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A. Überblick
Unter einem Rechtssubjekt versteht man jemanden, der Träger von Rechten und
Pflichten sein kann. Ein Völkerrechtssubjekt ist jemand, der Träger
völkerrechtlicher Rechte und Pflichten ist.
Der Heilige Stuhl besteht aus dem Papst, unterstützt durch die römische Kurie.
Er ist vom Vatikanstaat zu unterscheiden, der ein eigenständiger Mikrostaat ist. Ob
ein Abkommen vom Heiligen Stuhl oder vom Vatikanstaat geschlossen wird,
entscheidet die Kurie danach, ob es eher um gebietsbezogene Fragen geht oder um
geistig-ideelle geht. Der Heilige Stuhl entsendet die Diplomaten und schließt
Konkordate (= völkerrechtliche Verträge über religions- und kirchenbezogene
Fragen) mit Staaten.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist ein Verein von
maximal 25 Schweizer Bürgern nach Schweizer Recht. Es ist zu differenzieren von
der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften und
den nationalen Rotkreuz-Gesellschaften. Nur das IKRK ist ein Völkerrechtssubjekt
mit eigenen Befugnissen (Genfer Rotkreuz Konvention, Zusatzprotokoll 1977). Als
neutrale Instanz im bewaffneten Konflikt besitzt es u. a. Informations- und
Kontrollrechte und fungiert als Ersatzschutzmacht (vgl. Art. 5 Abs. 4 ZP I)
IV. Einzelmenschen
Das traditionelle Völkerrecht nimmt den Menschen als Glied des Staates wahr. Der
Mensch selbst ist kein Völkerrechtssubjekt und tritt völkerrechtlich nicht direkt in
Erscheinung. Das Völkerrecht betrifft den Einzelnen danach nur indirekt durch
Vermittlung des Staates (sog. Mediatisierung Individuum). Das völkerrechtliche
Fremdenrecht verpflichtet die Staaten, Ausländern, die sich auf ihrem Staatsgebiet
aufhalten, bestimmte Rechte zu garantieren.
V. Sonstige Völkerrechtssubjekte
1. De Facto Regime
Im Zuge von Abspaltungen eines Gebietsteils aus einem bestehenden Staatsverband,
können Situationen entstehen, in denen umstritten ist, ob das neue Gebilde bereits
Staatsqualität besitzt oder nicht. Im Interesse einer Befriedigung der Situation
erkennt das Völkerrecht stabilisierte De-facto-Regime als partielle
Völkerrechtssubjekte an und nähert deren Rechtsstatus dem von Staaten an (auch
Verantwortlichkeit für Völkerrechtsbrüche → Deliktsfähig). Hierdurch kann der
Streit entschärft werden, ob ein Staat im Sinne des Völkerrechts vorliegt. (zB Taiwan)
Voraussetzung ist, dass die Gebietsherrschaft zwar umstritten, aber nicht mehr
umkämpft ist. Stabilisierte de-facto-Regime stehen unter dem Schutz des Gewalt-
und Interventionsverbots, was eine gewaltsame (Wieder-)Eingliederung ausschließt.
Sie können völkerrechtliche Verträge schließen und einer IO beitreten, sofern deren
Satzung das zulässt. Taiwan ist Mitglied der WTO, nicht aber der UNO, die nur
Staaten als Mitglieder aufnehmen kann → Quasi-diplomatischer Verkehr
Als innere Dimension werden kulturelle und politische Autonomierechte genannt als
äußere ein Recht auf Sezession aus dem Staatsverband. Das externe SB wird allenfalls
bei schwersten Verletzungen Staatlichen Schutzpflichten, Menschen- und
Minderheitsrechten anerkannt (remedial secession), um nicht dem Zerfall von
Vielvölkerstaaten Vorschub zu leisten.
- Das erste Problem betrifft die Definition des Volkes anhand objektiver
(Sprache, Religion et.) und/oder subjektiver Kriterien
(Zusammengehörigkeitsgefühl), das zweite die möglichen Inhalte des
Selbstbestimmungsrechts.
B. Der Staat
I. Staatsbegriff:
Um von einem Staat sprechen zu können, sind 3 Elemente von Nöten:
- Staatsgebiet
- Staatsvolk
- Staatsgewalt
II. Staatsgebiet:
1. Umfang und Grenzen des Staatsgebiets:
a) Staatsgrenze
Das Staatsgebiet wird am Festland durch die Staatsgrenzen eingefasst. Der Verlauf
muss nicht in jedem Punkt unstrittig sein. (zB Sudan u. Südsudan). In der Tiefe reicht
das Staatsgebiet theoretisch in kegelförmiger Zuspitzung bis zum Erdmittelpunkt.
