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Gesundheit

Zum Hausarzt gehen

Aus der Praxis 1 – Kurs Niveau A1

Ablaufbeschreibung der Kursleitung


Kursgruppe
Auf das oberste Ziel der Kursgruppe – wissen wie ein Arzt-
Acht vorwiegend junge Frauen und Männer aus Af- besuch in der Schweiz abläuft – bin ich gleich mit der Ein-
rika und Süd- und Südosteuropa, die erst seit kurzer stiegsaktivität eingegangen: Ich hatte im Lehrerzimmer
Zeit in der Schweiz sind. Nur 1 TN hat eine höhere zwei Sets der Fotokarten geholt. Als Erstes legten die TN
Schulbildung, die anderen haben jedoch mindestens die Fotokarten auf dem Arbeitstisch in die richtige Abfolge.
acht Schuljahre besucht und keine grossen Probleme Danach legte ich die zweite Kartenserie mit der Schriftseite
mit dem Lesen und Schreiben der lateinischen Schrift. nach oben auf den Tisch, und die TN ordneten die Ausdrücke
Die TN hatten fast keine Vorkenntnisse, als sie vor drei den Bildern zu. Wir klärten die Bedeutung der Wörter und
Wochen den Deutschkurs (3.5 Stunden pro Tag) be- übten die Aussprache.
gonnen haben. Jetzt, nach gut 50 Stunden Unterricht,
können sie sich in den häufigsten Kontaktsituationen Mit Hilfe der Fotokarten und der Schlüsselausdrücke konnten
bewegen (mit Nachbarn, beim Einkaufen, um eine wir dann den ganzen Ablauf durchgehen und mit Informati-
einfache Auskunft bitten etc.). onen ergänzen. Die TN hatten viele Fragen zu fast allen Punk-
ten: Einige konnten gleich geklärt werden (z.B. ob man nicht
einfach in die Arztpraxis gehen kann und warten, bis der Arzt
Zeit hat), andere habe ich festgehalten für einen späteren
Ausgangssituation Zeitpunkt (z. B. was machen, wenn man in der Nacht Hilfe
braucht, oder wie das mit dem Bezahlen und der Kranken-
Die Klasse arbeitet grundsätzlich mit einem Lehr- kasse geht), und ein paar konnte ich nicht beantworten oder
mittel, aber es sind auch Freiräume vorgesehen zum ich fand sie zu komplex zum Erklären zu diesem Zeitpunkt.
Aufnehmen von Themen, die für die TN wichtig oder
dringend sind. Das Thema «Arztbesuch» war bei einer Als Nächstes habe ich das Blatt Lernziele verteilt, und wir
Zwischenevaluation des Kurses für die Mehrheit der haben gemeinsam – wieder mit Hilfe der Fotokarten – ge-
TN ganz oben auf der Prioritätenliste, aber im Lehr- schaut, welche Schritte am wichtigsten sind. Nur wenige TN
buch kommt es erst viel später vor. Die TN sind sich trauten sich zu, in der Realität am Telefon einen Termin zu
bewusst, dass sie bei einem ernsten Gesundheits- vereinbaren, weil es so schwierig ist, die andere Person am
problem auf die Hilfe von Bekannten oder von Dol- Telefon zu verstehen. Ich habe dann betont, dass sie viele
metschenden angewiesen wären, aber sie möchten Elemente ja schon kennen (Tage, Daten und Uhrzeiten) und
wenigstens wissen, wie ein Besuch beim Arzt in der die Gespräche am Telefon oft nach dem gleichen Muster
Schweiz abläuft, und sich darauf vorbereiten können. ablaufen, was die Sache erleichtert. Und so waren sie ein-
verstanden, es zu versuchen. Daneben war den TN vor allem
das Wissen über die Abläufe beim Arztbesuch wichtig. Eini-
ge dieser Fragen waren ja schon in der ersten Lektion beant-
wortet worden, was die TN mit Befriedigung erfüllte. Das
Blatt wurde im Ordner im Register «Gesundheit» abgelegt.
(Alle TN haben zu Beginn des Kurses neben der fide-Landkar-
te die Registerblätter zu den Handlungsfeldern bekommen,
und ich habe sie aufgefordert, sich einen persönlichen Ord-
ner anzulegen.)

