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WIRTSCHAFTLICHE UND GESELLSCHAFTLICHE
BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN
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IM SPIEGEL DES SIEBENBURGISCH-SĂCHSISCHEN
WORTSCHATZES IV
VON
G. KLASTER-UNGUREANU
UN
nung nicht wirklich werden, daber „ist die Sprache die unroittelbare
Wirklichkeit des Denkens” (Marx). Ohne den Ausdruck kann der Begriff
auch nicht mitgeteilt und fur die Tătigkeit des Menschen nicht von Bedeu-
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tung werden. Alles Neue, das im Leben auftritt, erscheint alsbald auch
in der Sprache. Das Alte jedoch, das im Lăute der Zeit aus der n'ensch-
lichen Gesellscbaft allmăhîich schwindet, bleibt in der Sprache noch lange
erhalten. Das ist die Eigentiimlichkeit der Sprache, die es uns ermoglicht,
in die Vergangenheit eines Volkes viei tiefer einzudringen, als es die Chro-
I/
niken und andere historische Denkmăler gestatten. Und weil die Sprache
in ihrer Entwicklung den Stempel der Denkart des betreffenden Volkes
S
trăgt, fordern die Sprachforschungen manche Ziige aus dem Leben des
Volkes zutage, iiber welche die schriftlichen Quellen — die ja meist aus
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kerung aus Siebenbiirgen und den dort seit der Mitte des 12. Jahrhunderts
siedelnden sogenannten Siebenbiirger Sachsen der Fall.
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«. - c. 2346
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198 G. KLASTER-UNGUREANU 2
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Die Geschichte der Siebenbiirger Sachsen ist verhăltnismăBig gut
bekannt. Ihrer Aufhellung haben sich zahlreiche rumănische und deutsche
Historiker des Landes gewidmet. Das Hauptwerk in dieser Hinsicht —
aller spăteren Berichtigungen und Ergănzungen ungeachtet — ist noch
LI B
immer die alte „Geschichte der Siebenbiirger Sachsen” von Georg Daniel
und Friedrich Teutsch, deren erste Ausgabe 1852 —1858 erschien. In
den Seiten der „Sachsengeschichte” finden wir keine befriedigende Antwort
auf die Frage, die uns beschăftigt. Die Verfasser konnten selbstverstândlich
nicht iibersehen, daB die Bevolkerung Siebenbiirgens seit ăltesten Zeiten
Y
verschiedener Volkszugehorigkeit war. Die Beziehungen zwischen den
einzelnen Bevolkerungsgruppen werden jedoch nicht als friedliches Zusam-
T
menleben der Rumănen, Ungarn, Sachsen, Szekler, usw. dargestellt, son-
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dern als ein politisch bestăndig mehr oder weniger gespanntes Nebenei-
nander. Fur die Rumănen im Besonderen geht den Verfassern jegliches
Interesse ab. Sie erwăhnen sie anfangs als Hirtenbevolkerung der Rând-
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gebirge, spăter als „geduldete Nation” und schlieBlich als schleichende
Gefahr fiir die Geschlossenheit der Universitas Saxonum. Der letzte
Baud des Werkes schlieBt mit dem Jahre 1919, so daB das Leben der
IV
Sachsen in ihrem „neuen” Vaterland, Rumănien, die Verfasser nicht
mehr dazu veranlassen konnte, der Rolle, welche die „geduldete Nation”
fiir das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben der Sachsen gespielt
UN
daB die „Hirten” nicht als „Gefahr” fiir die okonomischen und politischen
Vorrechte der Sachsen gemieden wurden, sondern daB im Gegenteil
zwischen der rumănischen und săchsischen Bevolkerung ein unmittel-
TR
barer Verkehr bestand, je nach der Gegend hăufiger oder schwăcher, und
dies dem Verbot der „Konzivilităt auf Konigsboden”, das bis zum Jahre
1781 in Kraft stand, zum Trotz. Dieses Privileg der Sachsen, das die Ansied-
EN
lung von Angehorigen anderer Nationalităten auf dem Gebiet „von Broos
bis Draas” ausschloB, konnte es nicht verhindern, daB die săchsischen
Bauern, sobald sie die gesamte Feldwirtschaft auf der Gemarkung ihrer
Gemeinden mit den Arbeitskrăften ihrer Familien nicht mehr bestellen
/C
mannstădter, Orlat auf GroBauer, Cărpiniș auf Urweger, Deal auf Kel-
linger Hattert usw. Die steigende Zuwanderung der Rumănen in diese
Siedlungen, spăter dann auch in die săchsischen Dorfer selbst, fiihrte zur
IA
Ausbildung von drei Dorftypen auf Konigsboden : Dorfer mit rein rumă-
nischer, rein săchsischer und mit gemischter Bevolkerung. Im 18. Jahr-
hundert suchten die săchsischen Autorităten der Zuwanderung der Ru-
U
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Dorfern auf Sachsenboden (las Eigentumsrecht liber elen gepachteten
Grund verlieh. Die gleichzeitige endgiiltige Aufteilung des Kommunal-
grundes an die săchsischen Familien bildete den entscheidenden Schritt
im Ubergang von der feudalen zur kapitalistischen Produktionsweise und
LI B
fiihrte zur grundlegenden Umgestaltung der gesellschaftlichen Struktur.
Von da an erschienen die Sachsennicht mehrgeschlossenals Ausbeuterschicht
und die auf Kbnigsboden siedelnden Bumănen nicht mehr in ihrer Gesamt-
heit als Ausgebeutete, sondern es trat innerhalb der Bauernschaft beider
Nationalităten allmăhlich die Gliederung in die fur den Kapitalismus
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charakteristischen Schichten der Buralbevdlkerung zutage : GroBbauern,
Mittelbauern, Kleinbauern und Tagelohner. Der Kontakt zwischen den
T
Nationalităten gestaltete sich nun anders : GroBbauern und Tagelohner
SI
beider Volkszugehorigkeit kanien im tăglichen ArbeitsprozeB in gegen-
seitigen engen Verkehr. Vom Standpunkt der Sachsen aus bedeutet dies,
daB einerseits der săchsische Arbeitgeber auch Bumănen als Tagelohner
ER
und Hausangestellte dingte, wăhrend andererseits der săchsische Klein -
bauer und Tagelohner Seite an Seite mit dem rumănischen Klassengenossen
arbeitete. Das ergab eine besonders giinstige Bage fur die sprachliche
Entlehnung. Die Mittelbauern hatten daran dank ihrer wirtschaftlichen
IV
Isoliertheit weniger Anteil. Nach der Befreiung unseres Vaterlandes vom
faschistischen Joch erhielten die Beziehungen zwischen Bumănen und
UN
werden, daB sowohl Bumănen als Sachsen frtiher wie heute gar manches
voneinander lernen konnten. Sie tauschten neue Begriffe aus, die zur
Verbesserung der beiderseitigen Lebensweise sowie zur Bereicherung des
Wortschatzes beider Sprachen gereichten.
