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Punkte
cme

Akute Appendizitis im Kindes-


und Erwachsenenalter
Eine Herausforderung im klinischen Alltag

Patrick Téoule, Jan de Laffolie, Udo Rolle, Christoph Reißfelder

Chirurgische
Klinik, Universitäts-
medizin Mannheim, Zusammenfassung
Medizinische Fakultät
Mannheim, Universi- Hintergrund: Die akute Appendizitis ist mit 1/1 000 Einwohner/Jahr die häufigste Ursache des akuten Abdomens und gehört zu
tät Heidelberg: den bedeutendsten Differenzialdiagnosen des unklaren Abdomens.
Dr. med. Patrick
Téoule, Prof. Dr. med Methode: Selektive Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed und Cochrane Libary.
Christoph Reißfelder
Abteilung Ergebnisse: Zur Diagnosesicherung sollte neben Anamnese, klinischer und Laboruntersuchung eine Abdomensonografie (gege-
Allgemeine Pädiatrie benenfalls Computertomografie/Kernspintomografie bei unzureichendem sonografischen Befund) erfolgen. Prätherapeutisch er-
und Neonatologie,
Universitätskinder- folgt eine Einteilung in eine unkomplizierte oder komplizierte Appendizitis. Bei beiden Formen müssen für die Therapieentschei-
klinik Gießen: PD Dr. dung (operativ/konservativ) klinisches Gesamtbild und Risikofaktoren beachtet werden. Die Appendektomie ist die Therapie der
med. Jan de Laffolie
Wahl bei akuter Appendizitis in allen Altersgruppen. Appendektomien werden in Deutschland bei niedriger Morbidität überwie-
Klinik für Kinder- gend laparoskopisch durchgeführt. Die unkomplizierte Appendizitis kann alternativ unter entsprechenden Voraussetzungen
chirurgie und Kinder-
urologie, Universitäts- konservativ behandelt werden. Eine Metaanalyse von fünf randomisierten kontrollierten Studien zeigt, dass sich circa 37 % der
klinikum Frankfurt, ursprünglich konservativ behandelten erwachsenen Patienten innerhalb eines Jahres einer Appendektomie unterziehen. Die
Goethe-Universität, komplizierte Form ist ein schwerwiegendes Krankheitsbild und kann potenziell konservativ (antibiotisch +/- Drainagenanlage)
Frankfurt: Prof. Dr.
med. Udo Rolle als Alternative zur operativen Therapie behandelt werden.

Schlussfolgerung: Auch wenn die konservative Therapie an Bedeutung gewinnt, rechtfertigt die aktuelle Datenlage keinen
Wechsel der Standardtherapie von operativ auf konservativ.

Zitierweise
Téoule P, de Laffolie J, Rolle U, Reißfelder C: Acute appendicitis in childhood and adolescence—an everyday clinical challenge.
Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 764–74. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0764

D
ie Appendektomie gehört mit knapp über Deutschland wird die laparoskopische Appendekto-
108 000 Eingriffen pro Jahr zu den häufigsten mie flächendeckend angeboten und hat sich gegenüber
Operationen in Deutschland (1). Die akute Ap- der konventionellen Appendektomie durchgesetzt. Im
pendizitis ist mit einer Inzidenz von 100 Neuerkran- Kindesalter erfolgen etwa 25 % der Appendektomien
kungen pro 100 000 Einwohner/Jahr dabei meistens offen chirurgisch, da bisher eine eindeutige Evidenz
die Ursache des akuten Abdomens (2, 3). Das Lebens- für eine Überlegenheit der Laparoskopie fehlt (3, 5).
zeitrisiko einer akuten Appendizitis ist bei Männern Die Appendektomie gehört zu den Eingriffen mit ei-
geringfügig höher als bei Frauen (8,6 % versus nem sehr geringen Operationsrisiko und die Morbidi-
6,7 %), wohingegen das lebenslange Appendektomie- tät/Mortalität wird hauptsächlich durch den Schwere-
risiko bei Frauen höher ist (23,1 versus 12,0 %) (4). grad der Appendizitis selbst und die Komorbiditäten
Die größte Risikogruppe für Appendektomien sind bestimmt (3, 6). Physiologisch spielt die Appendix
adoleszente Mädchen (13.–17. Lebensjahr) (5). In vermiformis eine Rolle als Reservoir für die intestina-

Inzidenz Risiko
Die Appendizitis ist mit einer Inzidenz von Die Appendektomie gehört zu den Eingriffen mit sehr geringem
100 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner/Jahr die Operationsrisiko und die Morbidität und Mortalität werden
häufigste Ursache des akuten Abdomens. hauptsächlich durch den Schweregrad der Appendizitis selbst
und Komorbiditäten bestimmt.

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le Flora (intestinales Mikrobiom), zum Beispiel nach TABELLE 1


antibiotischer Therapie sowie als Ursprung mesenchy-
maler Stammzellen im Dickdarm (7–9). International Überblick über die Kriterien der Appendizitisformen, adaptiert nach der
European Association of Endoscopic Surgery (EAES) aus dem Jahr 2016 (12)
wurden bis heute drei Leitlinien zur akuten Appendizi- und mögliche diagnostische Maßnahmen bei Verdacht auf eine akute
tis publiziert (10–12), welche in Deutschland bislang Appendizitis
fehlen.
unkompliziert kompliziert

Methodik Kriterien der Appendizitsformen


Es erfolgte eine selektive Literaturrecherche in den Inflammation + +
Datenbanken PubMed/Cochrane-Libary mit den Such- Gangrän − +
begriffen „acute appendicitis“, „acute appendicitis
Phlegmone − +
diagnostics“, „acute appendicitis therapy“, „appen-
dectomy“, „uncomplicated appendicitis“, „complicated perityphlitischer Abszess − +
appendicitis“, „appendicitis in children”, „appendicitis freie Flüssigkeit − +
in adults”. Perforation − +
diagnostische Maßnahmen
Lernziele
Der Leser soll nach der Lektüre dieses Beitrags: Anamnese + +
● zwischen einer unkomplizierten und komplizierten klinische Untersuchung inklusive Appendizitis- + +
Appendizitis unterscheiden können. druckpunkte
● die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten der aku- digital-rektale Untersuchung − −
ten Appendizitis verinnerlicht haben Laborentnahme + +
● die verschiedenen Möglichkeiten der Diagnose
und Therapie der akuten Appendizitis im Kindes- Körpertemperaturmessung + +
und Erwachsenenalter kennen. Urinteststreifen und Schwangerschaftstest*1 + +
konsiliarische gynäkologische Vorstellung ± ±
Klassifikation Abdomensonografie*2 + +
Die Appendizitis ist eine akute Entzündung der Appen-
dix vermiformis. Basierend auf der Einteilung der Eu- Computertomografie − ±
ropean Association of Endoscopic Surgery (EAES) Magnetresonanztomografie − ±
kann die akute Appendizitis in eine „unkomplizierte“
und „komplizierte“ Form eingeteilt werden (12). Die + ja; − nein; ± kann
Die komplizierte Form liegt vor bei Vorhandensein eines der Kriterien zusätzlich zur Inflammation
unkomplizierte Appendizitis ist definiert als eine In- *1 bei Patientinnen im gebärfähigen Alter; *2 Methode der ersten Wahl
flammation ohne Vorliegen einer Phlegmone, Gangrän,
freier purulenter Flüssigkeit oder eines Abszesses. Eine
komplizierte Appendizitis liegt vor bei einer gangränö-
sen Appendizitis, einer periappendikulären Phlegmone peutisch eine Einteilung in eine unkomplizierte und
mit oder ohne Perforation und bei Nachweis eines komplizierte Appendizitisform erfolgen, um eine sta-
perityphilitischen Abszesses (Tabelle 1). diengerechte Therapie zu ermöglichen.

