann
wird durch systemtheoretische Betrachtungen gezeigt, daß diese Definition physika-
lisch sinnvoll ist. Die Behandlung der diskontinuierlichen Signale leitet über in den
Problemkreis der digitalen Signalverarbeitung. Vergleichende Betrachtungen über
analoge und digitale Systeme und über die Zusammenhänge zwischen Fourier-Trans-
formation und DFT schließen das Kapitel ab.

Die diskrete Fourier-Transformation und ihre Eigenschaften bilden den Inhalt des
dritten Kapitels. Für die gesamte Darstellung ist eine einheitliche und übersichtliche
Matrizenform gewählt worden. Der Doppelcharakter der DFT tritt deutlich hervor:
Auf der einen Seite zeigt sie sich als völlig eigenständige unitäre Transformation mit
in sich geschlossenen Abbildungsgesetzen, auf der anderen Seite besteht eine enge
Verwandtschaft zur Fourier-Transformation, die sich in zahlreichen Analogien mani-
festiert. Beide Aspekte haben ihre tiefe Bedeutung in der Signalverarbeitung. Die ge-
wählte Darstellung ist insofern kompatibel, als die Transformationskonstante der DFT
jederzeit als Abtastintervall interpretiert werden kann.

Die Einführung von Dezimierungs- und Segmentierungs-Operatoren ermöglicht eine


Strukturzerlegung der DFT, die unmittelbar auf das Prinzip der schnellen Fourier-
Transformation führt, welche im vierten Kapitel behandelt wird. Für die wichtigsten
FFT-Verfahren werden geschlossene Matrizendarstellungen angegeben. Das gilt ins-
besondere auch für die mathematische Beschreibung von FFT-Flußgraphen bei belie-
Vorwort V

bigen Primfaktorzerlegungen. Ergänzende Prinzipien wie die Anwendung des Uber-


lagerungssatzes der DFT und die Ausnutzung von Symmetrien der trigonometrischen
Funktionen werden neben anderen praktischen Gesichtspunkten erläutert.

Die für die Signalverarbeitung so wichtigen Operationen der diskreten Faltung und
Korrelation werden im fünften Kapitel behandelt. Die auch hier verwendete Matrizen-
form erlaubt übersichtliche Darstellungen der Segmentierungsmethoden bei langen
Signalfolgen. Aufwandungsvergleiche und Abschätzungen günstiger Segmentlängen für
die blockweise vorgenommene Verarbeitung werden angegeben.

Im sechsten Kapitel werden die Zusammenhänge zwischen Fourier-Transformation,


Spline-Interpolation und DFT dargestellt. Es wird gezeigt, wie man diese Beziehun-
gen zur numerischen Fourier-Transformation und in der Signalverarbeitung ausnutzen
kann. Erörtert werden insbesondere digitale und hybride Methoden zur Verarbeitung
von kontinuierlichen Signalen, die durch Spline-Funktionen darstellbar sind.

Das für viele technische und naturwissenschaftliche Anwendunden besonders wichtige


Gebiet der digitalen Bestimmung von Leistungsspektren stochastischer Signale wird
im siebenten Kapitel eingehend erörtert. Hier werden die wichtigsten neueren Ver-
fahren vorgestellt, an vielen praktischen Beispielen erprobt und miteinander ver-
glichen.

Herrn Kival Chaves Weber verdanke ich wesentliche Unterstützung bei der Abfas-
sung des siebenten Kapitels. Insbesondere basieren die dort behandelten Beispiele
auf Ergebnissen, die er im Rahmen seiner Masterarbeit erzielt hat. Mein herz-
licher Dank gilt auch Frau Rita Frizlen i n Erlangen, die das Problem der Rein-
schrift des Manuskriptes in vorbildlicher Weise gelöst hat. Besonderer Dank ge-
bührt schließlich dem Springer-Verlag für die gute Ausführung und die verständ-
nisvolle Zusammenarbeit.

Rio de Janeiro, im Juli 1977 D . Achilles


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung • •. •••• ••••••••••••••• • •••••••••• ••••••••••• 1


1.1 Einführendes Beispiel. ••••• ••••••• • •••••••.••••••••••• 1
1.2 Bedeutung der Signaldarstellung i m Frequenzbereich •••••• ••• ••• 7
1. 3 Liter a tur •• • • • . • • • • • • • . • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • • • • • • . • 10

2 Signale und Spektren • • • • • • • • • • • • . • • 12


2. 1 Signale endlicher Energie •• • ••••• 12
2.1.1 Absolut integrierbare Signale •••••••• ••••••••••• 13
2.1.2 Gibbssches Phänomen, nicht absolut integrierbare Signale •••• 21
2. 1.3 Signaldauer und Bandbrei te, schnell abnehmende Signale und
Spektren • • • • • • • • • • • • • • • • •• • • •• • •••••• 24
2.2 D istributionen ••••••••• •••••••.•• 30
2.3 Signale endlicher Le istung •••• ••••• •• 39
2.3. 1 Periodische Signale •••• •••.• 39
2.3.2 Stochastische Signale . 48
2.4 Diskontinuierliche Signale •..• ••• • . . . 64
2 .4.1 Definition und systemtheoretische Bedeutung ••••••• 64
2.4.2 Probleme der Signaldarstellung durch Abtastwerte .• ••••••• 68
2.4.3 Diskontinuierliche Signale und diskrete Fourier-Transformation 72
2.5 Literatur •••••••• ••••.••••••••••• ••••••••• •••••.•• 75

3 Die diskrete Fourier-Transformation •••• 77


3.1 Definition und Darstellung. • • • •••••• 77
3.2 Abbildungsgesetze ••• • .•••••••••••••••• 80
3.3 Dezimierung und Segmentierung von Folgen ••• 93
3.4 Literatur ••••••• •••••••••••••••••••• •••• 98

4 Die numerische Ausführung der d iskreten Fourier-Transformation •••••• 99


4. 1 Vorbemerkungen • • • • • • • . • . . • • • • • • • . • • • .••••••••••• 99
4.2 Prinzip der schnellen Fourier-Transformation. • .••••• 100
4.2.1 Der Cooley-Tukey-A lgor-ithrnus ••••••••• 100
4.2.2 Bestimmung von FFT-Signalflußgraphen ••• 102
4.3 Anwendung des Uberlagerungssatzes •••.••••••• ••• • 107
Inhaltsverzeichnis VII

4.4 Schnelle Fourier-Transformation bei Zweierpotenzen. • • • • • • • • • •• 111


4.4.1 FFT-Signalflußgraphen. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • •• 111
4.4.2 Einfaches FFT-Programm • • • • • • • • . • • • • • • • • • 116
4.4.3 Algorithmen höherer Basis, reelle Zahlenfolgen. . • 118
4.5 Literatur ••• • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • . • • • • • • • • • • • • • • •• 120

5 Schnelle Faltung und Korrelation • • • • • • • • • • • . • • • • • • • • • • • • • • • •• 121


5.1 Diskrete Faltung und Korrelation als zyklische Operationen. • • • • •• 121
5.2 Segmentierung bei langen Datenfolgen • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 128
5 • 3 Literatur • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 135

6 Fourier-Transformation und Spline-Interpolation in der Signalverarbeitung • 136


6.1 Vorbemerkungen zur Signalverarbeitung • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 136
6.2 Spline-Signale und ihre Spektren. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 138
6.3 Faltung, Korrelation und Deconvolution von Spline-Signalen • • • • • • • 146
6.4 Berücksichtigung von Unstetigkeiten in den Spline-Signalen •• •••••• 152
6.5 Literatur. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 161

7 Digitale Methoden zur Spektralanalyse •• • • • • • • • • • • • • • 163


7.1 Klassische Methoden • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 163
7.2 Mittelung über modifizierte Periodogramme. • • • • • • • • • • • • • • • •• 168
7.3 Glättung von Periodogrammen • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 178
7.4 Literatur • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 183

Sachverzeichnis. • • • • • • . • • • • • • • • • • • • • •• 18'1
1 Einleitung

1.1 Einführendes Beispiel

Aus den zahlreichen Anwendungen der Fourier-Transformation in der Signalverar-


beitung sei zur Einführung ein Beispiel ausgewählt, das einerseits besonders deut-
lich die tragende Rolle der Fourier-Transformation zeigt und andererseits eine
Schilderung der Zusammenhänge unmittelbar aus der Anschauung heraus gestattet:
die Bestimmung der Oberflächenstrukturen von Planeten durch Zeit-Frequenz-Ana-
lyse von Radarim pulsen.

Zunächst einige Vorbemerkungen zur Radar-Astronomie [1.1-1.3J allgemein: Sie


dient der Erforschung unseres Sonnensystems. Nachbarplaneten, Sonne, Mond und
andere Himmelskörper sind dabei Zielobjekte von Radarimpulsen, die über die Pa-
rabolantennen von Radioteleskopen abgestrahlt werden. Ein sehr kleiner Teil der vom
jeweiligen Objekt reflektierten bzw. gestreuten Impulsenergie gelangt wieder zum
Radioteleskop zurück, wird aus den sich überlagernden Rauschsignalen herausgefil-
tert und hinsichtlich der gewünschten Information ausgewertet. Der relativ kompli-
zierte Signalverarbeitungsprozeß wird in der Regel mit Hilfe einer Digitalrechenan-
lage, die direkt mit dem Radarsystem verbunden ist, in Echtzeit ausgeführt. Signal-
auswertungen dieser Art liefern beispielsweise Messungen der Planetenpositionen
und -bahngeschwindigkeiten, die um Größenordnungen genauer sind als bei entspre-
chenden optischen Beobachtungsmethoden. Darüber hinaus erhalten wir Informationen
über die Rotation und die Oberflächenstruktur von Planeten, auch und insbesondere
dann, wenn sie wie die Venus von einer undurchsichtigen Atmosphäre umgeben sind.

Um einen Einblick in die Zusammenhänge zu gewinnen, gehen wir von einer verein-
fachenden Modellvorstellung aus. Der Sendeimpuls sei ein trägerfrequenter Recht-
eckimpuls der Form

für O~t~e
(1.1-1)
sonst.

Die Wahl der Trägerfrequenz f und der Impulsdauer e hängt von den speziellen Ge-
O
gebenheiten desBeobachtungsobjektes und von der dem Experiment zugrundeliegen-
den Fragestellung ab. Typische Werte sind f
O
= 500 MHz und e = 500 IJ.S.
2 Einleitung

Ist R die kürzeste Entfernung zwischen dem Radioteleskop und beispielsweise ei-
nem Planeten, so wird das Echo des Impulses nach einer Laufzeit T = 2R/c regi-
5
striert werden. Aus der Vakuumlichtgeschwindigkeit (c'" 3· 10 km/s) und der
Messung von T läßt sich dann die Entfernung R sehr genau ermitteln. Der Meß-
zeitpunkt wird durch das Eintreffen der Vorderflanke des Echoimpulses bestimmt.
Diese muß durch Reflexion am vordersten Teil des Planeten entstanden sein. Da
auch die weiter entfernt liegenden Teile der von der Erde aus sichtbaren Planeten-
oberfläche zum Echoimpuls beitragen, ist seine Dauer gegenüber der Dauer des
Sendeimpulses um 2r/c länger , wenn r der Planetenradius ist [1.4J .

5
Der als Beispiel angeführte Sendeimpuls enthält ef = 2,5· 10 Perioden der Träger-
O
schwingung. Die zu 1/e proportionale Breite der Spektrallinie ist somit sehr klein
in Bezug auf die Trägerfrequenz. Die Spektrallinie des Echoimpulses ist infolge des
D 0 pp I er - E f f e k t es im allgemeinen gegenüber f verschoben und darüber hinaus
O
auch verbreitert. Hieraus lassen sich Informationen über die Translation, die Rota-
tion und die Oberflächenstruktur des beobachteten Planeten gewinnen, wenn man das
Signal im Frequenzbereich betrachtet, dv h, eine Spektralanalyse vornimmt.
Betrachten wir zunächst die reine Translation. Die Geschwindigkeitskomponente des
Planeten auf die Erde sei zu v Die Trägerfrequenz des Echoimpulses ist dann un-
r•
ter Vernachlässigung relativistischer Effekte durch

(1. 1-2)

gegeben. Damit läßt sich v aus der Frequenzverschiebung des Empfangssignals


r
bestimmen.

Wenn nun der Planet mit der Winkelgeschwindigkeit Q um eine Achse rotiert, die
wir der einfacheren Darstellung wegen als senkrecht zur Verbindungslinie Planet -
Erde annehmen wollen, so sind die Relativgeschwindigkeiten zwischen dem Radio-
teleskop und den einzelnen Oberflächenelementen des Planeten, die alle zum Echo-
impuls beitragen, im allgemeinen verschieden. Daraus resultieren Frequenzver-
schiebungen, die maximal ± 2 fOrQ/c betragen (Bild 1. 1). Das Signalspektrum wird
daher ins ge s a m t um den Betrag

B = 4fO rQ/c (1. 1-3)

verbreitert. Durch Bestimmung von B kann dann auf die Winkelgeschwindigkeit Q


der Rotation des Planeten geschlossen werden. Mit einer solchen Methode wurden
beispielsweise die Eigenrotationen von der Venus und vom Merkur erstmals genau
bestimmt [1.5, 1.6J.
1. 1 Einführendes Beispiel 3

Ein besonders eindrucksvoller Erfolg der modernen Signalverarbeitung ist die Ab-
bildung der Oberflächenstrukturen von Planeten. Von allen Planeten unseres Sonnen-
systems ist die Venus von der Erde aus unter dem größten Öffnungswinkel, der bei
einer mittleren Konjunktion etwa eine Bogenmitte beträgt , zu sehen. Das bedeutet,
daß die Venus und natürlich auch alle anderen Planeten völlig innerhalb des Strahlen-
kegels auch der größten vollsteuerbaren Radioteleskope liegt [1. 7J.

v, =- rQ

Bild 1. 1. Zur Erläuterung des Doppler-Effektes bei


einer Rotation V,= rQ
zum Rodorsyslem

Eine unmittelbare Winkelauflösung der Oberflächenstrukturen ist daher ausgeschlos-


sen. Andererseits enthält das Echo eines Radarimpulses, das sich ja aus vielen Teil-
reflexen an den Unregelmäßigkeiten der Planetenoberfläche zusammensetzt, Informa-
tionen über die gesamte Struktur dieser Oberfl äc he , Diese Informationen aus den
Echoimpulsen herauszuholen, ist eine Aufgabe der Signalverarbeitung. Im folgenden
wird kurz gezeigt, daß dieses Problem gelöst werden kann, indem man die Signale
sowohl im Frequenzbereich als auch im Zeitbereich analysiert.

Oberflächenelemente des Planeten, die zu Teilreflexen der gleichen konstanten Ver-


zögerung führen, liegen auf konzentrischen Kreisen um die Achse Erde - Planet,
Oberflächenelemente, deren durch die Rotation des Planeten hervorgerufenen Rela-
tivgeschwindigkeiten in Bezug auf die Erde konstant sind, liegen dagegen auf konzen-
trischen Kreisen um eine Achse, die auf der Verbindungslinie Erde - Planet und der
Rotationsachse des Planeten senkrecht steht. Diese letzteren Oberflächenelemente
führen demzufolge zu Teilreflexen, die alle die gleiche Dopplerverschiebung aufwei-
sen. In der Projektion auf die Ebene des Planetenbildes sind die Linien gleicher Ver-
zögerung konzentrische Kreise um den Planetenmittelpunkt und die Linien gleicher
Doppelverschiebung Parallelen zur Rotationsachse des Planeten (Bild 1.2). Jedes
Flächenelement in dem so entstehenden Koordinatenraster ist durch eine bestimmte
Verzögerung und eine bestimmte Dopplerverschiebung gekennzeichnet und läßt sich
somit einem bestimmten Zeit-Frequenz-Intervall des Echoimpulses zuordnen.
4 Einleitung

Die Signalleistung in diesem Intervall hängt von der materiellen Zusammensetzung


und der Geometrie des zugehörigen Oberflächenelementes auf dem Planeten ab

Rototionsochse
Linien gleicher Entfernung
\6 linien gleicher
Dopplerverschiebung

Bild 1.2. Orte gleicher Echoverzöge-


rung und gleicher Doppler-
verschiebung

und läßt infolgedessen Rückschlüsse auf diese Struktur zu. Zur Lokalisierung der
Teilechos unterteilt man den Echoimpuls zunächst in einzelne Abschnitte von der

Bild 1.3. Kurzzeitspektralanalyse eines Radarechos vom Mond nach [1. 8J


1. 1 Einführendes Beispiel 5

Dauer des Sendeimpulses, denn diese bestimmt ohnhin die Entfernungsauflösung und
damit die Breite der Entfernungsringe. Dann führt man für jeden dieser Abschnitte
eine Spektralanalyse mit Hilfe der schnellen Fourier-Transformation
(vgl , Kapitel 4) auf einem Digitalrechner durch. Zur Illustration ist in Bild 1. 3 eine
solche Zeit-Frequenz-Analyse (mit relativ grober AUflösung) von einem Radarecho
des Mondes gezeigt [1. 8J. Aufgetragen sind hier die Werte der Signalintensität in
Bezug auf die Frequenz (Abszisse) und die Zeit (Ordinate). Dabei wurde der ge-
samte Echoimpuls in 25 Abschnitte von jeweils 500 IJ.s Dauer unterteilt und für je-
den dieser Abschnitte eine Spektralanalyse durchgeführt. Die im Bild dargestell-
ten Spektren werden von oben nach unten, d vh, mit zunehmender Verzögerungszeit
immer breiter, weil die zugehörigen Entfernungsringe in die Bereiche größerer
Dopplerverschiebungen hineinwachsen.

Eine entsprechende kartographische Projektion der Intensitäten liefert dann (bei ge-
nügend feiner AUflösung) ein Bild der Planetenoberfläche. Die bei Mondaufnahmen
erreichte Genauigkeit - i n Bild 1. 4 is t ein solches Radarbild mit einer Auflösung von
2
1 km gezeigt - gibt die Gewähr, daß auch Planetenaufnahmen wie die in Bild 1. 5
dargestellte Venusoberfläche den tatsächlichen Strukturen entsprechen. Erwähnt
werden sollte noch, daß die Doppeldeutigkeit der Lokalisierung von Zeit-Frequenz-
Intervallen (im Bild 1. 2 die Punkte P und P ") durch s pez i ell e Techniken eliminiert
werden kann. I m Falle des Mondes reicht die Strahlenbündelung der Radioteleskope
aus, um jeweils nur eine der beiden Mondhalbkugeln zu beobachten. Im Falle der
Planeten kann man Interferometer-Methoden [1. 9, 1.10J verwenden, auf die hier
nicht näher eingegangen werden soll.

HAYSTACK R(SEARCH fACILITY


fEBRUARY 1970

LUNAR RADAR CHART


3.8an WAVELENGTH

Bild 1.4. Radarbild vom Mond nach [1. 9J, ermittelt durch Kurzzeitspektralanalyse
des Echosignals
6 Einleitung

Bild 1.5. Radarbild der Venus nach [1. lOJ , ermittelt durch Kurzzeitspektralanalyse
des Echosignals

Das in diesem einleitenden Abschnitt behandelte Beispiel zeigt nur eine der vielen
interessanten Anwendungsmöglichkeiten, die die Fourier-Transformation in der
Signalverarbeitung bietet. Der Sachverhalt mußte hier natürlich stark vereinfacht
dargestellt werden. Die genannten Begriffe und Methoden der Signalverarbeitung be-
werden in den folgenden Kapiteln noch genauer erläutert werden.

Im nächsten Abschnitt betrachten wir weitere Aspekte der Signaldarstellung i m Fre-


quenzbereich.
1.2 Bedeutung der Signal darstellung i m Frequenzbereich 7

1.2 Bede utung der Signaldarstellung im Frequenzbereich

Unter Si g n ale n verstehen wir allgemein Zeitfunkti onen, di e Informationen tragen.


In den meisten Fäll en wird es sich hierbe i um r e ell e e i ndi mens i o na l e Funktionen han-
deln, die sich unmi ttel bar aus den dabei zugrundeliegenden physikalischen Vorgängen
e r gebe n . Man läßt aber auch zugunsten e iner e infa c here n mathematischen Darstel-
lung komplexe Signalfunktionen zu, so z , B. die harmonische Exponentielle, die in der
Sy stem theorie eine wesentliche Rolle spielt (z , B. [1 . 11] ) . Darüber hinaus gibt es
auch echt zweidimensionale Signale, beispielsweise in der Bildverarbeitung , di e zwar
auf e indi m e ns io na l e Signalfunktionen abgebildet werden können, vielfach aber a uc h di-
rekt zweidimensional verarbeitet werden (z , B. [1. 12J). Im folgenden wollen wir je-
doch Signale i m m e r als eindimensionale Zeitfunktionen auffassen.

Wir können Signale übertragen oder speichern und auf verschiedene Weisen verarbei-
ten, bevor wir sie schließlich auf ihren Informationsgehalt hin auswerten. Be i diesen
Operationen ist es vorteilhaft oder sogar notwendig, ein gegebenes Signal in einer an-
deren Form darzustellen , beispielsweise durch Entwicklung nach einem vollständigen
Orthogonalsystem bzw . durch eine Orthogonaltransformation. Die Information is t
dann i n den Koeffizienten der Entwicklung bzw . i n der Bil dfunktion e nt ha lte n und zei gt
sich möglicherweise dam it in einer Form, die di e Verarbeitung und Auswertung we-
sentlich vereinfachen kann .

