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UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS SCHMAROTZEN VON SARCOPHAGA SPP.

IN
REGENWÜRMERN
Author(s): Anna Ida Eberhardt and Gerolf Steiner
Source: Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere, Vol. 41, No. 2 (17. Dezember
1952), pp. 147-160
Published by: Springer
Stable URL: https://www.jstor.org/stable/43261849
Accessed: 20-07-2022 08:43 UTC

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Z. Morph, u. Ökol. Tiere, Bd. 41, S. 147-160 (1952).

Aus dem Zoologischen Institut der Universität Heidelberg.

UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS SCHMAROTZEN


VON SARCOPHAGA SPP. IN REGENWÜRMERN*.
Von

Anna Ida Eberhardt und Gerolf Steiner.

Mit 3 Textabbildungen.
(Eingegangen am 23. Juni 1952.)

Inhalt. Seite
Anlaß der Untersuchung

Aus dem Sch


Eigene Unter
Versuche mit Imagines
Versuche mit Larven

Die Stellu
mögliche Erklärung

Zusammenfassung
Literatur

Anla
An m
westse
stitut
große
Stellen
wald, der mit Rotbuchen und Birken durchmischt ist. Der Boden des
Waldes ist zwischendurch gut besonnt, aber doch recht feucht. Der
Unterwuchs und der Bodenbewuchs sind spärlich, weil der Boden durch
spielende Kinder immer wieder begangen wird, so daß die nackte Erde
an vielen Stellen hervortritt und nur büscheliges Gras aufkommt. Hier-
mit im Zusammenhang sowie wegen der Abschüssigkeit des Geländes
ist die Waldstreu nicht gleichmäßig verteilt, sondern meist in Gräben
oder bergwärts der Baumstümpfe angehäuft. Abgesehen von Singvögeln,
wenigen Eichhörnchen, Waldmäusen und Waldwühlmäusen fehlen Wir-
beltiere. Größere Insekten sind selten, von größeren Schnecken Arion
vorhanden, aber auch selten. Indessen ist der Boden dicht mit Regen-
würmern besiedelt. Nach den frischen Kothäufchen zu schließen,
kommen auf den Quadratmeter 50 - 200 geschlechtsreife Würmer. Da
* Die Arbeit wurde im Rahmen einer von der Deutschen Forschungsgemein-
schaft unterstützten Untersuchung durchgefühlt. Für die großzügige Gewährung
der nötigen Mittel sei hier sehr gedankt.
Z. f. Morphologie, Bd. 41. 11

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148 Anna Ida Eberhardt und Gerolf Steiner:

Maulwürfe fehlen, welche die Regenwurmvermehrung komp


könnten, und da der eine von uns (Steiner) schon früher durch G
heitsfunde sich davon überzeugen konnte, daß aus lebenden
würmern Sarcophaga-Jj&Tveii gezogen werden können, lag e
zwischen der Häufigkeit der Regenwürmer und derjenigen d
phaga-Imsbgmes ursächliche Zusammenhänge zu vermuten.
Jene früheren Befunde waren folgende: Im August 1943 erhielt
durch Herrn Kollegen Dr. H. W. Lindley in Darmstadt einen sterbend
wurm mit verfärbten Einschnürungen an verschiedenen Körperstelle
jenem bei einer geologischen Exkursion am hellen Tage in auffälliger Ha
ungewöhnlichen Bewegungen über die Straße gekrochen war. Aus d
entwickelten sich im Laboratorium binnen 3 Tagen 2 große S arcophaga
die sich nach 3 weiteren Tagen (bei etwa 22° C) verpuppten. Eine der Pu
nach 12 Tagen eine männliche Imago, die andere nach 11 Monaten eine
Leider wurden die Tiere nicht bestimmt und gingen bei dem Brand des
im September 1944 zugrunde. Ein 2. Fall war ebenfalls eindrucksvoll:
Zeichen der Angst" strebte im Juli 1946 in Freiolsheim (nördlicher Sch
500 m ü. M.) bei hellem Sonnenschein ein durchaus lebenskräftiger, gro
wurm, dem zunächst nichts abnormes anzusehen war, vor Steiner au
eines regenwurmreichen Hausgartens. In Erinnerung an die Schilderung
wurde der Wurm in eine Petrischale mit etwas feuchtem Filterpapier ge
die Schale dicht verschlossen. Nach 1 Woche - inzwischen konnte wegen Ab-
wesenheit nicht nachgeschaut werden - lagen neben den zersetzten Resten des
Regenwurms 3 Fliegentönnchen, aus denen sich nach etwa 14 Tagen ebenso viele
Sarcophaga- Weibchen entwickelten. Auch hier konnte keine Artbestimmung vor-
genommen werden, weil das bei Sarcophaga- Weibchen nicht möglich ist.

