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WIRTSCHAFTLICHE UND GESELLSCHAFTLICHE
BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN

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IM SPIEGEL DES SIEBENBURGISCH-SĂCHSISCHEN
WORTSCHATZES IV
VON

G. KLASTER-UNGUREANU
UN

Es ist fur den Sprachwissenschaftler kein Geheimnis mehr, daB


die Sprache jedes Volkes ein ausgezeichnetes Hilfsmittel fur die Erfor-
schung seiner Geschichte ist. Das ist dem Umstand zu verdanken, daB
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die Sprache — vor aliem, der Wortschatz — unmittelbar an die Produk-


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tionstătigkeit des Menschen gebunden ist und daber jede Verănderung


im tăglicben Leben der Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sofort
und getreu festbălt. Jedes neue Ding, jeder neue Gedanke benotigt einen
Ausdruck, entstebt zugleich mit seinem Namen, kann obne seine Benen-
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nung nicht wirklich werden, daber „ist die Sprache die unroittelbare
Wirklichkeit des Denkens” (Marx). Ohne den Ausdruck kann der Begriff
auch nicht mitgeteilt und fur die Tătigkeit des Menschen nicht von Bedeu-
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tung werden. Alles Neue, das im Leben auftritt, erscheint alsbald auch
in der Sprache. Das Alte jedoch, das im Lăute der Zeit aus der n'ensch-
lichen Gesellscbaft allmăhîich schwindet, bleibt in der Sprache noch lange
erhalten. Das ist die Eigentiimlichkeit der Sprache, die es uns ermoglicht,
in die Vergangenheit eines Volkes viei tiefer einzudringen, als es die Chro-
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niken und andere historische Denkmăler gestatten. Und weil die Sprache
in ihrer Entwicklung den Stempel der Denkart des betreffenden Volkes
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trăgt, fordern die Sprachforschungen manche Ziige aus dem Leben des
Volkes zutage, iiber welche die schriftlichen Quellen — die ja meist aus
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den Hănden der Ausbeuterklassen kommen — stillschweigend hinweggehen


oder die sie verfălschen.
Das ist auch mit den Beziehungen zwischen der rumănischen Bevol-
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kerung aus Siebenbiirgen und den dort seit der Mitte des 12. Jahrhunderts
siedelnden sogenannten Siebenbiirger Sachsen der Fall.
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«. - c. 2346
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Die Geschichte der Siebenbiirger Sachsen ist verhăltnismăBig gut
bekannt. Ihrer Aufhellung haben sich zahlreiche rumănische und deutsche
Historiker des Landes gewidmet. Das Hauptwerk in dieser Hinsicht —
aller spăteren Berichtigungen und Ergănzungen ungeachtet — ist noch

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immer die alte „Geschichte der Siebenbiirger Sachsen” von Georg Daniel
und Friedrich Teutsch, deren erste Ausgabe 1852 —1858 erschien. In
den Seiten der „Sachsengeschichte” finden wir keine befriedigende Antwort
auf die Frage, die uns beschăftigt. Die Verfasser konnten selbstverstândlich
nicht iibersehen, daB die Bevolkerung Siebenbiirgens seit ăltesten Zeiten

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verschiedener Volkszugehorigkeit war. Die Beziehungen zwischen den
einzelnen Bevolkerungsgruppen werden jedoch nicht als friedliches Zusam-

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menleben der Rumănen, Ungarn, Sachsen, Szekler, usw. dargestellt, son-

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dern als ein politisch bestăndig mehr oder weniger gespanntes Nebenei-
nander. Fur die Rumănen im Besonderen geht den Verfassern jegliches
Interesse ab. Sie erwăhnen sie anfangs als Hirtenbevolkerung der Rând-

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gebirge, spăter als „geduldete Nation” und schlieBlich als schleichende
Gefahr fiir die Geschlossenheit der Universitas Saxonum. Der letzte
Baud des Werkes schlieBt mit dem Jahre 1919, so daB das Leben der
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Sachsen in ihrem „neuen” Vaterland, Rumănien, die Verfasser nicht
mehr dazu veranlassen konnte, der Rolle, welche die „geduldete Nation”
fiir das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben der Sachsen gespielt
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hat, mehr Aufmerksamkeit zu schenken.


Der Wortschatz der siebenbiirgisch-săchsischen Mundart— wie iibri-
gens auch der des rumănischen Dialekts aus Siebenbitrgen — ist ein viei
getreueres Spiegelbild der geschichtlichen Wirklichkeit. Er beweist, daB-
Rumănen und Sachsen keineswegs von jeher verfeindete Nachbarn waren,
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daB die „Hirten” nicht als „Gefahr” fiir die okonomischen und politischen
Vorrechte der Sachsen gemieden wurden, sondern daB im Gegenteil
zwischen der rumănischen und săchsischen Bevolkerung ein unmittel-
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barer Verkehr bestand, je nach der Gegend hăufiger oder schwăcher, und
dies dem Verbot der „Konzivilităt auf Konigsboden”, das bis zum Jahre
1781 in Kraft stand, zum Trotz. Dieses Privileg der Sachsen, das die Ansied-
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lung von Angehorigen anderer Nationalităten auf dem Gebiet „von Broos
bis Draas” ausschloB, konnte es nicht verhindern, daB die săchsischen
Bauern, sobald sie die gesamte Feldwirtschaft auf der Gemarkung ihrer
Gemeinden mit den Arbeitskrăften ihrer Familien nicht mehr bestellen
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konnten, Teile des Grundes verpachteten. In Sudsiebenbiirgen waren die


Păchter vor aliem Rumănen. Es wurde ihnen gestattet, fiir sich und ihre
Familien auf der Gemarkung der săchsischen Gemeinden eigene Zweig-
dorfer zu griinden. So kam es z.B. zur Griindung von Rășinari auf Her-
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mannstădter, Orlat auf GroBauer, Cărpiniș auf Urweger, Deal auf Kel-
linger Hattert usw. Die steigende Zuwanderung der Rumănen in diese
Siedlungen, spăter dann auch in die săchsischen Dorfer selbst, fiihrte zur
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Ausbildung von drei Dorftypen auf Konigsboden : Dorfer mit rein rumă-
nischer, rein săchsischer und mit gemischter Bevolkerung. Im 18. Jahr-
hundert suchten die săchsischen Autorităten der Zuwanderung der Ru-
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mănen Einhalt zu gebieten, es kam zu Vertreibungen der rumănischen


Siedler. Diese Wirren nahmen unter Josef II ein Ende, der den rumănischen
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Dorfern auf Sachsenboden (las Eigentumsrecht liber elen gepachteten
Grund verlieh. Die gleichzeitige endgiiltige Aufteilung des Kommunal-
grundes an die săchsischen Familien bildete den entscheidenden Schritt
im Ubergang von der feudalen zur kapitalistischen Produktionsweise und

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fiihrte zur grundlegenden Umgestaltung der gesellschaftlichen Struktur.
Von da an erschienen die Sachsennicht mehrgeschlossenals Ausbeuterschicht
und die auf Kbnigsboden siedelnden Bumănen nicht mehr in ihrer Gesamt-
heit als Ausgebeutete, sondern es trat innerhalb der Bauernschaft beider
Nationalităten allmăhlich die Gliederung in die fur den Kapitalismus

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charakteristischen Schichten der Buralbevdlkerung zutage : GroBbauern,
Mittelbauern, Kleinbauern und Tagelohner. Der Kontakt zwischen den

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Nationalităten gestaltete sich nun anders : GroBbauern und Tagelohner

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beider Volkszugehorigkeit kanien im tăglichen ArbeitsprozeB in gegen-
seitigen engen Verkehr. Vom Standpunkt der Sachsen aus bedeutet dies,
daB einerseits der săchsische Arbeitgeber auch Bumănen als Tagelohner

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und Hausangestellte dingte, wăhrend andererseits der săchsische Klein -
bauer und Tagelohner Seite an Seite mit dem rumănischen Klassengenossen
arbeitete. Das ergab eine besonders giinstige Bage fur die sprachliche
Entlehnung. Die Mittelbauern hatten daran dank ihrer wirtschaftlichen
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Isoliertheit weniger Anteil. Nach der Befreiung unseres Vaterlandes vom
faschistischen Joch erhielten die Beziehungen zwischen Bumănen und
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Sachsen unter den Bedingungen des sozialistischen Aufbaues eine gănzlich


neue Gestalt : rumănische und săchsische Bauern arbeiten heute Schulter
an Schulter auf den Feldern der Kollektivwirtschaft.
Beweis fur all diese Beriihrungen sind die zahlreichen lexisch-phra-
seologischen Entlehnungen aus dem Bumănischen im siebenbiirgisch-
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săchsischen Wortschatz (und umgekehrt). Es muB hier vorweggenommen


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werden, daB sowohl Bumănen als Sachsen frtiher wie heute gar manches
voneinander lernen konnten. Sie tauschten neue Begriffe aus, die zur
Verbesserung der beiderseitigen Lebensweise sowie zur Bereicherung des
Wortschatzes beider Sprachen gereichten.
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Wie aus dem Folgenden zu ersehen ist, tragen die aus dem Bumă­
nischen ubernommenen Worter dem Anschein nach die Merkmale einer
jungen Entlehnung. Das zeigt vor aliem die ziemlich schwache lautliche
Angleichung der rumănischen Worter an die Eigenart der siebenbiirgisch-
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săchsischen Mundart. In sehr wenigen Făllen haben die bald acht Jahr-
hunderte alten Entlehnungen den rumănischen Lăut- und Betonungs-
charakter vollig verloren. Der EindeutschungsprozeB geht aber im Sieben-
biirgisch-Săchsischen wegen des fortbestehenden lebendigen Kontaktes
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mit der Fremdsprache sehr langsam vor sich. Es darf daher das Alter der
Entlehnungen nicht unterschătzt werden. Dem gleichen Umstand ist auch
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das zweite Merkmal fur eine Entlehnung scheinbar jungen Daturns zuzu-
schreiben, nămlich eine gewisse Zweisprachigkeit unter der săchsischen
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Bevolkerung. Althergebrachte und neuentlehnte Ausdriicke bestehen


nebeneinander, vor aliem betrifft das die Zeitworter (bashokorin — ver-
spettelen = spotten ; sich pomenin — sich befaingden = uberrascht werden;
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sich waitân — jomeren = jammern usw.). Diese Zweisprachigkeit ist —


wie wohl in vielen andern Făllen — das erste Ergebnis einer sprachlichen
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Beriihrung von Volk zu Volk. Es bestand im gegebenen historischen
Moment die Notwendigkeit, rumănische Worter in die săchsische Mundart
einzuflechten. Diese Entlehnungen batten jedoch kein unbegrenztes Ver-
breitungsgebiet, sondern waren an einen gewissen Lebensbereich gebnnden.

