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Topić PSYCH SS 2022


1. VO – 08.03.2022

Einführung
Medienpsychologie beschäftigt sich mit:

• Verarbeiten
• Erleben
• Verhalten (reagieren nach rezipieren)

im Umgang mit Medien.

Schwerpunkt der VO: psychische Prozesse u. subjektive Erleben von Individuen (sind Basis für Medi-
enwirkungen). Welche Prozesse laufen ab, wenn wir uns mit Medien beschäftigen? Der Kern liegt in
der Informationsverarbeitung.

Medienpsychologie:

• Greift auf andere psychologische Teildisziplinen wie Sozialpsychologie, Entwicklungspsycho-


logie, Emotionspsychologie oder Persönlichkeitspsychologie zurück
• sehr breites Feld, dass …
• einen eigenen Theoriekorpus entwickelt hat (Grundlagenwissenschaft) aber auch anwendungs-
bezogen ist und in der Publizistikwissenschaft als Medienrezeptionsforschung begriffen wird
Rezeptionsforschung = Medienpsychologie | aus PKW-Sicht

Bsp.: Impf-Kampagne in Österreich

• Billig, nicht wirklich überzeugend


• viel Humor, um vom negativen Thema abzulenken
• Ältere Person, um Zielgruppe zu erreichen
• überzeugt nur diejenigen, wo schon positives gestimmt sind zum Thema
• um negative Einstellung zu ändern → Argumente aufgreifen und darauf eingehen (sonst Reak-
tanz)

Pornografie

• sehr starker Medieneffekt, weil die ganze Erfahrung aus dieser einzigen Quelle kommt (ein-
zige Informationsquelle in der Jugend)
• wird von Hormonen u. Konditionierung unterstützt

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2. VO – 15.03.2022

Kurze Geschichte der Medienpsychologie


• Erste Gehversuche: nicht als Medienpsychologie, sondern als psychologische Anwendungs-
forschung
• Film- u. Fernsehforschung
o Münsterberg (1916) – The photoplay – A psychological study
Wie wurden Gefühle im Film dargestellt? Was löst es bei den Zuschauern während der
Rezeption aus? Unterscheidung Mitfühlen von Emotionen bei den Protagonisten im Film
und Projektion von Eigenen auf die Protagonisten – 2 unterschiedliche Rollen von Emo-
tionen
Erste Formen von Empathie: kognitive-nachvollziehen was ein anderer Mensch denkt
Affektive-ich kann es nachempfinden
o Ablösung des Films als Forschungsgegenstand mit Einführung des TV
Ging eher um die negativen Effekte des TV, negative Diskussionen. „… kann Kinder u Ju-
gendliche überfordern bzw. schaden“
• Printmedienforschung in der Zeitungswissenschaft
• Radioforschung (Paul Lazarsfeld-Bewertung von Radioprogramm)

Radioforschung. Herta Herzog (1941). On borrowed experience. An analysis of listening to day-


time sketches. Zeitschrift für Sozialforschung, 9, 65-95

o Erste Studie zu Motivationen, was die Menschen zur Nutzung populärer Medienpro-
dukte veranlasst. (Herta Herzog gilt als Vorläuferin des Nutzen- und Belohnungsan-
satz (Uses and Gratifications-Ansatz))
o Aufbau: 100 Frauen, die mind. zwei Seifenopern rglm. Verfolgen; persönliche Inter-
views
o Methode: Hörgewohnheiten, beliebte Themen u. Sendungen, Motivliste für die Nut-
zung der Seifenopern
o Ergebnisse: recht gezielte Nutzung und drei Arten von Gratifikationen
▪ Emotionale Erleichterung (Gelegenheit Gefühle freien Lauf zu lassen)
▪ Uminterpretation des eigenen Lebens (Schicksale stellvertretend zu erleben,
um eigene Probleme zu vergessen)
▪ Lebenspraktische Hilfe (Hörer nutzen die Programme, um Ratschläge und Er-
klärungen für alltägliche Probleme und Phänomene zu bekommen)
• Ab 80er Jahren: Begründer/in heutigen Medienpsychologie: Hertha Sturm, Jo Groebel, Peter
Winterhoff-Spurk und Peter Vitouch

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• Nach wie vor Fernsehforschung:


o TV und kindliche Entwicklung (starker Fokus; Überlastung der Kinder, „Fehlende
Halbsekunde“ – da Geschwindigkeit zu schnell)
o Gewalt in den Medien (Großes Forschungsfeld)
o Psychophysiologische Auswirkungen der TV-Rezeption (Herzfrequenz, Erregungs-
masse während der Rezeption)
o Medienpsychologische Emotionspsychologie
o Medienpsychologische Persuasionsforschung
• 1989 gründeten Jo Groebel, Peter Vitouch u. Peter Winterhoff-Spurk die Fachzeitschrift Me-
dienpsychologie (Meilenstein!)
• Gründung der Fachgruppe Medienpsychologie in der DGPs im Jahr 1999
• Junge Teildisziplin
• Medienpsychologie ist eine anwendungsorientierte Disziplin (Psychologische Grundlagen-
kenntnisse und wendet diese an - lesen, Radio/TV-Nutzung, Gewaltdarstellung, …)
• Medienpsychologie ist in den psychologischen Grundlagendisziplinen verankert (Auch eigene
Theorien)
• Interdisziplinarität (Überschneidung zu Publizistik, Pädagogik, Sozialpsychologie, …)

Bsp. Programm einer Tagung – Folie 7 & 8

Grundlagen der Medienpsychologie


Informationsverbreitung, Wahrnehmung u. Aufmerksamkeit

Vereinfachtes Modell – ideal typischer Informations- Verarbeitungsablauf

Kognitive Prozesse sind alle Informationsverarbeitende Vorgänge der Wahrnehmung eines Reizes bis
zur verursachten Reaktion ablaufen.

Im 1. Schritt haben wir das Sensorische System, welches auditive, visuelle, olfaktore, haptische Reize
aufnimmt. Dieses sensorische System hat eine hohe Kapazität, jedoch sind die Reize nur kurz

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verfügbar. Durch die selektive Aufmerksamkeit kommt nur ein Teil zum Wahrnehmungsapparat. Wir
nehmen nicht alles wahr, was im sensorischen System ist. Aufmerksamkeitsressourcen spielen eine
große Rolle für Wahrnehmungsprozesse, aber auch für die Reaktion, Selektion und Reaktionsausfüh-
rung.

Wahrnehmung führt zu einer gewissen Reaktion, Selektion – Entscheidung wird getroffen, was ge-
macht werden soll und zu einer Ausführung → tatsächliche Handeln.

Weg 1 von Wahrnehmung zu Reaktionsausführung über Arbeitsgedächtnis. Eingehende Information,


die wahrgenommen wird, kommt ins Arbeitsgedächtnis, es werden Gedanken gebildet, Entscheidun-
gen gebildet und führt dann zu Reaktionselektion und Reaktionsausführung. Es kann auch das Lang-
zeitgedächtnis miteingebunden werden. Das Langzeitgedächtnis/ Bestehendes Wissen prägt, wie die
Information wahrgenommen wird bzw. interpretiert wird. Die Information, die ins Arbeitsgedächtnis
gelangt wird mit dem Langzeitgedächtnis abgeglichen.

Weg 2 von Wahrnehmung direkt auf Reaktionselektion zu Reaktionsausführung. Information, die


wahrgenommen wird, führt automatisch zu einer Reaktion ohne, dass der Mensch Gedanken entwi-
ckelt oder nachdenkt. Ohne, dass diese Information mit dem Langzeitgedächtnis abgeglichen wird.
Dieser Weg 2 als direkte Selektionsausführung ohne weitergehende Verarbeitung wird auch als auto-
matische Reaktion und Handlung bezeichnet, welche die Rezipienten nicht weiter reflektieren.

Hinweis: Die Ressourcen zur menschlichen Informationsverarbeitung sind beschränkt, man kann nicht
unendlich viele Informationen verarbeiten, sondern nur einen gewissen Teil und einen gewissen Teil
im Langzeitgedächtnis haben. Die Beschränkung der Ressourcen zur Informationsverarbeitung bezie-
hen sich auf den gesamten Apparat, von Encodierung, Verarbeitung bis zur Reaktion.

Wahrnehmung

• Gegenüber bewussten, willentlichen Eingriffen weitgehend abgeschottet/getrennt sind


funktioniert automatisch
• Menschliche Wahrnehmung kein Abbild der Umwelt im Sinne einer physikalischen korrekten
Beschreibung
nicht alle Reize, die auf uns strömen sind wahrnehmbar – aufgrund der Ressourcen und Leis-
tungsfähigkeit und Aufmerksamkeit (beschränkt)

Aufmerksamkeit

• Zwei zentrale Funktionen: Selektion u. Abgleich


• Willkürliche Aufmerksamkeit auch kontrollierte Aufmerksamkeit genannt. Prozesse, die uns
bewusst sind und kognitive Kapazitäten beanspruchen und bewusst einsetzen (einen einzelnen
Aspekt achten)
Zu finden in der Literatur meist unter „top-down- processing“:

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o Informationsverarbeitung durch Vorwissen, Erwartung, Einstellung bewusst steuern
„Vom Kopf nach unten“
• Unwillkürliche Aufmerksamkeit können uns bewusst sein, laufen unkontrolliert ab und wer-
den durch Umweltreize ausgelöst. Nicht gesteuert durch unseren Willen, sondern Reize die
auf uns reinströmen, von außen. (Werbung – durch Art und Weise der Werbung unwillkürli-
che Aufmerksamkeit wecken)
Zu finden in der Literatur meist unter „Bottom-up“:
o Datengeleitete Informationsverarbeitung, die sich nach dem Stimulus richtet. „Von
unten zum Kopf“

Kontrollierte Aufmerksamkeit: Theorie der Affektiven Intelligenz (vgl. MacKuen, Marcus,


Neuman & Keele, 2006)

• Einfluss von Emotionen auf die politische Urteilsbildung ist rational und funktional
• Menschen verfügen über verschiedene Entscheidungsstrategien, die sie je nach Umweltanfor-
derung einsetzen können
• Zwei emotionale Systeme
o Dispositionssystem – vergleichendes System
▪ Erlaubt zu bestimmen, ob eine Routinetätigkeit erwartungsgemäß durchge-
führt wird
▪ Emotionelle Reaktion: Variation im Enthusiasmus (Signal: festzuhalten)
o Überwachungssystem
▪ Überwacht die Umgebung für neue u. potentiell bedrohliche Stimuli
▪ Richtet die Aufmerksamkeit auf die neuen Stimuli
▪ Emotionelle Reaktion: Variation in Angst (Signal: Neuorientieren)
▪ „Danger, danger, danger – do not rely on existing predispositions!”
• Enthusiasmus: Verlassen auf Routinen und Parteiidentifikation (Habituated Choice)
• Angst: Verlassen auf neue Informationen, Lernen von Alternativen, Abwägen von Alternati-
ven (Deliberative Choice)

Flut von Informationen bei der Medienrezeption: Sinnvolles von Unwichtigem unterschei-
den

Latente Selektionsprädispositionen also angeborene Reflexe. Auf grundlegende Bedürfnisse soll rea-
giert werden, es ist davon auszugehen, dass Menschen auf solche angeborenen Reflexe und

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Bedürfnisse reagieren. In der Werbung stark verbreitet ist Sexappeal oder Erotik, solche Reize werden
als relevant gesehen.

Die Aufmerksamkeit kann nicht immer bewusst gesteuert werden, da automatisierte Mechanismen
durch die Evolution geprägt sind.

Angstreize, bedrohliche Reize lösen auch eine Orientierungsreaktion aus. Normverletzung, Regelbrü-
che, akustische oder visuelle Pegelsprünge (lautes Schreien, Lichtveränderung) sind Reize die automa-
tisch zu einer Aufmerksamkeitsallokation führen und zu psychophysiologisch Reaktion führen können
(Herzfrequenz, …). Spielen eine Rolle beim Prozess der Rezeption.

Grundlagen: Priming

Erklärt: Warum inhaltsbezogene Reize unwillkürlich stark betrachtet werden. Solche Informationen
erfahren eine erhöhte Aufmerksamkeit, die kurz zuvor in ähnlicher Form schon dargeboten wurde und
noch im Kurzzeitgedächtnis aktiviert sind.

• Priming-Effekt ist umso stärker,


o Je häufiger eine Wissenseinheit aktiviert wird
o Je kürzer die letzte Aktivierung zeitlich zurück liegt
• Bedingung: aktivierte Wissenseinheit muss auf einen folgenden Stimulus anwendbar/übertrag-
bar sein

Beim Priming werden die Wissenseinheiten im Gedächtnis leichter zugänglich gemacht und dann
mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Bewertung von Stimuli herangezogen. Das passiert
auf eine Art und Weise, die man in der Regel nicht merkt.

Beispielstudie affektives Priming: Baumgartner & Wirth (2012)

Experiment – emotionales Priming

Gruppe 1: positive Stimmung durch Text zur WM

Gruppe 2: negative Stimmung durch Text zu Kindersoldaten

Danach:

• Abfrage der Stimmung


• Lesen von 6 Nachrichtentexten; 3 negativ, 3 positiv
• Cued-Recall-Text (Erinnerung)

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Prinzip der Ressourcenallokation (Kahnemann, 1973)

Unsere Kapazität zur Informationsverarbeitung sind limitiert.

Bsp.: Humor in der politischen Kommunikation

• Verstehen von Humor bindet kognitive Kapazitäten


• Young (2008):
o Humor kann in politischen Botschaften dazu führen, dass die Rezipienten mehr kogni-
tive Ressourcen auf das Verständnis des Humors lenken und daher weniger stark die
Argumente prüfen
o Humor erhöht die Überzeugungskraft von Botschaften, da er eine kritische Prüfung
der Botschaft unterbindet

Vampireffekt: Aufmerksamkeitsverlust (Erotik, …) vom eigentlichen Produkt durch Ablenkungs- u.


Nebeneffekte der Werbung. Da dieser Schlüsselreiz die meisten kognitiven Kapazitäten abzieht und
weniger Kapazitäten übrigbleiben, um die Produkteigenschaften zu memorieren.

Speicherung und Abruf

• Gedächtnis als assoziatives Netzwerk von Wissenseinheiten verstehen (verknüpfen)


• Semantische (Wissen, Konzepte, Information) und das episodische (Erlebnisse, Erfahrungen
auch von anderer oder vom Skript) Gedächtnis (vgl. Anderson, 2001)
• Wie werden Inhalte abgespeichert u. abgerufen? Schemata

Bsp.: Wie verstehen Sie folgenden Satz? „Glücklicherweise hatte er seinen Ausweis dabei u.
musste daher weniger bezahlen.“

Schema-Theorie

• Aufnahme u. Verarbeitung von Informationen hängt von erlernten, relativ stabilen kognitiven
Wissensstrukturen, so genannten Schemata, ab (Fiske & Taylor, 1991)
• Schemata haben 3 eng verknüpfte Funktionen (Matthes, 2004)
o Entlastungsfunktion
Welt einfach einzuordnen, Dinge einfacher zu verstehen, Strukturieren unsere Wahr-
nehmung
o Strukturierungsfunktion und
Strukturieren die Verarbeitung, eng verbunden mit Entlastungsfunktion, Basis für
Schema induzierte Erinnerungsleistung – Information, die dem eigenen Schema ent-
sprechen kann, einfacher und schneller erinnert werden als Schema irrelevanter Infor-
mation.

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o Ergänzungsfunktion
ergänzen von Dingen, die nicht genannt/gezeigt werden – Bsp. Nennung von Arzt im
Text, Vorstellung von Arzt in weißem Kittel

Was kann ich damit erklären?

• Schemata ermöglichen den Rezipienten, die Nachricht in einen bedeutungsvollen Kontext zu


stellen und damit schnell zu verstehen (ohne lang nachdenken)
• Schema-Theorie kann darüber hinaus aufzeigen, wie ein Thema von den Rezipienten reprä-
sentiert wird: als kognitives Schema (Bsp.: Ibiza)
• Genre-, Sender- oder Sendungs-Schemata bestimmen, welche Merkmale ein Format aufwei-
sen muss, um sinnvoll von den Rezipienten eingeordnet zu werden (Vorstellung wie ein Genre
ausschauen soll)
• Erklärt, warum Personen bei der Rekonstruktion von Nachrichten systematische Lücken auf-
weisen: schema-kongruente Wahrnehmung
• Aktive Bedeutungskonstruktionsprozesse der Rezipienten (Bedeutung auf Seite der Rezipien-
ten)

Schemata sind umstritten, da es sehr veraltete und statische Auffassung der menschlichen Informati-
onsverarbeitung sind, aber hilft uns grundliegende Funktionen unserer Informationsverarbeitung ein-
zuordnen.

Erinnerung

• Grundsätzlich: ausführliche u. tiefe Verarbeitung steigert Erinnerung bzw. wie gründlich u.


sorgfältig die Informationsaufnahme erfolgt, ist
• Anzahl assoziativer Verbindungen zu einem Inhalt
• Reihenfolge der Darbietung: primacy & recency Effekte
Information, die am ganz Anfang und Ende einer Darbietung gezeigt werden, besser erinnert
werden können
• Emotionen

Vergessen

• Informationen werden schwerer zugänglich, wenn sie über eine längere Zeit nicht mehr aufge-
rufen werden (nicht vergessen, schon noch da aber nicht auffindbar im Gedächtnis)
• Zweitens können zusätzlich aufgenommene Informationen den Zugriff auf die bereits gelern-
ten Informationen behindern

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Take home message


• Aufmerksamkeit für Medienreize kann willkürlich und bewusst gesteuert oder unwillkürlich
und den Medienreizen folgend ablaufen
• Ressourcen, die wir für die Informationsaufnahme, die Speicherung und den Abruf von Medi-
eninformationen aufbringen können, sind aber nicht unendlich, sondern begrenzt
• Gespeichert werden Medieninformationen im Langzeitgedächtnis, dass wir uns als assoziati-
ves Netzwerk von Gedächtnisinhalten vorstellen können
• Bestehende Gedächtnisinhalte (Schemata) steuern die Aufnahme, die Interpretation und Spei-
cherung von neuen Informationen

3. VO – 05.04.2022

Selektivität u. Gratifikation
Einführung

• Selektion meint die unbewusste oder bewusste Auswahl bzw. das unbewusste oder bewusste
Vermeiden von Informationen oder Medienangeboten
Grundfragen dazu: Warum schaut man sich was an? Wie kann man das theor. erklären? Wieso
gewisse Sachen ausgewählt werden?
Zusatzfragen zur Selektion: Warum wir bei Medienangeboten gefangen bleiben?
• prä-, peri- und postrezeptive Phase (vor, während und nach der Rezeption)
Prärezeptive Phase – Auswahl der Medienangeboten vor der eigentlichen Rezeption, für was
entscheide ich mich, bevor ich loslege
Perirezeptive Phase – Wahrnehmung aus Auswahl der Medieninhalten während der Rezep-
tion, stärkstes Interesse von MPSYCH an dieser Phase
Postrezeptive Phase – was passiert im Nachgang der Rezeption
• Vier grundsätzliche Selektionsentscheidungen
1- überhaupt am Kommunikationsprozess teilzunehmen oder nicht, möchte man ein Unter-
haltungsangebot nutzen oder nicht
2- welches Medium wählt man aus, aus einer Reihe von Angeboten (DVD, TV, …)
3- Auswahl innerhalb des Mediums welche eine Auswahl bietet – TV die Senderauswahl
4- Auswahl und Verarbeitung einzelner Informationen, auf was achte ich besonders, was
passiert im Prozess der Rezeption, was zieht die Aufmerksamkeit

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Nutzen- & Belohnungsansatz


Grundidee: Menschen wählen die Medienangebote aus, die ihre mit der Nutzung verbundenen Bedürf-
nisse am besten befriedigen können.

