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vorgelegt von
Julian Zeitvogl
Quartz Crystal Microbalance (QCM) ist ein Verfahren, das durch die Ver-
messung der Impedanzcharakteristika eines akustischen Resonators Massen-
dichte und viskoelastische Eigenschaften eines Systems in Kontakt mit dem
Sensorquarz bestimmt. Erfasst werden entweder die komplette Impedanz-
struktur oder die Resonanzfrequenz und ein mit der Dämpfung korrelierter
Parameter, z.B. die Breite des Resonanzpeaks.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine QCM entwickelt, die Messun-
gen sowohl in Vakuum/Luft als auch in Flüssigkeit ermöglicht. Die realisier-
te Elektronik ist zur Impedanzanalyse sowie zur Durchführung von Abkling-
und Oszillatorkreismessungen fähig. Das erfasste Impedanzspektrum umfasst
den Frequenzbereich von 1 bis 80 MHz, was bei den verwendeten 5 MHz-Sen-
sorquarzen Messungen bis zur 15.Oberwelle ermöglicht. Die Abklinkmessung
erfasst Resonanzen bis zur 5. Oberwelle, die Oszillatorkreismessung ist be-
schränkt auf die Grundwelle.
Anhand der Vermessung von Impedanznetzwerken mit bekannten Eigen-
schaften wurde die Funktionsfähigkeit der entwickelten Impedanzanalyse ge-
zeigt. Die Masseauflösung, bedingt durch die Frequenzstabilität, beträgt an
Luft 1.6ng/cm2 , in Flüssigkeit 20ng/cm2 . Neben der Resonanzfrequenz wur-
den die Parameter ausgewertet, die mit der Dämpfung bzw. Energieauskopp-
lung korrelieren. Als Parameter größter Stabilität wurde hierbei die aus der
Abklingmessung erhaltene Abklingzeit mit einer Schwankung von 0.005 %
(trocken) bzw. 0.014 % (in Flüssigkeit) bestimmt.
Die Realisierung von drei unabhängigen Messmethoden ermöglichte einen
qualitativen und quantitativen Vergleich der Resonanzverschiebungen unter
verschiedenen Lastbedingungen. Anhand der Bedampfung der Quarzsenso-
ren mit Gold wurde die Äquivalenz der entwickelten Methoden bezüglich
der Vermessung starrer (Sauerbrey-)Schichten gezeigt. Die maximale Ab-
weichung der einzelnen Methoden untereinander beträgt 0.2 %. Bei starker
Dämpfung, experimentell realisiert durch die Vermessung einer Reihe unter-
schiedlich viskoser Flüssigkeiten, weichen die mittels Oszillatorkreis gemes-
senen Frequenzverschiebungen deutlich von den anderweitig bestimmten ab.
Dies ließ sich auf die dämpfungsbedingte Verzerrung der Impedanzstruktur
des Quarzresonators zurückführen.
Abstract
1 Quarzkristallmikrowaage 1
Symboltabelle 153
Literaturverzeichnis 157
Danksagungen 167
vi Inhaltsverzeichnis
1 Quarzkristallmikrowaage
Einführung
Aus der Sicht der medizinischen Physik stellt sich der Mensch als ein
extrem komplexes System dar. Viele (patho-)physiologische Vorgän-
ge können letztendlich erst auf molekularer Ebene verstanden werden.
Andererseits bieten sich durch entsprechende Erkenntnisse auch neue
diagnostische bzw. therapeutische Möglichkeiten. So konnte etwa die
Hämokompatibilität von Koronarstents aus medizinischem Edelstahl
durch eine Beschichtung mit Silizium-Carbid erheblich gesteigert wer-
den, nachdem der Zusammenhang zwischen der elektronischen Struk-
tur bestimmter Proteine und der Blutgerinnung verstanden worden
war [60].
In der modernen Medizin ist das Verständnis von Protein–Protein-
bzw. Protein–Festkörper-Wechselwirkungen unverzichtbar. Für das
Studium entsprechender Interaktionen bieten sich grundsätzlich zwei
Möglichkeiten an. Computersimulationen ermöglichen prinzipiell das
Zurückführen molekularer Vorgänge auf die grundlegenden Eigenschaf-
ten der Materie, sind aber beschränkt durch endliche Genauigkeit
und Rechenkapazität sowie die Problematik der Bereitstellung ent-
sprechender force fields, ohne die belastbare Aussagen nicht getroffen
werden können [48, 55]. Experimentelle Methoden auf der anderen
Seite müssen die erforderliche Empfindlichkeit aufweisen – um z.B.
Monolagen von Alkanthiolen nachweisen zu können, ist eine Massen-
auflösung von wenigen 10 ng/cm2 erforderlich [40].
Eine experimentelle Methode, die sowohl die für das Studium moleku-
larer Vorgänge erforderliche Genauigkeit aufweist, als auch in flüssi-
gen Medien verwendet werden kann, ist die Quarzkristallmikrowaage
(Quartz Crystal Microbalance, QCM). Bei diesem Verfahren werden
2 1 Quarzkristallmikrowaage
ten Studien des mechanischen Kontakts [13, 14, 23], der Oberflächen-
rauigkeit [22, 21, 49, 69] und viskoelastischer Eigenschaften [41, 44]
auf mikroskopischer Skala. Nicht zuletzt fand die Technik auch Ein-
gang in des Feld der Elektrochemie, wo die Kombination einer elektro-
chemischen Zelle mit einer QCM oftmals als EQCM bezeichnet wird
[39, 72].
meist aus Gold, seltener aus Silber oder anderen Elementen. Wäh-
rend der Durchmesser der Quarze ab einer bestimmten Mindestgröße
nicht entscheidend ist, bestimmt die Dicke (in Kombination mit der
Schallgeschwindigkeit) die Resonanzfrequenz. Ein Quarz mit einer Di-
cke von 3.317 × 10−4 m weist beispielsweise eine Resonanzfrequenz von
5 MHz auf.
Um die Energieauskopplung in das umgebende Medium möglichst ge-
ring zu halten, werden für QCM-Anwendungen i.A. Dickenscherschwin-
ger (thickness shear mode resonators, TSM) verwendet. Je nach kris-
tallographischem Schnittwinkel ist auch die piezoelektrische Anregung
anderer Auslenkungsmuster möglich, was etwa bei sogenannten bulk
4 1 Quarzkristallmikrowaage
acoustic wave (BAW) [71], surface acoustic wave (SAW) [54] oder
Love-wave-Sensoren [62] genutzt wird. Jedes andere Amplitudenmus-
ter führt allerdings zu einer größeren Dämpfung als beim Dicken-
scherschwinger. Da eine starke Dämpfung die Stabilität negativ be-
einflusst, werden für die Anwendung als QCM TSM-Resonatoren ver-
wendet. Das entsprechende Schwingungsmuster ist in Abb. 1.2 darge-
stellt.
Je nach Messmethode wird die anregende Frequenz entweder durch
den Quarz selbst vorgegeben oder durch eine externe Quelle erzeugt.
In jedem Fall zeichnet sich der Quarzresonator durch eine charakte-
ristische Impedanz aus, die im Wesentlichen durch die grundlegenden
Eigenschaften des Quarzes, teilweise aber auch durch die externe Last
definiert ist. Die Messung dieser Impedanz ist die maßgebliche Funk-
tion jeder QCM. Unterschiedliche Messmethoden liefern unterschied-
liche Parameter, aber die zugrundeliegende Größe ist in jedem Fall
die komplexe frequenzabhängige Impedanz des Quarzsensors. Ein ty-
40
10000 20
0
arg (Z) [deg]
]
abs (Z)
frequency [MHz]
5
pischer Verlauf von Betrag und Phase der Impedanz ist in Abb. 1.3
gezeigt.
Seit der ersten Verwendung von Schwingquarzen für QCM-Anwendun-
gen ist eine große Anzahl unterschiedlicher Methoden für die Vermes-
sung der charakteristischen Quarzimpedanz erprobt worden [5, 27, 47].
Im Wesentlichen lassen sich drei Messanordnungen unterscheiden. Die
dem ursprünglichen Verwendungszweck am nächsten stehende ist die
Verwendung des Quarzsensors als frequenzbestimmendes Element in
einem Oszillatorkreis. Während jedoch der Zweck eines Schwingkreises
in Kommunikationsanwendungen die möglichst exakte Frequenzkon-
trolle ist, liegt der Fokus bei der Anwendung als QCM vielmehr in der
exakten Erfassung der im Zuge der Messung veränderlichen Oszillator-
frequenz. Meist wird in Oszillatorkreisen nicht genau die mechanische
Resonanzfrequenz (die Frequenz des ersten Phasennulldurchganges der
Impedanz fr ) erfasst, sondern eine von der jeweiligen Beschaltung ab-
hängige leicht verschobene Frequenz.
Je nach Realisierung liefert ein Schwingkreis zunächst nur die Reso-
nanzfrequenz des Quarzsensors. Ist eine Pegelkontrolle enthalten, er-
gibt sich daraus noch ein der Dämpfung des Quarzes proportiona-
ler Parameter, aus dem die charakteristische Abklingzeit τ berechnet
werden kann [52]. Erheblich umfassender wird die Resonanzstruktur
durch einen Impedanzanalysator charakterisiert. Dieses Gerät erzeugt
die den Quarz anregende Wechselspannung extern und misst in Ab-
hängigkeit der Frequenz reflektierte oder transmittierte Anteile des
anregenden Signals (im Idealfall beides). Aus den komplexen Reflekti-
ons- bzw. Transmissionskoeffizienten kann dann frequenzabhängig die
Impedanz des Quarzes berechnet werden. Durch einen numerischen
Fit geeigneter Ersatzschaltbilder können neben den charakteristischen
Frequenzen – die Frequenzen der Phasennulldurchgänge (fr und fa )
sowie minimaler (fm ) bzw. maximaler Impedanz (fn ) – weitere Para-
meter bestimmt werden. Zu diesen zählt insbesondere auch die mit der
Dämpfung assozierte halbe Breite auf halber Höhe des Impedanzpeaks
(Halbpeak-Halbbreite) Γ.
