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5.1 Übersicht
Tab. 5.1 Häufige bakterielle Erkrankungen.
Staphylokokken*
Staphylococcus aureus Follikulitis, Furunkel, Furunkulose, Karbunkel,
Phlegmone, Paronychie
Staphylococcus
epidermidis toxinbedingte Erkrankungen: Impetigo
Streptokokken*
Streptococcus pyogenes Erysipel, Impetigo, Scharlach, Ecthyma,
(β-Hämolyse, Gruppe A) Lymphangitis, nekrotisierende Fasziitis, Purpura
fulminans
Streptococcus viridans
Korynebakterien
Corynebakterium Erythrasma
minutissimum
Borrelien
Borrelia burgdorferi Borreliose einschließlich
Erythema chronicum migrans, Lymphadenosis
cutis benigna, Acrodermatitis chronica
atrophicans
Treponemen
Treponema pallidum Syphilis (Lues)
Mykobakterien
Mycobacterium leprae Lepra
Mycobacterium Tuberkulose
tuberculosis
Aktinomyzeten
Actinmyces israelii Aktinomykose
gramnegative
Bakterien verschiedene gramnegative Follikulitis, gramnegativer
gramnegative Erreger Fußinfekt, Mischinfektionen, Pyodermien* bei
Immunsupprimierten
Neisserien
Neisseria gonorrhoeae Gonorrhö, Gonokokken-Sepsis
* Erkrankungen durch Staphylokokken und Streptokokken werden traditionell als Pyodermien bezeichnet.
5.2.1 Follikulitis
Definition: Infektion oder Irritation des Haarfollikels, am häufigsten durch invasive Staphylokokken,
aber auch durch andere Bakterien, Viren und Pilze. Andere Follikulitiden (z.B. eosinophile Folikulitis
bei HIV-Infektion) sind steril. Auch mechanische Faktoren können eine Rolle spielen, so etwa langes
Sitzen (LKW-Fahrer, Radsportler) oder eng anliegende Kleidung (Jeanshosen-Follikulitis). Auch
Schneidölexposition ist ein Prädispositionsfaktor.
Superfizielle Follikulitis:
Synonym: Ostiofollikulitis.
Klinik:
Im Infundibulum des Haarfollikels lokalisierte kleine Pusteln mit erythematösem Hof
(▶ Abb. 5.1a).
Lokalisation: Bei Kindern meist am Kapillitium. Bei Erwachsenen meist an Stamm,
Gesäß, Oberschenkeln und im Bartbereich.
Diagnostik: Typischer klinischer Aspekt, ggf. Pustelabstrich.
Differenzialdiagnosen:
Pityrosporum-Follikulitis, gramnegative Follikulitis (z.B. Whirlpool-Dermatitis),
Tinea barbae.
Pusteln finden sich bei Acne vulgaris, perioraler Dermatitis oder Rosazea, bei HIV-
assoziierter eosinophiler Dermatitis, bei Steroid- oder Halogentherapie und auch unter
Einfluss chemischer Noxen (z.B. Chlorakne).
Entzündliche Reaktionen bei Pili recurvati.
Milien (nicht entzündliche weiße epidermale Hornperlen) werden gelegentlich
fehlinterpretiert.
Schließlich gehen auch Pityriasis rubra pilaris, Lichen planopilaris oder Keratosis
pilaris, Vitamin-A- und Vitamin-C-Mangel sowie der diskoide Lupus vulgaris mit
follikulär orientierter Entzündung einher.
Therapie: Lokale Antiseptika (Octenidin) oder lokale Antibiotika (Erythromycin oder
Fusidinsäure). Bei unbefriedigendem Ansprechen systemische Antibiose (penicillinasefeste
Penicilline oder Cephalosporine der 1. und 2. Generation über 7–10 Tage).
Abb. 5.1
5.2.4 Staphylokokkenscharlach
Definition: Durch Exfoliatin ausgelöstes Scharlach-ähnliches Exanthem.