Unt e r den vielen Orthogonalsystemen, die s c ho n zur Signal da r s tell ung v erwende t wor-
den s ind, ist da s der Sinus- und Cosinus -Funktionen be s onde rs ausgezeichnet . Das
hat eine Reihe von Gründen. Zunächst ermöglicht eine Si gnal darst ellung mittels die-
s e r Funktionen eine Abbildung des Si gnals auf den Fr e q u e n z b er e ich, dem e i ne
unmittelbare physikalis che Bedeutung zukommt - m an denke bei spielsweise an di e
Beschreibung des Doppl ereffektes - und der dem Naturwissenschaftler und In geni eur
entsprechend vertraut ist. Sodann besitzen die Sinus- und Cosinus -Funktionen di e be-
sonders wichtige Eigenschaft, daß s i e Eigenfunkt ionen linearer zeitin-
va r i an te r S y s t em e sind. Für die Signal verarbeitung ist weiterhin sehr wesent-
lich, daß die Signalabbildung a uf den Frequenzbereich digital m it Hilfe der besonders
effektiven Algorithmen der sc h ne 11 e n F 0 u r i er - T r ans f 0 r m a t ion (vgl. Ka-
pitel 4) problemlos und sehr schnell vorgenommen werden kann. Dadurch wiederum
ist es m öglich, die so häufig auftretenden signalverknüpfen Operationen der Fa I -
tun g und der Kor r e la t ion unter erheblichem Zeitgewinn i m Frequenzbereich
als Multiplikationen auszuführen.

Wir gehen hier noch etwas ausf ühr-licher' auf den systemtheoretischen Aspekt ein .
Dazu betrachten wir ein lineares zeitinvariantes S ystem mit einem Ein-
gang und einem Ausgang, be ispielswei s e ein selektives Filte r (Bild 1. 6 ). Das System
8 Einleitung

reagiere auf ein Eingangssignal ut t ) mit dem Ausgangssignal yf t ) ; Wir kennzeich-


nen diesen Zusammenhang mathematisch durch die Operatorgleichung

S[u(t)J = yf t}, (1.2-1)

lineares
u(ljO----i zeitinvariantes 1----<> y ( I )
System Bild 1.6. Lineares zeitinvariantes
System

wobei der Operator S die Einwirkung des Systems auf das Eingangssignal uf t ) sym-
bolisieren soll. Wenn wir speziell als Eingangssignal eine Sinus-Funktion der Fre-
quenz f wählen, die bereits seit unendlich langer Zeit auf das System einwirken
möge,

u( t ) = sin 2TTft (1. 2-2)

so zeigt die Erfahrung, daß das Ausgangssignal eine Sinus-Funktion der gleichen
Frequenz sein muß,

y(t) =a sin(2 TTft + q), (1.2-3)

die sich in der Amplitude a und der Phasenverschiebung CI' im allgemeinen vom Ein-
gangssignal unterscheidet. Bei einem selektiven Filter gilt a'" 1, wenn die Frequenz
f im Durchlaßbereich liegt, und a « 1, wenn s ie im Sperrbereich liegt. Die zuge-
hörige Operatorgleichung ist

S[sin 2 TTftJ =a stnf zrrrt + q). ( 1.2-4)

Die vorausgesetzte Zeitinvarianz des Systems bewirkt, daß bei einer zeitlichen Ver-
schiebung des Eingangssignals um eine beliebige Zeit t das Ausgangssignal um die
o
gleiche Zeit 'o verschoben wird :

(1.2-5)

Hieraus folgt, daß sich die Cosinus -Funktion genauso verhalten muß wie die Sinus-
Funktion. Wir brauchen dazu nur 2 TTft =- TT/2 zu setzen:
O

Sf cos 2TTftJ =a cosf zrrrt + q) (1. 2-6)

Die vorausgesetzte Linearität des Systems entspricht der Gültigkeit des Superposi-
tionsprinzips : Das System antwortet auf eine beliebige Linearkorn bination von belie-
1. 2 Bedeutung der Signal darstellung im Frequenzbereich 9

biegen Eingangssignalen mit genau der gleichen Linearkombination der zugehörigen


Ausgangsssignale. Diese Eigenschaft benutzen wir nun dazu, um das Systemverhal-
ten bei Erregung mit einer harmonischen Exponentiellen

j2TTft
e = cos 2TTft + j sin 2TTft (1.2-7)

(j =v::t', Einheit der imaginären Zahlen) zu studieren, denn diese ist für die Dar-
stellung von Signalen im Frequenzbereich von fundamentaler Bedeutung. Die ent-
sprechende Linearkombination von (1.2-4) und (1.2-6) ergibt

S[ e j2TTftJ -_ a e j(2TTft+cp} • (1.2-8)

Fassen wir den Amplitudenfaktor und den Phasenfaktor zu

(1.2-9)

zusammen, so gilt

(1.2-10)

dvh, eine harmonische Exponentielle beliebiger Frequenz f ist eine Eigenfunk-


ti 0 n linearer zeitinvarianter Systeme, und H ist der zugehörige Eigenwert, der
zahlenmäßig natürlich von der jeweiligen Frequenz f abhängt.

Wenn das Eingangssignal eine Linearkombination von Eigenfunktionen verschiedener


Frequenzen f
n
mit den Gewichtsfaktoren utrn } ist, so gilt

'\' j2TTf t] j2TTf t


S ~ U(fn}e n H(f }U(f}e
n n
n (1.2-11)
[
n

Gehen wir nun zu einem Kontinuum von Eigenfunktionen über, wo die Frequenzen
sich über die gesamte reelle Zahlenachse erstrecken, so wird die Linearkombina-
tion durch ein Integral beschrieben, und das Systemverhalten ist durch

(1. 2-12)

darstellbar. Das Eingangssignal ul t ) wird hier also durch

co
u( t ) f U(f) e
j2TTft
df (1.2-13)
-=
10 Einleitung

mathematisch beschrieben. Die Umkehrung dieser Beziehung führt auf

f
co
j2nftdt.
u(t}e- (1.2-14)
-oo

Wir bezeichnen (1.2-14) als Fourier-Integral und (1.2-13) als inverses


Fourier-Integral. Diese beiden Darstellungen sind umkehrbar eindeutig, wenn so-
wohl uf t ) als auch U(f} absolut integrable Funktionen sind, wie i m nächsten Kapi-
tel noch näher ausgeführt wird. Wir interessieren uns hier zunächst für die Be-
schreibung linearer zeitinvarianter Systeme und betrachten daher auch das Aus-
gangssignal y(t} unter dem Aspekt des Fourier-Integrals. Nach (1.2 -12) gilt

f
co
y(t} H(f)U(f}ej2nftdf, (1.2-15)
-00

und die Umkehrung hiervon ist

f
co
y(t}e-j2nftdt. (1.2-16)
-oo

Es gilt also

vtr) = H(f)U(f). (1.2-17)

Wir bezeichnen H (f) als U be r t rag u n g s fun k t ion des linearen zeitinvarianten
Systems. Sie entspricht der Gesamtheit aller möglichen Eigenwerte, und ihre Kennt-
nis genügt, um die Beziehung zwischen Eingangs - und Ausgangssignal im Frequenz-
bereich vollständig zu beschreiben.

1.3 Literatur

1. 1 Skolnik, M. I. : Introduction to Radar Systems, chapter 14 : Detection of Ex-


traterrestrialObjects. New York, Toronto, London: McGraw HilI 1962.
1.2 Evans, J. V. j Hagfors, T.: Radar Astronomy. New York, Toronto, London :
McGraw Hill 1968.
1.3 Special Issue on Radio and Radar Astronomy. Proc. IEEE 61 (1973), Nr , 9.
1.4 Leadabrand, R. L. j Dyce, R. B. et al: Radio Frequency Scattering from the
Surface of the Moon, Proc. IRE 48 (1960) 932-933 .
1.3 Lit eratur 11

1.5 Carpenter, R.L.: StudyofVenusbyC.W. Radar. Astron. J. 69 (1964) 2-11.


1.6 Pettengill, G.H. ; Dyce, R.B. : A Radar Determination of the Rotation of the
Planet Mercury. Nature 206 (1965) 1240.
1. 7 Hachenberg, 0.; Grahl, B.H.; Wielebinski, R. : The 100-Meter Radio Teles-
cope at Effelsberg. Pr-oc , IEEE 61 (1973) 1288-1295.
1.8 Pettengill, G.H.: Measurements of Lunar Reflectivity Using the Millstone
Radar. Proc. IRE 48 (1960) 933-934.
1. 9 Hagfors, T.; Campbell, D. B.: Mapping of Planetary Surfaces by Radar. Proc.
IEEE 61 (1973) 1219-1225.
1.10 Rogers, A.E.E.; Ingalls, R.P.: Venus, Mapping the Surface Reflectivity by
Radar Interferometry. Science 165 (1969) 797-799.
1. 11 Unbehauen, R. : Systemtheorie. München, Wien: Oldenbourg 1971.
1. 12 Rabiner, L. R.; Gold, B. : Theory and Application of Digital Signal Processing.
Englewood Cliffs, N.J. : Prentice-Hall 1975.
2 Signale und Spektren

Der Schlüssel zur Beschreibung von Signalen im Frequenzbereich ist die F 0 u r i er-
T r ans f 0 r m at ion. Grundlegende physikalische und mathematische Unterschiede
in den hier i nt e r e s s ie r e nde n Signalklassen erfordern zunächst eine individuelle Be-
trachtung. So lassen sich beispielsweise Signale endlicher Energie spektral durch
das Fourier-Integral und periodische Signale durch die Fourier-Reihe beschreiben.
Durch die Einbeziehung von Signalen, die als Distributionen darstellbar sind , kann
dann der Begriff der Fourier-Transformation verallgemeinert und vereinheitlicht
werden. Das hat u, a, den Vorteil , daß die Spektren von Signalen verschiedener
Klassen mathematisch miteinander verknüpft werden können. Außerdem läßt sich
die Fourier-Transformation dann auch einheitlich symbolisieren: Wir verwenden
im folgenden zur Kennzeichnung der Fourier-Transformation sowohl das Symbol
o--e als auch den Operator F . Für die inverse Fourier-Transformation gelten die
1.
entsprechenden Symbole - - . 0 und F- Die Aussage uf t ) 0---4 U(f) bzw. U(f) =
F!u(t)! bedeutet : uf t ) und U(f) sind umkehrbar eindeutig durch die Fou-
rier-Transformation miteinander verknüpft. Die Beziehungen utr) --.0 ut t ) und
u(t) = F- 1 lutr) I folgen dann automatisch.

2.1 Signale endlicher Energie

Wir betrachten in diesem Abschnitt ausschließlich Signalfunktionen, die quadratisch


integrierbar sind :

=
f Iu ( t ) 1
2
dt < 'X. (2 .1-1)
-=
2,
Mathematisch gleichbedeutend damit ist die Aussage : uf t ) E L d.h. ul t ) gehört
den Raum L2 der quadratisch integrierbaren Funktionen an. Physikalisch interpre-
tiert, besagt (2 .1-1), daß wir hier nur Signale endlicher Energie betrachten. Nicht
notwendig verknüpft mit dieser Voraussetzung aber aus physikalischen Gründen sinn-
2.1 Signale endlicher Energie 13

voll ist eine weitere Forderung, die wir zusätzlich für Signale dieser Klassen erheben
wollen : die beschränkte Variation aller Signalfunktionen u(t), die (2.1-1)
erfüllen. Das bedeutet, daß die Kurve, die uf t ) beschreibt, in endlichen Zeitinter-
vallen nur eine endliche Bogenlänge haben soll. Die in diesem Abschnitt zugelasse-
nen Signale müssen also beispielsweise zu allen Zeitpunkten eine endliche Amplitude
haben und dürfen auch nur mit endlicher Frequenz oszillieren. Diese Einschränkung
ist für praktische Probleme unbedeutend, erleichtert aber wesentlich die mathema-
tische Behandlung.

2.1.1 Absolut integrierbare Signale

Aus mathematischen Gründen ist es notwendig, eine weitere Klassifizierung der


betrachteten Signale vorzunehmen. Die Gültigkeit bestimmter Aussagen hinsicht-
lich der Fourier-Transformation hängt davon ab, ob die Signalfunktionen absolut
integrierbar sind oder nicht. Wenn

co

f lu(t) Idt < = (2.1-2 )


-=
1 1
gilt, dann ist u( t ) E L , d, h, u( t ) gehört dem Raum L der absolut i nt e gr i e r ba r e n
Funktion an.

Das Kriterium (2.1-2) ist für die Signaltheorie etwas problematisch, weil es ein
mathematisches Kriterium und kein physikalisches ist. Die Frage nach seiner Gül-
tigkeit läßt sich somit nicht unmittelbar aus physikalischen Uberlegungen heraus be-
antworten, wie das etwa bei dem Energiekriterium (2.1-1) der Fall ist. Erschwe-
1 2
rend kommt hinzu, daß von den beiden Räumen L und L keiner den anderen voll-
ständig urnfaßt ; es gibt also quadratisch integrable Funktionen, die nicht absolut in-
tegrierbar sind, und absolut integrable, die nicht quadratisch integrierbar sind.
In der Regel kann man davon ausgehen, daß die bei praktischen Anwendungen vor-
kommenden Signale endlicher Energie auch absolut integrierbar sind. Bei grund-
legenden system theoretischen Betrachtungen spielen jedoch nicht absolut integrable
Signale endlicher Energie eine nicht unwesentliche Rolle.

1
Wenn uf t ) E L ist, konvergiert das Fourier-Integral

co
u(f) S u(t)e-
j2TIftdt
(2.1-3)
-=
14 2. Signale und Spektren

für alle reellen Werte von f. Mit utr) existiert dann eine Signal darstellung im Fre-
quenzbereich, die wir das (komplexe) Amplitudenspektrum des Signals nen-
nen. Die Umkehrung

I
0::>

u( t ) U (f) ej2Tlft df (2.1-4)


- 0::>

ist eindeutig für alle Werte von t , an denen uf t ) stetig ist. Wenn uf t ) nicht über-
all stetig ist, muß man (2.1-4) durch die allgemeinere Umkehrformel

a
lim
a .... O::>
f
-a
U(f)e j2Tlft df 1 ( u(t
='2 + 0) + uf t - 0) ) (2.1-5)

ersetzen. Das Integral hierin unterscheidet sich von dem in (2.1-4) durch die Art
des Grenzüberganges : Während man (2.1-4) entsprechend der allgemeinen Defini-
tion der uneigentlichen Integrale als Grenzwert eines Integrals mit der unteren
Grenze -a und der oberen Grenze +b erklärt, wo a und b unabhängig voneinander
gegen unendlich streben, sind in (2.1-5) obere und untere Grenze miteinander ge-
koppelt. Man nennt das letztere den Cauchyschen Hauptwert von dem un-
eigentlichen Integral in (2.1-4). Der Cauchysche Hauptwert kann existieren, auch
wenn (2.1-4) nicht konvergiert.

Als Beispiel betrachten wir einen Schaltvorgang endlicher Dauer bzw. einen Recht-
eckimpuls (Bild 2.1) :

für - T <T
{~
~t
u( t ) (2.1-6)
sonst.

Bild 2.1. Rechteckimpuls der Dauer

o
.t 2T

Die Ausführung des Fourier-Integrals (2.1-3) führt auf das Amplitudenspektrum


(Bild 2.2) :

U( r) (stn 2TlfT)/ (rrr}, (2.1-7)


2.1 Signale endlicher Energie 15

3
"1

Bild 2.2. Fourier-Transformierte des Rechteckimpulses von Bild 2.1

Die Umkehrformel (2 .1-5) liefert dann mit

lim f
a
U(f)e
j2TTft
df =
11 für It I < T
1/2 für [t I =T (2.1-8)
a->= -a 0 für It I >T
eine Zeitfunktion, die sich in den Zeitpunkten ±T von dem ursprünglich gegebenen
Signal ut t ) unterscheidet. Man muß also beachten, wenn man das Signal in den
Schaltzeitpunkten durch den Wert 1 bzw. 0 definiert, daß die inverse Fourier-
Transformation des zugehörigen Spektrums in diesen punkten auf das arithmetische
Mittel 1/2 führt. Die tiefere Ursache eines solchen Verhaltens bei der inversen
1
Fourier-Transformation liegt darin, daß eine nichtstetige Signalfunktion uf t ) E L
eine Fourier-Transformierte hat, die ihrerseits nicht absolut integrabel ist. Die
Fourier-Transformation führt also hier aus dem Ll_R au m hinaus. Die Folge davon
ist, daß die Umkehrformel (2.1 -5) anstelle von (2 .1-4) verwendet werden muß
1 1
(vgl , Abschnitt 2.1. 2). Für u( t ) E L und utr) E L sind dagegen (2.1-3) und
(2.1-4) umkehrbar eindeutig.

Im folgenden sind die wichtigsten Ab b i 1 dun g s g e set zeder Fourier-Transfor-


mation zusammengestellt. Auf Beweisführungen, die in den meisten Fällen sehr
einfach und direkt zu vollziehen sind, wird hier verzichtet, zumal sie in vielen Bü-
chern über Fourier-Transformation, Systemtheorie etc. ausführlich erörtert werden
(z.B. [2.1, 2.2J) . Wir verwenden dabei die zu Anfang des Kapitels eingeführte Sym-
bolik. Die Existenz der Beziehung U(f) = F !u(t) I bzw. ul t ) 0-. utr) wird im fol-
genden vorausgesetzt.
16 2. Signale und Spektren

Maßstabsänderung

uf at ) ~ _1_ U{f/a) , a reell und


[a ]
*0 (2.1-9)

U(af) ..-<> I~I u(t/a) (2.1-10)

Zeitliche Verschiebung

(2.1-11 )

Frequenzverschiebung

(2.1-12)

Differentiation i m Zeitbereich

1
Wenn u( t ) n-rnal differenzierbar ist und u (ri) (t ) E L , so gilt

(2.1-13)

Für v = 0 , 1 , ••• ,n-1 gilt außerdem u( v)(t) EL 1 und

lim u(v)(t) = O. (2.1-14)


[t I ->00

Differentiation im Freguenzbereich

Wenn t \lu(t) EL 1 für v=0,1, ••• , n ist, so existiert U(n)(f), und es gilt

(2.1-15)

Mehrfache Anwendung der Fourier-Transformation

Wir verwenden den Operator der Fourier-Transformation

f
00
j2nftdt
F[u(t)] u(t)e- = urr) (2.1-16)
_00
2.1 Signale endlicher Energie 17

und erklären seine zweifache Anwendung durch

f
CD
j2TTftdf.
U(f)e- (2.1-17)
-CD

Durch Bilden der inversen Fourier-Transformation von u( -t) kann man leicht zeigen,
2
daß der Operator F das Signal uf t ) lediglich zeitlich invertiert:

2
F [u(t)] = u(- t). (2.1-18)

4
Hieraus folgt, daß der Operator F der Einheitsoperator ist:

4
F [u(t)] =uf t}, (2.1-19)

3
Infolgedessen muß der Operator F der inversen Fourier-Transformation entspre-
chen :

*
F 3 =F -1 =F, (2.1-20)

1
wobei noch hinzugefügt wird, daß der Operator F- offensichtlich auch dem konju-
giert-komplexen Operator F* entspricht. Mit dieser Schreibweise läßt sich die Ab-
bildung der zeitlichen Spiegelung eines reellen Signals uf t ) 0---. U(f) auf den
Frequenzbereich sehr einfach darstellen:

F[u(-t)]=F *[u(t)]=U l~ (f). (2.1-21)

Operatoren mit der Eigenschaft (2.1-19) nennt man "zyklisch vom vierten Grade".
Sie besitzen nur die vier Eigenwerte ±1 und ±j (vgl , Abschnitt 2.1.3). Die gleiche
Eigenschaft hat auch der Operator der diskreten Fourier-Transformation (vgl , Ka-
pitel 3).

Faltung

Die Faltung zweier Signale u (t ) und u ist durch


1 2(t)

f
CD

u (t )
1
* u 2(t) = u (T)U ( t - T)dT = y(t)
1 2
(2.1-22)
_00

definiert. Für die Existenz der Faltung ist hinreichend, daß eines der bei den Signale
endliche Energie besitzt, während das andere nur beschränkt sein muß. Die Faltung
18 2. Signale und Spektren

wird wie ein Produkt geschrieben, weil sie sich wie ein solches verhält: Sie ist
kommutativ,

(2.1-23)

1
und für u u 2' u E Lauch ass 0 z i a ti v :
1' 3

(2.1-24)

Bei einem Faltungsprodukt von beliebig vielen absolut integrablen Signalen i s t es


daher gleichgültig, in welcher Reihenfolge man sie anordnet und die sukzessiven
Faltungen ausführt. Diese Eigenschaften der Faltung gehen unmittelbar aus ihrer
Abbildung durch die Fourier-Transformation hervor: Die Faltung zweier Signale
u (t) ~ V (f) und u ~ V ( f ) wird auf das Produkt ihrer Fourier-Trans-
1 1 2(t) 2
formierten abgebildet:

(2.1-25)

Korrelation

Die Kreuzkorrelationsfunktionen zweier reeller Signale endlicher


Energie u (t ) und u (t) sind erklärt durch
1 2

f
co
Cll
12(t)
u
1(T)u2(t
+ T)dT = u *u t}, (2.1-26)
1(t) 2(-
_CC'

=
Cll
2 1(t)
f u
1(t+T)u2(T)d
T=u
1(
-t)*u
2(t).
(2.1-27)
_ CC'

Diese Korrelationsoperationen lassen sich wie dargestellt durch Faltungsoperationen


ausdrücken. Die Abbildung auf den Frequenzbereich ist infolgedessen mit (2. 1-25)
unter Berücksichtigung von (2.1-21) bei Existenz von "i ~ V
1
und "a ~ V
2
leicht anzugeben :

<P
12
(f) = F[ CP12(t)] = F[u (t) * u t)]
1 2(-
2 3
= F[u *F [u = F[u [u
1(t) 2(t)]] 1(t)]F 2(t)]
= V 1(f)V;(f), (2.1-28)

Entsprechend ergibt sich

(2.1-29)
2. 1 Signale endlicher Energie 19

Die Au t 0 kor r el at ion s fu n k t ion eines reellen Signals endlicher Energie ist
definiert durch

co
CPl1(t) f u
1(T)u1(t+
T)dT =u
1(t)*u1(-t).
(2.1 -30)
-co

Mit "i a---. U1 ergibt sich die Abbildung auf den Frequenzbereich zu

(2.1-31)

Multiplikation

Das Produkt zweier Signale "i a---. U und "z a---. U wird durch die Fourier-
1 2
Transformation auf die Faltung der zugehörigen Spektren U und U abgebildet:
1 2
co
u
1(t)u2(t)
a---. U
1(f)
*U
2(f)
= f U
1(cr)U2(f-
cr)dcr. (2.1-32)
-co

Parsevaische Gleichung

Aus (2.1-32) folgt unmittelbar die Parsevaische Gleichung in der Form

co co
f
_co
u (t)u
1 2(t)dt
= f U
1(f)U2(-f)df.
(2.1-33)
-co

Eine einfache Umformung führt auf

co co
f u 1 (t)u;(t)dt = f U 1 (f)U;(f)df. (2.1-34)
-co -co

Speziell für u =u = u a---. U gilt


1 2

co co
f lu(t)!2 dt= f IU(f)1
2df.
(2.1-35)
-co -co

Die Signal energie ergibt sich also auch durch Integration über das Absolutquadrat
2
des Amplitudenspektrums. Wir nennen diese Größe 4>11 = IU(f) 1 deshalb die
spektrale Energiedichte des Signals. Aus (2.1-31) folgt, daß die spektrale
20 2. Signale und Spektren

Energiedichte und die Autokorrelationsfunktion durch die Fourier-Transformation


miteinander verknüpft sind.

