Asiengesellschaft
Band/Volume 20
Société
Die vorliegende Beschreibung des Antikchinesischen, welches sich überwiegend Suisse-Asie
in Texten aus der Ost-Zhou darbietet, richtet sich vorrangig an Sinologiestudierende.
Grammatik
bei jedoch stets die Erklärungsmächtigkeit bestimmter grammatischer Analysen
in Bezug auf Texte im Vordergrund steht. Die erneute Überarbeitung versucht
daher, den Charakter einer eigenständigen Nutzergrammatik zu wahren, die das
des Antikchinesischen
Verständnis für die behandelten syntaktischen und phonologischen Strukturen
fördert und zudem als Schlüssel für die grammatische Absicherung interpreta-
torischer Argumentationen dienen kann.
Robert H. Gassmann, *1946 in Lahore (British India), war von 1985 bis 2008 Begleitband zu Antikchinesisch – Ein Lehrbuch in zwei Teilen
Inhaber eines Lehrstuhls für Sinologie an der Universität Zürich. Sein Hauptinteresse
Wolfgang Behr, *1965 in Göttingen, promovierte 1997 mit der Arbeit Reimende
Bronzeinschriften und die Entstehung der chinesischen Endreimdichtung. Seine
Forschungsinteressen gelten u.a. der Historischen Phonologie, Etymologie und
Paläographie des Chinesischen sowie der Kulturgeschichte der Sprachwissenschaft
in China. Von 2003 bis 2007 war er Präsident der European Association of Chinese
Linguistics und ist derzeit einer der Herausgeber der mehrbändigen Encyclopedia
of Chinese Linguistics. Nach einer langjährigen Tätigkeit als Akademischer Rat an
der Ruhr-Universität Bochum ist er seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Sinologie
(Traditionelles China) an der Universität Zürich.
ISBN 978-3-0343-0638-6
Peter Lang
www.peterlang.com
Schweizerische Studienhefte
Asiengesellschaft
Band/Volume 20
Société
Die vorliegende Beschreibung des Antikchinesischen, welches sich überwiegend Suisse-Asie
in Texten aus der Ost-Zhou darbietet, richtet sich vorrangig an Sinologiestudierende.
Grammatik
bei jedoch stets die Erklärungsmächtigkeit bestimmter grammatischer Analysen
in Bezug auf Texte im Vordergrund steht. Die erneute Überarbeitung versucht
daher, den Charakter einer eigenständigen Nutzergrammatik zu wahren, die das
des Antikchinesischen
Verständnis für die behandelten syntaktischen und phonologischen Strukturen
fördert und zudem als Schlüssel für die grammatische Absicherung interpreta-
torischer Argumentationen dienen kann.
Robert H. Gassmann, *1946 in Lahore (British India), war von 1985 bis 2008 Begleitband zu Antikchinesisch – Ein Lehrbuch in zwei Teilen
Inhaber eines Lehrstuhls für Sinologie an der Universität Zürich. Sein Hauptinteresse
Wolfgang Behr, *1965 in Göttingen, promovierte 1997 mit der Arbeit Reimende
Bronzeinschriften und die Entstehung der chinesischen Endreimdichtung. Seine
Forschungsinteressen gelten u.a. der Historischen Phonologie, Etymologie und
Paläographie des Chinesischen sowie der Kulturgeschichte der Sprachwissenschaft
in China. Von 2003 bis 2007 war er Präsident der European Association of Chinese
Linguistics und ist derzeit einer der Herausgeber der mehrbändigen Encyclopedia
of Chinese Linguistics. Nach einer langjährigen Tätigkeit als Akademischer Rat an
der Ruhr-Universität Bochum ist er seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Sinologie
(Traditionelles China) an der Universität Zürich.
Peter Lang
Grammatik des Antikchinesischen
Schweizer Asiatische Studien
Etudes asiatiques suisses
Studienhefte
Band 20
Peter Lang
Bern • Berlin • Bruxelles • Frankfurt am Main • New York • Oxford • Wien
Robert H. Gassmann & Wolfgang Behr
Grammatik
des Antikchinesischen
Begleitband zu
Antikchinesisch – Ein Lehrbuch in zwei Teilen
Peter Lang
Bern • Berlin • Bruxelles • Frankfurt am Main • New York • Oxford • Wien
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
© Peter Lang AG, Europäischer Verlag der Wissenschaften, Bern 1997, 2005, 2013
Hochfeldstrasse 32, CH-3012 Bern
info@peterlang.com, www.peterlang.com, www.peterlang.net
Printed in Switzerland
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis .................................................................... 11
Vorwort ................................................................................................ 13
AC: Antikchinesisch
A Adverbialmarker
ADJ Adjektiv
ADV Adverb
AP Adverbialphrase
APOPP Appositionalphrase
ASP Aspekt (Knoten im Strukturbaum)
AT Adelstitel
B Beispiel
DET Determinant (z.B. Artikel)
DO direktes Objekt
FUS Fusionsform
GSR Grammata serica recensa + Nummer (ė Karlgren)
IO indirektes Objekt
K Kasusmarker (präpositional)
KN kanonischer Name
KNJ Konjunktion
KOMPP Komplementphrase
KP Kasusphrase
KT kanonischer Titel
LN Ländername
MING persönlicher Name / Eigenname
MODP Modifikationsphrase
N Nomen
Nn originäres Nomen
NE nominale Ergänzung
NEG Negation
NL Nominale
NLb dominierende Nominale (Relativsatzkonstruktion)
NLn originäre Nominale
NLo dominierte Nominale, Objekt (Relativsatzkonstruktion)
NLs dominierte Nominale, Subjekt (Relativsatzkonstruktion)
NLv Nominale verbalen Ursprungs
12 Abkürzungsverzeichnis
NP Nominalphrase
NPn originäre Nominalphrase
NPv Nominalphrase verbalen Ursprungs
np Prädikatsnominalphrase
Nv Nomen verbalen Ursprungs / Verbalnomen
OBJ Objekt
PA Prädikatsanzeiger
PH Geburtsrangbezeichnung
PSP Postpositionalphrase
PRN Pronomen
PRP Präposition
PST Postposition
R Regel
S Satz
Sn Nominalsatz
Sv Verbalsatz
SA Satzadverb
SB Strukturbaum
SM Satzmarker
SN Stammname
SUB Subjekt; Subjektskasusphrase
V Verb
VL Verbale
VP Verbalphrase
X Platzhalter für ein beliebiges Nomen (auch Y und Z)
XING Klanname
ZUN Honorificum (Ehrensuffix)
Vorwort
Die Grammatik des Antikchinesischen ist – nach dem grossen Schub von
Veränderungen in der vorangehenden Auflage – einer sanften Überarbei-
tung unterzogen und in bescheidenem Masse ergänzt und aktualisiert
worden. Damit bisherige Benutzerinnen und Benutzer dieses Werks sich
einen raschen Überblick über die paar Änderungen verschaffen können,
seien sie hier kurz erwähnt:
In Kapitel 3 ist ein neuer Abschnitt eingefügt worden (3.5.2), der
den eminenten Beitrag der NP-Koordination zur Erarbeitung und Stabili-
sierung der Bedeutung wichtiger Wörter thematisiert.
Kapitel 10 ist auf den aktuellen Stand gebracht worden und um den
Abschnitt 10.6 erweitert worden, damit das wichtige Thema der Redupli-
kation angesprochen ist.
Infolge Emeritierung wird Robert H. Gassmann aus der Rolle des Erst-
und dann Mitautors ausscheiden und das Werk ganz in die Hände von
Wolfgang Behr legen. Möge dem Werk weiterhin ein gutes Schicksal
beschieden sein!
1.1 Ziele
gewahrt worden ist, welche das Verständnis für die Strukturen der
behandelten Sprache fördert, die aber ebenso wesentlich als Schlüssel für
die grammatische Absicherung von inhaltlichen Aussagen und interpre-
tatorischen Argumentationen dienen kann.
Die Strukturebene liefert (in diesem Fall wohl leicht nachvollziehbar) die
folgenden Informationen: Obwohl B zwei Antwortformen zur Verfügung
stehen, ist klar, dass er mit beiden Äusserungen denselben Satz zum
Ausdruck bringt: “Ja” kann vereinfacht als Proform für den Satz “Ich
studiere Antikchinesisch” analysiert werden. Zwei oberflächlich ver-
schiedene Äusserungen werden also hier als Realisation einer gleichen
zugrundeliegenden Satzstruktur verstanden. In der Sprachwissenschaft
hält man diesen Unterschied so fest, dass auf der Strukturebene von
Sätzen, auf der Realisationsebene eben von Äusserungen gesprochen
wird. Der Äusserung “Ja” wie auch der Äusserung “Ich studiere Antik-
chinesisch” liegt also in diesem Fall der Satz “Ich studiere Antikchi-
nesisch” zugrunde.
18 Kapitel 1
Eine Syntax ist eine Beschreibung (anders gesagt: eine Theorie oder
ein Modell) der Strukturebene einer Sprache. Dazu bedarf sie eines nor-
mierten Wortschatzes, einer sogenannten Terminologie und bestimmter
Darstellungsmittel, die beide Ausdruck des gewählten Beschreibungs-
modells sind. Alle Aussagen oder Regeln sind also von den Grund-
annahmen des jeweils gewählten Modells bedingt und begrenzt. Eine
Grammatik, die beispielsweise die beiden Wortklassen Nomen und Verb
nicht unterscheidet, kommt zu anderen Aussagen als eine Grammatik,
die diese Unterscheidung ausdrücklich vornimmt. Die vorliegende Ein-
führung gründet auf einem strukturalistischen Ansatz, wobei sie sich an
dem für syntaktische Beschreibungen besonders geeigneten (frühen) ge-
nerativen Modell orientiert. Im Interesse der Didaktik werden theore-
tische Diskussionen auf ein Minimum beschränkt. Zum Verständnis der
Erklärungen ist jedoch eine gewisse Vertrautheit mit den folgenden
grundlegenden Annahmen strukturalistischer Modelle notwendig.
1.2.2 Konstituentenanalyse
Graphik 1: Konstituentenanalyse
Die acht Wörter des Satzes werden als (terminale) Konstituenten be-
zeichnet. In der Regel bilden je zwei Konstituenten zusammen ein Kon-
stitut, z.B. ‘neu’+‘Student’ = ‘neue Student’. Die in einem Konstitut
Grundlegung 19
Graphik 2: Konstituentenklassen
1.2.3 Funktionen
Geht man nur von der Konstituentenstruktur aus, wären alle drei Satz-
teile in gleicher Weise zu beschreiben, nämlich als zwei aufeinanderfol-
gende Nominalphrasen. Dank unserer Sprachkompetenz wissen wir aber,
dass die Beziehungen der beiden Nominalphrasen in den jeweiligen
Satzteilen durchaus nicht identisch sind: In B 1 haben wir es mit einer
genitivischen Modifikation zu tun (‘Sinologie’ beschreibt ‘Thema’ nä-
her, grenzt es etwa gegenüber ‘Thema der Germanistik’ ein). In B 2 liegt
eine sogenannte Komplementbeziehung vor, d.h. ‘Sinologie’ ist das
Fach, welches die Studentin studiert (wir weisen also der ‘Studentin’ ein
verwandtes Verb, nämlich ‘studieren’ zu; vgl. B 147, S. 134). In B 3 ist
eine sogenannte appositionale Konstruktion realisiert (‘Thema’ ist eine
erläuternde Erweiterung zu ‘Sinologie’).
Es wird notwendig sein, die Funktion der Nominalphrasen in diesen
verschiedenen Konstruktionen zu beschreiben und darzustellen. Ein Teil
der Knoten in einem Strukturbaum werden also nicht lexikalische, son-
dern funktionale Kategorien bezeichnen. Zum Beispiel könnte man in die
strukturelle Beschreibung einführen, dass eine Nominalphrase zusam-
men mit einer Modifikationsphrase (MODP), einer Komplementphrase
(KOMPP) oder mit einer Appositionalphrase (APPOP) ein Konstitut bilden
kann. Bei diesen drei funktionalen Phrasen wäre dann festzuhalten, in
welchen lexikalischen Kategorien sie sich jeweils äussern. Es wären also
Darstellungen des folgenden Typs denkbar (am Beispiel der Modifi-
kation und Komplementation illustriert):
Graphik 3: Funktionsklassen
NP MODP NP KOMPP
NP NP
22 Kapitel 1
1.2.4 Derivation
zierung werden Nomina, die von Verben hergeleitet sind, daher Verbal-
nomina genannt.
Da alle Verbalnomina – je nach Ursprungsverb (vgl. die Typen von
Verben in Tabelle 2 auf S. 44) – die spezifische Fähigkeit haben, kein,
ein oder sogar mehrere Komplemente an sich zu binden (man vergleiche
etwa: ‘die Übergabe der Diplome an die Absolventinnen und Absolven-
ten durch den Rektor’ < (“entsteht aus”) ‘der Rektor übergibt die Diplo-
me an die Absolventinnen und Absolventen’), kann dieser Umstand auch
in der Beschreibung der Konstituentenstruktur genutzt werden. Dies
kann so geschehen, dass man zwei lexikalische Klassen von Nomina
festlegt, z.B. die originären Nomina (Nn) und die Verbalnomina (Nv),
denen dann die entsprechenden Nominalen (NLn und NLv) sowie Nomi-
nalphrasen (NPn und NPv) zuzuordnen sind. Wenn die Differenzierung
irrelevant ist, kann man die undifferenzierten Abkürzungen N, NL oder
NP weiter verwenden.
Da die Funktionalität somit in die lexikalische Konstituentenklasse
verlegt worden ist, kann unter Umständen auf die Einführung bestimmter
funktionaler Kategorien verzichtet werden. So kann etwa die Modifika-
tion dadurch angezeigt werden, dass ‘Thema’ als NPn im Strukturbaum
erscheint, die Komplementierung dagegen so, dass ‘Studentin’ als NPv
erscheint:
NP NP
1.2.5 Generativ
S → NP + VP
Der Pfeil gilt als Anweisung “schreibe x (das Symbol links des Pfeils)
als y (das Symbol rechts des Pfeils)”, oder mit dem technischen
Ausdruck: “leite x ab zu y” bzw. “expandiere x zu y”. Diese Dyna-
misierung, die dem Modell die Bezeichnung “generativ” eingetragen hat,
führt ebenfalls zu einer Umkehrung der Darstellungsweise, nämlich zur
Darstellung in Form von Strukturbäumen. Ausgangsebene ist dann nicht
mehr die terminale Konstituentenkette, sondern der ranghöchste Knoten,
nämlich S (Satz). Die terminale Kette wird also nicht als Ausgangs-
material / Eingabedatum eines Analyseprozesses, sondern als Resultat /
Ausgabedatum eines Erzeugungs- oder Generierungsprozesses verstan-
den. Die in dieser Grammatik vorgelegten Analysen lassen sich somit als
Versuch verstehen, den Generierungsprozess systematisch zu beschrei-
ben und zu erklären.
Strukturbaum 1
NP VP
DET NL VL NP
ADJ N
1.3 Schlussbemerkung
Wenn eingangs die Rede davon war, dass im Rahmen der Grundstruk-
turen die elementaren syntaktischen Konstruktionen eingeführt werden
sollen, so bedeutet “elementar” in diesem Zusammenhang eben “grund-
legend” und nicht unbedingt “einfach”. Das Ziel dieser grammatischen
Einführung ist einerseits ein didaktisches (optimaler Erwerb einer recht
komplexen Sprache), und diese Zielsetzung verlangt einen Aufbau, der
vom Einfachen ausgeht und schrittweise zum Komplexen gelangt. Diese
Einführung ist andererseits erklärend bzw. explanatorisch ausgerichtet,
d.h. sie will über die Beschreibung von Strukturen hinaus Zusammen-
hänge sichtbar machen und Erklärungen anbieten. Damit soll sie das
Verständnis für die wissenschaftliche Seite der Sprachbeschreibung
wecken und die Voraussetzungen für die nutzbringende und kritische
Lektüre grammatischer Werke und Hilfsmittel schaffen, was den Abbau
von Hemmschwellen vor z.T. schon hochentwickelten Theorien bedingt.
Deshalb werden den Grundstrukturen Einsichten zugrundegelegt, die aus
eigenen Untersuchungen der AC-Grammatik stammen, aber es wird nach
Möglichkeit Zurückhaltung bei der Ausbreitung der ganzen Komplexität
der Argumente und der Analysen geübt. Insbesondere wurde (seit der
ersten Auflage) auf die technische Darlegung der heute weitgehend aus
der Theorie verschwundenen transformationellen Prozesse mit wenigen
Ausnahmen verzichtet. Die Beschäftigung und die Auseinandersetzung
mit den Ansätzen anderer Grammatiker oder Theorien (ohne die diese
Arbeit nicht möglich gewesen wäre) seien einem Zeitpunkt vorbehalten,
wo im Umgang mit AC-Texten ausreichende Vertrautheit vorausgesetzt
werden kann.
2 Einfache Verbalsätze
Aus der Perspektive der Syntax gesehen, ist ein Satz bzw. eine Äusse-
rung eine strukturierte Zusammenstellung (“syn-taxis”) bzw. Verkettung
von Wörtern, die nach Wortklassen kategorisiert und nach Funktionen
ausgelegt werden können. Wie aus den Konstituentenanalysen im
Kapitel Grundlegung ersichtlich, besteht eine Hierarchie der Satzteile,
die sich in der Unter-, Gleich- oder Überordnung der einzelnen Elemente
niederschlägt. So ist z.B. ein Adverb einem Verb oder einem weiteren
Adverb, ein attributives Adjektiv einem Nomen zugeordnet usw.
lernt schnell
VERB + ADVERB
VERBALE
ARTIKEL + NOMINALE
NOMINALPHRASE
28 Kapitel 2
Wird also ein Nomen, ein Verb, ein Adverb usw. mit dem gleichen
Zeichen geschrieben, so handelt es sich um Fälle von Homographie (wie
etwa im Englischen, wo das Schriftbild ‘seal’ für das Nomen ‘Seehund’
bzw. für das Verb ‘siegeln’ steht, oder wo das Schriftbild ‘desert’ für
[désert] ‘Wüste’ und [desért] ‘verlassen’ steht). Dass im AC häufig
bedeutungsmässige oder derivative Zusammenhänge bestehen, ist offen-
sichtlich (vgl. dazu u.a. 2.3.2). Während in einigen Fällen die den homo-
graphen Repräsentationen zugrundeliegenden Wörter im Antikchine-
sischen entweder nicht phonologisch geschieden wurden oder zumindest
die uns vorliegende Evidenz für die Rekonstruktion einer solchen
Unterscheidung nicht ausreicht, so dass z.B. alle drei von ↫ ver-
schrifteten Wortklassen (V , ADJ , N) als AC *sij-q anzusetzen wären, ist
in anderen Fällen ein Teil der Derivationsmechanismen noch rekon-
struierbar:
i. 䅛
䆱 zhé V: < AC *tt-r-ek ‘tadeln, strafen; erniedrigen’
ii. ࡪ cì N < AC *s-thek-s ‘kritisieren, töten’
䋜 zé V: < AC *s-tt-r-ek ‘jd. verantwortlich machen’
䅞 zhé V: < AC *tt-r-ek ‘tadeln, strafen’
ۥ zhài N: < AC *s-t-r-ek-s ‘Schulden’
(usw.)
1 Verbmodifizierende Variable
Hierbei handelt es sich um die Adverbien und Adverbialphrasen im
engeren Sinne, welche die Modalitäten der Handlung, des Ge-
schehens usw. spezifizieren (können). Es handelt sich durchwegs
um fakultative Elemente.
3 Satzsituierende Variable
Das sind die Adverbialbestimmungen im weiteren Sinne, d.h. jene
auf der Ebene des Satzes oder Textes (häufig Zeit und Ort, d.h. die
raumzeitlichen Koordinaten des Textes / Kontextes). In vielen
flektierenden Sprachen äussert sich diese Ebene greifbar etwa in der
Kategorie Tempus oder Aspekt, aber auch in flexionslosen Sprachen
ist sie implizit vorhanden und kann von Fall zu Fall zusätzlich
spezifiziert oder verändert werden. Strenggenommen sind es
obligatorische, inhärent textwirksame Variablen, die nur im
Bedarfsfall (z.B. bei Tempuswechsel) auf der Ebene der einzelnen
Sätze realisiert werden.
X (Tempus)
Valenz
Das Verb ‘essen’ erweist sich also als ein Verb mit (mindestens) der
VALENZZAHL 3 (vgl. das hervorgehobene Feld der Ebene 2 mit den drei
Nominalausdrücken). Es ist somit ein dreiwertiges oder trivalentes Verb.
Von der inhaltlichen Struktur der Argumente her, nämlich QUELLE
(woraus?), OBJEKTIV (was?) und AGENS (wer?), wäre es den TRANS-
FERVERBEN vom Typ ‘geben’, ‘kaufen’ usw. zuzuordnen. Diese Gruppe
ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder in kon-
versen Paaren auftreten, wie z.B. ‘bekommen / geben’, ‘kaufen /
verkaufen’. Im Antikchinesischen existierte ein produktiver morphologi-
scher Derivationsmechanismus der dasjenige Mitglied eines solchen
konversen Paares mit einem Suffix *-s markierte, bei dem die Handlung
vom Sprecher weg erfolgte (‘exoaktive’ Bildung), jenes, bei dem die
Handlung bei ihm verblieb oder sich von aussen auf ihn zubewegte
(‘endoaktive’ Bildung) mit *-q (vgl. Kap. 10.5.3). Vgl. z.B.
ESSEN: V3 [transf];
X-AGENS isst (Y-OBJEKTIV) (aus Z-QUELLE)
z.B.: er isst (Brot) (aus der Schale)
Dieser Begriff, den man als Beleg für die Existenz eines lokativischen
Objektes sehen könnte, liesse sich wohl auch passivisch interpretieren,
was synchron den Ansatz des homographen Verbs ‘ernähren’ mit der
Lesung sì 伏 bedingen würde. Historisch gesehen geht diese Lesung auf
eine antikchinesische Präfigierung mit dem Kausativpräfix *s- zurück
(also shí 伏 < AC *m-lək ‘essen’ vs. sì < AC *s-lək-s < *s-m-lək-s ‘essen
machen’ ~ ‘ernähren, füttern’. Die zugrundeliegende unerweiterte Wur-
zel *lək liegt im AC nur noch als heute yì (*lək) gelesener Bestandteil
von Personen- und Ortsnamen vor.
B7 伏✹н䗏ަ䴓 Āi 15 fù 3 Zuǒ
shí yān, bù bì qí nàn
(Ich) lebe von ihm, (also) gehe ich seinen Schwierigkeiten nicht
aus dem Weg.
36 Kapitel 2
伏 shí: V2 [transitiv];
X-AGENS isst (Y-OBJEKTIV)
z.B.: 俜伏啐 mǎ shí shǔ – Das Pferd isst die Ratte. (Lùn Héng
14)
伏 shí: V2 [medial];
X-AGENS lebt von (Y-QUELLE)
z.B.: 伏✹ shí yān – (Ich) lebe von ihm. (Āi 15 fù 3 Zuǒ)
Gehen wir über zur Frage nach dem Charakter bzw. der Rolle der
referierenden Ausdrücke. Das Verb shēng ⭏ ‘hervorbringen’ eignet sich
gut zur Erläuterung. Es kommt z.B. in folgenden Äusserungen (aus dem
Zuǒ Zhuàn) vor:
Aus dem Kontext ist unschwer zu erraten, dass VERB = ‘ZEUGEN’, denn
das Subjekt (SUB) ist jeweils männlichen Geschlechts, das direkte Objekt
(DO) bezeichnet das gezeugte Kind, während das indirekte Objekt (IO)
Einfache Verbalsätze 37
sozusagen den Ort der Zeugung bezeichnet. Das nächste Muster bietet
sich in Äusserungen der folgenden Art dar:
B 12 ሷ⭏а⭧аྣ Xī 17 fù 1 Zuǒ
X jiāng shēng yī nán, yī nǚ
X wird einen Sohn und eine Tochter VERB.
Die Zeitangabe macht deutlich, dass nicht die Geburt, sondern das Leben
des Jiàn-Patriarchen fünf Jahre dauerte. Wie in der Übersetzung
angedeutet liegt hier eine besondere (in grammatischen Studien bisher
unbeachtet gebliebene) syntaktische Konstruktion vor: es handelt sich
um einen Satz, der mit dem Durativverb wǔ nián ӄᒤ ‘X-Objektiv
38 Kapitel 2
dauert n-Jahre (n=5)’ gebildet worden ist (vgl. 6.5). shēng ⭏ ist in
dieser Konstruktion ein Nomen, nämlich SUB des Satzes. Gestützt auf die
verbale Herkunft dieses Nomens bietet sich die Gleichung VERB =
‘LEBEN’ an, d.h. das DO der ersten zwei Muster wäre hier auch SUB, aber
die Beziehung zum Verb hätte sich klar geändert.
Haben wir es nun – wie im Deutschen – mit z.T. verschiedenen
Verben zu tun? Oder fächert das Deutsche das Begriffsfeld bloss
lexikalisch anders auf? Die weitgehende Stabilität der Rollen (Zeuger,
Gezeugtes, Zeugungsempfängerin bzw. Gebärende) und die Tatsache,
dass ein zugrundeliegender einheitlicher Begriff (das Archilexem eines
Wortfeldes) zu identifizieren ist, nämlich LEBEN (d.i. die Spanne
zwischen Zeugung und Tod), sind Anlass genug, um z.B. eine integrierte
Formulierung wie die folgende zu suchen.
Aus dieser Übersicht geht hervor, dass Muster 1 eine eigene syntaktische
Form bildet, während die Muster 2 und 3 eine gemeinsame Struktur
aufweisen. Letzteren liegt ein transitives V2 zugrunde, welches aktiv
(Muster 2) oder passiv (Muster 3) realisiert werden kann. Muster 1 hat
als Kern das kausative V3, das somit in systematischer (derivativer)
Beziehung zum homographen V2 steht. Möglicherweise existierten im
AC noch verschiedene Suffigierungsformen dieser Muster. Allerdings
sind sie in mittelchinesichen Ausspracheangaben nicht mehr deutlich
fassbar. Es lassen sich also aufgrund der oben gesichteten Beispiele die
folgenden drei Lexikoneinträge formulieren:
⭏ shēng: V2 [transitiv];
X-AGENS gebiert Y-OBJEKTIV
z.B.: ሷ⭏а⭧аྣ X jiāng shēng yī nán, yī nǚ – X wird einen
Sohn und eine Tochter gebären. (Xī 17 fù 1 Zuǒ)
⭏ shēng: V3 [kausativ];
X-AGENS zeugt Y-OBJEKTIV mit / in Z-ORT
z.B.: ⭏ᆀ㡜✹ X shēng zǐ-Bān yān – X zeugte den Junker Bān
mit ihr. (Zhuāng 32.5 Zuǒ)
Einfache Verbalsätze 39
⭏ shēng: N; Leben
B 17 x ⇪ shā Y X tötet Y
B 18 X ↫ sǐ X stirbt
B 19 x ↫ sǐ Y X stirbt für / wegen Y
In Beispiel B 17 ist also das Verb shā ⇪ ‘töten’ nicht einfach einem
Teilaspekt der Situation zugeordnet, sagen wir der Tätigkeit des Tötens
“an sich”, sondern der gesamten Situation, die darin besteht, dass jemand
X jemanden Y tötet. Diese Bedingungen müssen erfüllt sein, damit das
Verb überhaupt gebraucht werden kann. Die Bedeutung des Verbs shā
⇪ umfasst somit zwei Variablen, die je nach Sprecherabsicht mit refe-
rierenden nominalen Ausdrücken belegt werden, wie in Beispiel B 17
oben angedeutet. In eben diesem Zusammenhang spricht man von der
Valenz eines Verbs: Das Verb shā ⇪ ist zweiwertig (divalent) bzw. hat
die Valenz 2. Die Kenntnis dieses Strukturrahmens ist bei jenen Verben
von besonderer Bedeutung, bei denen die Äusserungsform des Sachver-
halts und die Rollen der beteiligten nominalen Ergänzungen gegenüber
der eigenen Sprache abweichen, so bei Beispiel B 19. Vergleicht man die
Beispiele B 17 und B 19, so stellt man ausserdem fest, dass zwei
verschiedene semantische Muster (bei shā ⇪ bzw. sǐ ↫) in der gleichen
syntaktischen Oberflächenform X VERB Y realisiert werden. Belegbei-
spiele dafür finden sich in den Äusserungen 28.44 und 28.48 (Angaben
dieser Art beziehen sich auf die Satznummerierungen im Textteil des
Kurses):
B 17 X tötet (⇪ shā) Y
Rolle: Agens Patiens
Funktion: Subjekt Objekt
(Vgl. dt.: Die Krankheit tötete ihn.)