Klinik: Im Gegensatz zum echten, Streptokokken-induzierten →
→ Scharlach fehlen beim
Staphylokokenscharlach sämtliche weiteren Befunde wie Pharyngitis, Erdbeerzunge und sonstige
Mundschleimhautveränderungen (Enanthem).
Therapie: Analog zur →
→ bullösen Impetigo.
5.2.5 Staphylokokkensepsis
Pathogenese: Staphylococcus aureus ist der häufigste Erreger der ambulant erworbenen Sepsis,
dagegen wird die nosokomiale grampositive Sepsis hauptsächlich durch Staphylococcus epidermidis
hervorgerufen. Infektion meist über Venen-, Harn-, Dialyse- oder ZNS-Katheter sowie durch artifizielle
Manipulation.
Klinik: Am häufigsten Pusteln, subkutane Abszesse oder purpurische Areale mit Eiteransammlungen.
Diagnostik: Blutkultur, Antibiogramm.
Differenzialdiagnosen:
Kinder: Kawasaki-Syndrom.
Erwachsene: TEN, Candidasepsis, Kryptokokkose, Aspergillose.
Therapie:
Immer Systemantibiose entsprechend der regionalen „Hospital-Situation“, Antibiogramm.
Entfernung aller „verdächtigen“ Katheter.
5.2.6 Staphylokokken-Trägerstatus
Tab. 5.2 Optionen der Lokaltherapie bei Nachweis von MRSA (über mindestens 5 Tage).
Nachweis Empfehlung Wirkstoff Anwendung
Octenidin 3 × tgl.
5.3.1 Klassifikation
Verschiedene Klassifizierungsprinzipien für Streptokokken:
Streptococcus pyogenes (Gruppe A, β-Hämolyse) ist für 90 % aller Infektionen ursächlich.
Streptococcus viridans (α-Hämolyse) und Streptococcus pneumoniae sind weitere
wichtige Vertreter dieser Gruppe.
5.3.2 Therapiegrundsätze
Allgemeine Prinzipien:
Bei relevanten Manifestationen immer Kultur und Antibiogramm.
Klinisch sind Mischinfektion mit Staphylokokken nicht auszuschließen, daher sind
penicillinasefeste Penicilline die Antibiotika der Wahl: z.B. Dicloxacillin oder Flucloxacillin
jeweils 3 × 500–1 000 mg/d i.v. oder p.o. Bei Penicillinallergie alternativ Cephalosporine der
1. und 2. Generation, Makrolide oder Clindamycin.
Achtung: ca. 40 % der Gruppe A-Streptokokken sind gegen Tetracyclin resistent.
Therapie für mindestens 10 Tage.
Leichte Infektionen (Impetigo, Scharlach, mildes Erysipel):
Dicloxacillin oder Flucloxacillin: 3 × 500–1000 mg/d p.o.
Bei Penicillinallergie: Erythromycin 4 × 500 mg/d p.o. oder Clindamycin 3 × 600 mg/d p.o.
Schwere Streptokokkeninfektion der Haut (ausgedehntes Erysipel, Streptokokkengangrän):
Stationäre Therapie. Erregerkultur und Antibiogramm.
Nafcillin 500–1000 mg i.v. alle 4–6 h oder Dicloxacillin bzw. Flucloxacillin jeweils 3 × 1
g/d i.v.
Bei fraglicher Penicillinallergie: Cefalotin 1,0 g i.v. alle 3–4 h.
Bei sicherer Penicillinallergie: Vancomycin 1,0–1,5 g/d i.v.
Gerinnungshemmung: Alle Patienten erhalten grundsätzlich eine „low dose“-Heparinisierung
(fraktioniertes Heparin 1 × 500 I.E./d s.c.).
Kontrollen: Aufgrund des Risikos renaler und kardialer Komplikationen bei Streptokokkeninfektionen
müssen zumindest nephrologische und kardiologische Basiskontrollen sofort und nach 6 Wochen
durchführt werden: Bei persistierender ASL-Erhöhung oder pathologischem Urinbefund Fortsetzung
der Therapie bis zur Normalisierung, ggf. nephrologisches Konsil. Kontroll-EKG nach 6 Wochen.
