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Eltern von Kindern mit ADHS beobachten immer wieder, Lebensmittel können Symptome verstärken
dass ihre Kinder nach dem Verzehr bestimmter Nahrungs- Ein mögliches Zusammenspiel zwischen hyperkinetischem,
mittel mit einer deutlichen Verstärkung der Symptome also überaktivem Verhalten und den verzehrten Nahrungs-
reagieren. Warum Eltern diese Beobachtung nicht achtlos mitteln haben Mediziner bereits zu Beginn des letzten
übergehen sollten, das belegen die neuesten Ergebnisse Jahrhunderts beschrieben. Verschiedene Lebensmittel
von Wissenschaftlern der Universitätsklinik Freiburg. Im wie Milch, Getreide, Eier, Tomaten oder Schokolade wur-
Rahmen einer Ernährungsstudie untersuchen sie an der den im Zusammenhang mit einer Symptomverstärkung bei
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik ADHS diskutiert. Eine Studie der britischen Food Standards
im Kindes- und Jugendalter den Zusammenhang zwischen Agency (FSA) von 2007 zeigte, dass sowohl Natriumbenzoat
Ernährung und Verhalten bei Kindern mit ADHS. als auch verschiedene Azofarbstoffe, die als Zusatzstoffe in
Lebensmitteln vorkommen, die Aktivität und Aufmerksam-
keit von Kindern beeinflussen können. In Abhängigkeit von sorten, glutenfreie Getreide und Kartoffeln (siehe Tab. 1).
der verzehrten Menge konnten Wissenschaftler signifikante Ausgelassen werden beispielsweise alle Produkte, die
Effekte hinsichtlich Hyperaktivität und Aufmerksamkeits- Farb- oder Süßstoffe enthalten, aber auch Lebensmittel,
störung bei gesunden Kindern beobachten. Hieraus resul- die häufig eine Unverträglichkeit auslösen wie Kuhmilch,
tierend hat die Europäische Union 2010 eine europaweite Ei, Fisch, Soja oder Nüsse (siehe Tab. 2, S. 299). In den
Deklarationsvorschrift von Produkten mit Azofarbstoffen Behandlungsoptionen zu Hyperkinetischen Störungen ist
beschlossen, mit dem Hinweis auf mögliche Verhaltensän- die oligoantigene Diät in den Leitlinien der Arbeitsgemein-
derungen nach dem Verzehr dieser Zusatzstoffe. schaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesell-
schaften (AWMF) zwar mit aufgeführt. In Deutschland wur-
Eine kritische Zusammenfassung der Beobachtungen aus de sie bisher aber nur sehr selten in der therapeutischen
den unterschiedlichen nicht-pharmakologischen Interven- Begleitung bei ADHS angewendet.
tionen bei ADHS haben die US-amerikanischen Wissen-
schaftler Edmund J. S. Sonuga-Barke und Kollegen 2013 Die aktuelle Studie der Kinder- und Jugendpsychiatrie Frei-
erstellt. Darunter sind auch Untersuchungen zum Einsatz burg zum Einfluss von einzelnen Nahrungsbestandteilen
der oligoantigenen Diät. Arbeiten von der Arbeitsgruppe auf das Verhalten von Kindern mit ADHS soll nun prüfen,
um Professor Jan K. Buitelaar aus den Niederlanden zeigen ob diese Behandlungsform im Alltag der Familien umsetz-
starke Effekte einer individualisierten Diät. Die Einfluss- bar und ambulant durchführbar ist. An der Studie nehmen
nahme von Ernährungsfaktoren auf die Ausprägung einer aktuell Kinder im Alter zwischen sieben und 18 Jahren mit
ADHS-Symptomatik kann prinzipiell über drei unterschied- einer gesicherten Diagnose eines ADHS teil. Ziel ist es,
liche Wege erfolgen: ganz individuell unverträgliche Lebensmittel zu identifizie-
1. Ausschluss von Lebensmitteln oder einzelnen Lebens- ren und durch deren Elimination aus dem Speiseplan die
mittelbestandteilen, die allgemein unter Verdacht ste- ADHS-Symptomatik dauerhaft deutlich zu verbessern.
hen, ADHS-Symptome begünstigen.
2. Ergänzung einer ausgewogenen Ernährung durch be- Die oligoantigene Diät wird hierbei nur in der Diagnosephase
stimmte Mikronährstoffe. für einen begrenzten Zeitraum von vier Wochen einge-
3. Testung auf individuelle Nahrungsmittelunverträglich- setzt. In dieser Zeit werden im Körper viele Reaktionen auf
keiten und Meiden bzw. Eliminieren der identifizierten, unverträgliche Lebensmittel ausgeschaltet. Der ganze Kör-
symptomverstärkenden Lebensmittelbestandteile. per kann sich erholen. Allergien und Nahrungsmittelunver-
träglichkeiten haben Pause. Tritt in den ersten zwei Wo-
Lebensmittel in der Diätphase chen der strengen Diät keine deutliche Besserung auf, wird
eine weitere Anpassung der Lebensmittelauswahl an das
jeweilige Kind vorgenommen. Die Lebensmittelauswahl
wird hier noch einmal an bestehende Begleitsymptome
angeglichen. Das kann unter anderem bedeuten, dass mög-
liche Kreuzallergien mit einfließen. Bei Kindern, die nach
Anpassung noch immer keine Veränderung der ADHS-
Symptome zeigen, vermuten wir dann erst einmal keinen
Zusammenhang zwischen Ernährung und Symptomen.
Nachdruck und Vervielfältigung aller Art 14 nur mit Genehmigung des Verbandes