Auf der Ebene der Tiefenstruktur, also des Satzes, soll bei den NE
eines Verbs von ARGUMENTROLLEN (z.B. Agens) die Rede sein; auf
der Ebene der Oberflächenstruktur, also der Äusserung, sollen diese
dagegen entweder mit traditionellen KASUSbezeichnungen (z.B.
Akkusativ, Dativ usw.) bzw. dem AC angepassten (wie unten
erörtert) oder mit einer FUNKTIONsbezeichnung (z.B. Subjekt,
Objekt) belegt werden. Kasusbezeichnung und Funktionsbe-
zeichnung stehen in einer im AC und den meisten europäischen
Sprachen weitgehend generalisierbaren Beziehung; so ist bekannt-
lich das Subjekt sozusagen immer ein (oder: im) Nominativ, das
direkte Objekt DO ein (oder: im) Akkusativ usw.
Man wird sich fragen, wo der Sinn dieser Unterscheidungen für das AC
liegen mag. Nun: Das AC ist zwar eine Sprache ohne ausgebildete
relationale Kasusmorphologie, aber es sind dennoch präpositionsartige
Kasusmarkierungen auszumachen, die es erlauben, von mindestens zwei
grammatikalisierten Kasus zu sprechen.
Tabelle 1: Kasus im AC
Graphik 8: Dinge
Dinge
[+belebt] [-belebt]
[mask] [fem]
Graphik 9: Positionen
Positionen
[statisch] [dynamisch]
[ablativ] [adlativ]
Wirkungen
[entfaltet] [erfahren]
Die Ableitungen liessen sich wohl noch verfeinern (so dürften im AC bei
den Personen noch die Merkmale alt / jung oder hoher / niedriger Rang
noch eine Rolle spielen; auch ist zu bedenken, dass in gewissen Fällen
Namen stehen können). Die Formulierung der Merkmalsbündel soll so
allgemein wie möglich bzw. so spezifisch wie nötig sein. Dabei ist zu
beachten, dass Merkmale, die tiefer in der Ableitung sind, höhere Merk-
male implizieren. So impliziert die Verwendung des Merkmals [mask]
die Merkmale [+human] und [+belebt], die Verwendung des Merkmals
[ablativ] das höhere Merkmal [dynamisch] usw. Ausserdem schliessen
sich gewisse Kombinationen aus, so kann bei der Verwendung des
Merkmals [+stat], welches bei den Zustandsverben übrigens immer an-
zusetzen ist, keine Wirkung entfaltet oder erfahren werden. Ein Beispiel:
Die Durchsicht weiterer Belege ergibt, dass beim AC-Verb ‘töten’ die
präverbale Argumentrolle mindestens [+human], die postverbale Argu-
mentrolle mindestens [+belebt] sein muss. Damit steht es deutlich im
Gegensatz zum deutschen Verb ‘töten’, wo beide Argumentrollen durch-
Einfache Verbalsätze 47
aus das Merkmal [belebt] haben können (“der Stein tötete ihn”, oder
“Nachlässigkeit tötet jede Initiative”). Hier wird sichtbar, dass sowohl
Abstraktion wie auch Metaphernbildung im AC vergleichsweise selten
über die hier aufgezeigte Merkmalsgeneralisierung erfolgt, sondern eher
über die Vielfalt des Lexikons. Mit Rücksicht darauf sollen in dieser
Grammatik des AC die häufigsten Merkmalsbündel mit den folgenden
Namen für Argumentrollen belegt werden (vgl. dazu auch Tabelle 2):
Wie aus vielen Beispielen zu ersehen ist, sind die zur Valenz gehörigen
autonomen NE in keinem Fall in einer modifizierenden Funktion anzu-
treffen; m.a.W., nur sie können zum primären (autonomen) Kern einer
nominalen Modifikationskonstruktion werden. Nominalphrasen, die zur
funktionalen Kategorie der Argumente gehören, werden fortan in der
Konstituentenkategorie der Kasusphrasen (KP) zusammengefasst. Nicht
zur Valenz gehören dagegen Modifikationen aller Art, also die adver-
biale Modifikation im Rahmen der Verbalphrase, sowie die “adsenten-
tiellen Adverbialbestimmungen” (der Zeit, des Ortes, der Umstände;
auch Satzadverbien SA genannt). In diesen Fällen sind nämlich das Verb
bzw. der Satz der primäre Kern der Modifikation. Die Zuordnung dieser
Elemente zu einer lexikalischen oder funktionalen Konstituenten-
kategorie wird an entsprechender Stelle zu diskutieren sein (vgl. 6.3 und
7.1.1). Man vergleiche folgende Beispielreihe:
X
‘[ist] rund’
NE
(Absolutiv) Prädikats-
(Objektiv) ausdruck
(R-1) Sv → KP + VP
Funktional gesehen besteht also jeder Satz – sei er verbal oder nominal
strukturiert – aus einem Subjekt und einem Prädikat, kategorial gesehen
besteht er im Verbalsatz aus einer Kasusphrase KP (Subjekt) und einer
Verbalphrase VP (Prädikat). Dabei wird die Kategorie durch die Begriffe
KP und VP wiedergegeben, während die Funktion durch die strukturelle
Konfiguration festgelegt wird: die KP, welche direkt von S dominiert
wird (also ohne Zwischenstufe von S abgeleitet ist), bildet das Subjekt
des Satzes. Die Termini Kasusphrase und Verbalphrase bezeichnen die
Maximalkonstituenten, die sich um nominale (Nomen; N) oder verbale
(Verb; V) Kerne bilden können (vgl. 1.2.2). Bei der Formulierung von
Regeln wird nach grösstmöglicher Verallgemeinerung getrachtet und
deshalb stets von der höchstmöglichen Hierarchiestufe der beteiligten
Einfache Verbalsätze 53
(R-2) KP → K + NP
Strukturbaum 2
Sv
KP VP
K NP
ø
tian-xià píng
das Reich ist im Gleichgewicht
Aus diesem kurzen Ausschnitt aus der Reihe der Altersprädikate leuchtet
es unmittelbar ein, warum viele Eigenschaftsverben nicht gesteigert
werden können: Wenn man “älter” ist als 60 bis 70 (qì 㘶), so tritt man
eben zur Kategorie der 70- bis 80jährigen über (lǎo 㘱). Das Verhalten
dieser antikchinesischer Prädikate steht somit auch weitgehend im
Gegensatz zu Tendenzen, die sich möglicherweise ab der Hàn-Zeit
entwickeln; im Modernchinesischen finden wir dann lǎo 㘱 als generelle
Bezeichnung für ‘alt’ (ein Rest des antiken Gebrauchs findet sich aller-
dings möglicherweise in der Praxis, bedeutende ältere Personen mit
Familiennamen und Zusatz lǎo 㘱, also z.B. Guō lǎo 䜝㘱, zu bezeich-
nen – im Gegensatz zum familiären lǎo Guō 㘱䜝 Benennungspraxis!).
Da es noch eine weitere Gruppe von Verben gibt, die monovalent
sind, braucht die Gruppe der Eigenschaftsverben im Lexikoneintrag über
die Valenznummer hinaus noch ein weiteres Subklassifizierungsmerk-
mal. Da die fehlende Steigerbarkeit ein wichtiges Merkmal darstellt, soll
das Merkmal [komp], in Worten: ohne Komparativ, benutzt werden. Der
Lexikoneintrag lautet also wie folgt:
㘱 lǎo: V1 [-komp];
X-ABSOLUTIV ist zwischen 70 und 80 Jahre alt
ᒣ píng: V1 [-komp];
X-OBJEKTIV ist im Gleichgewicht
56 Kapitel 2
‘sich echt in der Art und Weise des mit dem zugrundeliegenden
Nomen Bezeichneten benehmen oder verhalten’; ‘ein (r)echter X
sein’.
⡦ fù N: ‘Vater’
→ ⡦ fù V1: ‘sich (wirklich) wie ein Vater benehmen’
ᆀ zǐ N: ‘Sohn’
→ ᆀ zì V1: ‘sich (wirklich) wie ein Sohn benehmen’
Einfache Verbalsätze 57
Ein sehr bekanntes Beispiel für die Existenz derartiger Derivationen ist
das folgende (an derselben Stelle kommen auch negierte Äusserungen
mit diesen Prädikaten vor, womit die Zugehörigkeit zur Wortklasse der
Verben voll bestätigt ist):
Wie das letzte Paar des Beispiels zeigt, sind solche homographen Deri-
vationen im AC gelegentlich durch denominale *-s-Suffigierung markiert
worden (vgl. Kap. 10.3), welche, nach Entstehung der Tondistinktionen,
in einigen seltenen Fällen bis ins Neuchinesische fortlebt, während
ansonsten mittelchinesische Lautwandelprozesse die äussere Markierung
der Derivation getilgt haben. Vgl. z.B.
Dieser Umstand ist wiederum ein wichtiger Hinweis auf das Vorliegen
verschiedener Wortklassen. In wenigen, wichtigen Fällen haben sich
sogar noch differenzierende Schriftzeichen entwickelt, so bei:
zeln AC *nin > rén Ӫ und *niŋ > rén ӱ durch diachrone Lautwandel-
prozesse phonetisch zusammengefallen waren. Die in zhànguó-zeitlichen
Grabtexten vielfach belegten Schreibweisen der Bedeutung ‘sich wie ein
Mensch verhalten’ durch Kombination der Phonophore shēn 䓛 < AC
*hniŋ oder qiān ॳ < AC *s-(h)nniŋ mit dem Determinativum ‘Herz /
Verstand’ xīn ᗳ < AC *səm wurden dementsprechend sukzessive zu-
gunsten von ӱ aufgegeben.
X
‘[ist] ein [echter] x’
NE
(Absolutiv) Prädikatsausdruck
Strukturbaum 3
Sv
KP VP
K NP
ø
chén chén
der Lehensmann sei ein Lehensmann
ੋ jūn: V1 [denom];
X-ABSOLUTIV verhält sich wie ein (echter) Lehnsherr
B 34 н䴘 Zhuāng 31.6 CQ
bù yù
Es regnet nicht.
60 Kapitel 2
Strukturbaum 4
Sv
KP VP
K NP
ø ø
yù
es regnet
䴘 yù: V1 [denom];
X-AGENS regnet
kurzen – erreichen; usw. Wie schon in 2.3.1 erwähnt, ist diese Klasse im
AC (sofern dies eben die uns zur Verfügung stehenden Texte suggerie-
ren) auf verhältnismässig wenige Mitglieder beschränkt. Es handelt sich
da ausschliesslich um Prädikate, die allgemeine quantifizierbare Aspekte
materieller Dinge betreffen, also Grösse, Ausdehnung, Gewicht, Eig-
nung, zeitliche Abfolge. Man vergleiche:
NE
(Absolutiv)
(Objektiv) ‘[ist] gross im Vergl. zu’
Prädikatsausdruck
Y
NE
(Ort)
Die Regeln R-1 bis R-3 generieren nun auch Strukturbäume des
folgenden Typs – als Beleg vgl. man das folgende Beispiel:
Strukturbaum 5
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø
Qí dà yú Lu
Qi ist grösser als Lu
Strukturbaum 6
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø ø
Qí dà
Qi ist grösser
བྷ dà: V2 [komp];
X-ABSOLUTIV ist gross (grösser als Y-ORT)
X-OBJEKTIV ist gross (grösser als Y-ORT)
NE
(Absolutiv)
(Objektiv) ‘steht in / auf / bei’
Prädikatsausdruck
Y
NE
(Ort)
NE
(Absolutiv)
(Objektiv) ‘kommt nach / zu’
Prädikatsausdruck
Y
NE
(Ort)
Einfache Verbalsätze 67
Strukturbaum 7
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø
chén zhì yú jìng
Euer Chen kam an die Grenze
Strukturbaum 8
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø ø
gong zhì
der Patriarch kam
ት jū: V2 [lok.stat];
X-ABSOLUTIV wohnt in Y-ORT
ֶ lái: V2 [lok.dyn];
X-ABSOLUTIV kommt her nach Y-ZIEL
Diese divalenten Verben bringen die Vorstellung von Besitz und fehlen-
dem Besitz bzw. Existenz und Nichtexistenz zum Ausdruck. Darin ent-
sprechen sie den Deutschen Verben ‘haben’ bzw. ‘nicht haben’, welche
dialektal bzw. substandardsprachlich ebenfalls über diese beiden Bedeu-
tungskomponenten verfügen (‘es hat Bücher auf dem Tisch’ vs. ‘er hat
Bücher’). Einige typische Beispiele:
NE
(Ort)
‘in / auf / bei x hat es’
Y Prädikatsausdruck
NE
(Absolutiv)
(Objektiv)
Strukturbaum 9
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø
tian-xià you dào
im Reich gibt es Führen
ᴹ yǒu: V2 [lok];
in X-ORT gibt es Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV
X-INITIANS hat Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV
❑ wú: V2 [lok];
in X-ORT gibt es Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV nicht
X-INITIANS hat nicht Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV
Einfache Verbalsätze 73
NE
(Initians)
(Agens) ‘ordnet’
Prädikatsausdruck
Y
NE
(Rezipiens)
(Patiens)
Zum Beispiel:
B 54 ᯬᱟᆻ⋫ Xī 9 fù 3 Zuǒ
yú shì Sòng zhì
Daraufhin war das Fürstentum Sòng geordnet. (Die satzinitiale
Präposition gehört zum Satzlokativ.)
Das bisherige Regelwerk ist ohne weiteres in der Lage, solche Strukturen
zu generieren. Mit Blick auf den Vorgang der Passivierung (d.i. eine
Transformation; s. unten S. 76 und Graphik 18) lässt sich nun die bei der
Formulierung von Regel R-1 angesetzte Form der Subjektskasusphrase
legitimieren, welche tiefenstrukturell einer Kasusmarkierung bedarf,
obwohl diese praktisch nie realisiert wird (s. S. 54). Die Begründung
lautet: weil in der Passivkonstruktion stets die Kasusmarkierung yú ᯬin
Erscheinung tritt, die regulär das in die postverbale Position verschobene
Subjekt mit der Rolle Initians / Agens einleitet (vgl. Beispiel B 53). Das
Grammatikmodell beschreibt also nicht nur, dass die satzinitialen
nominalen Ergänzungen, welche die Funktion des Subjekts wahrnehmen,
zwar oberflächenstrukturell nur selten mit einer Kasusmarkierung reali-
siert sind, sondern es erklärt auch, warum die Markierung an sich aus
systematischen Gründen in den Regeln vorgesehen sein muss, denn
wenn sich bei der Passivierung die Kasusrolle nicht ändert, dann muss
sie schon “vorher” (tiefenstrukturell) existieren. Wie in 2.5 zu zeigen
sein wird, wird diese Frage auch bei den Argumentrollen Absolutiv und
Objektiv zu stellen sein.
Die bisherigen Regeln R-1 bis R-3 generieren also Strukturbäume des
folgenden Typs (das Beispiel ist aus der Textäusserung 10.9 adaptiert):
Einfache Verbalsätze 75
Strukturbaum 10
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø
gong chí guó
der Patriarch ordnet das Lehen
B 55 ഻⋫ᯬޜ
* guó [-bel] zhì yú gōng [+bel]
? (Das Lehen wird vom Patriarchen geordnet.)
Diese Regel galt offenbar auch dann, wenn in der aktiven Subjektskasus-
phrase Nomina realisiert wurden, die (auch) als [+belebt] gewertet wer-
den konnten. Zum Beispiel: shèng rén zhī zhì yú shì yě 㚆Ӫѻ⋫ᯬ
цҏ “(als) die weise Persönlichkeit vom Zeitalter / von der Generation
geordnet wurde” (Guǎnzǐ 39.8), oder Mǐn wáng huǐ yú wǔ guó 䯄⦻⇰
ᯬӄ഻ “der Mǐn-König wurde von den Fünf Lehnsfürstentümern / von
[den Fürsten] der Fünf Lehnsfürstentümern zerstört” (Xúnzǐ 9.11). Eine
solche “Belebung” ist bei B 55 wohl nicht sinnvoll möglich.
Die Merkmale [±belebt] sind sogenannte inhärente Merkmale der
Nomina. Man beachte, dass diese Bedingung nur diese vollständige di-
komplementäre Äusserungsform ausschliesst. Wird nämlich das Agens-
glied getilgt, d.h. wird eine über eine Passivierung entstehende mono-
komplementäre Äusserungsform realisiert, so wirkt die Beschränkung
nicht. Da in Strukturbaum 10 genau dieser Sachverhalt gegeben ist, kann
dieser nur in die monokomplementäre Form in Strukturbaum 11 trans-
formiert werden:
Einfache Verbalsätze 77
Strukturbaum 11
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø ø
guó zhì
das Lehen ist geordnet
Strukturbaum 12
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø
Lu bài yú Qí
Lu wurde von Qi
geschlagen
B 56 㠓䀾
chén tǎo
‘(Lehnsmann) (zur Rechenschaft ziehen)’
⋫ chí: V2 [trans];
X-INITIANS ordnet Y-REZIPIENS / PATIENS
zhì: [perf];
Y-REZIPIENS / PATIENS wird geordnet (von / durch X)
Y-REZIPIENS / PATIENS ist geordnet
Einfache Verbalsätze 79
Das Objekt (= ‘Wasser’) eines V2-Verbs vom Typ ‘kochen’, wie in der
dikomplementären Äusserung B 58 realisiert, kann als Subjekt eines
homographen V1-Verbs vom Typ ‘kochen’ in der entsprechenden mono-
komplementären Äusserung B 57 realisiert werden. Vereinfacht ausge-
drückt scheint das Subjekt ‘Hans’ der dikomplementären Äusserung B
58 getilgt zu sein. Die Beziehung zwischen den Äusserungen B 57 und B
58 ist so zu formulieren, dass das Verb in B 58 eine kausative Ent-
sprechung zum Verb in B 57 ist, d.h., dass eine verursachende nominale
Ergänzung ‘Hans’ (ein Initians) als Subjekt der dikomplementären
Konstruktion eingeführt werden kann.
Im Gegensatz zur eben behandelten monokomplementären Passiv-
äusserung (“Das Wasser wird gekocht”; vgl. Strukturbaum 11) ist die
semantische Beziehung zwischen Subjekt und Verb in der monokomple-
mentären Äusserung B 57 jedoch so, dass sich die Aktivität aus dem
Subjekt heraus entfaltet (im Deutschen, wo die Konstruktion relativ
selten ist, oder im Englischen ist dabei kennzeichnend, dass das Verb
seinen aktiven Modus beibehält). Man kann also in diesem Fall nicht von
einer Paraphrasen- oder Transformationsbeziehung zwischen B 57 und B
58 sprechen, denn die Semantik des Satzes wird in einem grundsätz-
lichen Punkt (Rollenverteilung) verändert, und das heisst, dass das
homographe divalente kausative Verb ‘kochen’ in B 58 nicht mit dem
monovalenten Verb ‘kochen’ in B 57 kategorisiert werden darf. Ein
derivatives Ableitungsverhältnis (vergleichbar demjenigen in 2.3.2) ist
allerdings klar zu bejahen. Demgegenüber kann man aber auf eine Para-
phrasenbeziehung zwischen den Äusserungen B 58 und B 59 verweisen:
Einfache Verbalsätze 81
B 60 ഻ሿ
guó xiǎo
Das Lehen ist klein.
B 61 㠓഻֯ሿ
chén shǐ guó xiǎo
Der Lehnsmann macht das Lehen klein.
B 62 㠓ሿ഻
chén xiǎo guó
Der Lehnsmann verkleinert das Lehen.
Als Belege für die eben angeführten Äusserungsformen lassen sich etwa
anführen:
Strukturbaum 13
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø
chén xiao guó
der Lehensmann verkleinert das Lehen
B 66 ੋ㠓ѻ
jūn chén zhī
Der Lehnsherr macht ihn zum Lehnsmann. [faktitiv]
84 Kapitel 2
B 67 㠓⦻⦻
chén wàng wáng
Der Lehnsmann hält den König für einen [echten] König.
[urteilend; putativ]
(Ein Faktitiv ist bei diesem Verb im antiken Sozialkontext nicht zu er-
warten; man beachte auch die in die modernen Tondifferenz mündende
antikchinesische Suffigierung.)
Bei dafür geeigneten Verben (es muss sich offenbar um das hierarchisch
tiefere in einer paarigen Beziehung handeln, z.B. chén 㠓gegenüber jūn
ੋ) gibt es ferner die Möglichkeit, in der postverbalen nominalen
Ergänzung auf denjenigen zu referieren, dem dieses Verhalten gilt (die
entsprechenden monovalenten Verben in 2.3.2 wären allenfalls hier unter
den divalenten einzureihen):
Strukturbaum 14
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø
jun chén zhï
der Lehensherr macht zum ihn
Lehensmann
㘱 lǎo ‘Siebziger’
䮧 zhǎng ‘Ältere’
⡦ fù ‘Vater’
ᆀ zǐ ‘Sohn’.
⚛ huǒ ‘Feuer’
ቻ wū ‘Haus, Zimmer’
Zum Beispiel:
NE
(Rezipiens) ‘ist zufrieden mit’
Prädikatsausdruck
Y
NE
(Agens)
Strukturbaum 15
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø
mín an yú ju
die Min sind zufrieden mit den Wohnstätten
Strukturbaum 16
Sv
KP VP
K NP V KP
K NP
ø ø ø
mín an
die Min sind zufrieden
X
NE
(Initians)
‘gibt’
Y
NE
(Objektiv) Prädikats-
ausdruck
Z
NE
(Ziel)
Für die konverse Relation gilt die folgende Rollenverteilung bei den
Ergänzungen:
Einfache Verbalsätze 93
X
NE
(Initians)
‘fragt’
Y
NE
(Objektiv) Prädikats-
ausdruck
Z
NE
(Quelle)
tisch formuliert: die Funktion des direkten Objekts). Bei den trivalenten
(konversen) Transferverben entsteht nun zum ersten Mal die Situation,
dass zwei Objekte möglicherweise einer differenzierenden Kennzeich-
nung bedürfen. Das indirekte Objekt, welches rollenmässig am ehesten
als Lokativ oder Ziel interpretiert werden kann (wenn ich jemandem
etwas gebe, dann befindet sich das Ding nach dem Transfer lokal bei
ihm), wird rollengemäss mit der bisher bekannten Kasusmarkierung yú
ᯬ gekennzeichnet; ebenso wird in der konversen Form die Quelle,
woher man etwas erhält, lokativisch gekennzeichnet (vgl. Beispiel B 78
oben). Darauf aufbauend könnte die Kennzeichnung des Passivobjekts
(Initians) mit yú ᯬ ebenfalls lokativisch interpretiert werden (etwa:
woher bekomme ich Schläge?). Das direkte Objekt als transferierter
Gegenstand (Objektiv) wird dagegen unter bestimmten Bedingungen mit
der Kasusmarkierung yǐ ԕ gekennzeichnet. Während das indirekte
Objekt seine postverbale Stellung (ob kasusmarkiert oder nicht) nie
verlässt, kann das direkte Objekt sowohl prä- wie auch postverbal reali-
siert werden. Z.B.:
Strukturbaum 17
Sv
KP VP
K NP V KP KP
K NP K NP
ø ø ø
gong yìn chén jiu
Die verschiedenen post- und präverbalen Stellungen der Objekte und die
Tilgungen, die zu den verschiedenen Äusserungsformen (mono-, di- oder
trikomplementär) führen, sind wohl das Resultat von Regeln, deren Be-
dingungen aber nicht bekannt sind. Die folgenden Äusserungskombina-
tionen ohne Tilgungen und ohne Pronominalformen sind bei den
trivalenten Verben vom Typ yǔ 㠷 ‘geben’ festzustellen, wenn auch nicht
mit eben diesen Zeichen / Wörtern (vgl. auch die Tabelle 17 in 8.3) und
in sehr verschiedenen Belegungshäufigkeiten, vgl. z.B.:
Bei den konversen Entsprechungen, also bei Verben vom Typ wèn
‘fragen’ oder shòu ਇ ‘empfangen’ usw., liegt eine Situation vor, in der
der Gegenstand der Transferierung nicht vom Subjekt, sondern sozu-
sagen vom indirekten Objekt “manipuliert” wird. Es ist daher nicht
möglich, das direkte Objekt präverbal zu stellen (wohl weil die Kenn-
zeichnung mit yǐ ԕ eine kontrollierende Aktivität des Subjektes voraus-
setzt). Möglich ist dagegen eine Umstellung nach dem Verb (vgl. auch
die Tabelle 18 in 8.3):
B 86 ≁ትᯬኡл
mín jū yú shān xià
Die Mín siedeln am Fusse der Berge.
B 87 ⦻ት≁ᯬኡл
wáng jū mín yú shān xià
Der König siedelt (= macht / lässt siedeln) die Mín am Fusse der
Berge an.
B 88 㠓ݽᯬ↫
chén miǎn yú sǐ
Der Lehnsmann entgeht dem Tod.
B 89 ੋݽ㠓ᯬ↫
jūn miǎn chén yú sǐ
Der Lehnsherr rettet (= macht / lässt entgehen) den Lehnsmann
vor dem Tod.
B 90 ཙ⦻ࠪትᯬ䝝 Xī 24.4 CQ
tiān wáng chū jū yú Zhèng
Der vom Himmel eingesetzte König verlässt [sein Lehen] und
wohnt in Zhèng.
98 Kapitel 2
Strukturbaum 18
Sv
KP VP
K NP V KP KP
K NP K NP
ø ø
jun mian chén yú si
der Lehensherr rettet den Lehensmann vor dem Tod
Sätze dieser Art weisen also die folgende typische Struktur auf:
X
NE
(Initians)
‘vorhanden
sein machen’
Y ‘verschwinden
NE machen / lassen’
(Objektiv)
Prädikats-
Z ausdruck
NE
(Ort)
100 Kapitel 2
Strukturbaum 19
Sv
KP VP
K NP V KP KP
K NP K NP
ø ø
jun you chén yú Lu
der Lehensherr lässt existieren Lehensmänner in Lu
ᴹ yǒu: V3 [lok];
X-INITIANS macht / lässt Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV in
Z-ORT entstehen / existieren / vorhanden sein [faktiv]
X-INITIANS hält Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV in Z-ORT
für existent / vorhanden [putativ]
❑ wú: V3 [lok];
X-INITIANS macht / lässt Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV
aus Z-ORT verschwinden / nicht existieren / nicht
vorhanden sein [faktiv]
X-INITIANS hält Y-OBJEKTIV / ABSOLUTIV in Z-ORT
für nicht existent / nicht vorhanden [putativ]
Einfache Verbalsätze 101
B 97 ᱹןᒣᠾҾ⦻ Xī 11 fù 2 Zuǒ
Jìn hóu píng Róng yú wáng
Der Markgraf von Jìn stiftete Frieden zwischen den Róng und
dem König. (wörtlich: Er brachte die Róng ins Gleichgewicht
zum König.)
Kausative Verben, die von einem statischen Grundverb (sei dieses nun
mono- oder divalent) hergeleitet sind, weisen aufgrund der semantischen
Besonderheit der Ursprungsverben in vielen Fällen zwei Varianten auf.