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Es ist eine sehr anziehende Aufgabe zu untersuchen, wie sicb der Verkehrs-
bereich der Entlehnungen aus dem Rumănischen entwickelt hat. Anfangs
gebrauchten die Sachsen diese Worter wohl ausschlieBlicli dann, wenn
von den Rumănen die Rede war. Sobald die Rumănen die Sprache der

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Sachsen erlernt hatten — was oft der Fall war — wurden diese Worter in
die Unterhaltung mit den Rumănen eingeflochten, um ihnen das Ver-

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stăndnis des Săchsischen zu erleichtern, auch waren die entlehnten Aus-
driicke in solchen Gesprăchen gewiB immer treffender und anschaulicher

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als die săchsischen. Diese beiden Bedingungen — das Sprechen von und
mit den Rumănen — waren aber Kennzeichen sine qua non des tăglichen

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Lebens der săchsischen Landbevblkerung, davon werden die weiter untep
erbrachten Wortschatzproben den Leser iiberzeugen. Die Hăufigkeit ihrer
Verwendung fiihrte allmăhlich zur Einburgerung der rumănischen Worter
in die Rede des săchsischen Bauern im allgemeinen, auch ohne daB ihr
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Gebraucli vom Rumănen als Gesprăchspartner oder -gegenstand bedingt
wurde. Die năcliste Stufe war dann die Verdrăngung der althergebrachten
săchsischen Synonyme, allerdings nur aus dem tăglichen Gebrauch, nicht
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aber aus dem Gedăchtnis der săchsischen Bevblkerung. Auf dieser Stufe
stehen wir heute. Zum Unterschied von den săchsischen Intellektuellen
der Landgemeinden, deren Rede sich von den rumănischen Entlehnungen
moglichst rein- und an den Sprachgebrauch der săchsischen Stadtbevbl-
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kerung hălt (was von den Bauern als Geziertheit verhohnt wird), zieht
der săchsische Bauer die rumănischen Ausdriicke als treffender, wirkungs-
voller, lebendiger vor und entschuldigt sich dieser seiner Vorliebe wegen,
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wenn er sich das im Gesprăch mit dem Pfarrer oder Lehrer des Dorfes
erlaubt. Er verwendet dazu die immer wiederkehrende Formei ,,Wă mir
sprechen” (wie wir sagen), z. B. : „Et sen dicli — wă mir sprechen — nor
Kotetzker !” (Es sind ja — wie wir sagen — nur Hutten ! Rum. coteț =
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Hiitte, Stăllchen). „Mir” (wir) sind hier die Bauern, ist die Masse der
săchsischen Landbevolkerung jeglicher gesellschaftlichen oder land-
schaftlichen Zugehorigkeit.
Die Entlehnungen rumănischer Herkunft im siebenburgisch-săch-
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sischen Wortschatz zerfallen in zwei groBe Gruppen :


I. Lexische Einheiten im engeren Sinn des Wortes, das heiBt Ein-
zelworter, die aus dem Rumănischen iibernommen und gleich den săch­
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sischen Wortern in die Rede eingeflochten werden.


II. Phraseologische Einheiten, das heiBt Redewendungen und andere
feste Wortkombinationen.
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I. Die entlehnten Einzelwdrter sind zahlenmăBig den Redewendungen


weit uberlegen. Der Form nach kdnnen wir darunter eine weitere Zwei-
teilung vornehmen :
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a) Worter, die ihre rumănische Form behalten haben (z. B. Bostan,


Burduf, Mure, Ser);
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1>) Worter, die sicii durch phonetische und morphologische Verăn-
derungen an die săchsische Mundart angeglichen haben (z. B. Bussiok,
Ardi, Stine, Kasch, Krazewez, sich herenin, sicii propedjin usw.).
Ihrer Bedeutung nach verteilen sich die entlehnten Ausdriicke auf

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die verschiedensten Tătigkeitsbereiche.
Die Siebenbiirger Sachsen betraten bei ihrer Einwanderung kein
unberiihrtes Gebiet. Durch das ihnen verliehene Land waren im Laufe
der Geschiehte viele Volker gewandert. Es war kein „desertum”, wie
die Uberlieferung meldet. Damals war es die Heimat der Rumănen und

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anderer Volkerschaften. Die Einwanderer hatten es deshalb nicht notig,

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die Berge, an denen sie vorbei, und die Fliisse, an denen sie entlang zogen,
zu benennen. Das Land war mit geogra/phischen Namen schon versehen,

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man brauchte sie bloB nachzusprechen. Deshalb gibt es im Siebenbiirgisch-
-Săchsischen nur wenig eigene Gebirgs- oder FluBnamen. In weitaus den
meisten Făllen gebraucht man den magyarischen oder rumănischen Aus-

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druck, teils in einer angepaBten, teils in urspriinglicher Form. So heiBt es :
Der Mieresch < magy. Maros aber der Zabeng < rum. Cibin
der Zăckesch < rum. Secaș
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der Negoi < rum. Negoiu
usw.
Als Flurnamen, die zum grofiten Teii deutscher Herkunft sind,
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wurden im Gegensatz zu den geographischen Bezeichnungen sehr wenige


rumanische Namen beibehalten. So z.B. heiBt ein Teii der Gemarkung
in Wermesch : Alonisch < rum. aluniș
in Schdnbirk : Făze < rum. față (die Sonnenseite eines Hiigels)
in Kallesdoif : Funtenăle < rum. fîntînele
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in Urwegen : Budeldu < rum. budălău (dial.) u.a.m.


Ein Wasserpfuhl heiBt im Nosnerland durchwegs nur „Bolboâne”
< rum. bolboană /Wb. I. 678, Gr. 22./ Ein Sumpf wird ebendort „Bâlte”
TR

< rum. baltă /Wb. I. 401/ oder „Mutsirle” < rum. mocirlă /Gr. 37,/
derselbe im Unterwald oft „Morghîle” genannt. Die Seltenheit der entlehn­
ten Flurnamen ist u.a. auch ein Beweis dafiir, daB die Einwanderer den
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Grund zu ihren Siedlungen selbst legten und nicht etwa die Bewohner
schon vorhandener Dorfer verdrăngten.
Rumanische Stadt-und Dorfnamen wurden beibehalten. So heiBt es :
Bukerescht < rum. București/HMH. 109/
/C

Fugeresch < rum. Făgăraș /Wb. II. 425/


Djerle < rum. Gherla. Dieser Ortsname hat so wie im Rumă­
nischen die sinnbildliche Bedeutung „Gefăngnis” angenommen. Die
Redewendung : „E ăs ăn der Djerle gewiest” heiBt : Er hat im Zuchthaus
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gesessen, und das, weil sich in Gherla damals ein in ganz Siebenburgen
beriichtigtes Gefăngnis befand.
Von besonderer Bedeutung fur die Einstellung und Haltung der
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săchsischen Einwanderer zum Rilmănentum ist der Name, den die rumă­
nischen Einwohner des Landes im Munde des Sachsen tragen. Sie sind
• allgemein unter dem Namen : der Bloch, PI. de Bloch bekannt. Die Rumă-
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nin heiBt : de Blechăn und ihre Tochter : det Bksihken. Das Eigenschafts-
wort dazu ist „blesch”. Es handelt sich hier um die dem Siebenb. Săchsi-
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schen angeglichene Formdes zur Zeit der Einwanderung amtlichen latei-
nischen Namens der rumănischen Bevdlkerung des Landes : „Valachi”
oder „Vlachi”, der durch einen w — b — Wechsel die Form „Bloch”
annahm. Zum Unterschied von der in Deutschland fur die romanischen

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Volker gebrauchten allgemeinen Bezeiehnung „Welsche” und der in
Siebenbiirgen seit der Zeit der osterreichisclien Herrschaft iiblichen Bezeich-
nung fiir die Rumănen : „Walachen”, hat das Wort ,,Bloch” keinen
pejorativen Sinn, sondern ist ganz einfach ein Volksname. DaB „Bloch”

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sicii im siebenb. săchs. Wortschatz ohne jede verăchtliche Bedeutung
eingeburgert und diesen Sinn bis in unsere Zeiten bewahrt hat, zeugt

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davon, daB die Masse des săchsischen Volkes diesen Volksnamen von
aller Anfang an in rein ethnischer Bedeutung aufgefaBt hatte und sich

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davor scheute, diesem elirbaren Namen abschătzigen Inhalt zu verleihen.
Man hielt die Rumănen wie jedes andere Volk, zu dem man in nachbar-

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liche Beziehungen getreten war, fiir achtungswert, auch wenn sich im
Lauf der Zeiten Zwistigkeiten ergaben, die zu den scherzhaften oder auch
ironischen Beinamen AnlaB gaben, die fast jedes Volk der Erdoberflăche
sein eigen nennt. Solche Namen spotten gewohnlich iiber bestimmte
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Eigenschaften oder andere Kennzeichen des betreffenden Volkes. Fiir
die Rumănen hat das Siebenb. Săclisische, da der Begriff „Bloch” sich
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dazu nicht eignete, eine Anzahl von Komposita gebildet, deren Bestim-
mungsworter die Beschăftigung und andere Lebensbedingungen der
Rumănen andeuten. Solche sind : Băschbloch (Wald- eigtl. Busch-),
Geberchsbloch (Gebirgs-), Brinsebloch (Kăse-, < rum. brînză), Mâres-
bloch (Meiereirumăne). Weiterhin : Der Moi < rum. Interj, măi !, der
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Wlez < rum. fleți; Pluraletanta wie : Dă ăn den Opintschen (die in den
Bundschuhen < rum. opinci), de Wârbes (Die Bundschuhe), de Stef-
brăder (die Stiefbriider) usw.
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Fiir das Land der Rumănen gibt es im Siebenb. Săchs. drei Ausdriicke.
Am weitesten verbreitet ist heute „det Bleschlând” = das rumănische
Land. Der zweite ist „det Regat” < rum. regat, der erst am Ende des 19.
Jahrh. auftauchte und die urspriingliche Bedeutung „Konigreich” vollig
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verloren hat. „Det Regat” ist Iediglich das Land sudlich der Karpathen
bis zur Donau. Der dritte Ausdruck ist „de Zare” < rum. țară = das
Land /Z.K.9./ Der Ausdruck „Zâre” ist der ălteste und wurde durch die
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săchsischen Kaufleute eingefuhrt, die mit den rumănischen Furstentiimern


rege Handelsbeziehungen unterhielten.
Reich an rumănischen Lehnwortern ist das Gebiet der Botanik. In
seiner Arbeit Nosnerlănăische Pflanzennamen1 hat der Siebenbiirger
Sprachforscher Fr. KrauB nicht weniger als 270 mehr oder weniger verbrei-
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tete rumănische Bezeichnungen fiir die verschiedenen Pflanzen, Blumen


und Friichte Nordsiebenbiirgens feststellen konnen. Allerdings kennen die
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wenigsten allgemeine Verbreitung, doch sind fur iiber 200 Pflanzennamen


Belege aus mehr als fiinf Dorfern angefiihrt. Stellenweise kommt es vor,
daB dieselbe Pflanze im selben Dorf zwei Benennungen trăgt, und zwar
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wird der rumănische Ausdruck gewohnlich von den alten Leuten gebraucht.
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1 Verlag Csallner, Bistritz, 1943.