Aus dem Schrifttum bekannte Fälle , daß Sarcophaga spp. schmarotzen.


Daß Sarcophaga- Alten als Schmarotzer auftreten, ist bekannt. Künckel
d'Herculais beschreibt von Sarcophaga clathrata Mg., daß sie ihre Larven zwischen
die Analklappen von Acridiern legt, von wo sich die Larven dann in die Leibes-
höhle durchbohren und hauptsächlich von der Flugmuskulatur und vom Fett-
körper leben. Die verpuppungsreifen Larven verlassen die noch lebende Heu-
schrecke durch die Intersegmentalhäute oder die Trommelfelle. Dementsprechend
findet man bei Wanderheuschreckenkalamitäten in Nordafrika regelmäßig auch
ein starkes Zunehmen der Sarcophagen.
Von seiten der Forstentomologen liegen eine Reihe von Mitteilungen darüber
vor, daß Sarcophaga- Arten als Nonnenparasiten auftreten (Baer, Kramer, Kröber,
Komárek 1937, Lindner, Rebel). Sowohl aus Puppen der Nonne (Lymantria
monacha L.) wie des Kieferspinners (Lasiocampa pini L.) wurden Sarcophaga-
Imagines erhalten, und zwar vor allem folgende Arten: S. albiceps Mg. (Kröber),
S. carnaria L. (Lindner), S. pabulorum Fall. (Rebel) und S. schützei Kram.
(Gösswald). Bei einer Nonnenkalamität im Hofoldinger Forst (Rebel) waren-
40% der zur Untersuchung eingebrachten Puppen von je 2 - 3 Larven von S. pabu-
lorum befallen. Nach dem Aussehen der Puppen zu schließen, waren die Larven in
gesunde Nonnenraupen oder -puppen eingedrungen. Nach anderen Autoren
(Baer, Gösswald) werden jedoch nur kranke oder geschädigte Raupen von
Fliegenmaden befallen. Auch ist es Gösswald nicht gelungen, Sarcophaga-Lsuveii
zum Einwandern in gesunde Lymantria- Raupen zu bewegen, während polyeder-
erkrankte sofort befallen wurden.

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Über das Schmarotzen von Sarcophaga s pp. in Regenwürmern. , 149

Es gibt noch eine Reihe mehr zufälliger Befunde, die Lepidopterenraupen


betreffen: Aus dem Schwammspinner (Lymantria dispar L.) (Rapp), aus den
Gespinstmotten Yponomeuta cognatella tb., Y. padella L. und Y. rovella Hb.
sowie aus Monostegia luteola Klug, wurde 8. af finis Fall, gezüchtet (Kböbeb,
Sebvadei). Hallock berichtet von Versuchen, 8. latisneria Pabk., die häufig auf
Raupen von Anisota spec, gefunden wurde, mit Brei aus solchen Raupen als
Wirt aufzuziehen.