Die dritte weit verbreitete Methode ist die Messung des Abklingens
6 1 Quarzkristallmikrowaage
eines zuvor in der Nähe der Resonanz angeregten Quarzes. Wie bei
der Impedanzanalyse wird die Anregung des Quarzes extern erzeugt,
dann aber abgeschaltet oder galvanisch vom Quarz getrennt. Danach
schwingt der Quarz bei seiner mechanischen Resonanzfrequenz fr ab,
was i.A. wenige ms, bei starker Dämpfung sogar bis zu einer Größen-
ordnung weniger in Anspruch nimmt. Durch Fit eines exponentiell
gedämpften Sinus an das abklingende Signal können die Resonanzfre-
quenz sowie die charakteristische Abklingzeit τ bestimmt werden.
Die Tabelle am Ende dieses Kapitels fasst die vorgestellten Mess-
methoden zusammen und listet die spezifischen Vor- und Nachteile
auf.
Unabhängig davon, welche Messmethode verwendet wird, müssen die
erhaltenen Parameter durch geeignete Modellbildung in physikalische
Parameter des zu untersuchenden Systems überführt werden. Dies be-
deutet im Wesentlichen das Übersetzen der elektrischen Impedanz in
die mechanische Impedanz der Last, also der Schicht(en) in Kontakt
mit dem Quarzsensor. Dazu existiert eine Vielzahl von theoretischen
Modellen, die auf der Physik der Wellenausbreitung [38, 56], auf elek-
trischen Ersatzschaltbildern [35, 36] oder einer Kombination aus bei-
dem [30, 50] beruhen.
Obwohl der ursprünglich von Sauerbrey [61] entwickelte Ausdruck
für die Frequenzverschiebung bei vielen Fragestellungen der aktuel-
len Forschung nicht direkt anwendbar ist, wird er immer noch zur
Abschätzung der Massenempfindlichkeit einer QCM verwendet. Für
einen 5 MHz-Quarz etwa beträgt die sogenannte Sauerbrey-Konstante
2 . Dies bedeutet, durch eine Massenbelegung des Quarzsen-
Hz
0.057 ng/cm
sors von 1 ng/cm2 verschiebt sich die Resonanzfrequenz um 0.057 Hz.
Die Firma Q-Sense beispielsweise gibt die Frequenzauflösung der ei-
genen QCM mit 0.1Hz an, was einer nominellen Massenauflösung von
1.8 ng/cm2 entspricht [1].
Um zu verdeutlichen, was diese Masseauflösung praktisch bedeutet,
mag folgendes Beispiel dienen. Alkanthiole (CH3 (CH2 )n SH) in Lösung
bilden auf Goldoberflächen spontan selbstorganisierende Monolagen
7
9
10 1 Quarzkristallmikrowaage
2 Kristallographische und
piezoelektrische Grundlagen
2.1 Kristallsymmetrien
2.1.1 Kristallographische Punktgruppen
Unter einer Symmetrie versteht man die Invarianz eines Systems unter
einer bestimmten Transformation. Eine Symmetriegruppe ist die Men-
12 2 Kristallographische und piezoelektrische Grundlagen
1
Dies bezeichnet die Koeffizienten, die das Verhältnis zwischen Spannung und Ver-
zerrung bzw. piezoelektrisch induziertem Potential und Verzerrung beschreiben.
Die mathematische Definition findet sich in Kap. 3.
2.1 Kristallsymmetrien 13
• Die mit Überstrich versehenen Ziffern 1̄, 2̄, 3̄, 4̄, 6̄ symbolisieren n-
fache Rotationsinversionsachsen, die entsprechende Symmetrie-
operation ist also eine Rotation gefolgt von einer Inversion. Ins-
besondere entspricht 1̄ einer reinen Inversion (bzw. einer Rota-
tion um 360◦ , gleichbedeutend mit einer Drehung um 0◦ , gefolgt
von einer Inversion).
14 2 Kristallographische und piezoelektrische Grundlagen
Gestalt besitzt:
ǫ11 0 0
ǫ = 0 ǫ11 0 (2.1)
0 0 ǫ33
Anzahl
Stufe Form unabh.
Koeff.
ǫ11 0 0
2 0 ǫ11 0 2
0 0 ǫ33
e11 −e11 0 e14 0 0
3 0 0 0 0 −e14 −e11 2
0 0 0 0 0 0
M11 M12 M13 M14 0 0
M12 M11 M13 −M14 0 0
M31 M31 M33 0 0 0
4 8
M41 −M41 0 M44 0 0
0 0 0 0 M44 2M41
0 0 0 0 M14 M11 − M12
Tabelle 2.2: Reduzierte Tensoren zweiter bis vierter Stufe für die Punkt-
gruppe 32.
16 2 Kristallographische und piezoelektrische Grundlagen
Anzahl
Matrix Form unabhängiger
Koeffizienten
ǫ11 0 ǫ13
dielektrisch 0 ǫ11 0 5
ǫ31 0 ǫ33
0 0 0 e14 0 e16
piezo- e21 e22 e23 0 e25 0 8
elektrisch
0 0 0 e34 0 e36
c11 c12 c13 0 c15 0
c12 c22 c23 0 c25 0
c13 c23 c33 0 c35 0
elastisch 13
0 0 0 c44 0 c46
c15 c25 c35 0 c55 0
0 0 0 c46 0 c66
Tabelle 2.3: Reduzierte Tensoren zweiter bis vierter Stufe für die Punkt-
gruppe 2.
was sich mit typischen Werten für a (2.5 × 10−10 m), N (6 × 1027 m−3 )
und q (1.6 × 10−19 C) abschätzen lässt als e ∼ 1.2 C/m2 . Die Werte
der piezoelektrischen Koeffizienten realer Kristalle liegen jedoch typi-
scherweise eine Größenordnung darunter, der Koeffizient e11 für Quarz
z.B. beträgt 0.173 C/m2 . Ein derart einfaches zweidimensionales Mo-
dell ist offenbar nicht geeignet zur Bestimmung realer Koeffizienten,
es dient lediglich der Motivation des Ursprunges des piezoelektrischen
Effektes. Eine präzisere Beschreibung elektromechanisch gekoppelter
Schwingungen im Rahmen der Thermodynamik wird in den Abschnit-
ten 3.1 bis 3.4 gegeben.
2.2 Piezoelektrischer Effekt 21
• Kristalle
Quarz, Berlinit, Minerale der Turmalingruppe, Seignettesalz, . . .
• Keramiken
Blei-Zirkonat-Titanate, Blei-Magnesium-Niobate, Barium-Tita-
nat, Barium-Niobat, Langasit, Gallium-ortho-Phosphat, . . .
• Polymere
Polyvinylidenfluorid, . . .
• Sensoranwendungen
Druck-, Kraft- und Beschleunigungsmessung
• Aktuatoren
Hoch- und Niedervolt-Aktuatoren, Präzisionsstellelemente
• Sonare Anwendungen
Hydrophone, Ultraschallgeräte
• Energieumwandlung
Piezotransformatoren
22 2 Kristallographische und piezoelektrische Grundlagen
2.3.1 Kristallstruktur
Quarz ist trigonal-trapezoedrisch aufgebaut und gehört damit der Kris-
tallklasse 32 an (siehe Kap. 2.1). Für die kristallographische Beschrei-
bung bietet sich die Verwendung das Bravais-Miller-Systems an, das
aus einer c-Achse und drei a-Achsen besteht. Die drei Achsen a1 ,
a2 und a3 schließen hierbei jeweils einen Winkel von 120◦ ein und
stehen senkrecht zur c-Achse. Abb. 2.5 zeigt die Bravais-Miller-Ach-
sen und ein kartesisches Achsensystem in einer hexagonalen Struk-
tur.
Die Elementarzelle des linkshändigen α-Quarzes3 ist in Abb. 2.6 dar-
gestellt. Sie enthält drei stöchiometrische Einheiten SiO2 , ihre Maße
3
Quarz ist nur bei niedrigen Temperaturen in der trigonalen α-Quarz-Phase sta-
bil. Bei 573◦ C findet eine Phasenumwandlung in die hexagonale β-Quarz-Phase
statt. Die höhere Symmetrie des β-Quarz führt unter anderem zum Verlust der
piezoelektrischen Eigenschaften. Da die Temperaturen bei den im Rahmen der
vorliegenden Arbeit durchgeführten Versuchen deutlich geringer waren, wird auf
die Struktur des β-Quarzes an dieser Stelle nicht weiter eingegangen.
24 2 Kristallographische und piezoelektrische Grundlagen
2.3.2 AT-Schnittwinkel
Kap. 2.1 ordnete Quarz in den Kontext kristallographischer Punkt-
gruppen ein und stellte die aus den entsprechenden Symmetrien resul-
tierenden mechanischen und piezoelektrischen Tensoren dar. Im Prin-
zip wäre es durchaus möglich, Schwingquarze derart zu präparieren,
dass ihre Achsen mit den kristallographischen Achsen übereinstimmen.
In der Praxis ist jedoch neben der piezoelektrischen Kopplung ein an-
deres Kriterium entscheidend: Die Frequenzstabilität. Diese ist zwar
vor allem für Anwendungen essentiell, in denen Schwingquarze aus-
schließlich für die Frequenzkontrolle benutzt werden, jedoch spielt sie
auch im Rahmen der QCM eine maßgebliche Rolle, da jede ungewoll-
te Frequenzabweichung als Änderung der Masse und/oder der visko-
elastischen Eigenschaften des untersuchten Systems missinterpretiert
wird.
Eine besondere Bedeutung kommt hierbei der Temperaturabhängig-
keit der Resonanzfrequenz zu. Neben der über die Ausdehnungskoeffi-
zienten an die Temperatur gekoppelte Veränderung der Längen spielt
hier vor allem die Temperaturabhängigkeit der elastischen Eigenschaf-
ten, und damit der Schallgeschindigkeit, eine Rolle.
Es existieren daher verschiedene Kristallschnitte, die darauf abzielen,
dass im relevanten Bereich die Temperaturkoeffizienten möglichst klein
werden oder idealerweise ganz verschwinden [47]. Jeder Schnitt ist ver-
bunden mit drei akustischen Volumenmoden, die sich durch Phasenge-
schwindigkeit, Polarisation und piezoelektrische Kopplung unterschei-
den. Diese Moden werden üblicherweise geordnet nach ihrer Schallge-
schwindigkeit a-, b- und c-Mode genannt. Die a-Mode wird hierbei als
quasi-longitudinal bezeichnet, da die größte Komponente der Ampli-
tude in Ausbreitungrichtung orientiert ist, b- und c-Mode als schnelle
bzw. langsame Quasi-Scherwelle.