Annahmen

• Auswahl ist zielgerichtet


• Ausgehend vom Rezipienten
• Konkurrenz mit anderem Medienangeboten oder Verhaltensweisen
• Findet bewusst statt (man weiß welches Bedürfnis man hat)
• keine Bewertung der Motive (warum schauen Leute sich das an, was ist das Motiv dahinter –
keine Bewertung)

Motive für die Mediennutzung:

• Entspannung ● Geselligkeit ● Information


• Gewohnheit ● Zeitfüller ● Selbstfindung
• Spannung ● Eskapismus (Ablenkung von eigenen Problemen)

Wie kommt man zum Bedürfniskatalog?

Manchmal qualitativ gearbeitet – Fokusgruppen oder Interviews, befragt die Rezipienten warum etwas
genutzt wurde. Oder Forscher überlegen sich das selbst und legen einen Fragebogen vor

4 Gruppen einteilen (Bonfadelli, 2004):

• Kognitive Bedürfnisse
Informationsgewinn, etwas erfahren, verstehen
• Affektive Bedürfnisse
Regulierung eigener Emotionen oder Stimmung, durch die Auswahl meine Stimmung regu-
liere, Eskapismusthese – durch die Nutzung von Medien meinen eigenen Problemen entflie-
hen
• Sozial-interaktive Bedürfnisse
Geselligkeit und sozialer Kontakt, die Medienrezeption ermöglicht Anschlusskommunikation
und Kontakt zu anderen Menschen
• Integrativ-habituelle Bedürfnisse
Gewohnheit, gibt Rhythmus und Stabilität → Bedürfnis befriedigt

Eskapismus

• Medien können dabei behilflich sein, dem Alltag zu entfliehen, um in eine andere, bessere und
den eigenen Bedürfnissen entsprechende Welt einzutauchen

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• Flucht vor ungelösten Konflikten, um wenigstens für einen kurzen Zeitraum die Probleme aus-
zublenden
• Gründe liegen in der Entfremdung bzw. der Macht- und Bedeutungslosigkeit der Menschen
(philosophische Ebene)
• funktionaler Gebrauch der Medien
wird auch als mediale Tagträume bezeichnet, die für einen sinnvollen/funktionalen Ausgleich
sorgen, funktional – hat eine gewisse Funktion → eigene Probleme ausweichen/vergessen

3 Formen von Eskapismus nach Henning & Vorderer, 2001:

o soziologischer Eskapismus – negativen Erfahrung in meiner Realität entfliehe, Ar-


beitssituation, finanziellen Probleme, im direkten Tagesablauf
o sozialpsychologischer Eskapismus – Interaktion mit anderen Menschen fliehen, Prob-
leme mit dem Partner, Familie
o individual-psychologischer Eskapismus – Probleme mit mir selbst fliehen, Angst ha-
ben, negative Gefühle in mir

Beispiel – 2 Videos → diverse Motive zur Rezeption

• Soziale Vergleich mit anderen, besonders bei Abwärtsvergleich


• Unterhaltung ● Einsamkeit ● Fremdschämen
• Ideale Inszenierung - Realität nach der wir uns sehnen
• Sichere Distanz der Rezeption

Doom-Scrolling: bringt zum Ausdruck, dass man vor allem auf sozialen Medien negative Informatio-
nen, negativen Nutzungsgewohnheiten hineintauchen. Bedeutet, dass man permanent an negativen In-
formationen sucht. Immer weiterklicken, immer mit negativen Informationen aussetzen, nicht mehr
loslassen von negativen Informationen (Krieg Ukraine-Russland: Stand, Waffeninfo, Meldungen, …;
Pandemie: Infektionsstand, Coronacluster, Tote, Lage Intensivstation, …)

Ist eine These, gibt kaum Forschung zum Doom-Scrolling

Kritik zum Ansatz

• individuumszentrierte Sichtweise
soziale Kontext u. die Gemeinsamkeit der Mediennutzung werden weitestgehend ausgeblen-
det, sehr deskriptiver Ansatz
• Rationale Selektionsentscheidung
Die Leute sind kognitiv angetrieben. Bewusste Auswahl was man schauen möchte. Die Selek-
tion läuft aber auch automatisiert, schnell weniger stark rational, weniger stark verbalisierbar
• Reflektionsfähigkeit
Können die Leute das Reflektieren was sie anschauen?

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Non-opinions im Fragebogen – obwohl man keine Meinung hat, Meinung dazu abfragen
• Zeit- und Geldbudget wird vernachlässigt
Geldsituation u. wie viel Zeit man auch hat
• Vermeidung wird ausgeblendet
Es geht um die Einführung u. Nutzung von Informationen medialer Angebote, weniger stark
um die Vermeidung, mit was möchte man sich nicht beschäftigen. Vermeidung von Angebo-
ten sind aber wichtig!

Konsistenztheoretischer Ansatz
• Kognitive Dissonanz ist die Bezeichnung für einen als unangenehm erlebten Zustand, der
durch zueinander im Widerspruch stehende Kognitionen ausgelöst wird. Prinzipiell sind Men-
schen bestrebt, kognitive Dissonanz zu vermeiden, bzw. wenn sie vorliegt, sie wieder abzu-
bauen. Es soll Konsonanz hergestellt werden.
• Theorie der kognitiven Dissonanz (sozialpsychologische Theorie)
o Zwei Aspekte können damit erklärt werden
▪ Auswahl von Inhalten
▪ Selektive Wahrnehmung

Nach diesem Ansatz würden man nur die Medieninhalte auswählen, die konsistent zur bisherigen Ein-
stellung sind. Die Informationsquellen werden ausgewählt, die der eigenen Meinung entsprechen, die
Konsonanz zu dem was man denkt.

Gefahr dabei ist, man bleibt in seiner Bubble → nichts neues/anderes.

Betrifft nicht nur die Auswahl der Medieninformation, sondern auch die Wahrnehmung von bereits
ausgewählten Informationen, was genau liest man da genau, wo schaut man genauer hin.

Eyetracking

Wahrnehmung, Blickverhalten funktioniert automatisiert. Postrezeptiv was hat man genau an-
geschaut. Verbalisierung nicht möglich, da es sich um Millisekunden handelt. Kann so kaum
beeinflusst werden.

Fixation: Zeit in der die Informationsaufnahme erfolgt

Studie zum Eyetracking: Konsistenztheoretischer sagt man, wenn man eher konservativ ist,
müsste man stärker auf Plakate einer konservativen Partei schauen (FPÖ). Wenn man stärker
links orientiert ist, müsste man stärker auf die Plakate von den Grünen schauen. Plakate von
konservativen u. linken werden dabei nebeneinander dargestellt.

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Faktoren, die diesen Effekt abschwächen können:

• Zeit
Leute, die ein hohes Interesse haben, viel Zeit mit der politischen Informationsnutzung ver-
bringen → funktioniert nicht mehr so gut, Erklärungskraft ist beschränkt
• neutrale oder positive Inhalte
Keine Möglichkeit in den Medien, Medienumfeld, Mediensystem, in dem wir leben, ganz
stark die Selektion vorzunehmen → in der Zeitung Beiträge zu linken u. rechten Parteien
• Relevanz der Beiträge
Die Theorie funktioniert bei negativen Inhalten nicht mehr, wird so gesehen ausgeblendet. Ist
stärker beim Doom-Scrolling. Oder wenn mir etwas wichtig ist, liest man es trotzdem – da hat
die konsistenztheoretische Erklärung keinen Effekt.
• Erkennbarkeit
Problem des Erkennens, bei Medienangeboten kann man nicht erkenn ob’s links oder rechts
ist. Bei Zeitungen könnte man es am Autor erkennen, jedoch müsste man sich wirklich sehr
gut auskennen. Erst durchs Lesen, weiß man ob der Text pro/contra der eigenen Meinung ist.
Das Besondere an der Nachrichtenrezeption ist, dass es eine verlässliche Überraschung ist.

Konsistenztheoretisch sind auch Algorithmen, diese haben einen Sinn: Aufmerksamkeitsmaximierung.


Liefert das, wovon der Algorithmus ausgeht, was einen am meisten interessiert. Durch den Algorith-
mus entstehen Möglichkeiten der Auswahl ohne, dass ich bewusst dies so entschieden hätte. Durch die
eigenen Selektionsentscheidungen wird das gespeichert und immer weiter fokussiert. → konsistenz-
theoretisches Phänomen

Was gegen konsistenztheoretischen Ansatz spricht in den sozialen Medien:

• bei viralen Videos (Gewalt, Humor)


• Dinge, die viel geteilt werden, durch Algorithmus als Empfehlung bekomme
• Zufällige stolpern über (politische) Information, betrifft Menschen dir gar keine Politik sehen
möchten oder gewisse Inhalte nicht sehen möchten, wird auch incidental exposure genannt

Neueste Befunde: Zwar lässt sich eindeutig das Phänomen der einstellungskonsistenten Selektion
nachweisen, allerdings zeigt sich nicht, dass einstellungsinkonsistente Informationen vermieden wer-
den (Garrett, 2009; Matthes, 2012)

Selektion und Vermeidung ist nicht das Gleiche!

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Weitere Ansätze

Take home message

Unterschiedliche Prämissen:

• Intentionalität
• Selektion von Unterhaltungs- vs. von Informationsangeboten
• Vermeidung von Informationen

Feststellung von Eilders (1999), dass die Ansätze zur Medienselektion zwar in sich stimmig sind,
„aber in ihrer Erklärungs-kraft insgesamt begrenzt, da die unterschiedlichen Forschungstraditionen je-
weils nur einen oder wenige Aspekte des komplexen Selektionsprozesses beleuchten“ (S. 36).

4. VO – 26.04.2022

Emotionen u. Stimmung Einführung


Stimmung Emotion
Dauer relativ langfristig relativ kurzfristig
Zeitmuster graduelles Einsetzen, rasches Einsetzen, episodisch
kontinuierlich
Intensität relativ schwach relativ stark
Verursachung nicht durch spezifisches verursacht durch spezifisches
Ereignis ausgelöst Ereignis
Funktion liefert Informationen liefert Informationen über
über derzeitigen aktuellen Zustand der
Zustand des Selbst Situation
Gerichtetheit ungerichtet auf konkretes Ziel gerichtet

Emotion:
• wird durch ein spezifisches Ereignis bzw. Ursache ausgelöst
• Rasch sich in bestimmten Situationen einsetzt
• Auf ein konkretes Ziel intentional ausgerichtet ist
• vergleichsweise kurz ist, aber in der Intensität stark ist

Im Englischen mood und emotion oder auch effect. Die Grenze zwischen Stimmung und Emotion ist
nicht immer klar, manchmal sind die Übergänge auch fließend. Es können sich auch mehrere emotio-
nale Erfahrungen zu einer Stimmung verdichten.

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Eine Emotion ist ein qualitativ näher beschreibbarer Komplex aus subjektiven u. objektiven Faktoren,
der mit Veränderungen auf einer oder mehreren Ebenen einhergeht:
• Affektives-subjektives Erleben
Beschreibungen, beschreibbare Erfahrungen wie Gefühle, Ruhe, Erregung, Lust, Unlust kön-
nen verbalisiert werden. Aud dieser Ebene des subjektiven Erlebens äußern sich Emotionen.
• Kognitive Prozesse
Wahrnehmungsprozesse & Bewertungsprozess, wie Situationen eingeschätzt werden
• Psychologische Reaktionen
Erregung, Aufmerksamkeit, Atmung, Herzschlag, Puls, Schwitzen – Emotionen „ablesen“
kann
• Expressives Verhalten
Mimik, Gestik, Körperhaltung
• Verhalten bzw. Verhaltenstendenzen
Motivation zu einer Handlung oder konkrete Handlung wird vorbereitet und tatsächlich auch
vollzogen. Spezifische Emotionen haben spezifische Handlungsimplikationen – bspw. Ge-
wisse Handlungen werden unwahrscheinlich – wenn man Angst empfindet, ist es unwahr-
scheinlich, dass man angreift, bei Ärger sieht es anders aus.

Wir unterscheiden zwischen Primär- u.


Sekundäremotionen

Primäremotionen (Freude, Akzeptanz, Furcht, Überraschung, Traurigkeit, Eckel, Ärger u. Erwar-


tung) bilden die Grundlage für alle anderen Emotionen.

Sekundäremotion entsteht, wenn sich 2 Primäremotionen vermischen.

Primäre Dyaden, Vermischung von 2 unmittelbar nebeneinander liegenden Primäremotionen.

Überraschung u. Traurigkeit → Sekundäremotion Enttäuschung

Furcht u. Überraschung → Sekundäremotion Ehrfurcht

Freude u. Akzeptanz → Vertrauen (Liebe)

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Sekundären Dyaden, die Kombination von 2 Primäremotionen die nicht nebeneinander lie-
gen, sondern weiterweg voneinander sind. Können durch eine Emotion getrennt sein.

Ärger u. Freude → Stolz

Emotionen in der Unterhaltungsforschung

Appraisaltheorien

Emotionen entstehen dann, wenn man Situationen auf eine ganz spezifische Art und Weise bewertet.
Ereignisse werden hinsichtlich bestimmter Aspekte bewertet. Affekte sind das Ergebnis eines (kogniti-
ven) Multilevel Sequential Checking von Situationen.
Emotionstheorie von Lazarus (1991), geht davon aus: Emotionen entstehen auf Basis von weitestge-
hend automatischen, aber auch reflektierten kognitiven Prozessen. Diese kognitiven Prozesse sind Si-
tuationsbewertungen, heißt die Ereignisse, die wir erleben bevor wir eine Emotion empfinden, werden
hinsichtlich ganz spezifischer Aspekte bewertet. Bei der Bewertung unterscheidet man primäre u. se-
kundäre Appraisals:
• Primäre Appraisals (Relevanzeinschätzung – ist etwas wichtig für mich, neu, bekannt, vor-
hersehbar; passiert eher unbewusst; parallel neben anderen kognitiven Prozessen, die ablau-
fen)
• Sekundäre Appraisals (Ursachen u. Konsequenzen; oft bewusst; sequentiell (in einer zeitli-
chen Abfolge) – eine Bewertung kommt nach der anderen)

Folgt man dieser Emotionstheorie, empfindet man bei der Medienrezeption (Film anschauen) eine
Emotion, wenn wir diese konkreten Bewertungen vornehmen. als Ergebnis dieses Bewertungsprozes-
ses, welcher meist nicht bewusst abläuft.

Bsp.:

• Ärger
Entsteht dann, wenn ein Sachverhalt negativ ist. Unterschied zu Traurigkeit – Ärger empfin-
den wir dann, wenn es kontrollierbar gewesen wäre. Es passiert was Negatives man hätte es
aber noch verhindern können. Situation ist negativ, ist kontrollierbar, hat eine hohe Eintretens-
wahrscheinlichkeit und die Verantwortung dafür kann konkret festgelegt werden
• Traurigkeit
Entsteht dann, wenn ein Sachverhalt als negativ bewertet wird, aber ist nicht kontrollierbar
(man kann nichts dagegen tun). Trauer hat eine hohe Eintretenswahrscheinlichkeit und keine
persönliche Verantwortung. Negative Situation, kaum kontrollierbar und wenig in der persön-
lichen Verantwortung.

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Affective Disposition-Theory (Zillman, 1991)

Theorie besagt, dass wir die Verhaltensweisen von Personen in audiovisuellen Kontexten beobach-
ten.→ schauen uns an, wie sich jemand verhält. Die Theorie geht davon aus, dass wir automatisch ein
moralisches Urteil fällen.→ ist jemand gut oder ist jemand böse.

Das moralische Urteil, das Billigen oder Missbilligen einer Handlung, diese Billigung einer Handlung
führt zu einer affektiven Disposition (affective disposition-theory). Man hat eine emotionale Disposi-
tion gegenüber einem Akteur.

Grafik: Obere Linie – sehen etwas/eine Person in einem Film, die eine Handlung vollzieht, wir billi-
gen diese Handlung → positive affektive Reaktion. Positiver Effekt: Liking, Caring, Amity, Entwick-
lung einer emotionalen Bindung zu der Person. Wenn sich die positive affektive Disposition entwi-
ckelt, führt es dazu, dass man hofft, dass die Person auch positive Erfahrung sammeln wird. → positi-
ves erlebt in der Handlung. Man mag den Charakter, hat eine affektive Disposition gegenüber der Per-
son und hofft auf positiven Outcome bzw. fürchte negativen Outcome → antizipiere was passieren
könnte, nehme das dann wahr und bewerte das. Daraus entstehen weitere Emotionen wie Empathie
(bei negativem) oder Euphorie (bei positivem)

Je nachdem welche affektive Disposition man gegenüber einem Akteur in einem Film entwickelt, ent-
stehen dann auf Grund der Dinge, die im Film passieren weitere Emotionen, die sich durch meine af-
fektive Disposition gegenüber dem Dargestellten/dargestellten Person erklären lassen.

Untere Linie - Negativen Effekt: disliking, resenting. Fürchtet einen positiven Outcome bzw. hofft auf
einen negativen Outcome, bewertet dies dann, daraus entstehen dann Dysphorie und Ekpathie. Dies
wird am Ende wieder bewertet, was herausgekommen ist, dies steuert die weiteren emotionalen Reak-
tionen und in Summe entsteht ein Kreislauf über die Zeit.

Mit dem Modell kann man erklären, warum es zu spezifischen Emotionen kommt während eines Un-
terhaltungsangebotes. Rezeptionserlebnisse wie Erleichterung und Enttäuschung am Ende eines Films
mit diesem Modell erklären.

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M. Topić PSYCH SS 2022
Kann auch auf das reale Leben übertragen werden, alles was narrativ ist. Narrativ → immer wenn´s
um eine Geschichte geht. Wenn man etwas von einer anderen Person narrativ miterlebt im realen Le-
ben gilt das Modell gleich.