Symmetrien

Wir betrachten zunächst eine re e 11 e Signalfunktion u {t} und zerlegen sie mit

uf t ) = ug (t ) + U
u
(t ) {2.1-36}

in einen geraden Anteil

{2.1-37}

und einen ungeraden Anteil

{2.1-38}

Die zugehörige Fourier-Transformierte utr) wird in Real- und Imaginärteil auf-


gespalten:

utr) = V r (r) + j u.rr).


1
{2.1-39}

Man kann leicht zeigen, daß Vr{f} die Fourier-Transformierte des geraden Signal-
anteils

(2.1-40)

und j U i (f ) die des ungeraden Signalanteils

u (t ) ~ j V . (r) {2.1-41}
u 1

ist. Außerdem ergibt sich, daß Vr{f} eine gerade Funktion und Vi{f} eine unge-
rade Funktion sein muß.

Um das entsprechende Abbildungsgesetz für den allgemeinen Fall kom p l e x e r


Signalfunktionen ul t ) anzugeben, zerlegen wir sowohl uf t ) als auch utr) in den
jeweils geraden und ungeraden Anteil {erster Index : g bzw, u ) und diese Anteile
wiederum in Real- und Imaginärteil (zweiter Index : r bzw, i}, Mit diesen ersicht-
lichen Bezeichnungen ergeben sich die folgenden Teilabbildungen:

u( t ) u {t ) + U ( t ) + j u . {t ) + j u . {t }
gr ur gl Ul

r I
utr) V
~
(f)+V (f)+jV.(f) +jV .(f)
{2.1-42}
gr ur gl Ul
2 .1 Signale endlicher Energie 21

2.1.2 Gibbssches Phänomen, nicht absolut integrierbare Signale

Wir betrachten zunächst das Beispiel aus Abschnitt 2. 1. 1 etwas genauer. Dazu führen
wir die Sprungfunktion

für t ~ 0
(2.1-43)
für t <0

ein. Diese ermöglicht es, den durch (2.1-6) definierten Rechteckimpuls in der Form

uf t ) = set + T) - set - T) (2.1-44)

darzustellen. Wir definieren außerdem die rechteckförmige Bewertungsfunktion

für Ifl ~ a
Q (r) = { 1 (2.1-45)
a 0 sonst

im Frequenzbereich, die im Zeitbereich der Funktion

(sin 2nat)/(nt) =
=
f Qa (f)ej2nftdf (2.1-46)
-=
entspricht. Unter Verwendung des Faltungssatzes (2.1-25) ergibt sich dann für die
inverse Fourier-Transformation von utr)
=
f f
a
j2n ft j2nft
lim U(f)e df = lim U(f)Qa (f)e df
a~=
~
a~=
-=
= lim !u(t) * «sin 2nat)/(nt» I
a~=

= lim !(s(t + T) - sf t - T» * «sin 2nat)/(nt» I


a~=

= sin 2 na( t - T) =
f sin2na(t - T)
1f
= lim dr -
n( t - T) n(t - T)
a~=
-T T

Wir haben nun den Grenzwert der Funktion

u (t) =.!{S .(2na(t+T» -S .(2na(t-T»! (2.1-47)


a n I l

für a ~ co mit der ursprünglichen Signalfunktion u( t ) zu vergleichen. Die hierin


auftretende Integralsinusfunktion
22 2 . Signale und Spektren

(2.1-48)

(z , B. [2. 3J) ist in Bild 2.3 dargestellt. Für entsprechend große Werte von a ergibt
sich dann etwa der in Bil d 2.4 dargestellte Verlauf von u (t}, Wir stellen fest, daß
a

5j(z)

Bild 2.3. Integralsinusfunktion Si (z )

Uo

.../0(1)
,...
11 \

I ~
':"2:n:o1 0 2:n:01- 2:n:ot

Bild 2.4 . Verlauf von ua(t) für große Werte von a

eine Vergrößerung von a nur den Maßstab der Zeitachse beeinflußt. Mit wachsen-
dem a rücken die Schwingungen von u (t ) immer näher an die Stellen t =- T bzw,
a
t = T heran. Die gegenseitige Beeinflussung der bei den Integralsinusfunktionen wird
immer geringer, so daß für sehr große a das Verhalten von u (t) bei t = - T prak-
a
tisch nur durch die erste Integralsinusfunktion in (2. 1-47) und bei t = T durch die
zweite bestimmt wird. Die Höhen der größten Uber- und Unterschwinger (Betrag
etwa 9 ~ der Rechteckhöhe) verändern sich dann bei wachsendem a kaum noch, und
wir erhalten in der Grenze a -+ = die in Bild 2.5 gezeigte Signalfunktion , bei der alle
Oszillationen in die Punkte t = - T bzw. t = T hineingewandert sind. Diese Erschei-
nung, die in ähnlicher Form allgemein bei der Rücktransformation aus dem Frequenz-
bereich an allen SprungsteIlen der Signalfunktion auftritt, ist als Gib b s s c h e s
P hä no me n bekannt.
2.1 Signale endlicher Energie 23

Die Funktion lim u (t) und die ursprüngliche Signalfunktion u{t), die in Bild 2.1
a
a"' =
dargestellt ist, unterscheiden sich in den Zeitpunkten t = ±T. Sie haben aber die
2
gleiche Fourier-Transform ierte utr) E L , die durch (2 .1-7) gegeben ist. Die Ein-
deutigkeit der Rücktransformation von urr) in den Zeitbereich ist also nicht gege-
ben, solange wir an der Forderung der punktweisen Ubereinstimmung festhalten.
Fordern wir jedoch statt dessen nur eine Ubereinstimmung i m qu a d rat i sc h e n
Mit tel, d. h, betrachten wir zwei Funktionen u (t) und u (t) als gleich, wenn
1 2
ihre mittlere quadratische Differenz verschwindet,

I
co
2
Iu
1
(t ) - u (t )
2
1 dt = 0, (2.1-49)
-=
1,0

0,8 I ......- lim u


Q (! )
Va -co
0,6
0,4
0,2

-1 o

Bild 2.5. Gibbssches Phänomen

so wirken sich offensichtlich Abweichungen in einzelnen Punkten nicht aus, und wir
können in diesem Sinne die Umkehrtransformation als eindeutig betrachten. Auf
2
dieser gelockerten Forderung basiert die Fourier-Transformation im L -Raurn , die
2 2
von Plancherel entwickelt wurde. Für uf t ) E L und U(f) E L gilt umkehrbar ein-
deutig

a
utr) = l.i.m.
a"' = I
-a
u{t)e-j2nftdt (2.1-50)

a
u( t ) = l.i.m.
a"' = I
-a
u(f) ej2nftdf, (2.1-51)

wobei das Symboll.i.m. bedeutet , daß hier nur die Konvergenz im Mittel gefordert
wird, während in (2.1-3) und (2.1-4) die Konvergenz punktweise gegeben ist. Die
2
Fourier-Transformation im L -Raum verläuft konform mit der im Li-Raum. Die Er-
24 2. Signale und Spektren

gebnisse beider Transformationen stimmen " fa s t überall" überein, dvh , sie unter-
scheiden s ic h gegebenenfalls nur an einzelnen Punkten wie bei dem betrachteten Bei-
spiel. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf [2.4 J verwie sen.

2.1.3 Signal dauer und Bandbreite, schnell abnehmende Signale und Spektren

Aus den Differentiationssätzen (2.1-13) und (2.1-15) kann man den Einfluß der Ge-
stalt von ul t ) auf die von U(f) und umgekehrt ablesen : Wenn u(n) (t) E Li ist, so
existiert die zugehörige Fourier-Transformierte, und es muß gelten

lim !(j2nf)nU (f) I =0 , (2.1-52)


f"'± C('

n
dv h, u(f) muß für f ... ±O2 stärker als Ifl- gegen Null streben. Hieraus folgt :
Je öfter uf t ) differenzierbar ist, um so stärker strebt utr) gegen Null für f ... ± co,
Entsprechendes gilt umgekehrt, wenn U(n)(f) E Li ist: Je öfter U(f) differenzier-
bar ist, desto stärker strebt u ( t) gegen Null für t ... ± O2.

Diese asymptotischen Eigenschaften von Signalfunktionen und ihren Spektren legen


die Frage nahe, wie sich Signaldauer und Bandbreite zueinander verhalten. Dazu
müssen diese beiden Größen durch relativ willkürliche Vorschriften im Zeit- und im
Frequenzbereich definiert werden, denn ein Signal und das zugehörige Spektrum kön-
nen nicht gleichzeitig von endlicher Breite sein, wie aus dem asymptotischen Ver-
halten hervorgeht. Für praktische Zwecke bieten sich hi er in erster Linie Sc h w e l-
I e n kr i t e r i e n an. Man definiert danach z. B. die Signaldauer e als das kleinst-
mögliche Zeitintervall, außerhalb dessen eine vorgegebene Schwelle der Höhe q be-
tragsmäßg nicht mehr überschritten wird (Bild 2.6). Entsprechend erfolgt die Defi-
nition der Bandbreite des Signals.

q
O J.-..-q------~---7'~..:::>..,;;;;;;;>o".....",=----:-
- q 1----,1-- - - - - -1-""'-''''------- - - -
I---e --~

Bild 2.6. Zur Definition der Impulsdauer durch e in Schwellenkriterium


2.1 Signale endlkher Energie 25

Für allgemeine mathematische Aussagen bevorzugt man E ne r gi e kr i t e r i e n


zur Definition von Signaldauer 18 und Bandbreite B :

182
=
f (t - t ,2 dt, (2.1-53)
O)2!u(t)
-=
=
B
2
= f (r - f O)21 utr) 12 df . (2.1-54)
-=
Hierbei ist die Signal energie

= =
f !u(t) 1
2
dt = f IU(f) 1
2
df = 1
-= -=
als normiert vorausgesetzt, und t
o und fO sind die Schwerpunkte der Energie-
dichten im Zeit- bzw , im Frequenzbereich:

=
to = f t lu ( t ) 2 dt , 1 (2.1-55)
-=
=
f O = f flu(f) df .
2
1 (2.1-56)
-=
Es gilt dabei die "Unschärferelation"

eB~1/(4TT). (2.1-57)

Den Beweis führen wir für reelle Signale u( t) und unter den vereinfachenden Annah-
men t
o=0 und f = O. Wir gehen aus von der Schwarzsehen Ungleichung
O

b b b

I f g 1 (t) g2 (t ) dt 1
2
,,;;; f I g1 (t ) 1
2
dt f I g2 «: 2
1 dt, (2.1-58)
-a -a -a

lassen hierin die Integrationsgrenzen a und b gegen = gehen und setzen die Funk-
tionen g1 (t ) = t ut t ) und g2(t) = du/dt ein :

= = =
f t u(t ) ~~ 2
dtj2 ,,;;; f i t u ( t ) 1 dt f (2.1-59)
-= -= -=
26 2. Signale und Spektren

Da Signale endlicher Energie für t ... ±co stärker als l/Vt verschwinden müssen und
die Signalenergie als normiert vorausgesetzt wurde, erhält man durch partielle In-
tegration
co

f ()
-co
dU
tut <rrdt=-2'
1
(2.1-60)

Aus dem Differentiationssatz (2.1-13) und der Parsevalsehen Gleichung (2.1-35)


folgt andererseits

co co
f I ~~ 1
2
dt = f
_ce
!2 TTfU(r) 1
2
df , (2.1-61)

und Einsetzen in (2.1-59) ergibt

co co
i<4 TT2 f t
2Iu(t)/2
dt f ~IU(f)12df, (2.1-62)
-co

woraus (2.1-57) folgt.

Das Gleichheitszeichen in der Unschärferelation gilt für die Gaußsehe Glockenfunk-


tion exp( - a2 t 2 ) , a reell. Diese gehört zu einer Klasse von Signalen, die für t ... ± co
schneller als jede Potenz mit negativem Exponenten gegen Null streben und außerdem
unendlich oft differenzierbar sind. Funktionen mit solchen Eigenschaften nennen wir
1
sc h ne 11 ab n e h me n d [2. 4J. Sie bilden einen Teilraum von L und werden durch
die Fourier-Transformation wieder auf denselben Teilraum abgebildet . Schnell ab-
nehmend sind beispielsweise die Her mit es ehe n Fun k t ion e n, die uns hier be-
sonders interessieren, weil sie die interessante Eigenschaft besitzen, invariant ge-
gen die Fourier-Transformation zu sein. Diese Funktionen sind für n = 0,1,2, •.•
Lösungen der Differentialgleichung

(2.1-63)

und lassen sich mittels der Her mit es ehe n Poly no me H (x) darstellen durch
n

2
H (x)e- x /2
W (x) _ ~n===-
n V
n! 2n 'fiT (2.1-64)
2. 1 Signale endlicher Energie 27

Die Hermiteschen Polynome ihrerseits ergeben sich aus

2
H (x) e -x (2.1-65)
n

und genügen der Rekursionsformel

H
n+
l(x) = 2xH n (x) - 2nH
n-
l(x). (2.1-66)

Es gilt beispielsweise HO(x)


1
= 1,
H (x ) = 2x und H
2(x)
= 4x 2 - 2. Aus (2.1-66)
und (2.1-64) folgt eine Rekursionsformel für die Hermiteschen Funktionen:

(2.1-67)

Bild 2.7 zeigt die Funktionen *0 bis *6' Die Hermiteschen Funktionen bilden ein
vollständiges Orthogonalsystem und sind in der durch (2.1-64) definierten Form
normiert:

f
0:::
für n =m
lIr n (x ) *m (x ) dx = <'>nm (2 .6-68)
-= für n '" rn ,

'l'lxl

Bild 2.7. Hermitesche Funktion

Wir zeigen nun, daß die Hermiteschen Funktionen Eigenfunktionen der Fou-
r i er - T r ans f 0 r m at ion sind. Zuerst berechnen wir die Fourier-Transformierte
von *0 ' lassen dabei aber einen zunächst noch beliebigen reellen Skalenfaktor a zu .
Es gilt dann

f f
=
co
22
lIro ( at ) e - j2TTft dt = (TT)-1/4 e- a t / 2 - j2 TT ft dt •

-= _0:::
28 2. Signale und Spektren

Die Integration läßt sich leicht auf

=
f e -z2 dz ='fiT (2.1-69)
-OO

zurückführen, indem man den Exponenten zu einem vollständigen Quadrat ergänzt


und geeignet substituiert :

-= _00

f
00

=V[
2
e -2 (TTf/a}2 e- z dz
_00

= 'f'2TT e -2 (nr/a ) 2 (2.1-70)


a

Die Fourier-Transformierte von *0 ist also auch eine Glockenfunktion. Die Form
hängt vom Skalierungsfaktor a ab. Lassen wir a wachsen, so wird die Zeitfunktion
schmal und die Frequenzfunktion breit. Umgekehrtes gilt für abnehmendes a, Eine
völlige Symmetrie erreichen wir für a =1{2TT :

f
00

wo('/2ilt}e-i2TTftdt = (TT}-1/4 e-2 TT j /2 = *O( 1{2TTf). (2.1-71)


_00

Wir zeigen nun allgemein, daß die entsprechend skalierten Hermiteschen Funktionen
* (1{2TTt) invariant gegen die Fourier-Transformation sind, und setzen zur Verein-
n
fachung der Schreibweise x = 1{2TTt und y = 'V2TIf. Die Fourier-Transformierte von
W (x) = w ('/2Tit) nennen wir co (y) = co ('/2Tif). Bei entsprechender Substitution der
n n n n
Variablen t und f geht dann das Fourier-Integral über in

f
00
1
=-- wn(x}e-iXYdx. (2.1-72)
'/2T1 -OO

Den Beweis für die behauptete Invarianz bringen wir nun durch Induktion, indem wir
für die e (y) eine Rekursionsformel herleiten und das speziell für n
n
=0 bereits be-
wiesene Ergebnis einsetzen. Wir gehen dazu von

f
00

Y2TT(n+ 1}!2 n +1'fiT co = Hn+1(x}e-x2/2-iXYdx


n+1(y}
_00
2.1 Signale endlicher Energie 29

aus, wenden (2.1-65) an und integrieren partiell, wobei der ausintegrierte Anteil
verschwindet:

f
co
Y2 TT(n+1}!2 n+1yn cpn+1(y} =: (_l)n+1 ex2/2-jXY(cfx)n+1e-x2dx
-co

f
co
2
=: (_1}n (x - jy}ex2/2-jXY( cfx) n e-x dx
-co

f
co
=: (x - jy}e-x2/2-jXYHn(X}dx
_co

=: f
co 2
xHn(x}e- X /2-jxy dx - jy Y2TTn!~\fiT cpn(Y)
-co

Mit (2.1-66) gelangt man leicht zu der Rekursionsformel

(2.1-73)

Da nach (2.1-71) cpo(Y} =: 'l1 gilt, erhält man durch Anwendung dieser Rekur-
o(Y}
sionsformel und Vergleich mit (2.1-67) für n v D

(2.1-74)

für n =: 1

cp2(Y} =: - jycp1(Y} +_1_ cpO(Y}


V2
(2.1-75)
=: - Y'l1 +_1_ 'l1 =: - 'l1
1(Y} 0(Y} 2(y}
V2
und allgemein

(2.1-76)

Es gilt also die Korrespondenz

(2.1'-77)
30 2. Signale und Spektren

dv h, die Hermiteschen Funktionen sind Eigenfunktionen der Fourier-Transforma-


tion. Der jeweilige zuW gehörige Eigenwert ist (- j)n. Zahlenmäßig ergeben sich
n
daraus die vier Möglichkeiten ± 1 und ± j für die Eigenwerte (vgl , Abschnitt 2.1. 1).

2.2 Distributionen

Distributionen oder ver a 11 gern ein e r te Fun k t ion e n werden in vielen tech-
nischen und naturwissenschaftlichen Bereichen sehr gern verwendet, weil sie eine
elegante mathematische Beschreibung bestimmter physikalischer Zusammenhänge
ermöglichen. Die Beliebtheit dieser Distributionen beruht allerdings zu einem nicht
geringen Anteil auf einer widersprüchlichen Doppelbedeutung : Man stellt sie sich
gern als Funktionen im gewöhnlichen Sinne vor, obwohl sie es nicht sind, und schätzt
sie wegen genau derjenigen ihrer mathematischen Eigenschaften, die gewöhnliche
Funktionen nicht besitzen. Betrachten wir beispielsweise die von Dirac eingeführte
o5-Distribution o5(t - t Man sagt, sie sei überall 0 mit Ausnahme der Stelle t=t '
O): o
wo sie co sei, derart, daß

=
f 6(t - t o)dt = 1 (2.2-1)

-=
gelte. Sie habe überdies die Eigenschaft, aus einer stetigen Funktion g(t) den Wert
bei t = t herauszusieben:
o
co
S g(t) o5(t - tO)dt = g(t O)· (2 .2-2 )
-=
Gewöhnliche Funktionen können diese an die s-Distrtbutton gestellten Forderungen
nicht erfüllen, insofern ist auch die Integraldarstellung in diesen Beziehungen nicht
im gewöhnlichen (d. h, im Riemannschen oder Lebesgueschen) Sinn zu erklären.
Die Theorien der Distributionen (z , B. [2.4, 2. 5J) überwinden diese mathematischen
Schwierigkeiten. Einen verhältnismäßig leichten Zugang zu diesen Theorien gewinnt
man, wenn man sich die verallgemeinerten Funktionen als Grenzwerte von Funktio-
nenfolgen vorstellt. Die o5-Distribution läßt sich beispielsweise durch die Funktionen-
folge

(2.2 -3)
2.2 Distributionen 31

definieren (Bild 2.8). Diese Funktionenfolge ist normiert, d.h. das Integral zwi-
schen den Grenzen - = und = liefert für jede Funktion der Folge den Wert 1.
+

6
n= 200

-lO -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 o 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Bild 2.8. Funktionenfolge zur Definition von 5(t)

Damit ist (2.2-1) erklärt. Zur Interpretation von (2.2-2) setzen wir vereinfachend
t
o =0 und zeigen, daß die absolute Abweichung

= e- nt 2 g(t)dt _ g(O)
e( n)
~ f
-=
=
m-=f e-nt 2 19(t) - g (O) ldt
für n'" co verschwindet, sofern die erste Ableitung von g (t ) beschränkt ist:

= 2
e(n) ,;;;;max!g·(t)ly*" fe-nt Itldt =_1_ maxlg'(t)l ... o für n'" co , (2.2-4)
vrm
32 2. Signa le und Spektren

Die Darstellung (2.2-3) gibt uns auch die Möglichkeit, der ö- Di s t r i buti o n eine Fou-
rier-Transformierte zuzuweisen. Zunächst hat nach (2.1-70) jede Funktion der Folge
(2.2-3) eine wiederum glockenförmige Fourier-Transformierte:

(2.2-5)

Die beiden Folgen werden durch die Fourier-Transformation stetig aufeinander abge-
bildet. Wir können also hier, wie das bei allen Funktionen aus dem Raum der schnell
abnehmenden Funktionen (vgl , Abschnitt 2.1. 3) erlaubt ist [2. 4J, die Fourier-Trans-
formation mit dem limes-Zeichen vertauschen und erhalten somit für n .... co aus
(2.2-5)

ö(t) o--e 1. (2.2-6)

Die durch Vertauschung von t und f in (2.2-5) entstehenden Folgen werden durch
2t2
die Fourier-Transformation ebenfalls stetig aufeinander abgebildet: exp( _n In)
o--e 'rnTTi exp( - m2). Hieraus ergibt sich für n .... = , daß wir der Konstanten 1
die Fourier-Transformierte ö(f) zuordnen können:

(2.2-7)

Wichtige verallgemeinerte Funktionen sind neben der Distribution ö( t ) auch ihre


Derivierten ö ( k ) ( t ) . Diese können wir als Grenzwerte der k -rnal differenzierten
Funktionenfolge (2.2-3) definieren. Als Beispiel sind in Bild 2.9 einige Funktionen
der Folge gezeigt, die ö (1) (t) definiert. Die Able itungen der Glockenfunktion s ind
ebenfalls schnell abnehmende Funktionen, denn sie lassen sich als Linearkombina-
tionen einer endlichen Anzahl von Hermiteschen Funktionen darstellen. Infolgedes-
sen können wir auch bei den Funktionenfolgen, die die Derivierten von ö( t ) definie-
ren, Fourier-Transformation und limes-Zeichen vertauschen. Durch Anwendung des
Differentiationssatzes (2.1-13) und anschließenden Grenzübergang n .... co ergibt
sich allgemein

(2.2-8)

Nach Vertauschen von t und f erhalten wir ebenso aus (2.1-15)

(2.2-9)

Die Abbildungen (2.2-6) bis (2.2-9) sind umkehrbar eindeutig.