NT
Wie aus dem Folgenden zu ersehen ist, tragen die aus dem Bumă
nischen ubernommenen Worter dem Anschein nach die Merkmale einer
jungen Entlehnung. Das zeigt vor aliem die ziemlich schwache lautliche
Angleichung der rumănischen Worter an die Eigenart der siebenbiirgisch-
CE
săchsischen Mundart. In sehr wenigen Făllen haben die bald acht Jahr-
hunderte alten Entlehnungen den rumănischen Lăut- und Betonungs-
charakter vollig verloren. Der EindeutschungsprozeB geht aber im Sieben-
biirgisch-Săchsischen wegen des fortbestehenden lebendigen Kontaktes
I/
mit der Fremdsprache sehr langsam vor sich. Es darf daher das Alter der
Entlehnungen nicht unterschătzt werden. Dem gleichen Umstand ist auch
S
das zweite Merkmal fur eine Entlehnung scheinbar jungen Daturns zuzu-
schreiben, nămlich eine gewisse Zweisprachigkeit unter der săchsischen
IA
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Beriihrung von Volk zu Volk. Es bestand im gegebenen historischen
Moment die Notwendigkeit, rumănische Worter in die săchsische Mundart
einzuflechten. Diese Entlehnungen batten jedoch kein unbegrenztes Ver-
breitungsgebiet, sondern waren an einen gewissen Lebensbereich gebnnden.
LI B
Es ist eine sehr anziehende Aufgabe zu untersuchen, wie sicb der Verkehrs-
bereich der Entlehnungen aus dem Rumănischen entwickelt hat. Anfangs
gebrauchten die Sachsen diese Worter wohl ausschlieBlicli dann, wenn
von den Rumănen die Rede war. Sobald die Rumănen die Sprache der
Y
Sachsen erlernt hatten — was oft der Fall war — wurden diese Worter in
die Unterhaltung mit den Rumănen eingeflochten, um ihnen das Ver-
T
stăndnis des Săchsischen zu erleichtern, auch waren die entlehnten Aus-
driicke in solchen Gesprăchen gewiB immer treffender und anschaulicher
SI
als die săchsischen. Diese beiden Bedingungen — das Sprechen von und
mit den Rumănen — waren aber Kennzeichen sine qua non des tăglichen
ER
Lebens der săchsischen Landbevblkerung, davon werden die weiter untep
erbrachten Wortschatzproben den Leser iiberzeugen. Die Hăufigkeit ihrer
Verwendung fiihrte allmăhlich zur Einburgerung der rumănischen Worter
in die Rede des săchsischen Bauern im allgemeinen, auch ohne daB ihr
IV
Gebraucli vom Rumănen als Gesprăchspartner oder -gegenstand bedingt
wurde. Die năcliste Stufe war dann die Verdrăngung der althergebrachten
săchsischen Synonyme, allerdings nur aus dem tăglichen Gebrauch, nicht
UN
aber aus dem Gedăchtnis der săchsischen Bevblkerung. Auf dieser Stufe
stehen wir heute. Zum Unterschied von den săchsischen Intellektuellen
der Landgemeinden, deren Rede sich von den rumănischen Entlehnungen
moglichst rein- und an den Sprachgebrauch der săchsischen Stadtbevbl-
AL
kerung hălt (was von den Bauern als Geziertheit verhohnt wird), zieht
der săchsische Bauer die rumănischen Ausdriicke als treffender, wirkungs-
voller, lebendiger vor und entschuldigt sich dieser seiner Vorliebe wegen,
TR
wenn er sich das im Gesprăch mit dem Pfarrer oder Lehrer des Dorfes
erlaubt. Er verwendet dazu die immer wiederkehrende Formei ,,Wă mir
sprechen” (wie wir sagen), z. B. : „Et sen dicli — wă mir sprechen — nor
Kotetzker !” (Es sind ja — wie wir sagen — nur Hutten ! Rum. coteț =
EN
Hiitte, Stăllchen). „Mir” (wir) sind hier die Bauern, ist die Masse der
săchsischen Landbevolkerung jeglicher gesellschaftlichen oder land-
schaftlichen Zugehorigkeit.
Die Entlehnungen rumănischer Herkunft im siebenburgisch-săch-
/C
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1>) Worter, die sicii durch phonetische und morphologische Verăn-
derungen an die săchsische Mundart angeglichen haben (z. B. Bussiok,
Ardi, Stine, Kasch, Krazewez, sich herenin, sicii propedjin usw.).
Ihrer Bedeutung nach verteilen sich die entlehnten Ausdriicke auf
LI B
die verschiedensten Tătigkeitsbereiche.
Die Siebenbiirger Sachsen betraten bei ihrer Einwanderung kein
unberiihrtes Gebiet. Durch das ihnen verliehene Land waren im Laufe
der Geschiehte viele Volker gewandert. Es war kein „desertum”, wie
die Uberlieferung meldet. Damals war es die Heimat der Rumănen und
Y
anderer Volkerschaften. Die Einwanderer hatten es deshalb nicht notig,
T
die Berge, an denen sie vorbei, und die Fliisse, an denen sie entlang zogen,
zu benennen. Das Land war mit geogra/phischen Namen schon versehen,
SI
man brauchte sie bloB nachzusprechen. Deshalb gibt es im Siebenbiirgisch-
-Săchsischen nur wenig eigene Gebirgs- oder FluBnamen. In weitaus den
meisten Făllen gebraucht man den magyarischen oder rumănischen Aus-
ER
druck, teils in einer angepaBten, teils in urspriinglicher Form. So heiBt es :
Der Mieresch < magy. Maros aber der Zabeng < rum. Cibin
der Zăckesch < rum. Secaș
IV
der Negoi < rum. Negoiu
usw.
Als Flurnamen, die zum grofiten Teii deutscher Herkunft sind,
UN
< rum. baltă /Wb. I. 401/ oder „Mutsirle” < rum. mocirlă /Gr. 37,/
derselbe im Unterwald oft „Morghîle” genannt. Die Seltenheit der entlehn
ten Flurnamen ist u.a. auch ein Beweis dafiir, daB die Einwanderer den
EN
Grund zu ihren Siedlungen selbst legten und nicht etwa die Bewohner
schon vorhandener Dorfer verdrăngten.