Kritik am Modell:

• Es kann nicht genau vorhersagen welche Emotion entsteht


• relativ vereinfachte Darstellung (positive u. negative Assoziation)
• Beispiele, die zeigen können, obwohl man das Verhalten eines Akteurs missbilligt, trotzdem
mit dem Akteur mitfiebert

Bsp.: Warum schauen wir uns diesen Film an? - https://www.youtube.com/watch?v=XBjt7hSc9DA

Mood Management Theory (Zillman, 1988)

Die Theorie erklärt im Kern die Selektion von Medienangeboten

Prämissen:

• Individuen seien stets bestrebt, aversive bzw. unangenehme Situationen/Stimmungen jeglicher


Art zu vermeiden.
• Zudem seien sie gleichermaßen bestrebt, belohnende bzw. angenehme Situationen/Stimmun-
gen aufrechtzuhalten oder ihre Intensität zu verstärken.
Traurige Filme werden als angenehm empfunden auf der Meta-Ebene, man spürt die unmittel-
bare Emotion (traurig sein). Auf der Meta-Ebene wird das als angemessen, moralisch richtig
bewertet. Man spricht auch von einem Meta-Appraisal, auf einer übergeordneten Ebene ist
diese emotionale Reaktion vollkommen angemessen. → bei einem traurigen Film zu weinen
ist okay.

Damit kann auch erklärt werden, warum Leute PC-Spiele spielen bei dem sie auf einem angemessenen
Level spielen. Mit der Theorie kann aber weniger erklärt werden, warum man sich Unterhaltungsange-
bote anschaut, bei denen es einem danach schlechter geht.

Mood Management bedeutet Stimmungsregulation. Der Theorie nach wählen wir die Medien in Ab-
hängigkeit unserer eigenen Stimmungslage aus. Wenn es einem gut geht, wählt man eher lustige An-
gebote aus, um die positive Stimmung aufrecht zu halten. Wenn es einem schlecht geht, versucht man
Inhalte auszuwählen, die diesen aggressiven-negativen Zustand beenden werden. Die Auswahl des
Unterhaltungsangebots dient als Stimmungsregulation.

Die Theorie kann sich auch auf Langeweile und andere Erregungs-Zustände beziehen, aber im Grunde
sind wir bestrebt aggressive Situationen zu vermeiden. Personen, die sich in einer negativen Stimmung
befinden, werden Angebote mit einer positiven Valenz nutzen.

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M. Topić PSYCH SS 2022
Kritik an der Theorie:

• Stark hedonistisches Menschenbild – Hedonismus als Grundprinzip als unseres Erlebens und
Handelns
Wollen unser positiv-affektiven Zustand ständig vermehren wollen
• Gewisse Medienselektionen können nicht beschrieben werden wie das Sad-Film Paradoxon
Wieso sollte man sich einen Film anschauen, der eine negative Stimmung noch weitervertieft,

Im geschützten Raum können Emotionen ausgelebt werden. Es hilft auch das eigene Leben zu verar-
beiten, die eigenen Probleme zu verarbeiten, als reflektiven Spiegel zu verwenden.

Sad-Film Paradoxon

Rezipierende können sich trotz Überforderung u. Belastung gut unterhalten fühlen.

Erklärungen:

• Katharsisthese
Geht auf Aristoteles zurück, „Reinigung“, man erlebt diese Emotion als reinigenden Effekt.
Man durchlebt die negative Emotion (Furcht), ohne aber, dass diese Emotion das reale Leben
angreifen würde. Durchs Anschauen eines traurigen Films entfalten sich diese kathartische
Wirkung und man kann ein symbolisches Abreagieren der eigenen Emotionen ausleben.
Auch bei Musik bzw. aggressiver Musik mit Hass, die zur Gewalt aufruft → reinigenden Ef-
fekt, danach ist man friedlich bzw. beruhigt. These sehr anekdotisch und wissenschaftlich
schwer nachzuweisen (Reinigung der Seele, …).
• Persönlichkeit
„Gibt spezifische Leute, die nach spezifischen Emotionen suchen“, es gibt Persönlichkeiten,
die nach extremen emotionalen Erfahrungen suchen → ist wirklich so. In unserer Persönlich-
keit unterscheiden wir uns alle, vor allem, ob man risikoreiches Verhalten gut findet oder eher
risiko-avers agiert in unseren Verhaltensweisen.
Persönlichkeitseigenschaft die in der Medienpsychologie oft genannt wird: Sensation-Seeking
(Sensationslust)
Diese Erklärung greift zu kurz, weil damit würde man zur These gelangen, dass nur bestimmte
Leute traurige Filme als unterhaltsam empfingen würden.
• Sozialer Vergleich
Theorie des sozialen Vergleichs sagt: Durch das Vergleichen mit schlechten gestellten Perso-
nen besser fühlen, heißt ich wäge meine eigene Gefühlswelt ab, vergleich das mit den darge-
stellten Protagonisten und sage/realisiere dann am Ende, dass es mir so schlecht gar nicht geht.
So kann einem traurigen Film auch etwas Positives abgewonnen werden. Ist wie eine berech-
nende Erklärung, weil es einem am Ende besser geht und man zieht was Positives daraus. Dies
würde aber auch bedeuten, wenn ein Aufwärtsvergleich (im realen geht’s mir schlechter als

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der dargestellten Person) gemacht wird sollte man den Film gar nicht schauen, da man negativ
abschneidet.
Nachteil dieser Erklärung: es impliziert, dass dieser soziale Vergleich auch relevant ist für uns.
Emotionen können empfunden werden, obwohl die Situation überhaupt nicht mit dem eigenen
Leben vergleichbar ist – eine extreme Situation, die dargestellt wird, ist keine Vergleichsdi-
mension für sich selbst relevant.
• Attitude-Interpretation
Seine negativen Gefühle als angemessen und normverträglich-sozial erwünscht betrachtet.
Man schaut sich einen traurigen Film an, es fühlt sich gut an, weil es eine sozial erwünschte
Position ist. Mitleid empfinden, man hat ein gutes Gefühl ein emphatischer Mensch zu sein.
Man schaut sich was an, sehe meine emotionale Reaktion und interpretiere diese Reaktion, die
ich habe als eine Aussage über mich selbst.
• Metaemotionen u. Metaapraisals
Die Metaapraisals sind eng mit der Attitude-Interpretation verbunden. Auf einer übergeordne-
ten Ebene empfindet man eine Emotion als angemessen. Eine Metaemotion ist sowas wie eine
Emotion über der Emotion. Welche emotionale Reaktion habe ich, wenn ich meine eigenen
emotionalen Reaktionen bewerte. → Appraisals, bewerte meine ursprüngliche emotionale Re-
aktion und empfinde darauf auf der Metaebene wieder eine Emotion.

Metaebene/Metaapraisals: Beispielstudie (Hofer & Wirth, 2012)

1x2 Design zum Film „Dancer in the Dark“, N= 147 Studierende | happy end & sad end

• Idee - the sad-film paradox can be solved by understanding the mechanism of valence trans-
formation. Valence transformation occurs if one’s emotions are appraised as acceptable,
pleasurable, compatible with the norm, conducive to a goal, attentively observed, etc.,
which, in turn, leads to a positive meta-emotion (i.e., enjoyment.
• Nur bei traurigem Ende muss eine Valenztransformation erfolgen, um den Film genießen zu
können

Analyse zur Studie, oben sind die, welche das traurige Ende gesehen haben und unten sind die, wo das
Happy End gesehen haben. Dies ist ein Mediationsmodell. Mediationsmodell bedeutet, dass zwischen
der unabhängigen Variable und der abhängigen Variable, also in der Mitte ein Mediator dazwischen-
steht. Der Mediator ist hier die Valenztransformation. Unabhängige Variable erklärt die Ausprägung
der mediierten Variablen. Die Mediierten Variablen erklärt die Ausprägung auf der abhängigen Vari-
ablen, ohne der mediierenden Variable gibt’s den Prozess nicht → Zusammenhang zwischen UV und
AV kann nicht erklärt werden.

Man sieht den Film, dies führt zu einer gewissen Bewertung der eigenen gezeigten Emotion (= Media-
tor) und diese Bewertung führt dazu, dass einem der Film gefällt. → enjoyment.

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Trauriges Ende → Signifikanter Effekt (3 Sterne) Je
trauriger ich bin, desto stärker erachte ich es als
normverträglich. Normverträglich erklärt das Enjoy-
ment. Die Valenztransformation findet statt, „ich bin
traurig“ empfinde es aber als normkompatibel. Die-
ses Normkompatibel sorgt dafür, dass man Spaß hat
bei der Filmrezeption.

Happy End → Traurigkeit führt nicht zur Norm-


Komptabilität → kein Effekt der Traurigkeit auf das
Enjoyment

Interpretation der Autoren: Bei einem traurigen


Ende, ich diese Traurigkeit als angemessen bewerte
und diese Bewertung dafür sorgt, dass dem Film etwas abgewinnen kann, Spaß dran haben. → Meta-
appraisals/Appraisal theoretische Erklärung

Auf einer übergeordneten Ebene ist es angemessen und OK diese Emotion zu empfinden und
deswegen haben wir Spaß dabei, wegen dieser übergeordneten Ebene. Auf dieser Ebene fin-
den wir es gut zu erleben und deswegen tun wir es.

Emotionen in der Persuasionsforschung

Heuristische Verarbeitung

Pallak, Murroni & Koch (1983):

Annahme: Emotionsappelle verringern die Intensität der Botschaftsverarbeitung. (Rolle der Emotion
für die Verarbeitung von Botschaften) – positive Affekt verringert die Verarbeitungsreize und so ist
man eher anfällig für heuristische Entscheidungsregeln. Emotionen erhöhen die Aufmerksamkeit für
die dargebotenen Reize und verringern dadurch die Verarbeitungskapazität (machen uns unkritischer
fürs gesehene) und der Einfluss von selbstgenerierten Kontraargumenten wird dadurch geringer, der
Einfluss von heuristischen Entscheidungsregeln (einf. Down-Regeln) wird dadurch erhöht.

Experimentelle Studie: 2 (rationale vs. emotionale Botschaften) x 2 (Kommunikatorexpertise hoch vs.


niedrig) x 2 (Kommunikatorattraktivität hoch vs. niedrig)

Kommunikatorexpertise und Kommunikatorattraktivität sind klassische heuristische Ange-


bote. Wenn Emotionen im Spiel sind, sollten diese Heuristiken (K-Expertise oder K-Attrakti-
vität) eine größere Rolle spielen.

Heuristik – einf. Entscheidung ohne Dinge kritisch zu prüfen oder zu hinterfragen.

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Manipulation:

• Rationalität (Faktenorientierung, nüchterner sachlicher Stil) vs. Emotionalität (Verwendung


von ausdrucksstarken Adjektiven u. Emotionswörtern) einer Werbung für Kopfschmermittel
• Attraktivität (psychische attraktiver vs. unattraktiver Kommunikator)

Pallak, Murroni & Koch (1983): Stimulusmaterial

• Rationaler Appell:

• Emotionaler Appell:

Beschreibungstext für das Stimulusmaterial → kann heute NICHT so gemacht werden, da nicht klar
ist, welche Emotionen es genau waren.

Pallak, Murroni & Koch (1983): Ergebnisse

Zur sehen ist, ein Haupteffekt des rationalen Appells auf die Einstellung zum Produkt.

Der Interaktionseffekt ist entscheidend – Einfluss der Kommunikatorattraktivität auf Produkteinstel-


lung nur beim Emotionsappell (ist überzeugender).

Idee der Studie: Wenn Emotionen im Spiel sind, wird die Verarbeitungsintensität verringert, man ver-
lässt sich dann auf einf. Entscheidungsheuristiken wie die Attraktivität des Kommunikators.

Erklärung zu „Warum in Werbung/Persuasionskampagnen mit Emotionsapellen gearbeitet


wird?“ – die kritische Prüfung, kritische Elaboration soll unterbunden werden. Wenn man
Emotionen empfindet, weil die Emotionen uns kogni-
tiv beanspruchen werden, dafür bleiben weniger Ka-
pazität für die kritische Prüfung → man ist unkriti-
scher, Entscheidung nach Heuristik.

Affect Infusion

Emotionen können Einstellungen beeinflussen, wenn intensiv über etwas nachgedacht wird oder man
hochinvolviert ist.

Verallgemeinerung von Affekteinflüssen im Affect Infusion Model (Forgas, 1995)

Es werden 4 Einstellungsbildungsprozessen unterschieden. Zwei Einstellungsbildprozesse, bei de-


nen Affekteinflüsse auftreten:

1 Heuristische Verarbeitung

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Affect as Information: affektive Reaktion wird als Cue für die Beurteilung von Werbung/des
Produkts verwendet. Bei geringer Verarbeitungsmotivation.
Emotion, wo man selbst empfindet, wird heuristisch verarbeitet. Affekt, den man emp-
findet, wird als Informationsquelle hergenommen für die Einstellung. Geschieht bei
geringer Verarbeitungsmotivation – wenig Motivation haben und oder wenig Ressour-
cen haben, um die Information zu verarbeiten.
Kann erklären warum Emotionen bei niedrig Involvementprodukten so gut funktionie-
ren. Produkte wo wir keine Lust haben was anzuschauen oder nachzudenken (Cola,
Schokoriegel, …). Wenn die Werbung es schafft eine positive affektive Reaktion in
uns auszulösen und wir uns gut fühlen, dann nehmen wir diese positive affektive Re-
aktion als Information für unsere Einstellung gegenüber dem Produkt.
„…bei low-involvement, uns wirklich was wichtig ist, wir uns nicht mehr leiten lassen
von Emotionen fürs Urteil, nur wenn es uns unwichtig ist…“ → stimmt so nicht
„Befragung meines Bauchgefühls, als Heuristik ohne groß nachzudenken bei niedri-
gem Involvement.“
2 Systematische Verarbeitung
Affective Priming: affektive Reaktion führt zu affektkongruenten kognitiven Reaktionen/Ge-
danken, die dann die Einstellung prägen
Man hat eine affektive Reaktion, diese macht es wahrscheinlicher, dass man dazu kon-
gruente Informationen verarbeitet bzw. salient macht. Wenn man in einer Emotion ist,
sind Kognitionen, die dazu kongruent sind (zu dieser Emotion) wahrscheinlicher das
man sie heranzieht.
Passiert auch im Alltag – wenn man schlecht gelaunt ist und so dann auch andere
Dinge negativer bewertet, obwohl sie nichts mit dem Ursprung des negativen Affekts
zu tun haben. Genauso ist es mit dem gut gelaunt/drauf sein.
Hohe Verarbeitungsmotivation! → hoch involviert, der Person ist etwas wichtig, sind
aber in einer positiven/negativen Stimmung und werden je nachdem welche Emotion
sie empfinden, kongruent dazu die Information verarbeiten.
„ich habe eine Emotion, hoch involviert, hohe Fähigkeit/Motivation über das Einstel-
lungsobjekt nachzudenken und trotzdem ist es dann wahrscheinlich, dass man eher
Kognition hat zur kongruenten emotionalen Reaktion.“

Einstellungsbildungsprozesse, bei denen keine Affekteinflüsse auftreten:

• Direct access
Nimm die Voreinstellung zieh sie heraus und nehme sie heran (wie aus Schublade nehmen) 5
• Motivated processing
Man hat eine gewisse Voreinstellung und verarbeitet die Information, so dass es mit der Vor-
einstellung im Einklang steht

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Petty et al. (1993): Design der Experimentalstudie

Affekteinflüsse auf die Einstellung in Abhängigkeit von der Verarbeitungsmotivation.

2 (Stimmung positiv vs. neutral) x 2 (hohes vs. niedriges Involvement)

Manipulation:

• Stimmung: Positive Stimmung induziert durch Cosby Show, neutrale Stimmung durch In-
foprogramm (unrelated affect)
• Involvement: Wahl eines Geschenks aus einer Auswahl der beworbenen Produkte; gering: Ge-
schenk ist eine Probe Instantkaffee, der ebenfalls beworben wird

Petty et al. (1993, S. 16): Ergebnisse

Haupteffekt der Stimmung: in positiver Stimmung wird Produkt besser bewertet


als in neutraler

Einstellung wurde jedoch je nach Involvement unterschiedlich gebildet.

Links: Stimmung hat direkten Einfluss auf die Einstellung, nicht über
die generierten Gedanken.

Rechts: Direkte Effekt der Stimmung auf die Einstellung nicht gibt, der Effekt der Stimmung
mediiert wird durch die positiven Gedanken.

Hohes Involvement heißt man will sich intensiv Gedanken machen, man wird in eine positive
Stimmung versetzt. Führt dazu, dass eher positive Kognitionen generiert werden, diese erklären
dann die Einstellung. → Affective Priming

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5. VO – 03.05.2022

Rezeptionserleben
Warum empfindet man „Wer wird Millionär? / Millionenshow“ als unterhaltsam?

• Bei Promi-Version, Unterhaltung durch Promi aber auch → parasoziale Interaktion


• Humor → löst positiven Affekt aus
• Vergleich mit sich selbst, mitraten „Beteiligung hervorrufen“
• Spannung aufbauen durch Musik
• Rolle des Publikums – Publikumseffekt, man fühlt sich als Teil des Publikums vor Ort

Formulierung der Quizfragen damit Unterhaltung für zuhause da ist

o Nicht zu schwierig und zu leicht → Flow-Konzept

Einführung Unterhaltung als Rezeptionserleben

• Ausgangspunkt:
o Unterhaltung gibt den Gegensatz zwischen „Emotion“ u. „Information“ sowie zwi-
schen „unterhaltend“ u. „ernst“

Unterhaltung ist immer ein subjektives Empfinden. Die Unterhaltung ist nicht ein Merkmal des Pro-
grammangebotes, sie kann nur aus der Rezeptionssicht verstanden werden.

Auch Informationsangebote, Vorlesungen, usw.5 können unterhaltsam sein! Es kann nicht am


Programmangebot festgelegt werden, was unterhaltsam ist und was nicht.

• Eine spezifische Wirkung u. Erlebensweise während der Medienrezeption → Erkennen von


Unterhaltung, nicht durch ein Merkmal eines P-Angebotes
• Bosshart u. Maccconi (1998, S. 4) – Erlebensweise ausmacht/Unterhaltungsgefühl beschrei-
ben:
o “Psychological relaxation – it is restful, refreshing, light, distracting
o Change and diversion – it offers variety and diversity → Vielfalt
o Stimulation – it its dynamic, interesting, exciting, thrilling
o Fun – it is merry, amusing, funny
o Atmosphere – it is beautiful, good, pleasant, comfortable
o Joy – it is happy, cheerful”.

Inhaltsanalytisch kodiert werden können “Fun“ bzw. positive Emotionen. Lt. Matthes lässt sich Unter-
haltung nicht kodieren, gibt aber Studien, die das Behaupten/tun.