Diagnostik Anamnese, klinische Untersuchung und Labor


Die akute Appendizitis variiert enorm im Ausmaß der Der Zeitpunkt des Symptombeginns und die Schmerz-
klinischen Präsentation und bereitet mit einer Vielzahl lokalisation sollten stets zusätzlich zur Krankenge-
an Differenzialdiagnosen Schwierigkeiten in der Dia- schichte und Medikamentenanamnese erhoben werden
gnosestellung. Sie wird auch als das Chamäleon der (Tabelle 1). Dabei ist eine Verlagerung des Schmerzes
Chirurgie bezeichnet (13). Im Kindesalter können sich vom Oberbauch in den rechten Unterbauch oft mit ei-
bis zu 50 % der Fälle mit unspezifischen Symptomen ner Appendizitis vergesellschaftet (16). Bei Kindern
präsentieren. Dabei bestehen eine breite altersgruppen- und Jugendlichen sollten die Anamnese und Untersu-
abhängige Differenzialdiagnose und ein Häufigkeits- chung an Alter und Entwicklungsstand des Kindes an-
gipfel im Grundschul- und Jugendlichenalter (Tabelle gepasst sein, wobei die Erfahrung des Untersuchers vor
2) (4, 14, 15). Aus unserer Sicht sollte bereits präthera- allem bei kleinen Kindern eine große Rolle spielt. Eine

Datenlage Klinische Präsentation


International wurden bis heute drei Leitlinien zur Die akute Appendizitis variiert enorm im
akuten Appendizitis publiziert. In Deutschland fehlen bislang Ausmaß der klinischen Präsentation als Chamäleon
Leitlinien. der Chirurgie.

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Schematische Dar- GRAFIK


stellung über mögli-
che Druck- und Bezeichnung Lage
Schmerzpunkte bei
Verdacht auf eine McBurney-Punkt Druckpunkt auf der imaginären Linie zwischen rechter
akute Appendizitis Spina iliaca anterior superior und Bauchnabel zwischen
dem lateralen und mittleren Drittel*
Lanz-Punkt Druckpunkt auf der imaginären Linie zwischen beiden
Spinae iliacae anteriores superiores im lateralen Drittel
Blumberg-Zeichen Ipsi- oder kontralateraler Loslassschmerz
Rovsing-Zeichen Schmerz im rechten Unterbauch durch retrogrades
Ausstreichen des Kolonrahmens
Psoas-Zeichen Schmerz im rechten Unterbauch durch Flexion in
der rechten Hüfte gegen Widerstand (v.a. bei retrozökal
gelegener Appendix)

* in einigen Quellen wird der McBurney-Punkt auch als Punkt in der Mitte der genannten Linien
angegeben

angemessene Analgesie verfälscht die Untersuchung eindeutiger Klinik und unzureichender Diagnosesicher-
nicht relevant (17). Anzumerken ist, dass im Kindesal- heit bei stabilen Patientinnen erfolgen. Auf eine digital-
ter das Fehlen von Übelkeit/Erbrechen, Druckschmerz rektale Untersuchung kann aufgrund des niedrigen
und Leukozytose zu 98 % eine Appendizitis ausschließt diagnostischen Wertes verzichtet werden (24).
(18). In der Schwangerschaft kann sich die Appendix
aufgrund des zunehmenden Uterusvolumens nach kra- Scoring-Systeme
nial verlagern mit konsekutiver Verlagerung der Um die Verdachtsdiagnose einer akuten Appendizitis
Schmerzen in den Oberbauch, was die Diagnose er- unabhängig von der klinischen Erfahrung weiter abklä-
schweren kann. Als obligater diagnostischer Schritt ren und objektivieren zu können, sind in der Vergangen-
sind bei Verdacht auf eine akute Appendizitis neben der heit zahlreiche Scores entwickelt worden. Die am wei-
Blutentnahme die bekannten Appendizitiszeichen zu testen verbreiteten Scores stammen aus dem Jahr 1986
erheben (Grafik, Tabelle 1) (19). („Alvarado-Score“) und 2008 („Appendicitis Inflamma-
Eine lokale Abwehrspannung im rechten Unterbauch tory Response[AIR]-Score“) (Tabelle 3) (6). Der Alva-
spricht für eine Reizung des parietalen Peritoneums, rado-Score hat bei niedrigem Punktescore (< 5) eine ho-
wohingegen eine diffuse Abwehrspannung ein Hinweis he Sensivität (99 %) eine Appendizitis auszuschließen,
auf eine schwerwiegende komplizierte Form der Appen- bei geringer Spezifität (43 %). Mit zunehmendem Punk-
dizitis ist. Eine Leukozytose/Neutrophilie und eine er- tescore (≥ 7) nimmt die Spezifität zu (81 %), die Sensiti-
höhte Konzentration des C-reaktiven Proteins im Serum vität jedoch ab (82 %). Demzufolge ist der Alvarado-
gelten als unspezifische Entzündungszeichen (20, 21). Score eher geeignet eine Appendizitis auszuschließen.
Das Procalcitonin hat keinen relevanten Stellenwert in Der AIR-Score hat im Vergleich bei hoher Sensivität
der Routinediagnostik (22, 23). Die Körpertemperatur auch eine hohe Spezifität (99 %), bei einem Punktescore
sollte zusätzlich zu den genannten Maßnahmen gemes- > 8 eine Appendizitis zu bestätigen (6, 11). In Deutsch-
sen und eine einfache Urinanalyse mittels Teststreifen land hat sich die Scoreanwendung zur Diagnosefindung
sowie Schwangerschaftstest bei Mädchen/Frauen im im klinischen Alltag bislang nicht durchgesetzt.
gebärfähigen Alter durchgeführt werden (20). Durch
diese Maßnahmen können mehrere Differenzialdiagno- Bildgebung
sen des rechtsseitigen Unterbauchschmerzes wie zum Als diagnostische Mittel werden die Sonografie, die Com-
Beispiel eine Urolithiasis/Harnwegsinfektion oder ex- putertomografie oder die Magnetresonanztomografie ver-
trauterine Gravidität ausgeschlossen werden. Eine kon- wendet. Die Sonografie ist die Methode der ersten Wahl,
siliarische gynäkologische Vorstellung sollte bei nicht insbesondere bei Kindern (25). Nachteilig ist, dass die

Tastbefund Bildgebende Verfahren


Eine lokale Abwehrspannung im rechten Unterbauch spricht Die Abdomensonografie ist Mittel der ersten Wahl der bildge-
für eine Reizung des parietalen Peritoneums, wohingegen eine benden Verfahren in der Diagnosesicherung beziehungsweise
diffuse Abwehrspannung ein Hinweis auf eine schwerwiegende Abklärung der Verdachtsdiagnose einer akuten Appendizitis.
komplizierte Form der Appendizitis ist.