Rumanische Stadt-und Dorfnamen wurden beibehalten. So heiBt es :
Bukerescht < rum. București/HMH. 109/
/C
gesessen, und das, weil sich in Gherla damals ein in ganz Siebenburgen
beriichtigtes Gefăngnis befand.
Von besonderer Bedeutung fur die Einstellung und Haltung der
IA
săchsischen Einwanderer zum Rilmănentum ist der Name, den die rumă
nischen Einwohner des Landes im Munde des Sachsen tragen. Sie sind
• allgemein unter dem Namen : der Bloch, PI. de Bloch bekannt. Die Rumă-
U
nin heiBt : de Blechăn und ihre Tochter : det Bksihken. Das Eigenschafts-
wort dazu ist „blesch”. Es handelt sich hier um die dem Siebenb. Săchsi-
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202 G. KLASTER-UNGUREANU 6
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schen angeglichene Formdes zur Zeit der Einwanderung amtlichen latei-
nischen Namens der rumănischen Bevdlkerung des Landes : „Valachi”
oder „Vlachi”, der durch einen w — b — Wechsel die Form „Bloch”
annahm. Zum Unterschied von der in Deutschland fur die romanischen
LI B
Volker gebrauchten allgemeinen Bezeiehnung „Welsche” und der in
Siebenbiirgen seit der Zeit der osterreichisclien Herrschaft iiblichen Bezeich-
nung fiir die Rumănen : „Walachen”, hat das Wort ,,Bloch” keinen
pejorativen Sinn, sondern ist ganz einfach ein Volksname. DaB „Bloch”
Y
sicii im siebenb. săchs. Wortschatz ohne jede verăchtliche Bedeutung
eingeburgert und diesen Sinn bis in unsere Zeiten bewahrt hat, zeugt
T
davon, daB die Masse des săchsischen Volkes diesen Volksnamen von
aller Anfang an in rein ethnischer Bedeutung aufgefaBt hatte und sich
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davor scheute, diesem elirbaren Namen abschătzigen Inhalt zu verleihen.
Man hielt die Rumănen wie jedes andere Volk, zu dem man in nachbar-
ER
liche Beziehungen getreten war, fiir achtungswert, auch wenn sich im
Lauf der Zeiten Zwistigkeiten ergaben, die zu den scherzhaften oder auch
ironischen Beinamen AnlaB gaben, die fast jedes Volk der Erdoberflăche
sein eigen nennt. Solche Namen spotten gewohnlich iiber bestimmte
IV
Eigenschaften oder andere Kennzeichen des betreffenden Volkes. Fiir
die Rumănen hat das Siebenb. Săclisische, da der Begriff „Bloch” sich
UN
dazu nicht eignete, eine Anzahl von Komposita gebildet, deren Bestim-
mungsworter die Beschăftigung und andere Lebensbedingungen der
Rumănen andeuten. Solche sind : Băschbloch (Wald- eigtl. Busch-),
Geberchsbloch (Gebirgs-), Brinsebloch (Kăse-, < rum. brînză), Mâres-
bloch (Meiereirumăne). Weiterhin : Der Moi < rum. Interj, măi !, der
AL
Wlez < rum. fleți; Pluraletanta wie : Dă ăn den Opintschen (die in den
Bundschuhen < rum. opinci), de Wârbes (Die Bundschuhe), de Stef-
brăder (die Stiefbriider) usw.
TR
Fiir das Land der Rumănen gibt es im Siebenb. Săchs. drei Ausdriicke.
Am weitesten verbreitet ist heute „det Bleschlând” = das rumănische
Land. Der zweite ist „det Regat” < rum. regat, der erst am Ende des 19.
Jahrh. auftauchte und die urspriingliche Bedeutung „Konigreich” vollig
EN
verloren hat. „Det Regat” ist Iediglich das Land sudlich der Karpathen
bis zur Donau. Der dritte Ausdruck ist „de Zare” < rum. țară = das
Land /Z.K.9./ Der Ausdruck „Zâre” ist der ălteste und wurde durch die
/C
wird der rumănische Ausdruck gewohnlich von den alten Leuten gebraucht.
BC
RA
An andern Orten wieder wurde der rumănische Name iibersetzt Viele
der von KrauB gesammelten Bezeichnungen sind auch fur Siidsieben-
biirgen durchaus giiltig
In der Regel wechseln rumanische und săchsische Pflanzennamen
LI B
je na eh der Gegend im Gebrauch. Wo sich der rumanische Ausdruck
iiberall durchgesetzt hat, liegen besondere wirtschaftliche Bedingungen
vor. So z. B. liaben die Einwanderer bestimmt schon aus ihrer Heimat
her Heidelbeeren und Pilze gekannt. Die deutschen mundartlichen Bezeich
nungen fur diese beiden Begriffe sind jedoch fast spurlos verschwunden,
Y
hieund da taucht „Wolpern” = Waldbeeren oder „Schwâm” = Schwamm
T
auf. Sonst hei Sen sie allgemein :
Afunje Pluralet., Affnje, Afin, Ăfentcher
SI
= gemeine Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) < rum. afină,
pl. afine, vgl. magy. âfonya. DaB das Wort nicht aus dem
ER
Magyarischen iibernommen wurde, beweist der Akzent der
beiden ersten Formen. Die beiden letzten Formen, die den
Akzent auf der ersten Silbe tragen, was in der Regel bei den
sbs. Lehnwortern das Kennzeichen der magyarischen Herkunft
IV
ist, geben die in Sudsiebenbiirgen iibliche Betonung der rumă-
nischen Ausdrucke wieder. Die Heidelbeerverkăufer rufen
in der Hermannstădter Gegend : Cumpărați afine ! Die letzte
UN
RA
(sbs. „Boiaschen” < rum. băieși), sowie diejenige der Biittenbinder oder
„Motzen” aus dem siebenbiirgischen Erzgebirge, biirgerte einige Bezeich-
nungen, besonders fiir die verschiedenen Holzarten, aus denen die auf den
Jahrmărkten zum Verkauf feilgebotenen Loffel, Mulden, Schăffer und
LI B
Troge verfertigt waren, ein :
Goron m = Steineiche (Quercus robur) < rum. gorun/Kr. 169/
Kârpen m. — Gemeine WeiBbuche (carpinus betulus) < rum. carpin
/Kr. 76/.
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Pilit, jiu m. = Ahorn (Acer) < rum. paltin /Kr. 3/.
Plopp m. = Pappel (Populus piramidalis) < rum. plop /Kr. 430/.
T
Tirsch = junge Hainbuchen, Dickicht < rum. tîrș /Kr. 45/.
Bubes, Buibes m. = ein Knorren im Holz, der dem Schnitzer Ârger
SI
bereitet, < rum. bubă /Gr. 14/.