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M. Topić PSYCH SS 2022

Im Kern des Rezeptionsempfindens entsteht das Rezeptionsvergnügen/enjoyment → manifestiert


sich in Heiterkeit, Spannung aber auch in Trauer – Nachdenklichkeit → kognitives Involvement.
Sensorisches Vergnügen, Leistung, Kontrolle und Selbstwirksamkeit. Entscheidend ist aber, dass
die Unterhaltung eine positive Valenz aufweist. → als vergnügliches, angenehmes empfinden → des-
wegen auch Rezeptionsvergnügen. Dies kann sich auf verschiedenen Dimensionen widerspiegeln.

Psychologischen Dimension: psychologische Entspannung bei der Unterhaltung empfinden

Emotionalen Dimension: geht um die positiven Emotionen und auch negativen Emotionen,
die als unterhaltsam empfunden werden (Sad-Film-Paradoxon)

Affektive Dimension: Emotionen, die empfunden werden während der Rezeption. Sind meist
positive Emotionen. Wenn es negative Emotionen sind werden sie aus der Metasicht als posi-
tiv empfunden.

Kognitive Dimension: wissensgewinn, intellektuelle Anstrengung (ein Quiz als unterhaltsam


empfinden, optimale Mischung aus Einfachheit und Schwierigkeit)

Soziale Dimension: Unterhaltenserlebnis, Beziehung die zu anderen aufgebaut wird, Identifi-


kation mit dargestellten Akteuren im Unterhaltungsangebot

Unterhaltung kann nicht am Inhalt festgemacht werden und sie äußert sich auf verschiedenen Dimensi-
onen.

Rezeptionserleben – Flow

Flow-Theorie von Csikszentmihalyi (1975;1990)

Wurde primär nicht entwickelt, um Unterhaltungserleben zu erklären, sondern dass Künstler in ihrem
kreativen Schaffen vollkommen aufgehen und von der ihn umgebenden Welt loslösen. →

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Vollkommene auflösen der künstlerischen Tätigkeit, aufgehen im künstlerischen Schaffen, vergisst
komplett die Zeit, empfindet optimale Anforderung.

Gibt auch Flow-Phänomene bei der Arbeit und bei PC-Spielen → im Film sein, im Flow-Erleben sein,
optimal gefordert (nicht unter- oder überfordert), Zeit vergessen → stundenlang zocken ohne Bezug
zur Außenwelt, als angenehm empfinden.

Jegliche extrinsische Motivation ist beim Flow ausgeschaltet/spielt keine Rolle. „Man malt das Bild
nicht wegen dem Verkauf, sondern sie sind in dieser Situation gefangen, tun es aus einer intrinsischen
Motivation raus“ → wird auch als Phänomen „der Welt entrücken“ genannt → immersiver Zustand,
man ist in der Situation und der Welt entrückt.

Extrinsische Motivation = man tut etwas damit man ein instrumentelles Ziel erreicht – Bsp. man macht
Musik damit später Geld damit verdient werden kann.

• Wahrnehmungs- und Verarbeitungsfähigkeiten der Rezipierenden müssen mit der Schwierig-


keit bzw. der Komplexität des Medienangebots korrespondieren, damit sich ein so genanntes
Flow-Erleben einstellen kann (vgl. Abb. 2) → Müssen optimal korrespondieren!
• stark involvierte, aufmerksamkeits-absorbierende, aber dennoch unangestrengte Beschäfti-
gung mit dem Medienangebot → Man ist voll involviert, aber man empfindet es als locker/an-
genehm
• Mediennutzung erfolgt rein hedonistisch und nicht instrumentell (Nakamura & Csikszentmi-
halyi, 2002) → Handlung an sich ist ausreichend als Ziel-Begründung

Beschreibung/Merkmale vom Flow-Konzept

(1) Intensive fokussierte Konzentration auf die eigene Handlung (beim Bild malen voller Fokus
darauf), damit verbunden ist auch das Zusammenfallen von Handeln u. Aufmerksamkeit (Auf-
merksamkeit ist auf die Handlung ausgerichtet)
(2) Verlust von Zeitgefühl → Zeit wird als schneller verlaufend wahrgenommen
(3) Handlung wird als intrinsisch belohnend wahrgenommen, Handlung an sich ist ausreichend
als Ziel/Grund → es gibt keinen extrinsischen Grund warum was tut

Unterschied zw. Unterhaltungserleben und Flow-Konzept

Betrifft das Ausmaß, in dem man eigene Handlungen vollzieht.

Flow-Konzept – wenn es tatsächlich um Medienhandeln geht (Millionenshow eigenes Mitra-


ten), Handlungen die Rezipienten selbst ausführen können → selbst handeln

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Optimale Mischung aus den eigenen Fähigkeiten und den Schwierigkeiten hat, wenn dies optimal kor-
respondiert. → Flow und somit auch Unterhaltungserleben, weder überfordert noch unterfordert

Boredom/Langeweile – hohe Fähigkeiten, wenig Forderung (Unterforderung) → PC-Spiel langweilig,


kein Flow

Anxiety eig. Überforderung, Belastung – hohe Forderung wenig Fähigkeiten

(Humor stellt sich sein, wenn man kognitiv in der Lage ist es aufzulösen → dann ist es lustig)

Merkmale, die Schwierigkeit eines Medienangebotes beeinflussen (vgl. Sherry, 2004):

• Komplexität der Information → wie schwierig ist es die Information zu verarbeiten


• Schnelligkeit der Information → wie schnell wird die Information dargeboten
• Unverständlichkeit der Information → wie verständlich ist die Information
• Brüchen mit Kompositions-/Produktionsregeln/formalen Charakteristiken → Bsp. Brüche bei
einem Krimi, so dass man den Überblick als Rezipient verliert
• Unlogische Abfolge
Lt. Früh - müssen nicht unbedingt das Unterhaltungserleben kaputt machen. Bsp. James Bond,
Sprung aus dem Flugzeug → Konzept Suspension of disbelief – wir sind in der Lage den dis-
belief/Unsinnigkeit auszublenden und trotzdem aus einer positiven/hedonistischer Emotion
heraus, eine schöne Zeit haben. Oder wird auf einer Metaebene empfunden → finde es lustig,
dass er ausm Flugzeug springt

Merkmale der Mediennutzern die wahrgenommene Schwierigkeit eines Medienangebots beeinflussen:

• Lernen von Dekodierungsregeln


• Erfahrung, Sozialisation
• Angeborene u. antrainierte Fähigkeiten
• Motivation zur Auseinandersetzung → spielt auch eine große Rolle, möchte man das auflösen

In der Originaltheorie geht es um ein Aufgehen im Tun/Handeln und nicht um Medienrezeption. Das
Konzept macht besonders Sinn bei interaktiven Medienangeboten, wo tatsächlich gehandelt wird, da
kann es gut erklärt werden. Bsp.: PC-Spiele

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Rezeptionserleben – Unterhaltung als Makroemotion

Triadisch-dynamische Unterhaltungstheorie

Grundidee: Unterhaltung stellt sich auf eine Metaebene ein. Immer dann, wenn man in der Auseinan-
dersetzung mit dem Medieninhalt ist und dabei empfindet man die Rezeption als angemessen und man
ist Souverän in dem was man tut.

• 2 Ebenen, auf denen Emotionen entstehen könne (Früh, 2003):


o Auf Mikroebene können im Zuge der Rezeption sequenz- u. szenenweise unterschied-
lichste emotionale Zustände (Freude, Trauer, Ärger) entstehen u. nacheinander erlebt
werden
Man empfindet diese Emotionen ständig auf der Mikroebene (wie beim Sad-Film-Pa-
radoxon)
o Auf Metaebene stellt sich Unterhaltungserleben als so genannte Makroemotion im
Verlauf der Rezeption einstellt. → wenn:
▪ (A) Als angemessen empfunden wird und
▪ (B) Man das Gefühl hat man kann sie beherrschen, man hat immer noch die
Souveräne Kontrolle
Dann fühlt man sich unterhalten. Man kann Spaß, Trauer, Stolz, Neugier, Misstrauen,
Hoffnung, Überraschung usw. auf einer Mikroebene empfinden und man bewertet
diese Emotion auf einer Metaebene angemessen. Durch die Bewertung entsteht das
Unterhaltungsgefühl nach Früh.

Lt. Früh muss man Unterhaltung verstehen in dem man den ganzen Rezeptionsprozess anschaut. Wäh-
rend das Anschauen eines Films gibt es ein ständiges hin und her in der Sequenz. Verschiedene Emoti-
onen, es gibt ein auf und ab. Man checkt dabei, wie in einem Kontrollzentrum, ob das Ganze für einen
Sinn ergibt oder das Ganze situativpassend und zweckdienlich empfinde. Es werden also ständige
Checks gemacht, ob das als situativpassend oder zweckdienlich empfinden, die Emotion, die man hat.

Bsp.: Emotion der Trauer bei der Rezeption empfunden wird und man fängt an zu weinen,
wird aber auf der Metaebene als angemessen und zweckdienlich empfunden, ist es unterhalt-
sam.

Wird man aber bei der Rezeption an die eigene Lebenssituation erinnert und fängt auch an zu
weinen, weil man selbst sehr traurig ist und verliert dabei das Gefühl, dies kontrollieren zu
können, wird es womöglich nicht mehr als unterhaltsam empfunden. Man verliert die Kon-
trolle.

Früh geht von einer kognitiven affektiven Trägheit aus, man hat keine Lust sein Unterhaltungserle-
ben zu riskieren nur aufgrund einer Emotion, die als unangemessen empfunden wird. Man kann

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trotzdem Unterhaltung empfinden, obwohl man einzelne Segmente in diesen Episoden (immer im Pro-
zess sehen, typisch für die Theorie) als furchtbar empfindet oder die Kontrolle verliert.

Keine Lust, fehlende Motivation die Rezeptionshaltung ständig zu ändern → kognitive


affektive Trägheit

Bsp.: Beim Serie schauen und es kommt eine Szene, die einem nicht wirklich passt. Man gibt
aber nicht auch, lasst es über sich gehen bzw. schaut weiter, weil man kognitiv affektiv träge
ist und nicht alles verändern möchte. Man empfindet es trotzdem als unterhaltsam, man tole-
riert die einzelne Emotion in der Hoffnung das andere Emotionen auf der Metaebene angemes-
sen empfunden werden. Es ist aber trotzdem unterhaltsam

Auf der Mikroebene ist der Zeitverlauf, im Zeitverlauf eines Films, Unterhaltungsangebotes, Doku,
usw. hat man verschiedene Emotionen, die man empfindet (Misstrauen, Spaß/Freude, Stolz, Ärger,
Genugtuung, Überraschung) und das ganze bewertet man auf einer Metaebene. → Sich fragen, hat
man das unter Kontrolle (bin ich souverän?) und ist es zweckdienlich/passt es auf einer Metaebene.
Wenn beides bejaht wird, stellt sich Unterhaltung ein.

Früh spricht hier von der Makroemotion Unterhaltung. Metaebene → = Makroemotion von Früh

In der VO: lt. Matthes ist Meta der bessere/sinnvollere Begriff als Makro

Gibt noch Bewertungs- und Kommentierungsprozesse, die auch das Unterhaltungserleben verstärken,
wenn Selbstreferenzen zur eigenen Person vorgenommen werden. → Ich-Bezug, Bezüge auf das ei-
gene Leben.

Kritik am Modell

• kann schwer operationalisiert werden


• eher theoretisches Modell
• kann daher schwerer empirisch messbar gemacht werden

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„triadisches Fitting“

Ähnlich wie beim Sad-Film-Paradoxon mit dem Metaapraisals gesprochen wird mit dem Bewertungs-
prozess. Hier ständig während der Rezeption kontrolliert, ob:

• (1) das Medienangebot mit seinen Eigenschaften bzw. seinem Unterhaltungspotenzial zu


• (2) den Bedürfnissen, Vorstellungen, Erwartungen sowie dem aktuellen Energiebudget der
Zuschauer sowie
• (3) zur aktuellen Situation bzw. dem situativen u. sozialen Umfeld passt

Bsp.: Beim rezipieren eines Films in einem falschen sozialen Umfeld dazu ist, kann es sein, dass
es nicht als unterhaltsam empfunden wird. Weil gemerkt wird, dass das Unterhaltungsangebot ge-
messen an den Bedürfnissen nicht zum sozialen Umfeld passt. Sport: Spiel einer Mannschaft an-
schaut, ist aber umgeben von gegnerischen Fans → nicht unterhaltsam, passt nicht zum eigenen
sozialen Umfeld.

Es wird ständig kontrolliert, ob das Medienangebot meinen Bedürfnissen entspricht bzw. zu


meiner aktuellen Situation passt. Wenn dies nicht der Fall ist bzw. einer dieser Aspekte nicht
gegeben ist, stellt sich kein Unterhaltungserleben ein.

Die ersten zwei Punkte klingen nach dem Nutzen- u. Belohnungsansatzes.

Take home message Rezeptionserleben

Klassische Ansatz: Befriedigung hedonischer Bedürfnisse an und erklären Unterhaltung (im Sinne von
„Enjoyment“) über eine Optimierung von Stimmungs-, Erregungs- und Flowzuständen.

Kognitionen spielen eine zentrale Rolle bei der Genese von Unterhaltungserleben

Entscheidend ist nicht stets das unmittelbare Erleben des Medienangebots, sondern in vielen Fällen
eher das reflektierte (Meta-)Erleben

Information und Unterhaltung sind vor diesem Hintergrund keine Gegensätze

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M. Topić PSYCH SS 2022
6. VO – 10.05.2022

Medienfiguren
Medienfiguren – Grundlagen

• Grundannahme aus den 50er: Rezipierende fühlen sich von Medienfiguren sozial angespro-
chen bzw. adressiert
Von Nachrichtensprechern/Moderatoren, durch das TV eine Emotion vermittelt bekommen
eine face-to-face-Interaktion zwischen den Zuschauern und Medienpersonen/Figuren.
In der Forschung werden Medienfiguren Persona (Singular) oder Personae (Plural) genannt.
• gleiche Schlüsselreize wie in realen Interaktionssituationen:
o (1) die dargestellte räumliche Distanz zur Person
Im TV werden Köpfe der Moderatoren heran gezoomt und somit groß erscheinen, wie
in der realen face-to-face Interaktion. Bsp.: Politiker
o (2) die non-verbale Bezugnahme
Körperhaltung der Medienfiguren; Blick wird dem Rezipienten zugeworfen, obwohl
die Medienfigur den Blick in die Kamera richtet
o (3) die verbale Bezugnahme
Gefühl, dass man direkt adressiert wird, direkt angesprochen
• Horton und Wohl (1956): Zuschauer verhalten sich gegenüber den TV-Personen ähnlich wie
gegenüber „realen“ Menschen → Gestik u. Mimik kamen von Rezipienten zurück, obwohl es
eine dargestellte räumliche Distanz gibt.
Grund: Es gibt die gleichen bzw. sehr ähnliche Schlüsselreize wie in der realen Interaktionssi-
tuation.

Durch die Kombination der Schlüsselreize entsteht eine parasoziale Interaktion – das Gefühl man
wird direkt angesprochen, obwohl die Person nur im TV präsent ist und einen nicht sehen kann.

Medienfiguren – Parasoziale Interkationen u. Beziehungen

• parasoziale Interaktion: unmittelbare, während der Rezeption stattfindende ‚Begegnung‘ zwi-


schen Rezipienten und Medienakteur
man verhält sich wie in einer echten Interaktion,
Social-Media: stark parasoziale Interaktion → folgen, liken, kommentieren aber nicht wirklich
kennen
• parasoziale Beziehung: die über die einzelne ‚Begegnung‘ hinausgehende Bindung des Zu-
schauers an eine Persona; „eine durch Gewohnheit, kognitive Operationen und Emotionen
vermittelte situationsübergreifende Bindung“ (Krotz, 1996)

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kann auch als „Beziehung“ genannt werden, obwohl man sich nicht kennt. Beziehung zu einer
Person die einen nicht kennt, aber für einen ähnliche Funktionen erfüllt wie in der realen Be-
ziehung.
Man fühlt sie wie bei Horton und Wohl angesprochen, verbal und non-verbal adressiert und
man hat auf längere Sicht eine emotionale Beziehung zu der dargestellten Person.
• PSI beeinflusst PSB, PSB beeinflusst PSI („Kreis- Prozess-Modell“, Gleich, 1997,)

Vorteil von parasozialer Beziehung:

• Reaktion der Person/Figur ist erwartbar, man weiß was für Content ungefähr kommt, kaum
Überraschungen (Influencer mit Party, Musik, Haul-Videos→ erwartbar)
• Kontrollierbarkeit liegt auf Seiten der Rezipienten
Man zieht sich das positive heraus, Probleme/Aufwand von einer realen Beziehung entfallen
Man kann einem nichts Negatives sagen, wird so akzeptiert wie man ist
Selbst entscheiden, wie man die Beziehung gestaltet, kann so die Beziehungen in einem schüt-
zenden Raum führen, man zieht sich die positiven Aspekte raus
• Unverbindlichkeit, man ist zu nichts verpflichtet
• Anspruchs- und Risikolosigkeit, niemand hat Anspruch auf einen und für sich selbst geht
man ein geringes Risiko ein, weil man selbst entscheidet, wann, wie oft, wo und wie lange
man sich mit der Medienfigur beschäftigt
• Beziehung kann jederzeit kommentarlos abgebrochen werden, ohne mit den Erwartungen von
anderen Menschen sich befassen mit denen man eine echte Beziehung hat
• Vertrauen zu der dargestellten Person → man lässt sich eher überzeugen (Influencer)

Risiko von parasozialer Beziehung

• Möglicher Nachteil für reale Beziehungen, da Beziehungen nur in der virtualen Welt gepflegt
werden und anders laufen (besser da weniger aufwändig)
• Medienfigur hört auf Content zu produzieren, hat man ein Problem → auch parasocial
breakup genannt, von heute auf morgen ist Schluss
• Kontrollierbarkeit auf der eigenen Seite kann zur Abhängigkeit werden, da man sich zu stark
in die mediale Welt verliert
• Keine/kaum Möglichkeit nachzufragen, keine echte Interaktion

Prädikatoren

• Task attraction: wertvolle Informationen über Aufgaben, die das Publikum bewältigen
möchte
Influencer sind erfolgreich, wenn sie es schaffen in der Aufgabe, in der sie da sind, gute Tipps
zu geben. Einem zu helfen, dass was man möchte von ihnen zu bewältigen. Mode, Kochen,
Lifestyle, usw. ist ihr Task – in dem müssen sie gut sein

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M. Topić PSYCH SS 2022

• Social attraction: wahrgenommene Ähnlichkeit u. sozialen Status


2 Indikatoren:
o Ähnlichkeit zu einem selbst: Menschen neigen dazu anderen zu folgen/wahrzuneh-
men, die einem ähnlich sind
o Soziale Status: dieser wird bei einem Influencer abgelesen durch die Follower-Zahl
• Physical attraction: physical characteristics and facial appearance
Spielt eine große Rolle

Gibt aber auch Influencer die von Hate leben → Hater-Community haben – Bsp.: Drachenlord

Parasoziale Interaktion (PSI) und Parasoziale Beziehung (PSB) entstehen in einem spiralförmigen Ab-
hängigkeitsverhältnis. Wenn man eine Interkation hat mit einer parasozialen Person und diese Interka-
tion wird wiederholt, entsteht eine Beziehung. Diese Beziehung führt wieder zu mehreren Interaktio-
nen und stärkt die Beziehung. Man kommt in einen Spiralprozess rein.