Suche nach Hautsymptomen einer subakuten bakteriellen Endokarditis.
Komplikationen: Relativ häufig akute Glomerulonephritis, jedoch nahezu nie rheumatisches Fieber.
Diagnostik: In der Kultur meist Mischinfektion. Antistreptolysin (ASL)-Titer und Anti-
Streptodornase-B (ADB)-Titer sind erhöht. Urinstatus zu Beginn der Therapie und nach 6 Wochen.
Differenzialdiagnosen: Herpes simplex. Tinea (vor allem zoophil). Atopisches Ekzem.
Therapie: In milden Fällen Antiseptika oder topisch Fusidinsäure oder Erythromycin ausreichend. Die
Krusten sollten mit desinfizierenden Waschsyndets entfernt werden. Eine systemische Antibiose mit
penicillinasefesten Penicillinen (mögliche Mischinfektion) oder Cephalosporinen der 1. und 2.
Generation kann den Heilungsprozess beschleunigen und das Übertragungsrisiko vermindern.
Beachte: Kontakt zu anderen Kindern bzw. deren Spielzeug, Kleidern oder Handtüchern
vermeiden!
5.3.4 Ecthyma
Definition: Ulzerierende Pyodermie durch Gruppe-A-Streptokokken.
Epidemiologie: Häufig unter Immunsuppression, bei Unterernährung oder mangelhafter Hygiene (z.B.
Obdachlose, Drogenabhängige); oft auch bei Touristen nach Tropenaufenthalt.
Klinik: Ausgestanzt wirkende Ulzera überwiegend an den Unterschenkeln, die sich aus Bläschen und
Pusteln entwickeln, oft nach Bagatelltraumen oder infolge längeren mechanischen Druckes (▶ Abb.
5.3). 0,5–3 cm große Defekte mit Umgebungsrötung. Langsame und narbige Abheilung.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Abb. 5.3 Ecthyma.
5.3.5 Erysipel
Definition: Akute oberflächliche (koriale) Infektion unter Beteiligung der dermalen Lymphspalten und
-gefäße durch Streptokokken der Gruppe A. Selten, jedoch zunehmend Staphylokokken-Beteiligung.
Pathogenese: Meist ist eine Eintrittspforte vorhanden: Im Gesicht häufig Herpes-simplex-Läsion, an
den Beinen oft interdigitale Tinea mit Mazeration. Streptokokken-Reservoire sind Nase,
Respirationstrakt und Perinealregion. Oft nach vorangegangenen operativen Eingriffen, z.B.
Lymphadenektomie, Venenentnahme für Bypass etc.
Klinik:
Hellrotes, scharf begrenztes Erythem mit zungenförmigen Ausläufern. Im Gesicht oft
symmetrische Ausbreitung auf Nasenrücken und beiden Wangen (▶ Abb. 5.4a). An den
Beinen einseitiger Befall mit deutlicher Schwellung (▶ Abb. 5.4b).
Hohes Fieber, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl.
Komplikationen:
Rezidivierende Infektionen (Erysipelas recidivans) führen zur Obliteration der betroffenen
Lymphwege und damit zu chronischem Lymphödem (Gesicht: Lippenschwellung und
Lidödeme, Beine: unilaterale Elephantiasis nostras).
Glomerulonephritis.
Achtung: Immunsupprimierten droht unbehandelt Sepsis, nekrotisierende Fasziitis oder
Schock!
Diagnostik: Typische Klinik. Kultureller Nachweis schwierig. Leukozytose, BSG beschleunigt, hohes
CRP. Anstieg von ASL- und ADB–Titer.
Differenzialdiagnosen:
Gesicht: Akute Kontaktdermatitis (Juckreiz, Brennen), beginnender Zoster (halbseitig,
vesikulös), Wespenstichreaktion, allergisches Angioödem (Anamnese).
Extremitäten: Erysipeloid, Thrombophlebitis, tiefe Venenthrombose, akute
Stauungsdermatitis (Juckreiz), Erysipelas carcinomatosum, Erythema chronicum migrans
(milde Rötung, fehlende Systemzeichen).