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BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ 203

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An andern Orten wieder wurde der rumănische Name iibersetzt Viele
der von KrauB gesammelten Bezeichnungen sind auch fur Siidsieben-
biirgen durchaus giiltig
In der Regel wechseln rumanische und săchsische Pflanzennamen

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je na eh der Gegend im Gebrauch. Wo sich der rumanische Ausdruck
iiberall durchgesetzt hat, liegen besondere wirtschaftliche Bedingungen
vor. So z. B. liaben die Einwanderer bestimmt schon aus ihrer Heimat
her Heidelbeeren und Pilze gekannt. Die deutschen mundartlichen Bezeich­
nungen fur diese beiden Begriffe sind jedoch fast spurlos verschwunden,

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hieund da taucht „Wolpern” = Waldbeeren oder „Schwâm” = Schwamm

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auf. Sonst hei Sen sie allgemein :
Afunje Pluralet., Affnje, Afin, Ăfentcher

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= gemeine Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) < rum. afină,
pl. afine, vgl. magy. âfonya. DaB das Wort nicht aus dem

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Magyarischen iibernommen wurde, beweist der Akzent der
beiden ersten Formen. Die beiden letzten Formen, die den
Akzent auf der ersten Silbe tragen, was in der Regel bei den
sbs. Lehnwortern das Kennzeichen der magyarischen Herkunft
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ist, geben die in Sudsiebenbiirgen iibliche Betonung der rumă-
nischen Ausdrucke wieder. Die Heidelbeerverkăufer rufen
in der Hermannstădter Gegend : Cumpărați afine ! Die letzte
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der Formen hat den sbs. Diminutiv gebildet (sbs. — (t)cher =


Diminutivsilbe). — Die meist am siebenbiirgischen Randge-
birge vorkommende Frucht wird ausschlieBlich von rumă-
nischen Frauen und Kindern zum Verkauf in die Stădte und
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Dorfer gebracht, daher wurde sie unter der rumănischen Bezeich-


nung ein wirtschaftlicher Begriff. /Wb. I. 57, Kr. 585, Gr. 19/.
Buretz m., Pl. de Buretzen
= Pilz, Schwamm < rum. burete, pl. bureți. /Wb. I. 818/. Das
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Wort ist ein allgemein verbreiteter Gattungsname und hat


stellenweise auch iibertragene Bedeutung. Net ried Buretz ! =
sprich keine Dummheiten ! Die Pilze werden in Siebenbiirgen
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fast ausschlieBlich von rumănisch sprechenden Frauen gesam-


melt und verkauft. /Gr. 25, Ps. 6/.
Beide Ausdrucke haben sich im Săchsischen in der rumănischen Pluralform
festgesetzt, da es sich beidemale um Mengen, also um Ware, handelte.
/C

Viei seltener sind Bezeichnungen fur einzelne Pilzarten, die teils


in rumănischer Form (Hirip < rum. dial. hiribă, Tschupertsch < rum.
ciuperci), teils als Lehniibersetzungen (WaiBschwâm, nach rum. bureți
albiusw.) auftreten.
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Auch fiir andere wildwachsende Sammelfriichte bestimmte der rumă-


nische Sammler den vieierorts bei den Sachsen iiblichen Namen, so :
Mlîre Pl., < rum. mure (negre), Brombeere,
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Meschiâsche Pl., < rum. măcieșe, Hagebutte,


Porumba f. < rum. porumbea, Schlehe,
Simnjore Pl., < rum. smeură, Himbeere usw.
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Die Sprache der rumănisch sprechenden Holzschnitzer, die gewohn-


lich Zigeuner waren, und die sich auch mit Korbflechterei beschăftigten
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(sbs. „Boiaschen” < rum. băieși), sowie diejenige der Biittenbinder oder
„Motzen” aus dem siebenbiirgischen Erzgebirge, biirgerte einige Bezeich-
nungen, besonders fiir die verschiedenen Holzarten, aus denen die auf den
Jahrmărkten zum Verkauf feilgebotenen Loffel, Mulden, Schăffer und

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Troge verfertigt waren, ein :
Goron m = Steineiche (Quercus robur) < rum. gorun/Kr. 169/
Kârpen m. — Gemeine WeiBbuche (carpinus betulus) < rum. carpin
/Kr. 76/.

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Pilit, jiu m. = Ahorn (Acer) < rum. paltin /Kr. 3/.
Plopp m. = Pappel (Populus piramidalis) < rum. plop /Kr. 430/.

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Tirsch = junge Hainbuchen, Dickicht < rum. tîrș /Kr. 45/.
Bubes, Buibes m. = ein Knorren im Holz, der dem Schnitzer Ârger

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bereitet, < rum. bubă /Gr. 14/.
Putregai m. = faules Holz < rum. putregai. /Gr. 17/ u. a. m.

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Auch einige Blumen sind den Sachsen unter rum. Namen bekannt,
aber nur dann, -vremi es sich um solche Blumen oder Krăuter handelt,
die bei der rum. Bevolkerung besonders beliebt sind :
Bussiok m„ Basilienkraut (Ocimum basilicum) < rum. busuioc
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/Wb. 1.842, Kr.289/. Sbs. Syn. Beziltch. Da das Basilienkraut
ein bei den Rumănen sehr beliebtes wohh'iechendes Kraut ist,
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gebt es fast durchwegs unter rumănischem Narnen.


Bushor m., Pfingstrose < rum. bujor /Wb. 1. 837/. Sbs. Syn. „Ger-
jerls” (Georgsrose).
Klopozelltcher Pl„ gemeines Schneeglockchen (Galanthus nivalis)
< rum. clopoțel. /Kr. 166/.
AL

Was die Kulturpflanzen anbetrifft, besonders Getreide und andere


Feldfriiclite, brachten die Siebenbiirger Sachsen Sache und Benennung-
aus der Heimat mit. Unbekannt war ihnen bloB der Mais, der Spelt und der
TR

Buchweizen. Der erstere heiBt heute sbs. „Kukuruz”, ein iiber das Magya-
rische eingedrungenes Wort tiirkischen Ursprungs. Rumănischer Herkunft
sind jedoch :
Malâi m. = Maismehl <z rum. mălai. /Kr. 623/.
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Kotschân m„ PI. Kotschăn < rum. cocean, pl. coceni — Maisstengel.


In einigen Gegenden bedeutet das Wort den von den Kornern
befreiten Maiskolben, und in dieser Bedeutung hat das Sbs.
den Ausdruckiibernommen. Die Maisstengel heiBen „Pouschen”.
/C

Olenk, Uelenk m.,= Spelt od. Spelz, Dinkel (Triticum spelta) <rum.
alac. /Wb. I. 63, Kr. 568/. Das Wort ist zum ersten Male
1559 schriftlich belegt. Die bei rum. Lehnwortern seltene
Tonverlegung lăBt darauf schlieBen, daB das Wort iiber die
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magy. Form alak (heute magy. alakor < rum. atacuri) ins
Sbs. eindrang.
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Haritsch m., = Buchweizen (Polygonum fagopyrum) < rum. dial.


hariciu, hricică. /Kr. 424, HMH 81, Gr. 31/.
Alle diese Ausdriicke wurden dem sbs. Bauern von seinen rumănischen
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Feldarbeitern und Tagelohnern beigebracht. Sie vermittelten auch :


Bostan m.,=Kurbisr<rum. bostan/Wb. I. 695/. Das Wort bedeutet
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fig. Schădel, Kopf.


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9 BEZ1EHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ 205

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Fusoi, f., pl. Fasulen, = Bohne < rum. dial. fusoi, lit. fasole ;
sowie Bezeichnungen fur einige der wichtigsten Unkrautarten, die mau
beim Hacken und Graben alljăhrlich auszurotten sucht :

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Fărike f.. = Farn (Filicales) < rum. ferigă. /Kr. 159/.
Lobodje f.,= Rauhaariger Amarant (Amaranfus retroflexus)< rum.
lobodă. /Kr. 22, U1/.
Schtirr m., = gemeiner Amarant (Amarantus blitum) < rum. știr.
/Kr. 20, 87/. u.s.w.

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Allerhand Gemiisearten werden im Săchsischen stets oder auch nur
gelegentlich mit dem rumănischen Ausdruck bezeichnet. Es handelt sich

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meist umxden Einwanderern unbekannte Erzeugnisse :

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Arde m., Spanischer Pfeffer (Capsicum annuum) < rum. ardei.
/Wb. I. 178, Kr. 68/. Hat kein Synonym.
Tchipârke, f. Tchiperusch m.,= kleine scharfe, Paprikaart < rum.

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piparcă, pipăruș. /Kr. 69, Gr. 45/. Wird auf dem Lande auch
fur den oben erwăhnten „spanischen Pfeffer” gebraucht.
Krâzewez m.,= Gurke < rum. pl. castraveți. /HMH. 78, PS. 16/.
Es ist der in Siidsiebenbiirgen vorkommende Name fur jegliche
IV
Gurkenart. Die Pluralform wurde in der Einzahlbedeutung ins
Sbs. iibernommen. Die Metathesis ist oft schon im Rumănischen
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zu finden : rum. dial. crastaveți.