Je größer der longitudinale Anteil der Wellenamplitude ist, desto mehr
Energie wird durch die Schwingung ausgekoppelt. Dies führt bei re-
sonanten Schwingungen zu einem erheblich niedrigeren Q-Wert4 und
4
Der Q-Wert oder quality factor entspricht dem Verhältnis aus während der Oszil-
26 2 Kristallographische und piezoelektrische Grundlagen
Abbildung 2.7:
AT- und BT-
Schnittwinkel bei
rechtshändigem
α-Quarz; Abb.
entnommen aus
[15].
Wie Abb. 2.8 (rechts) zeigt, weisen sowohl AT- als auch BT-cut einen
verschwindenden Temperaturkoeffizienten auf. Allerdings variiert diese
Größe beim AT-cut kubisch mit der Temperatur, beim BT-cut quadra-
tisch [63], so dass für die meisten Frequenzkontroll- und Sensoranwen-
dungen AT-geschnittene Quarze verwendet werden.
2.4 Zusammenfassung
Quarz – als Sensor eine entscheidende Komponente jeder QCM – be-
sitzt von Natur aus eine geeignete Kombination aus mechanischen und
elektrischen Eigenschaften. Insbesondere stellt er aufgrund seiner Pie-
zoelektrizität einen elektromechanischen Übertrager dar. Die Kopp-
lung ist hierbei stark genug, um eine resonante Schwingung elektrisch
anregen zu können, andererseits aber schwach genug, um bei der elek-
trischen Vermessung der Impedanz das Schwingungsverhalten nicht
maßgeblich zu beeinflussen.
Besondere Bedeutung kommt der Kristallsymmetrie des Quarzes zu,
die in Kombination mit dem AT-Schnittwinkel zum einen dazu führt,
dass der Quarz eine reine Scherschwingung ausführt, zum anderen aber
auch eine geringe Temperaturabhängigkeit bedingt.
Die elektromechanischen Eigenschaften von Festkörpern und insbeson-
dere die charakteristische Impedanz von Quarzresonatoren sind Gegen-
stand des folgenden Kapitels.
3 Lineare Theorie elastischer
piezoelektrischer Festkörper
3.1.2 Grundlagen
Die Deformation eines kontinuierlichen Mediums kann beschrieben
werden als eine Funktion
∂xk ∂xk
Cij = = δij + 2Vij (3.2)
∂Xi ∂Xj
∂Xj .
nj = Ni fN , (3.4)
∂xj
2 ∂Xi ∂Xk
fN = Gik Ni Nk , wobei Gik = −1
= Cik . (3.5)
∂xj ∂xj
3.1.4 Spannung
Die Spannung ist definiert als Kraft pro Fläche und hat dementspre-
chend dieselbe Einheit wie der Druck. Die Komponente j der Span-
nung T, die auf die Fläche mit der Flächennormalen ni wirkt, wird
bezeichnet mit Tij . Bezogen auf eine Einheitsfläche beträgt sie Tij nj .
Mit der Definition der Einheitsvektoren in der deformierten Konfi-
guration (3.4) und dem Verhältnis zwischen deformierter und Refe-
renzfläche ergibt sich für die i-Komponente der Kraft pro Einheitsflä-
che
∂Xk
JfN Tji nj = JTji Nk = Pik Nk , (3.13)
∂xj
wobei
∂Xk
Pik = JTji (3.14)
∂xj
als erster Piola-Kirchhoff-Spannungstensor bezeichnet wird.
Die i-Komponente der Kraft, die durch die Spannung auf den ge-
samten Körper wirkt, ergibt sich durch Integration von Tji nj über
die gesamte Oberfäche in der deformierten Konfiguration oder von
Pik Nk in der Referenzkonfiguration. Aus dem Gauß’schen Integral-
satz
I Z
F · n dA = ∇F dV (3.15)
A V
folgt, dass sich dieselbe Kraft durch Volumenintegration von ∂Tji /∂xj
bzw. ∂Pik /∂Xk ergibt. Diese Größen stellen daher die i-Komponen-
te der durch die Spannung ausgeübten Kraft pro Einheitsvolumen
dar.
34 3 Lineare Theorie elastischer piezoelektrischer Festkörper
Die Spannung erbringt eine Leistung ẋi Tji nj bzw. ẋi Pik Nk an der
gesamten Oberfläche. Durch Anwenden des Gauß’schen Integralsatzes
lassen sich auch diese Größen in ihre jeweiligen Volumenäquivalente
umformen:
∂ ∂Tji ∂ ẋi
(ẋi Tji ) = ẋi + Tji (3.16)
∂xj ∂xj ∂xj
∂ ∂Pik ∂ ẋi
(ẋi Pik ) = ẋi + Pik (3.17)
∂Xk ∂Xk ∂Xk
Hierbei stellen die ersten Terme auf der rechten Seite Leistung durch
Translation und die zweiten Terme Leistung durch Streckung bzw.
Stauchung dar. Da der Spannungstensor symmetrisch ist (Tij = Tji ),
lässt sich der letzte Term in Gl. (3.16) schreiben als Tji (∂ ẋi /∂xj ) =
Tij dij . Bezogen auf das Referenzvolumen beträgt die Streck-/Stauch-
leistung damit JTij dij . Mit der Definition des zweiten Piola-Kirchhoff-
Spannungstensors
∂Xr ∂Xs
trs = JTij (3.18)
∂xi ∂xj
wird
JTij dij = trs V̇rs . (3.19)
V1 = V11 V4 = 2V23
V2 = V22 V5 = 2V13 (3.21)
V3 = V33 V6 = 2V12 .
dU = τα dVα + T dS (3.26)
∂U ∂U
τα = und T = . (3.27)
∂Vα ∂S
∂U
insbesondere ist ∂Vα
= τα∗ .
Konstitutive Gleichungen für die elektromechanische Wechselwirkung
ergeben sich aus einer Taylor-Entwicklung der abhängigen Variablen
38 3 Lineare Theorie elastischer piezoelektrischer Festkörper
τγ∗ = cE
γα Vα − ejγ Eγ (3.34)
Di = eiα Vα + ǫVij Ej (3.35)
∂ 2 u3 ∂ 2 u2 ∂ 2 u1 ∂2Φ
e33 2 + e34 2 + e35 2 + ǫ33 = 0. (3.39)
∂X3 ∂X3 ∂X3 ∂X32
∂ 2 u2 ∂2Φ
ρ̄ü2 − c44 − e34 = 0, (3.41)
∂X32 ∂X32
und (3.39) wird zu
∂D3 ∂ 2 u2 ∂2Φ
= e34 − ǫ33 = 0. (3.42)
∂X3 ∂X32 ∂X32
Die Randbedingungen (3.40) vereinfachen sich zu
∂u2 ∂Φ
c44 + e34 = 0 f ür X3 = ±h. (3.43)
∂X3 ∂X3
Für eine harmonische Zeitabhängigkeit der Verzerrung und des elek-
trischen Potentiales
Da für diese Lösung u(+h) = −u(−h) gilt, folgt aus Gl. (3.51), dass
L = 0 sein muss. Ferner lässt sich durch Einsetzen der Lösung (3.52)
in dieselbe Gleichung die Amplitude der Ladungsdichte bestimmen
zu
φ0 e34
σ = ǫ33 − A sin (ηh) . (3.53)
h h
k2 e234 c44
2
= bzw. = 1 − k2 . (3.62)
1−k c44 ǫ33 c̄44
wobei ǭ33 die sogenannte freie dielektrische Konstante ist, die gegeben
ist durch
e234 ǫ33
ǭ33 = ǫ33 1 + = . (3.66)
ǫ33 c44 1 − k2
Spannung beträgt 2φ0 exp(iωt). Damit ergibt sich die spezifische Im-
pedanz Z zu
2φ0 1 k 2 tan (ηh)
Z= = 1− . (3.68)
iωσS iω Sǫ33 / (2h) ηh
| {z }
C
C hat die Dimension einer Kapazität und wird oft als festgehaltene Ka-
pazität (clamped capacitance) der Fläche S bezeichnet.
Die Definition des elektromechanischen Kopplungsfaktors k 2
(Gl. (3.61)) ermöglicht eine einfachere Darstellung der Resonanz-
bedingung (3.55) in der Form
ωA,n − ωR,n k2
= 2 . (3.74)
ωA,n π 2 n + 12
möglich, falls die Dicke des Resonators anderweitig (als durch Bestim-
men der Resonanz, was der übliche Weg ist) hinreichend genau be-
stimmt werden kann.
∂u2 ∂Φ
c44 (±h) + e34 (±h) = τ4∗ (±h). (3.76)
∂X3 ∂X3
Für eine unsymmetrische Last τ4∗ (+h) 6= τ4∗ (−h) ist auch die Lö-
sung nicht mehr symmetrisch, sondern muss verallgemeinert werden
zu
∂u e34
c̄44 (±h) + σ = τ4 (±h) (3.78)
∂X3 ǫ33
Durch Einsetzen der Lösung (3.77) und des Ausdrucks für die La-
dungsdichte (3.53) ergeben sich Gleichungen für die Amplituden A
und B.
Ac̄44 ηh cos (ηh) − k 2 sin (ηh) =
h
= (τ4 (+h) + τ4 (−h)) − e34 φ0 (3.79)
2
B τ4 (−h) − τ4 (+h)
= (3.80)
h 2c̄44 ηh sin (ηh)
4
Aus dem gleichen Grund lassen sich piezoelektrisch nur ungeradzahlige Ober-
wellen anregen. Die geradzahligen sind mechanisch durchaus möglich, lassen sich
aber elektrisch nicht anregen, da eine bezüglich X3 = 0 symmetrische Auslen-
kung nicht zu Ladungsdichten führt, die mit einem Spannungsabfall über das
Quarzvolumen korrelieren, und umgekehrt.
