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1 Differentialgleichungen

1.1 Trennbare Differentialgleichungen


Differentialgleichungen der Form
d
y(t) = f (t)g(y) (1)
dt
lassen sich mit der Methode der Trennung der Variablen lösen.
Dazu beobachten wir zunächst, dass Nullstellen von g(y) automatisch Lösungen darstellen. Ist g(y0 ) = 0, so
löst y(t) = y0 = const. die Differentialgleichung.
Weitere Lösungen ergeben sich durch das Auflösen folgender Gleichung nach y:
Z Z
1
dy = f (t) dt (2)
g(y)

Anschaulich erhält man diese Gleichung durch Sortieren aller Terme“(inklusive der Differentiale aus dem

Differentialquotienten) nach Variablen y und t und Ergänzung der Integralzeichen.
dy
= f (t)g(y)
dt
dy
= f (t)dt (3)
g(y)
R
Formal korrekt erhält man die Formel (2) durch Substitution mit y(t) im Integral f (t)dt.
Beispiel
Es soll folgende Differentialgleichung gelöst werden:

dy y2
= 2
dx x
Durch Trennung der Variablen erhält man:
Z Z
1 1
2
dy = dx
y x2
1 1
− =− +c
y x
x
y=
cx + 1

1.2 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten


Differentialgleichungen der Form
dn d
an n
y(x) + . . . a1 y(x) + a0 y(x) = f (x) (4)
dx dx
heißen lineare Differentialgleichungen, da die Funktion y(x) mit ihren Ableitungen nur linear vorkommt.
Zusätzlich wird der Spezialfall von konstanten Koeffizienten ai betrachtet, wobei angenommen wird, dass
an 6= 0.
Eine solche Gleichung kann immer in zwei Schritten gelöst werden; nämlich muss zuerst die allgemeine
Lösung der homogenen Gleichung bestimmt werden und zusätzlich noch eine partikuläre Lösung der inho-
mogenen Gleichung gefunden werden.

1.2.1 Lösung der homogenen Gleichung


Es wird zunächst der homogenen Fall - also f (x) = 0 - betrachtet.
Linearität der Lösungen
Im homogenen Fall folgt aus der Linearität der Differentialgleichung, dass man aus zwei gegebenen Lösungen

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y1 (x) und y2 (x) immer weitere Lösungen konstruieren kann, indem man Linearkombinationen ỹ = y1 (x) +
αy2 (x) mit α ∈ C bildet.
Dies kann man leicht beweisen, da wegen der Linearität offensichtlich gilt:

dn d
ann
ỹ(x) + . . . a1 ỹ(x) + a0 ỹ(x) =
dx dx
dn dn
   
d d
an n y1 (x) + . . . a1 y1 (x) + a0 y1 (x) + α an n y2 (x) + . . . a1 y2 (x) + a0 y2 (x) = 0 (5)
dx dx dx dx

Hierbei wurde im letzten Schritt ausgenutzt, dass sowohl y1 (x) als auch y2 (x) Lösungen der homogenen Dif-
ferentialgleichung sind und somit die beiden Klammern verschwinden.
Bestimmen aller Lösungen
Eine homogenen, lineare Differentialgleichung, welche die Funktion bis zur n-ten Ableitung enthält, hat stets
n linear unabhängige (also tatsächlich unterschiedliche) Lösungen. Gelingt es also, n unterschiedliche Lösun-
gen zu ermitteln, so kann man sicher sein, alle Lösungen gefunden zu haben.
Der Exponentialansatz y(x) = eλx führt hierbei immer zum Ziel. Eingesetzt in die Differentialgleichung
ergibt sich:

an λn · eλx + . . . a1 λ · eλx + a0 · eλx = 0


an λn + . . . a1 λ + a0 = 0 (6)

Über den komplexen Zahlen zerfällt das Polynom aufgrund des Fundamentalsatzes der Algebra in Linearfak-
toren und besitzt somit n Lösungen; allerdings müssen hier zwangsläufig zwei Fälle unterschieden werden:
Falls alle Nullstellen einfache Nullstellen sind, so enthält die folgende Menge an n unterschiedlichen Lösungen
alle linear unabhängigen Lösungen der Differentialgleichung:
n o
e λ1 x , . . . , e λn x (7)