Loschtjân m., = Arzneilicher Liebstockel (Levisiticum officinalis)
< rum. leuștean. /Kr. 247/.
Schapoi m., < rum. cepoiu /Kr. 15/. Scherzhafte Benennung fur
Zwiebel schmăchtigen Wuchses.
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Fast gănzlich aber fehlen rumănische Ausdriicke in der Obst- und


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Weinkultur.
Zahlreiche Entlehnungen beziehen sich auf das Tierreich. Es handelt
sich dabei allerdings nicht so sehr um Gattungsnamen. Unbekannte Tiere
haben die Einwanderer in der neuen Heimat nicht vorgefunden. Die
NT

Ausdriicke rumânischer Herkunft beziehen sich erstens einmal auf Zugtiere,


und zwar was ihre Namen, ihre Pflege und Bedienung anbelangt. Auffăllig
ist, daB z.B. die Kiihe der săchsischen Bauernwirtschaften im Unterwald
fast durchwegs rumănische Namen tragen :
CE

Dregâne < rum. Drăgană


Florike < rum. Florica
Rushâne < rum. Rujană
Ochsen und Stiere dagegen tragen ungarische, Wallache und Hengste
I/

deutsche Namen. Dieser Volksbrauch kann so erklărt werden, daB —


insoweit es unsere Frage betrifft — das iibliche Zugtier des rumănischen
S

Bauern die Kuh war, die er gegebenenfalls dem Sachsen verkaufte. Es ist
gleichzeitig ein Fingerzeig fur die wirtschaftliche Lage der rumănischen
IA

Bauernhbfe, wo das Milchvieh auch zum Ziehen gebraucht wurde.


Die Zurufe zum Antreiben und Lenken des Zugviehs sind bei den
Sachsen fast ausschlieBlich rumănischer Herkunft :
U

1 Die mit U vermerkten Worter gehoren zur Mundart von Urwegen (Gîrbova).
BC
RY
G. KLASTER-UNGUREANU 10

RA
Ii! geh !; tscha ! nach rechts !; hois ! nach links !; ho ! steh !; brr !
steh ! usw. werden von Rumănen und Sachsen stets im gleichen
Tonfall gesprochen.

LI B
Fur fehlerhaftes Zugvieh kennt der săchsische Bauer fast durchwegs
nur rumănische Ausdriicke :
Ălbu m., < rum. alb, Schimmel. Im abschătzigen Sinn gebraucht,
das Tier ist den Sachsen anscheinend zu sanft. /Wb. I., 66/.
Ărbe, Uârbe f., < rum. orb, oarbă, blinder Gaul. Eigenname und

Y
Schimpfwort, wenn die Pferde beim Pfliigen aus der Furche
treten. /Wb. I., 173/.

T
Gluâbe f., < rum. gloabă, elende Măhre /Kbl. 36/, fig. auch : misera-
bles Frauenzimmer.

SI
Hirbe f., < rum. hîrb(ă), elendes Viehstiick /Kbl. 36/.
Hibe f., < rum. dial. hibă, Fehler, Gebrechen /Kbl. 36, U/. Gemeint

ER
ist damit ein korperlicher Fehler des Tieres.
Narâf m., < rum. narav, Laune, bose Gewohnheit /NM 32, Kbl.
36, U/. Vor aliem von den Biiffeln heiBt es in ganz Siebenbiirgen,
daB sie „narâwich” sind.
IV
Was bedeuten all diese Wortkategorien fur die Sache, die uns beschăf-
tigt ? Erstens : daB zwischen Rumănen und Sachsen rege Handelsbezie-
UN

hungen bestanden, nămlich Kauf und Verkauf von Zug- und Milchvieh,
wobei Namen, Vorziige und Măngel der Tiere immer zur Sprache kommen.
DaB nur Namen fur weibliche und Bezeichnungen fiir fehlerhafte Tiere
aus dem Rumănischen iibernommen wurden, ist so zu erklăren, daB mit
dem rumănischen Handelspartner meist iiber dergleichen verhandelt
L

wurde, gleichgiiltig, ob er Kăufer oder Verkăufer war. In beiden Făllen


RA

ist das ein Fingerzeig auf die wirtschaftliche Lage des Rumănen. Und
zweitens : daB die Pflege und das Antreiben der Zugtiere in den săchsischen
Wirtschaften dem rumănischen Knecht anvertraut war. Diese Erkenntnis
ist vom gesellschaftlichen Standpunkt besonders wichtig. Der Rumăne
NT

hatte ja kein Recht, als Siedler auf Konigsboden zu leben, wohl aber als
Lohnarbeiter. Sein Auftreten in den săchsischen Wirtschaften ist das
erste Zeichen der gesellschaftlichen Zersetzung der freien Bauernschaft, die
durch ihre Auswanderung aus Deutschland der Horigkeit entgangen war,
CE

in Siebenbiirgen aber sehr bald in die Muhle des beginnenden Ruralkapi-


talismus geriet. Das Auftreten der rumănischen Lohnknechte geht Hand
in Hand mit der Entstehung des săchsischen GroBbauerntums.
Einer ganz anderen Ursache ist die Bereicherung des săchsischen
I/

Wortschatzes mit Ausdriicken aus dem Hirtenwesen zuzuschreiben. Dieser


Zweig der Landwirtschaft war den mittelalterlichen Einwanderern augen-
S

scheinlich ungewohnt, Schafzucht und Kăsebereitung waren ihnen fremd.


Auch heute noch wird das Ziichten und Hiiten der Schafe sowie die Kăse-
IA

fabrikation den Rumănen iiberlassen (den Dorfhirten oder den Angestellten


der Schafzuchtgenossenschaften), die Sachsen befassen sich nicht damit,
auch wenn sie selbst Besitzer von Schafen sind. Folglich ist die gesamte
U

Terminologie des Hirtenwesens stark rumănisch. Mit Ausnahme des Wortes


,,Kes” Kăse z.B., gibt es im Siebenb. Săchsischen keinen altererbten
BC

Faehausdruck fiir die Kăsebereitung.


RY
11 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ 207

RA
Bătsch m., = Senne < rum. baciu. /Wb. I. 416, Gr. 10/.
Berbetsch m., = Hammel, Schops < rum. berbec, -ci. /Wb. I. 517/.
Die Bezeichnung ist iu Nordsiebenbiirgen allgemein fur das
mănnliche Schaf gebrăuchlich. Im Siiden Syn. „Hummel,

LI B
Hamei”, aber auch „Berbek”. Das Wort ist sclion 1634 urkund-
lich belegt. 1658 schickte man an tiirkische Gesandte u.a.
„etlicbe berbenzker”. Von dem Hauptwort ist ein Zeitwort
abgeleitet worden : berbekăn = das Bell abziehen.
Brinse f., = fertiger Schafkăse < rum. brînză. /Wb. I. 743/. Dader

Y
Schafkăse von rum. Hirten gemacht wird, heiBen die Rumănen
auch : Brinsebloch.

T
Burdufkes m., = in eine Schafhaut eingedriickter Schafkăse /Wb. I.

SI
818/. ,,Burduf” = Balg < rum. burduf. Das Wort ist allgemein
verbreitet.
Foâlekes m., = dasselbe. „Foaie” — Kăsebalg < rum. foaie.

ER
Kăsch m., = frischer, ungesalzener Schafkăse < rum. caș.
Ser f., = Molke < rum. zer. Das Sbs. kennt keinen andern Ausdruck
fur Molke oder Buttermilch.
IV
tlrde, Ordaf., = Siifikăse <rum.urdă.Nurunterrum.Namenbekannt.
Noâtentchen n., = einjăhriges Lamm < rum. noatină. /U/.
Stirpe f., = unfruchtbares Muttertier < rum. sterp. /Gr. 43/.
UN

Sbs. Adjektiv : stărpich = unfruchtbar.


Stine f., = Sennhutte < rum. stînă (Gr. 43/.
Strunge f., = Melkgitter, aber auch Schafrasse < rum. strungă.
Tscliobân m., = Schafhirte < rum. cioban. Ist vie1- gelăufiger als „Hirt”
und bezeichnet aussehlieBlich den Schafhirten. „Hirt” wird fur
AL

Pferde- und Binderhirten gebraucht.


Tirla f.,= Hiirde < rum. tîrlă. /Gr. 45/.
Turma f.,= Schafherde < rum. turmă. /Gr. 47/.
TR

sich murlin v , sich begatten < rum, a se mirii, /Gr. 37/.


Der treue Begleiter des Hirten und der Herde, sowie die Hirtenflote,
fehlen ebenfalls nicht :
Balâuer m., = groBer Schăfei'hund /Wb. I. 396/ < rum balaur.
EN

Burkusch m., = Hundename < rum, Burcuș, burcă /Wb. I. 829,


HMH. 49/. Dieser Name hat fast in ganz Siebenbiirgen die
sinnbildliche Bedeutung „Schăferhund” angenommen.
/C

Flur f., = Hirtenflote <rum fluer. /Gr. 28, Wb. I 421, 423 Lien 14,
Tr, 10, 17/ Bei diesem Wort ist jegliches BewuBtsein seiner
fremden Herkunft verschwunden. Zu ihm gehoren zwei Zeit-
worter und zwei Eigenschaftsworter : Fluren und fluiern,
SI

flurich und flirich. Als Hauptwort hat es auBerdem mindestens


vier verscliiedene Bedeutungen angenommen :
1. Musikinstrument a) Hirtenflote
IA

b) Flote aus Weidenrinde


c) jedes Pfeifchen aus Holz, Kuochen oder
Metall, „Flirchen” genannt.
U

2. Mansclietten, wohl der Form wegen. Das weitărmelige Hemd


des săchsischen Bauernmădchens hat bei besonders festlichen
BC
RY
208 G. KLASTER-UNGUREANU 12

RA
Gelegenheiten bestickte, enge Manschetten uni das Handge-
lenk. Diese heiBen „Fluren”. Das Hemd ist dann „flurich”.
3. Kn.och.en des Oberschenkels und Oberarmes als Uber-
setzungslehnwort aus rum. fluerul piciorului.

LI B
4. Nichts, Pappenstiel. Mer bekuD en Flur ! = Wir bekommen
nichts. Huest te ăst bezuelt ? — En Flur ! = Hast du etwas
bezahlt ? — Keine Spur !
Fluren v. = 1. pfeifen, floten, blasen.

Y
2. abweisen, pfeifen auf etwas. Ich fluren der
draf = ich pfeif dir drauf !

T
Auch die typische Kleidung der rum. Hirten hat im Munde der
Siebenbiirger Sachsen ihren Namen behalten.

SI
Koshok m., zottiger Schăferpelz < rum. cojoc. /Gr. 36, Kbl. 36/.
Kuschme f., Pelzmiitze < rum. cușmă. /Gr. 36/.