2.2 Distri butionen 33

Die Symmetrieeigenschaften der Glockenfunktion und ihrer Ableitungen gehen beim


Grenzübergang nicht verloren. Es gilt daher

{2.2-10}

100

BO

60

40

0,6

-40

-60 200

Bild 2.9. Funktionenfolge zur Defini- -BO


tion von 5 (1 ) ( t )

-100

Ebenso wie die Differentiationssätze behalten auch die Ver s chi e bu n g s sät z e
der Fourier-Transformation (2.1-11) und (2.1-12), sowie die Sätze der Maßstabs-
ä n der u n g im Bereich der Distri butionen offensichtlich ih r e Gültigkeit. Hinsichtlich
der Maßstabsänderung gilt für die 5-Distribution und ihre Derivierten

5( k ) ( a t ) ~1h (j2 TTf/a)k, (2.2-11)

rh 5( k ) (t/ a ) ~ (j2TTaf)k. (2.2-12)

Für k =0 folgt hieraus speziell

rh 5{t/a ) ~1 (2.2-13)
34 2. Signale und Spektren

und wegen der Eindeutigkeit von (2.2-6)

6(t/a) = la!6(t). (2.2-14)

Hiernach läßt sich der 6-Distribution formal eine "Dimension" zuordnen : Die Kon-
stante a habe beispielsweise die Dimension von t , Wir postulieren dann, daß mit
dem Argument t/a auch 6{t/a) dimensionslos sein muß. Aus (2.2-14) folgt somit,
daß 6(t) die Dimension von 1/t hat. Das steht in Einklang mit (2.2-2) .

Hinsichtlich der Argumentverschiebungen gilt für die 6-Distribution und ihre Deri-
vierten

(2.2-15)

(2 .2-16)

Das ergibt sich unmittelbar aus den entsprechenden Verschiebungen der definieren-
den Funktionenfolgen. Für k =0 folgt speziell

- j 2 TT ft
O
6(t - t ~ e , (2.2-17)
O)

(2.2-18)

Die letztere Beziehung zeigt, daß wir der harmonischen Exponentiellen der Frequenz
f
O
eine "Spektrallinie" bei f = fO zuordnen können. Hieraus folgt unmittelbar

sin 2 TTfOt ~ i j
(6(f - fO)- 6(f + f
O
»' (2.2-19)

cos 2TTf t ~
O
1
2' ( 6 (r - f
O)
+ 6 (r + f
O
». (2.2-20)

Was die Faltung anbetrifft, so begnügen wir uns hier damit, diese nur für Distri-
butionen und Funktionen zu erklären, denen wir umkehrbar eindeutig eine Fourier-
Transformierte zuordnen können. Dazu postulieren wir die Gül tigkeit der Faltungs-
sätze (2.1-25) und (2.1-32) auch für Distributionen, allerdings mit der Einschrän-
kung, daß keine Multiplikation zwischen zwei Distributionen auftreten darf, denn
diese ist nicht allgemein definiert. Es gilt dann beispielsweise

(2.2-21 )
2.2 Distri butionen 35

Wegen der Eindeutigkeit der Abbildung folgt daraus

(2.2-22)

Allgemeiner ergibt sich bei Berücksichtigung des Verschiebungssatzes (2.2-15)

(2.2-23)

Entsprechendes gilt für die Faltung im Frequenzbereich.

Die Faltung zwischen einer Distribution und einer Funktion wird auf die gleiche
Weise erklärt . Für uf t ) ~ u(f) gilt beispielsweise

(2.2-24)

Wenn ul t ) k-mal differenzierbar ist, können wir die Derivation der 6-Distribution
beliebig auf uf t ) abwälzen. Insbesondere gilt dann

(2.2-25)

und für k = 0

6{t) * ul t ) = ul t}, (2.2-26)

Die Distribution 6(t) spielt also die Rolle des Einheitselementes in der Faltung.
Aus dem Verschiebungssatz folgt weiterhin, daß die Faltung mit 6{t - t nur eine
O)
entsprechende Verschiebung von u (t) bewirkt :

(2.2-27)

Die M u I ti p l i kat io n von 6{t) mit einer bei t =0 stetigen Funktion ul t ) E Li


läßt sich mit Hilfe von (2.1-32) und (2.1-4) folgendermaßen erklären:

= =
6(t)U(t) ~ 1 * u{f) f utr - ql)dql = f U{f)df = uf O},
-ce -=
Die konstante Spektralfunktion uf O) hat aber nach (2.2-6) die inverse Fourier-
Transformierte uf O) 6(t), also gilt wegen der Eindeutigkeit

6(t)U(t) = 6(t)u(O). (2.2-28)


36 2. Signale und Spektren

Es soll nun gezeigt werden, wie man mit Hilfe der Distributionstheorie Funktionen
g( t }, die nicht überall differenzierbar sind, Derivierte zuordnen kann. Dazu be-
trachten wir die durch (2.1-43) definierte Sprungfunktion s(t). Sie läßt sich durch
die Funktionenfolge

VIf-=
2
e- nx dx -+ sf t ) für n e cc (2.2-29)

erklären (Bild 2.10). Durch Differentiation nach t erhalten wir hieraus die Funk-
tionenfolge, welche nach (2.2-3) die tl-Distribution definiert. Es gilt daher

(2.2-30)

-1.2 -1,0 -0,8 - 0,6 -0,4 -0,2 o 0.2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2

Bild 2.10. Funktionenfolge zur Definition der Sprungfunktion

wobei jedoch auf der linken Seite kein Differentialquotient im gewöhnlichen Sinne
sondern eine Derivierte im Sinne der Distributionstheorie steht. Die höheren Deri -
vierten der Sprungfunktion ergeben sich dann zu

(2.2-31)

Betrachten wir nun eine Funktion g(t), die überall differenzierbar sei mit Ausnah-
me der Stelle t = t wo sie von g( t - 0) auf g( t + 0) springt. Diese Funktion
o' o o
läßt sich dann darstellen durch die Uberlagerung eines stetigen Anteils go (t) und
einer Sprungfunktion,

(2.2-32)
2.2 Distributionen 37

und die Derivation ergibt

(2.2-33)

Hat die erste Ableitung von gO(t) einen Sprung der Höhe go' (t + 0) - go' (t - 0)
o o
bei t = t so wenden wir das gleiche Prinzip an, um die zweite Derivierte von g( t)
o'
zu bestimmen, usw. Allgemein ergibt sich dann für eine Funktion g(t), die für t<t
o
und t >to Ableitungen bis zur k-ten Ordnung besitze, die k-te Derivierte zu

g(k)(t) = (g(k)(t))t*t + (g(t


o
+ 0) -g(t
o-O))ö(k-1)(t
- t
O)
o
+ (g(l)(t +0) _g(l)(t _0))ö(k-2)(t_t)
o 0 0

• .• + (g (k-1) (t + 0 ) - g (k-j ) ( t o - 0 )) ö ( t - t o ) ' (2.2-34)


o

wenn bei Annäherung an t = t von links und von rechts die Grenzwerte g( t - 0) ,
o o
g(l)(t - 0), ••• ,g(k-1)(t - 0) bzw. g(t + 0), g(l)(t + 0), ••. ,g(k-1)(t + 0)
o o o o o
existieren.

In Abschnitt 2.3.1 wird noch die Fourier-Transformierte einer periodischen Folge


von ö-Distributionen angegeben. Weitergehende Aspekte der Distributionstheorie
können hier nicht erörtert werden. Zum weiteren Studium wird [2. 4J empfohlen.

Als ein Beispiel für die Anwendung der ö-Distribution in der System theorie soll
hier noch der Begriff der Im pul san t wo r t erläutert werden. Im Abschnitt 1.2
wurde gezeigt, daß die harmonische Exponentielle exp{j2TTf
ot) eine Eigenfunktion li-
nearer zeitinvarianter Systeme ist. Der hierzu gehörige Eigenwert bestimmt das
Systemverhalten bei der Frequenz f ' Um die Gesamtheit aller Eigenwerte, dv h,
O
die Ubertragungsfunktion des Systems H(f) zu ermitteln, regen wir das System im
gesamten Frequenzbereich an, d.h. wir setzen in der Beziehung Y(f) = H(f)U(f)
das Spektrum des Eingangssignals U(f) == 1. Das entspricht der Anregung mit dem
Eingangssignal ö(t). Das zugehörige Ausgangssignal nennen wir die Impulsantwort
h( t) des Systems. Sie ist mit der Ubertragungsfunktion durch die Fourier-Transfor-
mation

hf t ) e>----. H(f) (2.2-35)

verknüpft und ermöglicht eine vollständige Beschreibung des Systemverhaltens im


Zeitbereich durch das Superpositionsintegral

f
00

y(t) = hf t ) -I> uf t ) = h( er)u(t - er)der, (2.2-36)


_00
38 2. Signale und Spektren

wobei uf t ) und y(t) Eingangs- bzw. Ausgangssignal des Systema sind. Wir betrach-
ten diesen Zusammenhang am Beispiel idealisierter Tiefpaßsysteme. Diese
entsprechen der Wunschvorstellung, alle Spektralanteile eines Signals außerhalb des
endlichen Frequenzbandes If I ~ f g vollständig zu unterdrücken und innerhalb dieses
Bandes überhaupt nicht oder nur in tolerierbarer We ise zu verändern. Die sich pri-
mär anbietende Ubertragungsfunktion

für [r ] ~ f g
(2.2-37)
für [r ] >f
g

mit der Impulsantwort

(2.2-38)

ist aus verschiedenen Gründen nicht realisierbar. Insbesondere ist die Impulsant-
wort eine nicht-kausale Funktion, da sie bereits vor dem Zeitpunkt t =0 der Im-
pulserregung existiert. Aus diesem Grund wird die Wunschvorstellung auf ein System
reduziert, das neben der Filterwirkung auch noch eine Verzögerung des Eingangs-
signals um 'o bewirkt:

für
(2.2-39)
für

Die zugehörige Impulsantwort (Bild 2.11) ist

(2.2-40)

Bild 2.11. Impulsantwort des idealen Tiefpaßfilters


2.3 Signale endlicher Leistung 39

Auch dieses System, das als idealer Tiefpaß bezeichnet wird, ist nicht kausal.
Es läßt sich jedoch für genügend große Werte von 'o approximativ realisieren. Bei
systemtheoretischen Betrachtungen spielt der ideale Tiefpaß eine wichtige Rolle.

2.3 Signale endlicher Leistung

Bisher wurden Signale betrachtet, bei denen wir eine endliche Energie voraussetzen.
Zwei wichtige Klassen von Signalen erfüllen diese Voraussetzung nicht: die per i 0 -
dis ehe n Signale und die s t 0 c h ast i sc h e n Signale. Für ihre Beschreibung im
Frequenzbereich müssen daher andere Methoden als die bisher verwendeten heran-
gezogen werden.

Grundsätzlich interessieren wir uns hier nur für Signale u( t}, deren mittlere Lei-
stung endlich ist:

-&
f lu(t}
2
1 dt <= . (2.3-1)
--&

2.3.1 Periodische Signale

Für ein periodisches Signal u (t ) gilt

u (t) = u (t + ke), (2.3-2)

wobei e die Periode und k eine beliebige ganze Zahl ist. Wir setzen wieder die
beschränkte Variation (vgl , Abschnitt 2.1) voraus, dv h, uf t ) soll in end-
lichen Zeitintervallen nur eine endliche Bogenlänge haben. Ein solches Signal ent-
hält - gegebenenfalls neben einem konstanten Gleichanteil - nur die Grundfrequenz
1/e und sogenannte höhere harmonische Frequenzen, die ganzzahlige Vielfache von
1/e sind. Das zeigt die harmonische Analyse des Signals. Hierunter versteht
man die Approximation von ul t ) durch harmonische Exponentielle der Frequenzen
v/e (v ganzzahlig) im Sinne des minimalen mittleren quadratischen Fehlers:

L
n
c v e j2 vt /e 2 dt =
! MO
TI
utt ) - In. (2.3 -3)
v=-n
40 2. Signale und Spektren

Das Integral erstreckt sich über ein beliebiges Intervall von der Länge einer Periode
(t reell). Die Parameter der Optimierung sind die Koeffizienten c\l. Sie lassen
o
sich aus den notwendigen Bedingungen

~~ ~ 0 für alle IJ. (2.3-4)


IJ.

bestimmen. Bei Berücksichtigung der Orthogonalität der harmonischen


Funktionen

für IJ. = \I
(2.3-5)
für

(Integration einer periodischen Funktion mit verschwindendem Gleichanteil über


eine volle Periode bzw. ein ganzzahliges Vielfaches einer Periode ergibt Null) er-

!
halten wir

t o+e n n

{ uf t ) - u~n L
\I=- n

L
\I =- n

to+e
* J"2TIll t/ e dt+eclJ.=o.
*I
f
t
u(t)e'"

o
Hieraus folgt

(2.3-6)

Partielle Differentiation von Q nach clJ.* ergibt die mit (2.3-6) verträgliche Lösung

(2.3-7)
2.3 Signale endlicher Leistung 41

Die so be stimmten Koeffizienten c führen immer auf ein Minimum von Q, d, h, sie
I.L
erfüll en auch die hinreichenden Bedingungen für (2.3-3). Bemerkenswert ist, daß
die c nicht von n abhängen, also unabhängig von der Anzahl der zur Approximation
I.L
verwendeten harmonischen Funktionen sind. J I"} größer n, desto genauer ist die A p-
proximation. Für n » co ver s chwindet der m ittlere quadratische Fehler

co

lu ( t ) - (2.3-8)
v=-=

und wir erhalten die F 0 u r i er s c heR ei h e ne nt w i c k 1 u n g, bei der

L
co
ul t ) c vej2nvt / 8 (2.3-9)
v=- =

überall gilt, wo ul t ) stetig ist, während an Unstetigkeitsstellen von uf t ) das arith-


metische Mittel der Grenzwerte von links und rechts angenommen wird :

co
\' j2 n vt/8 1 (( )
~c ve ='2 u t- O+ u(t+O». (2.3-10)
v=-=

Die Fourier-Koeffizienten hängen natürlich nicht davon ab, wie der Wert von u( t )
an einer Unstetigkeitsstelle definiert ist. Zur Gewinnung einer spektralen Darstel-
lung periodischer Funktionen können wir daher von (2.3-9) ausgehen, wobei erfor-
derlichenfalls angenommen wird, daß der Funktionswert an Unstetigkeitsstellen
durch das arithmetische Mittel der Grenzwerte von links und rechts definiert is t .
Mit exp(j2 n vt / 8) ~ ö(f - v/ 8) nach (2.2-18) ergibt sich dann sofort

co
uf t ) ~ utr)
L
v=- =
c v Ö(f - v/8 ) . (2.3-11)

Das Spektrum einer periodischen Funktion ist diskontinuierlich, ein sogenanntes


Li nie n s p e k t rum. Die Spektrallinien liegen auf äquidistanten Rasterpunkten v/8
( v = 0, ± 1, ± 2, ••• ). Der Rasterabstand 1/ 8 bestimmt die Grundperiode 8 des Si-
gnals. Umgekehrt entspricht einem diskreten Spektrum genau dann eine periodische
Funktion, wenn ein Raster der beschriebenen Art gefunden werden kann, in das die
gegebenen Spektrallinien hineinpassen. Hieraus folgt beispielsweise, daß eine Line-
arkom bi nation oder das Produkt zweier periodischer Funktionen mit den Perioden
8 und 8 genau dann wieder auf eine periodische Funktion führt, wenn 8 /8 eine
1 2 2
rationale Zahl ist.
42 2. Signale und Spektren

Mit der Darstellung (2.3-11) haben wir Anschluß an die bisherigen Ergebnisse der
Fourier-Transformation gewonnen. Wir können dam it alle Abbildungsgesetze, sofern
sie auch für die Distributionen gelten, sinngemäß übernehmen. Außerdem ist es nun
möglich, kontinuierliche und diskontinuierliche Spektren miteinander zu verknüpfen.
Ein bei praktischen Problemen häufig auftretendes Anwendungsbeispiel hierfür sind
Signalfunktionen, die durch zeitliche Begrenzung oder durch eine allgemeinere Be-
wertung mit einer Gewichtsfunktion aus periodischen Funktionen entstanden s ind.

Zur Veranschaulichung betrachten wir die in Bild 2.12 dargestellte periodische Puls-
folge. Da wir 'o in (2.3-7) beliebig wählen können, s ind ihre Fourier-Koeffizienten
darstellbar durch (Bild 2.13)

f
b/2
c J.I. - e-j2TTJ.i.t/iEldt = sin(TTJ.i.b/iEl)
- -
1
iEl TTJ.I.
(2.3-12)
-b/2

Bild 2.12. Periodische Pulsfolge

co=b/8 /
I \
I \
I C, Cl \

Bild 2.13. Fourier-Koeffizienten der Pulsfolge von Bild 2.12

Speziell für iEl = 2b ergibt sich hieraus

1/ 2 für J.i. = 0
c = 0 für J.I. gerade (2.3-13)
J.I. 1(_1)m/( IIJ. !TT) für 1J.i. 1 = 2m + 1, m=O,1,2, ••• ,
2.3 Signale endlicher Leistung 43

und die Fourier-Reihendarstellung lautet für das Periodizitätsintervall Itl ,;;;; 8/2:

1 für [t I < 8/4


(_l)m
n(2m + 1) cosf zm + t Jt = 11~2 für ItI = 8/4 (2.3-14)
für 8/4 < It I ,; ; 8/2.

Berücksichtigt man nur die Reihenglieder von m = 0 bis m = 6, so ergibt sich der
in Bild 2. 14 dargestellte Verlauf, dessen periodische Fortsetzung die ursprüngliche
Pulsfolge approximiert. Bei Hinzufügen weiterer Glieder der Reihenentwicklung
wandern die Uber- und Unterschwinger in die Punkte t = ± 8/4, ihr maximaler Be-
trag von etwa 9 % der Pulshöhe bleibt aber praktisch unverändert (Gibbssches Phä-
nomen , vgl , Abschnitt 2 .1.2) .