Es gibt die faktitive Variante, welche das Resultat eines faktisch vollzo-
genen Prozesses zum Ausdruck bringt (etwas ist ‘klein’, weil es ‘klein
gemacht’ worden ist), und es gibt die putative Variante, die eine
Wertung oder Zuschreibung einer Eigenschaft als mentales Resultat
festhält (‘ich halte etwas für klein’, d.h. ‘im Geiste mache ich es klein’).
In beiden Varianten ist nicht mehr eine rezeptive Rolle, sondern eine
aktive, agentivische Rolle in der Subjektsstelle zu finden (vgl. auch die
Ausführungen zu faktitiv und putativ auf S. 83–84).
Der Unterschied zwischen den divalenten und den trivalenten Ver-
ben zeigt sich insbesondere in der Markierung des Objekts bzw. der
Objekte und in den jeweiligen Pronominalisierungs- oder Fusionsfor-
men. In einzelnen Fällen sind auch unterschiedliche Lesungen überlie-
fert, die allerdings nicht immer systematisch auf eine antikchinesische
Kausativmorphologie zurückzuführen sind, z.B. im Fall von kausativem
nǔ ᙂ < AC *nna-q im Gegensatz zu divalentem nù ᙂ < AC *nna-s, wo
das divalente Verb durch Suffigierung als exoaktiv zum offenbar inhä-
rent kausativem Grundverb abgeleitet erscheint.
102 Kapitel 2
X
NE
(Initians)
‘(Gefühl)
(durch Handlung)
Y entstehen
NE machen / lassen’
(Grund)
Prädikats-
Z ausdruck
NE
(Rezipiens)
Strukturbaum 20
Sv
KP VP
K NP V KP KP
K NP K NP
ø ø
gong nu zhi yi xiè
ᙂ nǔ: V3 [emot.fak];
X-INITIANS macht / lässt mit / durch Y-GRUND /
INSTRUMENT in / bei Z-REZIPIENS Ärger / Wut / Zorn
entstehen
X-INITIANS ärgert Z-REZIPIENS mit / durch Y-GRUND /
INSTRUMENT
ᙂ nǔ: V3 [emot.put];
X-INITIANS findet / hält für ärgerlich wegen Y-GRUND
/ INSTRUMENT Z-REZIPIENS
X-INITIANS hält Z-REZIPIENS für ein Ärgernis wegen
Y-GRUND / INSTRUMENT
3 Nominalphrasen
[ Studentin]
NP
DETERMINANT NL
ADJUNKT NL
NL KOMPLEMENT
3.1 Adjunkte
Modifizie- MODIFIZIERTEM
rendes kommt
z.B. VOR z.B.
Adjektiv Nominale
Adverb Verbale
ausgedrückt werden. Für die Ableitung stellt sich die Frage, welcher
Wortklasse das Signalwort und welcher Strukturklasse die Genitivergän-
zung zuzuordnen sei. Da zhī ѻ eine Beziehung zwischen Satzteilen
signalisiert, ist es in die Nähe der Präpositionen gerückt. Da es aber auch
der ihm vorangehenden nominalen Struktur zuzuordnen ist, kann es sich
hier nicht um eine Prä-position handeln, sondern um eine Post-position
(wie sie z.B. aus dem Japanischen bekannt sind). Die Abkürzung für
diese Wortklasse wird mit PST angesetzt. Damit wird die strukturelle
Interpretation der Genitivergänzung als Postpositionalphrase PSP nahe-
gelegt. Unterstützung findet diese Analyse auch durch den aus AC (und
anderen Sprachen) bekannten Herleitungsprozess von Prä- bzw. Post-
positionen aus Verben (das lokative Bewegungsverb zhī ѻ ‘hingehen’
wäre also als Quelle der Derivation anzusetzen – man vergleiche den
analogen Vorgang bei den Präpositionen cóng ᗎ ‘von … aus / her’ oder
zì 㠚 ‘von … an, seither’ oder bei den deutschen Parallelbeispielen
Nominalphrasen 109
ⲷ⡦ѻ = ަ
Huáng-fǔ zhī = qí
(R-1) Sv → KP + VP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → V (KP) (KP)
(R-4b) NP → NL
(R-5) NL → (PSP) NL
(R-6) PSP → NP + PST
Strukturbaum 21
NL
PSP NL
NP PST
tian zhi zi
des Himmel -s Sohn
Die strukturelle Situierung der Adjunktion auf der Ebene NL (und nicht
NP) verhindert im übrigen in korrekter Weise, dass durch den Einschub
eines Determinanten DET, z.B. des Demonstrativdeterminanten shì ᱟ
(vgl. 3.2 unten), zwischen die Postposition PST und dem nach rechts
zweigenden Kernnomen NL ungrammatische Ketten entstehen. In Über-
einstimmung mit dieser Analyse sind Belege für diese strukturelle An-
ordnung nicht aufzufinden. Die zweite, verbalattributive Adjunktions-
form wird dagegen nicht ausgeschlossen (vgl. unten 3.1.1.1). Damit wird
auch der am deutschen Beispiel eingangs festgestellte Befund, dass die
Adjunktion auf der NL-Ebene stattfindet, insgesamt bestätigt. Aus den
Überlegungen im Rahmen dieses Abschnittes wäre abschliessend fest-
zuhalten, dass die Proform qí ަ, welche in der Regel terminologisch als
Possessivpronomen gefasst wird, keineswegs immer possessiv zu deuten
ist, wie das folgende Beispiel belegt:
Nominalphrase folgt, die den Kopf der Konstruktion bildet. Das konse-
quente Festhalten an diesem Verständnis führt aber bei bestimmten Äus-
serungen zu einem analytischen “Infarkt” und zu einem Erklärungsnot-
stand. Bei folgenden Belegen ist dies beispielsweise der Fall:
Beginnen wir mit Beispiel B 113 und der Grundannahme, dass es sich
um nicht-elliptische Sätze handelt: Die zwei Schriftzeichen ੁᠼ sind
Bestandteil eines Namens (Xiàng ੁ ist der Stammname, Xū ᠼ ist der
persönliche Name). Hier haben wir es also klar mit einer nominalen
Konstituente zu tun. Das “Ausrufezeichen” hū Ѿ (auch Sprechakt-
markierung SM genannt, s. 7.1.3.2) ist ein deutliches Signal für einen
Verbalsatz. Wenn wir die Kette Xiàng Xū zhī wèi ੁᠼѻ䄲 als Genitiv
analysieren, dann fehlt das Verb; wenn wir die Kette in eine Teilkette
Xiàng Xū zhī ੁᠼѻ und das Verb wèi 䄲 aufteilen, dann stellt sich die
Frage der Analyse der Teilkette Xiàng Xū zhī ੁᠼѻ.
Gehen wir über zu Beispiel B 112: Der satzfinale Perfektanzeiger yǐ
⸓ signalisiert deutlich, dass wir es wieder mit einem Verbalsatz zu tun
haben. Den Ausdruck míng dé ᰾ᗧ möchte man intuitiv als Objekt
eines Verbs wèi 䄲 auffassen. Es bleibt wieder ein Gebilde der Form cǐ
zhī ↔ѻ, welches man nach bisherigem syntaktischem Verständnis
keiner bekannten Konstruktion zuordnen kann. Wenn wir nun an dieser
skizzierten Konstituentenstrukturanalyse für Beispiel B 112 festhalten,
dann ist Beispiel B 111 wohl analog aufzufassen. Diese beiden Belege
lassen auch den Schluss zu, dass das präverbale zhī ѻ nicht als Objekts-
pronomen aufgefasst werden kann, denn im Kasusrahmen des Verbs wèi
䄲, nämlich ‘X nennt Y ein Z’, gibt es postverbal bereits ein Objekt Z
Nominalphrasen 113
(z.B. míng dé ᰾ᗧ) – und das allenfalls noch zu erwartende Objekt Y ist
im Pronomen cǐ ↔ realisiert.
Was sind also die Teilketten cǐ zhī ↔ѻ und Xiàng Xū zhī ੁᠼѻ
in diesen Belegen für Gebilde? Wenn wir an der Funktion von zhī ѻ in
Ketten dieser Art festhalten, nämlich daran, dass es sich kategorial um
eine Postposition handelt, die nach einer nominalen Konstituente eine
Modifikationsbeziehung signalisiert, dann bleibt uns nur die Möglich-
keit, strukturell eine genitivische (allgemeiner gesagt: eine endozentrisch
modifizierende) Variante vorzusehen, bei welcher der Kopf fehlt.
Das ist gar nicht so ungewöhnlich, denn im Modernchinesischen
kommen solche Konstruktionen sehr häufig vor. Es handelt sich nämlich
um nominale Konstituenten, die mit der mit zhī ѻ funktional in vielerlei
Hinsicht analogen Postposition de Ⲵ abgeschlossen sind. Man verglei-
che: (a) hóng-de, hēi-de, dōu yǒu ㌵Ⲵ,唁Ⲵ,䜭ᴹ – ‘es gibt sowohl rote
wie schwarze X’ (verbalattributive Modifikationen ohne Kopf); (b) zuó-
tiān lái-de shì Ruìshìrén, jīntiān lái-de shì Déguórén ᱘ཙֶⲴᱟ⪎༛
Ӫ, ӺཙֶⲴᱟᗧ഻Ӫ – ‘die gestern Gekommenen waren Schweizer,
die heute Gekommenen sind Deutsche’ (Relativsätze ohne Köpfe); (c)
䙉⁓Ⲵн㹼 – ‘solche taugen nicht’; (d) ᱘ཙⲴн㾱ⴻ,ӺཙⲴਟԕ –
‘die von Gestern dürfen Sie nicht anschauen, die von Heute können Sie’
(genitivische Konstruktion ohne Kopf – gemeint können z.B. Zeitungen
sein).
Wenn wir nun annehmen, dass eine Konstruktion dieses Typs auch
im AC möglich war, dann stellt sich die Frage, welche semantische oder
pragmatische Konnotation damit zum Ausdruck gebracht wird. Bei den
Äusserungen, die mit dem Verb wèi 䄲 konstruiert sind, ist festzustellen,
dass im unmittelbaren Kontext eine Modellvorstellung, z.B. in der Form
eines Zitats aus einer kanonischen Quelle, angeführt wird. Damit wird
die anschliessende Schlussformel in einen klassifizierenden oder gene-
rischen Zusammenhang gestellt (was notwendigerweise auch indefinit
ist). Wir erhalten also die folgenden Übersetzungen der Beispiele B 111
bis B 113:
Durch das Signal yě ҏ wissen wir, dass mit der Äusserung fú-zǐ zhī wèi
yě ཛᆀѻ䄲ҏ ein Nominalsatz vorliegt. Diese Kette kann aber
grundsätzlich strukturell verschieden analysiert werden: (a) Die Kette
ཛᆀѻ䄲 wird als genitivisch konstruierte Prädikatsnominalphrase
verstanden (das getilgte Subjekt würde auf das Zitat oder dessen Inhalt
referieren). Als Genitiv wäre fú-zǐ ཛᆀ explizit mit zhī ѻ dem
(Verbal)nomen wèi 䄲 zugeordnet und als ‘das Reden des werten
Junkers’ oder ‘die Meinung des werten Junkers’ zu übersetzen (subjek-
tiver Genitiv). Ein objektiver Genitiv ‘das Reden vom Junker’ kann aus
syntaktischen Gründen nicht angesetzt werden, denn diese müsste
zwingend die Form 䄲ཛᆀ haben, also ‘das den-Junker-Meinen’ oder
‘das vom-Junker-Reden’. Da eben dieses pragmatisch und intuitiv
Nominalphrasen 115
Ergänzt wird diese Feststellung der nominalen Natur durch den fol-
genden Beleg, wo das Fragepronomen hé օ für die zu ersetzenden
Ketten shā lù zhī ⇪ᡞѻ und qìng shǎng zhī ឦ䌎ѻ steht:
Nach all diesen Belegen mit dem Verb wèi 䄲 stellt sich die Frage, ob
wir es hier mit einer idiosynkratischen Konstruktion zu tun haben, also
einer Ausdrucksweise, die typisch ist für dieses Verb und für diese
pragmatische Situation. Dass es sich aber tatsächlich um eine
116 Kapitel 3
Der Ausdruck Chǔ zhī ᾊѻ ist hier klar als lokativisches Subjekt des
Verbs yǒu ᴹ zu analysieren. Es kann als Analogon zu den möglichen
Konstruktionen Chǔ zhě ᾊ㘵 ‘einer aus Chǔ’ oder Chǔ zhī rén ᾊѻӪ
‘ein Rén aus Chǔ’ aufgefasst werden (und in gewissen Kommentaren
wird der Ausdruck auch so erklärt, zumal ѻ zhī (*tə) und zhě (*ta-q)
einander auch lautlich sehr nahestehen).
Die korrekte Analyse des ‘kopflosen’ Genitivs kann in gewissen
Kontexten von eminenter Bedeutung sein, nämlich dann, wenn es um die
notwendige begriffliche Klarheit geht. Das lässt sich an folgendem Beleg
illustrieren:
Die übliche Übersetzung dieser Kette wäre wohl wie folgt: ‘Der
naturgegebene Zustand von Gewässern ist rein und klar, aber Erde trübt
sie; der naturgegebene Zustand der Rén ist zufrieden und ruhig, aber
Begehren und Wünsche wühlen ihn auf.’ Irritierend an dieser Über-
setzung ist die Tatsache, dass inhaltlich eigentlich Eigenschaften des
Wassers bzw. der Rén beschrieben werden, nicht aber ihrer naturgege-
benen Anlagen. Diese Irritation stammt daher, dass die Ketten shuǐ zhī
xìng ≤ѻᙗ und rén xìng Ӫᙗ als Genitive analysiert (erstere als
expliziten, letztere als impliziten Genitiv) und als Subjektsausdrücke
interpretiert werden. Intuitiv würde man die Äusserungen wie folgt
verstehen und auch übersetzen wollen: ‘Wasser ist von Natur aus rein
und klar, aber Erde trübt es; Rén sind von Natur aus zufrieden und ruhig,
aber Begierden und Wünsche wühlen sie auf’. (LE BLANC & MATHIEU
2003, die das HNZ übersetzt haben, spüren diese Unstimmigkeit offen-
bar auch, denn sie übersetzen mit ‘l’eau est claire par nature’, vgl. S. 75.)
Mit anderen Worten: das Wort xìng ᙗ wird als Adverb, als Ausdruck
Nominalphrasen 117
Wenn sich die Beschreibung des kopflosen Genitivs als korrekt heraus-
stellt, so hat das weitreichende Konsequenzen für die häufig geäusserte
Ansicht, dass gewisse Markierungen einem deskriptiv und explanato-
risch nicht präzise fassbaren Muster folgen. Erklärungen, die auf
stilistische Erwägungen oder weitgehende Freiwilligkeit des Setzens
oder Nichtsetzens hinauslaufen, sollten eigentlich nicht anvisiert werden,
bevor Regelmässigkeiten nicht ausgelotet worden sind; denn nur auf
diesem Hintergrund sind Abweichungen oder “Regelverstösse” zu
erkennen und zu erklären. Es gilt wohl eher: Je vielfältiger die struk-
turellen Kontexte sind, in denen eine bestimmte Markierung vorkommt,
umso stringenter muss die Interpretation der syntaktischen Signale sein,
um sich nicht in uferloser Beliebigkeit zu verlieren.
prinzipiell das ganze Spektrum der Rollen in Frage, die vom verwandten
Verb dominiert werden können. So kann z.B. das vom Verb ‘studieren’
abgeleitete Nomen ‘das Studieren’ oder auch ‘das Studium’ analog zum
Verb einen subjektiven (wer studiert?) oder einen objektiven Modifika-
tionsteil haben (was wird studiert?), was – je nach Objekt – zu ambiva-
lenten Strukturen führen kann. So kann etwa der Ausdruck ‘das Studium
der Männer’ als ‘das Studium des Studienobjekts Männer’ (analog: ‘X
studiert die Männer’) oder aber ‘das Studium, welches von Männern
absolviert wird’ (analog: ‘Männer studieren Y’) paraphrasiert werden.
Mit anderen Worten: die Art der genitivischen Beziehung ist abhängig
von der Valenz und von den Rollen der Valenzstellen des zugrunde-
liegenden Verbs. Bei Verbalnomina, die von einwertigen Verben her-
geleitet sind, können somit nur subjektive Genitive angesetzt werden.
Zum Beispiel:
B 127 ᱏ䲺ᵘ匤഻ӪⲶ ᴠ:ᱟօҏ.[…]
ཛᱏѻ䲺ᵘѻ匤,ᱟ[…]⢙ѻ㖅㠣㘵ҏ. Xún Zǐ 17.7
xīng zhuì, mù míng, guó rén jiē kǒng, yuē: shì hé yě? […]
fú: xīng zhī zhuì, mù zhī míng, shì [...] wù zhī hǎn zhì zhě yě
Wenn Sterne fallen und Bäume ächzen, so erschrecken alle Rén
des Fürstentums und fragen: Weshalb ist dies so? […] Nun: Das
Fallen der Sterne, das Ächzen der Bäume, dies […] sind Dinge,
die selten eintreffen. (Die zwei Äusserungen zeigen die
Wandlung der Ketten xīng zhuì ᱏ䲺 und mù míng ᵘ匤 in die
subjektiven genitivischen Ketten xīng zhī zhuì ᱏѻ䲺 und mù
zhī míng ᵘѻ匤.)
Nominalphrasen 121
B 130 ᆏᆀᴠ:Njӄ䵨㘵й⦻ѻ㖚Ӫҏ,
Ӻѻ䄨ןӄ䵨ѻ㖚Ӫҏ,
ӺѻབྷཛӺѻ䄨ןѻ㖚Ӫҏ Mèng 6B.7
Mèng zǐ yuē: wǔ bà zhě sān wáng zhī zuì rén yě;
jīn zhī zhū-hóu wǔ bà zhī zuì rén yě;
jīn zhī dài-fū jīn zhī zhū-hóu zhī zuì rén yě.
Junker Mèng sagte: “Die (Fürsten) vom Typ der ‘Fünf
Hegemone’ waren Schuldige angesichts der Drei Könige, die
heutigen Lehensfürsten sind Schuldige angesichts der Fünf
Hegemonen und die heutigen Dàifū sind Schuldige angesichts
der heutigen Lehensfürsten.” (objektive Genitive)
Strukturbaum 22
NL
VAT NL
dà guó
grosses Fürstentum
Strukturbaum 23
NL
VAT NL
VAT NL
Hier zeigt sich also eine klare Differenz zum Deutschen (Englischen
usw.): Während im Deutschen Adjunkte (Adjektive, Partizipialformen)
zur Nominalklasse tendieren (sie werden wie Nomina dekliniert, wie No-
mina verlangen sie prädikativ nach einer Kopula), gehört die funktional
analoge Wortklasse im AC zu den Verben (sie brauchen prädikativ kein
Analogon zur Kopula ‘sein’, also kein yě ҏ, fēi 䶎 usw.; sie können in
der adjungierenden Funktion von Negationen begleitet sein). Es wird
also im AC ein Prädikat der Nominale NL adjungiert, und dies geschieht
nicht direkt und unvermittelt, sondern über die Relativsatzkonstruktion.
Mit anderen Worten: Im AC wird nicht eine Struktur ‘das grosse
Fürstentum’ erzeugt, sondern stets die Struktur ‘das Fürstentum, das
gross ist’. Wo also im Deutschen (Englischen usw.) eine Paraphrasen-
relation zwischen Adjektiven und Relativsätzen existiert, ist eine solche
im AC praktisch inexistent. Im Vorgriff auf die Ableitung von Relativ-
satzkonstruktionen (vgl. 4.1) beschränken wir uns deshalb auf die Fest-
stellung, dass beim NP-Knoten innerhalb der Postpositionalphrase PSP
ein neuer Satzknoten S erzeugt werden kann, so dass eine alternative
126 Kapitel 3
(R-4b) NP → (DET) NL
(R-4c) NP → S
Die Verwendung des Kürzels S (und nicht Sv) deutet an, dass der Satztyp
nicht zu präzisieren ist (Verbalsatz oder Nominalsatz; Näheres dazu in
Kapitel 4). Zusammen mit den übrigen eingeführten Regeln entstehen
somit die auf Relativkonstruktionen beruhenden verbalattributiven
Strukturen der folgenden (vereinfacht dargestellten) Art:
Strukturbaum 24
NL
PSP NL
NP PST
Sv
KP VP
ø ø
dà guó
grosser Staat
also einerseits eine koordinierte Struktur auf der Ebene PSP anzusetzen
(hier nicht als spezielle Regel formuliert), anderseits eine erneute
Anwendung von Regel R-5 einzuleiten, wie bei den VAT in der ersten,
kritisierten Analyse in Strukturbaum 23 oben. In der ersten Ableitung ist
die additiv koordinierte, in der zweiten die subordinierte Möglichkeit
dargestellt:
Strukturbaum 25
NL
PSP NL
PSP PSP
NP PST NP PST
Sv Sv
KP VP KP VP
ø ø ø ø
san wáng guó
“die dreie sind” + “die untergegangene sind” Fürstentümer
drei untergegangene Fürstentümer
128 Kapitel 3
Strukturbaum 26
NL
PSP NL
NP PST PSP NL
Sv NP PST
KP VP Sv
KP VP
ø ø ø ø
san wáng guó
“die dreie sind”
“die untergegangene sind” Fürstentümer
drei untergegangene Fürstentümer
Strukturbaum 27
NL
PSP NL
NP PST
Sv
KP VP
ø
bù cái zhi zi
“der nicht geraten ist” Sohn
missratener Sohn
3.2 Determination
(R-4b) NP → (DET) NL
Aufgrund der Belegbeispiele B 140 und B 141 lassen sich die folgenden
Strukturdarstellungen ansetzen (das Dreieck in Strukturbaum 29
signalisiert, dass zwei oder mehr Elemente zusammen eine nicht weiter
zu analysierende oder analysierbare Einheit bilden):
Strukturbaum 28
NP
DET NL
shì rén
dieser Ren/Mensch
Nominalphrasen 131
Strukturbaum 29
NP
DET NL
PSP NL
䄨ן 䄨བྷཛ 䄨⡦
zhū hóu zhū dài-fū zhū fù
die Lehensfürsten die Dài-fū die Väter
3.3 Nominalkomplemente
B 142 ਨ俜
sī=mǎ
‘Kriegsminister, Marschall’ (Aufseher über die Pferde)
B 143 ⛪᭯
wéi=zhèng
‘Kanzler’ (Hersteller der Ordnung)
B 144 ว᭯
zhí=zhèng
‘Kanzler’ (Handhaber der Ordnung)
Strukturbaum 30
Sn
NP PRP
NL NP PA
NL
shì bù=chén y
das nichtlehensmann- [ist]
konformes Verhalten
Strukturbaum 31
Sn
NP PRP
NL NP PA
NL NP
shì you fù ye
dies das Haben von Vätern [ist]
Die Strukturbeschreibung von Beispiel B 152 lässt sich wie folgt in der
Baumdarstellung ansetzen:
Strukturbaum 32
Sv
KP VP
K NP V KP
NL NP K NP
NL NP
ø ø
zhì zhì zài gé wù
Erwerb von Wissen beruht auf Erfassung der Dinge
Damit wäre summarisch der Nachweis erbracht, dass der Ansatz einer
Nominalkomplementierung im AC deskriptiv und explanatorisch adäquat
ist, d.h. sie liefert eine syntaktisch sinnvolle Beschreibung und dient als
angemessene Erklärung entsprechender syntaktischer Strukturen. Es
handelt sich also nicht bloss um eine vom Deutschen her suggerierte,
naheliegende Analysemöglichkeit.
Nominalphrasen 139
3.4 Personennamen
LN KN AT KT MING
഻ guó 䅊 shì ⡥ jué míng
啺 Qí ᲟJǐng ޜgōng
ᆻ Sòng ޜgōng
Yuán ՟ bó 䋛 Guàn
᮷ Wén ⦻ wáng
ਾ hòu で Jì
Auf Herrscher kann mit den folgenden Titelformen referiert werden: mit
dem Adelstitel AT, der den Rang des Fürsten im Rahmen des Lehns-
140 Kapitel 3
Tabelle 8: Geburtsrangbezeichnungen
PH Bedeutung Äquivalent
՟ bó Erstgeborene(r) (wenn von Hauptfrau) MAJOR(IN)
LN SN KN PH ZI MING ZUN KT
഻ ᇇ 䅊 ᧂ㹼 ᆇ ሺ
冟 ᆄ ш
ᆄ ᆀ
ᇓ ᆀ
༛ ᆓ
Ԣ ቬ
Ԣ ኡ ⭛
ᆀ ⭒
ᆀ 䐟
Bei den männlichen Personen traten also Elemente auf, die – wie die
Tabelle 9 zeigt – offenbar nicht beliebig kombinierbar waren. So scheint
etwa die Geburtsrangbezeichnung oder die Statusbezeichnung (Vor-
steherschaft eines Stammes) vorzugsweise – aber nicht ausschliesslich –
mit dem Volljährigkeitsnamen aufzutreten, während sich der einem
hohen, aber temporären Amt zukommende Titel nur mit dem Stamm-
namen verbindet. Die syntaktische Verbindung ist auch unterschiedlich:
während z.B. Ländername und Geburtsrangbezeichnung in modifizie-
144 Kapitel 3
render Stellung sind, ist die des Honorificums appositiv (zum suffixalen
Ehrentitel fǔ ⭛/⡦, vgl. GASSMANN 2011).
An einer Stelle in den Kurstexten (19.4) kommt der Name einer
Frau vor, und zwar ist dies die Chéng Fēng ᡀ付 ‘die Chéng(-Herrin)
aus dem Klans der Fēng’, deren Namen aus dem kanonischen Namen
Chéng ᡀ und dem Klannamen Fēng 付 aufgebaut ist. Die Kennzeich-
nung der Klanzugehörigkeit (xìng ဃ) war bei Frauen wegen der Exo-
gamieregel bei der Heirat wichtig und fehlt deshalb kaum je in den
entsprechenden Namen. In der folgenden Tabelle 10 sind eine Reihe von
möglichen Ausdrucksformen zusammengetragen, wobei einzuschränken
ist, dass es sich ausschliesslich um die Namen von Herrschergattinnen
handelt:
LN KN PH XING ZUN
഻ 䅊 ᧂ㹼 ဃ ሺ
Ԣ ᆀ
՟ လ
ᡀ 付
↖ ဌ
啺 ဌ
ဌ ∿
Lebewesen
… … … Krähe … Hirsch
Lebewesen
Krähe Hirsch
beiden als Elemente der gleichen Kategorie zu verstehen sind, und zwar
einer Kategorie, die man als “Konfigurationen [der Herzorgane]” (dafür
gibt es keine lexikalisierte Kategorialbezeichnung) fassen könnte. So
werden die Ausdrücke táo rén zhī wèi 䲦Ӫѻ‘ ڭdie wèi des Töpfers’
und shèng rén zhī wèi 㚆Ӫѻ‘ ڭdie wèi des Töpfers’ parallelisiert;
beide sind auf dem Hintergrund der damit assoziierten Ausdrücke táo rén
zhī xìng 䲦Ӫѻᙗ ‘die naturgegebenen Anlagen des Töpfers’ und shèng
rén zhī xìng 㚆Ӫѻᙗ ‘die naturgegebenen Anlagen des Töpfers’ zu
sehen.