Gleich wie im normalen Leben, man lernt jmd. kennen, trifft die Person wieder, entwickelt eine Art
von Beziehung und lernt die Person immer besser kennen. Man arbeitet sich bei der Person emotional
ab, man gewöhnt sich an sie wie bei einem Bekannten/Freundin.

Extreme PSI/PSB: Grenze zu pathologischen (psychologisch gesehen problematisch) Phänomenen


fließend

• Neigung bei vereinsamten Personen vermutet


Noch stärker in PSB einzugehen → schwerer im realen Leben soziale Beziehungen zu pflegen
(eig. Hauptaufgabe)
• Provokation durch spezifische Verhaltensweisen der Persona
Persona wollen Follower und sind an der Bindung interessiert, Content bieten, Feedback usw.

Problematisch wird es, wenn man eine Beziehung hat mit einer Person, wo am Ende psychosozial ge-
sehen man mehr Schaden nimmt als Nutzen. Bei einer PSB kann man sich viel rausholen → Tipps fürs
Leben (Geschichte/Einblicke von Influencer). Es kann, aber auch passieren, dass die Beziehung eine
extreme Form annimmt aus Sicht der Rezipierenden, so dass es schwer wird Realität und Nicht-mehr-
Realität zu unterscheiden → Rezipient denk es handelt es einen echten Freund.

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M. Topić PSYCH SS 2022
PSI/PSB unterscheiden sich nach:

• Art der Person (Figur, Typ, Darsteller; fiktional/non-fiktional; menschlich/künstlich)


Zu einem CGI eine PSB aufbauen ist genauso möglich wie zu einer Serienfigur z.B. Termina-
tor.
• Valenz
Positive oder negative PSB – man fokussiert sich auf die positive PSB, gibt aber auch negative
PSB
• Intensität
Starke oder schwache Beziehung – wie stark trifft es einen?
• Struktur
In welcher Struktur begegnet man dieser Person? In welchen zeitlichen strukturellen Abfolgen
kommt man mit der Person in Kontakt.

Counterempathie = nicht hineinversetzen in eine Person, das Gegenteil von Empathie (= versuchen zu
verstehen was andere fühlen, denken)

Die PSI-Scale von Rubin, Perse & Powell (1985):

• Manchmal passiert es mir, dass ich in Gedanken oder auch tatsächlich irgendetwas zu
[NAME] sage.
• Wenn ich [NAME] im Fernsehen sehe, kommt es mir vor, als wenn ich mit Freunden wäre,
dann fühle ich mich wohl.
• Es kommt sogar vor, dass ich [NAME] vermisse, wenn er/sie längere Zeit nicht auf dem Bild-
schirm erscheint.
• Ich habe das Gefühl, [NAME] ist für mich so etwas wie ein „guter alter Freund“.
• Beim Anschauen der Sendung kann ich mir immer gut ein Bild über [NAME] machen (z.B.
über ihre/seine Persönlichkeit).
• Eine lockere Atmosphäre, z.B. wenn [NAME] mal einen kleinen Witz macht oder persönliche
Dinge erzählt, gefällt mir gut - es macht das Anschauen der Sendung angenehmer.

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M. Topić PSYCH SS 2022

• Ich freue mich darauf, [NAME] beim nächsten Mal wieder in der Sendung zu sehen.
• Wenn in Zeitungen oder Zeitschriften etwas über [NAME] stünde, würde ich es auf jeden Fall
lesen.
• Wenn [NAME] seine/ihre Meinung oder auch persönliche Gefühle zum Ausdruck bringt, ist
die Sendung für mich attraktiver.
• Ich finde es angenehm, die Stimme von [NAME] zu Hause zu hören.

Medienfiguren – Befunde

Wichtige Einflussfaktoren:

• Geschlecht
Forschung v. den Influencern – man geht eher eine PSB mit einem Mann ein, weil mehr Män-
ner in den Medien dargestellt wurden als Frauen, Darstellung der Frauen als Status war
schlechter,
Männer wählen mehr Männer als PSB-Partner als Frauen. Auch Frauen wählen mehr Männer
als PSB-Partner im Vergleich zu weiblichem PSB-Partner.
• Freizeitaktivitäten
Es sich, dass PSB mit der Abnahme von Freizeitaktivitäten und sozialen Kontakten, zuneh-
men. Je weniger man soziale Kontakte und Freizeitaktivitäten man hat, desto höher die Wahr-
scheinlichkeit für PSB.
o Erklärung: Ältere Menschen sind weniger mobiler (Radius wird kleiner), die Bezie-
hungsbedürfnisse sind trotzdem da → Beziehung verschiebt sich in den parasozialen
Bereich und weg vom sozialen Bereich.
• Bildung
• Eigenschaften der Personae
Bei Influencer – 3 Dimensionen (task attraction, social attraction, physical attraction)
• Diskussion über des Medienangebotes
Je stärker wir darüber reden/diskutieren mit anderen, wie stark die Anschlusskommunikation
erfolgt
• Realismus des Angebotes
Wie stark man das auf sein eigenes Leben übertragen kann → auch mit task attraction be-
schreiben
Auch CGI – ist zwar fiktiv, aber können trotzdem was Sinnvolles übers Leben sagen
• Soziale Status
Kann auch heißen, dass die Person hat Eigenschaften, die ich auch gerne hätte, irgendwie zu
der Person hinaufschaue (Aussehen, …)
o Influencer – Follower, Reichweite, Partnerverträge, …

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M. Topić PSYCH SS 2022
o Celebrity – Wunsch haben so zu sein wie die Person

Studie von Gleich, 1996

Studie aus den 90er, wie stark sind gewisse Eigen-


schaften (Vertrauen, Leidenschaft, Nähe/Kontakt,
Ideal, Int. Anregung, Charakter u. Soziabilität) im
Vergleich bei besten Freunden, gute Nachbarn u.
TV-Person. Damals waren es TV-Charaktere, da
ist das Ausmaß der Interaktivität viel geringer als
bei Influencern heute.

Es zeigt sich: Emotionale Zuschreibungen bei einer TV-Person sehr ähnlich ist, wie bei einem guten
Nachbarn. → Person, zu der man eine PSB aufbaut, wird im Blick auf charakterliche Eigenschaften
Nähe und Vertrauen ungefähr ähnlich wie gute Nachbarn, aber nicht so positiv wie Freunde gesehen.

Take home Message Medienfiguren

• Da PSI als interpersonales Involvement mit kognitiven, affektiven, konativen Dimensionen


• PSI treten genauso bei nicht-unterhaltenden Medienangeboten auf, dort aber wahrscheinlich
mit anderer Komplexität, Intensität und Dynamik (gemeint sind politische Medienangebote)
• PSB zu Personae in Unterhaltungskontexten häufiger und nachhaltiger, da in der Regel emoti-
onaler
• PSB erklärt z.B. Fantum und Vermarktungspotenzial von Medienpersonen
CGI → Marketing, Kaufempfehlung, enormes Persuasionspotenzial

7. VO – 24.05.2022

Verarbeitung persuasiver Kommunikation


Persuasive Kommunikation – eine Person eine Überzeugung in Bezug auf eine Position/Idee vertritt
und Ziel hat kurz-, lang- oder mittelfristig auf die Rezipienten zu übertragen, häufig auch das Ziel hat
die Rezipienten zu beeinflussen.

Persuasionsforschung – wissenschaftlichen Erforschung zur Rezeption und Wirkung von persuasiver


Kommunikation auf Wahrnehmung, kognitive, affektive Aspekte der Informationsverarbeitung. Sowie
Einstellung und Verhalten.

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M. Topić PSYCH SS 2022
Bei der Medienpsychologie geht es um die Wahrnehmung, kognitive, affektive Aspekte der
Informationsverarbeitung. Aber weniger stark um Einstellung u. Verhalten, bzw. nicht im
Zentrum stehen.

Grundlagen

• Definition Einstellung: Einstellungen sind zusammenfassende Bewertungen von Menschen,


Sachverhalten und Dingen (Bohner & Wänke, 2002, S. 5) → Evaluative Komponente, ob man
etwas gut oder schlecht findet. → macht Einstellung aus
Einstellungen im Informationsverarbeitungssystem abgebildet → Einstellung ist ähnlich wie
Wissenseinheiten durch ein Netzwerk von Assoziationen im Gedächtnis verknüpft sind. Ein-
stellung vorstellen als Verknüpfung zwischen dem Einstellungsobjekt und der negativen/posi-
tiven Bewertung.
Einstellung = Evaluation von Einstellungsobjekt
Evaluation = negative/positive Bewertung
Je stärker die Verknüpfung ist, desto leichter ist die Einstellung abrufbar in unserem Gedächt-
nis.
Oftmals passiert es, dass die Informationen zu einem Einstellungsobjekt (bspw. Politik) affek-
tiv aufgeladen ist und automatisch diese Affekte mitaktiviert werden.
• Hauptkomponenten von Einstellungen
o kognitive Komponente: Wissen
Gedanken, Wissensbestände oder Stereotype zu einem Einstellungsobjekt
o affektive Komponente: Bewertung
Gefühle oder Emotionen gegenüber einem Objekt
o konative / Verhaltenskomponente
Handlungen und Verhalten in Bezug auf das Einstellungsobjekt
Die 3 Komponenten werden getrennt, weil sie auch getrennt voneinander erfassbar sind, je-
doch korrelieren sie in der Regel stark. Menschen, die eine positive Einstellung zu einem best.
politischen Thema haben, auch positive Gedanke und Emotionen zu Thema generieren wer-
den. → so auch bei Abstimmung/Wahlen entsprechend verhalten werden
• 2 Hauptauffassungen der Einstellungsforschung, vereinfacht
o „file drawer-model“ - Einstellung zeitlich überdauernd ist und aus dem Gedächtnis
aufgerufen werden können (wie aus einer Schublade)
Medienwirkungsforschung ist lange davon ausgegangen, dass sich Einstellung sehr
schwer verändern lässt, weil es zeitlich überdauernde stabile Konstrukte sind, die man
aus dem „file drawer“ rausholt und auf ein Einstellungsobjekt anwendet.
o „attitude as construction-model“ – immer dann, wenn man ein Einstellungsobjekt
sieht, diese Einstellung neu konstruiert und neugebildet wird. In Abhängigkeit von

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M. Topić PSYCH SS 2022
den Informationen die gerade dem Informationsverarbeitungssystem kognitiv verfüg-
bar sind.
Geht aber auch davon aus, dass es stabile gefestigte Einstellungen gibt, die sich
schwer ändern lassen. WEIL: Immer und immer wieder die gleichen Informationen
zur Bildung einer Einstellung hat, dann sind diese Kognitionen viel leichter in dem
Informationsverarbeitungssystem verfügbar, sind automatisch mit dieser Einstellung
verknüpft.
Auch chronisch verfügbare Einstellungen können geändert werden, wenn diese stän-
dig verfügbare Konzepte in Vergessenheit geraten und durch andere Kognitio-
nen/Konzepte ergänzt werden.
Handelt sich um eine modernere Auffassung als dass „file drawer-model“.
Unterschied zu den 2 Konzepten, wie stark sich die Einstellung verändern lässt.
o „file drawer-model“: Unabhängig davon mit welchen Informationen man in den Me-
dien konfrontiert wird, die Einstellung herausgreift und auf das Einstellungsobjekt an-
wendet. → Medieneffekte sehr wenig wahrscheinlich
o „attitude as construction-model“: Einstellung wird immer wieder neugebildet, je nach-
dem welche Informationen verfügbar sind. Damit die Verfügbarkeit von Informatio-
nen ganz entscheidend durch Medieninhalte gesteuert werden kann. Heißt, wenn Me-
dien permanent gewisse Informationen verfügbar machen, wirds wahrscheinlicher das
die Rezipienten dies herzanziehen, wenn sie ihre Einstellung ausbilden.
• Funktionen von Einstellungen:
o Wissensorganisation: Kategorisieren und Verstehen von Informationen (ähnlich
wie Schemata) – ohne Einstellungen hätte man Probleme Wissen und Denken zu or-
ganisieren
o Funktion für soziale Identität: Ausdrücken von Wertvorstellungen, Zugehörigkeit
zu best. Gruppe – wie man sich selbst definiert in einem sozialen Raum, dafür sind
Einstellungen ebenfalls entscheidend

Zweiprozessmodelle

Elaboration Likelihood Modell (ELM)

Grundgedanke: Je nach Voraussetzung Persuasionsbotschaften auf unterschiedliche Art und Weise


verarbeitet werden, diese Verarbeitungsweisen unterscheiden sich in Bezug auf den kognitiven Auf-
wand und kognitiven Prozesse, die ablaufen. Zu den Zweiprozessmodellen gehört, dass Modell der
Elaborationswahrscheinlichkeit, werden 2 Routen unterschieden.

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M. Topić PSYCH SS 2022

• 2 Routen der Informationsverarbeitung


o Zentrale Route: hohes Involvement → hohe Motivation, hohe Fähigkeit zur Verar-
beitung → man denkt sorgfältig über die dargebotene Information nach, setzt sich mit
den Vorstellungen darüber auseinander und leitet davon die Einstellung ab
Die Argumente sind für die Einstellung ganz entscheidend, nur starke Argumente
können dazu führen, dass eine Persuasion erfolgt. Zeitlich überdauernder Effekt.
o Periphere Route: niedriges Involvement → schwache Motivation, geringe Fähigkeit
zur Verarbeitung → Information wird beiläufig wahrgenommen und orientieren sich
an Augenscheinlichkeiten/Auffälligkeiten.
Heuristische Hinweisreize sind hier entscheidend, dies sind periphere Eigenschaften
von Botschaften – Glaubwürdigkeit/Sympathie/Humor des Kommunikators oder visu-
elle Aspekte die schlussendlich einen Einfluss ausüben, ob es zu einer Persuasion
dann kommt. Kurzfristige Effekte.

Vereinfachte Darstellung des ELM.

Persuasionsbotschaft ist da und die Frage stellt sich, ob es eine Motivation gibt diese zu verarbeiten.
Wenn eine Motivation da ist, stellt sich die Frage, ob die Fähigkeit gegeben ist, die Botschaft zu verar-
beiten. Wenn keine Fähigkeit gegeben ist, ist es wieder die periphere Route.

Wenn Motivation und Fähigkeit hoch sind → zentrale Route. Bedeutet, dass die Argumente entschei-
dend sind für die Verarbeitung. Starke positive Argumente→ positive Gedanken | starke negative
Argumente → negative Gedanken. Dies kann zu einer Einstellungsänderung führen, Pro oder
Contra. Das entscheidende ist hier, dass diese Einstellungsänderung meist zeitlich überdauernd ver-
standen werden können. Heißt also, wenn man sich durch das Nachdenken überzeugen lässt, sind das
meist sehr überdauernde Einstellungsänderungen, die vorgefunden werden.

Zusätzlich sind die Motivation und Fähigkeit nicht vorhanden → periphere Hinweisreize bzw. heuris-
tische Hinweisreize. Führen die zu einer peripheren Einstellungsänderung, heißt man ändert seine Ein-
stellung aufgrund von unwichtigeren Dinge - Werbung gut gefallen, Musik war schön, mit den Argu-
menten hat man sich nicht wirklich auseinandergesetzt → führt zur peripheren Einstellungsänderung
und diese ist weniger stark zeitlich überdauernd und ist entscheidend.

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M. Topić PSYCH SS 2022
Motivation – generelles Themeninteresse, interessiert man sich für das Thema; Persönlichkeitseigen-
schaften, wie das Kognitionsbedürfnis (Tendenz Dingen auf den Grund zu gehen, Spaß haben am
Nachdenken)

Fähigkeit – generelle Voraussetzung wie Intelligenz, Vorwissen; Verständlichkeit der Botschaft be-
stimmt die Fähigkeit; konkrete Situation, hat man genügend Zeit die Botschaft tatsächlich auch zu re-
zipieren.

Kann zwar sein, dass man hohe Motivation hat die Botschaft zu verarbeiten, aber man hat keine Zeit
die Botschaft zu verarbeiten → periphere Route

Einfluss von Heuristiken bei der politischen Einstellungsbildung: periphere Route

• Likeability-Heuristik
Wenn man zu jmd. eine affektive Zuneigung hat, nimmt man dies als Heuristik für die Kom-
petenz des Kandidaten
Bsp. Politiker ist einem sympathisch, deswegen muss er kompetent sein
• Konsensus Heuristik
Populäre wohl das richtige sein muss
Bsp.: Wenn alle das sagen, dann wird es wohl stimmen/richtig sein
• Einfluss von Humor
Humor erzeugt eine positive Stimmung und sorgt auch dafür man sich eher auf heuristische
Informationen verlassen und negative Informationen werden dadurch schwerer zugänglich
Die Motivation Argumente zu analysieren wird reduziert.
Durch Humor ist man in einer positiven Stimmung und dadurch sinkt die Motivation kritisch
sich mit etwas auseinanderzusetzen.
• Celebrity-Heuristik
Wenn der Celebrity so sieht, kann es nicht falsch sein. Schließlich möchte man den gleichen
Lebensentwurf haben wie die Celebrity selbst.
Bsp.: Stars für gewisse Parteien einsetzen
• Affekt-Heuristik
Man befragt sein eigenes Bauchgefühl, wie man einem Kandidaten/Thema gegenübersteht,
und zwar die Emotion, die hervorgerufen wird und nimmt diesen Affekt/Emotion als Informa-
tion darüber, wie man über etwas denkt.
Die emotionale Zuneigung gegenüber einem Thema/Person dient uns als Hinweisreiz was wir
eigentlich denken.