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

-8/2 -8/5 -8/10 0 8/10 8 /5 8 /2

Bild 2.14. Approximation der Pulsfolge von Bild 2.12 durch eine endliche Anzahl
von Gliedern der Fourier-Reihe

Wir betrachten nun eine Signalfunktion

xf t ) = g(t)u(t), (2.3-15)

die durch Bewertung mit einer Gewichtsfunktion g(t) aus der periodischen Puls-
folge ul t ) entstanden sein möge. Die Gewichtsfunktion habe die Fourier-Transfor-
mierte G(f). Aus dem Faltungssatz folgt dann für das Spektrum der Signalfunktion
x( t )

= co
xf t ) ~ xrr) = G(f) * L c \I ö(f - \1/8)
L c G(f - \1/8).
\I
(2.3-16)
\1=-=
44 2. Signale und Spektren

Anstelle des Linienspektrums (2.3-11) für ul t) ergibt sich nun eineUberlagerungder


mit den Fourier-Koeffizienten von uf t ) bewerteten Spektren crr - v/e) . Für den
Fall der rechteckförmigen Gewichtsfunktion

für [t ] < (rn + 1/2) e


.(t) ~ 1'~2 für
für
Itl = (rn + 1/2) e
It! > ( m + l / 2 ) e
(2.3-17)

mit der Fourier-Transform ierten

otr) = (sin TT(2m + 1)fe)/(TTf) (2.3-18)

hat das Spektrum die in Bild 2.15 dargestellte Form. Für genügend große Werte von
m wird die Bandbreite von G (r) klein gegen 1/e, und man erhält ein "fast diskon-
tinuierliches" Spektrum mit "endlicher Linienbreite". Von dieser Art sind beispiels-

....c----
slrin tb
_-----.10 1ttb
---
----- 0.8
x(fl
-- -- --
0.6

0.4

0.2

Bild 2.15. Spektrum einer endlichen Anzahl von äquidistanten Rechteckimpulsen

weise die Spektren von Radarsignalen, etwa beim Mittelbereichsradar, wo man eine
Folge von 10 bis 20 Echoimpulsen erhält, während der Radarstrahl über das Zielob-
jekt hinwegstreicht. Bei unbewegten Zielobjekten liegen die Spektrallinien im Raster
v/ e ( v = 0, ± 1, ± 2, ••• ), bei bewegten Zielobjekten (Flugzeugen) sind sie um die
Dopplerfrequenz gegenüber diesem Raster verschoben. Diesen Effekt macht man sich
bei der sogenannten Fes t z ei c h e n lös c h u n g oder m 0 v i n g t arg e tin d i c a -
t i 0 n (MT!) zunutze, indem man im Empfänger ein Kammfilter verwendet, das alle
Spektralanteile in der unmittelbaren Umgebung der Frequenzen v/e und dam it alle
Echosignale von unbewegten Objekten (clutter }, die die Flugzielerkennung erschwe-
ren, weitgehend unterdrückt.
2.3 Signale endlicher Leistung 45

Wir betrachten nun noch eine wichtige Beziehung zwischen Fourier-Integral und Fou-
rier-Reihe. In Bild 2 .13 bzw. Gleichung (2.3-12) kann man erkennen, wie die Spek-
tren der periodischen Pulsfolge einerseits und des einzelnen Impulses (bei t = O) an-
dererseits zusammenhängen. Die Fourier-Koeffizienten c\l der Pulsfolge sind bis auf
den Faktor 1/iEl durch die Werte der Fourier-Transformierten des einzelnen Impulses
an den Stellen \I/iEl gegeben. Das läßt sich leicht allgemein beweisen. Wir "periodisie-
ren" dazu eine Signalfunktion y(t} ~ Y(f}, d.h. wir erzeugen durch Uberlagerung
(Bild 2.16) die periodische Funktion

L= y(t - \JiEl} =y(t - miEl}, m ganzzahlig, (2.3-19)


\J=-=

y(t+9l y (tl y(t -Sl

Bild 2.16. Periodisierung eines Signals y(t)

deren Abbildung auf den Frequenzbereich durch

co

yÜ} ~ L ckö(f - k/iEl} (2.3-20)


k=- =
I ~

gegeben sei . Die Fourier-Koeffizienten von y(t} hängen folgendermaßen mit Y(f}
zusammen :

iEl/2 = iEl/2
1
c k ="8
f
-iEl/2
y(t}e-j2TTkt/iEldt = ~
L f
\1=-= -iEl/2
y( t + \JiEl} e -j2 TTkt/edt

= \liEl+iEl/2 co
1
="8 L f
\.1=-= \.IiEl- iEl/ 2
y(-&}e-j2TTk-&/iEld-& = ~
-=
f y( -&} e- j2TTk-&/iEl d-&

(2.3-21)
46 2. Signale und Spektren

Es gilt somit

y (t ) ~~ L= Y(k/ e) etr - k/e) = Y(f) ~ L= ö( f - k/ e), (2.3-22)


k=- = k=- =

d, h, durch die Periodisierung von y( t ) wird die zugehörige Fourier-Transformierte


y(f) in der angegebenen Weise " dis k r e t isi e r t" . Diesem Sachverhalt entspricht eine
wichtige Beziehung in der Distri butionstheorie : Wir können die Periodisierung von
y(t) offensichtlich durch Faltung m it einer periodischen Folge von ö-Distributionen
- einem sogenannten Im pul s kam rn-darstellen,

y(t ) = y (t ) * L= e (t - ve ) , (2.3-23)
v=- =

und da y(t) nach (2.3-22) e i ne Fourier-Transformierte besitzt, die durch das Pro-
dukt von y(f) und einem Impulskamm im Frequenzbereich gegeben ist, folgt aus
dem Faltungssatz, daß die bei den Impulskämme selbst durch die Fourier-Transfor-
mation miteinander verknüpft sein müssen :

=
L L
co
ö( t - ve ) ~~ ö( f - k/e ) . (2.3-24)
v=- = k=- =

Mit dieser Beziehung lassen sich die Operationen Periodisierung und Diskretisierung
(Abtastung ) auf sehr einfache Weise vom Zeitbereich auf den Frequenzbereich und
umgekehrt abbilden. Periodisi eren wir beispielsweise i m Frequenzbereich (Periode
B) und ta sten i m Zeitber eich ab , so ergibt s ich der " Übe r lage r ungs sat z " [2.13 J

Y(f) L= Y(f - kB) --.0 ~ L= y( v/ B ) ö(t - v/ B ) , (2.3-25)


k=- = v=-=

auf den wir im Abschnitt 2.4 zurückkommen werden.

Wir gehen nun auf die s p e k t ra I e Lei s tun g s d ich t e von periodischen Signalen
und ihre Verknüpfung mit der Au t 0 kor r el at ion s fu n k t i on ein. Die mittlere
Leistung ist durch (2.3-1) definiert. Bei periodischen Signalen kann man den zeit -
lichen Mittelwert durch Mittelung über eine Periode bestimm en. Mit (2.3-9) und
2.3 Signale endlicher Leistung 47

(2.3-5) folgt dann

t +8
0

S
2 1 /u ( t ) /2 dt
[uf t ) 1 =@
t
o
00 00 t O+8 00
1
="ij L L
\1=-00 v=-OO
c c*
\1 v S
t
e j2TT ( \1-v)t/8 dt =
L
j.L=- OO
Ic 12.
\1
(2.3-26)

o
Die Verteilung der Leistung über den gesamten Frequenzbereich wird durch die
spektrale Leistungsdichte Su (r) beschrieben. Es muß allgemein für Signale end-
licher Leistung gelten

=
SSu(f)df = lu(t) 1
2
• (2.3-27)
-OO

Periodische Signale können nur eine diskontinuierliche spektrale Leistungsdichte


haben, und zwar müssen die Spektrallinien bei den Frequenzen v/8 (v ganzzahlig)
liegen, wenn 8 die Periode ist. Mit (2.3-26) und (2.3-27) gilt dann offensichtlich

=
s(f)
u L
j.L=-OO
(2.3-28)

Im folgenden beschränken wir uns auf re e 11 e Signale endlicher Leistung. Für


diese ist die Autokorrelationsfunktion allgemein durch

-&
-n (T) = u(t)u(t + T) = lim
u -&"'00
~21
c."J
S u(t)u(t + T)dt (2.3-29)
--&

definiert. Bei periodischen Signalen braucht die zeitliche Mittelung nur über eine
Periode vorgenommen zu werden:

t +8
o
-nU(T) =~ f u(t)u(t + T)dt
t
o
t +8
= o
S
00
1
=@
L
j.L= -OO V=- 00 t
o
e j 2TT ( \1+ v)t/ 8 dt•
48 2. Signale und Spektren

Hieraus ergibt sich mit (2.3-5)

= =
R (-r)
U L
~=-=
c ce
~
J "
-~
'2 TT II -r/ iEI
= L
j.l.=-=
(2.3-30)

wobei die für reelle Signale geltende Relation c


-~
= c ~* verwendet wurde. Ein Ver-
gleich von (2.3-28) und (2.3-30) zeigt, daß die spektrale Leistungsdichte und die
Autokorrelationsfunktion durch die Fourier-Transformation miteinander verknüpft
sind:

(2.3-31)

2. 3.2 Stochastische Signale

Bisher haben wir deterministische Signale betrachtet, deren Verlauf u (t ) für alle
Zeiten festliegt und prinzipiell bestimmbar ist. Viele der uns interessierenden Si-
gnale sind nicht von dieser Art, sondern können zumindest hinsichtlich des zukünf-
tigen Verlaufes nicht genau oder überhaupt nicht bestimmt werden, sei es, daß es
sich um Nutzsignale handelt, die uns Nachrichten übermitteln, deren Inhalt wir nicht
kennen, oder um regellose Störsignale, deren Eigenschaften wir studieren wollen,
um sie besser unterdrücken zu können. Uber solche Signale, die wir zufällig, regel-
los oder s t 0 c h ast i sc h nennen, können im allgemeinen nur Wahrscheinlichkeits-
aussagen gemacht werden. Einige wesentliche PrInztpten der statistischen Signal-
beschreibung werden im folgenden kurz erörtert. Wir beschränken uns dabei auf
den praktisch wichtigen Fall re e 11 e r Signalfunktionen x (t ) •

Wir gehen aus von der Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktion P(X).


Diese gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, daß das Signal x( t ) zu irgendeinem
Zeitpunkt t eine Schranke der Höhe X nicht überschreitet (Bild 2. 17) :

P ( X) = W (x ~ X ), X reell. (2.3-32)

x
x(t)
XI--f!\---I--'''I-- - --+---'''<,tL--t-- - - - --I-+--

Bild 2.17. Zur Definition der Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktion


2.3 Signale endlicher Leistung 49

Diese Wahrscheinlichkeit kann mit wachsender Schrankenhöhe nicht abnehmen, d, h,


es muß für Xl <X gelten : P(X ~ P(X Wegen 0 ~ p(X) ~ 1 folgt dann P( co)=l
2 1) 2).
und p(_ co) = 0 .

Aus P(X) ergibt sich durch Differentiation die Wahrscheinlichkeitsdichte-


funktion

- dP(X) ~O
P (X) - dX 7. (2.3-33)

Umgekehrt gilt

f
X
p(x)dx = p(X), (2.3-34)
-co

woraus speziell
co
f p(x)dx = 1 (2.3-35)
-co

folgt. Ein Beispiel ist die G lei c h ver t eil u n g, wo alle Signal werte innerhal b ei-
nes bestimmten Amplitudenbereiches gleichwahrscheinlich sind und außerhalb nur
mit der Wahrscheinlichkeit 0 auftreten, etwa die Verteilung

für [x ] ~a
p(x) (2.3-36)
für lxi >a

0 für X ~ - a
P (X) (a + X ) / ( 2a ) für IX I ~ a , (2.3-37)
1 1 für Ia ] ~ X

die in Bild 2.18 dargestellt ist.

Die experimentelle Bestimmung [2.6J von P(X) ist im allgemeinen unproblema-


tisch, wenn die Signalfunktion xt t ) durch einen stationären Vorgang erzeugt wird,
dessen statistische Eigenschaften sich nicht mit der Zeit ändern. Man summiert
dann alle Zeitintervalle, für die das Signal unterhalb der Schranke X liegt, und di-
vidiert durch die gesamte Beobachtungszeit. Bei nichtstationären Vorgängen ist die-
ses Verfahren nicht ohne weiteres anwendbar. Um auch hier eine Bestimmungsvor-
schrift überhaupt definieren zu können, ist eine mathematische Abstraktion notwen-
dig: Man stellt sich die Gesamtheit aller möglichen Signale vor, die unter den ge-
gebenen Bedingungen anstelle des beobachteten Signals auch hätten auftreten können,
50 2. Signale und Spektren

und hat mit einem solchen E n sem bl e von Signalfunktionen ein fikti ves statistisches
" Be o ba c ht u ngs m a t e r i a l " , das die Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktion für jeden be-

P
1

-0 o o

-0 o o x
Bild 2.18. Gleichverteilung

liebigen Zeitpunkt zu erklären gestattet. Durch die Gesamtheit der Ensemblefunk-


tionen ist dann ein s t 0 eh ast i sc her Pro z e ß definiert, der eine mathematische
Beschreibung des zugrundeliegenden physikalischen Vorgangs darstellt. Aufgrund
dieser Modellvorstellung können wir nun zwischen einer z ei t 1 ich e n Mittelung und
einer s tat ist i s ehe n Mittelung (Ensemble-M ittelung, Mittelung über den Pz-oz eß ]
unterscheiden. Die Ergebnisse der letzteren nennen wir Er war tun g s wer te •
Sie sind immer dem gesamten stochastischen Prozeß zuzuordnen , während die zeit-
lichen Mittelwerte spezifisch für das einzelne stochastische Signal sind.

Die einfachsten Mittelwerte sind der lineare und der quadratische Mittel-
wert. Bei zeitl icher Mittelung erhalten wir mit

f
-&

x- = I"im 1 x( t ) dt (2.3-38)
-& .... = 2-& --&

den Gleichanteil des Signals xf t ) und mit

2" I"
x = rm
1
2-& (2.3-39)
-& .... co
2.3 Signale endlicher Leistung 51

seine mittlere Leistung, die nach Voraussetzung (2.3-1) endlich sein soll . Die ent-
sprechenden Ergebnisse der statistischen Mittelung sind die Erwartungswerte

co
E[x]
f
-=
xpf x Idx =m (2.3-40)

und
co
E[x
2J
f
-=
x 2 p(x)dx. (2.3-41)

Ein wichtiger Mittelwert ist noch die mittlere quadratische Abweichung vom linearen
Mittelwert m

(2.3-42)

die wir Streuung oder Va r i a n z nennen. Durch den linearen Mittelwert m und die
Varianz er; ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der No r mal -
ve rt eil u ng oder Gaußverteilung

p(x) = -1- - (2.3-43)


er '{2TT x
eindeutig festgelegt.

Zeitliche und statistische Mittelung können allgemein über jede eindeutige Funktion
g (x ) der Variablen x vorgenommen werden:

f
-9
grxr = lim i-& g !x(t) ldt (2.3-44)
-& ... = --&

f
co
E[g(x)] = g(x)p(x)dx (2 .3-45)
-cc

Bei nichtstationären Vorgängen muß die zeitliche Mittelung nicht notwendig konver-
gieren. Die Existenz dieser Mittelwerte ist nur bei stationären Vorgängen gewähr-
leistet . Das besagt das Erg 0 den t h e 0 rem [2.7, 2. 8J. Eine weitere Aussage die-
ses Theorems ist, daß bei denjenigen stationären stochastischen Vorgängen, die die
Eigenschaft der Erg 0 d i z i t ä t besitzen, zeitliche Mittelung und statistische Mit-
telung zum gleichen Ergebnis führen. Für ergodische Prozesse gilt also

grxy = E[g(x)J. (2 .3-46)


52 2. Signale und Spektren

Es ist hier nicht möglich, auf den Ergodizitätsbegriff detaillierter einzugehen (siehe
z.B. [2.8J). Die Frage, ob Ergodizität vorliegt oder nicht, ist auch bei vielen prak-
tischen Problemen schwer zu beantworten, zum al eine echte Ensemble-Mittelung
praktisch selten durchführbar ist. Man setzt dann bei stationären Vorgängen in der
Regel die Ergodizität voraus, wenn nicht zwingende physikalische Gründe dagegen
sprechen. Nur unter dieser Voraussetzung ist es möglich, aus der Beobachtung ei-
nes einzigen stochastischen Signals auf die statistischen Eigenschaften des zugrunde
liegenden Prozesses zu schließen.

Ein Thema, mit dem wir uns hier ausführlicher zu beschäftigen haben, ist die S p e k -
tralanalyse stochastischer Signale. Wir müssen davon ausgehen, daß für
ein stochastisches Signal keine eindeutig umkehrbare Darstellung im Frequenzbereich
existiert, da es im allgemeinen keine Fourier-Transformierte besitzt. Es ist aber
sicher sinnvoll zu fragen, wie die voraussetzungsgemäß endliche Signalleistung über
den Frequenzbereich verteilt ist. Dazu erinnern wir uns an den Zusammenhang
{2.3-31} zwischen spektraler Leistungsdichte und Autokorrelationsfunktion bei den
periodischen Signalen und d e f in i er e n hier zunächst formal die s p e k t ra I e Lei-
s tun g s die h t e eines stochastischen Signals x{ t ) als Fourier-Transformierte

Sx (f)
=
I n x (T) e -j2rrfTd-r (2.3-47)
-=
der durch (2.3-29) erklärten Autokorrelationsfunktion

n
x
(T) = x(t)x(t + T) • (2.3-48)

Weiter unten werden wir sehen, daß diese als Wiener-Khinchin-Beziehung bekannte
Definition physikalisch sinnvoll ist. In jedem Fall muß die Integration über die ge-
samte spektrale Leistungsdichte auf die mittlere Leistung des Signals

(2.3-49)

führen. Das ist hier schon erkennbar, wenn wir in der Umkehrung von (2.3-47)

=
tiX{T) I ~x{f)ej2rrfTdf (2.3-50)
-=
die Verschiebung T gleich Null setzen :
cc
nx{O) =x = 2
I ~x{f)df. {2.3-51}
-=
2.3 Signale endlicher Leistung 53

Oben wurde die Autokorrelationsfunktion als zeitlicher Mittelwert erklärt. Bei sto-
chastischen Vorgängen haben wir andererseits die Möglichkeit, über den Prozeß zu
mitteln. Wir können die Autokorrelationsfunktion daher auch als Erwartungswert
E[x definieren, wobei die Variablen x = x(t und x = x(t alle möglichen
1x2] 1 1) 2 2)
Signal werte des Ensembles zu den Zeitpunkten t und t = t + ,. repräsentieren.
1 2 1
Dieser Erwartungswert ist durch

er co
E[x 1x2] f J x1x2P(x1,x2)dx1dx2 (2.3-52)
-= -er
gegeben, worin P(x die Verbundwahrscheinlichkeitsdichtefunk-
1,x2)
ti 0 n der beiden Variablen x und x sein soll. Sie ist erklärt als gemischte zweite
1 2
partielle Ableitung

(2.3-53)

der Verbundwahrscheinlichkeitsverteilungsfunktion P(X X die ihrerseits durch


1, 2),
die Verbundwahrscheinlichkeit definiert ist, daß die Signalwerte x und x die je-
1 2
weils beliebig vorgebbaren Schranken X bzw. X nicht überschreiten:
1 2

(2 .3 -54)

Wenn die Signalwerte x und x voneinander statistisch unabhängig sind,


1 2
was für genügend großen Abstand ,. der Fall sein wird, so gilt

(2.3-55)

wobei P1 und P2 die eindimensionalen Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen der


Variablen x
1
und x
2
sind. Bei stationären Vorgängen muß P1 = P2 sein.

Da die statistische Mittelung über alle Signalfunktionen des Ensembles erfolgt, nen-
nen wir zur Unterscheidung von der Definition (2.3-48) den Erwartungswert

(2.3-56)

die Autokorrelationsfunktion des stochastischen Prozesses. Sie


hängt im allgemeinen von der Lage der Zeitpunkte t und t ab, durch die die Signal-
1 2
werte x und x definiert sind. Wenn der betrachtete Prozeß stationär ist, so spielt
1 2
die Wahl des Zeitnullpunktes keine Rolle mehr, und die Autokorrelationsfunktion des
54 2. Signale und Spektren

Prozesses hängt nur noch vom Abstand T =t21


- t
ab. Es gibt aber auch nichtstatio-
näre V orgänge , bei denen R auch nur eine Funktion von T ist :
x

(2.3-57)

Prozesse mit dieser Eigenschaft nennen wir allgemein s tat ion r im w e i t er e n


ä

Si n n e. Sie schließen offensichtlich auch alle stationären Prozesse mit ein. Für alle
stochastischen Prozesse, die mindestens im weiteren Sinne stationär sind, läßt sich
die s p e k t ra I e Lei s tun g s di c h te als Fourier-Transformierte der Autokorrela-
tionsfunktion definieren :

(2.3-58)

Für erg 0 dis c h e Pro z e s s e gilt wegen der Äquivalenz von zeitlicher und sta-
tistischer Mittelung R (T)
x
=-n x {T} und S (f)
x
=S"x (r).
Wir geben nun noch einige wichtige Eigenschaften der Autokorrelationsfunktionen an.
Es gilt offensichtlich die Symmetrie

(2.3-59)

die für Prozesse, die mindestens im weiteren Sinne stationär sind, in

(2 .3-60)

übergeht. Durch einfache Substitution der Integrationsvariablen in (2. 3-29) erhält


man die entsprechende Beziehung auch für die Autokorrelationsfunktion des einzel-
nen Signals x ( t ) :

(2.3-61)

Die Autokorrelationsfunktionen sind reell und symmetrisch. Nach (2.1-42) müssen


also die spektralen Leistungsdichten ebenfalls reell und symmetrisch sein :

S" (e)
x =S"x (- f), S (r)
x =Sx {- f}, reell. (2.3-62)

Die Be s c h r ä n k t h e i t der Autokorrelationsfunktionen ergibt sich durch Anwen-


dung der Schwarzsehen Ungleichung

(2.3-63)
2.3 Signale endlicher Leistung 55

Für Prozesse, die mindestens im weiteren Sinne stationär sind, folgt hieraus

(2.3-64)

Ebenfalls durch Anwendung der Schwarzsehen Ungleichung läßt sich die Gültigkeit
von

(2.3-65 )

zeigen.

Das Verhalten der Autokorrelationsfunktionen für große Werte von T wird dadurch
bestimmt, daß die Signalwerte x
t
= x(tt) und x
2
= x(t2) statistisch voneinander un-
abhängig werden :

(2.3 -66)

Es gilt dann

(2.3-67)

woraus bei stationären Prozessen

(2.3-68)

folgt. Für R ( T) läßt sich ein entsprechendes asymptotisches Verhalten generell


x
nicht herleiten. Man kann daher nur für ergodisehe Prozesse folgern, daß

lim RX(T) = liTt) 12 (2.3-69)


T'" ±=

gilt.