Falls allerdings mehrfache Nullstellen auftreten, so sind die entsprechenden Lösungen gleich; dann treten al-
lerdings zusätzlich Lösungen der Form p(x)eλx mit einem Polynom p(x), dessen Grad mindestens um eins
kleiner als die Vielfachheit der entsprechenden Nullstelle ist. (oder klarer: bei einer zweifachen Nullstelle sind
die entsprechenden Lösungen eλx und x · eλx ).
Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung ergibt sich als beliebige Linearkombination aus den so ge-
wonnenen n Lösungen des Fundamentalsystems
n
X
yhom (x) = ci eλi x (8)
i=1

Bestimmen der reellen Lösungen


Die bestimmten λi können auch komplexe Zahlen sein; dies ist allerdings für die physikalische Praxis da-
hingehend unpraktisch, dass fast immer nur reelle Lösungen gesucht sind. Daher sollen nun die komplexen
Lösungen in reelle Lösungen überführt werden:
Man kann sich hierbei den mathematischen Zusammenhang zu nutze machen, dass Nullstellen eines Poly-
noms mit reellen Koeffizienten entweder reell sind oder paarweise als komplex konjugierte Zahlen auftreten.
Es gilt also für eine Nullstelle λi , dass entweder λi ∈ R oder λ̄i ist ebenfalls Nullstelle.
Daraus ergibt sich, dass in (7) auch folgende Lösungen immer paarweise auftreten:
n o
eλx , eλ̄x (9)

Diese beiden Lösungen können in (7) dann durch reelle Linearkombinationen ersetzt werden (d.h. falls nun
eine reelle Zahl eingesetzt wird, so gibt die Linearkombination wieder eine reelle Zahl aus):
( )
eλx + eλ̄x eλx − eλ̄x n o
, = eRe(λ)x cos (Im(λ)x) , eRe(λ)x sin (Im(λ)x) (10)
2 2i

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Beispiel für das Lösen einer homogenen, linearen Differentialgleichung
Wagen mit Stoßdämpfer; es wirken folgende Kräfte: FF eder = −kx und FReibung = −γv.
Man erhält also folgende Bewegungsgleichung:
ma = −kx − γv
mẍ + γ ẋ + kx = 0
ẍ + 2κẋ + ω02 x = 0 (11)
Wähle also den Exponentialansatz: x(t) = eλt . Damit erhält man folgendes Polynom:
λ2 + 2κλ + ω02 = 0
q
λ1,2 = −κ ± i ω02 − κ2 (12)
Nun muss man folgende drei Fälle unterscheiden:
Fall 1: ω0 > κ Hierbei ergibt sich folgende Lösungsmenge der Differentialgleichung:
n √ 2 2o 
e−κt±i ω0 −κ = e−κt sin(ωt), e−κt cos(ωt)

(13)
p
2 2
p also ω = ω0 − κ .
Hierbei wurde ω als die tatsächliche Winkelgeschwindigkeit gesetzt;
Fall 2: ω0 < κ In diesem Fall vereinfacht sich (12) zu λ1,2 = −κ ± κ2 − ω02 .
Damit ist die Lösungsmenge der Differentialgleichung:
n √ 2 2o
e−κt± κ −ω0 (14)
Hierbei sind allerdings λ1,2 jeweils negativ, es kommt also zu einem exponentiellen Abfall mit einem Ruhe-
punkt nach unendlicher Zeit.
Fall 3: ω0 = κ
Damit ist λ = −κ die einzige Lösung des Polynom (doppelte Nullstelle). Man muss also den oben beschrie-
benen Trick anwenden und erhält für die Lösungsmenge der Differentialgleichung:
 −κt
e , t · e−κt

(15)

1.2.2 Partikuläre Lösung


Struktur der Lösung inhomogener Differentialgleichungen
Die Lösung einer inhomogenen Differentialgleichung ist stets eine Summe der partikulären Lösung der inho-
mogenen Differentialgleichung und einer beliebigen Lösung der homogenen Differentialgleichung.
Dies kann durch Nachrechnen verifiziert werden; sei dazu ỹ = ypart (x) + yhom (x):
dn d
an n
ỹ(x) + . . . a1 ỹ(x) + a0 ỹ(x) =
dx dx
dn dn
   