Was ist nun die differentia specifica zwischen xìng ᙗ und wèi ?ڭ
Im besagten Kapitel 23 wird ausgeführt, wie ein Töpfer Ton formt und
Gefässe herstellt. In diesem Prozess entstehen Gefässe durch die Fähig-
keiten, die der Töpfer z.T. naturgegeben zur Verfügung hat, zum Teil
aber erworben hat. Das Wort wèi ڭbezieht sich nun genau auf diese
Kombination oder Konfiguration erworbener Fähigkeiten des Töpfers,
Gefässe verschiedenen Typs und für verschiedene Verwendungszwecke
durch Bearbeiten von Ton herstellen zu können. Analog dazu erwirbt
sich der weise Rén die Fähigkeit, die bei Geburt gegebene Konfiguraton
xìng ᙗ durch Bearbeiten bzw. Erziehen (aus eigenem Antrieb oder von
anderen initiiert) oder Erfahrung in eine geschaffene, brauchbare Kon-
figuration namens wèi ڭzu wandeln, d.h. in Analogie zum Töpfer
gewissermassen bestimmte Instrumente oder Gefässe des Verhaltens
entstehen zu lassen. Neben der naturgegebenen, bei der Geburt vorhan-
denen Konfiguration von Fähigkeiten (xìng ᙗ) entstehen durch eigene,
aktive Anstrengung (aber auch durch erfahrene, z.T. ungünstige Umwelt-
faktoren) neue, entwicklungs-, karriere- oder berufsspezifische Konfigu-
rationen, eben wèi ڭ.
Im gleichen Kapitel des Xún zǐ ist eine weitere wichtige NP-Koordi-
nation realisiert, nämlich xìng qíng ᙗᛵ. Das Auftreten dieser koordi-
nierten Konstruktion genügt, um auch hier anzunehmen, dass das zweite
der beiden Elemente zur gleichen Kategorie der “Konfigurationen [der
Herzorgane]” gehören muss. Während xìng ᙗ die Anfangskonfiguration
der menschlichen Herzorgane bezeichnet, d.h. seine Ausgangslage mit
den von der Natur vorgegebenen emotionalen und verhaltensmässigen
(Vor)einstellungen, wèi ڭhingegen das Resultat einer spezifischen
Bearbeitung dieser Anfangskonfiguration, ergibt sich aus den Quellen als
Bedeutung von qíng ᛵ ein momentaner, aktuell bedingter Zustand der
Konfiguration, gewissermassen als Momentaufnahme einer bestimmten
150 Kapitel 3
Einstellung. Darum sind z.B. ‘Liebe’ oder ‘Hass’ eben qíng ᛵ, nämlich
momentane (emotional bedingte) Einstellungen bzw. (Gefühls)konfigu-
rationen der jeweils beteiligten Herzorgane. Und aus demselben Grund
kann die Anfangskonfiguration xìng ᙗ in bestimmten Kontexten auch
als qíng ᛵ verstanden werden, nämlich eben als die zu Beginn des
Lebens herrschende wiewohl teilweise vorübergehende Konfiguration.
Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so ist meist eine implizite genitivische
Modifikation zu vermuten. Nomina, die Elemente einer solchen Hypo-
nymie-Relation sind, können auf zwei Arten additiv (‘und’) koordiniert
und so zu komplexen Nominalstrukturen zusammengefügt werden (in
manchen Fällen ist diese Konstruktion im Deutschen mit ‘oder’
wiederzugeben):
Bei mehr als zwei Elementen ist diese Konstruktion sehr oft paarig
erweitert und resultiert mithin in einer metrisch bzw. prosodisch als
wohlklingend empfundenen viersilbigen Artikulationsphrase (breath
group).
b. Soll explizit zum Ausdruck gebracht werden, dass das erste Ele-
ment im Ausdruck als statushöher oder hierarchisch höhergestellt,
das zweite im Verhältnis dazu als statustiefer oder hierarchisch
tiefergestellt zu betrachten sind, so wird dafür in der Form NP + KNJ
+ NP die Konjunktion jí ৺ verwendet:
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
154 Kapitel 3
Strukturbaum 33
NP
NP NP
jun chén
Lehnsherr [und] Lehnsmann
Strukturbaum 34
NP
NP KNJ NP
B 164 ⦻ѻ൏ൠ
wáng zhī tǔ dì
‘des Königs Grund und Boden’
Strukturbaum 35
NP
NL
NL NL
PSP NL PSP NL
NP PST NP PST
ø ø
guó zhi jun [guó zhi] chén
des Lehen -s Lehensherr [und] Lehensmänner
Strukturbaum 36
NL
PSP NL
NP PST
NP NP
3.6 Zusammenfassung
(R-1) Sv → KP + VP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → V (KP) (KP)
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
(R-4b) NP → (DET) NL (KP)
(R-4c) NP → S
(R-5) NL → (PSP) NL
(R-6) PSP → NP + PST
4 Nebensätze
4.1 Relativsätze
(R-5) NL → (PSP) NL
Strukturbaum 37
NL
PSP NL
Strukturbaum 38
NL
PSP NL
NP PST
Diese Nominalphrase (hier mit dem Prädikat bái ⲭ besetzt; für die ge-
naue Genese vgl. SB 41) ist schliesslich die Ansatzstelle für die Satz-
einbettung mit der Regel
(R-4c) NP → S
Strukturbaum 39
NL
PSP NL
NP PST
S
In der Baumdarstellung bietet sich die Satzstruktur von B 166 wie folgt
dar:
Nebensätze 163
Strukturbaum 40
Sn
NP PRP
NL NP PA
PSP NL
NP PST
S
Strukturbaum 41
Sn
NP PRP
NL NP PA
PSP NL
NP PST
S
ø ø
Strukturbaum 42
NL
PSP NLb
NP PST
S
KP VP
NLs
Strukturbaum 43
NL
PSP NLb
NP PST
S
Strukturbaum 44
NL
PSP NLb
NP PST
S
KP VP
V KP
NLo
B 167 ੋ᰾
jūn míng
der Herrscher ist klarsichtig
168 Kapitel 4
B 168 ᆀн
zǐ bù cái
der Sohn ist missraten (= nicht begabt)
B 169 Ӫ⸕ѻ
rén zhī zhī
die Persönlichkeit weiss es
Strukturbaum 45 / 46
NL
S PSP NLb
KP VP NP PST
S
KPs VP
Ø Ø
B 170 ᰾
X míng
X / jemand ist klarsichtig.
B 171 н
X bù cái
X / jemand ist missraten.
B 172 ⸕ѻ
X zhī zhī
X / jemand weiss es.
Fall wird der Platz des nominalen Kerns mit einem spezifischen Prono-
men besetzt. Das Pronomen
㘵 zhě PRN[NP]
Strukturbaum 47
NL
PSP NLb
NP PST
S
KPs VP
ø ø
ist. Mit anderen Worten: Die Kette míng jūn ᰾ੋ durchläuft in der
Ableitung eine Form míng (zhī) jūn ᰾ѻੋ ‘der klarsichtige Herrscher’:
B 167a ᰾ੋ ← ᰾ѻੋ
míng jūn ← míng zhī jūn
Strukturbaum 48
Sv
KP VP
V KP/NP
NL
PSP NLb
NP PST
S
KPs VP
B 174 ❑⡦ѻ഻
wú fù zhī guó
‘ein Land, in dem es keine Väter gibt’ = ‘ein Land ohne Väter’
B 175 ❑⡦㘵
wú fù zhě
‘eines, in dem es keine Väter gibt’ = ‘eines ohne Väter’
Nebensätze 173
Strukturbaum 49
NL
PSP NLb
NP PST
S
KPs VP
ø ø
B 176 ⦻㘵ѻา
wàng zhě zhī táng
‘die Halle von einem, der sich wie ein König verhält’
174 Kapitel 4
Die Struktur dieses zweiten Beispiels stellt sich wie folgt dar:
Strukturbaum 50
NL
PSP NL
NP PST
NL
PSP NLb
NP PST
S
KPs V
ø ø
B 177 ഻ѻᇣӪ㘵
guó zhī hài rén zhě
‘die (im / vom) Reich, welche den Persönlichkeiten Schaden
zufügen’
Nebensätze 175
Strukturbaum 51
NL
PSP NL
KPs VP
ø ø
B 178a ᴹᆀᕂަ⡦㘵
yǒu zǐ shì qí fù zhě
Es kommen (Fälle) vor, dass Söhne ihre Väter ermorden.
Strukturbaum 52
NL
PSP NLb
NP PST
S
KP/NP VP
V KP/NP
᭵ gù ‘Grund, Ursache’
Strukturbaum 53
NL
PSP NLb
NP PST
S
KP/NP VP
V KP/NP
ø ø
B 180 㾻㠓
X jiàn chén
X sieht / empfängt den Lehnsmann.
B 181 Ⅲ൏ൠ
X yù tǔ dì
X will Grund und Boden (= Land).
B 182 伺≁
X yǎng mín
X ernährt die Mín.
180 Kapitel 4
B 180a 㾻㠓
jiàn chén
? ‘der “gesehene / empfangene” Lehnsmann’
? ‘der Lehnsmann, der “gesehen / empfangen” wird’
? ‘der Lehnsmann, den “X gesehen / empfangen” hat’
B 181a Ⅲ൏ൠ
yù tǔ dì
? ‘das gewünschte / gewollte Land’
B 182a 伺≁
yǎng mín
? ‘die ernährten Mín’
Da die Klasse der Adjektive ausgeschlossen worden ist (s. oben S. 175),
macht es grundsätzlich wenig Sinn, von partizipialisierten Formen zu
sprechen. Und wenn sie dennoch angesetzt würden, wären die parti-
zipialisierte Verbformen in der Regel nicht identifizierbar, weil im AC
die entsprechende Verbflexion fehlt. Die hypothetische attributive Kon-
struktion ‘der gesehene Lehnsmann’ in Beispiel B 180a (Part.perf.;
‘Lehnsmann’ ist Objekt von ‘sehen’) ist vom zugrundeliegenden Satz,
Nebensätze 181
⋫ chí: V2 [trans];
X-INITIANS ordnet Y-REZIPIENS / PATIENS
zhì: [perf];
Y-REZIPIENS / PATIENS wird geordnet (von / durch X)
Y-REZIPIENS / PATIENS ist geordnet
Auf phonologischer Seite ist zhì < AC *lrə-s durch das medio-passivische
*-s-Suffix von dem unsuffigierten V2 chí < *lrə unterschieden. Ob die in
mittelchinesischer Zeit von der Reimwörterbuchtradition in dieselbe An-
lautklasse ѻ eingeordneten beiden Formen auf unterschiedlich ausgefal-
lene Präfigierung im AC *(C-)lr- zurückgehen, ist anhand der derzeitigen
Evidenzlage nicht entscheidbar. Wegen der Zweiwertigkeit wäre also die
einfache Umstellung in eine verbalattributive Stellung ausgeschlossen.
Dennoch finden wir als seltenes Beispiel den folgenden Beleg:
Die Existenz dieses durch die Gegenüberstellung von zhì shì ⋫ц und
luàn shì Ҳц wohl zweifelsfreien Beispiels lässt sich also nur mit der
phonologischen Differenzierung der beiden Formen erklären (was bei
den Beispielen B 183 und B 183a nicht der Fall ist). Diese Differen-
zierung erlaubte auch die Klassifizierung als V1, womit eine reguläre
182 Kapitel 4
Diese Bildungen, die letztlich auf die exoaktive Grundfunktion von *-s
zurückzuführen sind, wurden schliesslich häufig Ausgangspunkt für ad-
verbiale Lexikalisierungen (vgl. Kap. 10.5.3).
Ein weiteres Beispiel zeigt die gleiche Charakteristik: es existieren
zwei Verben 㚭 mit unterschiedlichen Aussprachen, nämlich tīng (AC
*hlleŋ) und tìng (*hlleŋ-s). Da eine Verwechslung offenbar ausgeschlos-
sen werden kann, kann das divalente tìng auch in einer partizipialen
verbalattributiven Funktion verwendet werden:
ᡰ suǒ PRN[rel]
Nebensätze 183
B 180 㾻 㠓
X jiàn chén
→ B 180a ᡰ 㾻ѻ 㠓
X* suǒ jiàn zhī chén
‘der (von X) ge-sehene Lehnsmann’
‘der Lehnsmann, den (X) sieht’
B 181 Ⅲ ൏ൠ
X yù tǔ dì
→ B 181a ᡰ Ⅲѻ ൏ൠ
X* suǒ yù zhī tǔ dì
‘das (von X) ge-wünschte Land’
‘das Land, das (X) wünscht’
B 182 伺 ≁
X yǎng mín
→ B 182a ᡰ 伺ѻ ≁
X* suǒ yǎng zhī mín
‘die (von X) ge-nährten Mín’
‘die Mín, die (X) ernährt’
Das mit einem Nomen realisierte Nebensatzsubjekt, also das Subjekt des
Relativsatzes (hier und in den folgenden Übersichten mit X* ange-
184 Kapitel 4
B 180b ᡰ 㾻ѻ 㠓
X* suǒ jiàn zhī chén
→ B 180c ᡰ 㾻 㘵
X* suǒ jiàn zhě
‘der (von X) Ge-sehene’ / ‘der, den (X) sieht’
B 181b ᡰ Ⅲѻ ൏ൠ
X* suǒ yù zhī tǔ dì
→ B 181c ᡰ Ⅲ 㘵
X* suǒ yù zhě
‘das (von X) Ge-wünschte’ / ‘das, was (X) will’
B 182b ᡰ 伺ѻ ≁
X* suǒ yǎng zhī mín
→ B 182c ᡰ 伺 㘵
X* suǒ yǎng zhě
‘das (von X) Ge-nährte’ / ‘das, was (X) ernährt’
Nebensätze 185
B 180c ᡰ 㾻 㘵
X* suǒ jiàn zhě
→ B 180d ᡰ 㾻
X* suǒ jiàn
‘etwas (von X) Ge-sehenes’ / ‘etwas, das (X) sieht’
B 181c ᡰ Ⅲ 㘵
X* suǒ yù zhě
→ B 181d ᡰ Ⅲ
X* suǒ yù
‘etwas (von X) Ge-wünschtes’ / ‘etwas, das (X) will’
B 182c ᡰ 伺 㘵
X* suǒ yǎng zhě
→ B 182d ᡰ 伺
X* suǒ yǎng
‘etwas (von X) Ge-nährtes’ / ‘etwas, das (X) ernährt’
B 180b ᡰ 㾻ѻ 㠓
X suǒ jiàn zhī chén
→ B 180e ⦻ѻ ᡰ 㾻ѻ 㠓
wáng zhī suǒ jiàn zhī chén
‘der (vom König) ge-sehene Lehnsmann’ = ‘der
Lehnsmann, den der König sieht’ (mit realisier-
ter Kernnominale chén)
B 181b ᡰ Ⅲѻ ൏ൠ
X suǒ yù zhī tǔ dì
→ B 181e Ӫѻ ᡰ Ⅲ 㘵
rén zhī suǒ yù zhě
‘das von der Persönlichkeit ge-wünschte Land’
= ‘das Land, das die Persönlichkeit wünscht’
(mit Kernnominale als Pronomen zhě)
B 182b ᡰ 伺ѻ ≁
X suǒ yǎng zhī mín
→ B 182e ަ ᡰ 伺
qí suǒ yǎng
‘das von ihm ge-nährte’ = ‘etwas, das er er-
nährt’ (mit pronominalem Subjekt im Relativsatz
sowie getilgter Kernnominale)
B 189 ަᡰԕн
qí suǒ yǐ bù gào
‘etwas, das er nicht mitteilt’ oder ‘der Grund, weshalb er [etwas]
nicht mitteilt’
B 190 ަᡰԕ伺Ӫ㘵
qí suǒ yǐ yǎng rén zhě
‘das, womit er die Persönlichkeiten ernährt’
B 191 ަᡰትѻ഻
qí suǒ jū zhī guó
‘das Land, in dem er lebt’ (kein *suǒ yú !!)
Strukturbaum 54
NL
PSP NLb
NP PST
S
KP VP
V KPo
Strukturbaum 55
NL
PSP NLb
NP PST
S
KP VP
KPo V
zieht sich auf die Subjektsrelativsätze NLb / NLs, die rechte Hälfte auf
solche mit Objektsidentität NLb / NLo). Eine Aufschlüsselung, welche
alle systematischen Möglichkeiten umfasst, sieht wie folgt aus:
Definit [+Def]
Spezifisch [Spez]
Indefinit [-Def]
4.2 Appositivsätze
4.2.1 Komplementsätze
B 198 ᡁ⸕ 俜ѻ ⲭҏ
wǒ zhī mǎ zhī bái yě
Subjekt + Prädikat
Objektsatz
I know of the horse’s being white
Ich weiss von des Pferdes Weiss-Sein
bzw.
I know that the horse is white.
Ich weiss, dass das Pferd weiss ist.
B 199 ⦻Ⅲ 㠓ѻ 㹼ӱ᭯ҏ
wáng yù chén zhī xíng rén zhèng yě
Subjekt Prädikat
Der König will, dass der Lehnsmann (Subjekt) eine rén-kon-
forme Regierung führe (Prädikat). (Vgl. Strukturbaum 56 und
Strukturbaum 59 unten.)
B1 ⦻Ⅲ 㹼ӱ᭯
wáng yù xíng rén zhèng
(Subjekt) Prädikat
Der König will eine rén-konforme Regierung führen. (Analog
Strukturbaum 57 unten, aber nur Tilgung ohne Anhebung.)
Die Tilgung von yě ҏ geschieht auch bei einer Gruppe von kausativen
Prädikaten, die ebenfalls Objektsätze nach sich ziehen können, bei
denen aber in der Regel das Subjekt des Nebensatzes zum Objekt des
Hauptsatzes angehoben wird (im Deutschen ebenfalls möglich). Man
vergleiche:
Das AC-Korrelat müsste (a') sein (kommt aber kaum so vor, und dann
unter besonderen Bedingungen). Das übliche und vielfach belegte Kor-
relat ist hingegen (b'):
196 Kapitel 4
(a') ⦻֯ p
wáng shǐ 㠓ѻ⋫഻ҏ
chén zhī chí guó yě
(b') ⦻֯㠓 p
wáng shǐ chén ⋫഻
chí guó
B 201 ⦻⸕ަֶҏ
wáng zhī qí lái yě
Der König weiss, dass er (subjektive Form) kommt.
B 202 ⦻֯ѻֶ
wáng shǐ zhī lái
Der König veranlasst ihn (gewöhnliche Form) zu kommen.
a. Hans, der raucht, trinkt nicht. Erklärend; ein einziger Hans, und
dieser raucht. Die restriktive Frage, ‘welcher Hans?’, ist SINNLOS.
b. Der Hans, der raucht, trinkt nicht. Modifizierend; mehrere “Hanse”,
und unter ihnen derjenige, der raucht. Die restriktive Frage, ‘welcher
Hans?’, kann sinnvollerweise gestellt werden.
(R-1) Sv → KP + VP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → V (KP) (KP)
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
(R-4b) NP → (DET) NL (KP)
(R-4c) NP → S
198 Kapitel 4
(R-5a) NL → (PSP) NL
(R-5b) NL → N (NP)
(R-6) PSP → NP + PST
Die Regeln zeigen, dass Komplementierungen sowohl auf der Ebene der
Nominalphrase (vgl. 3.3) als auch auf der Ebene des (Komplement)-
satzes geschehen. Die Tiefenstruktur der beiden Konstruktionen
(illustriert anhand eines Beispiels mit zhī ⸕ ‘wissen’ bzw. mit shǐ ֯
‘veranlassen’) ist strukturidentisch (isomorph) und vereinfacht wie in SB
56 anzusetzen:
B 203 ⦻⸕Ӫѻֶҏ
wáng zhī rén zhī lái yě
Der König weiss, dass die Persönlichkeit kommt.
B 204 ⦻֯Ӫֶ
wáng shǐ rén lái
Der König veranlasst die Persönlichkeit zu kommen.
Strukturbaum 56
Sv
KP/NP VP
V KP/NP
NL
N NP
S
KP/NP VP
/ ø
Strukturbaum 57
Sv
KP/NP VP
V KP/NP
NL
N NP
S
KP/NP VP
NP PST VP PA
Strukturbaum 58
Sv
KP/NP VP
V KP/NP KP/NP
NL
N NP
S
KP/NP VP
ø ø
Bei den bisher behandelten Komplementsätzen lag das Gewicht auf den
sogenannten Subjekt- und Objektsätzen. Komplementierungen können
aber je nach Prädikatsform und Valenzrolle der Argumente auch an
anderen, traditionell häufig als adverbial bezeichneten, Strukturstellen
des Satzes vorgenommen werden. Am auffälligsten ist dies bei kausalen
und modalen Komplementen. (Temporale Komplemente auf Ebene der
Satzadverbialen werden im Kapitel 7 behandelt.) Die kausalen Komple-
mente werden in einer spezifischen Satzform realisiert, nämlich in einer
Nominalsatzstruktur, in der die Rollen so auf die nominalen Teile des
Satzes verteilt sind:
Nebensätze 201
X Y
SubjektsNP PrädikatsNP
Komplementsatz div. Nominalformen
---------------------------- --------------------------
NP NP Prädikats-
(Grund) marker
Tatsachenbehauptung Grund für Tat.beh.
B 206 ޜѻཡ഻ҏ䶎ཡ≁ҏ
gōng zhī shī guó yě fēi shī mín yě
Dass der Patriarch den Staat verlor, war nicht wegen des Ver-
lusts der Mín.
B 207 ޜѻཡ഻ҏօҏ
gōng zhī shī guó yě hé yě
Dass der Patriarch den Staat verlor, war wes-wegen?
202 Kapitel 4
Strukturbaum 59
Sn
NP PSP
S NP PST
KP VP NL KP
NP PST VP KP K NP
KP PST
B 179 ཡަ≁㘵ཡަᗳҏ
shī qí mín zhě shī qí xīn yě
(Die Ursache dafür), dass sie ihre Mín verloren, war der Verlust
ihrer Herzen.
X Y
NP / NL / N NP / NL / N
Komplementsatz Komplementsatz
------------------------ -------------------------
NE NE
(Objektiv) (Objektiv)
Tatsache X Tatsache Y
Ein Beispiel:
ਟ kě ‘zulässig sein’
Strukturbaum 60
Sv
KP VP
V KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
V KP
ø ø
Strukturbaum 61
Sv
KP VP
V KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
V KP
ø ø ø
Strukturbaum 62
Sv
KP VP
V KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
V KP
ø ø ø ø
Wenden wir uns nun den Äusserungen zu, in denen die bereits mehrfach
erwähnte Kette kě yǐ ਟԕ vorkommt. Analysiert man die Situationen, in
denen diese Kollokation verwendet wird, so stellt sich folgendes heraus:
Die Verwendung des Prädikates kě ਟ geschieht dann, wenn die Mög-
lichkeit bzw. Zulässigkeit eines bestimmten Verhaltens oder Resultats
diskutiert wird. Wenn von der Möglichkeit bzw. Zulässigkeit gesprochen
wird, dann ist dies unausweichlich mit bestimmten Bedingungen ver-
knüpft. Ist von Bedingungen die Rede, so geht es – auch sprachlich – um
Modalitäten des Handelns oder Verhaltens. Der Modalkasus wird im AC
(wie in 2.2.5, Tabelle 3 dargestellt) mit der Kasusmarkierung yǐ ԕ
eingeleitet. Mit anderen Worten: yǐ ԕ ist die Spur einer modalen Adver-
bialphrase (‘unter den geltenden Bedingungen’ / ‘unter solchen Umstän-
den’), welche aus der Präposition yǐ ԕ und dem Pronomen zhī ѻ
besteht, wobei zhī ѻ bekanntlich nach yǐ ԕ oberflächenstrukturell nie
realisiert wird (vgl. die Ausführungen bei B 393). Diese Modalität kann
pragmatisch auch ins Kausale (‘darum’) oder Instrumentale (‘damit’)
hinein schattiert sein. Zum Beispiel:
Strukturbaum 63
Sv
KP VP
V KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
AP V KP
P NP
ø ø ø ø
B 217 ഻ᴹ㠓࡙ੋ
guó yǒu chén lì jūn
Im Land gibt es einen (bestimmten, spezifischen) Lehnsmann,
der dem Herrscher nützt.
Appositiv, paraphrasiert also: Im Land gibt es einen ganz be-
stimmten, für die Kommunikationsteilnehmer klar identifizierten
Lehnsmann, und dieser nützt dem Herrscher.
210 Kapitel 4
B 218 ഻ᴹ࡙ੋѻ㠓
guó yǒu lì jūn zhī chén
Im Land gibt es einen Lehnsmann, der dem Herrscher nützt.
Restriktiv, d.h. es wird unterstellt, es gebe möglicherweise auch
solche, die dem Herrn nicht nützlich sind.
(R-1) Sv → KP + VP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → V (KP) (KP)
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
(R-4b) NP → (DET) NL (KP)
(R-4c) NP → S
(R-5a) NL → (PSP) NL
(R-5b) NL → N (NP)
(R-6) PSP → NP + PST
Die Struktur des appositiven Relativsatzes aus B 217 stellt sich wie folgt
dar:
Nebensätze 211
Strukturbaum 64
Sv
KP VP
V KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
V KP
Strukturbaum 65
Sv
KP VP
V KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
V KP
ø ø
4.3 Kausativkonstruktionen
B 220 ഻ሿ
guó xiǎo
Das Land ist klein.
Nebensätze 213
B 221 ⦻ሿ഻
wáng xiǎo guó
a. Der König verkleinert das Land.
b. Der König hält das Land für klein.
Die Beziehung zwischen den Äusserungen B 220 und B 221 ist in 2.4.4
bereits so formuliert worden, dass B 221 eine kausative Entsprechung
sei. Man könnte aber versucht sein, zur Darstellung dieser Beziehung
eine syntaktische Grundlage zu formulieren und deshalb die folgende
Tiefenstruktur anzusetzen:
Strukturbaum 66
Sv
KP VP
V KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
ø ø
Diese Tiefenstruktur wäre – falls man diesem Ansatz folgen will – wie
folgt zu verändern:
In diesem Beispiel, das uns als kausative Konstruktion von der Struktur
her durchaus geläufig ist, ist das angehobenen Konstituentensubjekt zéi
䋺 zwischen dem übergeordneten kausativen Prädikat shǐ ֯ und dem
Konstituentenprädikat shā ⇪ eingelagert. Fehlt das Konstituentensub-
jekt, so erhalten wir Oberflächenstrukturen der folgenden Art:
Oberflächenstrukturen dieser Art finden wir auch mit Prädikaten, die den
uns interessierenden Gruppen entstammen könnten, so z.B.:
Nebensätze 215
Die Frage, die sich hier stellt, ist wie und unter welchen Bedingungen
solche Strukturen entstehen und welche Wortklasse das Zeichen fù ᇼ
repräsentiert. Dabei gilt es mit Nachdruck die zu Beginn im Anschluss
an SB 66 gemachte Aussage zu wiederholen, dass zwischen dem mono-
valenten und dem verwandten divalenten kausativen Wort wirklich keine
Paraphrasenbeziehung herrscht (es handelt sich um eine Frage des Lexi-
kons), sondern dass eine Analogie zwischen den folgenden Formen fest-
zustellen ist:
X ֯ Y ⇪ Z
X ֯ Y ᇼ Z
Man beachte, dass in der unteren Variante das Zeichen fù ᇼ zwar in der
Regel für die Repräsentation des monovalenten Verbs gehalten wird,
dass aber ohne weiteres auch das kausative Verb angesetzt werden
könnte, was mit der früher gemachten Feststellung übereinstimmt, dass
Verben aller Art (also auch bereits kausative) nach einem überge-
ordneten Kausativverb eingebettet sein können, wie dies im folgenden
Beispiel klar belegt wird (yìn 伢 < AC *ʔ(r)um-s ist das bereits morpho-
logisch durch *-s als exoaktiv-kausativ markierte Verb zu dem endo-
aktiven Pendant yǐn < *ʔ(r)um-q ‘trinken’):
Auf diese Weise eröffnet sich eine neue Sicht auf die lexikalische Struk-
tur der kausativen Verben wie auch auf die syntaktische Struktur der
kausativen Konstruktion: Es lässt sich so argumentieren, dass die analy-
tische Kausativform mit einem eingebetteten Kausativverb (aber auch
mit anderen Verben) die mittelbare, indirekte Verursachung signalisiert,
die synthetische Form mit einem alleinigen kausativen Hauptprädikat
jedoch die direkte, unmittelbare Verursachung. Zu einem Verb wie shā
⇪ ‘töten’ gibt es ja keine lexikalisierte kausative Form. Dement-
sprechend ist das Zeichen shā ⇪ < AC *s-rat zwar morphonologisch als
*s-präfigierte Kausativierung einer unbekannten zugrundeliegenden
(nicht-kausativen) Verbbasis *r(r)at zu rekonstruieren, welche die Be-
deutung ‘tot sein’ gehabt haben sollte. Dieselbe Wortwurzel ist mögli-
cherweise in anderen Affigierungskombinationen in lì ৢ < AC *rat-s
‘grausam sein’ und lì 㹓 < AC *(mə-)rat-s ‘stechendes Insekt’ belegt.