Putregai m. = faules Holz < rum. putregai. /Gr. 17/ u. a. m.
ER
Auch einige Blumen sind den Sachsen unter rum. Namen bekannt,
aber nur dann, -vremi es sich um solche Blumen oder Krăuter handelt,
die bei der rum. Bevolkerung besonders beliebt sind :
Bussiok m„ Basilienkraut (Ocimum basilicum) < rum. busuioc
IV
/Wb. 1.842, Kr.289/. Sbs. Syn. Beziltch. Da das Basilienkraut
ein bei den Rumănen sehr beliebtes wohh'iechendes Kraut ist,
UN
Buchweizen. Der erstere heiBt heute sbs. „Kukuruz”, ein iiber das Magya-
rische eingedrungenes Wort tiirkischen Ursprungs. Rumănischer Herkunft
sind jedoch :
Malâi m. = Maismehl <z rum. mălai. /Kr. 623/.
EN
Olenk, Uelenk m.,= Spelt od. Spelz, Dinkel (Triticum spelta) <rum.
alac. /Wb. I. 63, Kr. 568/. Das Wort ist zum ersten Male
1559 schriftlich belegt. Die bei rum. Lehnwortern seltene
Tonverlegung lăBt darauf schlieBen, daB das Wort iiber die
SI
magy. Form alak (heute magy. alakor < rum. atacuri) ins
Sbs. eindrang.
IA
RA
Fusoi, f., pl. Fasulen, = Bohne < rum. dial. fusoi, lit. fasole ;
sowie Bezeichnungen fur einige der wichtigsten Unkrautarten, die mau
beim Hacken und Graben alljăhrlich auszurotten sucht :
LI B
Fărike f.. = Farn (Filicales) < rum. ferigă. /Kr. 159/.
Lobodje f.,= Rauhaariger Amarant (Amaranfus retroflexus)< rum.
lobodă. /Kr. 22, U1/.
Schtirr m., = gemeiner Amarant (Amarantus blitum) < rum. știr.
/Kr. 20, 87/. u.s.w.
Y
Allerhand Gemiisearten werden im Săchsischen stets oder auch nur
gelegentlich mit dem rumănischen Ausdruck bezeichnet. Es handelt sich
T
meist umxden Einwanderern unbekannte Erzeugnisse :
SI
Arde m., Spanischer Pfeffer (Capsicum annuum) < rum. ardei.
/Wb. I. 178, Kr. 68/. Hat kein Synonym.
Tchipârke, f. Tchiperusch m.,= kleine scharfe, Paprikaart < rum.
ER
piparcă, pipăruș. /Kr. 69, Gr. 45/. Wird auf dem Lande auch
fur den oben erwăhnten „spanischen Pfeffer” gebraucht.
Krâzewez m.,= Gurke < rum. pl. castraveți. /HMH. 78, PS. 16/.
Es ist der in Siidsiebenbiirgen vorkommende Name fur jegliche
IV
Gurkenart. Die Pluralform wurde in der Einzahlbedeutung ins
Sbs. iibernommen. Die Metathesis ist oft schon im Rumănischen
UN
Weinkultur.
Zahlreiche Entlehnungen beziehen sich auf das Tierreich. Es handelt
sich dabei allerdings nicht so sehr um Gattungsnamen. Unbekannte Tiere
haben die Einwanderer in der neuen Heimat nicht vorgefunden. Die
NT
Bauern die Kuh war, die er gegebenenfalls dem Sachsen verkaufte. Es ist
gleichzeitig ein Fingerzeig fur die wirtschaftliche Lage der rumănischen
IA
1 Die mit U vermerkten Worter gehoren zur Mundart von Urwegen (Gîrbova).
BC
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G. KLASTER-UNGUREANU 10
RA
Ii! geh !; tscha ! nach rechts !; hois ! nach links !; ho ! steh !; brr !
steh ! usw. werden von Rumănen und Sachsen stets im gleichen
Tonfall gesprochen.
LI B
Fur fehlerhaftes Zugvieh kennt der săchsische Bauer fast durchwegs
nur rumănische Ausdriicke :
Ălbu m., < rum. alb, Schimmel. Im abschătzigen Sinn gebraucht,
das Tier ist den Sachsen anscheinend zu sanft. /Wb. I., 66/.
Ărbe, Uârbe f., < rum. orb, oarbă, blinder Gaul. Eigenname und
Y
Schimpfwort, wenn die Pferde beim Pfliigen aus der Furche
treten. /Wb. I., 173/.
T
Gluâbe f., < rum. gloabă, elende Măhre /Kbl. 36/, fig. auch : misera-
bles Frauenzimmer.
SI
Hirbe f., < rum. hîrb(ă), elendes Viehstiick /Kbl. 36/.
Hibe f., < rum. dial. hibă, Fehler, Gebrechen /Kbl. 36, U/. Gemeint
ER
ist damit ein korperlicher Fehler des Tieres.
Narâf m., < rum. narav, Laune, bose Gewohnheit /NM 32, Kbl.
36, U/. Vor aliem von den Biiffeln heiBt es in ganz Siebenbiirgen,
daB sie „narâwich” sind.
IV
Was bedeuten all diese Wortkategorien fur die Sache, die uns beschăf-
tigt ? Erstens : daB zwischen Rumănen und Sachsen rege Handelsbezie-
UN
hungen bestanden, nămlich Kauf und Verkauf von Zug- und Milchvieh,
wobei Namen, Vorziige und Măngel der Tiere immer zur Sprache kommen.
DaB nur Namen fur weibliche und Bezeichnungen fiir fehlerhafte Tiere
aus dem Rumănischen iibernommen wurden, ist so zu erklăren, daB mit
dem rumănischen Handelspartner meist iiber dergleichen verhandelt
L
ist das ein Fingerzeig auf die wirtschaftliche Lage des Rumănen. Und
zweitens : daB die Pflege und das Antreiben der Zugtiere in den săchsischen
Wirtschaften dem rumănischen Knecht anvertraut war. Diese Erkenntnis
ist vom gesellschaftlichen Standpunkt besonders wichtig. Der Rumăne
NT
hatte ja kein Recht, als Siedler auf Konigsboden zu leben, wohl aber als
Lohnarbeiter. Sein Auftreten in den săchsischen Wirtschaften ist das
erste Zeichen der gesellschaftlichen Zersetzung der freien Bauernschaft, die
durch ihre Auswanderung aus Deutschland der Horigkeit entgangen war,
CE
RA
Bătsch m., = Senne < rum. baciu. /Wb. I. 416, Gr. 10/.
Berbetsch m., = Hammel, Schops < rum. berbec, -ci. /Wb. I. 517/.