Therapie:
Hochdosiert penicillinasefeste Penicilline (Beginn mit Flucloxacillin) i.v. über mindestens 10
Tage, bei Penicillinallergie mit Erythromycin. Ruhigstellung und Hochlagerung betroffener
Extremitäten. Feucht-kühle antiseptische Umschläge (Octenisept).
Antibiose:
Bei ungenügendem Ansprechen auf Penicillintherapie oder bei Verdacht auf Beteiligung von
gramnegativen Keimen (etwa bei ulzeröser Eintrittspforte) Aminopenicillin +
Betalactamaseinhibitor (z.B. Unacid).
Bei ausgeprägten Befunden (bullöses oder gangränisierendes Erysipel) hat sich der primäre
Einsatz von Clindamycin bewährt, ggf. kann ein Chinolon (z.B. Ciprofloxacin) kombiniert
werden.
Symptomatische Therapie (antipyretisch, analgetisch).
Später Sanierung der Eintrittspforte, ggf. Kompressionstherapie.
Chronisch-rezidivierendes Erysipel: Nach Ende der lege artis über 10 bis 14 Tage erfolgten
Therapie des letzten Schubes Langzeitprophylaxe mit Benzathinpenicillin 1×/Mo. 1,2 Mio.
I.E. i.m. für 4–6 Monate. Alternativ Langzeitprophylaxe mit Erythromycin 1 × 1 g/d p.o.
oder/und Cotrimoxazol 800 mg/d über 5 Tage alle 4–6 Wochen.
5.3.6 Phlegmone
Definition: Tiefe, teils einschmelzende bakterielle Hautinfektion unter Einbeziehung der Dermis und
des subkutanen Fettgewebes, häufig Ausbreitung auf Muskeln und Knochen.
Beachte: Im englischen Sprachraum werden Phlegmone und Erysipel unter dem Begriff
„Cellulitis“ zusammengefasst.
Pathogenese: Staphylokokken und Streptokokken sind die häufigsten Erreger, aber viele andere
Bakterien einschließlich Clostridien (Gasbrand), Haemophilus influenzae (Gesichtsphlegmone) und
gramnegative Bakterien sind oft als Mischinfektion beteiligt. Anamnestisch häufig Traumen,
Durchblutungsstörungen oder Neuropathien (z.B. diabetisches Fußsyndrom).
Klinik: Tiefgreifende, unterschiedlich schmerzhafte (diabetische Neuropathie!), lividrote, unscharf
begrenzte Schwellung mit Nekrotisierung und Abszedierung. Sich langsam entwickelnde, schwere
Allgemeinsymptomatik.
Diagnostik: Kultur (ggf. nach Inzision oder bioptisch), Antibiogramm. Extrem ausgelenktes
„Entzündungslabor“.
Differenzialdiagnosen:
Die Abgrenzung von Erysipel und Phlegmone ist nicht immer leicht, Übergangsformen und
Mischbilder sind möglich („Erysipelphlegmone“).
Im Bereich der (insbesondere unteren) Extremitäten bieten die Thrombophlebitis (strangartige
Entzündung), die tiefe Beinvenenthrombose (bläulich-livide Schwellung) aber auch das
Erythema nodosum (bilaterale, extrem druckschmerzhafte, bevorzugt prätibiale Angioödeme)
Verwechselungsmöglichkeiten.
Entzündliche Schwellungen im Gesichtsbereich können auch Ausdruck eines toxischen bzw.
allergischen Kontaktekzems oder einer Dermatitis solaris sein (Anamnese).
Ferner müssen prävesikuläre Formen eines Zoster (streng halbseitig) oder einer Herpes-
simplex-Manifestation (Rezidive) unterschieden werden.
Therapie: Antibiogrammgerechte Antibiose anstreben. Kalkulierte Breitbandantibiose mit
penicillinasefesten Penicillinen, Cephalosporinen der 3. Generation (z.B. Ceftriaxon) oder
Fluorochinonen. Ggf. Inzision und Drainage.