Man kann allerdings nicht in Analogie zu yìn 伢 oben dieselbe Verb-
basis so exoaktiv durch *-s suffigieren, dass eine (sekundäre) Kausativ-
bedeutung resultiert. Zwar existiert eine solche suffigierte Lesung shài
⇪ < AC *s-rat-s tatsächlich, diese hat jedoch medio-passive Bedeutung
‘(getötet werden →) reduzieren, vermindern’. Diese Interpretation wird
dadurch unterstützt, dass Äusserungen mit der Zeichenfolge shǐ ֯ +
Nebensätze 217
B 227 ሿ഻
xiǎo guó
X verkleinert das Land.
B 228 ഻ሿ
guó xiǎo
Das Land ist klein. (die übliche Interpretation)
?? Das Land ist klein gemacht (worden). (unüblich)
B 229 ഻֯ሿ
guó shǐ xiǎo
Das Land wird klein gemacht.
B 230 ⦻ ԕ഻ ⛪ሿ
wáng yǐ guó wéi xiǎo
Der König das Land hält für klein.
218 Kapitel 4
Es liegt aber in diesem Fall nicht eine Satzeinbettung vor (man wäre
dann gezwungen, yǐ ԕ als das Verb im Hauptsatz zu setzen, was z.B.
bei einer Passivierung zu einem Erklärunginfarkt führen würde, denn das
angebliche Verb verschwindet dann – vgl. B 234). Das Hauptverb ist das
trivalente wéi ⛪ ‘machen / tun’, bei dem das Edukt (hier: guó ഻) mit
der Kasusmarkierung yǐ ԕ in den meisten Fällen präverbal positioniert
wird, während das Produkt (hier: xiǎo ሿ) postverbal bleibt und katego-
rial eine Nominalphrase ist (vgl. 8.3, Zeile B. in Tabelle 17). Die Über-
setzung muss also lauten:
B 232 ⦻ ԕ ⛪ ሿ
wáng yǐ [zhī] wéi xiǎo
Der König (es) hält für etwas Kleines.
Die Tiefenstruktur der Äusserung B 230 ist also nicht analog zu der
bekannten kausativen Struktur zu bilden, sondern eben als ganz normale
trivalente Struktur mit vorgezogenem Objekt:
Nebensätze 219
Strukturbaum 67
Sv
KP VP
V KP KP
Strukturbaum 68
Sv
KP VP
V KP KP
ø
B 235 ੋ䕅
jūn qīng
Der Fürst ist unwichtig.
Strukturbaum 69
Sv
KP VP
KP V KP KP
K NP
fú ᕇ,
bei dem das nachfolgende verbale Prädikat häufig eine “kausative” bzw.
“transitivierte” Bedeutung zu haben scheint. Im Rahmen dieser Gram-
matik wäre das Verhalten analytisch am adäquatesten wie folgt aufzu-
lösen:
fú ᕇ | bù shǐ н֯
Strukturbaum 70
Sv
KP VP
V KP KP
NEG V K NP
NL
N NP
S
KP VP
ø ø ø
Strukturbaum 71
Sv
KP VP
V KP KP
K NP
NL
N NP
S
KP VP
ø ø ø
Ein Belegbeispiel (wéi ⛪ ist hier das Proverb ‘machen’ – die Kolloka-
tion wéi gǎi ⛪᭩ ‘eine Veränderung vornehmen’ steht anstelle des ein-
fachen Verbs gǎi ᭩ ‘verändern’):
222 Kapitel 4
4.4 Zusammenfassung
(R-1) Sv → KP + VP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → V (KP) (KP)
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
(R-4b) NP → (DET) NL (KP)
(R-4c) NP → S
(R-5a) NL → (PSP) NL
(R-5b) NL → N (NP)
(R-6) PSP → NP + PST
5 Nominalsätze
(R-1a) Sv → KP + VP
(R-1b) Sn → NP + PSP
(R-6) PSP → NP + PST
Mit diesen Regeln lässt sich die Struktur des Belegs B 237 wie folgt in
einem Strukturbaum darstellen:
Strukturbaum 72
Sn
NP PSP
NP PST
Die Struktur dieser Äusserung ist klar die eines Nominalsatzes, also
muss das mit yě ҏ markierte zǒu 䎠 als Prädikatsnomen der Konsti-
tuentenklasse der Nomina angehören, also ein Verbalnomen sein (die
Argumente aus Abschnitt 3.3 werden hier kurz resümiert). Die gleiche
diagnostische Funktion von yě ҏ erlaubt uns auch, scheinbare “Verb-
Objekt-Verbindungen” kategorial als Verbalnomina mit einem Nominal-
komplement (d.i. das Äquivalent des Objekts beim Verb) zu erfassen.
Zum Beispiel:
Auf die folgenden zwei Belege angewandt, führt diese Analyse ebenso
zwingend zur Folgerung, dass kě ਟ in analogen Fällen ein suffixales
Element des Verbalnomens sein müsste, analog dem Deutschen -bar,
etwa in verwert-bar / Verwert-bares, analysier-bar / Analysier-bares
usw. Die Übersetzungen sind deshalb nicht unter dem Blickwinkel der
Stilistik zu beurteilen:
Dieser Ansatz mag bei den dargelegten, einfachen Beispielen etwas für
sich haben. Aber wie erklärt sich dann das Beispiel mit einem komple-
xen Subjekt und dem einfachen (nominalen? suffixalen?) kě ਟ im
Prädikat?
Bevor wir zum Versuch einer Antwort auf diese Frage übergehen, muss
zunächst noch eine inhaltliche Eigenschaft des Nominalsatzes vertiefter
angesprochen werden. In semantischer (oder besser: pragmatischer) Hin-
sicht besteht die Besonderheit des Nominalsatzes darin, dass Subjekts-
nominalphrase und Prädikatsnominalphrase in einer besonderen Weise
miteinander verknüpft sind, ja sein müssen (dies würde funktional der
Valenz beim Verb entsprechen). Da der Nominalsatz zum Ausdruck
einer besonderen Relation zwischen Subjektsnominalphrase und
Prädikatsnominalphrase verwendet wird, gilt es, die Charakteristika
dieser Beziehung näher zu betrachten.
Dieser Satz kann nur geäussert werden, wenn – in Bestätigung der oben
angeführten Gesetzmässigkeit – rén Ӫ als der spezifische Ausdruck,
Shùn 㡌 dagegen als der allgemeine oder generische Ausdruck inter-
pretiert wird, also ‘Der Rén / die Persönlichkeit ist ein Shùn’ (vgl. z.B.
rén jiē kě yǐ wéi Yáo Shùn ӪⲶਟԕ⛪㡌 ‘alle Menschen können so
zu Yáos oder Shùns werden’, in Mèng 6B.2). Die oben angesprochene
Übereinstimmung eines Merkmals kann dazu benutzt werden, um die
Bedeutung von Nomina besser zu erfassen. Z.B.:
Der Charakter des Subjektsausdrucks chóng míng sì, bǎo xiǎo guǎ ጷ᰾
⽰؍ሿሑ in B 243 (es handelt sich um erwünschtes oder gefordertes
Verhalten) legt nahe, den Kern lǐ der Prädikatsnominalphrase eben-
falls als Bezeichnung für ein Verhalten, also ‘rituelles Verhalten’ auf-
zufassen.
232 Kapitel 5
Unter dem Blickwinkel der eben formulierten zweiten Bedingung für die
Grammatikalität einer Äusserung in Nominalsatzform muss ein Beispiel
der folgenden Art schwerwiegende Bedenken an der Allgemeingültigkeit
der Hyponymieregel wecken.
Das Subjekt von yuē ᴠ ist hier auf den Modifikationsteil dōng-fāng
ᶡᯩ des Genitivausdrucks dōng-fāng zhī mín ᶡᯩѻ≁ reduziert, wie
aus dem Ausdruck wǔ fāng zhī mín ӄᯩѻ≁ im vorangehenden
Kontext zu schliessen ist. Dass Tilgungen dieser Art nicht nur auf geniti-
vische Konstruktionen beschränkt sind, sondern auch nachweislich bei
Relativsätzen vorkommen, lässt sich am nächsten Beispiel zeigen, wel-
ches gleichzeitig belegt, dass blosse Modifikationsteile ohne Kernnomen
in der Prädikatsnominalphrase eines Nominalsatzes realisiert werden:
Die Äusserung besteht aus einem mit fēi 䶎 negierten Nominalsatz (vgl.
dazu die Ausführungen bei den Belegen B 361 bis B 363), wobei das
Subjekt aus dem Kontext heraus ein Ausdruck sein muss, welcher auf
die Aufgabe des Erblehens, qǔ Bīn ৫䛐, Bezug nimmt, also qǔ shì shǒu
৫цᆸ. Die Prädikatsnominalphrase hat die Struktur eines Relativ-
satzes: Subjekt ist shēn 䓛; es folgen die postpositionale Abgrenzung zhī
ѻ für das Nebensatzsubjekt, das Relativpronomen suǒ ᡰ (es steht für
das Objekt von wéi ⛪ im Relativsatz, referiert also auf eine Handlung,
somit auf denselben Ausdruck, der im Subjekt des Nominalsatzes
anzusetzen ist), das Modalverb néng 㜭 sowie der V2-Kern wéi ⛪. Das
Prädikat ist mit der Markierung yě ҏ versehen. Dass Tilgungen in
analogen Fällen und mit entsprechender kontextueller Stützung sehr
weitgehend sein können, belegt folgendes Beispiel:
Die Kette dà wéi bù=yì བྷ⛪н㗙 besteht aus dem verbalattributiv mit
dà བྷ modifizierten Verbalnomen wéi ⛪ und dem zugehörigen Kom-
plement (= OBJ) bù=yì н㗙 (vgl. die Konstruktion wéi fēi ⛪䶎 im
unmittelbaren Kontext).
Die satzinitial realisierte Kette cǐ zhī wéi ↔ѻ⛪ ist ein sententieller
Lokativ, bestehend aus dem Kern(verbal)N wéi ⛪, dem postpositionalen
Anzeiger der adnominalen Modifikation zhī ѻ sowie dem demonstra-
tiven Determinator cǐ ↔. Als zugrundeliegende Strukturen der jewei-
ligen Relativsätze lassen sich also die folgenden Ketten rekonstruieren:
B 248a 䓛ѻᡰ㜭⛪ѻ⛪
shēn zhī suǒ néng wéi zhī wéi
‘ein Tun, das eine Einzelperson zu tun vermag’
B 249a Ӫѻᡰ㜭⛪ѻ⛪
rén zhī suǒ néng wéi zhī wéi
‘ein Tun, das ein Mensch / Rén zu bewerkstelligen vermag’
Nominalsätze 239
B 249b ཙѻᡰ㜭⛪ѻ⛪
tiān zhī suǒ néng wéi zhī wéi
‘ein Tun, das der Himmel zu bewerkstelligen vermag’
a. Der Sprecher intendiert den aus der Systematik des Lexikons sich
anbietenden unmittelbar nächsten Gattungsbegriff oder bietet andere
(lexikalische, syntaktische, kontextuelle) Signale für die Rekon-
struktion an. Damit wird e definitione eine HYPONYMIERELATION
etabliert.
b. Die prädikative Funktion des getilgten Nominalausdrucks muss ge-
wahrt bleiben, was nur dann konstant und vorhersagbar der Fall ist,
wenn der Ausdruck syntaktisch gesehen Kernnomen einer adnomi-
nalen Modifikationskonstruktion ist. Als Konstruktionstypen kom-
men vor: generische Genitive und Relativsätze (inklusive verbal-
attributive Formen).
Beide Bedingungen lassen sich unter einer sehr generellen Regel sub-
sumieren, die im AC sehr häufig angewendet wird:
In Beispiel B 240 ist die Referenz des Kernnomens identisch mit dem
des Subjektsausdrucks. Unter dieser Bedingung wird das Kernnomen
einer Modifikationskonstruktion pronominalisiert, d.h. an seiner Stelle
wird das dazu verwendete Pronomen zhě 㘵 realisiert. In einem gene-
rischen Relativsatz wird dieses schliesslich getilgt. Die Rekonstruktion
lautet also:
Im folgenden typischen Beispiel wäre die erste Bedingung der oben for-
mulierten Tilgungsregel verletzt, denn als Prädikatsnomen haben wir
einen metaphorischen Ausdruck, der weder direkt aus den inhärenten
Merkmalen noch indirekt aus dem unmittelbaren Kontext erschliessbar
ist. Mit anderen Worten: Die Metaphorisierung bildet einen neuen gene-
rischen Ausdruck, der zwar die Bedingungen der Hyponymievorschrift
wieder erfüllt, aber nicht aus der Systematik des Lexikons direkt er-
schlossen werden kann:
Die beiden Teiläusserungen sind parallel aufgebaut: Das Subjekt ist ein
Nomen, lǐ bzw. jìng ᮜ; die Prädikatsnominalphrase besteht aus
einem explizit mit zhī ѻ markierten Genitiv, guó zhī gàn ഻ѻᒩ bzw. lǐ
zhī yú ѻ䕯; beide Prädikate sind mit dem in Nominalsätzen üblichen
yě ҏ abgeschlossen. Im letzten Beispiel in diesem Abschnitt wäre die
zweite Bedingung der oben formulierten Tilgungsregel verletzt, denn die
stützende Subjektsnominalphrase fehlt. Die mit yě ҏ markierte Prädi-
katsnominalphrase ist die explizit mit zhī ѻ markierte Genitivkonstruk-
tion Yì=sāng zhī è rén 㘣ẁѻ佃Ӫ.
242 Kapitel 5
Man kann sich abschliessend noch die Frage stellen, ob die zu Beginn
des Abschnitts 5.2.1 aufgeführten Belege nicht aus systematischen Grün-
den nach dem generischen Muster zu analysieren wären. Zum Beispiel:
Bei diesem Beispiel lässt sich in der Tat ein generischer Relativsatz
bilden, der pragmatisch zum Kontext passt: ‘das ist ein Verhalten, das
nicht lehnsmannkonform ist’ (die personale Variante ‘einer, der …’ wäre
nicht kompatibel mit dem Kontext). Da beide Möglichkeiten sich
offenbar in gewissen Fällen anbieten, stellt sich die Frage, wann man
also von einer lexikalisierten Form (Verbalnomen) ausgehen soll, wann
von einer generischen Konstruktion? Zur Beantwortung dieser Frage
muss man den Blick von der Prädikatsnominalphrase lösen und die
Situation an anderen Strukturstellen betrachten. So wird der Ansatz eines
Verbalnomens sowie die suffixale Negation eines Verbalnomens durch
den folgenden Beleg klar bestätigt:
Wenn aus einem Verb ein Verbalnomen in der simplexen Form ab-
geleitet wird und an einer nominalen Strukturstelle (mit Ausnahme
der Prädikatsnominalphrase) belegt werden kann, dann ist immer
auch eine suffixal erweiterte Form anzunehmen.
244 Kapitel 5
B 254 нਟཡҏ
bù kě shī yě
Oder:
Nominalsätze 245
Eine häufig verwendete Formel, der ein Lehrsatz oder eine Maxime folgt
und mit der ein Sprecher signalisiert, dass er sich auf eine Autorität oder
auf autoritatives Wissen beruft, wird im Lichte dieses Ansatzes einfach
und konsequent deutbar. Z.B.:
246 Kapitel 5
Oder:
Man kann sich an dieser Stelle einmal fragen, was denn die hier ange-
setzte Analyse an neuen Einsichten bringt gegenüber der alten Sicht-
weise und wo allenfalls dadurch ein Zuwachs an Erkenntnis festzustellen
ist.
Zunächst ist festzuhalten, dass hiermit eine einheitliche Funktions-
beschreibung der Postposition yě ҏ vorgelegt wird, die erlaubt, alle
(mir bekannten) einfachen und komplexen Belege in der behandelten
Nominalsätze 247
Kern der Äusserung ist das V2 zhì 㠣; nicht genanntes Subjekt ist X (=
‘wir’); Objekt ist der Relativsatz shā bù gū rén 2 yě, tuō qí yī, qiú, qǔ gē,
jiàn zhě ⇪н䗌Ӫҏᢑަ㺓㼈ਆᠸࢽ㘵, der aus einem koordinierten
Gefüge von drei Teiläusserungen besteht: (1) shā bù gū rén yě zhě
⇪н䗌Ӫҏ㘵, (2) tuō qí yī, qiú zhě ᢑަ㺓㼈㘵 und (3) qǔ gē, jiàn
zhě ਆᠸࢽ㘵. Die Teiläusserungen (2) und (3) sind problemlos zu
248 Kapitel 5
interpretierende Relativsätze, also: ‘einer, der […] ihm Kleider und Pelz
abnimmt, Hellebarde und Schwert wegnimmt’.
Die Anwesenheit der Postposition yě ҏ in (1) ist hingegen rätsel-
haft, denn eine Kette shā bù gū rén2 zhě ⇪н䗌Ӫ㘵 (ohne yě ҏ also)
wäre parallel zu (2) und (3) problemlos zu deuten. Nehmen wir die
Funktionsbestimmung ernst, dass yě ҏ einen nominalen Prädikatsaus-
druck markiert, dann muss die damit abgeschlossene Kette gezwunge-
nermassen entsprechend analysiert werden, und zwar unter Berücksich-
tigung der übergeordneten Konstruktion mit zhě 㘵. Der dreigliedrige
Aufbau der gesamten Äusserung legt nahe, die folgenden Parallelen zu
isolieren: (1) shā […] zhě ⇪㘵, (2) tuō […] zhě ᢑ㘵 und (3) qǔ […]
zhě ਆ㘵. Damit bleibt die Kette bù gū rén2 yě н䗌Ӫҏ ‘IST eine
unschuldige Person’ (Person = rén2 Ӫ), die intuitiv als das direkte
Objekt zu shā ⇪ verstanden wird – aber wie kann ein zwar nominaler,
aber durch die Anwesenheit von yě ҏ als “verbwertig” ausgewiesener
Prädikatsausdruck an einer nominalen Objektsstelle syntaktisch erklärt
werden?
Greifen wir auf Bekanntes zurück. Von der Konstruktion her ist die
Kette bù gū rén2 yě н䗌Ӫҏ also “verbwertig”, von der Position her
muss sie dagegen nominal klassifiziert werden können. Eine analoge
Situation bieten die bereits analysierten generischen Relativsätze: Der
realisierte Modifikationsteil (d.i. der Relativsatz) erscheint ebenfalls in-
tuitiv als “verbwertig” an nominaler Position (= Position der Prädikats-
nominalphrase), die Rekonstruktion des getilgten Kernnomens löst
diesen Widerspruch auf und liefert eine syntaktisch gut abgestützte
Erklärung für die Erscheinung. Man vergleiche dazu etwa die Rekon-
struktion B 254b der Äusserung B 254. Nach dieser Vorgabe ist also die
Kette bù gū rén2 yě н䗌Ӫҏ um das naheliegende Kernnomen rén Ӫ
zu ergänzen: bù gū rén2 yě zhī rén н䗌ӪҏѻӪ ‘eine Person, die eine
unschuldige Person ist’. Die Rekonstruktion liefert das folgende
Ergebnis:
(aber durchaus nicht muss) legt eine mögliche und wohl konstituierende
Präsupposition des kategorisierenden Denkens in China frei (was eine
deskriptive und nicht eine wertende Feststellung ist) – und hier ist m.E.
eine wichtige Beziehung aufzudecken, nämlich die gedankliche Nähe zu
Werken vom Typ des Gǔ Jīn Rén Biǎo ਔӺӪ㺘 (Hàn Shū ╒ᴨ Kap.
20), also zur Tabelle bedeutender Personen des Altertums und der
Gegenwart, aber auch zu den zahlreichen, in Mustern der Form ‘Drei X’,
‘Vier Y’, ‘Fünf Z’ usw. uns entgegentretenden Phänomenen, ja letztlich
zur ganzen Korrespondenzlehre im Umkreis der Fünf-Elementen-Lehre
(GRAHAM 1989:319 hat in diesem Zusammenhang sehr interessante
Beobachtungen anzubieten über Leistungsfähigkeit und denkerische
Ordnungsfunktion dieser Lehre.) Dass solche syntax-gestützten Erkennt-
nisse auch beim Nach-Denken überlieferter antiker chinesischer Denker
berücksichtigt werden mögen, sei hier gewünscht.
Die hier vorgelegte Analyse, die vorgeschlagene Rekonstruktions-
methode sowie die Feststellung, dass die Nominalsatzform der Tendenz
zur Kategorisierung in idealer Weise entgegenkommt, erlauben es, die
Erklärung eines bestimmten Nominalsatztyps zu präzisieren und in den
allgemeinen syntaktischen Rahmen nahtlos einzubinden. Es gibt einen
Typus von Nominalsätzen, dessen Prädikatsausdruck ein Material be-
zeichnet. Z.B.:
Kehren wir zur Syntax zurück und lassen wir zum Nachweis der
generellen Anwendbarkeit des hier erarbeiteten methodischen Ansatzes
(Suche nach dem getilgten Kernnomen) noch einige weitere Möglich-
keiten für Supernyme Revue passieren:
Die Äusserung, die sich an den Fürsten richtet (die rekonstruierte Be-
zeichnung gōng ޜhat als Referenz den Xī-Patriarchen von Lǔ 冟)ޜ܆,
besteht aus einem impliziten konditionalen Satzgefüge (die Konjunktion
zé ࡷ ist nicht realisiert). Die Apodosis ist eine Nominalsatzkonstruktion
mit dem Demonstrativpronomen shì ᱟ als Subjekt, welches auf die in
der Protasis vorgeschlagene Handlung referiert. Die Prädikatsnominal-
phrase hat die Form eines modalen generischen Relativsatzes. Das zu
ergänzende Kernnomen bzw. Supernym ist dào 䚃 ‘Weg, Methode’.
Der Subjektsausdruck zhǔ tǔ zhě ѫ൏㘵 mit dem Pronomen zhě 㘵 als
Vertretung des Kernnomens führt zwingend zur Rekonstruktion des
generischen Relativsatzes im Prädikatsausdruck als lì shè ér fèng zhī zhě
・⽮㘼ཹѻ㘵, denn aufgrund der Bestimmung über die Hyponymie-
Nominalsätze 255
Die Äusserung hat die Form eines mit yě ҏ markierten finalen Nomi-
nalsatzes. Das Subjekt, das den im Kontext genannten Sachverhalt auf-
nimmt, ist getilgt und entspricht wohl dem Demonstrativpronomen shì
ᱟ. Im finalen Äusserungsteil ist der Kern das kausative V2 shǐ ֯, dem
der Objektssatz mit dem Subjekt yīn 䲠 und dem V1-Kern míng ᰾ folgt.
5.4 Zusammenfassung
Dieses Kapitel zeigt, dass die Annahme eines eigenen Satztyps für den
Nominalsatz deskriptiv adäquat ist. Die besondere semantische Relation
zwischen der Subjektsnominalphrase und der Prädikatsnominalphrase
lassen eine für das Antikchinesische typische Konstruktion zu, nämlich
260 Kapitel 5
(R-1a) Sv → KP + VP
(R-1b) Sn → NP + PSP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → V (KP) (KP)
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
(R-4b) NP → (DET) NL (KP)
(R-4c) NP → S
(R-5a) NL → (PSP) NL
(R-5b) NL → N (NP)
(R-6) PSP → NP + PST
6 Verb und Adverb
In dieser Verbalstruktur finden sich eine Reihe von Elementen, die alle
den verbalen Kern ‘lernen’ näher bestimmen, aber in je verschiedener
Weise: Die adverbiale Präpositionalphrase ‘mit Freude’ bringt die Art
und Weise, wie ‘gelernt’ wird, zum Ausdruck. Das Adverb ‘täglich’
262 Kapitel 6
bezeichnet die Frequenz, mit der ‘gelernt’ wird. Die Differenz zwischen
diesen beiden adverbialen Ausdrucksweisen besteht darin, dass das ad-
verbiale Adjunkt ‘täglich’ im Rahmen der Verbalphrase angesiedelt ist
(vgl. 6.3 unten), während die adverbiale Präpositionalphrase ‘mit Freu-
de’ als Satzadverbiale dem Satzknoten zuzuordnen ist (vgl. 7.1.1). Der
Nominalausdruck ‘zehn Schriftzeichen’, der eine Valenzkonstituente des
Verbs darstellt, bezeichnet schliesslich den Gegenstand, der ‘gelernt’
wird. Obwohl bei der Segmentierung des Beispiels in diesem Fall vier
Schnitte zu machen waren, werden vorerst einmal die folgenden zwei
Ebenen differenziert:
VP
VL Finitiva
Adjunkt VL
V Komplement
So weit, so gut – aber lässt sich dieses Schema auch auf das AC über-
tragen bzw. anhand von AC-Belegen überzeugend nachweisen oder
mindestens glaubhaft machen? Gehen wir die einzelnen Ebenen durch.
6.2 Verbkomplementierung
In Kapitel 2 wurden die Strukturen auf der untersten Ebene, also auf der
Ebene der Komplementierung ausführlich dargestellt (dies entspricht
Absatz a. oben). Zur Generierung von Strukturen im Rahmen der Ver-
balphrase sind Regeln anzupassen und neue zu formulieren. Als erstes
muss das Dreistufenprinzip eingeführt werden, d.h. die Verbalphrase VP
muss neu zu einer Verbale VL und zu einem fakultativen Knoten ASP für
denjenigen Aspekt der Finitheit abgeleitet werden, der im Antikchinesi-
schen postverbal realisiert wird (also für den Perfektanzeiger yǐ ⸓, vgl.
6.4). Dann muss die Verbale (an Stelle der Verbalphrase) zu einem Verb
V mit seinen Komplementen, den Kasusphrasen abgeleitet werden. Wir
formulieren also die folgenden zwei Regeln (die Numerierung und die
Einordnung in das gesamte Regelwerk erfolgt nach der Formulierung der
dritten Regel in Abschnitt 6.3):
264 Kapitel 6
(R-X) VP → VL (ASP)
(R-Y) VL → V (KP) (KP)
Dass der Knoten ASP nur fakultativ angesetzt wird, entspringt nicht
lediglich einer systematischen Überlegung (von daher müsste die Ablei-
tung immer erfolgen), sondern dem Bedürfnis, die Strukturbäume nicht
unnötig zu komplizieren. Weiteres zur Komplementierung ist hier nicht
zu sagen. Die Ergebnisse von Kapitel 2 können mit dieser regelbezoge-
nen (und gedanklichen) Anpassung übernommen werden. Damit wenden
wir uns den übrigen zwei Ebenen zu.