d d
an n ypart (x) + . . . a1 ypart (x) + a0 ypart (x) + an n yhom (x) + . . . a1 yhom (x) + a0 yhom (x) = f (x)
dx dx dx dx
(16)
Hierbei wurde ausgenutzt, dass yhom (x) die homogene Differentialgleichung löst und somit die hintere Klam-
mer wegfällt; die vordere Klammer ergibt - da ypart (x) eine Lösung der inhomogenen Differentialgleichung
ist - f (x).
Die Erkenntnis ist also, dass sich zwei Lösungen einer inhomogenen Differentialgleichung nur durch die Wahl
der homogenen Lösung unterscheiden. Also erhält man die Lösung der inhomogenen Differentialgleichung,
indem man zu einer beliebigen partikulären Lösung der inhomogenen Gleichung die allgemeine Lösung der
homogenen Differentialgleichung addiert.
Die Schwierigkeit besteht nun darin, eine partikuläre Lösung der inhomogenen Differentialgleichung zu fin-
den; häufig bietet sich hierbei der Ansatz vom Typ der rechten Seite “an:

Man versucht also, eine Funktion zu finden, die so ähnlich“wie f (x) aussieht; falls f (x) eine Konstante ist, so

setzt man für die partikuläre Lösung eine Konstante an, falls f (x) eine trigonometrische Funktion ist, so setzt
man für die partikuläre Lösung eine trigonometrische Funktion mit beliebiger Phasenverschiebung an. Die
jeweilige Unbekannte kann dann durch Auflösen bestimmt werden. Im Folgenden soll nun eine strukturierte
Übersicht über mögliche Lösungsansätze gegeben werden:

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1.2.3 Methoden zum Finden partikulärer Lösungen
1. Methode: Ansatz vom Typ der rechten Seite
Der Ansatz wurde oben bereits als trivialer Ansatz beschrieben; daher eine Tabelle für Ansätze vom Typ der
rechten Seite für häufig vorkommende Inhomogenitäten:

Inhomogenität Ansatz
aeβt aeβt−ϕ = Aeβt
a cos(βt) + b sin(βt) A cos(βt) + B sin(βt)
Polynom n-ten Grades An tn + . . . + A1 t1 + A0
Potenzreihe Potenzreihe

Erweitertes Beispiel
Nun soll das Beispiel aus Kapitel 1.2.1 um eine Inhomogenität erweitert werden: F (t) = F cos(ω̃t).
Die Situation wird nun durch folgende Bewegungsgleichung beschrieben:
F
ẍ + 2κẋ + ω02 x = cos(ω̃t) (17)
m
Um nun das Verwenden von Additionstheoremen zu umgehen, kann man F (t) als Realteil der komplexen
Exponentialfunktion schreiben: F (t) = Re(F exp(iω̃t)).
Nun kann man eine andere, aber mit der ursprünglichen Gleichung verwandte Differentialgleichung betrach-
ten, nämlich:
F
ẍ + 2κẋ + ω02 x = exp(iω̃t) (18)
m
Es ist offensichtlich, dass der Realteil jeder Funktion x(t), die (18) löst, auch die ursprüngliche Differential-
gleichung lösen muss.
Nun kann man also den Ansatz vom Typ der rechten Seite wählen; x∗ (t) = aei(ω̃t−ϕ) = ae−iϕ eiω̃t . Einsetzen
in (18) liefert dann:
F iω̃t
a(−ω̃ 2 + i2κω̃ + ω02 )eiω̃−ϕ = e
m
F iϕ
−ω̃ 2 + i2κω̃ + ω02 = e (19)
am
Nun kann man die Gleichung in zwei einzelne Gleichungen aufspalten, indem man beispielsweise die Beträge
und Imaginärteile vergleicht; zunächst ergibt sich durch die Betragsgleichheit:

F2
(ω02 − ω̃ 2 )2 + 4κ2 ω̃ 2 =
a2 m2
F
m
a= p 2 (20)
(ω0 − ω̃ 2 )2 + 4κ2 ω̃ 2
Und durch den Vergleich der Imaginärteile erhält man:
F
2κω̃ = sin(ϕ)
am
2amκω̃
sin(ϕ) = (21)
F
Damit erhält man für die Lösung der ursprünglichen Gleichung:

x(t) = Re(x∗ (t)) = a cos(ω̃t − ϕ) (22)

Darüber hinaus erkennt man in Gleichung (20), dass falls ω̃ = ω0 die Amplitude besonders groß ist (sog.
Resonanzkatastrophe).