Seewärts gehört das Küstenmeer zum Staatsgebiet. Früher war das drei Seemeilen
breit, heute bis zu zwölf Seemeilen. Küstenstaat jenseits von 12 Meilen Zone nur
bestimmte Vorrechte. Das Küstenmeer unterliegt vollumfänglich der Souveränität,
eingeschränkt lediglich durch das Recht aller Staaten auf friedliche Durchfahrt. Als
natürliche Verlängerung gilt der Festlandsockel, daher hat der Staat souveräne
Rechte auf Erforschung und wirtschaftliche Nutzung von Bodenschätzen
b) Luftraum
Zum Hoheitsgebiet gehört auch der Luftraum über dem gesamten Staatsgebiet, also
auch über dem Küstenmeer. Bestrebungen zur Etablierung einer Luftverkehrsfreiheit
o Freiheit der Hohen See konnten sich nicht durchsetzen. Überflugrechte werden
aufgrund bilateraler oder multilateraler Abkommen eingeräumt. 1
Die Lufthoheit des Staates endet am Weltraum, der keinem Staat gehört. Die
Grenze liegt bei 80-120km über dem Erdboden. → res communis omnium =
gemeinsames Anliegen aller
d) sonstige
Auch Schiffe werden heute nicht länger als schwimmendes Territorium (territoire
flottant) des Flaggenstaates angesehen. Das Staatsgebiet muss Teil der natürlichen
Erdoberfläche sein. Künstliche Inseln und Plattformen im Meer können zu einem
Staat gehören, aber nicht selbständig Staatsgebiet sein. (vgl. Art 60 Abs. 8 SRÜ, Rn
841)
1
gem. Art. 9 universell ratifizierten Chicagoer Übereinkommen über Zivilluftfahrt von 1944 behält der Staat das
Recht, Teile seines Luftraums (Notstand gesamt) in nichtdiskriminierender Weise zu sperren
Originär
Formen des originären Erwerbs sind die Okkupation und Anschwemmung.
Ab dem 18. Jhdt. konnte eine Entdeckung eine Anwartschaft (inchoate title) auf
Okkupation binnen angemessener Frist begründen.
Die Okkupation setzt eine effektive Inbesitznahme des Gebietes voraus:
Derivativ
Beim derivativen Gebietserwerb spielt die Zession (= Abtrennung) eine große
Rolle.
zB: IS keinen Anspruch auf gewaltsame Eroberung Irak u. Syrien → kein anerkanntes
Staatliches Territorium + Gründung von einem nichtstaatlichen Akteur
AUSNAHME: Selbstbestimmungsrecht der Völker → friedlich
Lies: Namibia Gutachten IGH 1971 Rn. 80, S. 32
Einige Gebietsansprüche sorgen bis in unsere Zeit für Konflikte. zB der Streit um die
Kurilen zwischen Japan und Russland. Besonders verwickelt ist die Entdeckungs-;
Besiedlungs- und Eroberungsgeschichte der Falkland-Inseln (Malvinas).
Historische Gebietstitel spielen auch eine Rolle in den scharfen
Auseinandersetzungen zwischen China und seinen Nachbarn über Inseln im
Ostchinesischen und Südchinesischen Meer.
III. Staatsvolk
Das Staatsvolk ist keine ethnische Größe, sondern durch das formale Band der
Staatsangehörigkeit definiert. Das ist eine wechselseitige Rechts- und
Pflichtbeziehung zwischen dem Bürger und dem Heimatstaat. → wichtige Rolle
aufgrund der Mediatisierung des Individuums
Der Einzelmensch genießt vermittelt durch den Heimatstaat den Schutz des
Völkerrechts. Die Staaten besitzen grs. das Recht, frei über die Verleihung der
Staatsbürgerschaft zu entscheiden → begrenzt durch die Grenzen des Völkerrechts
Es muss zwischen dem Staatsbürger und dem Heimatstaat eine „echte“ Verbindung
(= genuine conneciton) bestehen, wenn die Staatsangehörigkeit auf
völkerrechtlicher Ebene anerkannt werden sollen. Dies gilt bei der Verleihung der
Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung. → (Siehe IGH im Nottebohm-Fall S.
34) Die Einbürgerung fremder Staatsangehörige verletzt idR nicht die Rechte von
deren Heimatstaat Außer ein Staat macht es massenhaft, mit dem Ziel politische
Stabilität des anderen Staates zu untergraben (Passportisation) → Verbot gegen
das Interventionsverbot und andere Staaten müssen die Einbürgerung nicht
anerkennen
Der andere Fall des Erwerbes ist der Erwerb durch Geburt.
Hier sind das Abstammungsprinzip (ius sanguinis) und das Territorialitätsprinzip
(ius soli) anerkannt. Durch beide Prinzipien kann ein Kind mehrere
Staatsangehörigkeiten haben. Auch durch Einbürgerung kann es zu
Mehrstaatigkeit kommen. Durch Mehrstaatigkeit können Probleme entstehen,
wie zB beim diplomatischen Schutz oder bei der Frage der Wehrpflicht → Diese
können durch bilaterale Übereinkünfte geklärt werden
- Vor Herausforderungen stellt das Problem der Staatenlosigkeit, weil hier der
Einzelmensch keinen Heimatstaat besitzt, der sich auf völkerrechtlicher Ebene
für ihn einsetzen kann
- Staatenlosenausweise (= Nansen-Pass) verbessern die Rechtsstellung
Staatenloser
IV. Staatsgewalt
1. Innere Dimension
Die Staatsgewalt muss effektiv sein. Die Effektivität kann durch einen Bürgerkrieg
in Frage gestellt sein (= sogenannte gescheiterte Staaten failed states zb Somalia sei
1991) vorübergehender Verlust der Staatsgewalt nicht gleich Verlust der Staatlichkeit
(beachte Kontinuitätsgrundsatz)
Ansonsten drohen Übergriffe anderer Staaten, die sich das Gebiet (das damit wieder
terra nullius wäre) anzueignen Die Auffassung wonach, die Aufrechthaltung der
Staatlichkeit hier allein dem Selbstbestimmungsrecht des Volkes diene, weswegen
alle Interventionen ausländischer Mächte, die nicht gegen dieses
Selbstbestimmungsrecht verstießen, rechtmäßig seien, ist gewohnheitsrechtlich nicht
etabliert und lässt die befreiende Wirkung außer Acht, die von der Konservierung der
Staatlichkeit bei failed states ausgehen soll
Ein Recht auf unilaterale Intervention existiert nicht. Die Legitimität der
Staatsgewalt spielt für die Staatsdefinition keine Rolle → Das Völkerrecht ist Blind
ggü innerstaatlichen Angelegenheiten. Ansonsten würde das souveräne Recht der
Staaten zur Wahl ihres eigenen politischen Systems beeinträchtigt werden
Einhaltung des Völkerrechts bedarf es nur einer effektiven Regierung. Käme es
zusätzlich auf deren Legitimität an, bestünde die Gefahr, dass sich eine von anderen
Staaten als illegitim eingestufte Regierung an die Spielregeln des Völkerrechts nicht
gebunden fühlt Auch Rechtsunsicherheit, wenn eine legitime Staatsgewalt den Status
als Völkerrechtssubjekt vermitteln könnte. Die Frage der Legitimität verlagert sich
auf die Frage der Anerkennung von Regierungen In den letzten Jahren wird die
Legitimität von Staatsgewalt zunehmend international diskutiert, ohne dass dies zu
einer Änderung der Rechtslage geführt hätte.