Die Bezeichnung ist iu Nordsiebenbiirgen allgemein fur das
mănnliche Schaf gebrăuchlich. Im Siiden Syn. „Hummel,
LI B
Hamei”, aber auch „Berbek”. Das Wort ist sclion 1634 urkund-
lich belegt. 1658 schickte man an tiirkische Gesandte u.a.
„etlicbe berbenzker”. Von dem Hauptwort ist ein Zeitwort
abgeleitet worden : berbekăn = das Bell abziehen.
Brinse f., = fertiger Schafkăse < rum. brînză. /Wb. I. 743/. Dader
Y
Schafkăse von rum. Hirten gemacht wird, heiBen die Rumănen
auch : Brinsebloch.
T
Burdufkes m., = in eine Schafhaut eingedriickter Schafkăse /Wb. I.
SI
818/. ,,Burduf” = Balg < rum. burduf. Das Wort ist allgemein
verbreitet.
Foâlekes m., = dasselbe. „Foaie” — Kăsebalg < rum. foaie.
ER
Kăsch m., = frischer, ungesalzener Schafkăse < rum. caș.
Ser f., = Molke < rum. zer. Das Sbs. kennt keinen andern Ausdruck
fur Molke oder Buttermilch.
IV
tlrde, Ordaf., = Siifikăse <rum.urdă.Nurunterrum.Namenbekannt.
Noâtentchen n., = einjăhriges Lamm < rum. noatină. /U/.
Stirpe f., = unfruchtbares Muttertier < rum. sterp. /Gr. 43/.
UN
Flur f., = Hirtenflote <rum fluer. /Gr. 28, Wb. I 421, 423 Lien 14,
Tr, 10, 17/ Bei diesem Wort ist jegliches BewuBtsein seiner
fremden Herkunft verschwunden. Zu ihm gehoren zwei Zeit-
worter und zwei Eigenschaftsworter : Fluren und fluiern,
SI
RA
Gelegenheiten bestickte, enge Manschetten uni das Handge-
lenk. Diese heiBen „Fluren”. Das Hemd ist dann „flurich”.
3. Kn.och.en des Oberschenkels und Oberarmes als Uber-
setzungslehnwort aus rum. fluerul piciorului.
LI B
4. Nichts, Pappenstiel. Mer bekuD en Flur ! = Wir bekommen
nichts. Huest te ăst bezuelt ? — En Flur ! = Hast du etwas
bezahlt ? — Keine Spur !
Fluren v. = 1. pfeifen, floten, blasen.
Y
2. abweisen, pfeifen auf etwas. Ich fluren der
draf = ich pfeif dir drauf !
T
Auch die typische Kleidung der rum. Hirten hat im Munde der
Siebenbiirger Sachsen ihren Namen behalten.
SI
Koshok m., zottiger Schăferpelz < rum. cojoc. /Gr. 36, Kbl. 36/.
Kuschme f., Pelzmiitze < rum. cușmă. /Gr. 36/.
ER
Botz m., Stock, Kniippel < rum. băț. Fig. stămmiger Kerl (in derber
oder scherzhafter Eede.) /Gr. 23, HMH. 33, Wb. I. 698/.
Opintsch m., PI. -en, Bundschuh < opincă, pl. opinci. /VIE. 54,
Gr. 38/. Da die rumănische Bevolkerung friiher allgemein
IV
Bundșchuhe trug, wurde das Wort : ,,Dă ăn den Opintschen”
zum Ubernamen der Rumănen.
UN
RA
Die fiir Landwirtschaft und Haudwerk notigen Gerâte wurden von
den Sachsen zum groBten Teii aus ihrer Heimat mitgebracht. Daher finden
.sich nur selir wenig rum. Bezeichnungen auf diesem Gebiet, mit Ausnahme
der Gerăte, die im tăglichen Umgang mit dem Zugvieh gebraucht wurden :
LI B
Ftîrke f., Mistgabel < rum. furcă. Vari'anten : Furkoi, m.,
Furkdichen n., /Wb. II. 531, Gr. 28, Wb. II. 532/. Das ăhnliche
sbs. Wort „Furk” = gabelformiger Bestandteil am Hinter-
gestell des Wagens, ist moselfrănkisch und stammt aus dem
Lateinischen. DaB aber „Furke” kein Wort rheinischer Her-
Y
kunft ist, beweist der Endvokal.
Lopât f., Mistschaufel < rum. lopată. /U/. Das Wort hat die rum.
T
Endung verloren.
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Karutz f., leichter Wagen < rum. căruță /Kbl. 36, ThK/
Scherijel f , Wagenkorb < rum. dial. șiriglă. /Kbl. 36, ST. 1, U/.
Svn. „SchoBlîter”.
ER
Burloi f., tonerner Wasserkrug der Feldarbeiter im Burzenland <
< rum. burlui (Rohre). /‘Wb. I. 829/.
Treister, Teister m., lederner Sack < rum. traistă /Gr. 45/.
Die typischen Wirtschajtsgebăude der sbs. Bauernhofe sind liberal] :
IV
die Scheune mit dem darin eingebauten Stall und der Gerăteschuppen.
Dagegen hat die rum. Bauernwirtschaft : șură (Scheune), coteț (Schweine-
UN
stall) und hambar (Speicber). Die beiden letzten Begriffe wurden mit
Bedeutungsverănderung auch ins Săchsische ubernommen, dazu auch zwei
Bezeichnungen fiir kleine, ărmliche Hiitten :
Hambar n., Kornkasten < rum. hambar., /Fr. 115, Gr. 30/. Gemeint
sind damit die Kornspeicher hinter den feuersicbern Mauern
L
ist, da den Rumănen der Zutritt zu den Ziinften verweigert war und sie
deshalb nieht als „ehrliche” Handwerker galten. Viele von ihnen verdienten
IA
als wandernde Handwerker ihr Brot. Die Zigeuner bildeten eine Aus
nahme : Sie waren fast durchwegs die seBhaften Schmiede der Dorfer.
Baros m., groBer Schmiedehammer, auch groBer Holzhammer <
rum. baros./Wb. 1.411, Gr.2 1/. Svn. Schliejel (Schlăgel), PIrel.
U
RA
Barde f„ Zimmermannsbeil < rum. bardă. Das Wort wird als fremd
empfunden, obwohl es seinerzeit aus dem Mittelhochdeutschen
ins Rumănische drang, (mhd. barte = Streitaxt). /Wb. I. 406,
Gr. 21/. Auf eine Herkunft von dem Mittelhochdeutschen kann
LI B
man deshalb nicht schlieBen, weil das Wort lautlich genau der
rum. Form entspricht, als fremd empfunden wird und von der
mhd. Form abgeleitet einen ganz andern Lautbestand aufge-
wiesen hătte, (etwa buart). In Malmkrog heiBt der Zimmer-
mann „Bardâsch”.