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2. Methode: Variation der Konstanten
Wir betrachten nun die folgende Differentialgleichung:

ÿ + q(t)ẏ + r(t)y = g(t) (23)

Hierbei wird die Lösung der homogenen Gleichung genauer betrachtet; diese war von der Form:

y(t) = c1 y1 (t) + c2 y2 (t) (24)

Nun wird angenommen, dass durch die Inhomogenität die Lösung der Differentialgleichung nicht zu stark
verändert wird, also nur geringfügige Veränderungen berücksichtigt werden müssen. Daher lässt man eine
geringe Veränderung der Variablen c1 , c2 zu; die partikuläre Lösung der inhomogenen Differentialgleichung
nimmt dann folgende Form an:

yp (t) = c1 (t)y1 (t) + c2 (t)y2 (t)


yp˙(t) = c1 ˙(t)y1 (t) + c1 (t)y1˙(t) + c2 ˙(t)y2 (t) + c2 (t)y2˙(t) (25)

Nun macht man eine Annahme, die nicht zwangsläufig richtig ist; wir sagen, dass die Variation der Konstanten
relativ gering ist, also c1 ˙(t)y1 (t) + c2 ˙(t)y2 (t) = 0.
Damit vereinfacht sich die erste Ableitung von yp (t) enorm und man kann deutlich einfacher die zweite
Ableitung bilden:

yp˙(t) = c1 (t)y1˙(t) + c2 (t)y2˙(t)


yp¨(t) = c1 ˙(t)y1˙(t) + c1 (t)y1¨(t) + c2 ˙(t)y2˙(t) + c2 (t)y2¨(t) (26)

Einsetzen des Ansatzes in die Differentialgleichung liefert:

c1 ˙(t)y1˙(t) + c2 ˙(t)y2˙(t) + c1 (y1¨(t) + q(t)y1˙(t) + r(t)y1 (t)) + c2 (y2¨(t) + q(t)y2˙(t) + r(t)y2 (t)) = g(t)
(27)

Da y1 (t) und y2 (t) Lösungen der homogenen Differentialgleichung sind, fallen die Klammern weg. Damit
erhält man folgende Gleichung:

c1 ˙(t)y1˙(t) + c2 ˙(t)y2˙(t) = g(t) (28)

Somit hat man für zwei Unbekannte, nämlich c1 ˙(t) und c2 ˙(t), zwei Gleichungen, nämlich die Annahme und
die letzte Gleichung. Auflösen nach den Unbekannten liefert dann:

y2 (t)g(t)
c1 ˙(t) = −
y1 (t)y2˙(t) − y2 (t)y1˙(t)
y1 (t)g(t)
c2 ˙(t) = (29)
y1 (t)y2˙(t) − y2 (t)y1˙(t)

Hierbei muss man anmerken, dass die Nenner niemals Null werden können; falls dem so wäre, wäre auch die
d y1
Ableitung dt ( y2 ) = 0 und dies ist nur möglich, wenn y1 und y2 Vielfache voneinander sind, was durch die
Forderung nach linearer Unabhängigkeit nicht möglich ist. Durch Integration von (29), erhält man dann die
gesuchten Funktionen:
Z
y2 (t)g(t)
c1 (t) = − dt
y1 (t)y2˙(t) − y2 (t)y1˙(t)
Z
y1 (t)g(t)
c2 (t) = dt (30)
y1 (t)y2˙(t) − y2 (t)y1˙(t)

Dies sind die wichtigsten Methoden zum bestimmen einer partikulären Lösung einer inhomogenen Differen-
tialgleichung.

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1.3 Gekoppelte Differentialgleichungen
1.3.1 Foucaultsches Pendel - Trick der komplexen Zahlen
Ein Fadenpendel im Inertialsystem wird durch folgende Bewegungsgleichung beschrieben:
g
ϕ̈ = − sin(ϕ)
l
g
ẍ = − x (31)
l
Bei der Vereinfachung wurde ausgenutzt, dass x = l sin(ϕ) ≈ lϕ.
Im rotierenden Bezugssystem kommen die Scheinkräfte Zentrifugal- und Corioliskraft dazu; während die Zen-
trifugalkraft nur die effektive Erdbeschleunigung leicht modifiziert, ist die Corioliskraft durchaus zu berück-
sichtigen:
     
vx 0 vy sin(Φ) − vz cos(Φ)
F~c = 2m~v × ω ~ = 2m vy  × ω cos(Φ) = 2mω  −vx sin(Φ) (32)
     

vz ω sin(Φ) vx cos(Φ)