ER
Botz m., Stock, Kniippel < rum. băț. Fig. stămmiger Kerl (in derber
oder scherzhafter Eede.) /Gr. 23, HMH. 33, Wb. I. 698/.
Opintsch m., PI. -en, Bundschuh < opincă, pl. opinci. /VIE. 54,
Gr. 38/. Da die rumănische Bevolkerung friiher allgemein
IV
Bundșchuhe trug, wurde das Wort : ,,Dă ăn den Opintschen”
zum Ubernamen der Rumănen.
UN

In den Hiihnerhof haben rumănische Ausdrucke keinen Eingang


gefunden. Das Lehnwort fur Hahn entstammt dem Magyarischen :
Kokesch m., Pl. Kekesch < magy. kakas. Im Unterwald ist daneben
die in rum. Weise betonte Nebenform zu finden : Kokosch m.,
Pl. Kekâsch. Ein einziges Eigenschaftswort aus diesem Gebiet
AL

ist rumănisch und allgemein bekannt :


klotschitich adj. lauwarm, faul < rum. clocit. Fur faule Eier und
abgestandenes Wasser gebrăuchlich.
TR

Besser ist die wilde Vogelwelt vertreten. Die diesbezuglich entlehnten


Bezeichnungen verraten, daB sie vor aliem durch Kinder vermittelt wurden,
die gemeinsam Sing- u.a. Vogel fingen oder nach Knabenart die Nester
EN

aufstoberten und „ausnahmen” (pltinderten).


Kokestirk m., Storch; fig. Mensch mit langen Beinen < rum. co-
costîrc. /Gr. 15/.
Pitzigusch m., Kohlmeise < rum. pițiguș, (-oi) /Gr. 39/. Nur in
/C

Nordsiebenburgen bekannt Syn. „MIsken”


Puppes in., Wiedehopf < rum pupăză. /Gr. 39, U/.
Tschiskamfloro od. Kischtjamfloâre m., Goldpirol < rum. dial.
chișcă-n floare. /Wb. I. 61, U/. Der Name ahmt den flotenden
SI

Buf des Vogels nach.


Golâschken n., Vogeljunges < rum. gol(aș) = nackt.
IA

Aus der iibrigen Kleintierwelt sind noch allgemein verbreitet :


Flutter f., Schmetterling < rum. fluture. „Flutterchen” = Baiid-
schleife oder Masche. /U/. Hat kein săchs. Synonym.
Bruâske f., Briiski od. Bruskoi m., Wasserfrosch < rum. broască.
U

/Wb. I. 763, Gr. 23/. Fig. zanksuchtige, unordentliche Frâu.


BC

Syn. ,,Kruet” f. Krote, und „Kradder” m., Unke.


RY
13 BEEIEHUNGEN ZWISCHEN RllMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ 209

RA
Die fiir Landwirtschaft und Haudwerk notigen Gerâte wurden von
den Sachsen zum groBten Teii aus ihrer Heimat mitgebracht. Daher finden
.sich nur selir wenig rum. Bezeichnungen auf diesem Gebiet, mit Ausnahme
der Gerăte, die im tăglichen Umgang mit dem Zugvieh gebraucht wurden :

LI B
Ftîrke f., Mistgabel < rum. furcă. Vari'anten : Furkoi, m.,
Furkdichen n., /Wb. II. 531, Gr. 28, Wb. II. 532/. Das ăhnliche
sbs. Wort „Furk” = gabelformiger Bestandteil am Hinter-
gestell des Wagens, ist moselfrănkisch und stammt aus dem
Lateinischen. DaB aber „Furke” kein Wort rheinischer Her-

Y
kunft ist, beweist der Endvokal.
Lopât f., Mistschaufel < rum. lopată. /U/. Das Wort hat die rum.

T
Endung verloren.

SI
Karutz f., leichter Wagen < rum. căruță /Kbl. 36, ThK/
Scherijel f , Wagenkorb < rum. dial. șiriglă. /Kbl. 36, ST. 1, U/.
Svn. „SchoBlîter”.

ER
Burloi f., tonerner Wasserkrug der Feldarbeiter im Burzenland <
< rum. burlui (Rohre). /‘Wb. I. 829/.
Treister, Teister m., lederner Sack < rum. traistă /Gr. 45/.
Die typischen Wirtschajtsgebăude der sbs. Bauernhofe sind liberal] :
IV
die Scheune mit dem darin eingebauten Stall und der Gerăteschuppen.
Dagegen hat die rum. Bauernwirtschaft : șură (Scheune), coteț (Schweine-
UN

stall) und hambar (Speicber). Die beiden letzten Begriffe wurden mit
Bedeutungsverănderung auch ins Săchsische ubernommen, dazu auch zwei
Bezeichnungen fiir kleine, ărmliche Hiitten :
Hambar n., Kornkasten < rum. hambar., /Fr. 115, Gr. 30/. Gemeint
sind damit die Kornspeicher hinter den feuersicbern Mauern
L

der siebenbiirgischen Bauernburgen. Jede Wirtschaft besaB


RA

dort ihren mit Namen und Hausnummer versehenen Korn­


kasten von Buchenholz. Audi in Friedenszeiten bewahrten die
sbs. Bauern ihre Lebensmittel in der Burg auf.
Kotetz m., kleine Hiitte, Stall < rum. coteț. Trotzdem mit Kotetz
NT

fast immer der Schweine- und Hiihnerstall gemeint wird, hat


das Wort bloB die Bedeutung von Hiitte. /Kbl. 36, HMH. 50,
Gr. 11/.
Biirde f., ărmliche Hiitte < rum. bordeiu. Selten ist „Schwengs-
CE

burde” /HMH. 48/. Dem Wort haftet die Bedeutung des


Schmutaigen, Unordentlichen an. /Wb. I. 817, Kbl. 36/.
Kalip f., kleine Hiitte < rum. colibă. /Gr. 13, HMH. 56, P.S. 8/.
Im Burzenland heiBt die Hundehiitte so, im Unterwald die
I/

Schutzhiitte der Feld- und Weinbergshiiter.


In der Handwerkerwelt sind rum. Ausdriicke selten, was kein Wunder
S

ist, da den Rumănen der Zutritt zu den Ziinften verweigert war und sie
deshalb nieht als „ehrliche” Handwerker galten. Viele von ihnen verdienten
IA

als wandernde Handwerker ihr Brot. Die Zigeuner bildeten eine Aus­
nahme : Sie waren fast durchwegs die seBhaften Schmiede der Dorfer.
Baros m., groBer Schmiedehammer, auch groBer Holzhammer <
rum. baros./Wb. 1.411, Gr.2 1/. Svn. Schliejel (Schlăgel), PIrel.
U

Adj. barossich = flegelhaft, grob.


BC
RY
210 G. KLASTER-UNGUREANU 14

RA
Barde f„ Zimmermannsbeil < rum. bardă. Das Wort wird als fremd
empfunden, obwohl es seinerzeit aus dem Mittelhochdeutschen
ins Rumănische drang, (mhd. barte = Streitaxt). /Wb. I. 406,
Gr. 21/. Auf eine Herkunft von dem Mittelhochdeutschen kann

LI B
man deshalb nicht schlieBen, weil das Wort lautlich genau der
rum. Form entspricht, als fremd empfunden wird und von der
mhd. Form abgeleitet einen ganz andern Lautbestand aufge-
wiesen hătte, (etwa buart). In Malmkrog heiBt der Zimmer-
mann „Bardâsch”.

Y
Boiâsch m., PI. Boiâsch, Zigeuner, der mit Holzloffeln, Korben und

T
Besen handelt < rum. băiaș, băieși /U/. Bedeutete rum.
urspriinglich „Goldwăscher”.

SI
Ferestâr m„ Glashăndler < rum. ferestar. /Wb. II. 352/. „Fero”
ist ein Schreckruf fur Kinder und ist nichts anderes als die

ER
Wiedergabe des langgezogenen Bufes dieser Glashăndler,
woirit sie sich beim Durchwandern der Dorfer bemerkbar
machen : „Ferost !” < rum. dial. pl. ferești. /Wb. II. 355/.
Man jagte im allgemeinen den Kindern einen Schrecken vor
IV
allen wandernden Leuten ein, weil sie einen „stehlen” konnten.
Die oben angedeuteten Handelsbeziehungen haben im Siebenb.
Săchsischen ebenfalls einen Niederschlag von rumănischen Fachausdriicken
UN

ergeben.
Almesch m., Kauftrunk < rum. al(dă)maș. /Wb. I. 76/. Es ist ein
allgemein bekannter und beliebter Brauch, bei Kauf und
Verkauf, bei Erbschaften, beim Dingen von Hirten, Lehrjungen,
AL

Dienstboten u. dgl. einen bekrăftigenden Trunk zu tun. Der


Brauch wurde von den Einwanderern aus den frănkischen
Weinlanden mitgebracht, wechselte hier aber den Namen. Der
TR

luxemburgische Ausdruck „Wengkef” (Weinkauf), Letkef


(Leitkauf), ahd. mhd. lithkouf, der dasselbe bedeutet, ist heute
nur nochin sbs. „Letchef” erhalten, bedeutet aber : Wirtshaus,
EN

Schenke. Der Kauftrunk als solcher ist ausnahmslos als „Al­


mesch” bekannt. Das Wort ist urkundlich schou seit 1389 belegt.
Felelat m., Versicherung des Viehs, namentlich der Pferde gegen
Diebstahl < rum. dial. felelat < magy. felelet. /Kbl. 36, Wb.
/C

II. 344/. Das Wort stammt aus der Berufssprache rumânischer


Hirten an magyarischen Edelhofen und bedeutete urspriinglich
die Verantwortung, die die Hirten fur das ihnen anvertraute
Vieh ubernehmen muBten. (Magy. felelet = Verantwortung).
SI

Heute heiBt „Felelat” die Ablosungssumme, die man einst


beriichtigten RoBdieben zahlte, um das Vieh vor dem Gestohlen-
werden zu schiitzen.
IA

Djambâsch m., Pferdehăndler, RoBkamm < rum. geambaș.


Dobundef., Reinertrag eines Geschăftes < rum. dobîndă. /Wb. II. 53,
Kbl. 36/.
U

Poschinok m., erster Verkauf < rum. pocinog. /Gr. 40/.


Dujâne f., Schenkbude auf den Jahrmărkten < rum. dugheană.
BC
RY
15 BEZIEHUNGEN zwischen rumănen und sachsen im wortschatz 211

togmâlen, togmin v., liandeln < rum. tocmeală, a tocmi. /Gr. 12/.