Funktional ist die Modifikation des verbalen Kerns, genauer der Verbale
VL durch die Adjunktion von “Adverbien” bzw. Adverbialstrukturen mit
der adnominalen Modifikation durch Verbalattribute (“Adjektive”) bzw.
restriktive Relativsätze zu vergleichen. Verschafft man sich einen
Überblick über diesen Modifikationstyp, so ergibt sich ein Befund, für
den die folgenden Beispiele als charakteristisch gelten können:
㘼 ér
(R-1a) Sv → KP + VP
(R-1b) Sn → NP + PSP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → VL (ASP)
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
(R-4b) NP → (DET) NL (KP)
(R-4c) NP → S
(R-5a) VL → V (KP) (KP)
(R-5b) VL → (PSP) VL
Verb und Adverb 267
(R-6a) NL → (PSP) NL
(R-6b) NL → N (NP)
(R-7) PSP → NP + PST
Analog zur Wortklasse der Adjektive, die sich syntaktisch als überflüssig
erwiesen hat (da als Verbalattribute über die Relativsatzkonstruktion
ableitbar; vgl. Kapitel 4), kann also die Wortklasse der Adverbien im AC
offensichtlich auch durch syntaktische Prozesse entbehrlich gemacht
werden. Die Situation lässt sich mit Blick auf das Deutsche etwa so cha-
rakterisieren: In einem lexikalischen Prozess leitet das Deutsche aus ge-
eigneten Wortwurzeln Adverbien her, so z.B. aus dem Nomen ‘Tag’ das
Adverb ‘täglich’ oder aus dem (attributiven / prädikativen) Adjektiv
‘froh’ das Adverb ‘fröhlich’ usw. Wohl aus Mangel an einer Vielfalt for-
maler derivativer Strukturen (wie etwa eines Analogons zum adverbia-
lisierende Suffix -lich) – das “gut” sino-tibetische Adverbialsuffix *-s
(vgl. Kap. 10.2 k) war in der antikchinesischen Periode offenbar bereits
nicht mehr produktiv – setzt das AC diesem lexikalischen Verfahren ein
anderes entgegen, in dem Lexeme aus den Hauptwortklassen, aber auch
Sätze in adverbialer Funktion adjungiert werden können. Dabei wirkt die
postpositionale Markierung in “einfacheren Fällen” sozusagen wie ein
Suffix, erlaubt aber, da es sich um eine syntaktische Modifikations-
struktur handelt, sogar Satzeinbettungen. Im Falle der “Adverbien” (und
“Adjektive”) haben wir es also nicht mit Homographen zu tun; dieser
Eindruck entsteht bloss auf dem Hintergrund einer Zielsprache, welche
dafür eine oder mehrere spezifische Wortklassen hat. Das ist zu beden-
ken, obwohl im Vokabularteil des Kurses aus didaktischen Gründen
Lexemen mit adverbialer Funktion nicht die eigentlichen Kategorial-
symbole N oder V, sondern auch das Kategorialsymbol ADV zugewiesen
wird.
Gehen wir anhand von Beispielen die oben vorgelegten Ansätze im
Einzelnen durch. Die erste von den Regeln erzeugte Adverbialstruktur
umfasst Nominalphrasen, welche adverbial konstruiert sind. Die oben
aufgestellten Regeln führen also bei Beispiel B 288 zur folgenden
Baumstruktur:
Strukturbaum 73
Sv
KP VP
VL
PSP VL
V KP
Strukturbaum 74
Sv
KP VP
VL
V KP
Sv
KP VP
VL
PSP VL
NP PST V KP
Die Ableitung zwischen dem Knoten KP und dem eingebetten Satz Sv ist
aus Gründen der Übersichtlichkeit vereinfacht worden.
Strukturbaum 75
Sv
KP VP
VL
PSP VL
NP PST V
Sv
ø ø
Strukturbaum 76
Sv
KP VP
VL
PSP VL
NP PST PSP VL
NP PST V KP
Sv
ø ø
benutzt werden, in der ein Teil der adverbialen Konstruktion auf die
Ebene eines vollen steigerbaren Verbs angehoben wird (womit indirekt
wieder bestätigt wird, dass das AC kaum über eine Wortklasse ADVERB
verfügt):
B 298a (Yǔ) kam dreimal an seinem Tor vorbei, aber er trat nicht ein.
B 299a Das Land ist [nur] hundert Lǐ [im Geviert], aber man kann dabei
ein echter König sein.
Verb und Adverb 275
B 300a Dem ist [zwar] so, aber dass einer sich nicht wie ein echter
König verhält, ist etwas, das es noch nie gegeben hat.
Strukturbaum 77
Sn
NP PSP
NP PST
NL
PSP NL
NP PST
6.4 Verbdetermination
aus dem Kontext nicht klar hervorgeht (z.B. bei Rückblenden). Darin
sind sie funktional den Aktionsarten ähnlich:
B 308 㘱 lǎo
Zustand: er ist siebzig
→ B 308a 㘱⸓ lǎo yǐ
Zustandsänderung: er ist siebzig geworden / er ist (schon) sieb-
zig
Strukturbaum 78
Sv
KP VP
VL ASP
V KP
6.5 Adverbialprädikate
Bei der Durchsicht der adverbialen Modifikationen stellt man fest, dass
eine Art der Zeitbestimmung, nämlich die der Dauer, fehlt. Da Beispiele
existieren, die (aus der Sicht des Deutschen) ohne Prädikat auszukom-
men scheinen, muss man annehmen, dass das funktionale Analogon im
AC nicht als Adverbiale, sondern als eigenständige Verbalkonstruktion
zu analysieren sei. Z.B.:
Verb und Adverb 281
Das Beispiel lässt einzig den Schluss zu, dass die Kette bā nián ޛᒤ als
Prädikatsausdruck mit der angegebenen durativen Bedeutung fungieren
muss. Diesem Sachverhalt scheint allerdings das folgende Beispiel
gegenüberzustehen, bei dem scheinbar zwanglos das verbale Prädikat
yán 䀰 und eine postverbale Angabe der Dauer zhōng rì ㍲ᰕ zu iden-
tifizieren sind:
Ist Beispiel B 312 die – wie auch immer entstandene oder zu erklärende
– Ausnahme? Bei der Beantwortung dieser Frage weist uns das folgende
Beispiel m.E. auf den richtigen Weg:
Die Tatsache, dass man intuitiv das perfektive Element ‘schon’ (hier in
der Form des Aspektanzeigers yǐ ⸓ explizit realisiert) zur Zeitbestim-
mung zieht, passt gut zur analytischen Notwendigkeit, die uns Beispiel B
312 diktiert: die prädikativen Ketten, die aus einer quantitativen Angabe
sowie einer Angabe der temporalen Einheit (Tag, Jahr usw.) bestehen,
sind funktional Verben, die von verbalen Prädikatsmarkierungen beglei-
tet sein können (Aspekt), und bei denen der Sachverhalt, dessen Dauer
prädiziert wird, in Form eines Subjektsausdrucks (Subjektssatz, Nomi-
nalkomplement usw.), einer Satzadverbiale oder eines koordinierten
Satzteils realisiert sein kann. Für Beispiel B 313 wären folgende
Analysen mit strukturnahen Übersetzungen anzusetzen:
282 Kapitel 6
Die Struktur des Beispiels B 313a mit durativem Prädikat lässt sich so-
mit wie folgt darstellen:
Strukturbaum 79
Sv
KP VP
NL VL
PSP NL V
NP PST
Dass diese Form des Prädikates, nämlich eine quantitative Angabe sowie
die Angabe einer Einheit mit Masscharakter (ausser den temporalen
Massen wie eben Tag, Jahr usw. also auch Länge, Distanz oder Fläche)
nicht so ungewöhnlich ist, belegen die folgenden Beispiele:
Verb und Adverb 283
6.6 Zusammenfassung
Die Anzahl Komplemente richtet sich nach der Valenz des an der
Ableitung beteiligten Verbs. An diesen Stellen sind nominale und
(davon ausgehend) sententielle Strukturen möglich.
Verb und Adverb 285
(R-1a) Sv → KP + VP
(R-1b) Sn → NP + PSP
(R-2) KP → K + NP
(R-3) VP → VL (ASP)
(R-4a) NP → NP (KNJ) NP
(R-4b) NP → (DET) NL (KP)
(R-4c) NP → S
(R-5a) VL → V (KP) (KP)
(R-5b) VL → (PSP) VL
(R-6a) NL → (PSP) NL
(R-6b) NL → N (NP)
(R-7) PSP → NP + PST
7 Satz und Sätze
(R-1x) S → Sv / Sn
Das nicht näher spezifizierte Symbol S soll aber durchaus als verkürzte
Form verwendet werden, wenn die Differenzierung der Satztypen aus
irgendeinem Grund irrelevant ist.
Strukturbaum 80
Sv
AP KP VP
A NP V
292 Kapitel 7
Strukturbaum 81
Sv
AP KP VP
A NP V KP
S
ø
Strukturbaum 82
Sv
NP AP VP
A NP V KP
NL NP
PSP NL S
NP PST
ø
An dieser Stelle ist auf eine Besonderheit hinzuweisen, bei der man u.a.
wegen der zielsprachlichen Äquivalenten versucht sein könnte, sie unter
den temporalen adverbialen Bestimmungen abzuhandeln, nämlich auf
Satz und Sätze 293
Strukturbaum 83
Sv
KP AP VP
NL V
PSP NL
NP PST
Strukturbaum 84
S
S KNJ S
AP KP VP
Ø
gaben des Satzes (vgl. Belege B 323 und 7.2.2.3 unten). Die Finalität
entsteht durch die Juxtaposition der Inhalte; eine allfällige Markierung yǐ
ԕ (ein zugeordnetes pronominales Objekt zhī ѻ wird regulär getilgt) ist
also als Spur einer entsprechenden modal-instrumentalen Bestimmung
(oder, seltener, einer Kasusphrase) zu werten, wie im folgenden Beispiel
belegt:
Strukturbaum 85
S
S S
KP VP KP AP VP
A NP V KP
ø ø ø
Bei dieser Äusserung ist also die Subjektsposition nicht besetzt – aber ist
das Subjekt getilgt oder systematisch nicht-existent? Das deutsche ‘es’
ist ein Platzhaltersubjekt (engl. dummy subject), denn man kann auch im
Deutschen ein Subjekt angeben: ‘der Regen regnet’, evtl. ‘der Himmel
regnet’. Das Unbehagen, welches man bei diesen Beispielen allenfalls
empfindet, hängt nicht so sehr damit zusammen, dass die Subjekte falsch
gewählt wären, sondern mit der Tatsache, dass sie so selbstverständlich
sind, dass ihre Erwähnung eine besondere, markierte Wirkung hervor-
ruft, wie dies in den folgenden AC-Äusserungen auch der Fall ist:
Dass tiān ཙ hier nicht als Lokativ ‘am Himmel (regnete es daraufhin)’
zu analysieren ist, sondern eher als (agentivisches) Subjekt, wird durch
das nächste Beispiel nahegelegt:
auch für das AC die These von der Subjektlosigkeit gewisser Sätze un-
brauchbar erscheinen:
Zusammenfassend muss also die Ableitung von B 327 wie folgt aus-
sehen (der Knoten für die Subjektskonstituente darf nicht fehlen; gewisse
Belege zeigen, dass yù sogar ein zweiwertiges lokativisches Verb ist,
z.B. Xiāng 19.4 Zuǒ mit der Kette 䴘✹ ‘auf sie regnen’):
Strukturbaum 86
Sv
KP VP
neg VP KP
Ø Ø
7.1.3 Sprechaktmarkierungen
7.1.3.1 Frageformen
Bei den Fragen unterscheidet man pragmatisch zwischen den Ja / Nein-
Fragen und den materiellen Fragen. Die Ja / Nein-Fragen werden im AC
durch das Hinzufügen des satzabschliessenden Fragewortes
Ѿ hū ‘?’
B 331 ⦻䁡ѻ
wáng xǔ zhī
Der König erlaubt es. Aussage, Feststellung
B 332 ⦻䁡ѻѾ
wáng xǔ zhī hū
Erlaubt es der König? Frageform
Die Antwort auf solche Fragen wird in der Regel durch Wiederholung
des positiven oder negierten verbalen Kerns der Aussage, d.h. im beja-
henden oder ablehnenden Sinne, gebildet:
B 333 䁡ѻ
xǔ zhī
Er erlaubt es. Zustimmung
B 334 н䁡
bù xǔ
Er erlaubt es nicht. Verneinung, Ablehnung
❦ rán fǒu
‘es ist so; ja’ ‘es ist nicht so; nein’
Das Fragewort hū Ѿ ist einerseits eine Markierung auf der Ebene des
Satzes, andererseits erscheint es stets in Satzendstellung. In den
folgenden Strukturdarstellungen ist also der Knoten SM nicht von den
Konstituentenstrukturregeln erzeugt, sondern nachträglich über eine
entsprechende Transformation eingefügt:
B 332 ⦻䁡ѻѾ
wáng xǔ zhī hū
Erlaubt es der König? Frageform
Strukturbaum 87
Sv
KP VP SM
Neben dieser Normalform der Frage gibt es auch die vom Modernchine-
sischen her bekannte Bildung von Alternativfragen sowie von indirekten
Fragen. Diese Formen sind ebenfalls das Resultat einer Transformation,
welche eine Kopie der Verbalphrase mit eingefügter Negation herstellt –
ein Vorgang, der sich nicht von den Basisregeln syntaktisch generieren
lässt. Man beachte die Veränderungen, die bei den folgenden zwei Bei-
spielen auftreten (mit je zwei Strukturdarstellungen illustriert):
B 335 ⦻䁡ѻ
wáng xǔ zhī fǒu
Erlaubt es der König oder (erlaubt er es) nicht?
Strukturbaum 88
Sv
KP VP
VP VP
Satz und Sätze 301
Strukturbaum 89
Sv
KP VP
VP VP
Strukturbaum 90
Sv
KP VP
VL
neg V KP
KP KP
ø
bilden, wie das Belegbeispiel B 336 ja zeigt. Die realisierte Form stellt
sich wie folgt dar:
Strukturbaum 91
Sv
KP VP
VL
neg V KP
KP KP
ø
B 337 㡌Ӫ㠷
Shùn rén yú
War Shun ein Rén?
Strukturbaum 92
Sn
NP PSP SM
NP PST
Strukturbaum 93
Sn
NP PSP SM
NP PST
䃠 shuí ‘wer?’
Das Fragepronomen
a. Ohne Markierung sind sie in der Regel präponiert, d.h. sie stehen
meist vor dem das erfragte Element regierenden Verb, und zwar mit
Vorliebe in der Subjektsstellung (vgl. Beispiel B 338 oben);
b. Ist das erfragte Satzglied mit einer Kasus- oder Adverbialmarkie-
rung versehen, so klitisieren sie in Zweitstellung an das Fragewort
Satz und Sätze 305
7.1.3.2 Interjektionen
Die Interjektionen im AC nehmen, wie das Fragewort hū Ѿ (zu dem es
ja auch die homographe Ausrufeinterjektion hū Ѿ gibt) in der Regel
eine satzfinale Position ein. Sie lassen sich also in Bezug auf ihre trans-
formationelle Eingliederung weitgehend in der gleichen Art und Weise
behandeln. Z.B.:
Strukturbaum 94
Sv
KP VP
V KP
NL
N NP
N SM
7.1.3.3 Negationen
Die Schwierigkeiten, welche die grammatische Beschreibung des syn-
taktischen Verhaltens der Negationen immer wieder bietet, hängt damit
zusammen, dass sie zwar auf der grammatischen bzw. syntaktischen
Ebene realisiert, dass sie aber gerade beispielsweise in Bezug auf ihre
Stellung im Satz von der pragmatischen Ebene aus gesteuert werden.
Eine besondere Folge daraus ist die Tatsache, dass Negationen einen
sogenannten Skopus aufweisen, d.h. sie können Ketten unterschiedlicher
Länge in einem Satz negieren. Die Äusserung ‘Ich werde Ihnen das nicht
erklären’ und die lediglich durch die Stellung der Negation sich
abhebenden (aber aus anderen situativen Kontexten stammenden) Äusse-
rungen ‘Ich werde Ihnen nicht das erklären’ oder ‘Ich werde nicht Ihnen
das erklären’ sollen dies illustrieren (mehr dazu in 8.1.2). Wir werden
hier also davon ausgehen, dass die Negation als Knoten NEG in einen
bestehenden Strukturbaum hineinkopiert wird und dass die jeweilige
Position in einer Äusserung durch pragmatische Entscheide des Spre-
chers (über Transformationen oder Kontextoperatoren) gesteuert werden.
Im folgenden sollen die wichtigsten Negationen charakterisiert werden.
Die Negationen im AC fallen in zwei deutlich getrennte (und ungleich-
gewichtige) Gruppen: Negationen im Verbalsatz und die Negation im
Nominalsatz.
Satz und Sätze 307
н bù ‘nicht (V)’
Zum Beispiel:
B 346 ⦻н㾻㠓
wáng bù jiàn chén
Der König empfängt den Lehnsmann nicht.
Strukturbaum 95
Sv
KP VP
neg VL
V KP
Bei di- und trivalenten Verben ist zu beachten, dass bei Negierung mit
bù н und gleichzeitiger Pronominalisierung des direkten Objektes mit
zhī ѻ das pronominalisierte Objekt praktisch ausnahmslos getilgt wird.
Z.B.:
B 347 ⦻н㾻
wáng bù jiàn (zhī)
Der König empfängt (ihn) nicht.
B 350 ⦻⸕ѻ
wáng zhī zhī
Der König weiss es.
B 351 㠓н֯⦻⸕ѻ
chén bù shǐ wáng zhī zhī
Der Lehnsmann lässt den König es nicht wissen.
Strukturbaum 96
Sv
KP VP
neg VL
V NP KP
NL
N NP/S
ø ø ø
B 352 㠓ᕇ⸕ѻ
chén fú zhī zhī
Der Lehnsmann lässt (ihn) es nicht wissen.
Strukturbaum 97
Sv
KP VP
VL
V NP KP
NL
N NP/S
ø ø ø
3. Die Negation
4. Die Negationen
Strukturbaum 98
Sn
NP PSP
neg PSP
NP PST
NL
PSP NL
NP PST
S
ø ø
Satz und Sätze 315
Strukturbaum 99
Sv
KP VP
neg KP V KP
7.2 Satzgefüge
junktionen und Satzgefügen die Rede sein, also von solchen, die
strukturell Teilsätze verbinden.
7.2.1 Konjunktionen
Damit wird an eine Verkettung auf einer Ebene der Verbalgruppe ge-
dacht. In die Terminologie des vorliegenden Grammatikmodells über-
setzt ergeben sich so die folgenden Kombinationen:
V + KNJ + V
VL + KNJ + VL
oder VP + KNJ + VP.
Äusserungen dieser Art sind aber weder besonders typisch für das syn-
taktische Verhalten der Konjunktion qiě ф noch bilden sie eine quanti-
tativ bedeutende Gruppe im Gesamtvorkommen der Äusserungen mit qiě
ф. Viel häufiger sind Äusserungen der folgenden Gestalt:
Und schliesslich kann die Äusserung mit qiě ф auf Sachverhalte Bezug
nehmen, die nicht einmal mehr textlich realisiert sind, sondern auf die im
Sinne von Präsuppositionen bloss kontextuell Bezug genommen wird:
7.2.2 Satzgefüge
Im folgenden soll davon ausgegangen werden (d.h. bis zum Beweis des
Gegenteils), dass konjunktionale Strukturen stets auf der höchsten Stufe
einer Konstituentengruppe anzusetzen sind, also auf den Ebenen
Nominalphrase (NP), Verbalphrase (VP) oder – was uns hier am meisten
interessiert – eben auf der Ebene Satz (S). Das in Bezug auf den Satztyp
undifferenzierte Symbol S lässt sich hier gut verwenden. Die Regel,
welche die Generierung konjunktionaler Strukturen im Rahmen der
Satzgruppe ermöglicht, wäre also als Zusatz zur Regel R-1 zu
formulieren (die bisherigen Regeln R-1a und R-1b werden zu R-1b und
R-1c; s. Zusammenfassung 7.3). Auf der rechten Seite der Regel können
alle Kombinationen von Satztypen vorkommen:
Strukturbaum 100
S
Sv KNJ Sv
ࡷ zé ‘(wenn) …, dann …’
Satz und Sätze 319
B 372 ഻⋫≁ᆹ
guó zhì mín ān
Herrscht im Land Ordnung, sind die Mín zufrieden.
Kommentar: Die Übersetzung zeigt, dass im Deutschen implizite
Realisationsformen ebenfalls existieren.
Strukturbaum 101
Sv
KP VP
VL
V KP
NL
N NP
Sv
KP VP
ø
Bei den Belegen B 280 und B 326 oben wurde die Feststellung gemacht,
dass eine allfällige (postverbale!) Markierung yǐ ԕ kaum je als finale
Konjunktion (= ‘um zu’) zu analysieren ist, weil das zu Fehlinter-
pretationen führen kann:
Satz und Sätze 321
Die Verbgruppe der Lokativverben eignet sich nun sehr gut, um diese
Feststellung zu untermauern. Man vergleiche die folgenden Beispiele:
Bei dieser Konjunktion stellt sich die Frage der strukturellen Zuweisung,
da sie offensichtlich dem ganzen Gefüge vorausgeht und nicht als blosse
satzinitiale Konjunktion gewertet werden kann, wie etwa das in 7.2.1
behandelte qiě ф. Historisch gesehen rührt diese Schwierigkeit daher,
dass suī ursprünglich eine morphologisch komplexe Form (*s-tə-wuj)
war, die aus Kombination der Wurzel des inschriftlich gut belegten ar-
chaischen Kopulaverbs wéi 䳩~ᜏ~㏝~ୟ (AC *(tə)wuj, ‘sein, werden’)
mit dem Kausativpräfix *s- und dem detransitivierenden *-t(ə)- ent-
standen ist (‘es sei X [der Fall], dass ...’). Konzessive und, seltener,
kontrafaktische Nebensätze, die eine hypothetische Bedingung formu-
lieren, wurden im Antikchinesischen also nicht als Implikation durch
eine Konjunktion, sondern direkt, nämlich durch suī 䴆 als Matrixverb
des irrealen Antezedens gekennzeichnet. Ferner ist noch zu berücksichti-
gen, dass konditionale Strukturen manchmal mit dem diskontinuierlichen
Konjunktionenpaar gǒu 㤏 … zé ࡷ (‘wenn’ … ‘dann’) gebildet wird.
Die Regel R-1a sollte also die folgenden Kombinationsmöglichkeiten
generieren:
S → KNJ + Sv/n
(qiě ф Sv/n)
Strukturbaum 102
S
KNJ Sv/n Sv/n
Ø Ø
Strukturbaum 103
S
Sv/n KNJ Sv/n
Ø
7.3 Zusammenfassung
8.1 Pronomina
Ausgangsstruktur Transformat
NP NP
wird
NL transformiert NL
zu
N PRN
328 Kapitel 8
Die Graphik stellt nur eine mögliche Form der Pronominalisierung dar.
Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass “Pronominalisierung” im Sinne
des vorliegenden Modells (auch wenn es sich um nominale Elemente
handelt) insofern ungenau ist, als die Proformen, welche nominale Ele-
mente substituieren können, dies auf verschiedenen Ebenen tun, d.h. sie
ersetzen Nomina (N), Nominale (NL), Nominalphrasen (NP) oder auch
ganze Teilsätze (S). Strenggenommen müsste man also von einem
“Pronomen”, einem “Pro-nominal”, einer “Pro-nominalphrase” und
einem “Pro-(konstituenten)satz” sprechen. Man vergleiche die transfor-
mative Veränderung zwischen den Strukturdarstellungen zu den beiden
folgenden Beispielen. Die Transformation setzt bei einem möglichst
hohen Knoten an, also bei NP. Dieser kann im Rahmen einer Kasusphrase
KP, einer Adverbialphrase AP oder einer Modifikationsstruktur liegen –
entscheidend ist jedoch die Einsicht, dass die jeweiligen präpositions-
artigen oder postpositionalen Markierungen nicht von der Pronominali-
sierung tangiert werden:
B 379 ⦻㾻㠓
wáng jiàn chén
Der König sieht den Lehnsmann.
Strukturbaum 104
Sv
KP VP
V KP
K NP
ø
Proformen 329
B 379a ⦻㾻ѻ
wáng jiàn zhī
Der König sieht ihn.
Strukturbaum 105
Sv
KP VP
V KP
K PRN
a b c d
1. Person: ᡁ wǒ ੮ wú ։ yú Ҹ yú
*ŋŋaj-q *ŋŋa *la *la-q
2. Person: ⡮ ěr 㘼 ér ⊍ rǔ ྣ rǔ
*nəj-q *nə *na-q *na-q
3. Person: ѻ zhī ަ qí
*tə *gə
Ein Blick auf die rekonstruierten Formen zeigt, dass die Pronomen der
ersten beiden Personen nicht nur funktional, sondern auch phonologisch
erhebliche Überschneidungen aufwiesen. Die Pronomen der dritten Per-
son fallen hingegen deutlich aus dem morphonologischen Schema. Wie
in vielen anderen Sprachen handelt es sich bei ihnen um ursprüngliche
Demonstrativpronomen, die erst im klassischen AC auf ihre personale
Funktion festgelegt wurden.
Vor dem Hintergrund einer inschriftenbasierten Chronologie der
Formen der ersten beiden Personen zeigt sich, dass in ältester Zeit ein
System existiert haben muss, in dem sich im Singular yú ։ und rǔ ྣ
(bzw. die komplett homophone Variantenschreibung rǔ ⊍), im Plural
wǒ ᡁ und ěr ⡮ gegenüberstanden. Es lag also, zusätzlich zu dem durch
die verschiedenen Pronominalstämme fixierten Numerus, eine weitere
morphonologische Differenzierung ±*-j vor. In der Östlichen Zhōu-Zeit
bildete sich unter dem Druck der Analogie ein stärker symmetrisches
System heraus, in dem das (wie wǒ ᡁ) mit velarem Nasal anlautende
Proformen 331
Nach welchen Kriterien lässt sich diese Vielfalt an Formen nun aber syn-
taktisch und pragmatisch klassifizieren?