Wir betrachten zur Veranschaulichung der Ergebnisse einfache Beispiele stochasti-


scher Prozesse, bei denen wir die Autokorrelationsfunktion und die spektrale Lei-
stungsdichte geschlossen berechnen können :

a) Binäre stochastische Pulsfolge

Das in Bild 2 .19 dargestellte Signal xf t ) soll in jedem Zeitintervall t \18 <
o+
t < 'o + (\I + t )8, \I ganzzahlig, den Wert + oder - mit gleicher Wahrschein-
X
o X
o
lichkeit annehmen können,

(2.3-70)
56 2. Signale und Spektren

x
,--@-
- I--- Xo ,.....---

"'1 0-2@ 10 lo+@ 1'-1 0+ 3@ 1

- I'-xo -

Bild 2. 19. Binäre stochastische Pulsfolge

und die Signale in verschiedenen Zeitintervallen seien voneinander statistisch unab-


hängig. Die Verschiebung 'o des Zeitrasters gegen den Ursprung ist eine statisti-
sche Variable, die über das Intervall 0 ~ t
o
~ e gleichverteilt ist :

(2.3-71)

Der betrachtete Prozeß ist offensichtlich stationär. Die folgenden Mittelwerte las-
sen sich unmittelbar angeben:

m = E[x] = x = 0, (2.3-72)

E [x ]
2
=2" 2
x =X '
o (2.3-73)
2 2 2 2" -2 2
0x = E[x ] - m = x - x = x
O•
(2.3-74)

Die Autokorrelationsfunktion RX(T) = E[x 1x2] des Prozesses läßt sich folgender-
maßen bestimmen. Für 1,.1 >
können xl und x nicht im gleichen Intervall liegen
@)
2
und müssen daher voneinander statistisch unabhängig sein:

(2.3-75)

Für I I~e
T hängt es von t
o
ab, ob xl und x im gleichen Intervall liegen oder
2
nicht. Im ersteren Fall gilt E[x
1x2]
= x~, im letzteren E[x
1x2]
= O. Da RX(T)
eine gerade Funktion ist, können wir uns auf die Betrachtung des Falles 0 ~ T ~ @)
beschränken. Wegen der Stationarität können wir außerdem t
1
= 0 und t 2 = T set-
zen. Für,. < 'o ~ @) liegen die Werte xl und x
2
dann im gleichen Intervall (Bild2.20).
Der Wert E[x
1x2]
= x~ wird mit der Wahrscheinlichkeit WO' daß diese Bedingung
für 'o erfüllt ist, angenommen. Es gilt also R x (0 ~ T ~ e) = Wox~ mit
2.3 Signale endlicher Leistung 57

S r S
= J PO(tO}dt o - J PO(tO}dt O =~ J dt O =1 - 1'j S (2.3-76)
_= -= l'

Xo -------..,
I I
I I
I I
I I
I e
Bild 2.20. Zur Berechnung der Auto- I 10
I
korrelationsfunktion
_ _ _ _.JI
-xo

Die Autokorrelationsfunktion des Prozesses ist damit durch

für
(2.3-77)
für

gegeben (Bild 2.21) .

Bild 2.21. Autokorrelationsfunktion der binären stochastischen Pulsfolge

Durch zeitliche Mittelung über eine einzelne Pulsfolge gelangen wir zum gleichen
Ergebnis: Verschieben wir die Pulsfolge von Bild 2.19 um l' >0, so ist das Pro-
dukt x(t}x(t + 1') als Folge von Pulsen der Breiten S -( r Irnod Sund (1') mod ® dar-
stellbar. Für l' > ® haben beide Pulsarten jede für sich mit gleicher. Wahrscheinlich-
keit die Pulshöhen + x~ und - x~. Die zeitliche Mittelung führt also auf Rx (1' > S ) =O.
Für T';; ® haben die Pulse der Breite S - T immer den Wert + x~, während die Pulse

der Breite r die Werte + x~ und - x~ mit gleicher Wahrscheinl ichkeit besitzen. Im
zeitlichen Mittel wirken sich daher nur die ersteren aus, und wir erhalten
58 2. Signale und Spektren

Rx (0 ~. T ,.;e) :: 1 - T/e, woraus Rx (T) :: R x (T) folgt. Der Prozeß ist offensichtlich
ergodisch. Durch Fourier-Transformation der Autokorrelationsfunktion erhalten wir
die spektrale Leistungsdichte

S t'f ) :: S (f) :: ex2 {SinTTfe}2 • (2.3-78)


x x 0 TTfe

Wir können die betrachtete Pulsfolge um einen beliebigen Gleichanteil E[x] :: X::
m :f 0 anheben, beispielsweise, um eine binäre Pulsfolge mit den Werten 2x und 0
O
2
zu erzeugen. Die Autokorrelationsfunktion wird dann um die Konstante m angeho-
ben, und die spektrale Leistungsdichte erhält zusätzlich eine Spektrallinie bei f :: 0
2.
mit dem Gewicht m

b) Pulsfolge mit beliebigen Pulshöhen

Die in Bild 2 .22 dargestellte stochastische Pulsfolge unterscheidet sich von der oben
betrachteten binären Folge dadurch, daß nun Pulse verschiedener Höhe zugelassen
sind. Die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion pl x ) kann dabei kontinuierlich oder
diskontinuierlich sein.

x(I)

Bild 2.22. Stochastische Pulsfolge mit Pulsen verschiedener Höhe

Wir haben nun im wesentlichen wieder die gleichen Betrachtungen anzustellen wie im
Fall der binären Pulsfolge. Wenn der Gleichanteil E[x] :: 0 ist, verschwindet für
IT I ~ e die Autokorrelationsfunktion wegen der statistischen Unabhängigkeit der Im-
pulse in verschiedenen Intervallen. Für 0 ,.; T ,.; e ergibt sich bei der Mittelung
E[x
1x2
J hier der quadratische Mittelwert E[x 2 J :: cr~ mit der Wahrscheinlichkeit
WO. Insgesamt folgt also

(1 - I T l/iEl)cr~ für
R (T) (2.3-79)
1
x
0 für
2.3 Signale endlicher Leistung 59

I
und
S (f) = Gl 0 2 / sin TIf@) 2 (2.3-80)
x x TIfGl •

c ) Weiß es Rauschen

Als "weißes Rauschen" bezeichnet man einen stochastischen Prozeß, dessen spek-
trale Leistungsdichte für alle Frequenzen einen konstanten Wert hat :

(2.3-81)

Für die Signalfunktionen eines solchen Prozesses trifft die oben gemachte Voraus-
setzung der endlichen mittleren Leistung nicht zu. Der Prozeß ist in dieser Form
auch nicht realisierbar. Technisch realisieren lassen sich hingegen immer B r e i t -
ban d si g na I e, deren spektrale Leistungsdichte über einen hinreichend großen
Frequenzbereich konstant ist. Die mathematische Abstraktion solcher Prozesse
führt dann auf das weiße Rauschen, das bei den stochastischen Signalen eine ähnlich
wichtige Rolle spielt, wie die Impulsfunktion ö (t) bei den deterministischen. In der
Tat führt die inverse Fourier-Transformation von (2.3-81) auf die Autokorrelations-
funktion

(2.3-82)

Eine sehr interessante Anwendung solcher Breitbandsignale ist die statistische Sy-
stemanalyse, auf die wir jedoch erst nach Einführung der Kreuzkorrelationsfunktio-
nen und Kreuzleistungsspektren eingehen können.

Wir betrachten zwei stochastische Prozesse mit den reellen Signalfunktionen x( t )


bzw, y(t), die wir durch Kreuzkorrelation miteinander verknüpfen wollen. Durch
zeitliche Mittelung erhalten wir die Kr eu z kor r el at ion s fu n k ti 0 ne n zweier
reeller Signale xf t ) und y(t):

R xy (T)=X(t)y(t+T), (2.3-83)

~ (T) = y(t)x(t + T) (2.3-84)


yx

Es gilt, wie man leicht zeigen kann,

(2.3-85)

Die entsprechenden Kreuzkorrelationsfunktionen der Pro z es s e ergeben sich durch


statistische Mittelung. Dabei seien t und t =t + T die beiden betrachteten Zeit-
1 2 1
60 2 . Signale und Spektren

punkte und xl = x(t l), x


2
= x(t 2), Yl = y(t l) und Y2 = y(t 2) die zugehörigen Signal-
werte. Es gilt dann

f f
CD CD

R xy(t l,t2) = E[x l Y2] xlY2P(xl'Y2)dxldY2 (2.3-86)


_ CD _ CD

und
CD CD

R yx ( t l , t 2 ) = E[y lx2] = f f
_ CD _ CD
Ylx2P(x2'Yl)dx2dYl' 2.3-87)

wobei die Verbundwahrscheinlichkeitsdichten analog zu (2.3-53) definiert sind.


Durch Anwendung der Schwarzsehen Ungleichung kann man leicht zeigen, daß auch
die Kreuzkorrelationsfunktionen beschränkt sind:

Entsprechende Beziehungen gelten für die Kreuzkorrelationsfunktionen R ( T) und


xy
R ( T), wobei die jeweiligen zeitlichen Mittel werte einzusetzen sind.
xY

Bei Prozessen, die mindestens im weiteren Sinne verbundweise stati-


on ä r sind, hängen die Kreuzkorrelationsfunktionen nur noch von T =t2 - t
1
ab.
Dabei gilt R
xy
( T) = R yx (- T) . Für T -> ± cx: folgt aus der statistischen Unabhängig-
keit der beteiligten Signalwerte das asymptotische Verhalten

(2.3-88)

(2.3-89)

Eine entsprechende Beziehung für die durch zeitliche Mittelung gewonnenen Kreuz-
korrelationsfunktionen existiert nur bei verbundweise ergodisehen Prozessen, wo
alle zeitlichen Mittelwerte gleich den entsprechenden statistischen Mittelwerten sind:

lim R ( T) = lim l'i ( T) = Xy. (2.3-90)


T->± CD yx T-+±CD yx

Die verschiedenen Kr e u z lei s t u ng s s p e k t ren sind als Fouriertransformierte


der entsprechenden Kreuzkorrelationsfunktionen definiert, wobei im Falle der durch
Ensemble-Mittelung gewonnenen Kreuzkorrelationsfunktionen vorausgesetzt werden
muß, daß die Prozesse mindestens im weiteren Sinne verbundweise stationär sein
2.3 Signale endlicher Leistung 61

müssen:

R (,.) ~ S (r), R (,.) ~ S (f),


xy xy yx yx
(2.3-91)

Da die Kreuzkorrelationsfunktionen in sich selbst nicht symmetrisch sein müssen,


sind die zugehörigen Kreuzleistungsspektren im allgemeinen komplexe Funktionen
der Frequenz, jedoch mit geraden Realteilen und ungeraden Imaginärteilen wegen
der vorausgesetzten Reellität der Signale und damit auch ihrer Kreuzkorrelations-
funktionen. Die Kreuzleistungsspektren enthalten also Phaseninformationen, die zu
interessanten systemtheoretischen Beziehungen führen, von denen im
folgenden die wichtigsten erörtert werden sollen.

Wir betrachten ein lineares zeitinvariantes System, das durch seine Impulsantwort
h l t ) bzw. seine Ubertragungsfunktion H(f) beschrieben sei (Bild 2.23). Für ein
beschränktes stochastisches Eingangssignal xl t ) gilt die Eingangs-Ausgangs-Rela-
tion nach (2.2-36)

=
yf t ) = hf t ) l' xf t ) f h(cr)x(t - cr)dcr, (2.3-92)
-=
y
x(t) y(tl = x(lh h(I)

h (t )
f---_-O
H (t)

Bild 2.23. Lineares zeitinvariantes System mit stochastischen Eingangs- und Aus-
gangssignalen

sofern die Impulsantwort endliche Energie besitzt, was wir voraussetzen. Wir bil-
den nun die Kreuzkorrelation zwischen Eingangs- und Ausgangssignal, setzen das
Faltungsintegral ein und vertauschen die Reihenfolge der Operationen :

-&
R
xy
(,.) = x(t)y{t + ,.) =
-&
lim
-'0::
1
2 -& f x(t)y(t + ,.)dt
--&
-&
f
co

= lim 1-& f xl t ) h(o)x(t + ,. - cr)dodt


-&-.=
--& -=
= =f
-=
h(O)/lim
-& ... = 1-& J
--&
x(t)x(t + ,. - o)dt )dO.
62 2. Signale und Spektren

Der in geschweiften Klammern stehende Ausdruck entspricht der um 0 verschobenen


Autokorrelationsfunktion des Eingangssignals. Hieraus folgt, daß sich die Kreuzkorre-
lationsfunktion von Eingangs- und Ausgangssignal aus der Faltung der Autokorrelati-
onsfunktion des Eingangssignals mit der Impulsantwort des Systems ergibt :

f
00

n (,.)
~
h(o)n (,. - o)do
x
=: h(") lf-n x (,.). (2.3-93)
_00

Diese Beziehung ermöglicht ein wichtiges Verfahren zur S y s te man a 1y s e , Man


gibt auf den Eingang des zu analysierenden Systems ein genügend breitbandiges Ge-
räusch xl t}, das innerhalb der System bandbreite näherungsweise als weißes Rau-
schen aufgefaßt werden kann. Seine Autokorrelationsfunktion strebt dann nach (2.3-82)
gegen 1\(,.) =: So 6( "), und die Impulsantwort des Systems

(2.3-94)

läßt sich somit durch Kreuzkorrelation von Eingangs- und Ausgangssignal ermitteln.

Wendet man auf (2.3-93) die Fourier-Transformation an, so ergibt sich die ent-
sprechende Verknüpfung im Spektralbereich :

sxy (f) =:H(f)~


x
(f). (2.3-95)

Es soll nun noch gezeigt werden, wie die spektralen Le istungsdichten S (r) und S (r)
x y
miteinander verknüpft sind. Dazu gehen wir aus von der Autokorrelationsfunktion des
Ausgangssignals und setzen das Faltungsintegral (2.3-92) ein :

e
f y(t)y(t + ,.)dt
--& .

-&
f f
00
1
=: lim R y (t ) h ( e) x (t + ,. - 0) dedt
-& .... 00 _-& _ 00

7
_ 00
h(O)!lim
-& .... 00
b j
_-&
y(t)x(t + ,. - O)dtjdo

f
00

=: h(o)R (,. - o)do =: h(") lf-R (,.). (2.3-96)


yx yx
_ 00
2.3 Signale endlicher Lei stung 63

Durch Fourier-Transformation erhalten wir hieraus

8 (r) =H(f)8 (f). (2.3-97)


y yx

Wegen (2.3-85) und (2.3-95) gilt aber

8 (r) =8* (f) = H*(f)8 (f), (2.3-98)


yx xy x

und Einsetzen in (2.3-97) ergibt schließlich den gesuchten Zusammenhang für die
Verknüpfung der spektralen Leistungsdichten von Eingangs- und Ausgangssignal :

2
5 (f) = IH(f) 1 5 (f). (2.3-99)
y x

2
Wegen dieser Beziehung nennt man IH (f ) 1 die Leistungsübertragungs-
funktion des Systems.

Aus (2.3-99) folgt nachträglich eine physikalische Rechtfertigung für die Definition
(2.3 -47) der spektralen Leistungsdichte eines stochastischen Signals : Wir betrach-
ten dazu eine geeignete Meßapparatur (Bild 2.24), die aus einem Bandpaßfilter und

y (I)
x(t ) O------i Bandpassfilter Wattmeter 1-----0 ?Tti

Bild 2.24. Zur Messung der spektralen Leistungsdichte

einem nachgeschalteten Wattmeter besteht. Das Bandpaßfilter habe die (idealisierte)


Leistungsübertragungsfunktion

/HBP(f) I =
2 j 1 für fO - M/2 ~ Ifl ,;;;; fO + M /2
(2.3-100)
o sonst

mit sehr schmalem Durchlaßbereich (M« f in der Umgebung der Frequenz f


O) O'
für die wir den Wert der spektralen Leistungsdichte ermitteln wollen. Das Wattme-
ter bestimmt die mittlere Leistung des an seinem Eingang anliegenden Signals y{t).
Für diese gilt mit (2.3-99) und (2.3-51)

co co f O+M/ 2

f 8
y(f)df
= f IH B P { f ) / 2 5x (f) df = 2 f 5 x{f)df/
_CC _co f - M/ 2
O (2. 3-101)
64 2. Signale und Spektren

woraus sich für lIf ... 0 die gesuchte spektrale Leistungsdichte bei der Frequenz f
O
ergibt:

(2.3-102)

Der hierin auftretende Faktor 2 ist darauf zurückzuführen, daß die spektrale Lei-
stungsdichte, so wie sie hier definiert wurde, eine symmetrische Funktion der Fre-
quenz ist. Läßt man keine negativen Frequenzen zu, so ergibt sich eine andere De-
finition, die sich von Sx(f) nur um den Faktor 2 unterscheidet.

In Kapitel 7 wird die Bestimmung von Leistungsspektren stochastischer Signale aus-


führlich behandelt.

2.4 Diskontinuierliche Signale

2.4.1 Definition und systemtheoretische Bedeutung

Die Verarbeitung von Signalen wird seit der Entwicklung der digitalen Filtertechnik
und der Verfügbarkeit leistungsfähiger Digitalrechner in Verbindung mit besonders
effektiven Algorithmen wie der schnellen Fourier-Transformation in ständig zuneh-
mendem Maße auf digitale Weise ausgeführt [2.9-2. 11J. Das Schema einer solchen
Signal verarbeitung ergibt sich aus Bild 2.25 : Dem zu verarbeitenden Signal uf t )
werden durch Abtastung äquidistante Werte u( vr ) entnommen, die über einen Ana-
log/Digital-Wandler in eine für das digitale System geeignete Form gebracht werden.
Dieses System liefert dann digitale Ausgangswerte, die durch einen Digital/Analog-
Wandler in die analoge Signalform zurückgewandelt werden. Die eigentliche Verar-
beitung erfolgt nach einern festgelegten Algorithmus, mit dem aus der Wertefolge
lu( vr ) I die Folge Iy( vr) I errechnet wird.

u(t) o--------t~--- AID


~ Digitales System ~ DIA ~y(t)
Abtastung Wandlung Verarbeitung Rückwandlung

Bild 2.25. Schema einer digitalen Signalverarbeitung nach [2. 9J

Die Wirkungsweise des digitalen Systems läßt sich prinzipiell ohne die Verwendung
der Begriffe Zeit und Frequenz beschreiben. Denkt man beispielsweise an den Ein-
satz eines Digitalrechners, der in Feldern angeordnete Zahlen verarbeitet, so fehlt
auch zunächst eine Motivation für die Einführung dieser Begriffe. Vorn systemtheo-
retischen Standpunkt aus jedoch ist es wünschenswert, ein geschlossenes mathem a-
2.4 Diskontinuierliche Signale 65

tisches Modell der digitalen Verarbeitung analoger Signale zu haben, bei dem der
Signal fluß die Grenzen zwischen analogen und digitalen Teilsystemen passieren kann,
wobei sich nur die Signalform ändert . Zu diesem Zweck definiert man diskonti-
nu i er I ich e Si g na 1 e, die aus kontinuierlichen Signalen durch eine idealisierte
Abtastung, d, h, Multiplikation mit einem Impulskamm hervorgehen :

L L
<X) <X)

u*(t) : =u(t)T s (t - vr) = T u ( \lT) ö (t - vr). (2.4-1)


\1 = - <X) \1= - <X)

Das diskontinuierliche Signal u*(t) ist so durch die Abtastwerte u( \lT) des konti-
nuierlichen Signals u( t) vollständig bestimmt. Wir gehen zunächst von der Hypo-
these aus, daß umgekehrt auch das Signal uf t ) durch die Abtastwerte u( \lT) ein-
deutig festgelegt wird. Diese Annahme gilt sicher dann, wenn u( t ) eine Interpola-
tionsfunktion darstellt, welche die Werte u( vr) nach einem bekannten Gesetz inter-
poliert. Zwei Fälle sind i n diesem Zusammenhang von besonderem Interesse : Die
Spline-Interpolation, auf die wir i m Kapitel 6 näher eingehen werden, und die Shan-
non-Interpolation, mit der wir uns hier befassen wollen.