RA
tschistigân v., erwerben, verdienen < rum. a cîștiga. /Kbl. 36/.
Doch nicht nur in Bandei, Hof und Feldwirtschaft fanden die rumă-
nischen Ausdriicke Aufnahme. Sie drangen auch in das Innere des săch-

LI B
sischen Bauernhauses, wohl zugleich mit der Eumănin als Haushilfe. Es
finden sich dalier rumănische Ausdriicke fur Haushaltgerăte, mit denen
hauptsăchlich die Magd zu tun hatte.
Akdi f., grobe Nadei < rum. ac(oi). /Wb. I. 63/.
Dos m., Kehrseite der Webe < rum. dos. /Kvh. 17/.

Y
Fustche PI., zwei Holzstăbchen, die zwischen dem Garn am Webstuhl
stecken < rum. fuștei. /Wb. ii. 545/.

T
Kâier m., Hanfbund am Eocken < rum. caer. /Gr. 10/. Syn. „Zoken”.
otchich Adj., augig(es Muster) > rum. ochiu. /Wb. I. 63/.

SI
Ponere f., grobes Tuch < rum. pănură. /Gr. 40/.
Ponz f„ Leinwand < rum. pînză. In Nordsiebenburgen gelăufig.

ER
Das rumănische Gesinde auf den săchsischen Bauernhofen trug lange
Zeit noch seine Nationaltracht. Die besonderen, von denen der săchsischen
Bauern verschiedenen Kleidungsstiiclce blieben als Wort und Begriff in der
sbs. Mundart haften. AuBer den schon bei der Hirtenkleidung angefuhrten :
IV
Koshok, Kuschme, Opintsch, finden wir noch :
Fote f.,,Schiirze < rum. fote. /Wb. I. 443/.
UN

Katzeweike f., kurze Pelzjacke < rum. sl. cațaveică. /Gr. 35/.
Scherpâr m., breiter Ledergiirtel < rum. șerpar. /ThK 16/.
Skurteike f., kurze Jacke < rum. scurteică. /Gr. 42/.
Szukmân m., Oberkleid des Bauern < rum. suman /Gr. 43/.
Das Gebiet der Nahrungsmittel hat auch seine rumănischen Lehn-
L

worter aufzuweisen. Sie beziehen sich hauptsăchlich auf die den Feldar-
RA

beitern .und Dienstboten vorgesetzten Mundvorrăte :


Kolăsche f., Maisbrei, Palukes < rum. dial. coleșă. /Gr. 19, NM. 54/.
Kisselitze f., Pflaumensuppe < rum. chisăliță. /Gr. 11/.
Kletitt f., Pl.-en, Pfaunkuchen < rum. clătită. /HMH. 81. U/. Das
NT

Wort ist allgemein verbreitet. Es gibt kein săchs.Synonym dafiir.


Korâste f-, geronnene Milch < rum. coreaslă, dial. coreastă. /Gr. 20/.
Paparâde f., Eierspeise < rum. păpărjidă. /Gr. 38/.
Pletschint f., Pl.-en, Pfannkuchen <rum. plăcintă. /Fr.161, HIE.48/.
CE

Eetsch PI. Sulze < rum. dial. reci. /Wb. I. 157/. Lit. rum.
răcituri = piftie. Das rum. Wort ist seinerseits eine Lehnuber-
setzung aus dem Săchsischen : Kâltschăssel (Kaltsehiissel).
Tokâne f., Speise aus Fleisch und Kartoffeln < rum. tocană. /HMH.
I/

26, PS. 5, ThK. 44, Fr. 162/. Das Wort ist allgemein verbreitet
und hat kein săchs. Synonym.
S

Eintschesâle f., ranziger Speck < rum. rîncezeală. /Wb. V. 185,


Tr. 7/. Adj. rintschig, rintschedig. „Eintschesâle” bildet neben
IA

dem Maismehl die Hauptgabe des Lohnes oder des Geschenkes,


das man arbeitenden oder bettelnden Zigeunern reicht.
Merinde Pl„ Proviant < rum. merinde. Das ist der Vorrat an Lebens-
U

mitteln, den sich Arbeiter oder Eeisende aufs Feld oder auf
den Weg mitnehmen. /Kbl. 36/. Sbs. Syn. „Ăgesacksel”.
BC
RY
212 G. KLASTER-UNGUREANU 16

RA
sich herenin V., sich săttigen < rum. a se hrăni. /Kbl. 36/.
Die Aufzăhlung der Wirtschaftszweige, innerhalb deren Rumănen
und Sachsen zueinander in Beziehung tyaten, ist damit beendet, keineswegs
aber das Verzeichnis der entlehnten Worter. Abgesehen davon, daB w.o.

LI B
nur einige anschauliche Beispiele fur jedes Sachgebiet geboten wurden,
lassen sich eine groBe Anzahl rumănischer Lehnworter im Săchsischen
keinem Wirtschaftszweig zuweisen, obwohl ihre Entlehnung ebenfalls dem
okonomischen Zusammenleben der beiden Volker entsprang. Sie bezeichnen
allgemeine menschliche Handlungen und Eigenschaften, sind also Zeit-

Y
und Elgenschaftswdrter. Hierher gehoren z. Beispiel :

T
sich adunân V., sich versammeln < rum. a se aduna. /Wb. I. 56/.
sich aschesân V., sich setzen < rum. a se așeza. /Kbl. 36/.

SI
bashokorin V., Spott treiben < rum. a batjocori. /Kbl. 36/.
beiln V., schinden, Haut abziehen, schlachten < rum. a beli /Gr. 21,
Wb. I. 505, ThK/ Fig. Die Zeche im Wirtshaus zahlen lassen.

ER
betschuffeln V., bespotten, bewitzeln < rum. a ciufuli. /Thk. 24,
Gr. 28, HMH. 78, Wb. I. 570/.
sich emparzin V., sich entzweien < rum. a se împărți. /Wb. II. 198/.
IV
sich englodin V., (ich englodin) = stecken bleiben < rum. glod.
/Wb. II. 205/.
sich krutschfn V., heftig erschrecken, erstaunen < rum. a se cruci.
UN

/Gr. 16/. Spiegelt die landesiibliche Gewohnheit der turn.


Frauen wider, sich bei heftigem Schreck zu bekreuzigen.
kerzeln V., quietschen, knarren < rum. a scîrțîi. /U./. Stark einge-
deutschtes Wort.
AL

pezin V., etwas erleben < rum. a păți. /Gr. 17/.


pomenin V., erwăhnen, jemandes gedenken < rum. a pomeni.
. /KM. 38/.
pornin V., beginnen, losgehen < rum. a porni. /NM. 37, Gr. 40/.
TR

powestin V., erzăhlen, tratschen < rum. a povesti. Davon das


Hauptwort „Powăschtje” = Klatsch /U/.
sich purtân V., sich beeilen < rum. dial. a se purta. /Kbl. 36/.
EN

roskolin V., aufriihren, umwălzen ; reizen < rum. a răscula. /Wb. V.


224/. Dazu das Hauptwort „Roskoale” fem., Aufruhr, Umwăl-
zung < rum. răscoală. /Wb. V. 224, Kbl. 36/. Die Worter sind
durch die Bauernaufstănde gelăufig geworden, wurden aber
/C

, mit der Zeit fur die Oberschicht des Siebenbiirger Sachsen, die
mit zu den Unterdriickern der Bauernaufstănde gehort hatte,
zu „rumănischen” Begriffen.
sțirben oder bestirben V., am Bande ausbrechen < rum. a știrbi.
SI

Das Wort verrăt kaum noch seinen rum. Ursprung. Es drang


sogar schon in die siebenburgisch-deutsche Umgangssprache
ein. /Kbl. 36, Wb. I. 560/.
IA

sich szokotjin V., sich beraten < rum. a se socoti. /Kbl. 36/.
tschokken V., klopfen, hacken < rum. interj, cioc ! /Wb. I. 41/.
tschiirreln V., tropfeln, rieseln < rum. a ciurui /Wb. I. 41/.
U

sich waitân V.,_wehklagen < rum. a se văita /Gr. 47, Kbl. 36/. Sbs.
Syn. „klon” = klagen, „sich beklon” = sich beklagen, ,,jo-
BC
RY
17 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ 213

RA
mern” — jammern. Das Wort wird hauptsăchlich fur ,,1111116-
tiges Jammern” benutzt.
Die iiberaus reiche Anzahl von Eigenschaftswortern rumănischer Herkunft
lâfit uns erkennen, welche Eigenschaften der beiden Vdlker in ihrem

LI B
Zusammenleben eine Kolle spielten :
afuresitich Adj., durchtrieben, unehrlich < rum. afurisit /Wb. I. 57,
Kbl. 36/.
ameritich Adj., elend, verkriippelt, krănklich < rum. amărît /Wb. I.
98, Gr. 16/. Mit dem Beiwort „ameritich” werden Kinder,

Y
junge Pflanzen, Tiere bedacht, die im Wachstum zuriickge-
blieben sind. Von Erwachsenen gesagt heiBt es „armselig”.

T
Syn. „roppich, Bchmugeritzich”.

SI
awâmich Adj., stark, groB, krăftig < rum. avan. /NM. 30, Gr. 2/.
betut Adv., geprellt, betrogen < rum. bătut /Wb. I. 575/.
bugâtich Adj., prahlerisch < rum. bogat. /Wb. I. 807, HMH. 81,

ER
Gr. 15/. Unter „de Bugatijen” verstand man friiher die Elite der
GroBbauern, die sich bei jeder Gelegenheit hervorzutun wuBten.
Der Ausdruck wird von der sbs. armen Bauernschaft gebraucht.
djebossich Adj., bucklig < rum. ghebos. /Wb. II. 52/.
IV
falossich Adj., protzig, prahlerisch < ruin, fălos. /Wb. II. 429, 303/.
Davon das Hauptwort „Folossie” = Hochmut. Nordsieben-
UN

biirgisch ist auch „Fale” gebrăuchlich.


frikossich Adj., furchtsam < rum. fricos. /Wb. II. 493, Kbl. 36.
Br. 18/. Davon das Hauptwort „Frikos” m. = Angsthase.
girtschitich Adj., geizig, knauserig < rum. zgârcit /ZK. 6, Kbl. 36/.
jiitchich Adj., scharf, flink < rum. iute. /NM. 30, Gr. 34/.:
AL

kaptsehiillich Adj., verriickt, nicht bei Troșt < rum. cap ciulit (ver-
drehter Kopf)
muttich Adj., dunun < rum. mut. /Gr. 37, KvH. 20, 23, 51/.
TR

prostich Adj., ungeschickt < rum. prost. /Kbl. 36/.


pustich Adj., dumm, sinnlos, zwecklos < rum. pustiu. /Gr. 30,
HLE. 4, PM. 23, ZK. 16, Tr. 9, ThK. 23/. Das Wort weist die
seltene Tonverlegung auf. Im Unterwald kursiert die rum.
EN

betonte Form „pustich”. /U/.