Eine tabellarische Übersicht über die Parameter 1. bis 4. zeigt die Diffe-
renzierungen des Systems der Personalpronomina:
Proformen 335
Funktion 1. P 2. P 3. P
ᡁ ੮ ։ ⡮ 㘼 ⊍ ѻ ަ
wǒ wú yú ěr ér rǔ zhī qí
Substitution + + + + 0 + + +
Modifikation + + – + + + – +
1
Satzteil Subjekt + + + + 0 + 0 +
Objekt + 0 + + 0 + + –
Interaktion2 h a/c a/c a/c a/c
höflich = b
t +
h
unhöflich = b
t a/c a/c a/c a/c
Kontrast + – 0 + 0 –
Referenzbereich s/p s/p s s/p s/p s s/p s/p
Zeichenerklärung:
+ häufig in dieser Funktion
– sehr selten / gar nicht in dieser Funktion
0 indifferent; selten vorkommend
h der Statushöhere ist mit dieser Form (un)höflich
= der Statusgleiche ist mit dieser Form (un)höflich
t der Statustiefere ist mit dieser Form (un)höflich
s/p singularisch/pluralisch
Anm. 1 als Subjekt eines Nebensatzes oder emphatisch im Hauptsatz
Anm. 2 a = asymm. Interaktionsform I; b = symm. Form; c = asymm. Form
II
336 Kapitel 8
Ausserdem ist noch auf das wohlbekannte Phänomen der Tilgung des
Objektspronomens der 3. Person zhī ѻ in mit bù н negierten Äusse-
rungen hinzuweisen (vgl. 7.1.3.3). Man vergleiche:
338 Kapitel 8
Zunächst ist festzuhalten, dass das satzfinale yě ҏ nicht durch die An-
wesenheit von mò zhī 㧛ѻ bedingt ist, sondern in seiner gewöhnlichen
Funktion als Signal für den Nominalsatz aufgefasst werden kann, denn
es gibt Belege mit mò zhī 㧛ѻ und ohne yě ҏ, wie z.B. mò zhī yù ér bù
rén, shì bù=zhì yě 㧛ѻ㘼нӱ,ᱟнᲪҏ ‘Verhält sich jemand nicht
rén-konform, obwohl niemand ihn daran hindert, so ist das Uneinsich-
tigkeit’ (Mèng 2A.7). Wie die Übersetzungen andeuten und wie der
Beleg B 392 unmissverständlich zeigt, ist zhī ѻ in der Kette mò zhī
Proformen 339
Wie zu ersehen ist, hängt die Veränderung des Skopus der Negation mit
einer Positionsveränderung zusammen. Die Durchsicht von AC-Bei-
spielen ergibt, dass das Pronomen der 1. Person wǒ ᡁ in negierten
340 Kapitel 8
Die Lage ist auch beim Pronomen der 3. Person zhī ѻ nach der
Negation bù н alles andere als eindeutig. So weist etwa die Existenz
gewisser Fusionsformen in negierten Äusserungen darauf hin, dass zhī
ѻ in negierten Äusserungen durchaus auch postverbal anzusetzen ist:
Der Skopus kann aber hier aus zwei Gründen nicht für den Präponie-
rungsvorgang verantwortlich sein: Zum einen negiert die Negation bù н
nach wie vor das Verb ài ᝋ, und nicht das präponierte nominale
Satzglied wǒ ᡁ, zum anderen wäre die skopuseinschränkende Negation
eines nominalen Satzgliedes ohnehin nicht bù н sondern fēi 䶎, wie aus
dem folgenden, bereits in 7.1.3.3 erörterten Beispiel zu ersehen ist:
Mit dem Parameter Skopus lassen sich also die Fälle nicht erfassen, in
denen die Pronomina präverbal positioniert sind. Das eben wieder
angeführte Beispiel B 380 lässt sich aber mit einem anderen
gesprächsabhängigen pragmatischen Programm in Verbindung bringen,
nämlich mit der Kontrastierung: ‘Dass Vater und Mutter mich nicht
lieben – sondern meinen Bruder, […]’. Diese Kontrastierung ist eng
verwandt mit anderen Strategien, welche der Betonung oder Hervor-
hebung von Äusserungsteilen dienen (z.B. die Extraposition) und die
ebenfalls das Mittel der Präponierung verwenden. Betonung oder
Hervorhebung ist also als Erklärung für die Präponierung heranzuziehen,
wie auch im folgenden, bereits erwähnten Beispiel:
Das nächste Beispiel kann für das Vorliegen der Betonung geradezu als
paradigmatischen Fall vorgestellt werden, denn das Pronomen rǔ ྣ ist
sogar über eine Nebensatzgrenze hinaus präponiert worden (eigentlich
ist es ja Objekt von shā ⇪ und nicht von rěn ᗽ). Damit fällt eine
Erklärung, die auf den Skopus gründet, a priori weg:
342 Kapitel 8
Wie steht es aber mit dem Pronomen der 3. Person, mit zhī ѻ? Bei-
spiele, in denen die Negation wèi ᵚ realisiert ist, zeigen – wenn auch
mit sehr unterschiedlicher Häufigkeit – das ganze Spektrum der Mög-
lichkeiten, nämlich Präponierung, postverbale Position und auch
Tilgung:
Gemeint ist damit nur die Präponierung ohne Kennzeichnung. Die Frage
stellt sich also, ob es Bestandteil des Kontrastierungsprogramms ist,
wenn Objekte mit einer Kasusmarkierung in einer affirmativen Äusse-
rung präponiert werden. Gibt es also einen diesbezüglichen Unterschied
bei der Interpretation des direkten Objektes (DO) in den folgenden
Äusserungsteilen (mit nominalen Objekten)?
Aus dem Kontext des Mèngzǐ-Textes lässt sich eine Nuance heraushören:
Das Beispiel B 401 ist Bestandteil einer Frage des Schülers Wàn Zhāng,
und zwar ist es eine Frage, die Erstaunen sowohl über den Vorgang wie
über den transferierten Gegenstand zum Ausdruck bringt: Yáo gab Shùn
das Reich (man höre und staune!). Im Beispiel B 400 wird dagegen eine
Tatsache geäussert, in der angesichts des genannten Agens weder die
Berechtigung noch das Transferierte als ungewohnt beurteilt werden.
Während in affirmativen Sätzen einfache pronominalisierte Objekte in
der Regel in postverbaler Position vorkommen, sind jedoch die kasus-
markierten Nominalphrasen mit pronominalisierten Objekten regelmäs-
sig präverbal positioniert. Im Falle des Objektspronomens zhī ѻ ist
dabei festzustellen, dass es – wie bei der Negation – getilgt wird:
344 Kapitel 8
x V *betont (B 391)
x V unbetont B 389
x V x *unbetont B 398
x x V betont B 382
x x V betont B 401
* = seltene Variante / Klammerung: zhī kann getilgt sein
8.1.3 Demonstrativpronomina
< *ta ‘diese’ und das davon abgeleitete “starke” zhě 㘵 < *ta-q, das
Kernpronomen der adnominalen Modifikation (vgl. S. 170). Schliesslich
kann das Suffix *-q in Pronomen durch das distributive Suffix *-k ersetzt
werden, welches uns bereits im Zusammenhang mit der Negation
begegnet ist (vgl. 7.1.3.3). So finden sich z.B. die Entsprechungen
B 403 ᱟ俜
shì mǎ
dieses Pferd
Die eben belegten Varianten lassen sich auch bei Äusserungen mit dem
Demonstrativum cǐ ↔ feststellen:
348 Kapitel 8
Wie aus der Tabelle 14 oben zu ersehen ist, können die meisten Perso-
nalpronomina auch in possessiven Konstruktionen auftreten. Dies gilt
auch uneingeschränkt für die Demonstrativpronomina. Dabei ist folgen-
des zu bedenken: Oberflächenstrukturell gesehen scheinen die posses-
siven Konstruktionen im AC den Deutschen durchaus analog zu sein. Die
naheliegende Übersetzung mit possessiven Formen, wie z.B. ‘mein’,
‘dein’, ‘sein’ usw., sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass im AC
– getreu seiner stärker verbal orientierten Struktur – possessive Kon-
struktionen implizite Genitivkonstruktionen sind, also eine Konstruktion,
in der eine nominale Konstituente durch eine andere nominale
Konstituente modifiziert wird, und nicht wie im Deutschen eine
Adjektiv-Nomen-Konstruktion. Die strukturnahe Übersetzung von wǒ
(zhī) fù ᡁѻ⡦ im Deutschen wäre also beispielsweise nicht ‘mein
Vater’ sondern ‘der Vater von mir’. Es liegt also folgende Struktur vor:
Proformen 349
Die korrekte Erkenntnis der Possessivstruktur ist aber aus dem folgenden
Grunde sehr wichtig: Neben den in 8.1.3 genannten Demonstrativ-
pronomina existieren noch die homographen Determinanten (vgl. 8.3
unten). Der Unterschied zwischen diesen beiden Wortklassen wird
unmittelbar klar, wenn man die folgenden zwei Beispiele vergleicht:
Von der Bedeutung her (‘sich selbst, von selbst’) sind sie nicht zu unter-
scheiden, wohl aber von der syntaktischen Funktion:
ᐡ Das Pronomen jǐ ᐡ ist über eine Satzgrenze hinaus auf ein Subjekt
bezogen (technisch ausgedrückt: das Pronomen und das Referenz-
subjekt sind unter verschiedenen Satzknoten S generiert), wobei
seine Position regelmässig postverbal ist. Ausserdem tritt es in der
possessiven Konstruktion auf. Vgl. Beispiele B 413 bis B 418.
Das Reziprokpronomen
steht regelmässig präverbal und ist je nach Semantik des Verbs mit
‘gegenseitig’ oder aber mit ‘einander’ wiederzugeben. Z.B.:
8.1.6 Quantoren
bialen These argumentieren, dass die Beispiele ein weiteres Mal die
ausgeprägte Prädikatsbezogenheit des AC illustrieren. Die Quantifikation
erfolgt nicht im Rahmen nominaler Strukturen (die deutsche Kon-
struktion, ‘alle Menschen / Persönlichkeiten’, kann strukturell nicht
nachgebildet werden), sondern mit Proformen im Rahmen der Adver-
bialgruppe des Verbs. Die Quantoren wären im wesentlichen Spezia-
lisierungen des allgemeinen adverbialen Ausdrucks des Masses, wie an
der folgenden quantifizierenden Äusserung abzulesen ist:
Die adverbiale These stützt sich offenbar zur Hauptsache auf den Um-
stand, dass quantifizierende Ausdrücke präverbal, und zwar meist un-
mittelbar vor dem Verb positioniert sind. Wie in diesem Kapitel schon
aufgezeigt, können viele pronominale Formen im Rahmen bestimmter
Kommunikationsstrategien oder syntaktischer Konstruktionen (etwa das
Relativpronomen suǒ ᡰ) präverbal positioniert sein. Warum Quantoren
wie jiē Ⲷ oder mò 㧛 immer vor dem Verb positioniert sind, hängt mit
ihrer inhärenten Definitheit zusammen.
8.1.7 Relativpronomina
8.1.8 Fragepronomina
8.2 Proprädikate
8.3 Fusionsformen
ޜ ԕ 䞂 伢 㠓 ԕ 䞂 ᯬ 㠓
gōng yǐ jiǔ yìn chén yǐ jiǔ yú chén
SUB K DO V IO K DO K IO
ޜ 伢 㠓 䞂
ޜ 伢 ѻ 䞂
ޜ ԕ 䞂 伢 㠓
ޜ ԕ 伢 㠓
ޜ 伢 㠓 ԕ 䞂
ޜ 伢 ѻ ԕ 䞂
ޜ 伢 䞂 ᯬ 㠓
ޜ 伢 FUS-B 䄨 㠓
ޜ 伢 䞂 ✹ FUS-A
ޜ 伢 ѻ ✹ FUS-A
ޜ 㠓 ԕ ᭯ ᯬ 㠓
gōng wèn chén yǐ zhèng yú chén
SUB V IO K DO K IO
ޜ 㠓 ᭯
ޜ ѻ ᭯
ޜ ᭯ ᯬ 㠓
ޜ FUS-B 䄨 㠓
ޜ ᭯ ✹ FUS-A
ޜ ѻ ✹ FUS-A
NP S
Strukturbaum 106
Sv
KP VP
V KP
S
Strukturbaum 107
NP Sv
KP VP
V PRN
368 Kapitel 9
Strukturbaum 108
Sv
KP VP
V PRN
Strukturbaum 109
NP Sv
KP VP
V PRN
370 Kapitel 9
Die in 9.1.1 und 9.1.2 diskutierten Strukturen beruhen beide auf der
Linksversetzung des zu betonenden Satzgliedes unter Hinterlassung
einer pronominalen Spur. In der folgenden Konstruktion sind die Ein-
griffe wesentlich grösser, denn die entstehende Satzform ist immer die
eines besonderen Nominalsatzes, der unter dem Begriff Spalt- oder
Sperrsätze bekannt ist. Z.B.:
Relativsatz
Subjekt V Objekt
Relativsatz
Wie aus der Graphik 45 zu ersehen ist, wird die zu betonende Nominal-
phrase des zugrundeliegenden Verbalsatzes in die Prädikatsnominal-
phrase versetzt, während der Rest des Verbalsatzes als transformierten
372 Kapitel 9
Strukturbaum 110
Sv
KP VP
V KP
Emphasemuster 373
Strukturbaum 111
Sn
NP PSP
NP PST
Sv SB 110
KP VP
PRN V
Strukturbaum 112
Sn
NP PSP
NP PST
Sv SB 110
KP VP
PRN V
Subjekt V Objekt
Appositiver
Relativsatz
Strukturbaum 113
Sv
KP VP
KP SM V KP
K PRN
B 464 Lang ist’s her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben!
Subjekt Prädikat
Prädikat Subjekt
Strukturbaum 114
Sv
KP VP
S
Strukturbaum 115
Sv
VP KP
VP SM S
Emphasemuster 379
Strukturbaum 116
S
NP Sv
S KP VP
Ø
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus der Logik der Konstruktion
(z.B. Zugehörigkeit von Subjeks- und Prädikatsausdruck zur gleichen
Kategorie) wichtige Einsichten in die lexikalische Struktur gewonnen
werden können.
Das Zitat bezieht sich auf zwei gleich strukturierte Formen: auf das
Redezitat wie auf ein zu definierendes Thema. Das Redezitat besteht aus
einer appositiven Genitivform, in der eine Äusserung aus dem Kontext
thematisch aufgenommen werden kann. Die Äusserung wird (meist)
unverändert realisiert, das genitivische Kernwort dazu wird immer mit
zhě 㘵 pronominalisiert (es ist eigentlich müssig, darüber zu spekulieren,
welches das Kernwort ist, aber das Nomen wèi 䄲 ‘das Gesagte / die
Bedeutung’ scheint der geeignetste Kandidat zu sein). Beim Redezitat ist
die Form der nachfolgenden Äusserung nicht festgelegt, das definierende
Thema hingegen ist immer in eine Nominalsatzform eingebettet. Man
vergleiche die folgenden kommentierten Beispiele:
B 480 ᰾ੋѻᯬޗҏ။ަ㢢㘼н㹼ަ䄱н֯⿱䃻
ަᯬᐖਣҏ֯ަ䓛ᗵ䋜ަ䀰н֯⳺䗝
ަᯬ⡦ݴབྷ㠓ҏ㚭ަ䀰ҏ Hán Fēi Zǐ 9.2
míng jūn zhī yú nèi yě, yú qí sè, ér bù xíng qí yè, bù shǐ sī qǐng.
qí yú zuǒ yòu yě, shǐ qí shēn bì zé qí yán, bù shǐ yì cí.
qí yú fù xiōng dà chén yě, tīng qí yán yě.
Ein intelligenter Herr verhält sich Personen im Inneren des Pa-
lastes gegenüber so, dass er sich ihrer Schönheit erfreut, sie aber
nicht ihre Aufwartung machen lässt, und so, dass er nicht zulässt,
dass sie privat Bitten vortragen. Seiner Entourage gegenüber
verhält er sich so, dass er bewirkt, dass sie persönlich ihre Rat-
schläge verantworten müssen, und so, dass er nicht zulässt, dass
sie Gewinn aus ihren Aussagen ziehen. Den Onkeln, älteren
Vettern und bedeutenden Chen gegenüber verhält er sich so, dass
er einer ist, der auf ihre Ratschläge hört.
Kommentar: Der Subjektsausdruck míng jūn zhī ᰾ੋѻ aus der
Kette míng jūn zhī yú nèi yě ᰾ੋѻᯬޗҏ wird in den fol-
genden analogen Verhältnisthemen in der pronominalisierten
Form qí ަ wiederaufgenommen, also qí yú zuǒ yòu yě ަᯬᐖ
ਣҏ und qí yú fù xiōng dà chén yě ަᯬ⡦ݴབྷ㠓ҏ. Das
abschliessende yě ҏ kann auch auf die ganze Passage bezogen
werden (was aus stilistischen Gründen in der Übersetzung nur im
Schlussteil getan wurde).
über den Mín verhält er sich so, dass er sie rén-konform behan-
delt, sich aber weigert, sie wie Nahverwandte zu behandeln.
Kommentar: Die erste Verhältnisthema lautet vollständig jūn-zǐ
zhī yú wù yě ੋᆀѻᯬ⢙ҏ, und darin ist auch der Subjekts-
ausdruck jūn-zǐ zhī ੋᆀѻ realisiert. Im zweiten Verhältnis-
thema fehlt dieser Ausdruck; vollständig müsste er lauten: jūn-zǐ
zhī yú mín yě ੋᆀѻᯬ≁ҏ.
Strukturbaum 117
S
NP Sn
S
Vergleicht man das Verhältnisthema mit der Palette der Strukturen, die
sich der Komplementsatzform bedienen, so fällt die Ähnlichkeit mit den
satzadverbialen Bestimmungen (Temporalphrasen) auf (vgl. 7.1.1, insbe-
sondere Beleg B 317). Man vergleiche die folgenden Belege:
9.4 Zusammenfassung
Die durch die mehr als 1.2 Milliarden Sprecher chinesischer Dialekte in
Ost-, Südostasien und weltweiten Migrantenexklaven konstituierte
sinitsche Sprachfamilie ist heute mit weitem Abstand die grösste
erstsprachliche Sprechergemeinschaft der Welt (vgl. Englisch mit ca.
365 und Spanisch mit ca. 405 Millionen Muttersprachlern). Sie ist nach
gegenwärtigem Forschungsstand in mindestens zehn Subfamilien zu
untergliedern, die aufgrund aussersprachlicher politischer, historischer
und soziologischer Kriterien bzw. des mit wenigen Ausnahmen
gemeinsamen Schriftsystems traditionell als “Dialekte” bezeichnet wer-
den. Die sprachlichen Distanzen zwischen diesen Subfamilien können
allerdings sowohl in lexikalischer und phonologischer, als auch in
syntaktischer und (sehr selten) morphologischer Hinsicht so gross sein,
dass eine wechselseitige Verständigung der Sprecher ohne Rekurs auf
einen hochsprachlichen Standard (pǔtōnghuà Პ䙊䂡 in der VR China,
guóyǔ ഻䃎 in Taiwan, huáyǔ 㨟䃎 in Singapur) oder eine andere inter-
dialektale lingua franca nicht gewährleistet ist. Einzeldialekte verhalten
sich demnach hinsichtlich des Kriteriums der gegenseitigen Verständ-
lichkeit gesprochener Umgangssprache oftmals so zueinander, wie dies
einzelne Sprachen im durch die Bildung von Nationalstaaten geprägten
Europa tun; Dialektverbünde entsprechend häufig so wie einzelne indo-
europäische Sprachfamilien (Germanisch, Romanisch, Slavisch, usw.).
Dies gilt sowohl für das Verhältnis zwischen geographisch weit vonein-
ander entfernten Subfamilien wie etwa dem Nördlichen Mandarin
(běifāng guānhuà ेᯩᇈ䂡) und dem Kantonesischen (yuèyǔ ㋔䃎) im
Süden, als auch gelegentlich für benachbarte Sprachfamilien, wie etwa
dem Nördlichen Mandarin und den sogenannten Jìn ᱻ-Dialekten in
Shānxī ኡ㾯 und angrenzenden Gebieten. Im Extremfall sind Einzel-
dialekte sogar innerhalb von sinitischen Subfamilien wie etwa dem Mǐn
400 Kapitel 10
Aserbaid.
Afghanist. BU China
Tibet
Pakistan ST AN Okinawa
Iran Nepal Bhut.
IE Indien KU TK Taiwan
DR Bangl. Laos AA HM
NI Burma Thailand Viet-
nam
Hainan Philip-
Kambod. pinen
Malaysia
ŚrL Indonesien
Genealogie, Phonologie und Morphologie 403
10.2 Genealogie
i. solche, die lediglich die Kriterien (a), (b) und (d) zu erfüllen vor-
geben;
ii. solche, die darüber hinaus regelmässige morphologische Parallelen
(c) aufzuzeigen versuchen;
iii. solche, die aufgrund der Annahme der Nicht-Nachweisbarkeit von
(c) eine quasi-agnostische Position einnehmen oder die das Siniti-
sche als Mischsprache, d.h. als Endprodukt einer Hybridisierung
ursprünglich genealogisch nicht-verwandter Sprachfamilien be-
trachten.
Genealogie, Phonologie und Morphologie 405
a. Sino-Tai
WULFF 1934, LI FANG-KUEI 1976, PRAPIN MANOMAIVIBOOL 1975,
1976, XÍNG GŌNGWǍN 1998, GŌNG QÚNHǓ 2001, TING PANG-HSIN
2004, PĀN WÙYÚN 2005, LUÓ YǑNGXIÀN 2008, 2012 u.a.
Chinesische
Dialekte |
Sinitisch
Bai |
Sino-Tai
Be ...
Tai
Zhuang-Tai ...
Kam ...
Tai-
Kam-Sui
Kadaiisch
Sui ...
Kra ...
Hlai ...
b. Sino-Kaukasisch
STAROSTIN 1984, 1995, 1996 u.a.
Chinesische
Dialekte |
Sinitisch
Sino-
Bai |
Sino-Kaukasisch
Sino- Kiranti
Kiranti
Tibetisch
Tibeto-Burmesisch …
Jenisejisch …
Nordost-Kaukasisch …
Nord-
Kaukasisch
Nordwest-Kaukasisch …
408 Kapitel 10
c. Sino-Tibetisch-Austroasiatisch
GORGONIEV 1967
Sinitisch |
Sino-
Tibetisch
Sino-Austroasiatisch
Tibeto-Burmesisch …
Nord …
Munda
Süd …
Austro-
Nord …
asiatisch
Ost …
X Viet-Muong …
Süd …
Nikobaresisch |
Makro- (AA) …
Austrisch
Tai-Kadaiisch (TK) …
Hmong-Mienisch (HM) …
Sinitisch |
Sino-
Tibetisch
Tibeto-Burmesisch (TB) …
Genealogie, Phonologie und Morphologie 409
e. Sino-Indoeuropäisch (Sino-Indogermanisch)
EDKINS 1871, SCHLEGEL 1872, GEORGIEVSKIJ 1888, ULENBROOK
1967, 1968, 1998, ULVING 1968, CHANG 1986, ZHŌU 2002 u.a.
Sinitisch |
Sino-Indo-euro-päisch
Anatolisch | Griechisch |
Tocharisch | Keltisch |
Indo-
Indo-Iranisch … Germanisch |
Europäisch
Balto-Slavisch … Armenisch |
Italisch … Albanisch |
f. Sino-Na-Dene
SAPIR 1921, SHAFER 1952, 1957, BENGTSON 1993
Sinitisch |
Sino-
Tibetisch
Tibeto-Burmesisch …
Sino-Dene
Athabaskisch-Eyak-Tlingit Tlingit |
Eyak-Athabaskisch Eyak |
Na-Dene
Athabaskisch …
Haida |
410 Kapitel 10
g. Dene-(Sino-)Kaukasisch
BENGTSON / BLAŽEK 1995
Na-Dene …
Sinitisch |
Sino-
Tibetisch
Tibeto-Burmesisch
Dene-Kaukasisch
Sino-
Kaukasisch
Jenisejisch …
Nord-Kauskasisch …
Sumerisch
Burushaski
Vaskonisch Baskisch
scheiden sich die folgenden, die wie folgt schematisiert und kritisiert
werden können:
h. Sino-Tibetisch-Indoeuropäisch
PULLEYBLANK 1965, 1975, 1993, 1996, SHAFER 1963, 1965
Sinitisch |
Sino-Tibetisch (ST)
ST-IE
Tibeto-Burmesisch …
Indoeuropäisch (IE) …
usw. Die durch den Ablaut markierte Distinktion hat ganz offensichtlich
Überschneidungen mit dem Subklassifizierungsrahmen (und also der
Valenz) des Verbes, ist mit ihm aber nicht gänzlich identisch. Anderer-
seits ist in zahlreichen Fällen keine grundlegende Bedeutungsdifferenz
zwischen den verglichenen Verben feststellbar. Vgl. z.B.:
Genealogie, Phonologie und Morphologie 413
i. Sino-Tibetisch-Austronesisch
WULFF 1942, SAGART 1992, 1993, 1994, 1995, 2005
Paiwanisch …
Puyuma …
West-PAN …
STAN
Nord-PAN …
Ostküsten-Verband …
Tibeto-Burmesich …
Sinitisch …
j. Standard-Sino-Tibetisch
SIMON 1930, SHAFER 1966, BENEDICT / MATISOFF 1972, MATISOFF
2003, BODMAN 1980, COBLIN 1986, PEIROS / STAROSTIN 1996,
JEON 1996, XUĒ 2001, HANDEL 2008 u.v.a.m.
Sinitisch Dialekte … |
Kuki-Chin-Naga …
Kāma-
Abor-Miri-Dafla …
rūpisch
Sino-Tibetisch
Bodo-Garo …
Bodisch …
Hima-
Zentral-H. …
layisch Hima-
layisch
Kiranti …
Qiangisch
Tibeto-
Kachinisch
Burme-
sisch
Burmisch …
Burmesisch |
Lolo-
Burme-
Nord …
sisch
Loloisch Zentral …
Süd …
Bai |
Karenisch Karen |
beim Verb:
x *s-Präfix (kausativ, direktiv, inchoativ, deverbal)
x *N-Präfix (valenzvermindernd, detransitivierend, antikausativ)
x *-t-Suffix (valenzsteigernd, direktiv, applikativ)
x *-s-Suffix (deverbal, mediopassiv, exoaktiv)
x *-r-Infix (repetitiv, intensiv)
k. Revidiertes Tibeto-Burmesisch
BODMAN (1980) und VAN DRIEM (1993, 1997, 1999, 2001, 2002)
Barisch …
Westlich Sal- …
(Revidiertes) Tibeto-Burmesisch
Kāmarū-
pisch …
Himalayisch-
NW= Kiranti …
Bodisch Bodisch-
Nördlich Tibetisch …
(“Sino- Chines.
Bodisch”) NO= Dialekte |
Sinitisch
Bai |
Östlich
Lolo-
Burmesisch
SW
…
Karen |
Südlich
Qiangisch …
SO
Rungisch …
10.3 Rekonstruktion
Im Idealfall hätte eine solche Methode nun dazu führen können, dass ein
Minimalinventar von Transkriptionssilben geschaffen worden wäre,
durch welches der Silbenkanon des Frühmittelchinesischen vollständig
und eindeutig beschrieben werden könnte. Dies ist allerdings nur ansatz-
weise geschehen, so dass sich historisch eher eine Folge vergleichsweise
unhandlicher und oftmals instabiler Annotationssysteme ergab. Ein
Problem bestand z.B. darin, dass die Position von Mediallauten (*-j-, *-
w- u.ä.) zwischen dem Anlaut und dem Hauptvokal einer Silbe stets
umstritten blieb, und daher für segmental identische Zielsilben, je nach
der angenommenen Positionszuweisung des Mediallautes, verschiedene
fǎnqiè-Angaben gewählt werden konnten (vgl. HSU 2009, HANDEL 2010
zur Verteilung und Diachronie der Mediallaute). Auch mögen – bewusst
oder unbewusst – semantische Gesichtspunkte bei der Wahl der Tran-
skriptionszeichen gelegentlich eine Rolle gespielt haben.
Seit etwa der Mitte des dritten Jahrhunderts wurden fǎnqiè-Angaben
zusammen mit semantischen Glossen auch unabhängig von den Texten,
auf die sie sich bezogen, zu lexikographischen Listen und regelrechten
Wörterbüchern kompiliert. Die technische Terminologie der Phonologie
dieser Zeit ist in vielen Teilbereichen der vor-kaiserzeitlichen Musik-
theorie entliehen. Allerdings datiert das älteste vollständig erhaltene
Reimwörterbuch aus dieser Tradition, das von dem aus einer zentral-
asiatischen Xiānbēi 凞ঁ-Familie stammenden Lù Fǎyán 䲨⌅䀰 (562–
?) nach jahrelangen Diskussionen einer Gruppe von rund zwanzig promi-
nenten Literaten zusammengestellte Qìeyùn ࠷丫 (Abgetrennte Reime),
erst von 601 n. Chr. Es spiegelt nach allgemeiner Auffassung einen pho-
nologischen Standard der ausgehenden Suí-Periode wider, der wahr-
scheinlich insofern nicht umgangssprachlich-natürlich ist, als er die
maximalen phonologischen Distinktionen mehrerer Prestigedialekte der
Zeit in einem Metaystem zusammenfasst und dabei zu einem recht
feinmaschigen Netz von 36 Anlauten (shēng 㚢) und 193 Reimen (yùn
丫) für die etwa 12’000 glossierten Zeichen gelangt. Es existieren
mehrere Revisionen und zahllose Erweiterungen dieses grundlegenden
Reimwörterbuches, von denen das von Chén Péngnián 䲣ᖝᒤ (961–
1017) und anderen zusammengestellte Guǎngyùn ᔓ丫 (Erweiterte
Reime) aus dem Jahre 1008, mit seiner Einordnung von 26’194 Einzel-
zeichen in 206, vom Qièyùn nur unwesentlich verschiedene Reimkate-
gorien, sicherlich das bedeutendste ist.