Y
Boiâsch m., PI. Boiâsch, Zigeuner, der mit Holzloffeln, Korben und
T
Besen handelt < rum. băiaș, băieși /U/. Bedeutete rum.
urspriinglich „Goldwăscher”.
SI
Ferestâr m„ Glashăndler < rum. ferestar. /Wb. II. 352/. „Fero”
ist ein Schreckruf fur Kinder und ist nichts anderes als die
ER
Wiedergabe des langgezogenen Bufes dieser Glashăndler,
woirit sie sich beim Durchwandern der Dorfer bemerkbar
machen : „Ferost !” < rum. dial. pl. ferești. /Wb. II. 355/.
Man jagte im allgemeinen den Kindern einen Schrecken vor
IV
allen wandernden Leuten ein, weil sie einen „stehlen” konnten.
Die oben angedeuteten Handelsbeziehungen haben im Siebenb.
Săchsischen ebenfalls einen Niederschlag von rumănischen Fachausdriicken
UN
ergeben.
Almesch m., Kauftrunk < rum. al(dă)maș. /Wb. I. 76/. Es ist ein
allgemein bekannter und beliebter Brauch, bei Kauf und
Verkauf, bei Erbschaften, beim Dingen von Hirten, Lehrjungen,
AL
togmâlen, togmin v., liandeln < rum. tocmeală, a tocmi. /Gr. 12/.
RA
tschistigân v., erwerben, verdienen < rum. a cîștiga. /Kbl. 36/.
Doch nicht nur in Bandei, Hof und Feldwirtschaft fanden die rumă-
nischen Ausdriicke Aufnahme. Sie drangen auch in das Innere des săch-
LI B
sischen Bauernhauses, wohl zugleich mit der Eumănin als Haushilfe. Es
finden sich dalier rumănische Ausdriicke fur Haushaltgerăte, mit denen
hauptsăchlich die Magd zu tun hatte.
Akdi f., grobe Nadei < rum. ac(oi). /Wb. I. 63/.
Dos m., Kehrseite der Webe < rum. dos. /Kvh. 17/.
Y
Fustche PI., zwei Holzstăbchen, die zwischen dem Garn am Webstuhl
stecken < rum. fuștei. /Wb. ii. 545/.
T
Kâier m., Hanfbund am Eocken < rum. caer. /Gr. 10/. Syn. „Zoken”.
otchich Adj., augig(es Muster) > rum. ochiu. /Wb. I. 63/.
SI
Ponere f., grobes Tuch < rum. pănură. /Gr. 40/.
Ponz f„ Leinwand < rum. pînză. In Nordsiebenburgen gelăufig.
ER
Das rumănische Gesinde auf den săchsischen Bauernhofen trug lange
Zeit noch seine Nationaltracht. Die besonderen, von denen der săchsischen
Bauern verschiedenen Kleidungsstiiclce blieben als Wort und Begriff in der
sbs. Mundart haften. AuBer den schon bei der Hirtenkleidung angefuhrten :
IV
Koshok, Kuschme, Opintsch, finden wir noch :
Fote f.,,Schiirze < rum. fote. /Wb. I. 443/.
UN
Katzeweike f., kurze Pelzjacke < rum. sl. cațaveică. /Gr. 35/.
Scherpâr m., breiter Ledergiirtel < rum. șerpar. /ThK 16/.
Skurteike f., kurze Jacke < rum. scurteică. /Gr. 42/.
Szukmân m., Oberkleid des Bauern < rum. suman /Gr. 43/.
Das Gebiet der Nahrungsmittel hat auch seine rumănischen Lehn-
L
worter aufzuweisen. Sie beziehen sich hauptsăchlich auf die den Feldar-
RA
Eetsch PI. Sulze < rum. dial. reci. /Wb. I. 157/. Lit. rum.
răcituri = piftie. Das rum. Wort ist seinerseits eine Lehnuber-
setzung aus dem Săchsischen : Kâltschăssel (Kaltsehiissel).
Tokâne f., Speise aus Fleisch und Kartoffeln < rum. tocană. /HMH.
I/
26, PS. 5, ThK. 44, Fr. 162/. Das Wort ist allgemein verbreitet
und hat kein săchs. Synonym.
S
mitteln, den sich Arbeiter oder Eeisende aufs Feld oder auf
den Weg mitnehmen. /Kbl. 36/. Sbs. Syn. „Ăgesacksel”.
BC
RY
212 G. KLASTER-UNGUREANU 16
RA
sich herenin V., sich săttigen < rum. a se hrăni. /Kbl. 36/.
Die Aufzăhlung der Wirtschaftszweige, innerhalb deren Rumănen
und Sachsen zueinander in Beziehung tyaten, ist damit beendet, keineswegs
aber das Verzeichnis der entlehnten Worter. Abgesehen davon, daB w.o.
LI B
nur einige anschauliche Beispiele fur jedes Sachgebiet geboten wurden,
lassen sich eine groBe Anzahl rumănischer Lehnworter im Săchsischen
keinem Wirtschaftszweig zuweisen, obwohl ihre Entlehnung ebenfalls dem
okonomischen Zusammenleben der beiden Volker entsprang. Sie bezeichnen
allgemeine menschliche Handlungen und Eigenschaften, sind also Zeit-
Y
und Elgenschaftswdrter. Hierher gehoren z. Beispiel :
T
sich adunân V., sich versammeln < rum. a se aduna. /Wb. I. 56/.
sich aschesân V., sich setzen < rum. a se așeza. /Kbl. 36/.
SI
bashokorin V., Spott treiben < rum. a batjocori. /Kbl. 36/.
beiln V., schinden, Haut abziehen, schlachten < rum. a beli /Gr. 21,
Wb. I. 505, ThK/ Fig. Die Zeche im Wirtshaus zahlen lassen.
ER
betschuffeln V., bespotten, bewitzeln < rum. a ciufuli. /Thk. 24,
Gr. 28, HMH. 78, Wb. I. 570/.
sich emparzin V., sich entzweien < rum. a se împărți. /Wb. II. 198/.
IV
sich englodin V., (ich englodin) = stecken bleiben < rum. glod.
/Wb. II. 205/.
sich krutschfn V., heftig erschrecken, erstaunen < rum. a se cruci.
UN
, mit der Zeit fur die Oberschicht des Siebenbiirger Sachsen, die
mit zu den Unterdriickern der Bauernaufstănde gehort hatte,
zu „rumănischen” Begriffen.
sțirben oder bestirben V., am Bande ausbrechen < rum. a știrbi.