50 3 Lineare Theorie elastischer piezoelektrischer Festkörper
F2 − F1 = (v2 + v1 ) Z1 (3.90)
F2 + F1 − 2F = (v2 − v1 ) Z2 (3.91)
1 1
F1 − F = − (Z1 + Z2 ) v1 + (Z2 − Z1 ) v2 (3.92)
2 2
1 1
F2 − F = − (Z2 − Z1 ) v1 + (Z1 + Z2 ) v2 . (3.93)
2 2
Durch Einführen von elektrischen Spannungen V1 ∼ (F1 − F ) und
V2 ∼ (F2 − F ) und Strömen I1 ∼ −v1 und I2 ∼ v2 nehmen die beiden
letzten Gleichungen folgende Form an
5
Der Terminus „verlustfrei“ bezieht sich hierbei lediglich auf den Prozess der Um-
wandlung von elektrischer in mechanische Energie und umgekehrt.
3.4 Schwingquarz als elektronisches Bauteil 55
∂u d34 φ0
= f ür X3 = ±h. (3.107)
∂X3 h
Durch Gleichsetzen der beiden letzten Gleichungen ergibt sich für die
Amplitude
d34 φ0
C= . (3.108)
hγ cos (γh)
d34 φ0
u= sin (γX3 ) (3.109)
hγ cos (γh)
Durch Gleichsetzen der beiden Ausdrücke für das Potential φ und Auf-
lösen ergibt sich für die Integrationskonstante
1 e34 d34
C2 = − tan (γh) φ0 exp (iωt) , (3.113)
h γǫ33 h2
π 2 hr
Rm = , (3.121)
8ω02 Sd34 e34 ρ̄
h3 r
Rm = . (3.122)
Se234
2∆ω ρ̄h3
Xm = − . (3.123)
Ae234
Da sich der reaktive Anteil der Impedanz eines Kondensators und einer
Spule in Serie schreiben lässt als X = ωL − ωC
1
≈ −2∆ωL, ergibt sich
3.4 Schwingquarz als elektronisches Bauteil 63
ρ̄h3
L= (3.124)
Se234
Se2
C = 2 34 . (3.125)
π hc̄44
Diese Resonanzen zeichnen sich dadurch aus, dass bei den entspre-
chenden Frequenzen der imaginäre Anteil der Impedanz bzw. Ad-
mittanz verschwindet, die Impedanzen und Admittanzen also reel-
le Größen darstellen. Die Admittanz des Butterworth-van Dyke-Er-
satzschaltbildes (Abb. 3.5) zwischen den beiden offenen Enden be-
trägt
1 1
Y = = 1
+ iωC0 . (3.128)
Z R + i ωL − ωC
Auf einen Nenner gebracht, gestürzt und mit dem komplex Konjugier-
ten des Nenners erweitert, um die Summe aus reellem und imaginärem
64 3 Lineare Theorie elastischer piezoelektrischer Festkörper
ω 2 LC − ωR2 LC
(ω − ωR ) (ω + ωR ) L
X= =
ωC ω
= 2 (ω − ωR ) L (3.136)
Quarzes, die sehr klein ist. Eine eventuelle externe Dämpfung macht
sich sehr viel stärker bemerkbar, wie die Diskussion in Kap. 5.2.3 zei-
gen wird.
Die Frequenzen minimaler bzw. maximaler Impedanz fallen unter Be-
rücksichtigung der Dämpfung nicht mehr mit denen reeller Impedan-
zen zusammen. Um dies zu zeigen, betrachtet man zunächst das Be-
tragsquadrat der Admittanz des Butterworth-van Dyke-Ersatzschalt-
bildes, das sich schreiben lässt als
1 − 2ωC0 X
|Y |2 = + ω 2 C02 . (3.142)
R2 + X 2
Ableiten nach X und Nullsetzen des Resultates führt
zu
wobei die gleiche Näherung benutzt wurde wie in Gl. (3.135). Durch
Gleichsetzen der beiden Lösungen mit X = 2 (ω − ωR ) L ergeben sich
analog zum bisher Gezeigten zwei Frequenzen ωm und ωn als Frequen-
zen minimaler bzw. maximaler Admittanz:
r
ω m = ωR 1 − (3.145)
2Q2
1 r
ωn = ωR 1 + + (3.146)
2r 2Q2
Abb. 3.6 fasst die mit und ohne Berücksichtigung der Dämpfung
gefundenen kritischen Frequenzen des Quarzresonators zusammen.
Aufgetragen sind Betrag und Phase der Impedanz, berechnet nach
68 3 Lineare Theorie elastischer piezoelektrischer Festkörper
Abbildung 3.6: Durch den Einfluss der Dämpfung spalten sich Resonanz-
(ωR ) und Antiresonanzfrequenzen (ωA ) auf in jeweils zwei Frequenzen, die
durch die Phasennulldurchgänge (ωr , ωs ) bzw. minimale (ωm ) oder maximale
Impedanz (ωn ) charakterisiert sind. abs(Z) und arg(Z) entsprechen Betrag und
Phase der Impedanz, mit (d) oder ohne Dämpfung (nd). Die Kurven wurden
berechnet nach [56].
und der Kreisdurchmesser R1m beträgt. Abb. 3.7 stellt den sogenannten
Admittanzkreis dar, wobei auch die kritischen Frequenzen verschwin-
dender Suszeptanz sowie minimaler und maximaler Admittanz ein-
gezeichnet sind. Da ωr −ω
ω
a
sehr klein ist, kann die Verschiebung des
Kreismittelpunktes ωC0 während eines Umlaufes vernachlässigt wer-
den.
Abb. 3.7 ist die in der Literatur am weitesten verbreitete graphische
Darstellung der komplexen Admittanz eines Quarzoszillators. Komplett
wiedergegeben wird die Abhängigkeit der Admittanz von der Frequenz
aber erst in der dreidimensionalen Darstellung. Abb. 3.8 zeigt reellen
und imaginären Anteil der Admittanz in Abhängigkeit von der Fre-
quenz.
3.5 Zusammenfassung 71
3.5 Zusammenfassung
Es wurde gezeigt, dass der piezoelektrische Resonator mindestens vier
Frequenzen aufweist, die die Bezeichnung „Resonanz“ verdienen und
deren Lage durch die Eigenschaften des Quarzes und einer externen
Last definiert sind. Eine vollständige Charakterisierung des Schwing-
quarzes erfordert also die Kenntnis der Impedanzkurve über den rele-
vanten Frequenzbereich, d.h. in der Nähe der Resonanzen der Grund-
welle und idealerweise auch aller Obertöne. Da das Signal-zu-Rausch-
Verhältnis mit steigender Oberwelle immer schlechter wird (und un-
endlich hohe Frequenzen zur Anregung auch technisch nicht realisert
72 3 Lineare Theorie elastischer piezoelektrischer Festkörper
In den vorangegangenen Kapiteln wurden die für den Einsatz als Sen-
sor in einer QCM relevanten Eigenschaften des Quarzes und insbeson-
dere der charakteristische Impedanzverlauf des Quarzresonators erör-
tert. Um alle relevanten Parameter extrahieren zu können, ist das Er-
fassen der komplexen Impedanz über den gesamten Frequenzbereich,
oder zumindest in Ausschnitten um die einzelnen harmonischen Reso-
nanzen, notwendig.
Eine Quartz Crystal Microbalance liefert zunächst elektronische Pa-
rameter, die das Schwingungsverhalten des Quarzsensors unter einer
gegebenen Last charakterisieren. Diese werden noch während der Mes-
sung in mechanische Parameter überführt, z.B. durch Identifikation
des Minimums in einer Impedanzkurve. Die Standardausgabeparame-
ter einer QCM sind eine charakteristische Frequenz und ein Parame-
ter, der die Dämpfung bzw. Energieauskopplung des schwingenden
Systems beschreibt. Die Ausgabeparameter wiederum müssen durch
geeignete Modellbildung in physikalische Parameter des zu untersu-
chenden Systems überführt werden.
Wie in Kap. 3 dargelegt wurde, besitzt ein Quarzresonator im ideali-
sierten, d.h. verlustfreien, Fall zwei charakteristische Frequenzen. Wer-
den Verluste berücksichtigt, spalten sich diese wiederum in jeweils zwei
Frequenzen auf, so dass letztendlich vier verschiedene charakteristische
Frequenzen existieren, die als „Resonanz“-Frequenzen bezeichnet wer-
den können. Dies sind die Frequenzen verschwindender Reaktanz (ωr
und ωa ) sowie die Frequenzen minimaler bwz. maximaler Impedanz
(ωm und ωn ), die in Abb. 3.6 hervorgehoben sind.
Der mit der Dämpfung korrelierende Parameter kann in unterschiedli-
74 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
4.1 Impedanzanalyse
4.1.1 Prinzip
Für die Impedanzanalyse wird meist ein Netzwerkanalysator verwen-
det. Dieser sendet ein Signal bekannter Frequenz, Amplitude und Pha-
se auf das zu untersuchenden Bauteil (device under test, DUT ) und
misst die daran reflektierten bzw. transmittierten Signalanteile. Aus
den komplexen Verhältnissen der Signale lassen sich die Streuparame-
ter (Transmission und Reflektion), und daraus wiederum die Impedanz
des DUT bestimmen.
4.1 Impedanzanalyse 75
In Bezug auf die Anwendung als QCM besteht ein wesentlicher Vorteil
dieser Methode in der Möglichkeit, mehrere Obertöne zu messen, was
aufgrund ihrer Filtercharakteristik mit Schwingkreisen nicht möglich
ist. Die Dämpfung des schwingenden Systems wird bei der Impedanz-
analyse i.A. aus der Halbpeak-Halbbreite bestimmt. Durch Fit des
Ausdrucks für die Impedanz des Butterworth-van Dyke-Ersatzschalt-
bildes an die gemessene Impedanzkurve lassen sich dessen Parameter
bestimmen. Die Methode der Impedanzanalyse erfasst das Schwin-
gungsverhalten des Quarzresonators am umfassendsten. Allerdings ist
durch die relativ lange Messdauer die Datenerfassungsrate begrenzt,
was beim Studium der Kinetik schneller Prozesse von Nachteil sein
kann.
tion enthalten.