2
D.h. nicht Verlust bloß staatlich, sondern auch internationalisierter Hoheitsgewalt
De lege ferande könnte sich als Konzept einer Schutzverantwortung
(=responsibility to protect) erweisen. Kerngedanke ist, dass die Souveränität
nicht als bedingungslos definiert wird, sondern diese an den Zweck des Schutzes der
Bevölkerung zu koppeln. Ein Staat, der den Bürgern elementaren Schutz vorenthält,
indem er Völkermord, ethnische Säuberungen oder andere Verbrechen gegen die
Menschlichkeit nicht verhindert, verwirkt seine Souveränität
2. Äußere Dimension
Um Völkerrechtssubjekt zu sein, muss ein Staat die Fähigkeit besitzen, von anderen
Staaten rechtlich unabhängig und nach Maßgabe des Völkerrechts zu handeln (=
Völkerrechtsunmittelbarkeit) vgl Art. 1 lit. d Montevideo Konvention.
a) Fehlende Rechtsfähigkeit:
Fehlende Rechtsfähigkeit wurde zu Zeiten der Kolonien attestiert. Die Souveränität
über die Kolonialgebiete lag beim Kolonialherrn. Auch die Mandatsgebiete der
Völkerbundzeit bzw. die Treuhandgebiete nach Art 75ff UNCh verfügten nicht
über Souveränität und Völkerrechtsunmittelbarkeit. → praktische Relevanz verloren
Praktisch relevant ist die Ausnahme von Gliedstaaten eines Bundesstaates aus
dem Kreis souveräner Staaten. Originäre Völkerrechtssubjektivität besitzt nur der
Bund. Die Bundesverfassung kann die Gliedstaaten ermächtigen im Rahmen ihrer
Zuständigkeiten im eigenen Namen völkerrechtliche Abkommen zu schließen (zB Art.
32 III GG). Damit erhalten die Gliedstaaten nur partielle und verfassungsrechtlich
vermittelte, abgeleitete Völkerrechtssubjektivität. Die Beziehungen der Gliedstaaten
und dem Bund und der Gliedstaaten untereinander sind staatsrechtlicher, nicht
völkerrechtlicher Natur. Bei einem Staatenbund behalten die Mitglieder als
Zusammenschluss souveräner Staaten ohne eigene Staatsqualität die umfassende
Völkerrechtssubjektivität. Hier gilt dasselbe wie für die Mitgliedschaft in
internationalen Organisationen.
b) Eingeschränkte Handlungsfähigkeit:
Die Europäische Union hat sich von diesen Ansichten entfernt. Seit 1960 betont
der EuGH die Eigenständigkeit der Unionsrechtsordnung: Das Unionsrecht ist weder
gewöhnliches Völkerrecht noch innerstaatliches Recht.
Für ein offenere Konzept geteilter und zusammengefasster Souveränität hat sich das
tschechische Verfassungsgericht in seinem Lissabon Urteil ausgesprochen.
- Einheit sui generis und ist schwer einzuordnen
- Eine Schlüsselmanifestation des Staates ist die Fähigkeit, seine Souveränität
weiterhin zu verwalten oder bestimmte Befugnisse vorübergehend oder dauerhaft
abzutreten
BVerfG:
- Hält sich an der klassischen völkerrechtlichen Konstruktion fest und betont den
Charakter des Unionsrechts als einer von den Mitgliedstaaten als „Herren der
Verträge“ abgeleiteten Grundordnung
- europäischer Bundestaat kann nicht schleichend, sondern nur durch besonderen
Akt → Volksabstimmung Art. 146 GG
- Recht auf Austritt Art. 50 EUV → zB Vereinigtes Königreich
c) Sonderfälle:
Bei Sonderfällen ist der Status als Völkerrechtssubjekt die aus der Souveränität
fließende Völkerrechtsunmittelbarkeit der jeweiligen Gebietskörperschaft
maßgeblich.
3
D.h. überstaatlichen nicht zwischenstaatlichen
Kondominium: Hier teilen sich mehrere Staaten die territoriale. Souveränität über
ein ihnen gemeinsam gehörendes Gebiet. Das Gebiet ist nicht Träger von
Souveränität und somit auch kein Völkerrechtssubjekt.