Im Zusammenhang mit unseren eigenen Untersuchungen sind 2 Befunde an


Käferlarven besonders bemerkenswert: Aus Engerlingen des Nashornkäfers
(Or yetes nasicornis L.) (Kböbeb) und aus denen des kleinen Espenbockes (Saperda
populnea) (Rapp) wurde 8. albiceps gezogen.
Daß auch die Eiersäckchen der Kreuzspinne Epeira comuta von 8. clathrata
belegt werden (Schwangabt), sei nur nebenbei erwähnt. Der Befall von Pul-
monaten ist ebenfalls bekannt, wobei auch hier noch nicht ganz geklärt ist, ob ganz
gesunde oder geschädigte Tiere befallen werden (Baeb).
Bei den verschiedenen Formen der Myiasis der Wirbeltiere kann es sich um
einen echten (primären) Parasitismus vielleicht bei 8. cistudinis handeln, deren
Larve sich in die Nackenhaut der Schildkröte Cistudo carolina einbohrt (Kepneb,
Knipling). Allerdings ist hier auch ein Sekundärbefall von Wunden möglich,
welche durch die Zecke Amblyomma tuberculatum hervorgerufen werden. Daß
auch Sarcophaga- Äxten für Warmblütermyiasen verantwortlich sind bzw. sich an
solchen beteiligen, ist ebenfalls bekannt. Ähnlich wie die hierfür in Frage kommen-
den Calliphorinen bevorzugen sie dabei Schleimhäute, besonders, wenn diese ent-
zündlich verändert sind, sowie Wunden mit Wundsekret bzw. Eiter (Fitsch,
Knipling und Rainwateb, Komabek 1938, Lindneb, Mabtini, Natvig, Peipeb,
Rapp).
Aus all diesen Befunden geht hervor, daß Sarcophaga- Arten in erster
Linie Aasinsekten sind, deren Schmarotzertum in den meisten Fällen
fakultativ zu sein scheint. Aber ähnlich wie bei den Calliphorinen (man
denke an Lucilia bufonivora Brtjmpt ! ) scheint es auch Sarcophaga-
Arten zu geben, die ausgesprochene Schmarotzerangewohnheiten ange-
nommen haben. S. clathrata scheint hierher zu gehören. Für andere
Arten ist der Beweis noch zu erbringen. Die Frage, die wir uns nun
stellten, war, inwieweit es einen experimentell erweisbaren Parasitismus
von Sarcophaga- Arten auf Regenwürmer gebe und inwieweit dieser
obligatorisch oder fakultativ sei. Daraus ergaben sich folgende Einzel-
fragen :
1. Werden Sarcophaga- Imagines durch den Geruch von Regen-
würmern stärker angezogen als durch den von Aas ?
2. Wie verhalten sich trächtige Weibchen gegenüber Aas oder
Regenwurm bezüglich der Larvenabgabe ?
3. Gibt es eine „indirekte" Belegung der Regenwürmer?
4. Wenn ja, wie finden die Larven die Würmer und wie verhalten
sie sich an und in ihnen ?

5. Wie kann man sich das Zustandekommen eines Parasitismus im


vorliegenden Falle denken ?
Z. f. Morphologie, Bd. 41. IIa

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150 Anna Ida Eberhardt und Gerolf Steiner:

Eigene Untersuchungen.
Versuche mit Imagines .
Material und Zuchtmethode . Zur Untersuchung standen uns 3 Fliegenst
zur Verfügung, deren Stamm-Mütter in mit Regenwürmern beköderten
gefangen worden waren: 1. S. striata (Fangort: Stadtwald auf dem Gai
Heidelberg), 2. S . carnaria L. (Fangort : Altrheininsel bei Ketsch, Kreis Mann
3. S. carnaria L. (Fangort: Stadtwald auf dem Gaisberg, Heidelberg). Für d
Stimmung der Arten sind wir Herrn Hauptkonservator
Dr. E. Lindner, Stuttgart, zu großem Dank ver-
pflichtet.
Zunächst war es für die Versuche nötig, genügend
möglichst gleichmäßige Tiere zur Verfügung zu haben.
Wildfänge genügten nicht, waren auch zum Teil recht
hinfällig auf dem Transport zum Laboratorium. Wir
zogen daher die von oben genannten Wildfängen er-
haltenen Larven auf gehacktem Rindfleisch nach einer
früher von [Steiner (1), 1942] angegebenen Zucht -
weise auf und hielten die Imagines in der ebendort
beschriebenen Weise. Wie dort schon erwähnt, halten
sich Sarcophaginen gegenüberCalliphorinen schlechter.
Auch jetzt gelang es uns noch nicht, ihnen optimale
Bedingungen zu bieten. Zwar gelingt die Larven-
aüfzucht ohne weiteres. Aber die Vitalität der
Imagines und vor allem ihre geschlechtliche Aktivi-
tät bleibt hinter der von Tieren aus dem freien
Gelände zurück. Zugabe von Torula utilis (Waldhof-
Abb. 1. Zuchtkäfig : 1 Kon- Nährhefeflocken1) (Goetsch) zum Imagines-Futter
servenbüchse mit 25 W- verbesserte den Zustand der Tiere, so daß sich immer-
Birne; 2 flache Konserven- hin etliche Generationen züchten ließen. Wichtig war
büchse ; 3 Tüllschlauch, oben es, die Luftfeuchte in den Zuchtkästen hoch zu halten
festgebunden, unten über-
hängend und etwas gewul- (etwa 90% relative Luftfeuchte). Dies geschah da-
stet; 4 Tränke; 5 Würfel- durch, daß die Zuchtkästen entweder mit Blech aus-
zucker ; 6 Glasplättchen mit geschlagen wurden oder innen mit Luvithermfolie be-
aufgetrocknetem Nährhefe -
brei ; 7 Kölbchen mit Fleisch.
klebt wurden, die sich sehr bewährt hat, weil sie
1 und 2 innen mit saug- physiologisch einwandfrei und praktisch geruchfrei
fähigem, weißem Papier ist2. Durch entsprechende Stellung der Tränke sowie
ausgeschlagen.
Einstellung der Lüftungsöffnung konnte die Luft-
feuchte auf die gewünschte Höhe mit etwa ±5%
eingestellt werden. JNeben diesen Zuchtkästen bewährten sich in den Sommer-
monaten noch einfache Käfige recht gut, welche aus 2 großen Konservenbüchsen
bestanden, die durch einen kurzen Schlauch aus Erbstüll3 verbunden waren
(Abb. 1). In der oberen Büchse war eine elektrische Birne (25 W) angebracht.
Die Büchsen hingen zu mehreren an einer waagrechten Latte, die über dem Tisch,
1 Die Hefeflocken wurden uns freundlicherweise durch die Zellstoff-Fabrik
Mannheim- Waldhof zur Verfügung gestellt.
2 Für die Überlassung der Luvithermfolie haben wir der Badischen Anilin- und
Sodafabrik, Ludwigshafen a. Rhein, zu danken.
3 Der Erbstüll für die Zuchtbehälter sowie für die Freilandfallen wurde uns
von Herrn Direktor Braunsteffer von den Textilwerken Weinheim a. d. Berg-
straße freundlich weise zur Verfügung gestellt, wofür wir ihm hiermit herzlich
danken möchten.

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Über das Schmarotzen von Sarcophaga ssp. in Regenwürmern. 151

auf dem die unteren Büchsen standen, aufgehängt war. Abgesehen von den ge-
nannten, vielleicht durch den, Mangel an Ergänzungsstoffen - Umbelliferenblüten-
sekrete ? - bedingten Zuchtschwierigkeiten wurde die Zucht noch durch nicht be-
herrschbare Diapausen der Puppen gehemmt. Das gelegentliche Auftreten von
Mormoniella vitripennis Walk, konnte durch Halten der Puppen in verschlossenen
Gefäßen in bescheidenen Grenzen gehalten werden. Aus den genannten Gründen
konnten unsere Versuche leider nicht mit der wünschenswerten Menge von Fliegen
durchgeführt werden.
Versuche. Für die Wahlversuche mit Imagines wurde eine ähnliche
Anordnung getroffen wie in früheren Duftversuchen mit Phormia regina
Mg. [Steiner (2), 1943]: 16 50 cm3-Weithals- Stehkolben wurden in
einem Versuchskasten (40 X 80 X 40 cm), der innen mit drei 25 W-Birnen
beleuchtet war, folgendermaßen auf dessen Boden verteilt:
12 3 4