Abb. 4.1 stellt für eine Reflexionsmessung einen möglichen Zustand des
anregenden (f ) und reflektierten Signals (r) in der komplexen Ebene
zur Zeit t dar. Beide Signale umlaufen den Ursprung mit der Frequenz
ω, jedoch verschoben um die durch die Reflektion hervorgerufenen
Phasendifferenz ∆φ. Da meist nur ein Teil des anregenden Signales
reflektiert wird – Ausnahmen hierzu wären ein offenes Leitungsende
oder ein Kurzschluss – ist die reflektierte Amplitude um ∆A kleiner als
die anregende. Aus den beiden Differenzgrößen ergibt sich der Reflek-
Ar
tionskoeffizient Γ = A f
exp(i∆φ), wobei Af und Ar für die jeweiligen
Amplituden stehen. Γ ist mit der komplexen Impedanz des DUT, ZL ,
über
ZL − Z0
Γ= (4.1)
ZL + Z0
verknüpft. Z0 steht hierbei für die charakteristische Systemimpedanz,
üblicherweise – und auch im vorliegenden Fall – 50 Ω. Die letztendlich
gesuchte Impedanz ZL ergibt sich daraus zu
1+Γ
ZL = Z0 . (4.2)
1−Γ
Für das Verständnis der Funktionsweise der im Folgenden beschriebe-
4.1 Impedanzanalyse 77
• DDS:
Für die Generierung der anregenden bzw. Referenzsignale wurde
ein sogenannter DDS verwendet. Die Abkürzung steht sowohl für
die Art der Signalerzeugung (direct digital synthesis) als auch
für die technische Umsetzung als IC (integrated circuit). DDS
ist aktuell die verbreitetste Methode für die Erzeugung präzise
einstellbarer Frequenzen.
Abb. 4.2 skizziert das Funktionsprinzip eines DDS. Dieser be-
200 MHz
= 7.1 × 10−7 Hz (4.3)
248
führt.
Nach dem Nyquist-Theorem entspricht die größte erzeugbare
Frequenz der halben Systemfrequenz, im vorliegenden Fall also
100 MHz. Entscheidend für die maximale Ausgabefrequenz, aber
auch für die Frequenzstabilität eines DDS ist das Referenzsignal,
die system clock. Eventuelle Schwankungen würden sich in der
Resonanzkurve bemerkbar machen, verstärkt um den internen
Frequenzmultiplikator im DDS. AT-geschnittene, also auf mi-
nimale Temperaturabhängigkeit optimierte Quarze weisen eine
Abhängigkeit von etwa 1 ppm/K auf, was bei einer Temperatur-
instabilität von 0.1 K und einem DDS-Multiplikator von 5 bereits
zu einem Rauschen von 0.5 ppm führen würde. Es ist daher ent-
scheidend, die Temperatur des Mutterquarzes exakt konstant zu
halten. Entsprechend wurde ein Referenzquarz mit integrierter
Temperaturkontrolle verwendet.
• Richtkoppler:
Richtkoppler sind passive Bauelemente, die einen Teil der dar-
in vom Eingang (input) zum Ausgang (transmitted ) laufenden
4.1 Impedanzanalyse 79
• Mischer:
Ein Mischer ist ein aktives elektronisches Bauteil, das zwei Ein-
gangsspannungen multiplikativ verknüpft. Für zwei unterschied-
liche Eingangsfrequenzen ω1 und ω2 mit Phasen φ1 und φ2 ent-
spricht das Ausgangssignal eines idealen Mischers der Überlage-
DDS werden sowohl das anregende Signal als auch ein um π/2 dazu
phasenverschobenes Signal gleicher Frequenz ω erzeugt. Das Ausgabe-
signal größerer Phase (d.h. das Cosinus-Signal) regt über einen bidirek-
tionalen Richtkoppler den Quarz piezoelektrisch zu Schwingungen an.
Aufgrund der Impedanzfehlanpassung zwischen Ausgang des Richt-
kopplers und Quarz wird ein Teil des anregenden Signals reflektiert.
Ein hierzu proportionaler Anteil wird durch den Reverse-Ausgang des
Richtkopplers ausgekoppelt, ebenso ein dem anregenden Signal propor-
tionaler Anteil durch den Forward-Ausgang. Diesen Ausgängen nach-
geschaltet sind vier analoge Mischer, deren LO-Eingänge mit den zwei
Ausgängen des DDS verbunden sind. Die Mischer multiplizieren also
das den Quarz anregende bzw. das von ihm reflektierte Signal mit zwei
um π/2 phasenverschobenen Signalen gleicher Frequenz, so dass ihre
Ausgangssignale folgende Form haben:
1
cos(ωt) cos(ωt + φf ) = cos(−φf ) + cos(2ωt + φf ) (4.6)
2
1
sin(ωt) cos(ωt + φf ) = sin(−φf ) + sin(2ωt + φf ) (4.7)
2
4.1 Impedanzanalyse 83
1
cos(ωt) cos(ωt + φr ) = cos(−φr ) + cos(2ωt + φr ) (4.8)
2
1
sin(ωt) cos(ωt + φr ) = sin(−φr ) + cos(2ωt + φr ) (4.9)
2
Hierbei steht φf /r für die Phasen des Forward- bzw. Reversesignals.
Durch die nachgeschalteten Tiefpassfilter werden die Summenfrequen-
zen aus den Signalen entfernt, so dass nur noch die Gleichspannungsan-
teile verbleiben, die proportional cos(φf /r ) bzw. sin(φf /r ) sind. Diese
werden von einem Texas Instruments ADS8361 vier-Kanal-ADC mit
16 bit Auflösung erfasst. Die Absolutwerte der entsprechenden Ampli-
tuden sind auf diese Weise nicht zu bestimmen, was allerdings auch
nicht notwendig ist, da nur der Reflektionsfaktor Γ, dessen Betrag dem
Amplitudenverhältnis entspricht, von Bedeutung ist. Wenn die Kanäle
des ADC als A bis D bezeichnet werden, ergibt sich der Reflektions-
koeffizient aus den gemessenen Größen als
√
C 2 + D2 D B
Γ= √ exp i arctan − arctan . (4.10)
A2 + B 2 C A
Kalibration/Fehlerkorrektur
Für ein ideales Reflektometer wäre das Problem der Impedanzmes-
sung damit gelöst. Das reale System unterliegt jedoch einer Reihe von
Störeinflüssen, die den Reflektionsfaktor – und damit die Impedanz
– des DUT verfälschen. Wesentliche Verfälschungen entstehen hierbei
durch Reflektionen vor dem bzw. innerhalb des Richtkopplers, durch
die endlichen Kabellängen3 sowie durch parasitäre Kapazitäten im
Signalweg. Abb. 4.5 zeigt ein reales Reflektometer, das ein Signal a
Richtung DUT schickt und ein reflektiertes Signal b empfängt. Auf-
grund der genannten Störeinflüsse entspricht der Quotient b/a jedoch
nicht dem gesuchten Reflektionsfaktor Γ, sondern um eine durch die
3
Dieser Effekt ist im Vergleich zu den anderen Einflüssen gering, da beispielsweise
die Wellenlänge eines 5 MHz-Signales ∼ 60 m beträgt, so dass die Phasenverschie-
bung durch wenige cm Kabel 0.01 π nicht überschreitet.
84 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
bzw.
S12 S21 Γr
Γm = S11 + . (4.17)
1 − S22 Γr
Es müssen also nicht alle vier Elemente des Fehlerzweitores bestimmt
werden. Vielmehr genügt es, das Produkt der zwei Transmissionster-
me zu kennen, so dass sich die Anzahl der zu bestimmenden Ele-
mente auf drei reduziert (S11 , S22 und S12 S21 ). Um diese zu finden,
werden drei Kalibrationsmessungen an DUTs mit bekannten Reflexi-
onskoeffizienten durchgeführt. Prinzipiell ist dies mit allen Standards
möglich, in der Praxis werden jedoch meist Kurzschluss (short), of-
fen (open) und Systemimpedanz (load, üblicherweise 50 Ω) verwendet.
86 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
(m2 − m1 )(m3 − m1 )
S11 = m1 − ...
(m2 − m1 )(r3 − r1 )r2
(r2 − r3 )r1
... (4.21)
−(m3 − m1 )(r2 − r1 )r3
4
Da bei passiven Bauteilen der Reflektionskoeffizient beträgsmäßig nicht größer
als 1 sein kann, sind bei einer short-open-load-Kalibration die einzelnen Mess-
punkte möglichst weit voneinander entfernt, so dass der maximal mögliche Be-
reich abgedeckt wird. Eingetragen in einen sogenannten Smith-Chart (das Dia-
gramm, das sich durch die konforme Abbildung w(z) = (z − 1)/(z + 1) der
komplexen Ebene auf sich selbst ergibt) liegen die drei Messpunkte an den re-
ellen Rändern bzw. im Mittelpunkt und decken damit die gesamte reelle Achse
ab. Für eine ausführlichere Behandlung der Problematik wird der Leser auf ent-
sprechende Lehrbücher (z.B. [43, 70]) verwiesen.
4.2 Peripherie 87
(m2 − m1 )(r3 − r1 )
S22 = ...
(m2 − m1 )(r3 − r1 )r2
−(m3 − m1 )(r2 − r1 )
... (4.22)
−(m3 − m1 )(r2 − r1 )r3
(m2 − m1 )(m3 − m1 )(m2 − m3 )
S12 S21 = ...
((m2 − m1 )(r3 − r1 )r2
(r2 − r1 )(r3 − r1 )(r2 − r3 )
... , (4.23)
−(m3 − m1 )(r2 − r1 )r3 )2
wobei zur Verkürzung der Darstellung mn = Γmn und rn = Γrn einge-
führt wurden. Sind die Elemente der Fehlermatrix bekannt, kann der
gemessene Reflektionskoeffizient durch Umstellen von Gl. (4.17) in den
tatsächlichen umgerechnet werden.
Γm − S11
Γr = (4.24)
S12 S21 + S22 (Γm − S11 )
Durch Gl. (4.2) ergibt sich aus dem tatsächlichen Reflektionskoeffi-
zienten die Impedanz des Quarzes. Entsprechende Messungen wur-
den in Schritten von typischerweise 100 Hz um die Resonanzen herum
durchgeführt. Prinzipiell müsste für jede einzelne Frequenz eine eige-
ne Kalibration durchgeführt werden. Da die Frequenzabhängigkeit der
Fehlerelemente jedoch schwach ist, und eine unabhängige Kalibrati-
on für jede einzelne Frequenz eine Quelle für zusätzliches Rauschen
des Signals darstellt, wurde für jede vermessene Oberwelle nur einmal
kalibriert.