SI
sich szokotjin V., sich beraten < rum. a se socoti. /Kbl. 36/.
tschokken V., klopfen, hacken < rum. interj, cioc ! /Wb. I. 41/.
tschiirreln V., tropfeln, rieseln < rum. a ciurui /Wb. I. 41/.
U
sich waitân V.,_wehklagen < rum. a se văita /Gr. 47, Kbl. 36/. Sbs.
Syn. „klon” = klagen, „sich beklon” = sich beklagen, ,,jo-
BC
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17 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ 213
RA
mern” — jammern. Das Wort wird hauptsăchlich fur ,,1111116-
tiges Jammern” benutzt.
Die iiberaus reiche Anzahl von Eigenschaftswortern rumănischer Herkunft
lâfit uns erkennen, welche Eigenschaften der beiden Vdlker in ihrem
LI B
Zusammenleben eine Kolle spielten :
afuresitich Adj., durchtrieben, unehrlich < rum. afurisit /Wb. I. 57,
Kbl. 36/.
ameritich Adj., elend, verkriippelt, krănklich < rum. amărît /Wb. I.
98, Gr. 16/. Mit dem Beiwort „ameritich” werden Kinder,
Y
junge Pflanzen, Tiere bedacht, die im Wachstum zuriickge-
blieben sind. Von Erwachsenen gesagt heiBt es „armselig”.
T
Syn. „roppich, Bchmugeritzich”.
SI
awâmich Adj., stark, groB, krăftig < rum. avan. /NM. 30, Gr. 2/.
betut Adv., geprellt, betrogen < rum. bătut /Wb. I. 575/.
bugâtich Adj., prahlerisch < rum. bogat. /Wb. I. 807, HMH. 81,
ER
Gr. 15/. Unter „de Bugatijen” verstand man friiher die Elite der
GroBbauern, die sich bei jeder Gelegenheit hervorzutun wuBten.
Der Ausdruck wird von der sbs. armen Bauernschaft gebraucht.
djebossich Adj., bucklig < rum. ghebos. /Wb. II. 52/.
IV
falossich Adj., protzig, prahlerisch < ruin, fălos. /Wb. II. 429, 303/.
Davon das Hauptwort „Folossie” = Hochmut. Nordsieben-
UN
kaptsehiillich Adj., verriickt, nicht bei Troșt < rum. cap ciulit (ver-
drehter Kopf)
muttich Adj., dunun < rum. mut. /Gr. 37, KvH. 20, 23, 51/.
TR
7. C. 2346
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214 G. KLASTER-UNGUREANU 18
RA
Bulendre Pl., Siebensachen, Lumpenzeug < rum. dial. buleandră,
pl. bulendre. /Wb. I. 811, Kbl. 36, Gr. 23/.
Burlâk m., Junggeselle < rum. dial. burlac. /HMH. 14, 54/.
Dor m., Sehnsucht < rum. dor. /Wb. II. 60/. Das Wort hat die
LI B
typisch rum. Gefiihlsfărbung und kann mit sbs. Sînsucht nicht
liber setzt werden.
Fatschekâle m., Wegbereiter, Fiirsprecher < rum. face cale.
/KvH. 27/.
Y
Flâiku m., flatterhafter Mensch < rum. fleac /Wb. II. 391/.
Flekou m., unbeholfener, junger Mann < rum. flăcău. /Wb. II. 406/.
T
Fletz, Fleketz m., Flegel, Liimmel < rum. flăcăuț, pl. flăcăieți.
Geringschătzige Bezeichnung fur rum. Burschen.
SI
Fum m., Stolz, Hochmut, Einbildung < rum. fum. /NM. 7, Wb. II.
519/.
ER
Groase f., Schauder < rum. groază. /Kbl. 36/.
Pakâle f., Dummkopf < rum. Păcală. /Gr. 38/. Die dem rum. Wort
anhaftende Bedeutung von Schlauheit fehlt dem săchsischen
Ausdruck.
IV
Pnrligâr m., Strolch < rum. pătlăgar. /Gr. 41/. Ein allgemein
beliebtes Wort ftir alle Arten von herabgekommenen Land-
UN
streichern.
Szereschfe f., Armut; Ungliicksvogel < rum. sărăcie. /NM. 33,
Kbl. 36/. Das Wort ist sowohl Ruge, — Ta Sereschie ! — du
Ungliicksvogel!' — als auch Ausdruck fur den wirtschaftHchen
MiBstand in den rum. Hăusern.
L
verhinderten das umgekehrte Verhăltnis, was sich auch auf die kapitalis-
tische Zeit auswirkte), andererseits ubernahmen die săchsischen Klein-
IA
Solidarităt gesehen werden, die spâter unter dem EinfluB der marxis-
RY
19 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ
RA
tischen Ideen immer mehr erstarkte. Diese Verbundenheit zwischen den
rumânischen und sâchsischen armen Bauern, die aus ihrer gemeinsamen
sozialen Lage dem Druck der rural-kapitalistischen Ausbeutung erwuchs,
setzt sich nach der Befreiung Bumăniens vom Faschismus unter den
LI B
Kollektivbauern, verstărkt und unter grundlegend anders gestalteten
Lebensbedingungen, im gleichen Sinne fort. Sie ergab eine neuerliche
Bereicherung der sâchsischen Mundart mit rumănischem Lehngut, das sich
auf das neue Leben, den sozialistischen Aufbau bezieht.
Preschedinte m., Vorsitzender < rum. președinte. So und nur so
Y
nennen die Sachsen den Vorsitzenden des Volksrates und dei-
T
Kollektivwirtschaft.
FeBemdu m., < AFSM, Akiiwort; Bezeichnung fur Staatswirt-
SI
schaften.
Szemetb f., < rum. SMT, ebenfalls Akiiwort, fiir MTS.
Wetrinâr m., < rum. veterinar, Tierarzt. Sachs, Syn. Dăruerzt.
ER
Schedjinze f., < rum. ședință, Sitzung. Ausdruck, der nur fiir die Ver-
sammlungen der Arbeiter aus den verschiedenen Wirtschaftsein-
heiten des sozialistischen Sektors gilt. Syn. fiir andere Sit-
IV
zungen : sbs. Sătzung.