5 6 7 8

9 10 11 12

13 14 15 16
Der Abstand der Kölbchen unter sich betrug innerhalb der Längs- un
reihen von Mitte zu Mitte der Kölbchen 8 cm. In die Kolben mit der unterstrichenen
Nummer kam jeweils 5 g frisches Rinderhackfleisch, in die anderen je ein großer,
lebender Regenwurm (Lumbricus terr estris L.). Sowohl über dem Fleisch wie über
dem Regenwurm befand sich jeweils ein Stück feuchten Filterpapiers, so daß sich,
von oben gesehen, die Kolbeninhalte möglichst wenig optisch unterschieden.
(Der Regenwurm blieb aus Lichtscheu unter dem Filterpapier.) Nach 4 Std
wurden die Kolben aus dem Versuchskasten genommen und durch frisch beschickte
ersetzt. Um Standorteinflüsse auszuschalten, kam dieses Mal das Rindfleisch in die
Kolben mit der ununterstrichenen Nummer, die Regenwürmer in 1, 3, 6 usw.
Auch dieser 2. Versuch währte 4 Std. Jeweils ein Versuchspaar wurde bei der
Auswertung zu einem Doppelversuch zusammengefaßt. Die Regenwürmer blieben
die 4 Std am Leben; längere Versuchsdauer vertrugen sie jedoch schlecht. Es
wurde darauf geachtet, daß nur unverletzte Würmer zum Versuch kamen. Das
Hackfleisch hatte trotz der hohen Versuchstemperatur (etwa 28° C) auch ohne
Zusatz von Konservierungsmitteln nach 4 Std noch keinen für den Menschen
ekelhaften Geruch.
In den Versuchen, in denen nicht nur die Larvenabgabe, sondern die Anlockung
der Imagines ganz allgemein festgestellt werden sollte, kamen auf die Kölbchen
Reusen aus Drahtgaze wie bei den erwähnten Phormia- Versuchen.
Die abgelegten Larven wurden nach 24stündiger Bebrütung bei 30° C der
exponierten Kölbchen ausgezählt. Es erschien uns sinnvoll, bei der Auswertung
dieser Versuche sowohl die Zahl je Versuchspaar belegter Kölbchen als auch die
Gesamtzahl der in sie abgegebenen Maden aufzuführen. Im einzelnen läßt es sich
nämlich schwer beurteilen, inwieweit die in einem Kölbchen gefundenen Maden
von einem oder von mehreren Weibchen stammen, oder wie die einzelnen Weibchen
ihre Jungen in kleinen Schüben auf mehrere Kölbchen verteilt haben. Im Gegen-
satz zu manchen Calliphorinen (besonders Phormia), die ihre Eier in geschlossenen
Gelegen mit einer gewissen Sorgfalt absetzen, verstreuen die Sarcophaga- Weibchen
ihre Brut in oft dem Sinne nach nicht recht durchschaubarer Weise. Immerhin
besteht in unseren Versuchsergebnissen eine deutliche Korrelation zwischen der
Zahl der belegten Kölbchen und der Gesamtzahl der in sie abgesetzten Maden.

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152 Anna Ida Eberhardt und Gerolf Steiner:

Tabelle 1. Larvenahgabe auf frischem Rinderhackfleisch und auf leben


Regenwürmern.
Fleisch Regenwurm

Anzahl der Versuche Belegte Zahl der Belegte Zahl der


Kölbchen Larven Kölbchen Larven

S. striata 15

In Prozent

S. carnaria (K) 15
In Prozent

S. carnaria (G) 10

In Prozent

Bei diesen Versuchen befanden sich im Versuchskasten jeweils


20 - 30 Weibchen und ebenso viele Männchen der betreffenden Art.
Die Tabelle 1 zeigt, daß S. striata
Tabelle 2. Wahlversuche zwischen Fleisch dem Regenwurm vorzieht.
Erde und Regenwurmkot. Für die beiden S. carnaria- Stämme
Zahl der ge- läßt sich eine einseitige Bevorzugung
Anzahl der Versuche Eigenen Tiere nicht feststellen. Der gefundene
Erde Kot
Unterschied hat wegen der kleinen
Zahlen kein Gewicht. Die in der
S. striata 10 ... . 158 150
8. carnaria (K) 3 . 21 19 Tabelle mitaufgeführten Prozent-
S. carnaria (G) 6 . 19 23 zahlen haben daher auch nur
orientierende Bedeutung.
Sarcophaga-Weibchen legen unter Umständen ihre Larve
unmittelbar auf Fleisch u. dgl. ab, sondern auch z. B. auf d
glocken, welche man im Haushalt zum Schutz gegen Fl
Lebensmittel stülpt. Die durch die Gitterglocken sich durch
Larven fallen dann auf das darunterliegende Fleisch usw. G
sprechend konnten wir Larvenablage auf zugebundenen Schm
Kulturkolben gelegentlich beobachten. Ebenso ist bekannt,
ganze Reihe von Tachinenarten ihre Eier nicht auf, sondern
ihrer Larvenwirte absetzen. Deshalb erschien uns die Beobachtung
eines von uns (Ebebhardt) in einem Schwetzinger Garten bemerkens-
wert, daß ein Sarcophaga-Weibchen Larven auf einem Regenwurmkot-
haufen ablegte. Leider war es aus technischen Gründen nicht möglich,
das Weibchen oder die Larven, die gleich in der Erde verschwanden,
zu fangen.
Um nachzuprüfen, ob diese Gelegenheitsbeobachtung etwas Wesent-
liches trifft, wurde in der oben beschriebenen, schachbrettartigen An-
ordnung von 2mal 8 Kölbchen jeweils 8 - 10 g feuchte Gartenerde oder
je ein frisches Regen wurmkothäufchen zur Wahl geboten. Um die An-
lockwirkung der in den Fallen vorhandenen Luftfeuchte zu vermindern,
kam in deren unmittelbare Nähe eine Tränke. Die relative Luftfeuchte

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Über das Schmarotzen von Sarcophaga spp. in Regenwürmern. 153

Tabelle 3. Simultanwahlen von Weibchen von 8. striata , 8. carnaria ( Ketsch )


und S. carnaria ( Gaisberg ).
Zahl der Fleisch Regenwurm
63?~

Stamm suchs- Gef.Ima- Belegte Zahl der Gef.Ima- Belegte Zahl der
tiere gines Fallen Larven gines Fallen Larven

S. striata .... 199 11 7 69 7 1 2


8. carnaria (K) . 209 15 3 37 22 0 0
8. carnaria (G) . 108 6 2 j 31 5 3 94

im Versuchskasten betrug etwa 70%. Fü


sich dabei folgender Fallenbeflug (s. Tabe
Leider konnten mit S. carnaria , die sich besonders schwer züchten
läßt, nicht mehr Versuche durchgeführt werden. Praktisch verhalten
sich bei allen 3 untersuchten Stämmen die Wahlen wie 1:1.
Um die 3 Fliegenstämme noch besser miteinander vergleichen zu
können, wurden Simultan- Wahlversuche mit ihnen angestellt. Hierzu
wurden die Tiere nach dem Schlüpfen zunächst so lange in ihren jeweiligen
Zuchtkästen gehalten, bis die Weibchen öfters kopuliert und somit
ihre Receptacula seminis wohlgefüllt hatten. Dann wurden die Weibchen
auf dem Thorax je nach Stamm mit verschiedenen Farbtupfen markiert
und zusammen in den gleichen Versuchskasten gebracht, wo wieder
in 16 Fallen Rinderhackfleisch und lebende Regenwürmer zur Wahl
standen. Tabelle 3 gibt die Ergebnisse dieser Versuche.
Wie in den in Tabelle 1 wiedergegebenen Versuchen bevorzugt
S. striata deutlich Fleisch. Das Verhalten von S. carnaria (Gaisberg)
scheint darauf hinzudeuten, daß dieser Stamm doch eine gewisse Vor-
liebe für Regenwurm hat, zumal die gleiche Tendenz in Tabelle 1 zu
erkennen ist. Trotzdem soll wegen der auch in Tabelle 3 kleinen Zahlen
dies nur als Vermutung ausgesprochen werden, welche weniger aus dem
oberflächlichen Eindruck der in den Tabellen 1 - 3 mitgeteilten Zahlen-
werte genährt wird als aus dem Verhalten der Larven, das weiter unten
beschrieben wird.
Als Ergänzung zu diesen Versuchen führten wir noch solche mit Muscina
pabulorum Fall, durch, deren polyphage Larven gelegentlich in Schmetterlings-
raupen und Puppen (Baer) sowie in Warmblütern (Martini) gefunden worden sind.
Nur geköpfte, also stark geschädigte Würmer, wurden in unseren Versuchen von
diesen Tieren in geringem Maße neben Fleisch zur Eiablage benutzt, unverletzte
aber nicht.