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M. Topić PSYCH SS 2022
Postulate des Modells, die über die Charakteristiken aussagen

(1) Personen grundsätzlich motiviert sind Adäquate Einstellungen zu erlangen/besitzen


Bestreben, dass man Einstellung hat, die man als subjektiv als korrekt empfindet
Grundbedürfnis des Menschen: Einstellung zu haben zu verschiedenen Bereichen und
diese als subjektiv angemessen zu empfinden
(2) Fähigkeiten u. Motivationen
Bring zum Ausdruck, dass die Art und Weise wie Informationen verarbeitet werden davon
abhängt, ob man die Fähigkeit und Motivation zur Informationsverarbeitung besitzt.
Nur bei hoher Motivation und Fähigkeit → zentrale Route; so bald eines fehlt → periphere
Route und auf periphere Hinweisreize verlassen (Heuristiken)
Ob man Fähigkeit u. Motivation hat, hängt von einer Reihe Variablen ab – Situation, per-
sönlichen Eigenschaften, Kontext, Persönlichkeitseigenschaften der Menschen, usw.
(3) Reize als Argumente oder auch als periphere Hinweisreize wahrgenommen werden
können.
Ein und dieselben Reize dem wir ausgesetzt sind von unterschiedlichen Personen oder in
unterschiedlichen Situationen ganz unterschiedlich wahrgenommen werden kann.
Eine Person nimmt den Reiz als Argumente auf, die andere als peripheren Reiz auffassen
– ob was ein peripherer Hinweisreiz ist, kann nicht nur am Inhalt festgemacht werden,
sondern müssen es auch an der Art und Weise wie Personen darauf reagieren.
(4) Prüfung der Argumente
Die Variable, welche die Motivation u. Fähigkeit beeinflussen, dann vorhersagen, ob es zu
einer schwachen oder starken Prüfung der Argumente kommt.
Bei hoher Motivation u. Fähigkeit werden die Argumente genau geprüft und die Stärke
der Argumente ist entscheidend für die Persuasion. Bei schwachen Argumenten wird eine
hohe Fähigkeit u. Motivation mit geringer Wahrscheinlichkeit zu einer Persuasion führen.
Je stärker die Argumente sind bei hoher Motivation u. hoher Fähigkeit, desto eher wird
auch eine Persuasion erfolgen.
(5) Zusammenspiel von peripheren u. zentralen Hinweisreizen
Es kann beides parallel ablaufen. Kann sein, dass es periphere Hinweisreize und zentrale
Hinweisreize gibt und je stärker zentrale Mechanismen die Persuasion bestimmen, desto
schwächer wird die Rolle von peripheren Hinweisreizen → UND umgedreht – Je stärker
man peripher verarbeitet, desto geringer wird die Bedeutung der zentralen Route. (Tauzie-
hen von den 2 Routen)
(6) Stabilität
Persuasion aufgrund der zentralen Routen – Prüfung von Argumenten, zeitlich überdau-
ernd

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M. Topić PSYCH SS 2022
Persuasion aufgrund der peripheren Routen – weniger zeitlich überdauernd und kann je-
derzeit wieder verändert werden. Führt zwar zu Einstellungsänderung, aber am nächsten
Tag schon wieder anders sein kann.
Peripheren Hinweisreize: Werbung → Low-Involvement-Produkten auf zielt; Politik →
Leute, die sich wenig für Politik interessieren

Bsp.: Alba u. Marmorstein (1986)

➔ Botschaften werden häufig nur am Rande und nebenbei verarbeitet, immer dann, wenn man
keine Zeit hat sich mit Dingen zu beschäftigen.
Oft in POLKO, Werbung oder anderen Entscheidungssituationen
➔ Periphere Eigenschaften einer Botschaft können wichtiger sein als überzeugende Argumente
(die niemand verarbeiten kann und will)

Fazit

ELM führte zu einem Abschied von einem einheitlichen Wirkungsmodell, das alleinig auf hoch-invol-
vierte Rezipienten ausgerichtet ist

ELM Ablösung von klassischen Stufenmodelle (Aufmerksamkeit, Einstellung & Handlung)

Nicht jede Stufe der Stufenmodelle ist notwendig, um Erfolg zu erzielen

Gestaltungselemente haben je nach Route eine unterschiedliche Bedeutung (Hinweisreiz oder Argu-
ment)

Kritik: Gibt es wirklich 2 unterschiedliche Routen?

Kruglanski und Kollegen (Erb & Kruglanski, 2005) bezweifeln, dass Rezipienten bei hohem Verarbei-
tungsaufwand inhaltliche Informationen nutzen und bei niedrigem Aufwand periphere bzw. inhaltsun-
abhängige Hinweise.

Sie gehen davon, dass die Quantität und nicht Qualität der Informationsverarbeitung unter-
scheidet → nicht motiviert/fähig ist die Info zu verarbeiten, dann werden die Infos bevorzugt,
die sich einf. Und schnell verarbeiten lassen. Kann Argument sein, kann aber auch ein Hin-
weisreiz sein.

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M. Topić PSYCH SS 2022

Beeinflussungsabwendung

• Gesichter der Resistenz (vgl. Knowles & Linn, 2004)


o Reaktanz
Entsteht wenn ein Persuasionsversuch direkt auch als solcher wahrgenommen wird
und wir das Gefühl haben die Freiheit eingeschränkt wird.
o Misstrauen
Kommunikationsinhalte in Frage gestellt/angezweifelt werden. Vor allem dann, wenn
die eigene Einstellung dem Kommunikationsinhalten denen man ausgesetzt ist, wider-
spricht.
o Prüfung des Kommunikationsinhaltes
Wie bei ELM – hohe Motivation u. Fähigkeit wird der Kommunikationsinhalt geprüft
(jeder Punkt einer Botschaft wird durchdacht), die Aufmerksamkeit ist hoch
o Beharren
Bei den Einstellungen bleiben, egal mit was man konfrontiert wird. WEIL: Netz von
Einstellungen und diese sind in einer Balance
• Was erklärt Resistenz?
o Motivationale Erklärung
Je sicher man sich einer Einstellung ist, desto schwerer ist es die Einstellung durch
persuasive Botschaften zu verändern. WEIL: Starke Einstellungen sind einem sehr
wichtig, liegen einem am Herzen und sind daher nicht motiviert sie zu ändern.
o Kognitive Erklärung
Starke Einstellung sind stark vernetzt mit kognitiven Strukturen im Gedächtnis. Starke
Einstellungen zu einem Thema sind auch stark vernetzt zu anderen Einstellungen.
Müsste man diese starke Einstellung ändern, müsste man die anderen Einstellungen
auch ändern (wie Domino-Prinzip). → enormer kognitiver Aufwand (mit der Einstel-
lung assoziierten Kognitionen/anderen Einstellungen auch geändert werden müssen)
→ Würde Balance des Einstellungssystems in Gefahr bringen, da man sich grundle-
gend neu überdenken müsste.
Immer dann, wenn die Person feste Einstellungen (leicht u. schnell verfügbar sind)
hat, die mit hoher Einstellungssicherheit gehalten werden → diese Person sehr schwer
überzeugen lassen, trotz periphere Hinweisreize oder Argumente

Theoretische Modelle: Reaktanztheorie (Brehm, 1966)

• Grundgedanke: Wenn Menschen das Gefühl haben, dass die Freiheit (zu denken, zu verhal-
ten, auch eigene Meinung zu haben), Verhaltensweisen nach ihren Wünschen zu gestalten,
eingeschränkt wird, reagieren sie mit Reaktanz

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M. Topić PSYCH SS 2022

• Reaktanz ist ein motivationaler Zustand, den ursprünglichen Zustand der Handlungsfreiheit
wieder herzustellen
Gefühl das die Handlungsfreiheit eingeschränkt wird → Reaktanz
Gefühl bekommst man wird eingeschränkt in seinen ursprünglichen Tätigkeiten → Reaktanz
Vor allem je wichtiger einem die Handlungsfreiheit ist und je größer die Handlungs-
freiheit vorher war.
• Folge/Konsequenz: Trotzreaktion, „Mit mir nicht“, „Boomerang-Effekt“
Man tut genau das Gegenteil von dem was gefordert wird

Strategien der Beeinflussungsabwendung (Zuwernik Jack & Cameron, 2003)

Strategien die von Menschen bewusst oder unbewusst wahrgenommen/vollzogen werden, um sich
NICHT überzeugen zu lassen. Sie werden vor allem dann angewendet, wenn man sehr starke und feste
Einstellungen hat, die man nicht ändern möchte.

• Selective exposure
Man sich nur den Informationen zu wenden will, welche der eigenen Meinungen u. Vorein-
stellungen entsprechen. Sehr bedeutsames Konzept in der POLKO-Forschung.
Heißt aber nicht, dass Informationen, die der eigenen Einstellung widersprechen, vermieden
werden → wäre selective avoidance. Menschen haben die Tendenz das sehen zu wollen was
ihrer Einstellung entspricht, aber man vermeidet nicht notwendigerweise die gegenteilige Ein-
stellung.
• Message distortion
Verzerrung von Botschaften = Persuasive Nachricht nicht unvoreingenommen verarbeitet
wird, sondern verzerrt verarbeitet wird, so dass sie der eigenen Voreinstellung nicht wider-
spricht. Man sieht, was man sehen will → 2 Unterkategorien:
o Selektive Kategorisierung
Menschen die Informationen doch als bestätigende Information einteilen im Vergleich
zur widersprechenden Information. Gegenargument wird nicht als „Gegen“ wahrge-
nommen, sondern wird als bestätigend kategorisiert.
Bsp.: 5 Pro- u. 5 Contra-Argumente, selbst hat man eine Pro Einstellung → auch die
Contra-Argumente möglicherweise als Pro-Argumente kategorisiere, „spricht auch für
meine Seite“
o Selektive Wahrnehmung
Man sich leichter an die bestätigenden Argumente erinnert und weniger stark an die
Contra-Argumente.

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M. Topić PSYCH SS 2022

• Counterarguing
Gegenargumente formuliert werden, um sich vor Beeinflussung zu beschützen. Menschen mit
starken Einstellungen leichter u. schneller Gegenargumente generieren können als Menschen,
denen es nicht so wichtig ist.
• Attitude bolstering
Sich Gedanken u. Argumente generiert, welche die eigene Position verstärken, ohne dass man
sich mit den Argumenten der Gegenseite beschäftigen möchte.
• Source derogation
Nicht Argumente anzweifelt, sondern die Quelle. Die Quelle einer Botschaft wird in Frage ge-
stellt.
• Social validation
Nicht die Argumente angeht, sondern all die Bezugspersonen im eigenen sozialen Kreis ins
Gedächtnis ruft, welche die gleiche Meinung haben und somit die eigene Einstellung zu vali-
dieren.
• Negative affect
Mit negativen Emotionen reagiert wird, vor allem mit Ärger und Wut. Diese negativen Emoti-
onen führen dazu, dass man die eingehende Information noch verzerrter wahrnimmt und noch
weniger die Einstellung ändern will. WEIL: negative Emotion dominiert

Logik des ELM oder klassischen Persuasionsforschung kennen, hier relativiert wird. Bei Menschen
die starken Einstellungen (am Herzen liegen) haben, eine ganze Reihe von Strategien anwenden kön-
nen, um sich gegen einen Persuasionsversuch zu schützen.

Daher weiß man auch, Menschen mit starker Einstellung schwer überzeugt werden können in
allen möglichen Kontexten, in denen es um Persuasion geht, aufgrund dieser Strategien.

Ziele von „neueren“ Kommunikationstechniken

• Aufmerksamkeit: Celebrities, Humor, Infotainment, Emotionen und sozial interaktive Me-


dien generieren Aufmerksamkeit für politische Inhalte für weniger Interessierte
Dinge die weniger darauf aus sind elaboriert Argumente zu durchdenken, sondern → perip-
here Hinweisreize, welche für die Persuasion entscheidend sein können.
Erhöhen Aufmerksamkeit
• Sympathie: Kommunikationsstrategie, die nicht auf Argumente, sondern menschliche Reakti-
onen oder Personenwahrnehmung
• Mobilisierung: Selbst, wenn nicht das Ziel besteht, Menschen zu überzeugen, können die ei-
genen Anhänger „bei der Stange“ gehalten werden

46
M. Topić PSYCH SS 2022

Take home message

• Zwei-Prozess-Modelle besagen grundlegend, dass Menschen während der Rezeption zum ei-
nen auf Argumente achten können und diese kritisch prüfen oder zum anderen sich durch peri-
phere Reize und Heuristiken leiten lassen
• Rezipierende stehe persuasiven Botschaften keineswegs unkritisch gegenüber
• Allerdings können die Schutzschilder der Rezipienten leicht ausgehebelt werden

8. VO – 31.05.2022

Pornografie
Die Wirkungen/(negativen) Effekte von Pornografie-Konsum ist am stärksten bei Jugendlichen, → da
sie sehr wissen zu Beginn der Adoleszenz kaum etwas zur Praxis sexueller Handlung. Informations-
quelle über die Sexualität ist meist die Pornografie und NICHT Eltern.

Große Gefahr der Pornografie-Effekte:

• Entwicklung von verzerrter Vorstellung von Sexualität „so muss es sein“


• Falsche Vorstellung von Konsens

Die Pornografie ist ein Informationsmonopol, da es oftmals die einige Informationsquelle ist.

Pornografie aus dem griechischen. Porne → Hure u. Grafin → schreiben, zeichnen. Bezeichnen ur-
sprünglich Texte u. Leben der Prostituierten und ihrer KundInnen beschreiben

Einführung

Pornografie = professionelle produzierte oder user-generierter (audio)visueller Inhalte, die sexuellen


Handlungen darstellen und (erregte) Genitalien zeigen u. typischerweise zur sexuellen Erregung der
Nutzer dienen (vgl. Peter & Valkenburg 2011)

Pornografie über das Internet (Smartphone) anonym und kostenfrei nutzbar, ohne Alterskontrolle. Für
Kinder u. Jugendliche leichter Zugang zu pornografischen Materialien.

Ersten Bilder Ende des 19. Jahrhunderts, ersten Filme um 1908/1915. „Große Revolution“ in den 70er
durch die einsetzende Verbreitung des Videorekorders → Boom der Porno-Industrie → zum ersten
Mal im privaten Raum. Nächste große Schritt → Breitbandinternet → Tablet oder Smartphone

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M. Topić PSYCH SS 2022
Befürchtungen:

• Es wird Sexualität vermittelt, die losgelöst von Bindung und emotionaler Nähe ist
Diese Befürchtung hat schon in den 70er Jahren eine Rolle gespielt
• Verhältnis von Männern und Frauen - Eine (teils gewalttätige) Unterordnung der Frau unter
das sexuelle Diktat des Mannes
Wir Rollen dargestellt werden, sehr stark aus der Sicht des Mannes

AUCH: Problem des Internets breite Öffnung an die minderjährige Bevölkerung nicht mehr regulier-
bar. Früher eher Sexshops, wo die Filme gekauft werden – als Minderjähriger kommt da nicht rein,
somit nicht rezipieren.

Durch Internet u. Smartphones fundamentale Veränderung der Pornografie-Rezeption.

Konsens, dass es sich bei sexuell eindeutigen Medienangeboten um potenziell problematische Inhalte
handelt, insbesondere wenn es um Kinder und Jugendliche geht.

Pornografisierung

Pornografisierung der gesamten Gesellschaft:

• Zunehmend Verfügbarkeit
Bequem und unbegrenzt zur Verfügung stehen. Das kann Phänomene nach sich ziehen, wie
Effekte potenziert werden, aber auch Phänomene, dass Nutzer den Konsum von Pornografie
nicht mehr regulieren können, weil es eine unendliche Menge an Inhalten ist, → kann immer
weiter nutzen, kein Ende
• Zunehmende Bezüge in der Mainstreamkultur
„Porning of the mainstream“ – stilistische, ästhetische, inhaltliche begriffliche Bezüge zur
Pornografie bspw. in der Mode, Rap-Musik, Musikvideos, Mainstreamkultur (Madonna)
Künstler mit starken pornografischen Assoziationen und Bezügen ohne, dass es selbst Porno-
grafie ist, aber man hat pornografische Bewegungen, Moves, Bilder, Memes aufgenommen
und in die Mainstreamkultur übertragen. Das sind Darstellungsweisen, Skripts, die aus der
Pornografie kommen, aber in der Mainstreamkultur Einzug halten. Auch in der Werbung por-
nografische Bezüge die eine Rolle spielen.

Vor allem negativ, vor allem wo man starken Konsens hat – Kinder, Gewalt; beim Herantragen von
Pornografisierung an Kinder

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M. Topić PSYCH SS 2022
Schutz

• Medienregulierung
Problem: kann nur schwer reguliert werden, hängt von Inhalten ab – Kinderpornografie,
Schutz von privaten Daten/Aufnahmen (Gesetze), trotzdem ist die Nutzung schwer zu regulie-
ren. Früher: DVDs ausleihen
Strafgesetzbuch, Kinder- u. Jugendmedienschutz, Selbstkontrolle der Medienanbieter und Re-
gulierungsmöglichkeiten von Eltern oder Schulen
• Kompetenzförderung
3 Formen von Kompetenz – Bewertung, Nutzen und Gestaltung

Dimensionen der Pornografiekompetenz

• Bewertungskompetenz
Ist man in der Lage pornografische Inhalte einzuschätzen, eine Meinung darüber zu bilden
„was hält man für angemessen und was nicht?“
Man kann argumentieren, dass für die Bewertungskompetenz überhaupt nicht notwendig ist
selbst pornografische Inhalte zu rezipieren. Man muss das ganze Portfolio nicht rezipiert ha-
ben, um diese Kompetenz auszubilden. Ohne der Rezeption kann gesagt werden, was ange-
messen ist und was unangemessen ist.
Selbstverantwortlich für sich selbst entscheiden „was schadet, was tut gut“
Sozialverantwortlich „was hält man für die eigenen Normvorstellungen/Wertevorstellung an-
gemessen/unangemessen)
• Nutzungskompetenz
Wie findet man diese Inhalte, die man nutzen möchte und wie kann man diese Nutzung so ge-
stalten, dass man sich selbst nicht schadet (nicht zu viel nutzen) – bewusste Medienselektion
abgestimmt auf die eigenen Vorlieben und eigenes soziales Umfeld
Wann nutzt man es, Wo nutzt man es und Wie findet man, dass was einen gefällt
• Gestaltungskompetenz
Web 2.0 – immer Menschen selbst explizite Inhalte, Texte und Filme produzieren und veröf-
fentlichen
Problem: Verbreitung von Inhalten ohne Konsens (juristische Dimension kommt noch dazu) -
wie speichert das man ab, wie gibt man es weiter, wie gestaltet man die Rezeptionssituation
• Forschung: vor allem Theorie und Empirie zu negativen Wirkungen

Inhaltsanalysen verweisen auf unterschiedliche Befunde (vgl. Fritz & Paul, 2017; Klaassen & Peter,
2015)

Durch die Inhaltsanalysen sieht man wie die Darstellung erfolgt, meist Darstellung von Männern und
Frauen

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M. Topić PSYCH SS 2022

• Divers, unterschiedliche Genres


Pornografie an sich ist ein Überbegriff, es handelt sich um ein diverses Feld. → Inhaltsana-
lyse, die pornografische Inhalte kategorisieren und Inhalte analysieren
• Geschlechterstereotype Darstellung
o Objektifizierung: Instrumentalisierung & Dehumanisierung
Objektifizierung = Mensch stark an seinen Körpereigenschaften bewertet wird, aber
weniger an seiner Persönlichkeit
Dehumanisierung = Darsteller sind nur noch ein Objekt und kein Mensch mehr,
dadurch die normalen Umgangsformen gegenüber Menschen hat in Hintergrund treten
(Regeln, Sozialenormen, Höflichkeitsformen). Jemanden als Körper bezeichnen und
behandelt, wie man will, treten die normalen erlernten sozialen Regel außer kraft
o Macht: Hierarchie & Dominanz/Unterwerfung
o Physische und sexuelle Gewalt

Studien beziehen sich auf die Mainstreampornografie, da es die meistrezipierten Inhalte sind.