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TABELLE 2

Modifizierte Aufstellung der Differenzialdiagnosen der Appendizitis im Kindes- und Jugendalter nach Stundner-Ladenlauf
und Metzger (e57)

Kinder und Jugendliche Säuglinge bis < 6 Jahre 6 –12 Jahre > 12 Jahre
allgemein
– Obstipation – Volvulus – funktionelle Bauchschmerzen – Ovarialtorsion
– Gastroenteritis – Invagination – Hoden- oder Ovarialtorsion – Hodentorsion
– Ileus – Malrotation – Epididymitis – Ovarialzste
– Pneumonie – Kolik – Purpura Schoenlein-Henoch – Ovulationsschmerz
– Harnwegsinfekte – Hodentorsion – Invagination – extrauterine Gravidität
– Trauma – Epididymitis – Volvulus – infektiöse Mononukleose
– Misshandlung – Leistenhernie – chronisch entzündliche
– Morbus Hirschsprung Darmerkrankungen
– Obstipation

Untersuchung von der Erfahrung des Untersuchers abhän- Beschwerden meist untypisch sind und mit steigendem
gig und nur bedingt zum Ausschluss einer Appendizitis Alter die Komorbiditäten und daraus die Anzahl der
geeignet ist (Sensitivität: 71–94 %, Spezifität: 81–98 %) Differenzialdiagnosen steigt.
(12, 26). Bei Kindern ist die Sensitivität (96 % [83–99 %] Die Kernspintomografie hat eine vergleichbare Sen-
und Spezifität (100 % [87–100 %]) höher (25). sivität (97 versus 76–100 %), Spezifität (95 versus
Die Computertomografie ist der Sonografie überle- 83–100 %) wie die Computertomografie in der Diagno-
gen (Sensivität: 76–100 %, Spezifität: 83–100 %) (12). sesicherung (12). Sie steht im Notfall aber nicht flä-
In der westlichen Welt wird deren Stellenwert dabei chendeckend zur Verfügung. Bei Kindern/Schwange-
kontrovers diskutiert und die Computertomografie un- ren ist die Magnetresonanztomografie aufgrund der
terschiedlich häufig verwendet. In den USA wird regel- fehlenden Strahlenbelastung eine sichere Alternative
haft bei 20–95 % der Patienten eine Computertomogra- zur Computertomografie und sollte aus unserer Sicht
fie durchgeführt und trägt mutmaßlich zur niedrigen bei nicht eindeutigem sonografischen Befund dieser
negativen Appendektomierate (Entfernung einer histo- vorgezogen werden (37). Zu berücksichtigen ist, dass
pathologisch gesunden Appendix) von < 5 % bei bei kleinen Kindern (< 4–5 Lebensjahr) oft eine Sedie-
(27–29). Demgegenüber erfolgt die Diagnosestellung rung/Narkose für die Durchführung notwendig ist.
in Europa häufig klinisch mit konsekutiv häufiger
durchgeführten Laparoskopien und höheren negativen Therapie
Appendektomieraten (bis zu 32 %) (30, 31). Durch die Leitlinien und Literatur
Verwendung einer niedrig dosierten Computertomogra- Laut der World Society of Emergency Surgery
fie (Unterschied 0,3 % im Vergleich zur negativen Ap- (WSES), der Society of Gastrointestinal and Endosco-
pendektomierate bei konventioneller Computertomo- pic Surgeons (SAGES) und der European Association
grafie; 95-%-Konfidenzintervall: [−3,8; 4,6]) oder die for Endoscopic Surgery (EAES) ist die Appendektomie
Vermeidung einer oralen Kontrastierung bei intrave- in allen Altersgruppen die Therapie der Wahl zur Be-
nöser Kontrastierung könnte die Strahlendosis bei ähn- handlung einer akuten unkomplizierten Appendizitis
licher diagnostischer Sicherheit (Sensitivität: 95 versus (10–12). 1953 wurde erstmals durch Harrison ein kon-
92 %) reduziert werden (32–36). Eine prätherapeuti- servativer Therapieansatz bei akuter Appendizitis vor-
sche Differenzierung in eine unkomplizierte/kompli- gestellt (38). Einige Autoren berichteten über spontane
zierte Appendizitis ist trotz der hohen Sensivität/Spezi- Heilungsverläufe (39). Seit zahlreichen Veröffentli-
fität der Computertomografie weiterhin ein diagnosti- chungen der erfolgreichen konservativen, antibioti-
sches Dilemma. Aufgrund der meist eingeschränkten schen Therapie der unkomplizierten Appendizitis im
sonografischen Beurteilbarkeit der Zeichen bei Adipo- Kindes- und Erwachsenenalter wird dieser Ansatz zu-
sitas (BMI > 30 kg/m2), ist die Rate an Computertomo- nehmend diskutiert (12, 40, e1–e3). In einer aktuellen
grafien bei dieser Patientenkohorte erhöht (12). Ähnli- Metaanalyse zeigte sich im Kindes- und Jugendalter,
ches trifft auf ältere Patienten zu (> 65 Jahre), da die dass durch konservative Behandlung 92 % [88; 96]) der

Adipositas Kinder und Schwangere


Aufgrund der meist eingeschränkten sonografischen Bei Kindern/Schwangeren ist die Magnetresonanztomografie
2
Beurteilbarkeit der Zeichen bei Adipositas (BMI > 30 kg/m ), ist aufgrund der fehlenden Strahlenbelastung eine sichere
die Rate an Computertomografien bei dieser Patientenkohorte Alternative zur Computertomografie und sollte aus Sicht der
erhöht. Autoren bei nicht eindeutigem sonografischen Befund dieser
vorgezogen werden.

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TABELLE 3 Patienten mit unkomplizierter Appendizitis symptom-