Weiterhin gilt, dass die Geschwindigkeit des Pendels in z-Richtung bei kleinen Winkel vernachlässigbar ist,
da vz << vy , vx .
Damit ergeben sich die beiden gekoppelten Differentialgleichungen:
g
ẍ = − x + 2ω ẏ sin(Φ)
l
g
ÿ = − y − 2ω ẋ sin(Φ) (33)
l
Nun zum Trick: Man erkennt, dass die beiden Gleichungen von einer sehr ähnlichen Form sind, wobei die
nur x und y vertauscht sind und ein Vorzeichen gewechselt wurde. Diese Veränderung lässt sich durch das
Einführen der komplexen Zahl z = x + iy imitieren. Damit kann man die beiden Differentialgleichungen
zusammenfassen:
g
z̈ + z + 2ω sin(Φ)iż = 0 (34)
l
Mittels des Exponentialansatzes erhält man das charakteristische Polynom:
g
λ2 + 2i sin(Φ)λ + =0
l r
g
λ = −iω sin(Φ) ± i + ω 2 sin2 (Φ)
l
λ = −iω sin(Φ) ± iω0 (35)
q
Im letzten Schritt wurde die Eigenfrequenz ω0 definiert als ω0 = gl + ω 2 sin2 (Φ).
Hiermit erhält man die Lösungsmenge der Differentialgleichung, nämlich:

{exp(−iω sin(Φ)t + iω0 t), exp(−iω sin(Φ)t − iω0 t)}

Diese Lösungen kann man wiederum durch geschicktes linearkombinieren als trigonometrische Funktionen
umschreiben:
n o
e−iω sin(Φ)t sin(ω0 t), e−iω sin(Φ)t cos(ω0 t) (36)

Damit erhält man als allgemeine Lösung eine beliebige Linearkombination der beiden Lösungen:

z(t) = e−iω sin(Φ)t (c1 sin(ω0 t) + c2 cos(ω0 t)) (37)

Damit erhält man eine Rosettenbahn; da der Term in der Klammer (c1 und c2 sind komplexe Zahlen) eine
Ellipsenbahn beschreiben und der Term vor der Klammer diesen durch eine Drehung modifiziert.

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1.3.2 Universalität der Systeme 1. Ordnung
Man kann jede beliebige Differentialgleichung höherer Ordnung auf ein System von Differentialgleichung
erster Ordnung zurückführen.
Hierzu ein Beispiel, an welchem das Vorgehen exemplarisch dargestellt werden soll:

ẍ + kx = 0 (38)

Nun definiert man zusätzliche Variablen für alle Ableitungen, die kleiner als die Ordnung der Differential-
gleichung sind: y := ẋ. Man erhält so zwei Differentialgleichungen, die die gesamten Informationen der
ursprünglichen DGL enthalten:

ẋ = y (39)
ẏ = −kx (40)

Wobei die erste Gleichung der Hilfsdefinition entspricht und die zweite Gleichung die Information der ur-
sprünglichen DGL mit der neuen Definition enthält.
Zur Vereinfachung wird nun k = 1 gesetzt und folgender Vektor eingeführt (allerdings entspricht der Vek-
torraum nicht dem Raum, in welchem die Schwingung stattfindet; er ist ein reiner Hilfsraum):
!
x
~x =
y
!
0 1
~x˙ = ~x = A~x (41)
−1 0

Somit erhält man für ~x folgende Formel:

~x = eAt x~0 (42)

Diese Formel ist möglich, da man Matrizen in die Reihendarstellung der Exponentialfunktion einsetzen kann;
um nun ein Muster zu erkennen, kann man ein paar“Potenzen von (At) ausrechnen:

! !
−t 2 0 0 −t 3
(At)2 = (At)3 = 3
0 −t2 t 0
! !
t 4 0 0 t 5
(At)4 = (At)5 = (43)
0 t4 −t5 0

Man erkennt also, dass die geraden Potenzen mit wechselnden Vorzeichen die Einträge der Hauptdiagonale
sind, während die ungeraden Potenzen ebenfalls mit wechselnden Vorzeichen die Einträge der Nebendiago-
nale sind. Man erhält also für eAt :
!
cos(t) sin(t)
(eAt ) = (44)
− sin(t) cos(t)