Die S h a n non - I nt e r pol at ion ist in technischer Hinsicht außerordentlich wich-


tig, weil sie einer Bandbegrenzung entspricht, die man bei vielen zu verarbeiten-
den Signalen zumindest näherungsweise als gegeben voraussetzen bzw, leicht her-
stellen und kontrollieren kann. Zu ihrer Darstellung betrachten wir ein bandbegrenz-
tes Signal uf t ) mit einem Amplitudenspektrum utr), das außerhalb des Bandes
lr] ~fg identisch verschwindet (Bild 2.26). Tastet man uf t ) mit der Frequenz

(2.4-2)

Bild 2.26. Periodisierung eines begrenzten Spektrums

ab, so ist damit nach (2.3-25) eine Periodisierung im Frequenzbereich verbunden,


die in diesem Fall aber einer periodischen Fortsetzung von U(f) außerhalb des
66 2. Signale und Spektren

Bandes 'f I ~ f mit der Periode fA entspricht (Bild 2.26) :


g
co
UW= L U(f-kfA)..-ou*(t). (2.4-3)
k=-co

Offensichtlich läßt sich U(f) aus U(f) mit Hilfe der Ubertragungsfunktion HO(f)
des idealisierten Tiefpaßsystems nach (2.2-37) ausblenden :

(2.4-4)

Das Signal uf t ) ergibt sich dann aus u*(t) durch Faltung mit der zugehörigen Im-
pulsantwort hO(t) nach (2.2-38), und man erhält die Shannonsche Int erpola-
tionsformel :
co
uf t ) = hO(t) * u~(t) = " u(\lT) sin TI(t - \lT)/T (2.4-5)
~ ~ TI( t - \lT)/T
\1=-co

Wandlung und Rückwandlung können im mathematischen Modell der digitalen Signal-


verarbeitung demnach durch einen idealisierten Abtaster, der das analoge Signal mit
einem Impulskamm multipliziert, und durch einen idealisierten Tiefpaß erfolgen
(Bild 2 .27) . Zwischen diesen beiden Wandlern liegt das Signal in diskontinuierlicher
Form vor, und hier ist zur Vervollständigung des Modells das digitale System einzu-
fügen (Bild 2.28). Wir vernachlässigen dabei die nichtlinearen Effekte , die sich in

ull-I I} = idealer Tielposs


u(t) idealer
ahne uIt)
Abloster =11: u(v1)olt-vl) Verzögerung
"

11: ött-vl )
v

Bild 2.27. Wandlung und Rückwandlung eines bandbegrenzten Signals u( t )

ull} idealer ull-(t) { U (k)} Yll-It) idealer lielposs Y1t)


0-- ahne
U(fl
Ablosler Ü(fl {y(kl} Y(fl Y(f)
-+ Verzögerung
diskontinuierliches Syslem

utt) h (I) y(I)= h(tlll-u(t)


1-_-0
UII} H(f I Ylfl=H(fl U(II

konlinuierliches Syslem

Bild 2.28. Lineare Modelle der analogen und digitalen Signalverarbeitung


2.4 Diskontinuierliche Signale 67

realen digitalen Systemen als Folge der endlichen Wortlänge ergeben [2. 9J, und
nehmen an, daß die Wertefolge Iy{ vr) I aus der Folge lu{ vr) I durch eine lineare
Abbildung hervorgeht. Dieses System nennen wir dis k 0 nt i nu i er I ich [2. 2J. Um
eine mögliche Beschreibung seiner Wirkungsweise zu finden, ziehen wir zum Ver-
gleich ein analoges System heran, welches hinsichtlich der betrachteten Signale das
Gleiche leisten möge {Bild 2. 28}. Für das bandbegrenzte Signal u( t ) ist nur der Ver-
lauf der Ubertragungsfunktion H{f) im Band Ifl ~f relevant. Wenn wir diesen Teil
g
ausblenden, so erhalten wir ein bandbegrenztes System mit der Ubertragungsfunk-
tion

I
H {f} für 1f I ~ f
g
H
w
(f) = {2.4-6}
o für [r] > f
g

die ebenfalls die gewünschte Eingangs-Ausgangs-Beziehung

Y{f} = H (f)U{f) {2.4-7}


w

herstellt . Wenn wir nun H (f) periodisch fortsetzen


w

I:
CD

Hw{f} Hw(f + kf A}, {2.4-8}


k=-co

und auch die Signalspektren periodisieren, so gilt offensichtlich

Y{f) =Hw (f)U{f). {2.4-9}

Damit haben wir eine Beschreibung des diskontinuierlichen Systems im Frequenz-


bereich gefunden. Hieraus folgt für den Zeitbereich die Verknüpfung der entspre-
chenden diskontinuierlichen Signale durch die Faltung

CD

y*{t} = T
c:
\'
n=-o:>
y{nT}ö{t - nT} = h
w*
(t ) * u*{t}

~ IT ,~'" hw(,T),(t -'T)) T.~CX' ·1 u(.T),(t - .T))


ce ce
=T
2
I: I:
~=-CD v=- CD
hw{ vT}u{~T}ö{t - -r - ~T}

n=-OO {2.4-10}
68 2. Signale und Spektren

Wir sehen, daß die Abtastwerte des Ausgangssignals mit denen des Eingangssignals
und der zu H (f) gehörigen Impulsantwort h (t) durch die d i s k r e t e Fa 1 tun g
w w
co

y(nT) =T L h (vT)u( nT - v'I')


w
(2.4-11)
v=-=

verknüpft sind. Formal erhält man die gleiche Beziehung, wenn man auf das Fal-
tungsi ntegral

I
co

y(t) = hw(t) '"" uf t ) hw(.,.)u(t - .,.)d.,. (2.4-12)


-=
die Rechteckformel der numerischen Integration anwendet.

2.4.2 Probleme der Signaldarstellung durch Abtastwerte

Die bisherigen Betrachtungen erfolgten unter der Voraussetzung der Bandbe-


grenzung. Ist diese nicht gegeben, so bewirkt die Abtastung des Signals eine
Uberlagerung im Frequenzbereich nach (2.4-3), die das Spektrum verfälscht
(Bild 2.30). Wenn man zusätzliche Informationen über den Verlauf der Signale zwi-
schen den Abtastpunkten hat oder von geeigneten Hypothesen hierüber ausgeht , läßt
sich der Uberlagerungseffekt in gewissen Fällen geschlossen eliminieren (vgl. Ka-
pitel 6). Im allgemeinen aber muß man, wenn das Signal uf t ) am Eingang des Sy-
stems nicht bandbegrenzt ist, einen Uberlagerungsfehler (englisch: aliasing) inner-
halb des Bandes If I :!G; fg hinnehmen, der durch den Tiefpaß am Ausgang des Systems
nicht mehr unterdrückt werden kann. Als vorbeugende Maßnahme dagegen läßt sich
in vielen Fällen eine entsprechende Bandbegrenzung des Signals u (t ) vor der A b-
tastung vornehmen, wenn der relevante Frequenzbereich bekannt ist, und wenn die
durch die Tiefpaßfilterung verursachte Signalveränderung (Bandbegrenzung , Lauf-
zeitverzerrung) toleriert werden kann. Wenn das nicht möglich ist, muß die Abtast-
frequenz f so hoch angesetzt werden, daß der Uberlagerungsfehler innerhalb je-
A
weils festzusetzender Schranken bleibt. Praktisch läßt sich das so durchführen, daß
man f schrittweise erhöht bzw, erniedrigt und feststellt, ob und wie sich die Spek-
A
tralfunktion dabei ändert.

Wir betrachten dazu zwei einfache Beispiele, bei denen die Spektralfunktionen ge-
schlossen berechnet werden können. Die in Bild 2.29 dargestellte symmetrische
Signalfunktion u( t ) = exp( - It l ) hat die Fourier-Transformierte

u(f) (2.4-13)
2.4 Diskontinuierliche Signale 69

-2,5 -2,0 -1,5 -1,0 -0,5 o 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
=1
Bild 2.29. Signalstützwerte für die numerische Fourier-Transformation

Wir tasten ul t ) mit der Frequenz f = 1/T ab und bilden das diskontinuerliche
A
Signal u , (t), wie in (2.4-1) definiert . Die zugehörige Spektralfunktion

=
u(f) =T L u(\lT}e- j2TTf\lT (2.4-14)
\1=-=

ist mit u(f} durch den Uberlagerungssatz (2.4-3) verknüpft (Bild 2.30). Ein Ver-
gleich von (2.4-13) und (2.4 -14) zeigt, daß U(f) formal auch als numerische Ap-

r Ü(I) U(f)
~
--_---,.__ =-=-~-;:;o:;...-
'Y
"-....::=:z::::=--:-----
o -.1-= 1
2r
Bild 2.30. Fourier-Transformierte des Signals von Bild 2.29 und seine Periodisie-
rung

proximation von U( r) interpretiert werden kann, die durch Anwendung der Recht-
eckformel der numerischen Integration auf das Fourier-Integral entsteht. Wir kön-
nen D'(r} mit Hilfe der geometrischen Summenformel leicht berechnen :
70 2. Signale und Spektren

U(f) = 2T Rel f:
\1=0
e-(1+j2TTf)\lT J- T

= 2T Re { 1. } T (2.4-15)
1 - exp( - (1 + J2TTOT) -

-2T
_T 1 - e _ T sinh T
- 1 _ 2e-Tcos 2TTfT + e- 2T - cosh T - cos 2TTfT •

Bild 2.30 zeigt einen Vergleich von U(f) und U<f) für T = 0,5. Der Approximations-
bereich ist das Band [r I ~ 1/(2T). Für kleine Werte von T läßt sich der Approxima-
tionsfehler durch Taylor-Entwicklung der transzendenten Funktionen in (2.4-15) leicht
ermitteln:

2/6)
U(f) = U(f)(1 +T + Glieder mit höheren Potenzen von T (2.4-16)

Daß dieser Fehler quadratisch und nicht linear mit T verschwindet, wie man das
eigentlich bei der Rechteckformel erwartet, liegt dar-an, daß für das gewählte spe-
zielle Beispiel U(f) auch der Anwendung der Trapezformel auf das Fourier-Inte-
gral (2.4-13) entspricht: Rechteckformel und Trapezformel unterscheiden sich nur
hinsichtlich der Bewertung der beiden Randordinaten des Integrationsbereiches; die-
se liegen aber hier im Unendlichen und verschwinden.

Im allgemeinen jedoch verschwindet die Differenz zwischen uÜ) und utr) im Band
[r] ~1/(2T) nur linear mit T wie bei dem folgenden Beispiel mit derSignalfunk-
tion (Bild 2.31)

I
-t
für t -;;. 0
u( t ) = o (2.4-17)
für t < 0

1,0

0,6

0,4

0,2

1 21 31 ° N1
Bild 2.31. Abschneiden und Diskretisieren einer Signalfunktion für die numerische
Bestimmung des Spektrums
2.4 Diskontinuierliche Signale 71

Hier erhält man

1
U(f) (2.4-18)
1 + j2TTf

und

T
(2.4-19)
-( 1+j2TTOT '
1 - e

und die Taylor-Entwicklung für kleine T liefert mit

+ ••• (2.4-20)

einen proportional zu T verschwindenden Approximationsfehler.

Bei den betrachteten Beispielen konnte U(f) geschlossen berechnet werden. Im all-
gemeinen aber läßt sich die Formel (2.4-14) nur numerisch auswerten, dvh, es
kann nur eine endliche Anzahl von Abtastwerten berücksichtigt werden. Hieraus re-
sultier.t zusätzlich ein Fehler, der durch das Ab s c h n eid e n der Signalfunktion,
bei dem zuletzt betrachteten Beispiel etwa an der Stelle t = NT entsteht (Bild 2 .31).
Dieser Fehler muß mit wachsendem Wert des Produktes NT abnehmen. Reduziert
man nun den Diskretisierungsfehler durch Verkleinern von T, ohne das Produkt NT
zu verändern , so nähert sich der aus Diskretisierungsfehler und Abschneidefehler
bestehende Gesamtfehler der numerischen Fourier-Transformation asymptotisch
dem konstanten Wert des Abschneidefehlers, und eine weitere Reduzierung von T
ist sinnlos. Man muß daher gleichzeitig auch das Produkt NT vergrößern. Ein all-
gemeines Verfahren hierzu ergibt sich aus der folgenden Betrachtung.

Die Verfügbarkeit schneller Algorithmen zur numerischen Fourier-Transformation


(Kapitel 4 und 6) stellt es uns weitgehend frei, die Signale wahlweise im Zeitbereich
oder im Frequenzbereich darzustellen und bei der Signalverarbeitung aus dem
einen in den anderen Bereich überzugehen. Ein typisches Beispiel hierfür ist
die Simulation von umfangreichen Systemen. Es ist dabei grundsätzlich anzustreben,
daß die Signale im Zeitbereich und im Frequenzbereich m öglichst gleich gut durch
die entsprechenden diskreten Werte repräsentiert werden. Gehen wir von dem all-
gemeinen Fall aus, daß die Signale zeitlich und spektral nur näherungsweise be-
grenzt sind, so entstehen Abschneide- und Diskretisierungsfehler. Uber die Ab-
schneidefehler können wir nur von Fall zu Fall Aussagen machen . Von den Diskre-
tisierungsfehlern aber wissen wir, daß sie proportional zum jeweiligen Abtastinter-
vall im Zeit- bzw. im Frequenzbereich verschwinden. Wenn T das Abtastintervall
im Zeitbereich ist, so hat nach dem Uberlagerungssatz die ermittelte Spektralfunk-
tion die Periode 1/T. Wir setzen voraus , daß eine solche Periode das wahre Spek-
trum weitgehend richtig wiedergibt. Man wird dann auch von diesem Bereich aus-
72 2. Signale und Spektren

gehen, um die inverse Fourier-Transformierte der Spektralfunktion numerisch zu


bestimmen. Verwendet man hier ebenfalls N Stützwerte, die äquidistant über den
Bereich r/r verteilt sind, so ergibt sich das Abtastintervall im Frequenzbereich
zu
Q = l/(NT) • (2.4-21)

Somit verschwindet der Diskretisierungsfehler bei der Transformation aus dem Zeit-
in den Frequenzbereich proportional zu T und der bei der umgekehrten Transfor-
mation proportional zu l/(NT). Sollen sich beide Fehler in gleichem Maße verän-
dern, so ist T ~ l/(NT) zu wählen; wobei die Proportionalitätskonstante, die wir a 2
nennen wollen, von dem jeweiligen Problem abhängt. Die gesuchte Relation zwischen
T und N ist dann

T = a/ VN , a > 0, reell, konstant. (2.4-22)

Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man auch, wenn der mittlere quadratische Gesamt-
fehler beider Approximationen zu einem Minimum gemacht wird. Für das Abtastin-
tervall im Frequenzbereich folgt aus (2.4-21) und (2.4-22)

Q=l/(aVN). (2.4-23)

Die Diskretisierungsfehler im Zeit- und im Frequenzbereich lassen sich nun durch


Vergrößerung von N in gleichem Maße reduzieren. Darüber hinaus werden wegen
NT = aVN und NQ = VN/a auch die Abschneidefehler in beiden Bereichen verkleinert.
Der jeweilige Optimalwert der Konstanten a läßt sich entweder aus Abschätzungen
der Abschneide- und Diskretisierungsfehler oder durch numerische Untersuchungen
mit variablem a ermitteln. Als grobe Abschätzungen kann man beispielsweise
a = VelB verwenden, wobei e und B Signaldauer bzw. Bandbreite sind, oder a so
bestimmten, daß die Signalenergien innerhalb des Frequenzintervalls NQ = r/r ei-
nerseits und des Zeitintervalls NT andererseits gleich sind.

2.4.3 Diskontinuierliche Signale und diskrete Fourier-Transformation

Die Repräsentation von Signalen und Spektren durch jeweils endlich viele Abtastwerte
ist für die digitale Verarbeitung von fundamentaler Bedeutung. Die bisherigen Be-
trachtungen waren insofern nicht ganz befriedigend, als noch keine eindeutig umkehr-
baren Beziehungen zwischen endlich vielen Signalwerten und endlich vielen Spektral-
werten gefunden werden konnten. Wir haben festgestellt, daß ein diskontinuierliches
Signal u*( t ) das periodisierte Spektrum U( r) hat. Entsprechend besitzt das diskre-
tisierte Spektrum U*(f) nach (2.3-22) als inverse Fourier-Transformierte das pe-
riodisierte Signal ~(t). Diese Beziehungen entsprechen im wesentlichen den Fourier-
reihendarsteIlungen der periodischen Funktionen ~ (t ) und lJ< f) : Die Periode von
~(t) ist NT und die von U(f) ist r/r. Es gilt dann, wie man aus (2.3-22) leicht er-
2.4 Di skontinuierliche Signale 73

sehen kann,
= L
co
~( t )
L
k=- =
1
uf t - kNT) = NT
k=- =
U ( ~) ej2 nkt/(NT) (2.4-24)

und aus einer ähnlichen Betrachtung folgt

L= ut r - k/T) = T Lco
u(kT)e-j2nkfT. (2.4-25)
k =- = k =- =

Um nun zu e iner Signal darstellung mit jeweils endlich vielen Abtastwerten im Zeit-
bereich und im Frequenzbereich zu gelangen, ändern wir die Problemstellung der
harmonischen Analyse (2. 3-3), als deren Ergebnis ja die Beziehungen (2. 4-24) und
(2.4-25) aufzufassen sind, im Sinne einer diskreten Approximation ab :
Die N Abtastwerte einer Periode von ~(t) sollen durch e ine Linearkom bination von
N entsprechend diskretisierten harmonischen Funktionen im Sinne eines minimalen
mittleren quadratischen Fehlers angenähert werden:

L
N-1 N-1
Q= L
v=O
~( vT) -
_
c e
11
j 2nl1v/ N 2! .
= Mi n, (2.4-26)
11=0

Wie bei der harmonischen Analyse können wir nach den Koeffizienten c oder den
. ~* m
konjugiert-komplexen Werten c differenzieren und die notwendigen Bedingungen
m
für das Minimisierungsproblem aufstellen. Beide Wege führen zum gleichen Ergeb-

I
~*
nis , Im Falle der Differentiation nach c erhalten wir das lineare Gleichungssystem
m

~c
N-1
N-1
~ ~( vT) -L 11=0
l1e
j2n I1V/N) e -j2 nm v/ N -- 0 ,

das sich auch in der Form

N-1

L ~(
u vT)e -j2nm v/N = L L
N-1
~
c
11
N-1
e j2n(l1- m)v /N (2.4-27)
v=O 11=0 v=O

schreiben läßt. Die innere Summe auf der rechten Seite kann man nach der geome-
trischen Summenformel leicht berechnen. Das Ergebnis

N-1
\ ' ej2 n( l1-m) v/N _ eX~{j2 n( l1- m»- 1
i: -expj2 n( l1- m)!N)-1 (2.4-28)
v=O
74 2. Signale und Spektren

entspricht der- S u m m e no r t h 0 gon al i t ä t der diskreten harmonischen Funktionen:

~ L ej2n(~-m)'J/N
N-1
=
{ 1 für ~ - m = kN, k ganz
0
sonst
(2.4-29)
v=O

Der Wertevorrat von ~ und m umfaßt jeweils die ganzen Zahlen von 0 bis N - 1-
Die Bedingung für Nichtverschwinden der Summe ist also nur für k = 0 gegeben.
Hiermit folgt aus (2.4-27)

L
N-1
c = ~ ;;( vT) e - j2nmv/ N. (2.4-30)
m
v=O

Um festzustellen, ob wir mit dieser Lösung tatsächlich ein Minimum von Q gefun-
den haben, setzen wir sie in (2.4-26) ein und erhalten bei Berücksichtigung von
(2.4-29)

N-1
~ ~ J'2n~ v/N
i:c ~e
1
=N
L ;;( L
N-1
nT)
N-1
ej2n~( v- n ) /N = ;;( vr). (2.4-31)
~=O n=O ~=O

Hieraus folgt Q = 0, d.h. das Approximationsproblem (2.4-26) wird durch eine In-
terpolation gelöst. Man spricht deshalb in diesem Zusammenhang von tri g o n 0 me-
trischer Interpolation [2.12J. Wir setzen nun die Beziehung (2.4-24) in
(2.4-30) ein und erhalten

=
L L
N-1
j2n(k-m)v/N
U (~T) e
v=O k=- =
= ifT
1 L= U (~) L
N-1
e j2n(k-m)'J/N • (2.4-32)
k=- = v =O

Nichtverschwinden dieses Ausdrucks ergibt sich wegen der Summenorthogonalität


(2.4-29) für k = m+nN mit ganzzahligem n, Hieraus folgt

=
cm = ~T L U (mN;N) = ~T u( ~) (2.4-33)
n=- =
2.5 Literatur 75

und mit (2.4-30)


N-1
u( NT
m) = T ~ ~(vT}e-j2TTmv/N,
i....J m=0,1, .•• N-1. (2.4-34)
v=O

Die Umkehrung hiervon ergibt sich aus (2.4-31) :

N-1
~(vT) = J.r L ~U ( .!!!...)
NT e
j2 TTmv/N
, v=0,1, ••• N-1. (2.4-35)
m=O

Die Beziehungen (2.4-34) und (2. 4-35) stellen den gesuchten eindeutig umkehr-
baren Zusammenhang zwischen jeweils N Abtastwerten im Zeitbereich und im Fre-
quenzbereich dar. Sie entsprechen der dis k re te n F 0 u r i e r - T r ans f 0 r m a-
ti 0 n, mit der wir uns im folgenden Kapitel eingehend befassen werden.

Festgehalten werden sollte noch, daß für T ~ 1/\,fN die periodisierten Funktionen
~(vT) und U(m/(NT}} mit wachsendem N gegen die Signalfunktion uf t ) bzw, das
Spektrum U(f) streben. Es existiert also immer ein genügend großer Wert von N
derart , daß die Abbildung von Signalen uf t ) auf ihre Spektralfunktionen U(f) und
umgekehrt durch die diskrete Fourier-Transformation in jeder gewünschten Genau-
igkeit vorgenommen werden kann.

Hinsichtlich solcher Konvergenzbetrachtungen ist noch eine Bemerkung notwendig.