frei wurden, allerdings 16 % (10–22 %) eine Append-
Modifizierte Zusammenfassung des Alvarado- (e58) und AIR-Scores (e59) ektomie im Verlauf bei Rezidiv benötigten (Follow-up:
zur Evaluation des Vorliegens einer Appendizitis
8 Wochen bis 4,5 Jahre) (e3). Eine andere Metaanalyse
Kriterium Alvarado- AIR- von 2016 zeigte keinen Unterschied hinsichtlich Kom-
Score Score plikationen und Länge des stationären Aufenthalts (e4).
Symptom Kessler et al. fanden bei vergleichenden Studien höhere
Erbrechen – 1
Wiederaufnahmeraten (relatives Risiko RR: 6,98;
[2,07; 23,6]) und geringere Symptomfreiheit (RR: 0,77;
Übelkeit oder Erbrechen 1 – [0,71; 0,84]) bei konservativem Vorgehen im Kindesal-
Inappetenz 1 – ter (e5). Aufgrund der fehlenden Randomisierung und
Schmerz RUB 2 1 unzureichenden Rekrutierung der eingeschlossenen
Studien besteht jedoch ein erhebliches Risiko, dass kli-
Schmerzwanderung in RUB 1 –
nisch weniger stark erkrankte Kinder eher konservativ
Zeichen behandelt wurden. Weiterhin ist das Follow-up unzurei-
Loslassschmerz oder Abwehr RUB 1 – chend, wie eine 5-Jahres-Studie bei Kindern (Append-
leicht – 1
ektomierate fünf Jahre nach primär konservativer The-
rapie einer unkomplizierten Appendizitis: 46 %) (e6)
mittel – 2
und Erwachsenen zeigte (APPAC-Trial-Appendekto-
stark – 3 mierate: 27 % beziehungsweise 39 % nach ein und fünf
Körpertemperatur > 37,5 °C 1 – Jahren bei Erwachsenen) (e7, e8). Zudem ist festzuhal-
ten, dass nach einem Jahr im APPAC-Trial das Kriteri-
> 38,5 °C – 1
um für die Nichtunterlegenheit der antibiotischen The-
Labor rapie nicht erfüllt war. Zentral stimmen die drei zuvor
Leukozytenzahl > 10 000/L 2 – genannten Analysen darin überein, dass die Datenlage
noch nicht ausreicht, um die klinische Strategie zu än-
10 000–14 900/L – 1
dern, die konservative Therapie jedoch als sicher ange-
> 15 000/L – 2 sehen werden kann (e3–e5). In einer im Jahr 2019 er-
Leukozytenverschiebung 1 – schienenen Metaanalyse von fünf randomsierten kon-
trollierten Studien zeigte sich, dass die Appendektomie
PMN-Granulozyten 70–84 % – 1
die effektivere Methode zur definitiven Therapie der
≥ 85 % – 2 unkomplizierten Appendizitis im Erwachsenenalter ist
CRP-Wert 10–49 mg/L – 1 (Appendektomierate: 37,4 % im ersten Jahr nach kon-
≥ 50 mg/L – 2 servativer Therapie; Effektivität der Therapie (Rezidiv/
spätere Appendektomie; Follow-up mindestens ein
Summe 10 12
Jahr): 62,6 versus 96,3 % in der Operationsgruppe, RR:
Alvarado-Score <5 geringe 0,65; [0,55; 0,76]) (e9). Die aktuelle Datenlage reicht
Wahrscheinlichkeit
insbesondere nicht aus, um einen Vorteil der konserva-
5–6 nicht eindeutig tiven Therapie erkennen zu lassen, wodurch die primä-
7–8 wahrscheinlich re Therapie der akuten unkomplizierten Appendizitis
im Kindes- und Erwachsenenalter weiterhin operativ
>8 hohe
Wahrscheinlichkeit bleibt (e3). Auch die Langzeitverläufe hinsichtlich un-
erwünschter Wirkungen der konservativen Therapie
AIR-Score <5 geringe
Wahrscheinlichkeit (Medikamentenwirkung, Resistenzbildung) sind noch
unzureichend beschrieben, dies wird aber im Rahmen
5–8 mittlere
Wahrscheinlichkei der angekündigten Studien erwartet (APPAC-III,
MAPPAC-Trial) (e10, e11).
>8 hohe
Wahrscheinlichkeit
Aus den genannten Gründen wird im Folgenden vor
allem auf die operative Therapie der akuten unkompli-
AIR, „Appendicitis Inflammatory Response“; CRP, C-reaktives Protein; zierten und komplizierten Appendizitis im Kindes- und
RUB, rechter Unterbauch; PMN, polymorphkernige Granulozyten Erwachsenenalter eingegangen.

Therapie der Wahl Konservative Therapie


Die Appendektomie ist in allen Altersgruppen die Therapie der Wahl Die momentane Datenlage reicht nicht aus, um einen
in der Behandlung der akuten unkomplizierten Appendizitis. Vorteil der konservativen Therapie der akuten unkomplizierten
Appendizitis erkennen zu lassen.

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Laparoskopie bei komplizierter Appendizitis, mit einer niedrigen


In Deutschland wird heute standardmäßig die laparo- Rate an Komplikationen Odds Ratio (OR): 3,16;
skopische Appendektomie durchgeführt. Gründe hier- [1,73; 5,79], intraabdominellen Verhalten (OR: 3,13;
für sind die kürzere Krankenhausverweildauer, gerin- [1,18; 8,3]) und Wundinfektionen (OR: 3,95; [1,95;
gere Wundinfektionsrate sowie die niedrige Morbidität 8,00]) im Vergleich zur operativen Therapie. Jedoch
(1,5 versus 11,9 % in Bezug auf Wundheilungsstörun- konnte die Subgruppenanalyse der eingeschlossenen
gen) und Mortalität (0,1 versus 1,2 %) im Vergleich randomisierten kontrollierten Studien keine signifi-
zum offenen Vorgehen (Negativselektion von schwer kanten Unterschiede an intraabdominellen Verhalten
erkrankten Patienten ist zu berücksichtigen) (3). Im (OR: 0,46; [0,17; 1,29]) zwischen der konservativen
Rahmen einer Laparoskopie kann eine Exploration des und laparoskopischen Therapie nachweisen. Anderer-
Abdomens erfolgen, um verschiedene Differenzialdia- seits zeigte sich in den qualitativ hochwertigen einge-
gnosen (zum Beispiel Adnexitis/Meckelsche Diverti- schlossenen randomisierten kontrollierten Studien ei-
kulitis) auszuschließen. Ob eine makroskopisch unauf- ne verkürzte Aufenthaltsdauer von einem Tag (durch-
fällige Appendix bei fehlender Differenzialdiagnose schnittlicher Unterschied [MD]: −0,99; [−1,31;
entfernt werden sollte, wird ebenso wie die konservati- –0,67]), ohne erhöhte Komplikationsrate durch eine
ve Therapie diskutiert (12, e12, e13). Aus unserer Sicht laparoskopische Appendektomie (e18). Eine andere
ist eine Gelegenheitsappendektomie bei fehlenden Metaanalyse (drei randomisierte kontrollierte Studien
Kontraindikationen möglich. Bei 18–29 % der Fälle [RCTs] und vier kontrollierte klinische Studien) un-
liegen trotz makroskopisch unauffälliger Appendix terstützt die sofortige laparoskopische Sanierung der
histologisch eine Appendizitis oder weitere Patholo- Appendizitis bei Vorliegen eines Abzesses im Ver-
gien wie eine Endometriose (0,0–0,9 %), Neoplasie gleich zur konservativen Therapie in Bezug auf eine
(0,23–1,2 %) oder Obstruktion durch einen Appendi- höhere Rate ereignisloser Rekonvaleszenz (OR:
kolithen (2,7–6,0 %) oder Parasiten (1,2–2,5 %) vor 11,91; [4,59; 30,88]), Aufenthaltsdauer (gewichtete
(e14, e15). MD: −2,98; [−5,96; −0,01]) und rekurrenter Abszesse
(OR: 0,07; [0,03; 0,20]) (e19). Demzufolge werden
Komplizierte Appendizitis erst zukünftige Studien zeigen, wie mit einer kompli-
Für die Behandlung der akuten komplizierten Appen- zierten Appendizitis unter Berücksichtigung von Risi-
dizitis gibt es kein einheitliches, wissenschaftlich be- kofaktoren und des klinischen Zustandes abschlie-
legtes Konzept. Prinzipiell kann diese dringlich ope- ßend umgegangen werden sollte. Aufgrund des Nach-
rativ oder konservativ (allein antibiotisch mit/ohne in- weises einer erhöhten Konversionsrate (1,9 versus
terventionelle Drainagenanlage) behandelt werden. 0,13 %; p < 0,001), signifikant mehr intraoperativen
Definitiv sollten bei der Therapieentscheidung der Komplikationen (2,8 % versus 0,3 %; p < 0,001) und
klinische Zustand und vorliegende Risikofaktoren des intraabdominellem Verhalten (4,7 versus 1,2 %,
Patienten berücksichtigt werden (12). Zudem sollten p = 0,003) (e20) wird diskutiert, die Intervallappend-
beim konservativen Therapiekonzept die damit ver- ektomie nur bei symptomatischen Patienten durchzu-
bundenen Risiken bedacht werden (e16, e17). In führen (e21).
Deutschland wird vorwiegend die sofortige Append-
ektomie durchgeführt (3). Die EAES und die WSES Vorgehen beim perityphlitischen Abszess
definieren keinen klaren Umgang mit der komplizier- (Drainage vor Operation)
ten Appendizitis (11, 12). Sie sehen die initiale kon- Hinsichtlich des Vorgehens bei Nachweis eines peri-
servative Therapie als möglich an, verweisen jedoch typhlitischen Abszesses gibt es bei heterogener Daten-
auf die Notwendigkeit von weiterführenden Studien, lage kein einheitliches, wissenschaftlich belegtes
um die Rolle der Intervallappendektomie (das heißt Prozedere (e16–e19, e22). Wir empfehlen beim peri-
Appendektomie im entzündungsfreien Intervall) zu typhlitischen Abszess ein größenabhängiges, risiko-
klären (12). Die WSES empfiehlt primär das konser- stratifiziertes und interdisziplinäres Vorgehen: bei
vative Vorgehen bei Abszess oder Phlegmone. Anzu- Makroabszess eine interventionelle Drainagenanlage
merken ist, dass die Laparoskopie eine suffiziente in Kombination mit einer antibiotischen Therapie und
Alternative darstellt (11). International gibt es eine je nach Verlauf eine Intervallappendektomie. Im Falle
zunehmende Evidenz (gemischte Metaanalyse: 17 eines Mikroabszesses kann eine sofortige Operation
retro-, eine prospektive Studie und drei randomisierte durchgeführt werden, weil eine Punktion in der Regel
kontrollierte Studien) für die konservative Therapie technisch nicht machbar ist.