Koimperium: Hier teilen sich mehrere Staaten die Gebietshoheit über fremdes
Staatsgebiet. Die Souveränität des beherrschten Staates bleibt im Unterschied zum
Kondominium erhalten. Bedeutsam war das für den Status Deutschlands nach 1945
→ 2+4 Vertrag; Ausübung souveräne Rechte teilten sich vier Siegermächte.
Die Staatsqualität lässt sich nicht völlig von politischen Konflikten abkoppeln:
Es mag sich nach objektiven Kriterien bestimmen, ob man es mit einem Staat zu tun
hat, die Staaten können aber unterschiedliche Ansichten haben, ob die drei Elemente
vorliegen.
Anerkennung eines Staates, der nicht anerkannt wird, stellt ein Völkerrechtsverstoß,
da obwohl es zu keiner Änderung der Rechtslage führt. In der vorzeitigen
Anerkennung von Staaten liegt ein Verstoß gegen das Verbot der Einmischung in
die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates (Interventionsverbot), wenn der
im Entstehen begriffene Staat sich im Wege der Sezession aus einem bestehenden
Staatsverband zu lösen versucht. Beispiel: JUGO S. 42f., Krim etc.
Wer die Kontrolle über den Verwaltungsapparat und die Sicherheitskräfte hat, hat die
effektive Hoheitsgewalt inne. Setzen sich in einem Bürgerkrieg gegenseitige Kräfte in
einem Teil des Landes effektiv durch, rechtfertigt dies, Beziehungen zu beiden Seiten
ihrer jeweiligen Herrschaftsbereiche zu unterhalten. Solange der Machtkampf noch
nicht entschieden ist, ist auch die Anerkennung einer Exilregierung zulässig.
Egal ist, ob die effektive Regierung die Macht im Einklang oder im Widerspruch zu
den Landesgesetzen erlangt hat.Tobar-Doktrin4 hat sich nicht allgemein
durchgesetzt → jedoch einzelne Klauseln in Gründungsverträgen der OAS und AU
(P) In der Literatur wird diskutiert, ob die Anerkennung von Regierungen an deren
Legitimität namentlich an demokratische Legitimationsverfahren zu koppeln.
Sieht man von Demokratieklauseln in den Gründungsakten einiger
Regionalorganisation ab, dürfte die Behauptung eines „Rechts auf Demokratie“ nach
wie vor an dem souveränen Recht jedes Staates scheitern, sein politisches System
selbst zu bestimmen.Es mehren sich Ansätze, die dem Recht der Bevölkerung auf
politische Selbstbestimmung zunehmend Gewicht beimessen, wenn ein ausgeübtes
Selbstbestimmungsrecht missachtet, wird
VI. Staatennachfolge
1. Begriff und Fallgruppen
Beim failed state geht es um die Frage unter welchen Voraussetzungen ein Staat
ersatzlos zerfällt. Die Staatennachfolge (= Staatensukzession) behandelt die Fälle,
in denen aus bestehenden Staaten neue Staaten hervorgehen bzw bestehende Staaten
in anderen aufgehen.
Der Fall des Gebietserwerbs ist davon zu unterscheiden. Bei diesem geht es um den
Wechsel von Territorium von einem Staat zu einem anderen. (Gebiet wechselt
Zugehörigkeit jedoch Zahl der Staaten ändert sich nicht)
Sezession: Abspaltung eines Gebietsteils von einem Staat unter der Berufung auf
das Selbstbestimmungsrecht der Völker
➔ Sezession Bangladeschs von Pakistan oder Süd-Sudan vom Sudan
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Regierung sollen nicht anerkannt werden, die durch Revolution an die Macht gekommen sind
Inkorporation: Beitritt eines Staates zu einem anderen
➔ zB Widerherstellung deutsche Einheit; Krim, wenn nicht durch
völkerrechtswidrigen Akt → daher rechtswidrige Annexion
(P) Jugoslawien Rn. 105
Er tritt nicht in die Rechtsstellung eines anderen, er bleibt mit sich identisch. Neue
Staaten sind an das zum Zeitpunkt der Entstehung etablierte Gewohnheitsrecht
gebunden. (Früher: S.47)
Bei politischen Verträgen (zB Bündnisverträgen) wird angenommen, dass diese dem
Sinn und Zweck nach nicht auf Nachfolgestaaten übergehen. Die damit verbundene
automatische Entlassung aus solchen Verträgen dürfte nicht in jedem Fall
sachgerecht sein. Daher erscheint es vorzugwürdiger, von einer grundsätzlichen
Fortgeltung auszugehen, den Parteien aber die Lösung vom Vertrag wegen Änderung
wesentlicher Umstände zu ermöglichen (sog. clausula rebus sic stantibus Art. 62
WVK)
Die Mitgliedschaft in IO geht nicht auf die Nachfolgestaaten über. Es muss den
zuständigen Organen der Organisation überlassen bleiben darüber zu entscheiden, ob
sie den neuen Staat aufnehmen wollen oder nicht
Eine Ausnahme ist die Russische Föderation. Diese ist nicht teilidentisch mit der
durch Dismbration (= Zerfall des Staates in mehrere Staaten) untergegangenen
UdSSR, sondern ist deren größter Nachfolgestaat.
Konferenz von Alta: haben sich die GUS-Staaten 1991 jedoch darauf verständigt,
Russland als „Fortsetzerstaat“ der UdSSR zu betrachten, der auch die Mitgliedschaft
in IO, v.a. den ständigen Sitz um UN-Sicherheitsrat erben sollte. Die Lösung stieß
innerhalb der Vereinten Nationen und der anderen betroffenen internationalen
Organisationen auf keinen Widerstand und hat sich somit als punktuelle
Durchbrechung der Aufnahmeregelung gewohnheitsrechtlich etabliert.