4.2 Peripherie
QCM-Messsysteme zeichnen sich vor allem durch ihre überragende
Empfindlichkeit aus, durch die Masseanlagerungen bis zu wenigen
ng/cm2 nachgewiesen werden können. Durch diese Empfindlichkeit ge-
staltet sich jedoch der Entwurf und Aufbau einer Messzelle als proble-
matisch, da diese alle unerwünschten Umwelteinflüsse möglichst aus-
schließen soll, ohne dabei die Resonanzcharakteristik des Sensors zu
88 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
4.2.1 Peripherie
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die Peripherie wie in
Abb. 4.7 dargestellt realisiert. Aus dem Reservoir wird das zu unter-
suchende Medium von einer peristaltischen Pumpe durch die Fluss-
zelle gepumpt und anschließend verworfen. Bei der Pumpe handelt
es sich um eine Ismatec IPC-8, die, bestimmt durch Drehzahl und
Schlauchdurchmesser, Flussraten von 0.002 bis 44 ml/min ermöglicht.
Als Schlauchmaterial wurde Tygon MH 2075 gewählt, ein weichmach-
erfreier Thermoplast, der sich besonders durch seine hohe Resistenz
gegen Lösungsmittel und seine glatten Innenwände auszeichnet. Der
Schlauchdurchmesser beträgt 1.02 mm, was zu möglichen Fließraten
von 0.057 bis 5.7 ml/min führt.
90 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
4.2.2 Flusszelle
Der Aufbau der Flusszelle ist verschiedenen Faktoren geschuldet, die
für eine QCM entscheidend sind. Diese sind in erster Linie der weitest-
gehend verspannungsfreie Einbau des Quarzes und chemische Inertheit
der verwendeten Materialien. Bezüglich Letzterem wäre i.A. eine Zelle
ideal, die ausschließlich aus Teflon besteht. Da diese aber unter einem
bestimmten Druck zusammengebaut werden muss, um dicht zu sein,
können sich die Fließeigenschaften von Teflon als langsamer Drift im
Quarzsignal bemerkbar machen. Es wurde daher ein Deckel realisiert,
in dem ein Tefloneinsatz durch zwei Platten aus Edelstahl verpresst
wird (Abb. 4.8). Dieser Deckel presst den Sensorquarz auf die Elek-
4.2 Peripherie 91
troden der darunter befindlichen Platine. Bis auf einen dünnen Rand
besteht damit die Oberseite der eigentlichen Zelle aus Teflon, gehal-
ten wird der Quarz aber von oben durch einen Edelstahlring (abge-
dichtet durch eine 0.1 mm dicke Kupferfolie), und von unten durch
die Elektroden der für die elektrische Kontaktierung genutzten Plati-
ne.
Auf diese Weise ergibt sich eine zylindrische Zelle mit einem Durch-
messer von 11 mm und einer Höhe von 0.6 mm, was einem Volumen von
etwa 60 µl entspricht. Wie erwähnt beträgt der Schlauchdurchmesser
1.02 mm. Da insgesamt etwa 50 cm Schlauch verwendet werden, ergibt
sich daraus ein Schlauchvolumen von etwa 400 µl, so dass das gesamte
System etwa 460 µl Medium fasst. Bei einer typischen Flussrate von
200 µl/min bedeutet dies, dass ein Volumenelement des Mediums etwa
2.3 min durch das System strömt.
Abbildung 4.8:
Schematische Darstel-
lung der Flusszelle
betrachtet von der
Seite, die mit Medium
gefüllten Bereiche sind
grau hervorgehoben
(oben); Sicht von oben
auf die Kontaktplatine
(unten).
92 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
4980 Ohm
507 Ohm
0 10 20 30 40 50 60 70 80
frequency [MHz]
10
2 4 6 8 10 12
abs (Z) [Ohm]
10
2 4 6 8 10 12
100
arg (Z) [deg]
50
0
-50
-100
2 4 6 8 10 12
frequency [MHz]
geht. Alle Ergebnisse sind am Ende dieses Abschnitts in Tab. 4.1 zu-
sammengefasst.
Ein LC-Parallelschwingkreis (Abb. 4.12 links) weist im Gegensatz zum
Serienkreis am Ort der Resonanz eine unendliche Resonanz auf, da
seine Impedanz folgende Gestalt hat:
−1
1 ωL
Z = i ωC + =i (4.26)
i ωL 1 − ω 2 LC
10
1
2 4 6 8 10 12
abs (Z) [Ohm]
10
100 2 4 6 8 10 12
arg (Z) [deg]
50
-50
-100
2 4 6 8 10 12
frequency [MHz]
dann
ωL
Z =R+i , (4.27)
1 − ω 2 LC
wird also am Ort der Resonanz unendlich. Da in diesem Fall der be-
rechnete Phasenverlauf der Impedanz nicht trivial ist, stellt Abb. 4.15
sowohl berechneten und gemessenen Verlauf des Betrages als auch
der Phase der Impedanz einander gegenüber. Obwohl die betrachtete
Anordnung explizit eine Verlustquelle enthält, unterscheiden sich be-
rechnete und gemessene Impedanz deutlich. Die Ursache hierfür liegt
an dem immer noch als verlustfrei betrachteten Schwingkreis, dessen
Impedanz bei der Resonanz unendlich wird. Entsprechend war auch
98 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
70
10
65
abs (Z) [Ohm]
5
arg (Z) [deg]
60
0
55
-5
50 -10
2 4 6 8 10 12 2 4 6 8 10 12
70 frequency [MHz] frequency [MHz]
10
65
abs (Z) [Ohm]
5
arg (Z) [deg]
60
0
55
-5
50 -10
2 4 6 8 10 12 2 4 6 8 10 12
frequency [MHz] frequency [MHz]
Tabelle 4.1: Sollwerte und durch Fit bestimmte Parameter der Elemente
der vermessenen Schwingkreise; LCs: Induktivität und Kapazität in Serie;
LCp: Induktivität und Kapazität parallel; RsLCp: Induktivität und Kapazi-
tät parallel, in Serie mit einem ohmschen Widerstand.
kreise sowie die aus den jeweiligen Fits bestimmten Werte auf. Obwohl
Induktivität und Kapazität bezüglich ihrer Beträge austauschbar sind,
unterscheiden sich die entsprechenden gefitteten Größen um maximal
13.3 % von ihrem Sollwert. Da jede Kombination mit identischem Pro-
dukt beider Größen zum gleichen Resultat geführt hätte, liegt die Ur-
sache für die geringen Abweichungen vom Sollwert in den entsprechend
gewählten Startwerten. Anders ausgedrückt ist nur das Produkt der
gefitteten Induktivität und Kapazität physikalisch aussagekräftig, da
es die Lage der Resonanz wiedergibt. Sollen beide Parameter unab-
hängig voneinander ausgewertet werden, muss einer der beiden an-
derweitig bestimmt werden (vgl. Kap. 4.4). Bezogen auf das Produkt
beider Größen liegen die Abweichung von den Sollwerten innerhalb
der vom Hersteller angegebenen Toleranzen der verwendeten Bauteile
(±10 %).
Sehr genau konnte dagegen der Wert des verwendeten Widerstandes
bestimmt werden, der in eindeutiger Weise in den numerischen Fit
eingeht. Insgesamt ist die entwickelte Elektronik also in der Lage, die
Parameter des gefitteten Modells bis auf wenige Prozent genau zu
erfassen.
100 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
4.3.3 Wägeempfindlichkeit
Je nach zu untersuchendem System können die Ausgabeparameter ei-
ner QCM unterschiedlich interpretiert werden. Zur Extraktion der Pa-
rameter viskoelastischer Schichten können z.B. obertonabhängig die
Verschiebung der Resonanzfrequenz und -breite ausgewertet werden
[35, 36]. Daneben existiert eine Vielzahl von Auswerteverfahren, die
auf dem Fit unterschiedlicher Ersatzschaltbilder bzw. aus solchen be-
stimmten Ausdrücken beruhen (z.B. [19, 30, 50]). Die erste und ein-
fachste Methode für die Interpretation von QCM-Daten wurde jedoch
bereits 1959 von Günther Sauerbrey veröffentlicht [61]. Die Abschät-
zung der Wägeempfindlichkeit der entwickelten QCM folgt dem von
ihm entwickelten Modell, das im Folgenden kurz skizziert wird.
Die Resonanzschwingung eines AT-geschnittenen Quarzsensors ent-
spricht einer stehenden Transversalwelle mit Ausbreitungsrichtung
senkrecht zu den Quarzflächen. Damit sich eine stehende Welle
ausbildet, muss die Dicke des Schwingquarzes einer halben Wel-
lenlänge entsprechen.5 Die Quarzauslenkung der Grundwelle ist in
Abb. 4.16 (links) dargestellt. Daraus ergibt sich die Eigenfrequenz f
zu
v
f= , (4.28)
2d
wobei v der Schallgeschwindigkeit (bei AT-Quarzen 3320 m/s) und
5
Oder einem Vielfachen davon, wobei nur ungeradzahlige Vielfache elektrisch an-
geregt werden können. Bei einer bezüglich der Quarzmitte spiegelsymmetrischen
Auslenkung beträgt die Potentialdifferenz zwischen Ober- und Unterseite 0.
4.3 Charakterisierung der Impedanzmessung 101
trocken H2 O
Ober- n
h Cf i ∆f ∆m/S ∆f ∆m/S
welle Hz
ng/cm2
[Hz] [ng/cm2 ] [Hz] [ng/cm2 ]
1 0.056 3.97 71.0 6.19 110
3 0.168 0.274 1.63 14.8 88.6
5 0.279 0.720 2.58 7.75 27.8
7 0.391 1.20 3.08 25.7 65.7
9 0.503 43.1 85.7 47.7 95.0
11 0.615 21.8 35.5 43.4 70.7
13 0.726 15.1 20.8 56.4 77.7
15 0.838 5.40 6.44 185 220
6
Der entsprechende Effekt ist bekannt als energy trapping und beruht auf der
Tatsache, dass die Resonanzfrequenz des Quarzresonators durch die kombinierte
Dicke von Quarz und Elektroden bestimmt ist. Außerhalb der Elektroden ist
die Dicke geringer, so dass die Schwingungsamplitude dort sehr stark bedämpft
ist. Der Quarz funktioniert also wie eine Linse, die die Energie auf das Zentrum
fokussiert. Mit steigender Oberwelle wird das Verhältnis von Elektrodendicke zu
Wellenlänge immer größer, und das Phänomen des energy trapping dementspre-
chend ausgeprägter.