Perityphlitischer Abszess Mikroabzess


Beim perityphlitischen Abszess sollte größenabhängig, Im Falle eines Mikroabszesses kann eine sofortige
risikostratifiziert und interdisziplinär vorgegangen werden, das Operation durchgeführt werden, da eine Punktion in der
heißt bei Makroabszess sollte eine interventionelle Drainagen- Regel technisch nicht machbar ist.
anlage in Kombination mit einer antibiotischen Therapie und
je nach Verlauf eine Intervallappendektomie erfolgen.

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34,5 h) und vermehrte Kosten in einer Studie aus den


USA (e25). In einer rein pädiatrischen Erhebung (857
Kinder/USA), die alle in der Bildgebung mit der initia-
len Computertomografie keinen Anhalt für Perforation
aufwiesen, wurde ein schwach positiver Zusammen-
hang mit intraoperativ gefundener Perforation von
Triage bis zur Inzision beschrieben (adjustierte OR:
1,02, [1,00; 1,04] pro h) (e26). Auch eine aktuelle Me-
taanalyse von Li et al. kommt zu dem Schluss, dass ei-
ne kurze (< 12 h) Verzögerung zwar nicht mit kompli-
zierter Appendizitis assoziiert ist, der Zusammenhang
zwischen perforierter Appendizitis und Zeit seit Symp-
tombeginn beziehungsweise seit Krankenhausaufnah-
a me dann jedoch sukzessive bis 24 h (OR: 1,84, [1,05;
3,21]) und 48 h stärker wird (OR: 7,57; [6,14; 9,35])
(e27). Bei Erwachsenen führt eine Verzögerung der
Appendektomie um 12–24 h unter laufender antibioti-
scher Therapie ab Diagnosestellung nicht zu einer er-
höhten Perforationsrate (e28–e30). Die Operation soll-
te bei Patienten mit Komorbiditäten und über dem 65.
Lebensjahr nicht um mehr als 12 h verzögert werden.
Eine Appendektomie nach mehr als 48 h ab Diagnose-
stellung ist mit einer erhöhten Rate an chirurgischen
Infektionen (adjustierte OR: 2,24; p = 0,039) verge-
sellschaftet (e31). Aufgrund der aktuellen heterogenen
Datenlage empfehlen wir ein risikostratifziertes Vorge-
hen. Eine Verzögerung von bis zu 12 respektive maxi-
b mal 24 h scheint im Kindes- beziehungsweise Erwach-
senenalter unter laufender antibiotischer Therapie ab
Abbildung 1: Intraoperativer Situs einer gangränösen Appendizitis
a) nach der Präparation und b) vor dem Absetzen mittels Stapler
Diagnosestellung ohne wesentliche Erhöhung der
Pfeil: Appendixbasis; Polygon: Appendixspitze; Morbidität bei der unkomplizierten Appendizitis mög-
Linie: verläuft parallel zum Dissektor der das freipräparierte Fenster der Mesoappendix prüft. lich zu sein.
Hinsichtlich des adäquaten Zeitpunkts der Operati-
on der komplizierten Appendizitis liegen keine ausrei-
chenden Daten vor, sodass der Operationszeitpunkt
Zeitpunkt der Operation vom Befund (Phlegmone, freie Flüssigkeit, Abszess),
In der Vergangenheit galt es, die akute Appendizitis so vom klinischen Zustand und den Komorbiditäten des
schnell wie möglich zu operieren, um eine Perforation Patienten abhängt. In einer Metaanalyse (zwei rando-
und die daraus resultierenden Komplikationen zu ver- misierte kontrollierte Studien und zwölf Beobach-
meiden (12). Bis dato existieren keine randomisierten tungsstudien), die die konservative und operative
kontrollierten Studien zu diesem Thema, und einige Therapie der komplizierten Appendizitis mit freier
Beobachtungen, wie ein sinkendes Perforationsrisiko Perforation bei Kindern verglich, war die Komplikati-
bei längerer Wartezeit, weisen auf eine Verzerrung der ons- (RR: 1,86; 9 [1,20; 2,87]) und Wiederaufnahme-
Daten hin, weil klinisch schwerer erkrankte Patienten rate (RR: 3,33; [1,49; 7,44]) signifikant niedriger in
(mit Perforation oder komplizierter Appendizitis) prio- der operativen Gruppe (e32). Für das Erwachsenenal-
risiert und rascher operiert wurden (e23, e24). In einer ter ist uns keine Studie für die Appendizitis bekannt,
Multicenter Studie (1 675 Patienten aus Schweden) jedoch korreliert das Überleben mit dem Zeitpunkt
nahm die Perforationsrate erst nach 12, 18 und 24 h ab der Operation (e33). Daher sollte bei Nachweis von
Krankenhausaufnahme signifikant zu (e23). Passend freier Luft im Abdomen bei Kindern und Erwachse-
dazu zeigten sich bei einer Verzögerung > 12 h eine nen stets eine dringliche Operation durchgeführt wer-
verlängerte Krankenhausverweildauer (44,6 versus den.

Therapieentscheidung der akuten Appendizitis bei Verzögerung der Appendektomie


besonderen Risikogruppen Eine Verzögerung der Appendektomie um 12 bis 24 Stunden
Insbesondere Patienten mit Nachweis eines Appendikolithen, unter laufender antibiotischer Therapie ab Diagnosestellung
2
Adipositas (BMI > 30 kg/m ), Alter > 65 Jahre, Immunsupression führt bei einer akuten unkomplizierten Appendizitis bei
oder erworbenen Immundefiziten und Schwangere sind Erwachsenen nicht zu einer erhöhten Perforationsrate.
Risikogruppen für ein konservatives Therapieversagen.