C. Internationale Organisation
Wenn Staaten auf internationaler Ebene eine kooperative Problemlösung
suchen, bieten sich verschiedene Grade der Kooperation an: Genügt die ad-hoc-
Diplomatie nicht, können Foren für eine kontinuierliche Regierungszusammenarbeit
geschaffen werden → G8 oder G20.
Wollen Staaten noch enger zusammenarbeiten, können sie IO gründen und mit
eigener Rechtspersönlichkeit ausstatten. Internationale Organisationen können
universell sein, das heißt sie verfolgen weltweit gemeinsame Ziele. Sie können auch
regional sein. Typische Felder sind Sicherheit und Verteidigung (UNO, NATO), auch
Wirtschaft und Finanzen (WTO, OECD, IWF); Arbeit, Gesundheit und Soziales
gehört auch dazu (ILO, WHO, UNESCO).
Wegen der Breite der Zuständigkeiten der UNO oder regionaler IO (v.a. EU,
Europarat o. OAS) verschwimmt die Abgrenzung zum Staatenbund. Unter einem
Staatenbund (= Konföderation) werden herkömmlich Zusammenschlüsse souveräner
Staaten verstanden, die sich nicht bloß auf einzelne Politikfelder erstrecken, sondern
eine Kooperation auf breiterer Ebene wollen.
Arg:
- Bei IO handelt es sich um geschaffene (= gekorene) Völkerrechtssubjekte.
- Um nach außen Völkerrechtssubjekt werden zu können, bedarf es der
Anerkennung.
- Die Organisation besitzt nur Völkerrechtspersönlichkeit gegenüber Staaten,
die sie anerkennen (= relative Völkerrechtspersönlichkeit).
- Eine Ausnahme gilt für die UNO → IGH spricht ihm eine objektive
Völkerrechtspersönlichkeit zu
5
Teilnahme am Rechtsverkehr
- Kritik: aufgrund der zentralen Rolle IO im heutigen Völkerrecht erscheint es
gekünstelt, an dem Erfordernis einer Anerkennung durch Staaten festzuhalten
Gegründet werden IO durch einen völkerrechtlichen Vertrag, der als Satzung oder als
Statut bezeichnet wird. Gründer können nur Völkerrechtssubjekte sein, also vor
allem Staaten, und auch andere IO. Natürliche Personen (Einzelmenschen) und
private Organisationen sind allenfalls in engen Grenzen Völkerrechtssubjekte und
können keine Internationale Organisation im völkerrechtlichen Sinn gründen.
3. Organisationsstrukturen:
Die Organisationsstrukturen von IGOs sind heterogen. Wichtig sind Organe, die
eine Willensbildung innerhalb der Organisation ermöglichen und nach
außen hin für sie handeln. Es existiert ein (General-)Sekretariat, das
Verwaltungs- und Koordinationsfunktionen übernimmt und ein Gremium von
Staatenvertretern (zB Ministerrat), das Beschlüsse fasst. Die Außenpolitik fällt in den
Bereich der Regierung und deshalb werden Vertreter von den Regierungen der
Mitgliedstaaten entsandt (Dominanz der Exekutive).
Internationale Gerichte können Organ einer IO (zB EuGH) oder selbst eine
Internationale Organisation sein (zB der IStGH vgl. Art. 4 I Statut). IO stehen in
einem Spannungsverhältnis zwischen selbstständiger Aufgabenwahrnehmung der
Organisation und souveräne Bestimmung der „Herren der Verträge“ andererseits.
Die meisten IGOs besitzen Organe, die sich aus Staatenvertretern zusammensetzen
und die durch Koordinierung der mitgliedstaatlichen Interessen eine
gemeinsame Politik bestimmen (zB Ministerrat). Eine Reihe von Organisationen
verfügt über ein Organ mit unabhängigen Mitgliedern, das von den nationalen
Interessen autonome Gemeinschaftsinteressen formuliert (zB Kommission).
Gerade diesen autonomen Gemeinschaftsinteressen verpflichteten Organe haben
eine Impulsfunktion und dienen als Motor einer weiteren Integration. Wichtiges
Indiz für den Grad der Gemeinschaftlichkeit ist, ob Entscheidungen einstimmig oder
nach dem Mehrheitsprinzip getroffen werden können. Bei einer Pflichtverletzung aus
dem Gründungsvertrag sehen manche IO eine Aussetzung der Mitgliedschaftsrechten
(z. B. Art. 5 UNCh, Art. 7 EUV).
Welche Aufgaben und Befugnisse eine IGO hat, lässt sich aus dem
Gründungsabkommen schließen. Die Befugnisse müssen sich nicht aus dem Vertrag
ergeben. Das Völkerrecht lässt einen Schluss von den Aufgaben zu, soweit es sich um
Befugnisse handelt, die für die Erfüllung der Aufgaben essenziell sind. Solche
Befugnisse, die sich den Erfordernissen der Gegenwart dynamisch anpassen, sind
dem Vertrag implizit (= implied powers). Sie erstrecken sich regelmäßig auch auf
auf die Etablierung neuer Unterorgane. Lies Reperation for Injuries S. 54
Welche Befugnisse essentiell sind, bestimmt die IGO in weitem selbst. Der UN-
Sicherheitsrat hat das Spektrum der Maßnahmen zur Friedenssicherung seit 1990
erweitert: von Blauhelmeinsätzen über die Errichtung von internationalen
Strafgerichten bis hin zur Übernahme der Regierung und Verwaltung von
Konfliktgebieten.