Achtung: Das insbesondere bei komplizierten Weichgewebeinfektionen breit wirksame und
klinisch bewährte Fluorochinon Moxifloxacin (Avalox) darf nach Einzelberichten über
schwerwiegende Leberschäden und lebensbedrohliche bullöse Hautreaktionen seit 2008 nur
noch dann angewendet werden, wenn andere Antibiotika, die für die initiale Behandlung
empfohlen werden, ungeeignet erscheinen (Empfehlung der europäischen Arzneimittelbehörde
EMEA vom Juli 2008).
5.4.1 Erythrasma
Definition: Häufige oberflächliche Infektion der intertriginösen Areale durch Corynebacterium
minutissimum.
Klinik: Rotbraune, oberflächliche, feinschuppende, sich langsam ausbreitende Herde in den
intertriginösen Arealen (Leistenregion, Axillen; ▶ Abb. 5.6).
Diagnostik: Klinisches Bild. Im Wood-Licht korallenrote Fluoreszenz. Mikroskopie schwierig. Kultur
nicht möglich.
Differenzialdiagnosen:
Tinea inguinalis: Stärker infiltrierte Plaques mit ausgeprägter Randbetonung.
Intertriginöse Candidose: Düsterrote, teils mazerierte Plaques mit Satellitenpusteln.
Therapie: Lokal Erythromycin (Lösung, Creme) oder antibakteriell wirksame Imidazole (z.B.
Clotrimazol). Gründliche Hygiene. Bei Therapieversagen oder Rezidiven: Erythromycin 250 mg 4
× tgl. p.o. über 5–7 Tage.
5.4.3 Hautdiphtherie
Definition: Primär kutane Infektion mit Corynebacterium diphtheriae.
Epidemiologie: In den Tropen häufig, meist sind Kinder betroffen. Import durch Tourismus ist
möglich. In den USA wurden Endemien bei Obdachlosen beschrieben.
Klinik: Initial Blasenbildung, dann zentrale Nekrose mit Ausbildung eines schlecht heilenden, tiefen,
graubelegten Ulkus. Anfänglich keine Allgemeinsymptome.
Komplikationen: Risiko der Nasen- (einseitiger Eiterpfropf) und Rachendiphtherie. Neurologische
und kardiale Komplikationen infolge Toxinproduktion.
Diagnostik: Haut- oder Rachenabstrich. Immunstatus.
Differenzialdiagnosen: Hauttuberkulose, Schwimmbadgranulom, Erysipeloid, Hautmilzbrand, Herpes
simplex, Melkerknoten.
Therapie: Penicillin G 1,2 Mio. I.E./d i.m. für 3 Wochen oder Erythromycin 3–4 × 500 mg/d p.o.
Achtung: Bei Verdacht auf klassische Rachendiphtherie sofortige Antitoxinapplikation und
infektiologisches Fachkonsil.
5.5.3 Pseudomonas-Infektionen
Pseudomonas aeruginosa verursacht vielfältige Hautinfektionen. Die Manifestationen des
sogenannten „Pyozyaneus“ reichen von harmlos bis lebensbedrohlich.
Pseudomonas aeruginosa-Paronychie:
Definition: Infektion des Nagelapparats mit Pseudomonas aeruginosa.
Klinik: Typisch ist chronische Exposition der Hände gegen Wasser mit Mazeration der zuvor
intakten Kutikula. Sehr schmerzhafte Rötung und Schwellung des Nagelwalles, graugrüne
Verfärbung des Nagels.
Diagnostik: Im Woodlicht wird das grün fluoreszierende bakterielle Pigment sichtbar.
Bakterien- und Pilzkultur.
Differenzialdiagnose: Alle Formen der Paronychie.
Therapie:
Lokale austrocknende und antiseptische Maßnahmen, Essigsäure (feuchter
Weinessigverband, anschließend Föntrocknung).
Prädisponierende Faktoren ausschalten.
Bei Mischinfektion mit Candida albicans zusätzliche Lokalbehandlung mit
Imidazol-Lösung oder Systemtherapie mit Fluconazol.