Vom inhaltlichen Standpunkt aus kominen zu diesen Verben und
Adjektiven noch eine ganze Keihe von Hauptwortern hinzu, die die Frage
/C

klăren helfen konnen, weslialb gerade diese allgemein menschlichen Tâtig-


keiten und Eigenschaften bei den Sachsen in rumănischem Sprachgewand
auftreten.,
Awăre f., Besitz, Vermogen, Gut < rum. avere. /Kbl. 36/.
Boâle f., Schimpfname fur weibliche Wesen; Krankheit < rum.
SI

boală. Kw. Et ăs ăn de Boale kun = sie ist krank geworden.


Scherzhaft : E liuet de Boala buzii = er hat die „FaBkrankheit”
IA

(Trunksucht). /Wb. I. 661/.


BâlegriB f., wilde UrgroBmutter < rum. Bală. Gemeint ist damit
ein schmutziges, wiistes, altes Weib. Das Wort und die Gestalt
entsprechen der in der rum. Volksmytliologie vorkommenden
U

Figur der „Drachenmutter”. /Wb. I. 397/.


BC

7. C. 2346
RY
214 G. KLASTER-UNGUREANU 18

RA
Bulendre Pl., Siebensachen, Lumpenzeug < rum. dial. buleandră,
pl. bulendre. /Wb. I. 811, Kbl. 36, Gr. 23/.
Burlâk m., Junggeselle < rum. dial. burlac. /HMH. 14, 54/.
Dor m., Sehnsucht < rum. dor. /Wb. II. 60/. Das Wort hat die

LI B
typisch rum. Gefiihlsfărbung und kann mit sbs. Sînsucht nicht
liber setzt werden.
Fatschekâle m., Wegbereiter, Fiirsprecher < rum. face cale.
/KvH. 27/.

Y
Flâiku m., flatterhafter Mensch < rum. fleac /Wb. II. 391/.
Flekou m., unbeholfener, junger Mann < rum. flăcău. /Wb. II. 406/.

T
Fletz, Fleketz m., Flegel, Liimmel < rum. flăcăuț, pl. flăcăieți.
Geringschătzige Bezeichnung fur rum. Burschen.

SI
Fum m., Stolz, Hochmut, Einbildung < rum. fum. /NM. 7, Wb. II.
519/.

ER
Groase f., Schauder < rum. groază. /Kbl. 36/.
Pakâle f., Dummkopf < rum. Păcală. /Gr. 38/. Die dem rum. Wort
anhaftende Bedeutung von Schlauheit fehlt dem săchsischen
Ausdruck.
IV
Pnrligâr m., Strolch < rum. pătlăgar. /Gr. 41/. Ein allgemein
beliebtes Wort ftir alle Arten von herabgekommenen Land-
UN
streichern.
Szereschfe f., Armut; Ungliicksvogel < rum. sărăcie. /NM. 33,
Kbl. 36/. Das Wort ist sowohl Ruge, — Ta Sereschie ! — du
Ungliicksvogel!' — als auch Ausdruck fur den wirtschaftHchen
MiBstand in den rum. Hăusern.
L

Spiinemult m., Schwătzer < rum. spune multe. /HMH. 2/.


RA

Tâtschmutku m., Stummer < rum. taci, mut.


Zinemintje m., ein Mensch der keine Beleidigung vergi Bt < rum. tine
minte. /Gr. 46, Kbl. 36/.
Aus diesen drei letztgenannten Wortkategorien lassen sich dem
NT

Inhalt nach gewisse Gruppen deutlich herausheben :


a) Es gibt da Ausdriicke, wie : Szereschie, ameritich, Bulendre, sich
roskolin u.a., die eine ărmliche wirtschaftliche Lage und gesellschaftliche
Unterdriickung im gleichen MaBe widerspiegeln, wie ihre Antonymreihe :
CE

bugatich, falossich, girtschitich u.a.m. DaB diese Worter sich im siebenb.


săchsischen Wortschatz verankert haben, bezeugt, daB zwischen Rumănen
und Sachsen solche Dinge zur Sprache gekommen sind. Die geschichtlichen
Verhăltnisse zeigen zwei Wege zur Erklărung dieser Wortentlehnungen :
I/

einerseits standen viele Rumănen als Păchter und Lohnarbeiter in sozialem


Gegensatz zu săchsischen Grundbesitzern (die Privilegien der Sachsen
S

verhinderten das umgekehrte Verhăltnis, was sich auch auf die kapitalis-
tische Zeit auswirkte), andererseits ubernahmen die săchsischen Klein-
IA

bauern eine solche „soziale Terminologie”, die von den ausgebeuteten


Rumănen fur die săchsische Oberschicht geprăgt worden war, da sie der
eigenen Lage entsprach. Es ist iiberhaupt auffăllig, wie viei empfănglicher
U

die minderbegiiterten săchsischen Bauern fur das rumănische Element


waren, als etwa die Mittelbauern. Es muB darin ein Anfang spontaner
BC

Solidarităt gesehen werden, die spâter unter dem EinfluB der marxis-
RY
19 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ

RA
tischen Ideen immer mehr erstarkte. Diese Verbundenheit zwischen den
rumânischen und sâchsischen armen Bauern, die aus ihrer gemeinsamen
sozialen Lage dem Druck der rural-kapitalistischen Ausbeutung erwuchs,
setzt sich nach der Befreiung Bumăniens vom Faschismus unter den

LI B
Kollektivbauern, verstărkt und unter grundlegend anders gestalteten
Lebensbedingungen, im gleichen Sinne fort. Sie ergab eine neuerliche
Bereicherung der sâchsischen Mundart mit rumănischem Lehngut, das sich
auf das neue Leben, den sozialistischen Aufbau bezieht.
Preschedinte m., Vorsitzender < rum. președinte. So und nur so

Y
nennen die Sachsen den Vorsitzenden des Volksrates und dei-

T
Kollektivwirtschaft.
FeBemdu m., < AFSM, Akiiwort; Bezeichnung fur Staatswirt-

SI
schaften.
Szemetb f., < rum. SMT, ebenfalls Akiiwort, fiir MTS.
Wetrinâr m., < rum. veterinar, Tierarzt. Sachs, Syn. Dăruerzt.

ER
Schedjinze f., < rum. ședință, Sitzung. Ausdruck, der nur fiir die Ver-
sammlungen der Arbeiter aus den verschiedenen Wirtschaftsein-
heiten des sozialistischen Sektors gilt. Syn. fiir andere Sit-
IV
zungen : sbs. Sătzung.
Kemin m., Heim, < rum. cămin. Bezeichnet die lăndlichen Kul-
turhăuser sowie jede Art von Internat (fiir Schiiler, Lehrlinge,
UN

Pensionisten usw.)
b) Es lăBt sich weiterhin eine Gruppe von Wortern heraussondern,
die zum Unterschied von der vorigen in ihrer Bedeutung den Stempel der
Ausbeuterklasse tragen und angesichts der siebenbiirger Verhăltnisse
AL

implicite auch chauvinistisch gemeint sind. Es sind dies Schimpfnamen


wie : Purligar, Flaiku, Fletz, Spunemult u.a., die schuld daran sind, daB
manche Sachsen auch heute noch den grundfalschen Eindruck haben, sie
hătten von den Bumănen nur schimpfen gelernt. Dazu gesellt sich eine grelle
TR

Kette krăftiger rumănischer Fliiche, die der săchsische Bauer in ungezwun-


gener Umgebung gerne im Munde fiihrt. Im Vergleich zu den neutral
gefărbten Lehnwortern fiir Wirtschaft, Arbeit und Tageslauf ist jedoch
EN

die Zahl dieser băuerlichen Kraftausdriicke verschwindend gering.


II. Die eingangs erwăhnte zweite groBe Gruppe rumânischen Lehn-
gutes ist fiir unsere Fragestellung nicht in der Weise aufschluBreich wie die
entlehnten Einzelworter. Die Bedewendungen konnen inhaltlich ebenso
/C

wie die Einzelworter den oben angefiihrten Wirtschaftszweigen und


Gesellschaftsschichten zugewiesen werden, sie bringen diesbeziiglich nichts
Neues. Sie werfen jedoch ein helles Licht auf einen sehr wichtigen Zug der
hier erorterten Frage, und das mit Hilfe ihrer Form. Sie zeigen nămlich,
SI

wie tief die rumănische Sprache in die siebenbiirgisch-săchsische Mundart


eingedrungen ist, wie sehr das Denken der lăndlichen sâchsischen Bevol-
kerung im Banne der rumânischen Sprache steht. Die praktische Intelligenz
IA

des Volkes erfaBt gar schnell, wie viei besser die Ausdrucksweise der
Ureinwohner zu den Gegebenheiten ihres Landes paBt. Man kann auch
bei den Siebenbiirger Sachsen geradezu von einer oft unbewufiten Neigung
U

sprechen, die Bedensart der Buinănen nachzuahmen. Das geschieht in der


freien Wortwahl und in den stehenden Wortverbindungen in ganz iiber-
BC
RY
216 G. KLASTER-UNGUREANU 20

RA
raschender Weise. Diese Vertrautheit mit den rumănischen Spraclifein-
heiten und der rumănischen Denkweise ist aber wiederum ein Zeichen
jahrhundertelanger sprachlicher Beriihrung, jahrhundertelangen Zusam-
menlebens.

LI B
Ihrer Form nach zerfallen die aus dem Rumănischen entlehnten
Redewendungen im Săchsischen in drei Gruppen :
a) Ausdriicke in rein rumănischem, Gewande. Sie sind selten, aber
allgemein verbreitet. Es handelt sich hier meist um Wendungen affektiver
Natur, Ausrufe, elliptische Redensarten :

Y
Fobinje < rum. fă bine ! Sei so gut ! /U/.

T
liaidahâit < rum. haidahai ! Bedeutet : Gib acht, paf3 auf. Wird
auch als Bejahungswort verwendet.