Hinsichtlich der Schaffung von Rechtsvorschriften haben die meisten IO allenfalls die
Funktion von „Geburtshelfern“ Es werden und wurden zum Europarat zahlreiche
Abkommen erarbeitet, die den Mitgliedstaaten zur Ratifikation empfohlen werden,
ohne dass diese verpflichtet sind.
6
D.h. Verhältnis der Organisation zu ihren Mitgliedstaaten
7
Jenseits Befugnisse
Wenn die Satzung IO ermächtigt, Realakte zu erlassen, die verbindlich sind, spricht
man vom Sekundärrecht (abgeleitet). Das Primärrecht ist der Gründungsvertrag
selbst, seine Urheber sind die Mitgliedstaaten. Das Primärrecht ist die „Verfassung“
der Internationalen Organisation. Die EU ist umfangreich zum Erlass von
Sekundärrecht ermächtigt das sogar Vorrang vor dem nationalen Recht der
Mitgliedstaaten hat. In der Befugnis zur Schaffung von Sekundärrecht liegt ein
bedeutsamer „Souveränitätsausübungsverzicht“ der Mitgliedstaaten, da hier
Rechtsetzungskompetenzen auf eine überstaatliche Ebene verlagert werden und die
Mitgliedstaaten sich verpflichten, dieses Sekundärrecht zu befolgen.
Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage der Haftung der IGOs. Dabei geht es
um ihre vertraglich übernommenen Verbindlichkeiten. Bei Haftung für deliktische
Schäden ist als Vorfrage zu klären, ob die Organisation für den schädigenden Akt
verantwortlich ist (Zurechenbar?).
Da die Völkerrechtspersönlichkeit IGOs eine relative ist, kann sie nur Staaten
entgegengehalten werden, welche die Organisation anerkannt haben. Für andere
Staaten bleiben die Mitgliedstaaten hinter der IGO die Ansprechpartner. Denn sonst
würde es heißen, dass die Staaten zur Anerkennung gezwungen werden.
III. Die Vereinten Nationen
1. Entstehung und Entwicklung
System kollektiver Sicherheit → Kants Vorstellung –> Wilson Rede 1918 14 Punkte
Plan
Der 1919 gegründete Völkerbund stellte den ersten Versuch in der Neuzeit dar, eine
derartige Föderation zu verwirklichen. Eine Bundesversammlung und ein aus
ständigen und gewählten nichtständigen Mitgliedern bestehender Rat waren die
Beschlussorgane mit weitgehend parallelen Zuständigkeiten. Die Beschlüsse fassten
sie einstimmig. Unterstützt wurden sie durch ein ständiges Sekretariat. Der 1920
gegründete StIGH stand außerhalb der Organisation. Ein Verbot von Krieg und
Gewalt existierte nicht, aber die Mitglieder wurden verpflichtet, erst drei Monate
nach Scheitern friedlicher Streitbeilegung zu den Waffen zu greifen. Wer
satzungswidrigerweise Krieg führte, war nach Art 16 automatisch durch die
Mitgliedstaaten mit politischen und wirtschaftlichen Sanktionen zu belegen.
Militärische Sanktionen sollten vom Rat empfohlen werden.
Funktional war an seine Stelle die Organisation der Vereinten Nationen als neues
System kollektiver Sicherheit getreten. Die Hoffnungen, die in die neue Organisation
gesetzt wurden, erfüllten sich nicht. Der Krieg lähmte den Sicherheitsrat. Das
Machtvakuum innerhalb der Organisation konnte die Generalversammlung nur
unvollkommen füllen. Ein bedeutsamer Einschnitt war 1990: Der Zusammenbruch
des Ostblocks beseitigte die jahrzehntelange weitgehende Blockade des
Sicherheitsrates.Die Vereinten Nationen erlangten beachtliche Erfolge: In den 1990er
hat der Sicherheitsrat in zahlreichen Fällen Bereitschaft und Fähigkeit zu
entschlossenem Handeln gezeigt. Durch Einrichtung von UN-Verwaltungen und UN-
Gerichten wurde Neuland im Bereich des peace building betreten.Unterschied zum
Völkerbund: universelle Repräsentation
Ergreift der Sicherheitsrat Zwangsmaßnahmen gegen ein Mitglied nach Kapitel VII,
so kann er nach Art 4 S.1 UNCh der Generalversammlung empfehlen, die
Mitgliedschaftsrechte zu suspendieren. Die Generalversammlung fasst den Schluss
mit Zweidrittel Mehrheit. Über die Aufhebung der Suspendierung entscheidet der
Sicherheitsrat allein nach Art 5 S.2 UNCh. Bei beharrlicher Verletzung der
Grundsätze der Charta kann ein Mitglied ausgeschlossen werden nach Art 6 UNCh.
Die Empfehlung des Sicherheitsrates benötigt die Zustimmung von mindestens 9
Mitgliedern einschließlich aller ständigen Mitglieder. Der Beschluss ergeht durch die
Generalversammlung mit Zweidritte-Mehrheit nach Art 18 (2) UNCh. Zu einem
Ausschluss kam es bis dato noch nicht. Nicht geregelt ist der Austritt in der UNO.