Genealogie, Phonologie und Morphologie 425
Ton (shēng 㚢)
Silbe (zì ᆇ)
Anlaut Reim
(shēngmǔ 㚢⇽) (yùnmǔ 丫⇽)
x chún ଷ ‘labial’
[→ zhòngchún 䟽ଷ ‘bilabial’ : qīngchún 䕅ଷ ‘labiodental’]
x shé 㠼 ‘lingual’
[→ shétóu 㠼九 ‘apikal’ : shéshàng 㠼к ‘retroflex’]
x chǐ 喂 ‘dental’
[→ chǐtóu 喂九 ‘alveolar’ : zhèngchǐ ↓喂 ‘alveolopalatal’]
x yá ⢉ ‘velar’
x hóu ஹ ‘laryngal’
426 Kapitel 10
◱ а Ҽ й ഋ
qīng qīngzhuó (I) (II) (III) (IV)
(‘rein’) (‘rein-trübe’) (kein Merkmal im MC
[-sth] [+sth] systematisch zuzuordnen)
ޘ ⅑ ◱ޘ ⅑◱
quánqīng cìqīng quánzhuó cìzhuó
(‘kompl. (‘sekund. (‘kompl. (‘sekund. 䮻ਓ ਸਓ 䕹 ཆ䕹
rein’) rein’) trübe’) trübe’) kāikǒu hékǒu nèizhuǎn wàizhuǎn
[-son] [-son] [-son] [+son] (‘offener (‘geschl. (‘Wendung (‘Wendung
[-sth] [-sth] [+sth] [+sth] Mund’) Mund’) nach innen’) nach aussen’)
[-asp] [+asp] [-asp] [-asp] [-rd] [+rd] [-ho] [+ho]
428 Kapitel 10
I. p ᑞ ph ⓲ b і m ᰾
(>Ib. pv 䶎 pvh ᮧ bv ཹ mv ᗞ )
II. t ㄟ th 䘿 d ᇊ n ⌕
III. l ֶ
IV. tr ⸕ trh ᗩ dr ▴ nr ၈
V. ts ㋮ tsh dz ᗎ s ᗳ z
VIII. k 㾻 kh ⓚ g 㗔 ng ⯁
IX. ʔ ᖡ x ᳹ h ॓ (hj) ௫й
<http://crlao.ehess.fr/docannexe.php?id=1227> (14.3.2013)
(a) intern
x den Vergleich Daten der sinitischen Einzelsprachen (Dialekte) nach
dem Vorbild der historisch-vergleichenden Methode in Europa;
x die Überprüfung der anhand der edierten Literatur gewonnenen
Einsichten durch inschriftlich-paläographische Belege;
x die Analyse von sogenannten Wortfamilien oder (chin. cízú 䂎᯿),
also semantisch verwandten Worten, die etymologisch zu einer
Wortwurzel (und mithin oft auch zu einer xiéshēng-Serie) gehören
(engl. allofams), d.h. die Methode der “internen Rekonstruktion”;
x die Analyse von innerchinesischen Lehnschreibungen von Zeichen
(jiǎjiè ُٷ, tōngjiǎ 䙊 )ٷund der Rephonetisierung von ursprüng-
lich mit semantischer Funktion gebrauchten Determinativen;
x das Studium der Morpho(no)logie derivationeller Affigierungs- und
Infigierungsprozesse;
x die Untersuchung der Phonologie ludisch-expressiver Sprachformen
(Geheimsprachen, Palindromlesungen, Allegro-/Lentoformen, phon-
ästhetische Reduplikationen usw.).
T1 [55]
T2 [35]
T3 [214] (vor Sprechpause); > [35] (vor T3); > [21] (vor T1, T2, T4)
T4 [51]
b p m f w
LABIAL ᐤ ᙅ 䮰 伋
[b˳] [pʰ] [m] [f] [w]~[ʋ]
d t n l
ALVEOLAR བྷ ཚ ই 㩭
[d˳] [tʰ] [n] [l]
z c s
SIBILANT 䋷 ᆈ ᡰ
[ts] [tsʰ] [s]
zh ch sh r
RETROFLEX ⸕ ⭒ һ Ӫ
[d˳ʐ ] [tʂʰ] [ʂ] [ɻ]~[ʐ]
j q x y
PALATAL ㎀ г 㾯 㾱
[tɕ] [tɕʰ] [ɕ] [j]
g k h Ø/y
GUTTURAL ⅼ 㤖 唁 丣
[g̊] [kʰ] [x] [ɰ]~Ø
Genealogie, Phonologie und Morphologie 435
ü üe ün üan iong
Die Töne der neuchinesischen Dialekte gehen in nicht immer völlig laut-
gesetzlicher Linearität auf ein spätmittelchinesisches Tonsystem von acht
Tönen zurück, in dem die vier frühmittelchinesischen Töne (A: píng ᒣ
‘eben’, B: shǎng к ‘steigend’, C: qù ৫ ‘ausgehend’, D: rù ‘ ޕein-
gehend’) in Abhängigkeit von der Stimmhaftigkeit des anlautenden
Konsonanten einer Silbe in zwei sogenannte “Register” (Hochton vs.
Tiefton) aufgespalten worden waren. Während in den meisten modernen
Dialekten einzelne Kategorien zusammengefallen sind, bis hin zur
Reduktion auf ein Zweitonsystem in einigen nordwestchinesischen
Mandarindialekten, haben einige südliche Dialekte wie das Kantone-
sische den ‘eingehenden’ Ton in Abhängigkeit von der Qualität des
silbischen Hauptvokals noch weiter aufgespalten (D1a/b):
TON ᒣ к ৫ ޕ
D1a [+hoch]
REGISTER
[-STH.] A1 B1 C1 D1
D1b [-hoch]
[+STH.] A2 B2 C2 D2
Diese in den Dialekten zwischen dem siebten und dem neunten nach-
christlichen Jh. vollzogene Aufspaltung in zwei durch endgültige
Phonematisierung einer ursprünglich lediglich allophonischen Koartiku-
lation des Stimmhaftigkeitsunterschieds im Anlaut ist im zwischen-
sprachlich-typologischen Vergleich der gewiss häufigste Mechanismus
der Entstehung von Registertonsystemen. Sie ist zugleich ein in Ost- und
Genealogie, Phonologie und Morphologie 437
MC-TON AC-ENDKONSONANT
A píngshēng ᒣ㚢 < *-Ø, *-m, *-n, -ŋ, *-r, *-j (< *-l), *-w
B shǎngshēng к㚢 < *-q
C qùshēng ৫㚢 < *-s
D rùshēng ޕ㚢 < *-p, *-t, *-k, *-ᵂk
ebenso für den Bereich des Auslauts vor der eben beschriebenen Tono-
genese, also auch für den Anlaut. Sowohl die vielfältigen Kontakte
zwischen verschiedenen mittelchinesischen Artikulationsarten und -posi-
tionen innerhalb homophonophorischer Serien, als auch die Lautent-
wicklungen einzelner Anlaute zum Mittelchinesischen oder aber die
diversen kollateralen Evidenztypen (Transkriptionen, sino-xenische
Lesungen, tibeto-burmesischen Komparanda usw.) lassen sich nämlich
nur dann widerspruchsfrei systematisieren, wenn man davon ausgeht,
dass die Silbe im Antikchinesischen, im Gegensatz zu praktisch allen
neuchinesischen Dialekten, noch eine Vielzahl von Konsonanten-
häufungen (“Cluster”) zuliess. Will man überdies der Vielfalt möglicher
xiéshēng-Serien und Wortfamilienbeziehungen und dem Phänomen
Rechnung tragen, dass Cluster in den natürlichen Sprachen der Welt
weder intern beliebig strukturiert, noch beliebig komplex sein können,
sondern vielmehr gewissen typologischen Restriktionen unterliegen,
ergibt sich fast zwangsläufig die Notwendigkeit die Idee aufzugeben,
dass das Antikchinesische eine durchweg monosyllabische Sprache ge-
wesen sei (vgl. PĀN WÙYÚN 1998, SAGART 1999, JĪN LǏXĪN 2002). Zu
diesen typologischen Restriktionen gehören u.a.
PROSODIE: (Silbentyp) A / B
INFIXPOSITION:
EPENTHESE: ə (Schwa)
Wir folgen in diesem Lehrbuch dem Vorschlag (b) (vgl. FERLUS 2009)
und notieren die statistisch gesehen markierten, mutmasslich gespannten
(d.h. mit vorgeschobener Zungenwurzel “[+ATR]”) artikulierten Silben
Genealogie, Phonologie und Morphologie 441
STRUKTUR Z NC AC GLOSSE
CpC0VCf pú <*p-hrrok ‘Rohblock’
Das Antikchinesische war also entgegen einem nach wie vor sehr weit-
verbreiteten Klischee weder eine rein monosyllabische, noch eine tonale
Sprache, sondern hinsichtlich seiner prosodischen Beschaffenheit am
ehesten jenem südostasiatischen “jambischen” Sprachtyp vergleichbar,
der durch heutige atonale austroasiatische Sprachen repräsentiert wird.
In jüngster Zeit wird von einigen Autoren auch die Ansetzung von
antikchinesischen uvularen bzw. labiouvularen Anlautreihen (*q-, *qh-,
*ɢ-; *qʷ-, *qʷh-, *ɢʷ-) diskutiert (PĀN 1997, BAXTER / SAGART 2009),
die möglicherweise sogar noch in frühmittelchinesischen Lehnwortdaten
ihre Spuren hinterlassen haben (PULLEYBLANK 1982). Obwohl diese Er-
weiterung des antikchinesischen Phonemsystems eine ganze Reihe von
Inkonsistenzen innerhalb der homophonophorischen Serien zu beseitigen
und im Hinblick auf manche paläographischen Lehnschreibungen sehr
überzeugend scheint, bestehen hier doch noch so viele Unsicherheiten,
dass auf die Integration dieser Reihen in die Lautangaben des vor-
liegenden Lehrbuches verzichtet wurde. Über neuere Entwicklungen auf
diesem Gebiet informiert der folgende Website, auf dem sich auch
altchinesiche Rekonstruktionen im jeweils neuesten Zustand des Baxter-
Sagart’schen Systems abrufen lassen:
<http://crlao.ehess.fr/document.php?id=1217> (14.3.2013),
Das aufgrund der Evidenz des Shī Jīng anzusetzende Reimsystem um-
fasste folgende 49 Kategorien, die hier mit ihren traditionellen Merk-
namen aufgeführt werden:
Genealogie, Phonologie und Morphologie 445
V/Cf *i *ə *u *e *a *o
*-w ᒭB u u ᇥA ᇥB u
*-ʷk 㿪B u u 㰕A 㰕B u
*-j 㜲 ᗞA ᗞB ⅼA ⅼB ⅼC
*-r u ᮷C u u ݳD u
*-p 㐍A 㐍B u ⳽A ⳽B u
[-resonant]
10.5.1 Präfigierung
(a) *s-
Auch das kausative Verb par excellence, das später als Matrixverb zur
analytischen Bildung von Kausativphrasen genutzt wurde, ist seiner Her-
kunft nach bereits ein kausativ präfigiertes Verb:
In einigen wenigen Verben bezeichnet *s- das Einsetzen, bzw. den be-
ginnenden Verlauf der Handlung (inchoativ) und ihren Übergang in den
Zustand der Basis:
Genealogie, Phonologie und Morphologie 451
(b) *N-
Ist das (sekundäre) Endprodukt dieser Derivation ein Nomen, ist man
eher geneigt von einer de-exoaktivierenden Wirkung zu sprechen:
Analog wäre man geneigt, shén ⾎ < *m-lin ‘Geist, Himmelswesen’ als
*m-präfigierte agentive Form zu derselben Verbwurzel aufzufassen, die
auch in tiān ཙ < *hllin erhalten ist, shí ሖ < *m-lit in der Bedeutung
‘Frucht’ als Nomen zu der verbal in jié ㎀ < *k-llit ‘Knoten formen, fest
werden’ attestierten Basis, oder auch shèng ҈ < *m-ləŋ-s ‘Vehikel’ als
Derivation von der Wurzel des Verbs shēng ॷ < *hləŋ ‘steigen, bestei-
gen’. Schliesslich ist *m- auch ein möglicherweise auf Substrateinfluss
zurückgehendes Präfix zur Bezeichnung von Tieren, oftmals menschen-
feindlichen Insekten, Kriech- und Schuppentieren, die im graphischen
System später durch das Klassenzeichen 㲛 markiert wurden:
454 Kapitel 10
(d) *t-
*t- hat in der Derivation von Verben vier nur noch sehr bruchstückhaft
rekonstruierbare Funktionen. Hierzu gehören einige
● statische Verben
yì 〫 < *hlaj-s ‘auffüllen’ ↔
duō ཊ < *t-llaj ‘viel, zahlreich sein’ [25]
● intransitive Verben
chū ࠪ < *t-khut ‘hinausgehen, hervorkommen’ ↔
[27, 28]
(e) *k-
Etwas besser stellt sich die Beleglage für das velare Präfix *k- dar,
dessen verbale und nominale Funktionen deutlich miteinander verknüpft
sind. Bei Verben bezeichnet häufiger *k- konkrete, aktive Vorgänge, d.h.
typischerweise Handlungsverben mit physischer Beteiligung des Han-
delnden bzw. Sprechers. Man vgl. z.B.
10.5.2 Infigierung
● repetitiv
xué ᆨ < *m-kkruk ‘lernen’ ↔
xiào ᮶~ᆨ < *m-kkruk-s ‘lehren’ ↔
jiāo ᮉ < *kkraw(k) ‘jd. unterweisen’ [7]
● intensiv
hào ྭ < *xxu(-q)-s ‘lieben’ ↔
xiào ᆍ < *xxru-s ‘(sehr lieben →) lieben wie ein
Kind, jd. Pietät erweisen’ [2]
● bi-agentiell
shēng ⭏ < *sreng ‘gebären, zeugen, begatten’ [8]
Genealogie, Phonologie und Morphologie 457
● poly-lokal (distribuiert)
xíng 㹼 < *ggraŋ ‘hingehen nach X, reisen’ [13] ↔
zhuì 䲺 < *llrut-s ‘herunterfallen’ [30]
● dualisch (paralisch)
yǎn < *ŋŋrən-q ‘Augen’
● pluralisch, kollektiv
yí ཧ < *N-ləj ‘eben’, ↔
qí 啺 < *s-lləj ‘einebnen, ausgleichen’(kaus.)
chái ݅ < *sr-lləj ‘Ebenbürtige, zur gleichen
Kategorie Gehörige’
neben singularischem
qī < *s-hləj ‘(Ebenbürtige→) Ehefrau,
Gattin’ [10, 22]
jū ት < *k(r)a ‘hausen, wohnen’ ↔
jiā ᇦ < *kkra ‘(zusammen lebende →)
Familie’ [2]
10.5.3 Suffigierung
(a) *-s
radigmata dieses Typs wenig oder gar nicht erhalten sind, können wir
uns nun getrost den konkreten Kategorienbeispielen zuwenden:
● exoaktiv, direktiv
wén 㚎 < *mun ‘hören’ ↔
wèn < *mun-s ‘sich erkundigen, nachfragen’ [1]
● medio-passiv
chí ⋫ < *lrə ‘Ordnung schaffen, regeln’ ↔
zhì ⋫ < *lrə-s ‘geordnet, geregelt’ [10]
● deverbal
tīng 㚭 < *hlleŋ ‘auf jd. hören, zuhören’ ↔
shéng 㚆 < *hlleŋ-s ‘(Hellhöriger →) Weiser’ [2, 12]
● adverbial
vgl. die Auflistung unter (10.2. h) oben
(b) *-j
(c) *-k
Vgl. zur Funktion von *-k als distributive Endung von Pronomen Kap.
8.1.3.
(d) *-n
Das relativ seltene Suffix *-n tritt in einigen Verben zur Bezeichnug des
durativ-kontinuativen Aspekts auf, d.h. es fungiert in Opposition zu *-t,
dem Marker von resultativischen-punktualen Verben, um die Abge-
schlossenheit, das Resultat bzw. den Fortbestand einer Handlung in der
Gegenwart zu bezeichnen. Vgl.:
(e) *-q
Das Suffix *-q ist das endoaktive Pendant zu exoaktivem *-s. Die durch
es gekennzeichneten Verbwurzeln affizieren keine äusseren Personen
oder Gegebenheiten. Es sind typischerweise intransitive, ungerichtete,
sprecherbezogene Handlungen. Man vgl. z.B.
● Verwandtschaftsbezeichnungen
fù ⡦ < *b(r)a-q ‘Vater’
mǔ ⇽ < *m(r)[o, ə]-q ‘Mutter’
zǐ ᆀ < *tsə-q ‘Kind; Sohn’
nǚ ྣ < *nra-q ‘Tochter; junge Frau’
fù ႖ < *Cə-bə-q ‘Gattin’
dì ᕏ < *lləj-q ‘jüngerer Bruder’
zǐ < *tsij-q ‘ältere Schwester’
jiù 㠵 < *g(r)u-q ‘Onkel mütterlicherseits’
zǔ ⾆ < *ttsa-q ‘Vorfahr, Ahn’
kǎo 㘳 < *k-hrru-q ‘Vorvater’ usw.
● Körperteilbezeichnungen
ěr 㙣 < *nə-q ‘Ohr’
kǒu ਓ < *kkh(r)o-q ‘Mund’
zhǐ ᤷ < *(mə-)kij-q ‘Finger’
shǒu < *hnu-q ‘Hand’
chǐ 喂 < *t-khə-q ‘Zahn’
zhǒu 㛈 < *tr-ku-q ‘Ellbogen’
rǔ ң < *no-q ‘Brust’
yǎn < *ŋŋrən-q ‘Augen’
shǒu 俆 < *hlu-q ‘Kopf’
nǎo 㞖 < *nnu-q ‘Hirn, Mark’ usw.
● unmittelbare Umgebung
hù ᡧ < *gga-q ‘Haushalt’
yǔ ᆷ < *wa-q ‘Dach, Wohnstatt’
pǔ ള < *ppa-q ‘Garten’
lǎo ▖ < *rrew-q ‘Wasserreservoir’
lǚ ን < *(Cə-)ri-q ‘Sandalen, Schuhe’ usw.
462 Kapitel 10
(f) *-t
10.5.4 Ablaut
10.5.5 Reduplikation
A. Zwei Rekonstruktionsbeispiele
Die links vor der Form hochgestellten Indizes bezeichnen hierbei die
Tonkategorie im Sinne von Graphik 57 in Kapitel 10, die rechts ver-
merkten den tatsächlich realisierten Tonverlauf. Aufgrund dieser Daten
lässt sich ohne weitere Zusatzannahmen, d.h. allein durch Anwendung
der historisch-vergleichenden Methode, die Protoform *ɦuaŋ A2 an-
setzen, wobei die einzelnen Lautgesetze, die hierzu (und zu den
abweichenden Tonemen in den Dialekten von Nánchāng und Jiàn’ōu)
führen, an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden können (vgl. hierzu
466 Anhang
etwa AO 1991). Wie verhält sich nun diese Rekonstruktion zu den aus
der Tradition ableitbaren distributionellen Daten?
Qièyùn 切韻 (601)
Yùnjìng 韻鏡 (1161)
Guǎngyùn 廣韻 (1007/8)
雨 方 切 平 喻 陽 三 合 内 次濁
* h j w a ŋ A 2
Dieser sehr eindeutige Befund wird auch durch die interne Evidenz von
Textvarianten bzw. innersprachlichen Entlehnungen nicht untergraben.
Aus diesem Bereich notieren wir z.B. Entlehnungen innerhalb der homo-
phonophorischen Serie für
x Alt-Tibetisch wang (695 n.Chr.), ’wong (ca. 700 n.Chr.), wang (821
n. Chr.)
x Buddhist Hybrid Sanskrit (in Brāhmīschrift) wang
x Tangutisch *wã (11. Jh.)
x Jurchen *woŋ (1210), *waŋ (1413)
x Epigraphisches Yí ᖍ (Lolo) *vũ usw.
Herrscher’. Betrachtet man die Gruppe jener elf Lautgesetze (vgl. BAX-
TER 1992), die für den aufgrund des dialektalen Inputs angesetzten An-
laut des Wortes zunächst in Frage kämen, so ermöglicht die Gesamt-
schau der eben vorgestellten Evidenz zweifelsfrei die Auswahl des
letzten:
൏: Ԇ冟࠷ˈ䘿ပкаਸ
tǔ: tā lǔ qiè, tòu lǎo shǎng yī hé
Es stellt sich deshalb die Frage, ob das Wort für ‘Erde; Erdgottheit’ als
AC *hlla-q (BAXTER 1992) oder als *ttha-q (SAGART 1999) zu rekon-
struieren sei. Betrachten wir die interne Evidenz aus der homophonopho-
rischen Serie (GSR 62), so wird schnell klar, dass jene zumindest ein Zei-
chen umfasst, das diagnostisch gegen die Lateralreihe (i.) ist:
⽮: ᑨ㘵࠷ˈ俜кй䮻
shè: cháng zhě qiè, shàn mǎ shǎng sān kāi
MC *dzyæX < *ta-q ‘Erdaltar’
Diverse
Hán Fēi Zǐ
Lǐ Jì
Lùn Yǔ
Mèng Zǐ
Mò Zǐ
Xún Zǐ
Wén 2.3 Zuǒ ......... 289, 292, 320 Xiāng 9.6 Zuǒ ............... 336, 341
Wén 3.5 Zuǒ ......................... 297 Xiāng 11.1 Zuǒ ..................... 360
Wén 3.6 Zuǒ ......................... 124 Xiāng 14 fù 3 Zuǒ ................. 288
Wén 5.3 CQ ............................ 72 Xiāng 14.3 Zuǒ ..................... 347
Wén 9.1 CQ ............................ 44 Xiāng 14.4 Zuǒ ..................... 354
Wén 10.3 Zuǒ ....................... 103 Xiāng 15 fù 3 Zuǒ . 222, 339, 344
Wén 11.6 Zuǒ ....................... 109 Xiāng 17.7 Zuǒ ............. 135, 270
Wén 12.1 CQ .......................... 72 Xiāng 22 fù 2 Zuǒ ................. 271
Wén 13 fù 2 Zuǒ ................... 316 Xiāng 22.6 Zuǒ ....................... 88
Wén 18.6 Zuǒ ....... 229, 241, 256 Xiāng 25 fù 2 Zuǒ ................. 110
Xī 3 fù Zuǒ............................ 342 Xiāng 27 fù 2 Zuǒ ......... 112, 114
Xī 3.4 Zuǒ ............................. 296 Xiāng 27.5 Zuǒ ..................... 347
Xī 4.4 Zuǒ ............................. 347 Xiāng 28.6 Zuǒ ..................... 340
Xī 5 fù 2 Zuǒ......................... 347 Xiāng 30 fù 1 Zuǒ ................. 361
Xī 5.5 Gǔ ...................... 136, 243 Xiāng 30.7 Zuǒ ..................... 340
Xī 5.9 Zuǒ ............................. 131 Xiāng 31 fù Zuǒ .................... 376
Xī 8 fù 2 Zuǒ......................... 316 Xiāng 31 fù 7 Zuǒ .......................
Xī 9 fù 3 Zuǒ........... 78, 288, 291 246, 247, 268, 321, 367
Xī 11 fù 1 Zuǒ....... 241, 252, 368 Xiāng 31 fù 8 Zuǒ ................. 356
Xī 17 fù 1 Zuǒ......................... 38 Xiāng 31 fù 9 Zuǒ ................. 104
Xī 17.4 Zuǒ ............................. 74 Xuān 2.4 Zuǒ...............................
Xī 19 fù 1 Zuǒ....................... 219 42, 65, 112, 135, 154, 231,
Xī 19.3 Zuǒ ........................... 124 242, 245, 281, 301, 313, 321
Xī 19.4 Zuǒ ........................... 258 Xuān 4 fù Zuǒ ....................... 196
Xī 21 fù Zuǒ.................. 252, 260 Xuān 11.2 Zuǒ......................... 75
Xī 24 fù 1 Zuǒ............... 109, 348 Xuān 11.7 Zuǒ............... 338, 342
Xī 24 fù 2 Zuǒ (Shī-Zitat) ..... 352 Xuān 12.3 Zuǒ....................... 108
Xī 24.4 CQ ............................ 103 Xuān 13 fù Zuǒ ..................... 337
Xī 25 fù 1 Zuǒ....................... 317 Xuān 14.6 Zuǒ....................... 351
Xī 25 fù 2 Zuǒ....................... 283 Xuān 15.4 Zuǒ............... 112, 114
Xī 26.2 Zuǒ ........................... 131 Xuān 17.6 Zuǒ....................... 348
Xī 32.5 Zuǒ ........................... 229 Xuān 18.9 Zuǒ....................... 289
Xī 33.8 Zuǒ ........................... 122 Yǐn 1 fù 1 Zuǒ ................... 37, 38
Xiāng 4 fù 1 Zuǒ ................... 340 Yǐn 1.2 Zuǒ ........................... 154
Xiāng 4.6 Zuǒ ....................... 338 Yǐn 1.3 Zuǒ .................................
Xiāng 7.9 Zuǒ ......................... 39 154, 219, 270, 355, 356
Xiāng 8.8 Zuǒ ......................... 43 Yǐn 1.3 Gōng ........................... 86
Xiāng 9 fù 1 Zuǒ ................... 338 Yǐn 1.4 Zuǒ ........................... 108
478 Anhang
Yǐn 1.5 Zuǒ ........................... 358 Zhāo 26.7 Zuǒ ....................... 103
Yǐn 1.6 CQ .............................. 43 Zhāo 27.3 Zuǒ ......... 41, 315, 341
Yǐn 3 fù 2 Zuǒ....................... 351 Zhuāng 3.3 Gǔ....................... 108
Yǐn 3.5 Zuǒ ............................. 72 Zhuāng 4 fù Zuǒ .................... 369
Yǐn 9.7 Zuǒ ............................. 88 Zhuāng 11.4 Zuǒ ................... 310
Yǐn 11 fù 4 Zuǒ..................... 356 Zhuāng 12.5 Zuǒ ................... 218
Yǐn 11.1 Zuǒ ........................... 74 Zhuāng 16 fù Zuǒ .................. 337
Yǐn 11.4 Zuǒ ......................... 359 Zhuāng 19 fù 1 Zuǒ . 67, 351, 358
Zhāo 1 fù 5 Zuǒ ............ 336, 342 Zhuāng 22.3 Zuǒ ................... 348
Zhāo 7.1 Zuǒ ......................... 155 Zhuāng 28 fù Zuǒ .................... 38
Zhāo 8 fù 2 Zuǒ .................... 360 Zhuāng 28.1 Gǔ................. 67, 85
Zhāo 10.5 Zuǒ (Shī-Zitat) ..... 337 Zhuāng 28.4 Zuǒ ........... 340, 358
Zhāo 13.8 Zuǒ ....................... 352 Zhuāng 31.6 CQ ...................... 63
Zhāo 15.5 Zuǒ ......................... 36 Zhuāng 32 fù Zuǒ .................. 358
Zhāo 20.3 Zuǒ ......................... 36 Zhuāng 32.5 Zuǒ ............. 38, 348
Zhāo 25.2 Zuǒ ......................... 40
E. Index
A Adverbialphrase ...................... 32
– modale ................................ 211
A/B, Prosodietyp................... 440 Adverbialprädikat.................. 294
Ablaut ................... 132, 412, 462 Adverbialrelativsatz .............. 166
Absolutiv .............. 49, 55, 63, 99 Äusserung.............. 18, 24, 27, 30
Abstraktion ............... 48, 50, 149 Äusserungsebene ..................... 17
Adelstitel ............................... 141 Äusserungsform, minimale ..... 31
Adjektiv .................. 20, 126, 175 Affigierungsprozess .............. 432
Adjunkt . 106, 107, 126, 159, 226 Affix ...................................... 446
– genitivisches ...................... 107 Agens .......................... 49, 63, 77
– verbalattributives ....... 107, 124 Agentien, mehrere ................. 456
Adjunktion, verbalattributive 161 aktiv....................................... 455
Adnominalsatz ..............