Bei Multiplikation mit dem Vektor ~x erhält man dann die Lösungen der Differentialgleichung.
Allerdings kann man häufig die Einträge in der entsprechenden Matrix eAt nicht so leicht erraten, daher gibt
es ein einfaches Rezept für das bestimmen der Einträge:
Zunächst müssen die Eigenvektoren von A bestimmt werden; mit deren Hilfe werden dann neue Koordinaten
x~0 = D~x mit DT AD diagonal bzw. Jordan-normal definiert. Damit kann die Differentialgleichung dann
Schritt für Schritt von unten nach oben gelöst werden.

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1.4 Beispiele für Differentialgleichungen
1.4.1 Elektrischer Schwingkreis
Ein elektrischer Schwingkreis wird durch folgende Gleichung beschrieben:
˙
U (t) = U0 − LI(t)
˙
RI(t) = U0 − LI(t)
˙ + R I(t) = U0
I(t) (45)
L L
R
Offensichtlich wird die homogene Gleichung durch In (t) = ce− L t gelöst. Um nun die Lösung der inhomo-
genen Gleichung zu bestimmen, kann man entweder den Ansatz vom Typ der rechten Seite wählen oder die
Methode Variation der Konstanten anwenden. Letzterer funktioniert folgendermaßen:
Man wählt für die partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung folgenden Ansatz:
R
I(t) = c(t)e− L t

I(t) ˙ − RL t − c(t) R e− RL t
˙ = c(t)e (46)
L
Einsetzen in die Differentialgleichung und Ausklammern liefert dann:
 
˙ − c(t) R + c(t) R e− RL t = U0
c(t)
L L L
˙ = U0 e RL t
c(t) (47)
L
Damit ergibt sich die gesuchte Variation der Variablen zu:
Z
U0 R t U0 R t
c(t) = eL = eL + C
L R
U0 R
I(t) = + Ce− L t (48)
R

1.4.2 Lineare Differentialgleichung mit nicht-konstanten Koeffizienten (1. Ordnung)


Es soll folgende Differentialgleichung gelöst werden:
˙ + a(x)y(x) = b(x)
y(x) (49)
Die homogene Gleichung kann durch Trennung der Variablen gelöst werden:
˙ + a(x)y(x) = 0
y(x)
dy
= −a(x)y(x)
Z dx Z
1
dy = − a(x)dx
y(x)
Z
ln(y) = − a(x)dx
 Z 
y(x) = exp − a(x)dx (50)

Fallbeispiel ẏ + 2xy = x3
Die Lösung der homogenen Gleichung erhalten wir durch Trennung der Variablen:
dy
= −2xy
Z dx Z
1
dy = − 2xdx
y
ln(y) = −x2 + ln(c)
2
y(x) = ce−x (51)

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Hierbei wurde ausgenutzt, dass eine beliebige Variable eingeführt werden darf, also auch ln(c).
Eine partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung erhält man durch Variation der Konstanten; man wählt
also folgenden Ansatz:
2
y(x) = c(x)e−x
y(x) ˙ −x2 − 2xe−x2
˙ = c(x)e (52)

Einsetzen in die Differentialgleichung liefert:

˙ − 2xc(x) + 2c(x)x)e−x2 = x3
(c(x)
Z Z
3 x2 1
c(x) = x e dx = ueu du
2
 Z 
1 1 2
= ue − e du = ex (x2 − 1) + c
u u
(53)
2 2

Damit ist die allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichung:


 
1 x2 2 2 2 1
y(x) = e (x − 1) + c e−x = ce−x + (x2 − 1) = yhom (x) + yp (x) (54)
2 2

1.4.3 Trennung der Variablen bei Energieerhaltung


Die Gesamtenergie ist gegeben durch:
1
E = mẋ2 + U (x)
2r
2
ẋ = ± (E − U (x))
m
dx0
Z t Z x
0
dt = ± q (55)
2
m (E − U (x))
t0 x0

Fall 1: freies Teilchen U (x) = 0

x − x0
t − t0 = ± q
2E
m
r
2E
x = x0 ± (t − t0 ) (56)
m
Fall 2: beliebiges Potential
Hier kann man beispielsweise die Periodendauer für das einmalige Durchlaufen eines Potentials in beide
Richtungen bestimmen:
Z xmax
1
T =2 q dx (57)
2
xmin
m (E − U (x))