Kemin m., Heim, < rum. cămin. Bezeichnet die lăndlichen Kul-
turhăuser sowie jede Art von Internat (fiir Schiiler, Lehrlinge,
UN
Pensionisten usw.)
b) Es lăBt sich weiterhin eine Gruppe von Wortern heraussondern,
die zum Unterschied von der vorigen in ihrer Bedeutung den Stempel der
Ausbeuterklasse tragen und angesichts der siebenbiirger Verhăltnisse
AL
des Volkes erfaBt gar schnell, wie viei besser die Ausdrucksweise der
Ureinwohner zu den Gegebenheiten ihres Landes paBt. Man kann auch
bei den Siebenbiirger Sachsen geradezu von einer oft unbewufiten Neigung
U
RA
raschender Weise. Diese Vertrautheit mit den rumănischen Spraclifein-
heiten und der rumănischen Denkweise ist aber wiederum ein Zeichen
jahrhundertelanger sprachlicher Beriihrung, jahrhundertelangen Zusam-
menlebens.
LI B
Ihrer Form nach zerfallen die aus dem Rumănischen entlehnten
Redewendungen im Săchsischen in drei Gruppen :
a) Ausdriicke in rein rumănischem, Gewande. Sie sind selten, aber
allgemein verbreitet. Es handelt sich hier meist um Wendungen affektiver
Natur, Ausrufe, elliptische Redensarten :
Y
Fobinje < rum. fă bine ! Sei so gut ! /U/.
T
liaidahâit < rum. haidahai ! Bedeutet : Gib acht, paf3 auf. Wird
auch als Bejahungswort verwendet.
SI
kit kolo < rum. cit colo, weit weg.
Lukru ku schrof < rum. dial. lucru cu șrof, wortlich : Sache mit
ER
Schraube, d.h. heikle, schwierige Angelegenheit oder nach-
lăssig getane Arbeit. Das rum. Dialektwort șrof ist seinerseits
das săchs. „Schrouf” (Schraube;.
moi ha ! < rum. măi ha ! Verwunderungsausruf.
IV
tulai ! < rum. tulai < magy. tolvaj ! Hilferuf.
wai ! < rum. vai, meist verdoppelt : wai-wai, sehr verbreiteter
Schmerzensschrei; usw.
UN
Den Dutje nien < rum. du-te. Bedeutet : ausreiBen, sich davon-
machen. Ahnlich : af den Dutje gon = sich auf den Weg
RA
machen, loswandern.
De Dumnjesei erăreiBen < rum. a trage un Dumnezeu. Fluchen
wettern ; wortlich : die Herrgotter hereinreiBen.
NT
pune lume net ! < rum. pînă-i lumea. Nie, nimmermehr ; wortlich :
solange die Welt steht, nicht ! de fel net ! < rum. de fel ! Gar
nicht, keinesfalls usw.
c) Die feinsten Auslăufer der rumănischen Sprache im Herzen der
I/
RA
Feier nien, wortlich : Feuer nehmen, rum. a lua foc. Deutsch : Feuer
fangen.
Fridden gien, wortlich : Frieden geben, rum. a da pace. Deutsch :
in Frieden lassen.
LI B
De Ljen gewănnen, wortlich: die Augen gewinnen, rum. a scoate
ochii. Bedeutet : bestechen.
Wângd machen. wortlich : Wind machen, rum. a face vînt. Bedeutet :
hinaus- oder hinabwerfen u.a.m.
Y
Die Redensart des siebenbiirgisch-săchsischen Bauern ist reich an
Redewendungen, Formeln, gebliimten Ausdriicken, Kraftwortern, gleich
T
der Rede aller Bauern. Und gerade hier hat sich der rumănische EinfluB
besonders stark geltend gemacht. Es ist traurig, aber wahr, daB man
SI
in manchen săchsischen Gemeinden, zum Beispiel im Zekeschgebiet, den
Eindruck hat, die Leute sprechen wenn sie nicht schlankweg rumănische
ER
Worter wăhlen —- rumănisch mit deutschen Wortern.
Das rumănische Lehngut im siebenb. săchsischen Wortschatz hat
hier nur durch einige sorgfăltig gewăhlte Beispiele angedeutet werden
IV
konnen. Es ist in Wirklichkeit viei umfangreicher, was bei jeder direkten
Beriihrung mit der gesprochenen Mundart leicht festzustellen ist. Eine
genaue Ubersicht iiber die Proportionen kann erst nach Fertigstellung
UN
SCHLUBFOLGERUNGEN
EN
ser Mundart.
Der EindeutschungsprozeB der Entlehnungen ist in iiblicher Weise,
aber sehr langsam vor sich gegangen, was dem fortdauernden Kontakt
IA
Die Rede der Stadtbevolkerung und der Intellektuellen hălt sich bewuBt
frei da von.
BC
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218 G. KLASTER UNGUREANU 22
RA
Die Hăufigkeit der rumănischen Wortschatzelemente ist j e n a c h
der G e gen d verschieden. Sie steigt in jenen Landesteilen, wo
Bumănen und Sachsen enger und lănger verbunden waren, besonders
dort, wo beide das gleiche Schicksal der Hdrigkeit unter ungarischem
LI B
Feudaladel teilten.
Die Hăufigkeit schwankt auch je n a c h der Gesellschafts-
schichte. Am groBten ist sie in der Bede der Kleinbauern und
GroBbauern, die mit der rumănischen Bevolkerung regelmăBig zu tun
Y
hatten, sei es als Arbeitsgefăhrten oder als Arbeitgeber, weniger groB
jedoch bei der uberwăltigenden Masse der săchsischen Mittelbauern. Die
T
Bede der Intellektuellen und Stădter ist annăhernd frei von rumănischen
Lehnwdrtern.
SI
Die Entlehnungen aus dem Bumănischen tragen eine ganz sp ezi
ți s c h e Stilfărbung. Sie schaffen vor aliem sofort eine scherz-
ER
hafte, spaBhafte Stimmung, leicht mit gesunder Ironie untermischt.
Sie sind weiterhin stets ein Zeichen unbefangener, vertraulicher Bauern-
rede. Oft verraten sie auch eine gewisse Bequemlichkeit des Sprechenden,
der sie den morphologisch komplizierteren und auch sonst weniger gelău-
IV
figen săchsischen Ausdriicken vorzieht. Alle rumănischen Neck- und
Schimpfwbrter im Munde eines Sachsen wirken stark, sie iiberbieten jeweils
UN
die săchsischen Superlative.
Welches nun imrner die Bedeutung und Hăufigkeit des rumănischen
Lehngutes sei, es steht zahlenmăBig im heftigen Widerspruch zu der Behaup-
tung, die sich auf die Geschichtsquellen griindete, daB nămlich die Bezie-
hungen zwischen Bumănen und Sachsen stets spărlich gewesen seien. Es
AL
LITERATUR
EN
1. Gundisch, Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenburgen, Verein fiir siebenb.
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/C
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BC
RA
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Y
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20. JĂXOS BRENNDOHFER, Român. (Olâh) elemek az erdily szăsz nyelvben, Budapest, 1902 (Br.)
T
SI
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L UN
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