Dieser ist nach den Grundsätzen der staatlichen Souveränität möglich. Einziger Fall
bis heute ist Indonesien, das aus Protest gegen die Aufnahme Malaysias den Austritt
erklärte, aber 1966 wieder eintrat
b) Generalversammlung
Die Generalversammlung ist das Repräsentativorgan. Jeder Mitgliedstaat hat nach
Art 18 (1) UNCh eine Stimme (one state one vote). Jeder darf aber bis zu fünf
Vertreter entsenden. Für Beschlüsse genügt eine einfache Mehrheit, für wichtige
Fragen wird eine Zweidrittel-Mehrheit verlangt. Die meisten Beschlüsse werden im
sogenannten Konsensusverfahren gefasst. Dabei wird auf eine förmliche
Abstimmung verzichtet und am Ende die Übereinstimmung festgestellt. So lässt sich
die Festlegung umgehen, ob einige Mitglieder mit den Beitragszahlungen im
Rückstand sind und somit das Stimmrecht verlieren.
Die Generalversammlung ist sachlich allzuständig. Dh sie darf sich mit allen Fragen
befassen, sie in den Aufgabenbereich der Vereinten Nationen fallen Art 10
(Politikfelder in den Internationalen Beziehungen). Diese Allzuständigkeit wird durch
Art 2 Nr. 7 UNCh begrenzt. Dieser nimmt Angelegenheiten aus, die ihrem Wesen
nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören. Die Generalversammlung ist
für Fragen des Wirtschafts- und Sozialwesens, der Kultur, der Erziehung und
Gesundheit und für Menschenrechtsfragen zuständig.Der WISO übt seine
Tätigkeit unter der Autorität der Generalversammlung aus nach Art 60 UNCh. Für
Menschenrechtsfragen wurde 2006 der UN-Menschenrechtsrat als Nebenorgan
der Generalversammlung errichtet, der an die Stelle der UN-
Menschenrechtskommission getreten ist.
Mit der Resolution Uniting for Peace kann der Generalversammlung das
Recht zugesprochen werden Verantwortung für Weltfrieden und internationale
Sicherheit zu übernehmen, wenn der Sicherheitsrat blockiert ist. Der Sicherheitsrat
hat die „Hauptverantwortung“, nicht aber die alleinige Verantwortung für Frieden
und Sicherheit, deshalb ist das mit der Charta vereinbar. Mit der Selbstermächtigung
der Generalversammlung kann nur die Sperrwirkung nach Art 12 UNCh umgangen
werden. Daran, dass verbindliche Beschlüsse nur der Sicherheitsrat fassen darf und
die Generalversammlung insoweit auf Empfehlung beschränkt ist, ändert sich nichts.
Die verbindliche, die staatliche Souveränität überspielende (Art. 2 Nr. 7 UNCh)
Autorität, die der UN-Sicherheitsrat besitzt, kann sich die Generalversammlung nicht
selbst verschaffen.Beschlüsse der Generalversammlung vermögen hier selbst unter
der „Uniting-for-Peace- Prozedur wohl Legitimität, nicht aber Legalität zu vermitteln
Sonst ist die Generalversammlung auf Empfehlungen und unverbindliche
Resolutionen beschränkt. Organisationsintern kann sie verbindliche Beschlüsse
fassen. Dies betrifft die Aufnahme neuer Mitglieder, die Einrichtung von
Nebenorganen, Personalentscheidungen und Wahlen zu Gremien nach Art 17 UNCh.
Auch das alleinige Haushaltsrecht liegt bei der Generalversammlung.
c) Sicherheitsrat:
Der Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern, 5 ständige Mitglieder befinden sich
darunter (Volksrepublik China, Frankreich, Russland, das Vereinigte Königreich und
die USA). Die nichtständigen Mitglieder werden von der Generalversammlung nach
Art 23 (2) UNCh auf zwei Jahre gewählt. Die Wahl orientiert sich an einem
Regionalschlüssel: Von den 10 nichtständigen Mitgliedern stammen 3 aus Afrika, 2
aus Asien, 2 aus Lateinamerika, 1 aus Osteuropa, 2 aus Westeuropa oder der übrigen
westlichen Welt.
Der Sicherheitsrat fasst die Beschlüsse mit der Zustimmung von mindestens 9
Mitgliedern. Die ständigen Mitglieder besitzen in allen Fragen, die nicht
Verfahrensfragen sind, ein Vetorecht nach Art 27 (2) (3) UNCh. Die UN-Charta
sieht nach dem Wortlaut vor, dass bei Verfahrensfragen alle ständigen Mitglieder
zustimmen müssen. In der UN-Praxis hindert aber die Abwesenheit oder
Stimmenthaltung eines ständigen Mitglieds das Zustandekommen des Beschlusses
nicht
Es gibt auch noch das sogenannte doppelte Veto: Ein Mitglied kann eine
Abstimmung darüber verlangen, ob eine Frage tatsächlich eine Verfahrensfrage ist.
Bei dieser Abstimmung kann ein Veto eingelegt werden, weil sie keinen
Verfahrenscharakter hat. Wird ein Veto eingelegt, gilt die Frage als sonstige Frage,
für die nach Art 27 (3) UNCh die Zustimmung aller Mitglieder verlangt wird. Wird
nun in der Sache abgestimmt, so kann erneut ein Veto eingelegt werden und dadurch
kann der Beschluss verhindert werden. Lies Fall Überstimmt Rn. 154
Der Sicherheitsrat hat nach Art 24 UNCh die Hauptverantwortung für die
Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit. Nach Art 25
UNCh kann der Sicherheitsrat in seinem Aufgabenbereich gegenüber allen
Mitgliedern verbindliche Beschlüsse fassen. Gehen alle übrigen
völkerrechtlichen Pflichten vor Systematische Stellung macht deutlich, dass diese
Befugnis sich nicht allein auf Beschlüsse nach Kapitel VII beschränkt (dort sind Art.