1.4.4 Teilchen im Schwerefeld mit Reibung


Voraussetzungen sind gegeben durch: Fg = −g e~z , Reibung ∝ v 2
Damit kann man die Bewegungsgleichung aufstellen:

mz̈ = mg − kv 2
k
v̇ = − v 2 + g (58)
m

Seite 9
Betrachte nun zunächst den homogenen Fall, also g = 0. Dann ist die Differentialgleichung trennbar:

m v 1
Z  
0 m 1 1
t=− dv = −
k v0 v 02 k v v0
v0
v(t) = (59)
1 + kvm t
0

q
Betrachte nun den inhomogenen Fall, also g 6= 0. Definiere hierzu v∞ = mg k :
Z v
m 1
t(v) = dv 0 (60)
k v0
2
v∞ − v02
Durch Partialbruchzerlegung kann man dieses Integral lösen:
Z v  
m 1 1
t(v) = − dv 0
2kv∞ v(0) v 0 + v∞ v 0 − v∞
1 v + v∞ v0 − v∞
= ln (61)
2γ̃ v0 + v∞ v − v∞
Nun muss man nach v auflösen, hierzu wendet man die Exponentialfunktion an:
v + v∞ v0 + v∞ 2γ̃t
= e (62)
v − v∞ v0 − v∞
Indem man nun die rechte Seite der Gleichung als f (t) definiert und weiter auflöst, erhält man:

v + v∞ = (v − v∞ )f (t)
f (t) + 1
v = v∞
f (t) − 1
1
== v∞ + 2v∞
f (t) − 1
2v∞
= v∞ + v0 +v∞ 2γ̃t (63)
v0 −v∞ e −1

1.4.5 Gekoppelte Differentialgleichung bei gekoppelten Pendeln


Es werden zwei Pendel wie in Abbildung 1 dargestellt gekoppelt.

Abb 1: Durch Feder mit Ruhelänge a gekoppelte Fadenpendel.

Nun kann man für die beiden Fadenpendel die Bewegungsgleichungen aufstellen:
mg
mx¨1 = − x1 + k(x2 − x1 )
l
mg
mx¨2 = − x2 + k(x1 − x2 ) (64)
l

Seite 10
!
g k x1
Diese beiden Gleichungen kann man durch das Einführen von κ1 = l , κ2 = m, ~
x = durch eine Matrix
x2
zusammenfassen:
!
¨= −κ1 − κ2 κ2
~x ~x
κ2 −κ1 − κ2
¨ = A~x
~x (65)

Nun kann man A durch das Berechnen der Eigenvektoren diagonalisieren:

(−κ1 − κ2 − λ)2 − κ22 = 0 (66)


λ1,2 = −κ1 − κ2 ± κ2
λ1 = −κ1 λ2 = −κ1 − 2κ2 (67)

Nun kann man die Eigenvektoren bestimmen:


! ! !
−κ2 κ2 v1 1
EV zu λ1 : = ~0 ⇒ v1 = v2 ⇒ v~λ1 =
κ2 −κ2 v2 1
! ! !
κ2 κ2 v1 1
EV zu λ2 : = ~0 ⇒ v1 = −v2 ⇒ v~λ2 = (68)
κ2 κ2 v2 −1

Nun kann man neue Variablen einführen:

y1 = x1 + x2
y2 = x1 − x2 (69)

Diese gehorchen nun der Differentialgleichung mit der diagonalisierten Matrix:


!
−κ 1 0
~y¨ = ~y (70)
0 −κ1 − 2κ2
y¨1 = −κ1 y1
y¨2 = (−κ1 − 2κ2 )y2 (71)

Diese Differentialgleichungen kann man allerdings leicht lösen, nämlich durch:

√ ˙
y1 (0) √
y1 (t) = y1 (0) cos( κ1 t) + √ sin( κ1 t)
κ1
√ ˙
y2 (0) √
y2 (t) = y2 (0) cos( κ1 + 2κ2 t) + √ sin( κ1 + 2κ2 t) (72)
κ1 + 2κ2

Die Lösungen von x1 (t) und x2 (t) erhält man durch Rücksubstitution.

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