Nutzung der Pornografie

Nutzung

• 63% der 11-17-Jährigen in Deutschland bereits Kontakt mit pornografischen Inhalten (Icon
Kids & Youth 2009)
• Entwicklung: JIMStudie: Jahr 2000 12-19-Jährigen: 20% jugendliche (Internet-) Pornografie-
nutzer, 2004: 45% (vgl. MPFS 2000, 2004) → Anstieg, hat auch mit Anstieg in der Verbrei-
tung zu tun
• Neuere Daten aus Deutschland 16-19-Jährige:
o 61% Mädchen, 93% Burschen haben pornografische Inhalte gesehen (vgl. Weber et
al. 2012)

In der letzten Woche, wie viele Minuten hast du am Tag in etwa im Durchschnitt, mit pornografischen
Inhalten, wie zum Beispiel pornografische Webseiten oder pornografische Zeitschriften verbracht?

Sieht man bei den meisten Länder bis auf SK einen klaren Geschlechtsunterschied, signifikan-
tere Nutzungssequenz bei den Jungen im Vergleich zu den Mädchen.

Umfrage bei Studierenden → keine repräsentativen Studien

Bewertungskompetenz – Männer haben die Nutzung öfter


als „zu oft“ bewertet als Frauen (Bewusstsein für kritische
Reflexion beim Mann?)

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M. Topić PSYCH SS 2022

Wirkung von Pornografie

Methodologische Herausforderungen: Wirkungsforschung zu Pornographie bei Kindern und Jugendli-


chen

• Lösung: Befragung
Problem der Befragung - Menschen neigen dazu den Konsum zu unterschätzen, nicht zuzuge-
ben
Internet-Befragung/Anonym-Befragung – Effekte sind nicht so stark, Menschen eher bereit
sind das zuzugeben als im Vergleich zu „face-to-face“-Befragung
• Herausforderungen/Problem:
(1) Soziale Erwünschtheit, falsche u. unvollständige Angaben
Kann statistisch erfasst werden und gemessen werden, und statistisch kontrollieren – mög-
lich, aber man bekommt das Problem selten in Griff
(2) Generalisierbarkeit der Aussagen
Was verstehen Leute unter Pornografie-Konsum? Welche genauen Inhalte sind das? Wie
kann man die Inhaltsseite gut abdecken? – normalerweise wird dies mit einem Experiment
gemacht
(3) Kausalität der Befunde
Sind oft Querschnittsbefragungen, Befragungen zu einem Zeitpunkt. → es braucht Panel-
studien (Längsschnitt), gleiche Personen werden mehrfach befragt
➔ Lösungsvorschläge?
(1) Befragungsart
(2) Stichprobe (wie zieht man die Stichprobe)
(3) Design: Querschnitt & Längsschnitt (Befragung)

Wenn man solche Studien anschaut, auf folgendes achten – Kausalität, was ist das Sample, was heißt
Pornografie in der Befragung, ist es eine Querschnittsbefragung oder ist es eine Panelbefragung
(Längsschnitt)

Befunde

• Rezeption sexueller und pornografischer Inhalte führt bei Jugendlichen


o Zu freizügigeren sexuellen Einstellungen sowie früherer und häufigerer sexueller
Aktivität → es macht was mit der Sexualität der Jugendlichen
o Aber gibt auch Studien: Verunsicherung von Körperbild und Selbstwert, insbeson-
dere bei Mädchen und jungen Frauen
Da die Akteure idealtypisch dargestellt werden, diese entsprechen nicht der Realität.
Körperbau, Körpereigenschaften der Darsteller → kommt zu soziale Vergleichspro-
zesse

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M. Topić PSYCH SS 2022
o Stereotypisierung der Geschlechtsverhältnisse

Aber: in der westlichen Welt zeigt sich parallel zur Verbreitung der Internet-Pornografie ein Rückgang
von Sexismus und Sexualstraftaten (vgl. McKee 2010; Diamond 200)

Kausalität der Befragung/Studie anschauen! Ursache und Wirkung kann nicht zugeordnet wer-
den und andere parallele Faktoren, welche den Rückgang möglicherweise der Straftaten vor-
hersagen nicht statistisch kontrollieren kann, bzw. nicht in Griff bekommen kann. → Fehlur-
teil → Vorsicht bei solchen Befunden

Theorietische Ansätze

• Sozial-kognitive Lerntheorie, wonach sich das Publikum an medialen Rollenvorbildern orien-


tiert, da deren Verhaltensweisen (so genannte sexuelle Skripte) al erfolgreich dargestellt wer-
den
Man lernt Rollenvorstellungen aus den pornografischen Inhalten, mediale Rollenvorbilder
existieren und Vorgehensweisen (sexuelle Skripts) an denen sich orientiert wird. Was normale
und gesunde Sexualität ist, lernen die Menschen aus der Pornografie.
Man lernt welche Verhaltensweisen gehen mit positiven Sanktionen einher und welche Ver-
haltensweisen gehen mit negativen Sanktionen einher. Dafür gibt’s in der Pornografie Skripts,
welche Verhaltensweisen werden belohnt in der Sexualität und welche Verhaltensweisen wer-
den sanktioniert. Belohnung und Bestrafung werden implizit/explizit dargestellt.
• Theorie sozialer Vergleichsprozesse in Bezug auf den eigenen Körper und das eigene Verhal-
ten
Entweder ein Aufwärtsvergleich (Vergleich mit Darstellern die bessere Körpermerkmale ha-
ben als selbst) oder ein Abwärtsvergleich (die eigenen Körpermerkmale sind besser als im
Vergleich mit dem Darsteller) → eher Aufwärtsvergleich → negative Effekte erzeugt
• Media Practice Model → Identitätsbildung bei Jugendlichen
Wie definiert man die eigene Identität anhand der eigenen Sexualität?

Partnerschafts- u. Selbstwertprobleme

• Sexuelle Treuebruch erleben


Partner könnte mit einem nicht zufrieden sein und deswegen Pornos konsumiert
• Druck, sich Aussehen u. Sexualverhalten der Darsteller anzupassen

Beispielstudien: Pornographienutzung u. Wahrnehmung von Frauen als Sexobjekte (Peter & Valken-
burg, 2009a)

Methode: 3-Wellen Panel, 6 Monate Abstand

• 2,341 Jugendliche 13-20 Jahre (Welle 1)

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M. Topić PSYCH SS 2022

• Messung Frauen als Sexobjekte: Unconsciously, girls always want to be persuaded to have
sex, sexually active girls are more attractive partners, There is nothing wrong with boys being
interested in a women only if she is
pretty, An attractive woman asks
for sexual advance, There is noth-
ing wrong with boys being primar-
ily interested in a woman’s body.

Pornographienutzung und Sexuelle Zufrie-


denheit (Peter & Valkenburg, 2009b)

Methode: 3-Wellen Panel, 6 Monate Abstand

• 2,341 Jugendliche 13-20 Jahre (Welle 1)


• Messung sexuelle Zufriedenheit: In the
past six month… I have been satisfied with
my sexual life/… I have felt happy with
my sexual life

Pornographienutzung und Körperzufriedenheit (Peter & Valkenburg, 2014)

Methode: 2-Wellen Panel, 6 Monate Abstand

• 1,879 Befragte 12–87 Jahre


• Messung Körperzufriedenheit: I feel satisfied with the shape of my body, I think that my
stomach is too big, I think that my penis is too small, I think that my breasts are too small

Take home message

• Sexuelle Unterhaltungsangebote werden von Jugendlichen u. Erwachsenen regelmäßig genutzt


• Nachgewiesene negative Wirkungen, positive Jedoch kaum untersucht
• Wirkung sexuell expliziter Stimuli ist von persönlichen Dispositionen abhängig (sexuelle Prä-
ferenzen, Erfahrungen etc.), und auch durch Umwelt und Situation beeinflussbar

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M. Topić PSYCH SS 2022
9. VO – 14.06.2022

Gewalt in den Medien


School-Shootings – Bsp. In der VO: Amoklauf in Deutschland, Erfurt an einer Schule 2002, 16 Tote.
Der Täter tötet sich selbst. Täter hatte Zugang zu Waffen, war Mitglied bei einem Schießverein. | Kau-
sale Zuschreibung, dass die PC-Spiele mit für diese Gewalt verantwortlich sind, da der Schüler, der
diesen Amoklauf damals begangen hat, leidenschaftlicher Ego-Shooter-Spieler war.

Mögliche Problematik dieser kausalen Interpretation

• Es gibt einen Zusammenhang, kann aber auch umgedreht sein → Menschen die aggressiver
sind, auch dann eher zu PC-Spielen neigen, solche Spiele bevorzugen. Bedeutet aber nicht,
dass die Spiele einen notwendigerweise aggressiv machen.
• Könnte eine Scheinkorrelation sein (andere Faktoren nicht berücksichtigt wurden, die eine
Rolle spielen)
• Eine ganze Community wird in diese Richtung interpretiert, in der öffentlichen Debatte kann
das tatsächlich „kleben belieben“ an den Spielern, diese Gewalt und solche Taten der Boden
gelegt wird.
• Spiele so viele Menschen PC-Spiele, somit wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass gewisse
Eigenschaften vorliegen
• Gedankengang: ist nicht wirklich nachgewiesen was beim Täter neuropsychologisch abgelau-
fen ist. Die Spiele könnten sorgen, dass man ausgeglichener ist. → Katharsis, weil es eine rei-
nigende Funktion hat. Die These gibt’s in der Literatur, aber lässt sich nicht wirklich belegen.

Es gibt in der Wissenschaft 2 verschiede Lager/ Positionen:

• Lager von massiven Wirkungen ausgeht, dieser Gewalt in Videospiele


• Gruppe von Wissenschaftlern, welche die Validität dieser wissenschaftlichen Aussagen in
Frage stellt. Ganz stark diskutieren an den Studien, Methoden, Langzeiteffekten.

Grundlagen

Am häufigsten untersuchter Gegenstand der Wirkungsforschung, da

• Häufigkeit von Gewaltdarstellungen in den Medien, insbesondere im Kino, TV, Video u. PC-
Spielen
Eines der gewaltreichsten Angebote im TV ist → Tom & Jerry und Nachrichten
• Hohe Attraktivität von gewalthaltigen Angeboten
• Hohe Alltagsplausibilität der Annahme, dass spektakuläre Gewalttaten (z.B. „Erfurt“) ursäch-
lich auf Medieneinflüsse zurückgehen → starken M-Einfluss

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M. Topić PSYCH SS 2022
Definition Gewalt:

• Fiktionale Gewalt
Fiktionale Genres, wie Trickfilme → ist alles nur ein Spiel, Fiktion
• Reale Mediengewalt
Reale Gewalt wie Terrorismus oder dass was man in den Nachrichten sieht wie Krieg. Dies
hat auch Effekte, es geht stark um Angst und weniger um die Wirkung auf die eigene Aggres-
sionsbereitschaft.

Theoretische Ansätze

• Katharsisthese
Natürlichen Aggressionstrieb haben und den ausleben müssen gelegentlich, muss nicht not-
wendigerweise durch reale Aggressionshandlungen tun, sondern stellvertretend durch symbo-
lische Handlung tun – hören von aggressiver Musik, spielen von aggressiven PC-Spiele. Man
kann dies in diesem geschützten Raum vollziehen und es hilft einem den eigenen Aggressions-
trieb abzuleiten bzw. zu lindern. So hat man den kathartischen, bzw. bereinigenden Effekt.
Führt zur Hypothese: Gewaltdarstellung in den Medien zu einer geringeren Aggressi-
onsbereitschaft führt. | Je mehr man Gewalt sieht, desto eher lebt man das aus stellver-
tretend und desto weniger ist man persönlich in Gewaltbereitschaft. → Negativer Zu-
sammenhang → zeigt sich so in dieser einfachen Form nicht!
• Inhibitionsthese
Verminderung des aggressiven Verhaltens aus, wenn man sich gewalthaltige Medieninhalte
anschaut. Wenn man diese gewalthaltigen Medieninhalte anschaut, dann in einem Angst aus-
löst, somit weniger wahrscheinlich, dass man selbst aggressiv agiert. → Wenig eindeutige Be-
funde finden, die Erklärung greift zu kurz.
• Habitualisierungsthese
Sensibilität gegenüber jeglicher auch realer Gewalt abnimmt. Aggressive Verhalten mit der
Zeit als vollkommen normal ansehe. Kennt man auch vom Phänomen des digitalen Hasses: im
Internet, in Foren Hass sieht gegenüber Frauen, anderen kann es dazu führen, dass es eine ge-
wisse Sensibilisierung stattfindet und man annimmt, dass Frauen/Andere so bezeichnet wer-
den. Man nimmt es normal hin und gewöhnt sich an diese Form von Aggression. Dies führt
zum Abstumpfungseffekt, somit Gewalt als normales Alltagsverhalten ansehen und eher bereit
sind zu tolerieren. Somit eine Gleichgültigkeit gegenüber Gewalt entwickeln.
Man sieht viel Mediengewalt, man gewöhnt sich dran, es wird einem gleichgültig und nimmt
das als normal hin. → lässt sich in dieser einfachen Form empirisch nicht nachweisen →
bei PC-Spielen würde man zu der These kommen, wenn man sieht, wie man andere erschießt,
müssten die Leute es eher hinnehmen, wenn Menschen im realen Leben erschossen werden.

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M. Topić PSYCH SS 2022
Die These macht Sinn als Ansatz (Abstumpfung), vor allem wenn’s um verbale Gewalt geht –
Hass im Internet, bei Mediengewalt (Schlagen, Stechen, Töten, Körperlich Angreifen) ist die
These zu hart.
• Suggestionsthese
Die Beobachtung der Mediengewalt direkt zu einer Nachahmungstat führt – Copy-cat-effect.
Werter-Effekt. Reiner Nachahmungseffekt. In der Medienplausibilität macht es Sinn so zu ar-
gumentieren, jedoch wissenschaftlich gesehen ist es ein dünnes Eis, wenn so argumentiert
wird.
• Stimulationsthese
Es kommt zu einer Zunahme von realen aggressiven Verhalten, durch die Rezeption von Ge-
walt, und zwar weil man zu einer höheren Aggressionsbereitschaft kommt, also man ist stärker
stimuliert, voller aggressiver Kognition. Heißt noch nicht, dass man diese aggressive Kogni-
tion auslebt, sondern nur, dass sie kognitiv verfügbar sind.
Wenn man bei jeder kleinsten Provokation sofort reagieren/schießen/wehren muss, ist man in
einem sehr erhöhten Erregungspotential. Dieses Erregungspotential macht es statistisch gese-
hen möglich bzw. führt dazu, dass man aggressive Kognitionen stärker mental verfügbar hat
und die dann auch in einer realen Situation präsent sind. Ob es dann zu einem aggressiven
Verhalten führt, hängt davon ab, ob man es noch kontrollieren kann oder man sich ganz spon-
tan von diesen Kognitionen leiten kann.
Hypothese: Gewaltdarstellungen führen ebenfalls zu einer höheren Aggressionsbereitschaft.
Die Mediengewalt ist eine Art Auslöser, sie stimuliert und löst diese Impulse bei einem aus.
• Excitation-Transfer-Theorie
Etwas weithergeholt, es geht um unspezifischen emotionalen Erregungszustand. Man ist durch
die gewalthaltigen Videos in einem erhöhten Erregungszustand, dies transferiert sich dann auf
ein anderes Objekt und deswegen reagiert man stärker aggressiv.
Nur weil man hoch erregt ist, heißt es nicht, dass man gewaltsam reagiert.
• Rechtfertigungsthese
Aggressive Individuen deshalb gewalthaltige Programminhalte konsumieren, weil sie so ihr
eigenes reales Verhalten als normal oder ähnlich dem Filmhelden rechtfertigen können.
Wenn man eh schon aggressiv ist, schaut man sich Mediengewalt an, weil dann kann man
seine eigene aggressive Tendenz rechtfertigen. → Kausallogik wird umgedreht, lässt sich aber
auch nicht vollends belegen

Theorie des sozialen Lernens (vgl. Bandura, 1964) | Modell Lernen

• Menschen lernen durch Beobachten des Verhaltens anderer


• Aufbau eines Verhaltensrepertoires
• Ableitung von Regeln und Handlungsmustern
• Ausübung von Verhalten dann abhängig von regulativen Mechanismen

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M. Topić PSYCH SS 2022
Wie weit kann man das Gelernte regulieren

Man beobachtet das Verhalten anderer Personen, dieses Verhalten wird positiv belohnt – Gewalt wird
als positiv belohnt/erlebt.

Was bestimmt die Ausübung?

• Fähigkeit, eine erlernte Modellhandlung nachzuahmen


Ist man körperlich in der Lage dazu diese Gewalt zu vollziehen
• Möglichkeit zur Nachahmung
Ist man in einer Situation, in der man vollziehen kann
• Ähnlichkeit von Modellperson und Rezipient
Je höher die Ähnlichkeit, desto eher das Modell-Lernen.
• Sanktionierung des Verhaltens der Modellperson
Wird es negativ sanktioniert?
• Sanktionserwartung für das eigene Verhalten
In der realen Situation
• Kongruente Situation

Modell- Lernen ist eine sehr plausible Theorie, aber auch hier ist man weitentfernt monokausal zu ar-
gumentieren. Es kann sein, dass Gewalt in den Medien positiv belohnt wird und man lernt, dass diese
gewalthafte Handlung tatsächlich positive Effekte hat, aber um diese Handlung selbst auszuführen,
brauchts diese Bedingung.

Man muss die Fähigkeit haben, sich in der Situation befinden, ähnlich sein zur Modellperson, Sanktio-
nierung der Modellperson spielt eine Rolle, eigene Sanktionserwartungen in der eigenen Situation
spielen eine große Rolle und ist man überhaupt in einer Situation, die kongruent ist zu dem was in der
Medienrealität dargestellt wird.