48 und 49 UNCh leges speciales). Kapitel VI erlaubt dem Sicherheitsrat
Empfehlungen zu geben, die nicht verbindlich sind.
Konkrete Maßnahmen kann der Sicherheitsrat nach Kapitel VII beschließen. Dort
sind aber Art 48, Art 49 UNCh leges speciales. Auslegungsmethoden heranziehen, um
zu ermitteln ob verbindlich. In Art 25 liegt auch Potential zu einer dynamischen
Erweiterung der Befugnisse des Sicherheitsrates, namentlich im Bereich des
peacebuilding. Resolutionen des Sicherheitsrates bestehen aus 2 Teilen: einer
Präambel und einem operativen Teil. Die Präambel enthält Hintergrunderwägungen,
die zu den Beschlüssen geführt haben und ist nicht rechtsverbindlich. Der operative
Teil enthält die eigentlichen Beschlüsse.
Resolutionen, die der Sicherheitsrat unter Kapitel VII in Reaktion auf eine
Bedrohung oder einen Bruch des Friedens treffen kann, zielen auf anlassbezogene
Maßnahmen ab. Gegen einen Friedensbrecher können Wirtschaftssanktionen oder
militärische Sanktionen verhängt werden. Ist die Bedrohung für den Frieden
beseitigt, so werden die Maßnahmen wieder beendet. Maßnahmen haben einen
individuell- oder generell konkreten Charakter, ähneln also dem Handeln einer
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D.h. die vertragliche Regelung abbedingendes
„Weltexekutive“. Hiervon wich erstmals Resolution 1373 (2001) ab, in der der
Sicherheitsrat in Reaktion auf die Terroranschläge in New York und Washington vom
11.09.2001 generell-abstrakte Pflichten der Staaten bei der Bekämpfung des
internationalen Terrorismus formulierte. Derartige Resolutionen werfen die Frage
auf, ob der Sicherheitsrat durch die Charta überhaupt zum Erlass von Sekundärrecht
ermächtigt, also gewissermaßen als Weltgesetzgeber eingesetzt ist. Sieht man einen
solchen Rollenwechsel als von den implied powers noch gedeckt an, legt die
Resolution anlassunabhängig allgemeine Staatenpflichten fest, wie sie sonst allenfalls
durch einen völkerrechtlichen Vertrag auf konsensualer Basis vereinbart werden
könnte. Sieht man darin jedoch ein Handeln des Sicherheitsrates ultra vires
(=außerhalb seiner Kompetenzen / Befugnisse) ist die Resolution nicht gem. Art. 25
UNCh verbindlich
Zutreffende Ansicht: Sicherheitsrat ist nicht legibus solutus („vom Recht befreit“)
Bei der Frage, wann welche Maßnahmen unter Kapitel VII zu ergreifen sind, wird
man – außer in Fällen eklatanten Missbrauchs (vor dem v. a. die Vetorecht schützen
dürften) – kaum greifbare rechtliche Maßstäbe finden können.
An die Menschenrechte ist auch der Sicherheitsrat gebunden. Auch wenn die
Vereinten Nationen nicht Vertragspartei der Menschenrechte sind, so anerkennen sie
die Menschenrechte in Art 1, Art 55f UNCh und nennen sie auch als Ziel der Arbeit
der UNO. Sonst Selbstwiderspruch. Gewohnheitsrechtlich verpflichtet
Menschenrechte zu beachten
Das UN – Treuhandsystem nach Art 75 – Art 85 UNCh läste das Mandatssystem des
Völkerbundes in der Aufgabe ab, für eine Verwaltung von Gebieten zu sorgen, in
denen eine eigene Staatlichkeit noch nicht etabliert ist. Der Treuhandrat hat die
Aufgabe diese Gebiete nicht nur zu verwalten, sondern sie Schrittweise an die
Unabhängigkeit zu führen.
2. Europarat
Der Europarat ist eine 1949 gegründete Internationale Organisation mit Sitz in
Straßburg. Er hat 47 Mitglieder und umfasst fast alle europäischen Staaten (wichtige
Ausnahme: Weißrussland). Die Aufgaben legt Art 1 der Satzung fest. Die Mitglieder
bekennen sich zur Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten und verpflichten
sich zu aktiver Mitarbeit bei der Verfolgung in Art 1 genannten Zielen. Aus der
Präambel und weiteren Bekenntnissen lässt sich ein Hang zur Demokratie
feststellen. Zur Mitgliedschaft kann jeder europäische Staat eingeladen werden, der
für fähig und gewillt befunden wird, die Bestimmungen des Art 3 zu erfüllen. Die
Anwärter sind verpflichtet die EMRK zu unterzeichnen und die Gesamtheit ihrer
Kontrollbestimmungen anzuerkennen. Bei schweren Verstößen gegen Art 3 kann der
Austritt gefordert werden. Organe sind das Ministerkomittee und die Beratende
Versammlung. Das Sekretariat des Europarates steht ihnen zur Seite.
Das Ministerkomitee setzt sich aus den Außenministern der Mitgliedstaaten bzw
einem Beauftragten zusammen. Jeder Staat hat im Ministerrat eine Stimme. Das
Ministerkomitee trifft verbindliche Beschlüsse in Bezug auf die Organe, hinsichtlich
der politischen Aufgaben des Europarates billigt es Übereinkommen und kann
Empfehlungen an die Regierungen der Mitgliedstaaten richten.