770 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020


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Antibiotika möglichen Bridenbildung oder eines potenziellen er-


Die konservative Therapie der akuten Appendizitis höhten Infertilitätsrisikos noch nicht durch Langzeiter-
stützt sich auf die Gabe von Antibiotika (Cochrane Re- gebnisse von RCTs nach konservativer Therapie
view: 45 Studien aus RCTs und CCTs) (e34). Dabei abschließend geklärt. Eine historische schwedische
werden in absteigender Reihenfolge meist Cephalospo- Kohortenstudie zeigte keine erhöhte Infertilität nach
rine mit einem Nitroimidazol (meist Metronidazol) perforierter Appendizitis im Kindesalter im Vergleich
kombiniert, gefolgt von einem Penicillin mit einem Be- zur Appendektomie einer nichtperforierten oder gar
talaktamaseinhibitor und Chinolonen, wobei die Daten- gesunden Appendix (e38).
grundlage die WSES-Leitlinie und eine prospektive Die histopathologische Aufarbeitung ergibt bei bis
weltweite Mulicenterbeobachtungsstudie bildet (6, 11). 0,5 % der Kinder als Zufallsbefund neuroendokrine Tu-
Meist wird mit einer parenteralen 1- bis 3-tägigen Gabe moren der Appendix (sogenanntes Appendixkarzinoid)
begonnen und diese im Anschluss für 5–7 Tage oral (e39). Abhängig von der Größe können erweiterte Ope-
fortgeführt (11, e21). Die Therapiedauer ist dabei nicht rationen wie eine Ileozökalresektion oder Hemikolek-
eindeutig geklärt und wird hauptsächlich vom klini- tomie notwendig werden. In jedem Fall sollte das wei-
schen Verlauf/Abfall der Entzündungsparameter ab- tere therapeutische Vorgehen mit einem Kinderonkolo-
hängig gemacht (12). Ungeachtet der Appendizitisform gen festgelegt werden (e40).
sollte perioperativ eine Antibiotikagabe erfolgen (11,
e34). In einer Metaanalyse (12 randomisierte kontrol- Risikogruppen
lierte Studien und ein Cochrane-Datenbank-Review In der Therapieentscheidung sollten auch besondere
[47 Studien]) konnte gezeigt werden, dass dadurch so- Risikogruppen berücksichtigt werden. In der Literatur
wohl die Wundinfektionsrate (Peto OR: 0,33; [0,29; wurden insbesondere Patienten mit Nachweis eines
0,38]) als auch die Abszessinzidenz (Peto OR: 0,43; Appendikolithen (e41), Adipositas (BMI > 30 kg/m2)
[0,25; 0,73]) gesenkt werden kann (e35). Im Falle einer (e42), Alter > 65 Jahre (e43–e47), Immunsupression
komplizierten Appendzitis insbesondere bei apparen- oder erworbenen Immundefiziten (e48) und Schwan-
tem Abszess, Peritonitis oder freier Perforation emp- gere (e49–e51) als Risikogruppen für konservatives
fiehlt es sich, die Antibiose postoperativ fortzuführen Therapieversagen und erhöhte Morbidität identifiziert
(e35). (12). Der Nachweis eines Appendikolithen in der Bild-
gebung führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Versa-
Postoperative und andere Komplikationen gen der konservativen Therapie (Mantel-Haenszel-
Die postoperative Gesamtkomplikationsrate nach Ap- Schätzer RR: 10,43; [1,46; 74,26] (e41). Diese Patien-
pendektomie wird in Deutschland mit bis zu 2,1 % ten sollten entsprechend frühzeitig appendektomiert
angegeben (e36). Hinsichtlich der chirurgischen Mor- werden (eKasuistik mit eAbbildungen 1 und 2).
bidität kann zwischen Früh -und Spätkomplikationen Hohe Leukozyten- und CRP-Werte korrelieren in
unterschieden werden. Zu den frühen Komplikatio- diesem Patientenkollektiv mit dem Risiko einer gangrä-
nen zählen unter anderem Wundinfektion, Blutungen, nösen Appendizitis (Abbildung 1a und b). Die laparo-
Bauchdeckenabszesse und Appendixstumpfinsuffi- skopische Appendektomie gilt auch hier als sicheres
zienz sowie intraabdominelle Verhalte (Douglas- oder Therapieverfahren (12, e52). Auch in der Schwanger-
Schlingenabszess). Spätkomplikationen sind unter schaft ist die akute Appendizitis die häufigste Ursache
anderem Narbenhernien, intraabdominelle Adhäsio- für das akute Abdomen, wobei der Abort die am meis-
nen oder Bridenileus sowie eine Stumpfappendizits. ten gefürchtete Komplikation ist (e53). Eine Fehlgeburt
In jedem Fall sollte bei Verdacht auf eine postoperati- tritt bei komplizierter Appendizitis häufiger als bei einer
ve Komplikation eine Vorstellung in der Klinik (Pri- unkomplizierten Form (20 versus 1,5 %) auf (e54, e55).
märbehandler) und eine weiterführende Diagnostik Demzufolge sollte die Indikation zur Operation großzü-
inklusive Laborentnahme und Abdomensonografie gig gestellt werden, da eine Appendektomie in jedem
erfolgen. Trimenon sicher durchgeführt werden kann (e56).
Im Rahmen der Patientenaufklärung der konservati-
ven Appendizitistherapie sollte auf die geringfügig er- Diskussion
höhte Inidzidenzrate von Darmkrebs (schwedische Po- Insbesondere bezüglich der Frage eines möglichen
pulationskohortenstudie; SIR: 4,1 [3,7; 4,6]), im Ver- nichtoperativen Vorgehens, des optimalen Operations-
gleich zur Normalbevölkerung hingewiesen werden zeitpunkts und der postoperativen Versorgung gibt es
(e37). Des Weiteren ist die Frage hinsichtlich einer zunehmende Diskussion in der Diagnostik und Thera-

Postoperative Gesamtkomplikationsrate Appendizitis und Schwangerschaft


Die postoperative Gesamtkomplikationsrate nach Auch in der Schwangerschaft ist die akute Appendizitis
Appendektomie wird in Deutschland mit bis zu 2,1 % die häufigste Ursache für das akute Abdomen, wobei der Abort
angegeben. die am meisten gefürchtete Komplikation ist.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020 771