Kritik

• Annahme der Täterzentrierung


Immer davon ausgeht, dass die Rezipierenden sich mit dem Täter identifizieren, aber nicht mit
dem Opfer. Das Opfer wird komplett ausgeblendet in der Diskussion.
Wenn man unterstellt, dass man sich mit dem Aggressor identifiziert und nicht Partei für den
Geschädigten ergreift, geht man davon aus, dass man dem Aggressionstrieb folgt, den auslebt,
ohne, dass man die Möglichkeit hat, emphatisch sich in den gegenüber hinzuversetzen.
Empathie wird in der Logik ausgeblendet, es gibt immer nur den Täter, es gibt aber nicht die
Möglichkeit sich in das Opfer hinzuversetzen (wichtige soziale Konstellation ist).
• Massive Medienwirkungen
Vollkommen unreflektiert Medienwirkungen auftreten, das Individuum nicht in der Lage ist
diese Gewalt zu regulieren.

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M. Topić PSYCH SS 2022

Meta Analysen

Es gibt Meta-Analysen, die den Zusammenhang zw. Rezeption von Gewalt in Medieninhalten und ag-
gressivem Verhalten nachgewiesen haben.

Recap Meta-Analyse: man, schaut sich in vorfestgelegten Kriterien nicht eine Studie an, sondern alle
Studien, die gewissen Qualitätsansprüchen genügen, kann so Aussagen treffen über 100 Studien. In
dem man die ganze Evidenz anschaut, welche Faktoren befördern die Gewalt und welche vermindern
die Gewalt. → Komplexität abdecken, welche mit einer Studie nicht untersuchen kann

• Paik und Comstock (1994): 217 Studien


o Mittlerer Zusammenhang zw. Rezeption violenter Medieninhalte u. aggressivem Ver-
halten sowohl in Feld- als auch Laborexperimenten
o Effekte für Männer nur unwesentlich stärker als für Frauen
o Negative Effekte traten in Kombination mit Erotik noch deutlicher auf
• Anderson & Bushman (2001): 35 Studien zu PC-Spielen Aggressivität bei Kindern
Anderson u. Bushman, die von starken Effekten gewalthaltiger Medieninhalte ausgehen
o PC-Spiele steigern Aggressivität bei Kindern u. jungen Erwachsenen, kurzfristig (Af-
fekte oder physiologische Erregung) und auch längerfristig (aggressive Gedanken)
o r = 0.19
Kritik an der Studie – was heißt langfristig aggressive Gedanken? Nur weil man aggressive
Gedanken hat, heißt es nicht, dass man aggressiv handelt.

Längsschnittstudien – über die Zeit

Querschnittstudien – zu einem Zeitpunkt

Feldexperiment – keine strenge Kontrolle

Laborexperimente – im Labor konkret genau kontrollieren

General Aggression Model

Eines der prominentesten Modelle in der Gewaltforschung.

Das Modell geht davon aus, dass man eine Wechselwirkung hat zw. Personal-Variable und Situations-
variable, also eine Person mit gewissen aggressionsbezogenen Persönlichkeitseigenschaften befindet
sich in einer bestimmten Situation (gewalthaltige Medieninhalte). Dies führt zu einem aktuellen inne-
ren Zustand, also emotionalen Zustand, kognitive- und Erregungsprozesse, also physiologische Pro-
zesse. Hass, gewalthaltige Kognition und hohe körperliche Erregung und dies führt dazu, dass man mit
diesen Verarbeitungsrouten (akt. Inneren Zustand) in weitere Situation hineingeht. Dies führt dann zu
einer überlegten oder impulsiven Handlung.

Überlegte Handlung → kontrollierte Handlung, welche man reguliert

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Impulsive Handlung → nicht mehr regulieren kann, meist wenn man geringe Verarbeitungs-
motivation oder wenig Ressourcen hat, würde man spontan impulsiv reagieren, ohne groß zu
überlegen → Aggression könnte durchschlagen

Bsp.: Nach dem Ego-Shooter spielen macht man sich auf den Weg in die Uni/Bib. In der Straßenbahn
wird man angerempelt.

Das Modell geht davon aus, wenn man in ei-


nem aggressiven Erregungszustand ist, so an-
dere Situationen aggressionskonsistent ein-
schätzt, eher als negativ wahrgenommen wird
und mit großer Wahrscheinlichkeit aggressiv
reagiert.

Wenn man Gewalt in den Medien sieht, löst das 3 netzwerkartige miteinander verbundene Routen aus.
Das sind Feindseligkeitskognitionen, Ärger/Affekt und physiologische Erregung. Diese Aktivierung
aggressiver Wissensstrukturen kann aber durch die wiederholten einzelnen Episoden, führt zu sozialer
Begegnung, über die Zeit verfestigen und kann sich chronifizieren.

Der innere Zustand einer Person führt insgesamt zu einer spezifischen Einschätzung und Bewertung
einer gegebenen Situation und resultiert dann entweder in überlegten oder spontanen Verhalten. Ge-
wissermaßen diese aggressionsbezogenen 3 Pfade/Routen
(Emotion, Affekte u. Erregung) beeinflussen wie man wei-
tere Situationen einschätzt und darauf reagiert. Langfristig,
diese aggressiven Wissensstrukturen chronisch verfügbar
sein können, sie können sich längerfristig verfestigen.

Diese Modelle nicht als Einbahnstraße sehen

Take home message

• klarer Zusammenhang
zw. Rezeption von gewalthaltigen Medieninhalten und der aggressiven Kognition
• Medien sind aber nur ein Faktor; es gibt jedoch weitaus mehr, vielleicht wichtigere Faktoren
Heißt nur, dass die Wahrscheinlichkeit von solchen aggressionsbezogenen Kognitionen stär-
ker ist, damit ein aggressives Handeln in verschiedenen Formen wahrscheinlicher wird (ver-
bal, non-verbal, körperlich)
• Monokausale Schlüsse greifen zu kurz

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10. VO – 21.06.2022

Digitale Medien und „Verblödung“


Einführung

• Befürchtungen:
o Reduzierung sozialer Interaktion
o Die Verringerung gesellschaftlicher Partizipation
o Einsamkeit durch Internetschutz
o Weniger Wohlbefinden durch Internetnutzung
o Verringerte schriftsprachliche Kompetenz sowie
Kommt noch aus der SMS-Zeit, verkürzte kommunizieren
o Aggressives Erleben u. Verhalten durch gewalthaltige PC-Spiele

„Meiden Sie digitale Medien. Sie machen (…) tatsächliche dick, dumm, aggressiv, einsam, krank u.
unglücklich.“ Spitzer, 2012, S. 325

Nutzung v. digitalen Medien

ARD/ZDF-Onlinestudie 2016: Der Internetkonsum ist drastisch angestiegen

Gründe:

• gestiegene Nutzung mobiler Endgeräte


• gestiegene Nutzung des Internets unterwegs

Folie 5 – 8 mit Grafiken

Wirkung v. digitalen Medien: Einsamkeit

These in der Literatur – Kommunikation über das Handy einen am Ende einsamer macht. Man ist trotz
der permanenten Connection zu anderen weniger sozialverbunden.

Einsamkeit

Einsamkeit wichtige Determinante für die psychosoziale Entwicklung u. steht in enger Beziehung
zum Gesundheitszustand. (Appel et al., 2012)

Nutzung digitaler Medien

• schafft freundschaftsfördernde Situationen (Koutamanis et al., 2013; Valkenburg &


• Peter, 2009a; Waller & Süss, 2012)
• reduziert Frequenz von Offline-Interaktionen
• erhöht Entwicklung oberflächlicher sozialer Beziehungen

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M. Topić PSYCH SS 2022

• führt zu schwächeren sozialen Bindungen (Appel et al., 2012)


• erhöht Gefühle der Anonymität (z.B. Jin & Park, 2013; Yao & Zhong, 2014)

These: Exzessive Internetnutzung führt zu Isolation in face-to-face Beziehungen: „Internet-Paradox“


(Kraut et al., 1998) – führt dazu, dass man in Offline-situationen weniger stark eingebettet ist, sozial-
isoliert wird.

Ganz allgemein lässt sich nicht sagen ob dies These vollzutrifft, da es von einigen Moderatoren und
Kontextvariablen abhängt, diese bestimmen, ob die permanente Nutzung des Handys einen einsam
machen oder nicht.

Aber: widersprüchliche Befunde

• Nutzung digitaler Medien verringert Einsamkeit durch das Gefühl von stetiger Verbunden-
heit u. wechselseitiger Zugehörigkeit (Dolev-Cohen & Barak, 2013; Park & Lee, 2012; Wei
& Lo, 2006)
• Mobile Internetnutzung führt zu Anstieg der subjektiven Einsamkeit (z.B. Appel et al.,
2012; Jin & Park, 2013; Yao & Zhong, 2014)

Displacement Hypothese

• Zeit, die man sonst mit Familie u. Freunden verbringt, wird für die Nutzung des (mobilen) In-
ternets verwendet
• Das Internet ersetzt tatsächliche reale Interaktionen
• Gefahr: oberflächliche, schwache Kontakte ohne Commitment und Zuneigung → reduzierte
Beziehungsqualität u. Wohlbefinden
• Zahlreiche Studien belegen Displacement Hypothese (z.B. Pea et al., 2012; Rehbein, 2011;
Richards, McGee, Williams, Welch & Hancox, 2010)

Augmentation (oder Increase) Hypothese

• „Potential of the Internet as an interactive medium that can connect people to people while
overcoming the barriers of time and place” (Lee, 2009)
• Digitale Medien erleichtern zwischenmenschlichen Kontakt
• Anonymität u. die geringe soziale Hemmschwelle vereinfachten neue Beziehungen (Lee,
2009)
• Messenger-Dienste stellen wichtigen Teil des Sozial-Managements dar
• „weak-ties“ = schwache Bindungen die man hat; Klassenkameraden von früher, kein wirkli-
cher Kontakt/rglm. sehen, jedoch ist trotzdem eine Verbundenheit da

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M. Topić PSYCH SS 2022
Self-Disclosure Hypothese

• Instant Messaging → positive Effekte auf Beziehungsqualität mit Freunden u. Lebenszufrie-


denheit von Kindern u. Jugendlichen (Dolev-Cohen & Barak, 2013; Gross, Juvonen, & Gable,
2002; Valkenburg & Peter, 2009b)
• Kommunikative Internetnutzung hat einen positiven Einfluss auf Freundschaften durch die
Selbstoffenbarung von Sorgen, Ängsten, Geheimnissen (Valkenburg & Peter, 2005, 2007)
o 2 verschiedene Formen der Internetnutzung:
▪ Kommunikative Nutzung: man interagiert, öffnet sich, sich austauschen
▪ Non-kommunikative Nutzung: passive verfolgen von anderen bzw. deren
Newsfeed (man sieht das „tolle“ Leben und Erfolge anderer)
• Weniger personale u. soziale Hinweisreize → Kommunikationspartner öffnen sich stärker

Kann auf die Corona-Pandemie angewendet werden → man hat anderen geschrieben, wie man
sich fühlt, hat sich so weniger einsam gefühlt und mehr sozial verbunden

Meta-Analysen

Über mehrere Studien hinweg schaut man sich an, wie der statistische Zusammenhang zw. 2 Variablen
ist. Man kann simultan verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigen, aus verschiedenen Ländern in
verschiedenen Kontexten die Literatur zusammenfassen → schauen unter welchen Bedingungen Ef-
fekten am stärksten/schwächsten sind → die stärkste Form des Beweises, die man in der quantitativen
Forschung haben kann.

• Schwacher negativer Zusammenhang von r= -.02 [95% CI: -.03; -.01] zw. Internetnutzung
und sozialen Interaktionen (Shklovski, Kiesler, & Kraut, 2006)
• Positiver Zusammenhang zw. Internetnutzung u. gesellschaftlichem Engagement

Studie v. Yao & Zhong (2014)

• Zweiwellige Panelstudie, Studierende in Hong Kong, N = 361


Vorteil von Panelstudie → sagt aus in welche Richtung ein Einfluss geht
• Abstand zw. den Wellen: 4 Monate
• 20-item Internet Addiction Test: z.B. “how often do you find that you stay online longer than
you intended”
• 20-item UCLA loneliness scale, z.B. “I
am unhappy doing so
• many things alone”; “I have nobody to
talk to”; and “I lack companionship”.

Einsamkeit hat keinen Einfluss auf Internet-


nutzung.

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Moderatoren: Individuum

All diese Faktoren spielen eine


Rolle, ob es einen einsamer macht
oder nicht.

Folie 20: Studie von Kraut et al., 2002 – „the rich get richer”. → Matthäuseffekt: Die Extrovertierten,
um ihre Beziehungsqualität zu anderen noch weiter zu verstärken.

• Im realen Leben extrovertiert → online: profitieren von starker Mediennutzung, da sie das In-
ternet für sich nutzen können
• Im realen Leben introvertiert → online: weniger gut das Potential des Internet nutzen können

Moderator: Selbstkontrolle (hat man sich im Griff, kann man es regulieren, kontrollieren)

• Verhindert permanente Beschäftigung mit Smartphone u. Beeinträchtigung des Alltags durch


das Smartphone
• Defizitäre Selbstkontrolle als Prädikator für problematische, zwanghafte oder exzessive Nut-
zung des Internets (Bianchi & Phillips, 2005; Brand et al., 2015)
• Jugendalter → Phase mit geringem Maß an Selbstkontrolle

Kann man widerstehen, bei einkommenden Benachrichtigungen nicht aufs Handy zu schauen. Je
weniger man das kann, desto eher ist man anfällig für die negativen Effekte des Internets, da man
permanent damit mental/kognitiv beansprucht wird.

Moderator:Social Compensation Hypothesis (Lee et al., 2009)

Weniger Einsamkeit bei Internetnutzung von

• Menschen mit Behinderung (Barak, et al, 2008; Tichon & Shapiro, 2003)
• Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen (Bessiere et al., 2008)
• Menschen mit physischen Erkrankungen (z.B. AIDS, Diabetes) (z.B. Mo & Coulson, 2010;
Sullivan, 2003; Weis et al., 2003)
• Älteren Menschen (Blažun et al., 2012; CoWen et al., 2012)

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M. Topić PSYCH SS 2022
Moderatoren: Familie

Jugendliche: Kommunikation über das Internet mit den Eltern („communication quality“): feelings
when kids talk about their Internet use with their parents (“I feel comfortable”, “I feel understood”, “I
feel taken seriously”), vgl. Appel et al., 2012

Elterliche Medienerziehung

• Eltern sind Vorbilder im Handyumgang


• Bestimmen aber auch Internetnutzung von Kindern u. Jugendlichen durch erzieherische Maß-
nahmen mit
• Unterschiedliche Erziehungsstile
o Autoritär/restriktiv
o Vernachlässigend
o Permissiv
o Autoritativ

Einsamkeit

Machen digitale Medien tatsächlich „einsam u. unglücklich“?

• Meta-Analysen zeigen keinen Zusammenhang zw. Internetnutzung u. Einsamkeit


• Längsschnittstudien: exzessiver Internetkonsum erhöht Einsamkeit
• Wichtige Einflussfaktoren wie Persönlichkeit, Selbstkontrolle, familiäres Umfeld u. Erzie-
hungsstil müssen berücksichtigt werden
• Reduktion von Einsamkeit für Ältere bzw. Menschen mit besonderen Bedürfnissen

Wirkung v. digitalen Medien: Leistungsfähigkeit

Illusion von Second-Screening, die gleichzeitige Nutzung von mobilen Endgeräten eig. kein Problem
ist, da man denkt man hätte es unter Kontrolle.

Leistungsfähigkeit

Lepp et al., 2014

• N=536 Studenten (340 weiblich) ganz unterschiedlicher Fächer


• Fragen zur Smartphone-Nutzung, Ängstlichkeit, Le-
benszufriedenheit
• Durchschnittsnoten ihrer Leistungen an der Univer-
sität (Grade Point Average – GPA)
• Durchschnittliche tägliche Nutzungszeit des Smart-
phones betrug in dieser Studie 4 Std. u. 39 Min.

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M. Topić PSYCH SS 2022
Kritikpunkt an der Studie:

• Nicht bekannt wie die Noten wären ohne Smartphone-Nutzung


• Studie ist von 2014, daher andere Vorstellung von Internetnutzung
• Was wurde am Smartphone gemacht? Spiele spielen oder gelernt am Handy?
• Keine Panelstudie, kein Experiment, keine Kausalität; sehr undifferenzierte Auffassung der
Nutzung

Große Problem/Herausforderung ist die Impulskontrolle, denn die Smartphone-Kommunikation


gibt eine sofortige Gratifikation (positives Feedback), bei anderen Sachen wie lernen bekommt
man die Gratifikation zeitversetzt. Man muss sich das ganze Semester Mühe geben, um dann die
Note zu bekommen.

Fear of Missing out (FoMo)

• Unterschiedlich stark ausgeprägte Angst, dass


Freunde mehr erleben als man selbst
• Personen mit höheren FoMo-Werten → nutzen soziale Medien stärker (Knop et al., 2015)
• FoMo ist einer der wichtigsten Prädikatoren für problembehaftete Smartphone-Nutzungswei-
sen (Przybylski et al., 2013)
Problembehaftet heißt hier, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist es zu steuern, das
Handy steuert einen

Multitasking

• … als Erklärung für die negative Beziehung zw. Smartphonenutzung u. akademischer Leis-
tungsfähigkeit (Jacobsen & Forste, 2011; Junco & Cotton, 2011, 2012; Rosen, Carrier, &
Cheever, 2013; Wood et al., 2012)

Barr et al. (2015): „The brain in your pocket”

• Smartphone als “extended mind”: Smartphone übernimmt das Denken für uns
• D.h. ein externes kognitives System übernimmt eine Funktion, die sonst über „interne“ kog-
nitive Prozesse läuft
• These: those more prone to rely intuitive cognitive heuristics should be more prone to heavy
Smartphones use.” (S. 474)
• Messung:
o Cognitive Style: 4 base-rate problems, 14 item (heuristics and biases” battery
o Cognitive Style: 3 item numeracy test und Wordsum verbal intelligence test

Studie – Folie 35

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M. Topić PSYCH SS 2022
Schlaf

Studien zeigen, dass die Nutzung elektronischer Medien einhergeht, mit:

• Späteren Einschlafzeiten
• Kürzerer Schlafzeit
• Gesteigerter Müdigkeit tagsüber
• Verstärktem Aufwachen während der Nacht u. Alpträumen

ABER:

• Meta-Analysen zeigen, dass eine durch PC-Spiele angereicherte Lehrform dem traditionellen
Unterricht überlegen, sein kann
• Unterschiedlich deutliche Wirkungen je nach Spielgestaltung

Take home message

„machen digitale Medien tatsächlich <<dick, dumm, aggressiv, einsam, krank u. unglücklich>>? Spit-
zer, 2012, S. 325 | Es kommt darauf an…

• Exzessive Nutzung v. digitale Medien, insb. Internet u. Smartphones kann negative Konse-
quenzen haben, wie
o Geringere soziale Interaktionen
o Schlechtere Leistungsfähigkeit
• Jedoch hängt dies von Bedingungen ab, die nur ansatzweise erforscht sind
• Mehr längsschnittliche Panel Studien u. Analysen v. Moderatoren notwendig

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