Selten systemische Antibiose mit Chinolon (Ciprofloxacin), Cephalosporin
(Cefuroxim), oder Gyrasehemmer (Ofloxacin) notwendig.
Cave: Multiple Antibiotikaresistenzen von Pseudomonasa aeruginosa unter
Klinikbedingungen.
Gramnegativer Fußinfekt:
Definition: Akute Infektion der Zehenzwischenräume, meistens durch Pseudomonas
aeruginosa, aber auch durch andere gramnegative Erreger, evtl. als Mischinfektion.
Klinik: Stark nässende, süßlich-faulig riechende Infektion, oft bei Hyperhidrose und
okklusiver Fußbekleidung (erhebliches Problem bei US-Soldaten im Vietnamkrieg). Häufig
chronische Tinea pedis als Eintrittspforte (gemischter Fußinfekt).
Diagnostik: Bakterien- und Pilzkultur. Mykologisches KOH-Nativpräparat.
Differenzialdiagnosen: Kontaktekzem, Podopompholyx, Phlegmone.
Therapie:
Prädisponierende Faktoren (siehe oben) ausschalten.
Lokal austrocknende und antiseptische Maßnahmen. Lokale und systemische
Imidazole.
Systemantibiose mit Chinolonen (Ciprofloxacin) bzw. nach Antibiogramm.
Cotrimoxazol ist zwar ebenfalls wirksam, begünstigt aber die Resistenzentwicklung
von gramnegativen Bakterien.
Whirlpool-Dermatitis:
Definition: Rezidivierende Follikulitiden durch Baden in von Pseudomonas aeruginosa
kolonisierten Whirlpools.
Klinik: Oberflächliche, meist follikuläre Infektionen. Das Risiko schwerer Systeminfektionen
ist gering.
Diagnostik: Das klinische Bild im anamnestischen Zusammenhang ist diagnoseweisend.
Versuch des Erregernachweises im bakteriologischen Abstrich.
Differenzialdiagnosen: Impetigo Bockhart, Miliaria rubra, Varizellen.
5.5.7 Bartonella-Infektionen
Bartonellen sind kleine gramnegative Bakterien, die nur schwer zu kultivieren und zu klassifizieren
sind. Es gibt Überlappungen zu den Rickettsien.
Die wichtigsten Spezies sind:
Bartonella henselae: Erreger der →
→ Katzenkratzkrankheit.
Bartonella quintana: Erreger des Fünftagefiebers (Synonym: Trench fever, Wollhynsches
Fieber). Wird durch die Kleiderlaus übertragen, der Mensch ist das einzige Reservoir. Im 1.
Weltkrieg war das „Schützengrabenfieber“ gefürchtet.
Bartonella bacilliformis: Auftreten in den Anden, Verbreitung durch die Sandfliege.
Manifestation als akute Systeminfektion (Oroya-Fieber) oder als chronische, selbstheilende,
verruköse Gefäßtumoren (Verruga peruana).
Bazilläre Angiomatose:
Definition: Chronische Infektion durch Bartonella henselae oder Bartonella quintana mit
resultierender Gefäßneubildung, meistens bei Patienten mit HIV/AIDS.
Klinik: Oft im Gesicht lokalisierte erythematöse Papeln und Plaques mit rascher Zunahme an
Zahl und Größe sowie Neigung zur Konfluenz. Auch Leber (Peliosis), Milz und Knochenmark
(häufigste Ursache für Osteomyelitis bei HIV/AIDS) können betroffen sein.
Diagnostik: Erregernachweis in der Hautbiopsie mittels Warthin-Starry-Färbung.
Diagnosesicherung durch PCR.
Differenzialdiagnosen: Kaposi-Sarkom, atypische Mykobakteriosen, viele weitere
Dermatosen bei immunsupprimierten Patienten.
Therapie: Makrolidantibiotika (Azithromycin, Clarithromycin) sowie Rifampicin sind die
Therapeutika der Wahl. Unter Berücksichtigung der Immundefizienz der Patienten ist eine
Langzeitbehandlung über mindestens 6 Wochen, ggf. in Kombination der genannten
Wirkstoffe, erforderlich.