Die Approximationsbereiche wurden hier, so wie es allgemein üblich ist, durch
o .,;: t .,;: NT und 0 .,;: f .,;: 1/T festgelegt. Wegen der Periodizität der approximieren-
den Funktionen ~(t) und U( f) bedeutet diese Wahl keine Beschränkung auf positive
Zeiten und Frequenzen. Man findet beispielsweise die Spektralfunktion U(-1 /(2T} ~
f ~ 0 im Intervall 1/ (2T) ~ f ~ 1/T. Für N ... = aber verschiebt sich das letztere In-
~

tervall ebenfalls ins Unendliche. Zum Konvergenznachweis U ... U muß man daher
von dem Intervall Ifl ~ 1/(2T} ausgehen. Entsprechendes gilt für die Signalfunk-
tion u( t) •

2.5 Literatur

2.1 Papoulis, A .: The Fourier Integral and Its Applications. New York, London,
Toronto: McGraw-Hill 1962.
2.2 Unbehauen, R. : Systemtheorie. München, Wien: Oldenbourg 1971.
2 .3 Abramowitz, M.; Stegun, I.A. (Hrsg.): Handbook of Mathematical Functions ,
New York: Dover Publications 1965.
2.4 Doetsch, G.: Funktionaltransformationen; in: Mathematische Hilfsmittel des
Ingenieurs, 1. Teil; Hrsg.: R. Sauer und I. Szabo, Berlin, Heidelberg, New
York: Springer 1967.
76 2. Signale und Spektren

2. 5 Lighthill, M.J.: Einführung in die Theorie der Fourier-Analysis und der ver-
allgemeinerten Funktionen . Mannheim, Wien, Zürich : Bibliogr. Institut 1966.
2.6 Giloi, W.: Simulation und Analyse stochastischer Vorgänge, 2 . Aufl. Mün-
c he n , Wien: Oldenbourg 1970.
2.7 Davenport, W.B.; Root, W.L. : Random Signals und Noise. NewYork, Toron-
to, London : McGraw-Hill 1958.
2.8 Doob, J.L. : Stochastic Processes. New York: Wiley 1953.
2.9 Schüßler, H. W. : Digitale Systeme zur Si gnalverarbeitung. Berlin, Heidelberg,
New York : Springer 1973.
2.10 Oppenheim, A. V.; Schafer, R. W.: Digital Signal Processing. Englewood
Cliffs, N.J. : Prentice-Hall1975.
2.11 Rabiner, L. R.; Gold, B.: Theory and Application of Digital Signal Processing.
Englewood Cliffs, N.J. : Prentice Hall 1975.
2.12 Zurmühl, R .: Praktische Mathematik für Ingeni eure und Physiker, 5. Aufl ,
Berlin, Heidelberg, New York: Springer 1965.
2.13 Bauer, F .L.; Stetter, H. J .: Zur numerischen Fourier-Transformation.
Numer. Math , 1 (1959) 208-220.
3 Die diskrete Fourier-Transformation

3.1 Definition und Darstellung

Die diskrete Fourier-Transformation muß nicht notwendig als Approximation der


Fourier-Transformation kontinuierlicher Funktionen angesehen werden. Sie stellt
eine völlig eigenständige lineare Transformation dar, die eine Folge von N kom-
plexen Zahlen lx v I = lx o' x l ' •.. ' x N_ 1 1 vermöge der Beziehung

~= 0 , 1 , ••• ,N-1 (3 .1-1)

eindeutig umkehrbar auf di e Folge !y~ I = !yo' y1"" 'YN-1 1 abbildet. Die Trans-
format ionskonstante T soll reell und positiv, i m übrigen aber beliebig definierbar
sein. Die Eindeutigkeit de r Umk ehrtransformation

v = 0 , 1 , ••• ,N-1 (3. 1-2)

folgt aus der Summenorthogonalität (2.4-29)

N-1 N-1
1
x v = NT
L
\.1=0
ej2TT ~V/N
TL n=O
x e -j2TT\.1n/N
n

N-1 N-1
1
=N L L
n=O
x
n
~=O
e
j2TT~( v- n )/ N
=x •
v
(3.1-3)

Wir nennen (3.1-1) die dis krete Fourier-Transformation (DFT) und


(3.1-2) die inverse diskrete Fourier-Transformation (IDFT).

Häufig gebrauchte allgemeine i: astlegungen der Transformationskonstanten si nd


T = 1 und T = l /N. Zweckmäß ig is t besonders auch die Definition T = 1/'/N, nicht
nur wegen der im Abschnitt 2.4 diskutierten Zusammenhänge, sondern auch, weil
die DFT dann eine uni t ä r e Transformation ist , wie unten noch näher erläutert
78 3. Die diskrete Fourier-Transformation

wi r d . Bezüglich der Wahl von T wird hier keine generell e Festlegung getroffen, da
immer di e Möglichkeit gegeben sein soll, T durch ein Abtastintervall zu spezifizieren
( vgl , Abschnitt 2.4). Lediglich im Kapitel 4, wo es um die A lgorithmen zur numeri-
schen Ausführung der DFT ge ht , werden wir zur Vereinfachung der Schreibweise
T = 1 setzen.

Wir verwenden i m fo lgenden wahl weis e verschiedene Darstellungen bzw. Symbole


fü r die diskrete Fourier-Transformation und ihre Umkehrung , die alle i m Sinne der
Gleichungen (3.1-1) bzw. (3.1-2) zu ve r s t e h e n s ind :

Iy
IJ.
I = DFT [x
v
l, [x
v
I = IDFT!y
IJ.
I, (3.1-4)

[x
v
I 0---" lyIJ. I, lyIJ. \,,---0 [x
v
I. (3.1-5)

Wenn man die Zahlenfolgen [x I und !y I als Spaltenvektoren x bzw. v darstellt,


v ~ - ~
lassen sich die Transformationen auch i n der Form

-1
:L = ':!!.~, ~ = W :L (3.1-6)

schreiben, wo die Matrix W der DFT und ihre Inverse vrl wie folgt definiert sind:

1 1 1 1
2 N-l
1 w w w
2(N-1)
w2 -0 für T => t/'fN
W=T 4 => W
1 w w
(3.1-7)

N-l (N_1)2
1 w w

1 1 1 1
-1 -2 -(N-l)
1 w w w
-1 1 => W- l
W =NT 1 w
-2
w
-4
w
-2(N-l)
-0
für T => l/m
(3.1-8)

2
-(N-l) -(N-l)
1 w w

Dabei wurde zur Ab kürzung die Größe

-J02TT/N
w =e (3.1-9)

e ingeführt. Setzen wir speziell T = l/m, so ne nne n wir die Matrizen ~ bzw. ~1,
wi e oben ange deutet ist. Diese Ma t r i z e n haben eine Reihe besonderer E igenschaften,
3.1 Definition und Darstellung 79

di e i m folgenden erörtert werden : Si e s i nd s y m m e t r i sc h

1 1
Wo = W_ O" W-
- 0
- (W- )
- - 0
I
' ( 3.1-1O)

wobei d ie transponierte Matrix durch eine n St r ich geke nnz eich ne t wurde , und a uß er-
dem zueinander k 0 n j u g i er t - kom p lex:

-1 *
~O = ~O· {3.1-11 }

-1 +
Somit ist ~O auch die zu ~ a dj u ng i er te Ma t rix '!!.O :

-1 +
~O = ~O • {3.1-1Z}

Ma trizen mit dieser Eigenschaft nennt man un i t ä r (z , B. [ 3. 1] }. Sie vermi tteln


e ine un itäre Transformation.

Für den allgemeinen Fall mit e i ne r beliebigen Tr a nsfor m a ti onskonst a nte n T ergibt
s ich entsprechend

{3.1 -13}

Die Umrechnungsbeziehungen zwischen ~ und Wo sind

{3.1-14}

Führen wir den Spaltenvektor

1 1
k -j2 nk /N
w e
Zk -j2 nZk/N
w e
~k .- = {3.1-15}

(N-t)k -j2n(N-1 }k/N


.w e

ein, so lassen sich die Beziehungen (3.1-6) auch folgendermaßen darstellen:

N-1
1. = ~!. = T L
k=O
xk ~k' (3.1-16 )

N- 1
!. =~
-1
l. =NT
1
L
k=O
{3.1-17 }
80 3. Die diskrete Fourier-Transformation

Im folgenden ist W immer als DFT-Matrix für die Transformation von N Werten auf-
zufassen. Wenn die Anzahl der zu transformierenden Elemente n *N ist, so erhält
die zugehörige DFT -Matrix den Index n,

3.2 Abbildungsgesetze

Bei der vektoriellen Darstellung Gar diskreten Fourier-Transformation (3.1-6) sind


.! und y.. Vektoren in e inem N-dimensionalen komplexen Punktraum IR Wir gehen
N•
zunächst kurz auf die Metrik dieses Raumes ein.

Das in ne r e Pro du k t zweier Vektoren ~ E IR und.! E IR ist durch


N N

*
u x
n n (3.2-1)

erklärt. Eine Vertauschung in der Reihenfolge der Vektoren führt auf den konjugiert-
komplexen Zahlenwert

N-1
= x+u = \ ' x * u = (u-,-x) * • (3.2-2)
-- L n n
n=O

Die No r m eines Vektors .! E IR ist erklärt durch


N

(3.2-3)

In IR gelten die Schwarzsehe Ungleichung


N

I (u,x) I ~ I I~III~II, (3.2-4)

die D r eie c k s u n g lei c h u n g

II~ + .!II ~ II!!II + I~II (3.2-5)


3.2 Abbil dungsgesetze 81

und die Par a 11 e log ra m m g 1e ich u n g

(3.2-6)

Beweise für diese Beziehungen findet man z. B. in [ 3 . 2J .

Das i nne r e Produkt zweier Vektoren aus RN is t invariant gegen unitäre Transfor-
mationen, also auch gegen die DFT mit der Matrix WO : Sei ~ =W ~ und y.. = W~ ,
so gilt wegen (3.1-12)

(3.2-7)

Insbesondere folgt hieraus, daß die Norm eines Vektors bei der Transformation mit
Ji o erhalten bleibt:

(3.2-8)

Die Beziehung (3.2-7) ist e in diskretes Analogon der Parsevalschen Gleichung,


aus der die Gleichheit der Signal energie im Zeit- und im Frequenzbereich folgt. Es
ist daher zweckmäßig, die Energie der diskontinuierlichen Signale so zu definieren,
daß sie gegen die entsprechenden Integralausdrücke in (2.1-35) konvergiert, wenn
wir die Abtastintervalle T und 1/(NT) gegen 0 gehen lassen, also durch T(~,~)" bzw.
(y",y")/(NT). Genau dann ist die Signalenergie invariant gegen die DFT, was sich bei
Beachtung von (3.1-13) leicht zeigen läßt :

(3.2-9)

Wir betrachten eine Reihe von weiteren Abbildungseigenschaften der DFT.

Die Li ne ar i t ä t der Transformation entspricht der Gültigkeit des Superpositions-


prinzips. Die DFT einer Linearkombination von Vektoren ~\i ist danach gleich der

I
entsprechenden Linearkombination von WX\i:

W
-
j\'
'-::
c \i -x v = \'
'-::
c v Wx
- - \i '
c
v
skalar. (3.2-10)

Bei m ehr f ach e r A n wen dun g der DFT gelten Regeln, die genau denen der
mehrfachen Anwendung der Fourier-Transformation entsprechen (vgl. Abschnitt
2.1. 1). Wir betrachten zunächst die zweifache Anwendung und berechnen dazu die
82 3. Die diskrete Fourier-Transformation

Matrix Y{~, die die Elemente a ik haben möge. Diese Elemente ergeben sich bei Be-
rücksichtigung der Summenorthogonalität (2.4-29) zu

a ik = N1 L
N-l
w
vi
w
vk
=
11 für i = k = 0
.. ,
1 fur 1 + k = N (3.2-11)
v=O 0 sonst

d, h, die Elemente a und a. N . für i = 1,2, •.• ,N - 1 sind gleich 1, während


OO 1, -1
alle übrigen Elemente verschwinden. Für N =4 gilt beispielsweise

r~ _~ J r~
1 1 o o
2 -j -1 o o

l
-0 = '4
W 1 1 2 (3.2-12)
-1 1 o 1
1 -1 -J 0 1 o

Y{~ ist also eine Permutationsmatrix, die lediglich die Reihenfolge der Elemente
x o' Xl"'" x N_1 eines Spaltenvektors, auf den sie angewendet wird, in x o' x N_1'
x N_2' ••• ,xl umkehrt. Das Element X übernimmt gewissermaßen s tellvertretend
o
die Rolle des (in der Zahlenfolge nicht auftretenden) Elementes x das nach (3. 1-2)
N'
den gleichen Wert hätte. So ist auch hier eine volle Analogie zu der entsprechenden
Beziehung (2.1-18) bei der Fourier-Transformation gegeben. Da Y{~ eine symme-
trische Permutationsmatrix ist, muß ihr Quadrat gleich der Einheitsmatrix .!. sein,
d s h, y{0 ist wie der Fourier-Operator (Abschnitt 2.1.1) zyklisch vom vierten Grade:

4
WO =.!.· (3.2-13)

Hieraus folgt

3
y{0 = y{0 = y{0
-1 '* (3.2-14)

und

(3.2-15)

Die zu W konjugiert-komplexe Matrix läßt sich dann durch

y{
* = T'fN Y{O'* = TYN'!!.O3 = '!!.O2 '!!. (3.2-16)

darstellen.
3.2 Abbildungsgesetze 83

Wegen (3.2-13) kann ~O genau wie der Fourier-Operator nur die vier Eigen-
wer te ± 1 und ± j besitzen. Hinsichtlich der Ei gen v e k tor e n von ~O besteht
auch eine enge Verbindung zu den Eigenfunktionen der Fourier-Transformation. Zu-
nächst sei festgestellt, daß ~O als unitäre Matrix stets diagonalisierbar sein muß
(z , B. [3.1]). Da ~ und ~O sich gegebenenfalls nur um einen konstanten Faktor
unterscheiden, gilt das auch für die Matrix W. Eine entsprechende Äquivalenztrans-
formation

(3.2-17)

wo M die Eigenvektormatrix und ~ die aus den Eigenwerten von ~ gebildete Dia-
gonalmatrix sein soll, ist bisher noch nicht angegeben worden. Es läßt sich auch
nicht von vornherein sagen, ob eine solche Darstellung Anwendungen in der Signal-
verarbeitung finden würde. Die Möglichkeit, daß die Ausführung der DFT

(3.2-18)

über die rechts stehenden Operationen bei geeigneter Wahl von ~ numerisch effek-
tiver sein könnte, als die schnelle Fourier-Transformation, ist nicht ohne weiteres
auszuschließen [3.3 J •

Wir gehen im folgenden kurz auf die Eigenvektorbestimmung nach [3.4J ein. Dazu
betrachten wir hier noch einmal die Beziehung (2. 1-77)

nach der die Hermiteschen Funktionen Eigenfunktionen der Fourier-Transformation


sind. Nach (2.4-34) muß nun

(_j}n L= 'l1 ( \f2iT ( IJ. + k N )


n
~T} 'l1 (\f2iT ( v + kN) T}e -j2 TTIJ.v/N
n
k=-= v=O k=-=
(3.2-19)

gelten. Setzen wir hierin T = 1/VN, so sind die periodisierten Hermiteschen Funk-
tionen auf beiden Seiten zahlenmäßig gleich. Die Größen

=
L v = 0 , 1 , ••• ,N-1 (3.2-20)
84 3. Die diskrete Fourier -Transformation

bilden daher die Elemente von Eigenvektoren

pn = (3.2-21)

der diskreten Fourier-Transformation

(3.2-22)

Das gilt für jede Ordnungszahl n = 0,1,2, ••. der Hermiteschen Funktionen. Natür-
lich können nur N linear unabhängige Eigenvektoren auftreten. Bei einem für N = 8
ausgerechneten Beispiel [3 . 4J entsprechen diese offenbar den Ordnungszahlen n = 0,
1, ••• ,7. Für diesen Fall sind die Elemente der Eigenvektoren EO bis E,3 in Bild 3.1
im Vergleich mit den entsprechenden Hermiteschen Funktionen dargestellt. Orthogo-
nalität besteht nur für Eigenvektoren, die zu verschiedenen E igenwerten gehören.
Beispielsweise sind EO und E4' die beide zum Eigenwert 1 gehören, nicht zueinan-
der orthogonal, während für alle Paarungen der dargestellten Vektoren Orthogo-
nalität besteht. Numerisch ist die Berechnung der Eigenvektoren nach (3.2-20)
unproblematisch, da die Hermiteschen Funktionen jenseits des letzten Wendepunktes,
dessen Abszisse sich aus der Differentialgleichung (2.1-63) zu x
w
=~ ergibt,
wie exp( _x 2/2) verschwinden. Die Anzahl der zu berücksichtigenden Summenglieder
ist dann von der Größenordnung 2 '{2n.

Wir betrachten nun Symmetrien der Abbildung durchdieDFT. Dazubenut-


zen wir die Eigenschaft der Matrix ~~, die Reihenfolge der Elemente eines Vektors,
auf den sie angewendet wird, in der geschilderten Weise zu invertieren, und definie-
ren einen Vektor x als "gerade", wenn!. = ~~ ist, und als "ungerade", wenn
!. =- ~~ gilt. Wir können dann jeden Vektor!. mit

2
!.g = (!. + ~o!.) /2 , (3.2-23)

!.U = (!. - ~~) / 2 (3.2-24)

in einen geraden und einen ungeraden Anteil zerlegen. Bei der DFT mit Y.. = Wx wird
x auf den geraden und -u
-g x auf den ungeraden Anteil von "-
v abgebildet. Das läßt sich
leicht zeigen, wenn man beachtet, daß ~ und ~O' die sich gegebenenfalls nur um
3 .2 A bbil dungsgesetze 85

n=0 0,3
1 \ 'l'o/f8'
10.2 .>
/ \
/ 0,1 \

't,
1
I /1 I
o1 2 3 5 6 7 B v

0,3
\ 1j', !YB'
n =1 0,2 V-
I
I
0,1 II \\
..... 5 6 7
,\ ,0 2 3 4 B v
\ I
I
\ I
\ I
n =2 0,3
'-

I
\ 0 ,1 B v
\ I
\ I
, I
\ I

0,3

n=3 0,2 "\ 'I'/ t8'


1", ~
\ 01 I
\ ' I
1I
I 2 v
\ I
\ I
\ \,
\~

Bild 3. 1. Element e v o n E igenvektoren der DFT für N = 8 nach [3 . 4J


86 3. Die diskrete Fourier-Transformation

einen konstanten skalaren Faktor unterscheiden, vertauschbar sind :

(3.2-25 )

(3.2-26)

Wir zerlegen nun x und x sowie y _ und 1.. in Realteile (Index r-) und Imaginär-
-g -u -g u
teile (Index t ) und untersuchen die entsprechende Abbildung durch die DFT. Da
nach (3.2-16) y!.* = y!'~y!. gilt und ein gerader Vektor invariant gegen Multiplika-
tion mit y!.~ ist, während ein ungerader Vektor bei dieser Operation nur im Vor-
zeichen geändert wird, erhalten wir

v =-21 (v....g +
*
L) =-21 (Wx W
**
x ) =-21 W(x *
x ) = Wx ,
....gr -g --g + - -g - -g +
-g --gr

v ,
1
=-2' (v - v )
* 1
=-2' (Wx - W x )
** 1
=-2' W(x - -g
x )
* = WX ,
....gl J "'"g ....g J --g - -g J - -g - -g1'

=-21 (v....u * =-21 (Wx ** 1


x ) =-2 W(x
* = jWx
v
....ur + ....u
v )
--u + -W -u - -u - -u
x ) --Ul, ,

v ,
1
=-2' (v
* 1
=-2 ** 1
=-2 *
x ) = -jWx
....Ul J ....u - "-U
v ) J' (Wx
--u - W x )
- -u J' W(x
- -u + -u --ur •

Die Zusammenfassung dieser Ergebnisse führt auf eine vollständige Analogie zu


der entsprechenden Beziehung (2. 1-42) der Fourier-Transformation:

.. .
-x =-gr
x + x
-ur + jx , + jx ,
-gl -Ul
9 9 Q 9 _0
: 1.. (3.2-27)
...- -...
.:>

I i .....

1.. = 1..gr + 1..ur + j1..gi + j1..ui

Eine spezielle Folgerung hieraus. die in entsprechender Weise auch für die Fourier-
Transformation gilt. ist: Wenn ~ und 1.. beide reell sind, dann müssen sie auch ge-
rade sein und umgekehrt.

Ein Analogon zum Faltungssatz (2.1-25) der Fourier-Transformation läßt sich all-
gemein nur für die sogenannte zyklische diskrete Faltung angeben. Diese
Faltungsoperation verknüpft zwei Zahlenfolgen lc o. c 1 • • • • • c N_ 1 und IbO' b , ••• ,
1 1
3.2 Abbildungsgesetze 87

b
N_1
! zu der Zahlenfolge la
O,a 1
, ••• ,a
N_ 1
! in der folgenden Weise

a Co c _ c _ b
o N 1 N 2 cl O
a cl Co c _ c b
1 N 1 2 1
a
2
=T c
2 cl Co c
3
b
2
(3.2-28)

a _ c _ c _
N 1 N 1 N 2 cl Co b _
N 1

Bezeichnen wir den links stehenden Spaltenvektor mit~, den rechts stehenden mit
~ und die Matrix mit C, so ergibt sich die vektorielle Darstellung der zyklischen
diskreten Faltung

a=TCb. (3. 2-2 9)

Die Matrix C ist eine sogenannte Z ir k u la nt e. Sie hat auf allen Diagonalen je-
weils gleiche Elemente. Darüber hinaus geht jede ihrer Spalten durch zyklische
Vertauschung der Elemente aus der vorhergehenden hervor . Die zyklische Vertau-
schung der Elemente der letzten Spalte führt wieder auf die erste Spalte. Die Matrix
läßt sich also durch "Zirkulation" der Elemente der ersten Spalte aufbauen und ist
damit durch den Spaltenvektor

c = (3.2-30)

eindeutig festgelegt. Wir können dementsprechend die zyklische diskrete Faltung


auch als Operation zwischen den Vektoren E. und ~ definieren und folgendermaßen
sym bolisieren:

a = Tc '"' b (3.2-31)

Die Konstante T wurde in die zyklische Faltung einbezogen, weil sie auch in der dis-
kreten Faltung (2. 4-11) auftritt. Sie läßt sich als Abtastintervall interpretieren und
entspricht der Transformationskonstanten der DFT in (3. 1-1) •
88 3. Die diskrete Fourier-Transformation

Zirkulante Matrizen sind stets diagonalisierbar. Ein vollständiger Satz von orthogo-
nalen Eigenvektoren sind die konjugiert-komplexen Werte der in (3.1-15) eingeführ-
ten Spaltenvektoren ~k:

k=O,l, ••. ,N-1. (3.2-32)

Für die Eigenwerte "k gilt

N-1
A - ~ c wk v (3.2-33)
k - L v
v=O

sie entsprechen also im wesentlichen der DFT des Vektors Q .

Die Gültigkeit von (3.2-32) läßt sich zeilenweise leicht nachprüfen. Für die (IJ,+ 1)-
te Zeile gilt

IJ, N-1
(clJ.,clJ._1,···,cO,cN_1,cN_2,···,clJ.+1)~: = L