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Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Weitere Informationen zu cme
● Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet Manuskriptdaten
eingereicht: 5. 3. 2020, revidierte Fassung angenommen: 29. 7. 2020
möglich: cme.aerzteblatt.de.
Einsendeschluss ist der 5. November 2021. Einsendungen, die per Brief, E-Mail oder Literatur
Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden. 1. Statistisches Bundesamt (ed.): Fallpauschalenbezogene Krankenhaus-
statistik (DRG-Statistik) Operationen und Prozeduren der vollstationären
● Die Bearbeitungszeit für alle neu beginnenden CME-Einheiten beträgt 12 Monate. Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern (4-Steller) 2018. Wiesba-
Die Ergebnisse können vier Wochen nach beginn der CME-Einheit abgerufen wer- den: Destatis 2019; 5231401187014: 78.
den. Bitte beachten Sie den jeweiligen Einsendeschluss unter cme.aerzteblatt.de 2. Buckius MT, McGrath B, Monk J, Grim R, Bell T, Ahuja V: Changing epi-
demiology of acute appendicitis in the United States: study period
● Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und 1993–2008. J Surg Res 2012; 175: 185–90.
Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der 3. Sahm M, Koch A, Schmidt U, et al.: Akute Appendizitis – Klinische Ver-
Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. sorgungsforschung zur aktuellen chirurgischen Therapie. Zentralbl Chir
Auf www.aerzteblatt.de („Mein DÄ“) muss hierfür bei der Registrierung die EFN hin- 2013; 138: 270–7.
terlegt oder unter „Meine Daten“ die EFN eingetragen und der Ergebnismeldung zu- 4. Addiss DG, Shaffer N, Fowler BS, Tauxe RV: The epidemiology of
appendicitis and appendectomy in the United States. Am J Epidemiol
gestimmt werden. Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis 1990; 132: 910–25.
(8027XXXXXXXXXXX). 5. Rolle U, Maneck M: Versorgungstrends, regionale Variation und Qualität
der Versorgung bei Appendektomien. In: Klauber J, Günster C, Gerste
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2015/2016. Stuttgart: Schattauer 2016: 217–38.
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study on acute appendicitis worldwide (POSAW). World J Emerg Surg
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doch im Kindes- und Erwachsenenalter nicht ausrei- 8. Bollinger RR, Barbas AS, Bush EL, Lin SS, Parker W: Biofilms in
chend, um vom primär operativem Vorgehen abzuwei- the large bowel suggest an apparent function of the human vermiform
chen (e3, e5, e9). Des Weiteren fehlen randomisierte appendix. J Theor Biol 2007; 249: 826–31.
placebokontrollierte verblindete Studien, um Lang- 9. Bollinger RR, Barbas AS, Bush EL, Lin SS, Parker W: Biofilms in the
normal human large bowel: fact rather than fiction. Gut 2007; 56:
zeitverläufe hinsichtlich unerwünschter Wirkungen 1481–2.
der konservativen Therapie zu klären, jedoch wird 10. Korndorffer JR Jr, Fellinger E, Reed W: SAGES guideline for laparosco-
dies im Rahmen von angekündigten Studien erwartet pic appendectomy. Surg Endosc 2010; 24: 757–61.
(e10, e11). Demzufolge ist die Appendektomie in al- 11. Di Saverio S, Birindelli A, Kelly MD, et al.: WSES Jerusalem guidelines
for diagnosis and treatment of acute appendicitis. World J Emerg Surg
len Altersgruppen die Therapie der Wahl zur Behand- 2016; 11: 34.
lung einer akuten unkomplizierten Appendizitis 12. Gorter RR, Eker HH, Gorter-Stam MA, et al.: Diagnosis and manage-
(10–12). Eine Verzögerung der Appendektomie um ment of acute appendicitis. EAES consensus development conference
2015. Surg Endosc 2016; 30: 4668–90.
12–24 h unter laufender antibiotischer Therapie ab 13. Zachariou Z: Appendizitis. In: von Schweinitz D, Ure B (eds.): Kinder-
Diagnosestellung führt bei einer akuten unkomplizier- chirurgie: Viszerale und allgemeine Chirurgie des Kindesalters. Berlin,
ten Appendizitis bei Erwachsenen nicht zu einer er- Heidelberg: Springer 2009: 413–20.
höhten Perforationsrate (e28–e30). Die Operation 14. Stein GY, Rath-Wolfson L, Zeidman A, et al.: Sex differences in the epi-
demiology, seasonal variation, and trends in the management of patients
sollte aber bei Kindern und Jugendlichen, Patienten with acute appendicitis. Langenbecks Arch Surg 2012; 397: 1087–92.
über dem 65. Lebensjahr oder bei vorhandenen Ko- 15. Almström M, Svensson JF, Svenningsson A, Hagel E, Wester T:
morbiditäten nicht um mehr als 12 h verzögert werden Population-based cohort study on the epidemiology of acute appendicitis
in children in Sweden in 1987–2013. BJS Open 2018; 2: 142–50.
(e23–e27, e31). 16. Humes D, Speake WJ, Simpson J: Appendicitis. BMJ Clin Evid 2007;
Die akute komplizierte Appendizitis ist ein schwer- 2007: 0408.
wiegendes Krankheitsbild, dass gegebenenfalls konser- 17. Kang K, Kim WJ, Kim K, et al.: Effect of pain control in suspected acute
vativ als Alternative zur operativen Therapie behandelt appendicitis on the diagnostic accuracy of surgical residents. CJEM
2015; 17: 54–61.
werden kann. Die Studienlage hinsichtlich der Morbi- 18. Kharbanda AB, Taylor GA, Fishman SJ, Bachur RG: A clinical decision
dität und Effektivität ist jedoch heterogen (e18, e19, rule to identify children at low risk for appendicitis. Pediatrics 2005; 116:
e32). Erst zukünftige Studien werden zeigen wie mit ei- 709–16.
19. Humes DJ, Simpson J: Acute appendicitis. BMJ 2006; 333: 530–4.
ner komplizierten Appendizitis unter Berücksichtigung
20. Shogilev DJ, Duus N, Odom SR, Shapiro NI: Diagnosing appendicitis:
von Risikofaktoren und des klinischen Zustandes ab- evidence-based review of the diagnostic approach in 2014. West J
schließend umgegangen werden sollte. Emerg Med 2014; 15: 859–71.

Zeitpunkt der Operation


Die Operation sollte bei Kindern und Jugendlichen,
Patienten über dem 65. Lebensjahr oder bei vorhandenen
Komorbiditäten nicht um mehr als 12 Stunden verzögert
werden.

772 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020


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KLINISCHER SCHNAPPSCHUSS
Atraumatische atlantoaxiale Subluxation – Das Grisel-Syndrom
Ein 5-jähriges Mädchen erhielt eine Parotidektomie bei einer zystisch formierten, atypischen
Infektion mit Mykobakterien (Mycobacterium malmoense). Am zweiten postoperativen Tag entwi-
ckelte das ansonsten gesunde Mädchen trotz Orthesentherapie einen progredienten Schiefhals, zu
dessen Behandlung sie sich vorstellte. Klinisch ließ sich zwar die Seitneigung des Kopfes passiv
und aktiv verbessern, die Fehlrotation jedoch nicht. Eine elektrophysiologische Untersuchung war
unauffällig. Bei suspekter auswärtiger Kernspintomografie mit zervikaler Myelonschwellung wurde
eine Computertomografie mit 3-D-Rekonstruktion angefertigt, die eine atlantoaxiale Subluxation
zeigte. Die Befundkombination führte zur Diagnose eines Grisel-Syndroms. Die in diesem Fall er-
folgreiche Behandlung wurde typengerecht (Typ 3 nach Fielding und Hawkins) durch mehrwöchige
Halo-Traktion mit anschließender Halo-Weste vorgenommen. Begleitend erhielt die Patientin eine
antibiogrammgerechte Dreifachtherapie zur Behandlung der atypischen Mykobakterieninfektion. Die
seltene atraumatische atlantoaxiale Subluxation betrifft typischerweise Kinder nach Atemwegsinfek-
tion oder Operation von Augen, Nase oder Hals. Weitere Assoziationen zu hereditären Erkrankun-
gen, Chromosomenaberrationen (Trisomie 21) oder Autoimmunerkrankungen sind beschrieben. Selbstlimitierende und operationspflichtige Verläufe
sind bekannt. Die atraumatische atlantoaxiale Subluxation ist eine wichtige Differenzialdiagnose bei unklarem Schiefhals.
Dr. med. Martin Schwarze, Dr. med. Stefan Hemmer, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie,
Universitätsklinikum Heidelberg, martin.schwarze@med.uni-heidelberg.de
Prof. Dr. med. Michael Akbar, Clinic für Wirbelsäulenerkrankungen und -Therapien, MEOCLINIC GmbH
Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Zitierweise: Schwarze M, Hemmer S, Akbar M: Atraumatic atlantoaxial subluxation—Grisel syndrome. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 773. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0773
►Vergrößerte Abbildung und englische Übersetzung unter: www.aerzteblatt.de

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020 773


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Teilnahmemöglichkeit unter cme.aerzteblatt.de. Einsendeschluss ist der 5. 11. 2021.


Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1 Frage Nr. 6


Welches Charakteristikum kann bei beiden Formen der Wie sollte bei Verdacht auf akute Appendizitis und
Appendizitis (unkompliziert und kompliziert) vorkommen? Nachweis freier Luft vorgegangen werden?
a) Perforation a) konservativ mittels Antibiotika
b) Phlegmone b) konservativ mittels Antibiotika und Drainagenanlage
c) Inflammation c) operativ – dringlich
d) Gangrän d) operativ – innerhalb von 24 Stunden
e) Abszess e) operativ – elektiv

Frage Nr. 2 Frage Nr. 7


Was ist bei Verdacht auf eine Appendizitis eine Wieviel Prozent der Appendektomien erfolgen im
wichtige Differenzialdiagnose bei Frauen und Mädchen Kindesalter noch offen chirurgisch?
im gebährfähigem Alter? a) circa 10 %
a) Adnexitis b) circa 25 %
b) Endometriose c) circa 40 %
c) Koprostase d) circa 60 %
d) Volvulus e) circa 75 %
e) Schwangerschaft

Frage Nr. 8
Frage Nr. 3 Welches bildgebende Verfahren ist Methode
Welcher Nachweis in der Bildgebung korreliert mit der ersten Wahl?
einer hohen Wahrscheinlichkeit für ein Therapieversagen a) Magnetresonanztomografie
der konservativen Therapie der akuten Appendizitis? b) Computertomografie
a) freie Flüssigkeit c) Abdomensonografie
b) Appendikolith d) Röntgenaufnahme des Abdomens
c) Wandverdickung der Appendix e) Kontrastmittelsonografie
d) Nachweis eines umschriebenen Verhaltes
e) Ileus
Frage Nr. 9
In welchem Alter ist das Risiko für eine Appendektomie
Frage Nr. 4 bei Mädchen am höchsten?
Um wie viele Stunden kann die Operation laut aktueller a) im Alter von 1–5 Jahren
Datenlage unter laufender antibiotischer Therapie b) im Alter von 5–9 Jahren
ab Diagnosestellung bei einer unkomplizierten Appendizitis c) im Alter von 9–13 Jahren
ohne bestehende Risikofaktoren im Erwachsenenalter verzögert d) im Alter von 13–17 Jahren
werden, ohne dass sich das Perforationsrisiko erhöht? e) im Alter von 14–18 Jahren
a) 1 bis 4 Stunden
b) 4 bis 8 Stunden
c) 8 bis 12 Stunden Frage Nr. 10
d) 12 bis 24 Stunden Welche Antibiotikakombination wird in Deutschland
e) 24 bis 48 Stunden und international in der konservativen Therapie
der akuten Appendizitis am häufigsten eingesetzt?
a) Chinolone und Nitroimidazol
Frage Nr. 5 b) Penicillin und Betalaktamaseinhibitor
In welchem Zeitfenster kann eine Appendektomie bei c) Cephalosporine und Nitroimidazol
Schwangeren sicher durchgeführt werden? d) Lincosamide und Nitroimidazol
a) 1. Trimenon e) Glycopeptide und Nitroimidazol
b) 2. Trimenon
c) 1. bis 2.Trimenon
d) 2. bis 3. Trimenon ►Die Teilnahme ist nur im Internet möglich:
e) 1. bis 3. Trimenon cme.aerzteblatt.de

774 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020


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Zusatzmaterial zu:

Akute Appendizitis im Kindes- und Erwachsenenalter


Eine Herausforderung im klinischen Alltag
Patrick Téoule, Jan de Laffolie, Udo Rolle, Christoph Reißfelder
Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 764–74. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0764

eLiteratur e19. Dong Y, Tan S, Fang Y, Yu W, Li N: Meta-analysis of laparoscopic


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II Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020 | Zusatzmaterial


MEDIZIN

eKASUISTIK

In der Notaufnahme stellte sich ein 22-jähriger Patient mit seit dem Mor-
gen bestehendem Unwohlsein und einer Schmerzwanderung in den rechten
Unterbauch vor. Die weitere Anamnese hinsichtlich Vorerkrankungen und
Voroperationen, Medikamenteneinnahme und Allergien war leer. Labor-
chemisch zeigte sich eine Leukozytose von 22 000/L, eine Körpertempera-

b
eAbbildung 1: a) intraoperativer Situs a) vor und b) nach der Präparation
Pfeil: Appendixbasis; Polygon: Appendixspitze, Stern: Mesoappendix;
weiße Umrandung: präpariertes Fenster in der Mesoappendix

tur von 37,6 °C und ein unauffälliger Urinteststreifen. In der klinischen Un-
tersuchung konnte ein beginnender Peritonismus im rechten Unterbauch
ohne Abwehrspannung jedoch positiven Appendizitisdruckpunkten und
kontralateralem Loslassschmerz festgestellt werden. Sonografisch zeigte
sich periappendikulär dezent echofreie Flüssigkeit ohne Nachweis eines
umschriebenen Verhaltes. Der Appendixdurchmesser betrug 9 mm, und es
wurde sonografisch ein Appendikolith nachgewiesen. Aufgrund der freien
Flüssigkeit und des klinischen Gesamtbildes wurde die Appendizitis als
komplizierte Form eingestuft. Nach ausführlichem Gespräch mit dem Pa-
tienten wurde bei hoher Wahrscheinlichkeit des konservativen Therapie-
versagens die Indikation zur laparoskopischen Appendektomie gestellt. Pe-
rioperativ erhielt der Patient eine Antibiose basierend auf einem Cephalo-
sporin und einem Nitroimidazol und wurde innerhalb von 12 Stunden nach
Diagnosestellung operiert. Intraoperativ bestätigte sich das Bild einer aku-
ten Appendizitis. Es erfolgte eine laparoskopische Appendektomie mit Cli-
papplikation. Abbildung 1 zeigt den intraoperativen Befund vor und nach

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020 | Zusatzmaterial III


MEDIZIN

der Präparation der Appendixbasis. Abbildung 2 stellt die 2-fache Clip-


applikation im Bereich der Appendixbasis dar und die freipräparierte Arte-
ria appendicularis vor und nach der Clipapplikation der Arterie und dem je-
weiligen Absetzen. Postoperativ erfolgte keine weitere Antibiotikagabe.
Der Patient wurde am 2. postoperativen Tag nach regelrechtem postoperati-
ven Verlauf bei subjektivem Wohlbefinden und blanden abdominellen Ver-
hältnissen entlassen.

b
eAbbildung 2: intraoperativer Situs a) nach Clipapplikation und b) Durchtrennung der
Leitstrukturen
Pfeil: Appendixbasis; Polygon: Appendixspitze, Stern: Mesoappendix;
Rechteck: Arteria appendicularis

IV Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 45 | 6. November 2020 | Zusatzmaterial

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