4.3 Charakterisierung der Impedanzmessung 105
260 214
air
240
210
]
abs (Z) [
230
208
220
206
210
204
200
202
frequency [MHz]
trocken H2 O
Ober- Γ Rm Γ Rm Tabelle 4.3: Stabilität
der Dämpfungsparameter
welle [%] [%] [%] [%]
bei der Impedanzanalyse.
1 0.741 2.54 0.414 0.366 Angegeben sind die über
3 0.155 0.515 0.191 0.106 10 min gemittelten und auf
5 0.189 0.103 0.272 0.146 den Durchschnittswert des
7 0.303 0.315 0.392 0.186 entsprechenden Parameters
normierten Standardab-
9 2.99 3.00 0.687 0.285
weichungen der Halbpeak-
11 4.76 4.40 Halbbreite Γ und des BvD-
13 2.50 2.60 Parameters Rm .
60
measurement
40
fit
10000
20
Abbildung 4.19: Ty-
abs (Z) [Ohm]
frequency [MHz]
−π/2 liegt, sowie an den Stellen von Nebenresonanzen (die zwei Peaks
zwischen 5.00 und 5.02 MHz).
Die Bestimmung der Parameter des BvD-Ersatzschaltbildes durch einen
numerischen Fit wird in der Praxis erschwert durch die Austauschbar-
keit der Parameter Lm und Cm . Beide bestimmen die Resonanz in
gleichem Maße, nämlich über ωr2 = 1/Lm Cm . Wäre die Resonanzfre-
quenz im Vorhinein bekannt, könnte der eine Parameter in Abhängig-
keit des anderen ausgedrückt werden. Da dies jedoch nicht der Fall
ist, mussten beide Parameter durch Fitten bestimmt werden, was zu
uneindeutigen Lösungen führt. Definiert ist letztlich nur das Produkt
aus beiden Parametern.
Da sich Cm während der Messung nicht ändert, wäre eine praktika-
ble Lösung die unabhängige Messung dieses Parameters im Vorfeld.
Da dies jedoch im Rahmen der Arbeit nicht durchgeführt wurde –
entsprechende Messungen sind mit erheblichem Aufwand verbunden,
vgl. z.B. [15] –, musste Cm anhand theoretischer Betrachtungen [50]
abgeschätzt werden als
8k 2 ǫ33 A 21.89
Cm = 2 2
= fF, (4.35)
n π dq n2
wobei k der elektromechanischen Kopplung (−0.0892), ǫ33 der Permit-
tivität (3.982 × 10−11 F/m), A der aktiven Fläche (näherungsweise der
Fläche der kleineren Elektrode, 2.827 × 10−5 m2 ), n der Oberwelle und
110 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
dq der Dicke des Quarzes (3.317 × 10−4 m) entspricht. Der Wert von
Lm wurde bestimmt durch Multiplikation der durch Fit erhaltenen Pa-
rameter Lm und Cm und Division durch den theoretisch bestimmten
Wert für Cm .
Abb. 4.20 zeigt über 10 min Messung gemittelte Werte der BvD-Para-
meter eines Quarzes an Luft. Wie beschrieben wurde Cm berechnet.
Der Informationsgehalt bezüglich der Resonanz des Bewegungsarmes
liegt in der gewählten Darstellung also allein in Lm . Bei allen ausge-
werteten Oberwellen unterscheidet sich dieser Parameter um maximal
0.4 %, was insbesondere bedeutet, dass alle Oberwellen bezüglich der
mitbewegten trägen Masse – der physikalischen Entsprechung von Lm
– die gleiche Information liefern.
25
11.0
20
10.8
15
C0 [pF]
Cm [fF]
10 10.6
5 10.4
0 10.2
1 3 5 7 9 11 13 1 3 5 7 9 11 13
2.0
46.95
1.5
46.90
Lm [mH]
]
1.0
46.85
Rm [k
0.5 46.80
46.75
0.0
1 3 5 7 9 11 13 1 3 5 7 9 11 13
harmonic harmonic
4.5.1 Experiment
Für die Vermessung der Impedanzkurven während der Abscheidung
einer Goldschicht wurde der Sensorquarz parallel zum Messkopf ei-
nes Inficon-XTC-Schichtdickenmessgerätes in einen Vakuumrezipien-
ten eingebaut. Das Schichtdickenmessgerät wurde hierbei neben der
112 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
Frequenzverschiebung der
-3 Grundwelle in Abhängig-
keit der Dicke der aufge-
-4
dampften Goldschicht.
0 5 10 15 20 25 30 35
Au thickness [nm]
4.5.2 Ergebnisse
Abb. 4.21 vergleicht die gemessene und anhand des Sauerbrey-Aus-
drucks ermittelte Frequenzverschiebung der Grundwelle während des
Vakuumbedampfens. Die gemessene Frequenzverschiebung weicht mit
zunehmender Golddicke immer mehr von der berechneten ab. Eine
Erklärung würde der unterschiedliche Winkel bieten, unter dem die
beiden Messköpfe in den Vakuumrezipienten eingebaut waren. Prin-
zipiell wäre es möglich, dass tatsächlich eine unterschiedliche Masse
auf beiden Quarzen abgeschieden wurde. Darüber hinaus könnte das
4.5 Bedampfung im Vakuum 113
0
Sauerbrey
frequency shift [kHz]
measured
-5
-1 1 3 5 7 9 11 13 15 17
harmonic
4.948
[MHz]
4.947
4.946
m
4.945
2.9
Halbbreite während des
2.8
Vakuumbedampfens
aufgetragen über der Zeit.
2.7
time [s]
8.5
24
8.0
Cm [fF]
C0 [pF]
22 7.5
7.0
20
6.5
2000 3000 4000 5000 2000 3000 4000 5000
47.32
300
47.30
250
Lm [mH]
]
Rm [
200 47.28
150
47.26
100
2000 3000 4000 5000 2000 3000 4000 5000
der Grundwelle, die in Abb. 4.24 über der Zeit aufgetragen sind. Der
berechnete Parameter Cm ist konstant, C0 und Rm zeigen keine syste-
matischen Veränderungen. Einzig der Parameter Lm , der physikalisch
der trägen mitbewegten Masse entspricht, spiegelt das Verhalten der
Resonanzfrequenz wider.
4.6.1 Experiment
Für die Vermessung der Dichte-Viskositätsreihe wurden die in Kap. 4.2
beschriebene Peripherie und Flusszelle verwendet. Die unterschied-
lichen Mischungen wurden in verschiedenen Gefäßen angesetzt und
durch Ultraschallen entgast. Begonnen wurde die Messreihe mit rei-
nem Wasser, dann wurden die Wasser-Ethanol-Gemische in der Rei-
4.6 Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte und Viskosität 117
tial wird beschrieben durch Gl. (3.42) aus Kap. 3. Anders als bisher
werden Verluste im Quarz nicht vernachlässigt, sondern in Form des
komplexen Elastizitätskoeffizienten
e234
c̄¯44 = c44 + + iωηQ (4.37)
ǫ33
die Kräftefreiheit der Oberflächen und das von außen vorgegebene Po-
tential an Ober- und Unterseite des Quarzes. Hieraus ergeben sich
sechs Ausdrücke für die unbekannten Amplituden bzw. Integrations-
konstanten desR Potentials. Nach Tiersten [67] gilt für die spezifische
Ladung Q = D3 dS, wobei D3 der elektrischen Flussdichte und S
der Fläche entspricht.
Der Strom J ergibt sich als Ableitung der Ladung nach der Zeit,
die Admittanz als Verhältnis von Strom zu Potential. Durch Aus-
drücken der elektrischen Flussdichte durch eine der sechs mithilfe der
Randbedingungen bestimmten Unbekannten ergibt sich die Admittanz
des piezoelektrischen Resonators in Kontakt mit einer viskoelastischen
Schicht zu
iωǫ33
Y = kQ c̄¯44 sin(kQ dQ )
dQ
+ kL µ̃L tan(kL dL ) cos(kQ dQ )
Hierbei stehen alle mit dem Index L bezeichneten Größen für solche,
die sich auf die viskoelastische Schicht beziehen. µ̃L = µL + iωηL ist
der komplexe (also verlustbehaftete) Elastizitätskoeffizient der Schicht
und dQ/L steht für die jeweiligen Dicken.
Die praktische Anwendbarkeit von Gl. (4.39) ist begrenzt, da sie Grö-
ßen enthält, die experimentell und theoretisch nur bedingt zugänglich
sind, etwa die „Viskosität“ des Quarzes. Unter vereinfachenden Bedin-
gungen enthält sie allerdings verschiedene für Spezialfälle gefundene
Lösungen. Ohne viskoelastische Schicht (dL = 0) etwa vereinfacht
120 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
sich Gl. (4.39) beträchtlich, und es ergibt sich die bereits bekannte
Gl. (3.55). Werden Verluste innerhalb des Quarzes vernachlässigt und
die zusätzliche Schicht als rein elastisch betrachtet, werden alle Grö-
ßen reell. Aus der Bedingung für das Verschwinden des Zählers von
Gl. (4.39) (Antiresonanz) ergibt sich die erstmals von Lu und Lewis
[46] formulierte Resonanzbedingung
des Zählers von Gl. (4.39) verschwindet, lässt sich die Resonanzbedin-
gung schreiben als
q
p
kQ c̄44 tan ω ρQ /c̄44 dQ = −ω ωρL ηL /2. (4.42)
Die Resonanz desp unbelasteten Quarzes ergibt sich aus Gl. (4.40) für
dL = 0 zu ωn ρQ /c̄44 dQ = nπ für die n-te Oberwelle. Wenn die
Frequenz des belasteten Quarzes als ω = ωn + ∆ω geschrieben wird,
ergibt sich hieraus unmittelbar der bekannte Zusammenhang zwischen
dem Produkt aus Dichte und Viskosität und der Verschiebung der
Resonanzfrequenz.