SI
kit kolo < rum. cit colo, weit weg.
Lukru ku schrof < rum. dial. lucru cu șrof, wortlich : Sache mit

ER
Schraube, d.h. heikle, schwierige Angelegenheit oder nach-
lăssig getane Arbeit. Das rum. Dialektwort șrof ist seinerseits
das săchs. „Schrouf” (Schraube;.
moi ha ! < rum. măi ha ! Verwunderungsausruf.
IV
tulai ! < rum. tulai < magy. tolvaj ! Hilferuf.
wai ! < rum. vai, meist verdoppelt : wai-wai, sehr verbreiteter
Schmerzensschrei; usw.
UN

b) Viei zahlreicher sind die Redewendungen, die nur das Kernwort in


rumănischer Form bringen, die iibrigen Glieder sind iibersetzt :
Brintsch gien < rum. a da brînci. StoBen, knuffen, mit den Ellen-
bogen bearbeiten.
L

Den Dutje nien < rum. du-te. Bedeutet : ausreiBen, sich davon-
machen. Ahnlich : af den Dutje gon = sich auf den Weg
RA

machen, loswandern.
De Dumnjesei erăreiBen < rum. a trage un Dumnezeu. Fluchen
wettern ; wortlich : die Herrgotter hereinreiBen.
NT

De Norok son < rum. a spune de noroc. Jm. zusammenschimpfen,


den Kopf waschen; wortlich : jm. von Gliick sagen.
sich Pomâne machen < rum. a-și face pomană. Ein gutes Werk tun.
CE

pune lume net ! < rum. pînă-i lumea. Nie, nimmermehr ; wortlich :
solange die Welt steht, nicht ! de fel net ! < rum. de fel ! Gar
nicht, keinesfalls usw.
c) Die feinsten Auslăufer der rumănischen Sprache im Herzen der
I/

siebenb. săchsischen Mundart sind aber die vollstăndig iibersetzten rumă­


nischen Redewendungen, die der săchsische Bauer ohne das geringste
S

Empfinden fur ihre Fremdheit tagtăglich gebraucht. Es handelt sich zum


groBten Teii um banale Ausdriicke, um einen ganz unauffălligen, aber
IA

bedeutsamen Wechsel in der Wortwahl. So heiBt es :


sich zer Arbet dron, wortlich : sich zur Arbeit tragen, nach dem rum.
a se duce la lucru. Deutsche Wortwahl wăre : zur Arbeit gehen.
U

en găden Dacii gien, wortlich : einen guten Tag geben, rum. a da


bună ziua. Deutsch: guten Tag sagen.
BC
RY
21 BEZIEHUNGEN ZW1SCHEN RUMĂNEN BND SACHSEN IM WORTSCHATZ
217

RA
Feier nien, wortlich : Feuer nehmen, rum. a lua foc. Deutsch : Feuer
fangen.
Fridden gien, wortlich : Frieden geben, rum. a da pace. Deutsch :
in Frieden lassen.

LI B
De Ljen gewănnen, wortlich: die Augen gewinnen, rum. a scoate
ochii. Bedeutet : bestechen.
Wângd machen. wortlich : Wind machen, rum. a face vînt. Bedeutet :
hinaus- oder hinabwerfen u.a.m.

Y
Die Redensart des siebenbiirgisch-săchsischen Bauern ist reich an
Redewendungen, Formeln, gebliimten Ausdriicken, Kraftwortern, gleich

T
der Rede aller Bauern. Und gerade hier hat sich der rumănische EinfluB
besonders stark geltend gemacht. Es ist traurig, aber wahr, daB man

SI
in manchen săchsischen Gemeinden, zum Beispiel im Zekeschgebiet, den
Eindruck hat, die Leute sprechen wenn sie nicht schlankweg rumănische

ER
Worter wăhlen —- rumănisch mit deutschen Wortern.
Das rumănische Lehngut im siebenb. săchsischen Wortschatz hat
hier nur durch einige sorgfăltig gewăhlte Beispiele angedeutet werden
IV
konnen. Es ist in Wirklichkeit viei umfangreicher, was bei jeder direkten
Beriihrung mit der gesprochenen Mundart leicht festzustellen ist. Eine
genaue Ubersicht iiber die Proportionen kann erst nach Fertigstellung
UN

des Siebenbiirgisch-Săchsischen Worterbuches erbracht werden.


Das Hervorheben des bisher stets verleugneten Umfangs der rumă­
nischen Enttehnungen im Săchsischen soli jedoch nicht bedeuten, daB
der deutsche Charakter dieser Mundart anzuzweifeln sei. Wie aus dem
AL

, Obigen ersichtlich ist, hat das rumănische Element den Grundbestand t


des sbs. Wortschatzes und — was hier zu veransehaulichen der Raum
nicht gestattete — den grammatisehen Bau des Săchsischen nicht ange-
griffen.
TR

SCHLUBFOLGERUNGEN
EN

Die siebenburgisch-săchsische Mundart, die sich im 12. Jahrhundert


vom geschlossenen deutschen Sprachraum loste, hat einen eigenen Entwick-
/C

lungsgang durchlaufen, der sie u.a. mit der rumănischen Sprache in


Beriihrung brachte. Die Bereicherung des siebenb. săchsischen Wort­
schatzes mitrumănischen Lehnwortern ist also charakteristisch
fur die besondere Entwicklungsgeschichte die­
SI

ser Mundart.
Der EindeutschungsprozeB der Entlehnungen ist in iiblicher Weise,
aber sehr langsam vor sich gegangen, was dem fortdauernden Kontakt
IA

mit der Fremdsprache zuzuschreiben ist.


Der ungezwungene Gebrauch der rumănischen Lehnworter ist ein
Merkmal der Volkssprache, genauer gesagt, der B a u e r n sprache.
U

Die Rede der Stadtbevolkerung und der Intellektuellen hălt sich bewuBt
frei da von.
BC
RY
218 G. KLASTER UNGUREANU 22

RA
Die Hăufigkeit der rumănischen Wortschatzelemente ist j e n a c h
der G e gen d verschieden. Sie steigt in jenen Landesteilen, wo
Bumănen und Sachsen enger und lănger verbunden waren, besonders
dort, wo beide das gleiche Schicksal der Hdrigkeit unter ungarischem

LI B
Feudaladel teilten.
Die Hăufigkeit schwankt auch je n a c h der Gesellschafts-
schichte. Am groBten ist sie in der Bede der Kleinbauern und
GroBbauern, die mit der rumănischen Bevolkerung regelmăBig zu tun

Y
hatten, sei es als Arbeitsgefăhrten oder als Arbeitgeber, weniger groB
jedoch bei der uberwăltigenden Masse der săchsischen Mittelbauern. Die

T
Bede der Intellektuellen und Stădter ist annăhernd frei von rumănischen
Lehnwdrtern.

SI
Die Entlehnungen aus dem Bumănischen tragen eine ganz sp ezi­
ți s c h e Stilfărbung. Sie schaffen vor aliem sofort eine scherz-

ER
hafte, spaBhafte Stimmung, leicht mit gesunder Ironie untermischt.
Sie sind weiterhin stets ein Zeichen unbefangener, vertraulicher Bauern-
rede. Oft verraten sie auch eine gewisse Bequemlichkeit des Sprechenden,
der sie den morphologisch komplizierteren und auch sonst weniger gelău-
IV
figen săchsischen Ausdriicken vorzieht. Alle rumănischen Neck- und
Schimpfwbrter im Munde eines Sachsen wirken stark, sie iiberbieten jeweils
UN
die săchsischen Superlative.
Welches nun imrner die Bedeutung und Hăufigkeit des rumănischen
Lehngutes sei, es steht zahlenmăBig im heftigen Widerspruch zu der Behaup-
tung, die sich auf die Geschichtsquellen griindete, daB nămlich die Bezie-
hungen zwischen Bumănen und Sachsen stets spărlich gewesen seien. Es
AL

hat vielmehr vom Augenblick der Beriihrungan wirtschaftliche und gesell-


schaftliche Beziehungen zwischen den beiden Volkern gegeben, die eng
genug waren, den oben angedeuteten Niederschlag im siebenburgisch-
TR

săchsischen Wortschatz zu ergeben.

LITERATUR
EN

1. Gundisch, Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenburgen, Verein fiir siebenb.
Landeskunde, Hermannstadt, 1937 (UKb).
/C

2. G. A. SCHULLERUS u.a., Siebenburgisch-Săchsisches Worterbuch, Verlag Trubner, StraOburg


i. E., 1908-1911 (Wb. I, Wb. II, Wb. V).
3. EM. GRIGOROVITA, Dialectul așa numit săsesc al Germanilor din Transilvania și elementele
romîne cuprinse in el, Bukarest, 1900 (Gr.).
4. EM. GRIGOROVITA. Rumănische Elemente und Einflusse in der Sprache der siebenburger
SI

Deutschen, Heidelberg, 1901 (Gr.).


5. FR. Krauss, Nosnerlăndische Pflanzennamen, O. Csallner, Bistritz, 1943 (Kr.).
IA

6. A. Schullerus, Uber Brenndor/ers „Rumănische Lehnivorter im Siebenburgisch-Săchsischen’


(Im Korrespondenzblatt des Vereins far siebenb. Landeskunde, Hermannstadt,
Jhg. XXVI, 1903) (Kbl.).
U

7. Fr. Fbonius Bilder aus dem săchsischen Bauernleben, Verlag. C. Graeser, Wien, 1883 (Fr.)-
8. Franz Herfurth, Meren uch Hippeltscher, Selbstverlag, Kronstadt, 1930 (HMH).
BC

9. Schuster Dutz. De Tarokpartie, Verlag Franz Wendler, Mediasch, (Sch-D.).


RY
23 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUMĂNEN UND SACHSEN IM WORTSCHATZ 219

RA
10. — Eos menger Ăhrevakanz, ReiBenberger, Mediasch, 1921 (Sch-D.).
11. E. THVLLNEli, Bă der Kalefok, Krafft, Hermannstadt, 1898 (ThK.).
12. O. Piringer. Der Merenziker, Schărrhibesker, Krafft, Hermannstadt, 1921 (OP.).
13. — Ous der Rokestuw, Krafft, Hermannstadt, 1906 (OP.)

LI B
14. Albebt Schuller. Nisner Matn, Schell, Nisn, 1926. (NM).
15. AtiOLF. HOHB. Vuer lank Evend, Krafft, Hermannstadt, 1906 (VIE).
16. A. Schuller. Am zwien Krezer, Krafft, Hermannstadt, 1923 (ZK.).
17. H. Lienert. El kit him, ReiBenberger, Mediasch, 1920 (LKh.).
18. A. Schuller-Schullerus. De Kirchevăter vun Hielt, SchăBburg, 1924 (KvH.).

Y
19. O. REICH. Vfo ăs de Trud, Selbstverlag, Kronstadt, 1936 (RT.).
20. JĂXOS BRENNDOHFER, Român. (Olâh) elemek az erdily szăsz nyelvben, Budapest, 1902 (Br.)

T
SI
ER
IV
L UN
RA
NT
CE
S I/
IA
U
BC

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