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Für das Einführen und Üben von Vokabular zu Körper und «theatralischen» Darbietungen einiger TN! Anschliessend er-
Krankheiten hätten wir viel zu viel Zeit gebraucht. Und so gänzten die TN in Kleingruppen das Dialogschema auf dem
habe ich stattdessen ein Bild verteilt, das ich im Internet ge- Blatt Einen Termin beim Arzt abmachen mit den möglichen
funden hatte und auf dem die Körperteile und die wichtigs- Gesprächsbeiträgen des Patienten oder der Patientin. Ich zir-
ten Organe bezeichnet sind. Dann habe ich die Wörter Weh kulierte bei den Gruppen und korrigierte Wortstellung und
und Schmerzen eingeführt und gezeigt, wie man diese zu Endungen. Mit Hilfe dieser Struktur wurden anschliessend
Bauchweh, Kopfweh etc. kombinieren kann. In der folgenden die Gespräche nochmals in wechselnden Paaren durchge-
Paar-Aktivität konnten die TN dann mit diesen Ausdrücken spielt. Das Dialogschema wurde dann als «Modell» zur Vor-
experimentieren: Eine TN sagte z. B. Ich habe Kopfschmerzen, bereitung auf eine telefonische Terminvereinbarung mit ei-
und der andere TN musste das mimen und auf den betreffen- ner Arztpraxis im persönlichen Ordner abgelegt.
den Körperteil zeigen.
Danach habe ich eine Hörverstehensübung aus einem Lehr-
Zum Abschluss des Morgens gingen wir den ganzen Ablauf werk eingefügt: Es ging darum, die Ansage auf dem Telefon-
nochmals mit den Bildern durch, und die TN notierten sich beantworter einer Arztpraxis zu verstehen. Bei einer weite-
auf dem Blatt Redemittel diejenigen Wörter und Ausdrücke, ren Hörverstehensübung mussten die TN verstehen, wann
welche sie sich merken wollten. Zum Schluss legten sie die eine Anruferin einen Termin bei der Ärztin bekommt. Beide
Blätter in ihrem Ordner ab. Übungen waren für die TN ein Erfolgserlebnis, weil sie fast
alles verstanden haben.
Am nächsten Morgen schlug ich nach dem Einstieg ein
Brainstorming vor, zu den Informationen, welche die Praxis­ Als Abschluss dieser Lernphase nahmen die TN mit Hilfe des
assistentin wahrscheinlich braucht, wenn man sich für einen Blatts Am Telefon einen Termin abmachen eine Selbstein-
Arzttermin anmeldet (Name? Um was geht es? Wie lange schätzung ihrer Fähigkeiten vor. Während die TN selbststän-
schon? Dringend?). Mit diesen Stichwörtern haben die TN dig mit einer Auswahl von weiteren Arbeitsblättern arbeite-
dann in Paaren das Telefongespräch vorbereitet. Ich hatte ten, konnte ich in kurzen Einzelgesprächen ihre Einschätzung
in einer Materialiensammlung einen ganz einfachen Dialog mit meinen Beobachtungen vergleichen und den TN ein kur-
gefunden und diesen in Textstreifen geschnitten; bei einem zes Feedback geben.
etwas weniger spontanen Paar habe ich diese nach 1–2 Mi-
nuten als Impuls hineingegeben. Am folgenden Tag ging es um das Geschehen in der Arztpraxis:
Die Anmeldung, die Untersuchung und die nächsten Schritte.
Nach etwa 10 Minuten Vorbereitung wurde die Terminver- Keine der TN hatte eigene Erfahrungen in einer Arztpraxis
einbarung am Telefon simuliert: Ich spielte die Praxisassis- in der Schweiz. Ich habe deshalb als Erstes von einem eige-
tentin und setzte mich Rücken an Rücken mit einer TN, die nen Erlebnis berichtet, als ich mit einer Verletzung am Knie
anrief, um einen Termin zu vereinbaren. Das haben wir noch zum Arzt musste: Terminvereinbarung am Telefon – Empfang
ein paar Mal mit verschiedenen TN durchgespielt. Ich habe durch die Praxisassistentin – Anmeldeformular – Wartezim-
meine Antworten immer etwas variiert und je nachdem das mer – Sprechzimmer und Untersuchung – Diagnose – Rezept
Sprechtempo und die Fragen den Fähigkeiten der TN ange- – Abmachen eines neuen Termins mit der Praxisassistentin –
passt. Die anderen TN hatten die Aufgabe, jeweils zu no- Apotheke. Zwischendurch sagten die TN, dass sie das auch so
tieren, um welche Beschwerden es ging und für wann der kennen, oder dass es in ihrem Land ganz anders ist.
Arzttermin (Tag, Datum, Zeit) vereinbart wurde. Sie konnten
auch den in der Simulation beteiligten TN helfen, wenn die- Nach dieser Einleitung habe ich das Praxis-Anmeldeformular
se nicht mehr weiterwussten. Wir hatten viel Spass mit den aus der Materialiensammlung verteilt. Die Angaben zur Per-

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son konnten die TN selbstständig ausfüllen, bei den weiteren


Fragen zu Allergien und zur Krankenkasse haben sie Fragen
gestellt, die ich aber auch nicht alle beantworten konnte ...

Auf Wunsch der TN habe ich versucht, mit Zeichnungen an


der Tafel und Stichworten wenigstens einige Grundinforma-
tionen zu den Krankenkassen zu geben und darzustellen, wie
die Abrechnung nach dem Arztbesuch abläuft.

Für diesen Tag hatte ich mit einer Apotheke in der Nähe ver-
einbart, dass ich im Laufe des Vormittags mit der Kursgruppe
vorbeikommen würde. Wir haben uns also auf diesen Besuch
vorbereitet und sind dann zusammen in die Apotheke ge-
gangen. Zum Glück waren um diese Zeit wenige Leute da,
und die Apothekerin konnte sich uns widmen. Einige der TN
hatten auch echte Anliegen, z. B. wollte eine TN einen Hus-
tensirup für ihren kleinen Sohn kaufen.

Wieder zurück im Klassenzimmer, habe ich den TN das Blatt


Lernergebnisse verteilt. Sie haben gleichzeitig ihr Lernziel-
blatt wieder hervorgeholt und auf dem neuen Blatt festge-
halten, welche Ziele sie erreicht haben und was sie sonst
noch gelernt haben. Ich stand auf Abruf für die Formulierun-
gen zur Verfügung. Einige TN haben danach das Lernzielblatt
weggeschmissen, andere haben es vorläufig noch behalten.

Ich habe die TN auch nach einem kurzen Feedback gefragt:


Sie waren sehr zufrieden, und der Höhepunkt war der Besuch
in der Apotheke, bei dem sie ihre «Schwellenangst» überwin-
den und feststellen konnten, dass sie mit Courage und etwas
Fantasie auch mit wenig Deutsch ganz gut zurechtkommen.

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