3/2 r 3/2 s
fn ρL ηL fn ρL ηL
∆fn = − =− 2 (4.43)
n πρQ c̄44 n πZQ
4.6.3 Ergebnisse
Angesichts der Tatsache, dass Gl. (4.43) keinen anpassbaren Parame-
ter enthält, ist die Übereinstimmung zwischen Theorie und Experi-
ment sehr hoch, wie Abb. 4.25 zeigt. Dargestellt sind die gemesse-
nen Resonanzfrequenzen der Grundwelle über der Ethanol-Konzen-
tration (Punkte) und die nach Kanazawa berechneten (Linie). Der bei
−10 v% eingetragene Messpunkt entspricht der Resonanzfrequenz des
trockenen Quarzes. Die erwarteten Frequenzverschiebungen liegen in
der Größenordnung von kHz, die Abweichungen zwischen Theorie und
Experiment unter 40 Hz, also deutlich unter 1 %. Einzig die 10 v%-
Mischung fällt deutlich aus diesem Rahmen. Eine mögliche Erklärung
wäre, dass der BvD-Fit an die Messdaten in diesem Bereich in ein
lokales Minimum geraten sei und daher systematisch falsche Parame-
ter lieferte. Allerdings wird der in Kapitel 5 beschriebene Vergleich mit
anderen Messmethoden zeigen, dass dem nicht so ist.
Plausibel wäre ebenfalls, dass die Mischung fehlerhaft angesetzt wur-
de und dementsprechend nicht über die erwartete Dichte und Vis-
kosität verfügt. Dies müsste sich allerdings in allen Oberwellen zei-
gen, was nicht der Fall ist, wie Abb. 4.26 zeigt. Dargestellt ist die
122 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
gemessene (Punkte) und die nach Gl. (4.43) berechnete (Linie) Re-
sonanz der 3. Oberwelle über dem Ethanol-Gehalt. Die Abweichun-
gen zwischen Theorie und Experiment sind insgesamt größer, aber
die 10 v%-Messung befindet sich im Wesentlichen an der erwarteten
Position. Eine fehlerhaft angesetzte Mischung ist damit unwahrschein-
lich.
Eine mögliche Erklärung bietet allerdings das in den letzten Jahren
verstärkt untersuchte Phänomen der longitudinalen Wellen [16, 45, 64].
Durch die endliche Ausdehnung des Schwingquarzes – im Gegensatz
zur Annahme der unendlich ausgedehnten Oberfläche im Zuge der Mo-
dellbildung – besitzt die tatsächliche Auslenkung neben der Scher-
auch eine Torsionskomponente. Durch diese werden neben der evanes-
zenten Scherwelle auch longitudinal Kompressionswellen in das umge-
bende Medium abgestrahlt, die am Deckel der Zelle reflektiert werden
und so zur Ausbildung stehender Wellen in der Flüssigkeit führen kön-
nen. Derartige stehende Wellen können die Resonanzfrequenz nachhal-
tig beeinflussen und sich aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Frequenz
des Quarzoszillators und der Dichte und der Viskosität des Mediums
durchaus nur bei bestimmten Oberwellen bemerkbar machen. Der ent-
sprechende Effekt könnte die Auffälligkeit bei der 10 v%-Mischung also
erklären, wurde allerdings im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht
näher untersucht.
4.9752
Abbildung 4.25: Gemes-
sene (Punkte) und nach
4.9748 Kanazawa (Gl. (4.43)) be-
f [MHz]
14.901
14.899
ums in der Flusszelle. Die
bei −10 v% Ethanol ein-
getragenen Werte entspre-
14.898
-10 0 10 20 30 40 50 60 chen der Resonanz des tro-
EtOH [v%] ckenen Quarzes.
14.8992
f [MHz]
14.8990
14.8988
r
14.8986
14.8984
3200
nanz und Halbpeak-Halb-
halfwidth [Hz]
2400
time [s]
124 4 Frequenzabhängige Bestimmung der Impedanz
12.05
10 v%
10 v%
H O
H O
40 v%
40 v%
20 v%
20 v%
H O
H O
30 v%
30 v%
2
2
3.5
2
12.00
3.0 11.95
C0 [pF]
Cm [fF]
11.90
2.5
11.85
2.0
11.80
11.75
1.5
11.70
46.920
1600
46.919
1400
Lm [mH]
]
46.918
Rm [
46.917
1200
46.916
1000
46.915
0 1000 2000 3000 4000 5000 0 1000 2000 3000 4000 5000
4.7 Zusammenfassung
Auf dem Funktionsprinzip eines Netzwerkanalysators wurde eine Elek-
tronik entwickelt, die die frequenzabhängige Erfassung der komple-
xen Impedanz des Quarzresonators ermöglicht. Nach einer Kalibration
durch Standards mit bekannten Eigenschaften (short, open und load )
kann der zunächst gemessene Reflektionskoeffizient in den tatsächli-
4.7 Zusammenfassung 125
Mit der Erfassung der komplexen Impedanz über dem relevanten Fre-
quenzbereich ist der Sensorquarz prinzipiell vollständig charakterisiert.
Im Fokus stand deshalb die Entwicklung eines Systems, das diese In-
formation liefert: Die im vorhergehenden Kapitel beschriebene auf der
Basis eines Netzwerkanalysators arbeitende Elektronik. Weite Verbrei-
tung im Bereich der QCM erfahren jedoch auch zwei andere Mess-
methoden, namentlich Oszillatorkreise [6, 9, 59] und Abklingmessung
[4, 31, 32], die gegenüber der Impedanzanalyse verschiedene Vorteile
aufweisen. Dies sind bei Oszillatorkreisen einerseits die einfache und
kostengünstige Implementierung, andererseits aber vor allem die ho-
he Datenerfassungsrate und Frequenzstabilität. Die Abklingmessung
zeichnet sich wesentlich dadurch aus, dass durch das freie Abschwin-
gen des Quarzes die Erfassung der tatsächlichen Resonanzfrequenz ge-
währleistet ist.1
Trotz der Erfassung der gesamten Impedanz per Netzwerkanalyse ist
die Ergänzung der Messmethodik um die genannten Alternativmetho-
den also durchaus sinnvoll. Beide wurden daher realisiert und der
Messaufbau entsprechend erweitert, was Gegenstand des folgenden
Abschnittes des vorliegenden Kapitels ist. Daran schließt sich ein Ver-
gleich der implementierten Messmethoden bezüglich der Stabilität und
Genauigkeit der erfassten Parameter anhand der gleichen Messun-
gen an, die schon im vorangehenden Kapitel mittels Impedanzanalyse
1
Dies ist bei der Impedanzanalyse aufgrund der problematischen Kalibration (vgl.
Kap. 4.1.2) nicht notwendigerweise der Fall. Bei einer fehlerhaften Kalibration
verzerrt sich die Form der Impedanzkurve, was zu einer Verschiebung der erfass-
ten charakteristischen Frequenzen führt.
128 5 Abklingmessung und Oszillatorkreis
durchgeführt wurden.
5.1.3 Oszillatorkreise
Der ursprüngliche Verwendungszweck von Quarzen in der Elektronik
ist der als frequenzstabilisierendes Element in einem Schwingkreis. Der
Unterschied zwischen dieser Anwendung und der QCM liegt sowohl
auf der elektronischen Seite – in einer QCM ist der Quarz üblicher-
weise stark bedämpft – als auch in der Peripherie: Für das exakte
Konstanthalten einer Frequenz muss der Quarz von allen Umwelt-
einflüssen möglichst abgeschirmt werden, da selbst AT-geschnittene
Quarze keinen Temperaturkoeffizienten von exakt Null aufweisen und
5.1 Erweiterung des Aufbaus 133
|kA| ≥ 1 (5.2)
φ = n 2π, n ∈ N (5.3)
80
60
0 p
in
g schiedlich stark gedämpfte
-20 g
d
a
m
Systeme. Als dämpfender
in
c
re
a
s
Faktor wurden adsorbier-
-40 in
te viskoelastische Schich-
-60
ten unterschiedlicher Dicke
-80
nach [56] simuliert.
4999800 4999850 4999900 4999950 5000000 5000050
frequency [Hz]
jedoch nicht der Fall, alle Oszillatorkreise arbeiten in der Nähe der Se-
rienresonanz. Während die Serienresonanz ein tatsächlich vorhandenes
physikalisches Phänomen im Quarz darstellt, handelt es sich bei der
Parallelresonanz um ein reines Messphänomen, das sich nur bei der
externen Messung der Impedanz, z.B. mit Hilfe eines Impedanzanaly-
sators (vgl. Kap. 4), zeigt [52].
Die Namensgebung der unterschiedlichen Betriebsarten zeigt vielmehr
eine Parallele zu LC-Schwingkreisen auf. Sind beide Elemente in Serie
geschaltet, verschwindet die Impedanz eines idealen Schwingkreises.
Sind sie parallel angeordnet, wird die Impedanz unendlich groß. Eben-
so arbeitet ein Quarz-Serienschwingkreis bei kleiner Quarzimpedanz,
ein Parallelkreis bei hoher Quarzimpedanz. In beiden Fällen besteht
die Funktion des Quarzes darin, dem Schwingkreis seine Resonanzfre-
quenz aufzuzwingen, was umso stabiler gelingt, je mehr Kontrolle der
Quarz über den Kreis hat. Dies ist eine Frage geeigneter Impedanzver-
hältnisse, wobei grundsätzlich zwei unterschiedliche Implementierun-
gen denkbar sind:
Zum einen kann der Quarz als Serienelement geschaltet werden, wie
es in Abb. 5.5 links dargestellt ist. Hier arbeitet der Quarz als Teil ei-
nes Spannungsteilers, er schwingt ohne Phasenverschiebung bei seiner
Serienresonanz. Definitionsgemäß kann der Gain der Anordnung – in
Abb. 5.5 rechts dargestellt – nur kleiner als 1 sein. Dementsprechend
5.1 Erweiterung des Aufbaus 135