Versuche mit Larven.

Zunächst sollte entschieden werden, ob die Larven Regenwürmer


in der Erde finden können. Hierfür kam in ein etwa 10 cm 0 messendes
Zylinderglas eine etwa 10 cm hohe Schicht feuchter Gartenerde. Auf
diese wurde ein großer Regenwurm gebracht, der sich alsbald eingrub
und nach einigen Stunden am Boden des Gefäßes von außen zu sehen
Z. f. Morphologie, Bd. 41. IIb

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154 Anna Ida Eberhardt und Gerolf Steiner:

war. Der Anfang seines Ganges war auf der Erdoberfläche d


erkennen. Hiernach wurden 10 - 15 frisch gelegte Larven a
gebracht. Auch sie verkrochen sich nach einigem Herumkrie
Erde. Nach verschiedenen Zeiten wurde in den verschiedenen Versuchen
das Glas umgekippt und der Wurm herausgenommen und abgespült;
sodann kam der Wurm in eine Petrischale mit etwas feuchtem Filter -
papier und w
Tabelle 4. Prüfung der Findigkeit der Sarcophaga-
zur weiteren Beobach-
Larven, denen in der Erde eingegrabene Regenwürmer
geboten wurden. tung 3 Tage belassen.
Etwa befallene Regen-
Versuehsnummer ^Ven Beta11
würmer waren nach 2

Tagen tot; nach etwa


S. striata 1 5 10 0
2 5 10 0
3 Tagen waren die in-
3 18,5 10 0 zwischen stark herange-
4 22 12 0 wachsenen Larven be-
5 22 13 0
6 24 7 0
quem auszuzählen.
7 24 8 0 In den beiden mit *
8 28 10 0 bezeichneten Versuchen
9 24 10 0
war der Wurm zuerst in
10 24 10 0

S. carnaria (K) 1 24 10 0
das Glas gebracht und
2 24 10 0 dann mit Erde bedeckt

S. carnaria (G) 1 3,5 10 5 worden, so daß kein


2 12 8 2 Gang zur Oberfläche
3 12 9 0
führte. Vielleicht finden
4 18 10 4
5 18 8 7 die Larven den Wurm,
6 18 7 5 indem sie seiner Schleim -
7 19 13 11
.8 22 12 2 spur folgen. Für Fliegen -
9 24 8 4 larven hat Hafez einen
10 24 12 6
chemischen Sinn gefun-
11* 11,5 12 0
12* 22 12 0 den, so daß derartiges
nicht ausgeschlossen ist.
Nach unseren orientierenden Versuchen kann es sich im vorliegenden
Fall nur um eine Nahorientierung handeln, bei dem ein unmittelbarer
Kontakt mit festen oder flüssigen chemischen Reizstoffen nötig ist.
„Riechen" - auch nur auf wenige Zentimeter - ist ziemlich ausge-
schlossen. (Diesbezügliche Versuche sollen weitergeführt werden.)
Bei der Unermüdlichkeit, mit der die jungen Larven umherwandern
und dabei „bequeme" Wege bevorzugen, ist es aber auch möglich,
daß sie durch die Regenwurmgänge zufällig zu den Würmern gelangen.
Daß sich die Larven von S. striata und S. carnaria (Gaisberg) inbezug
auf den Befall verschieden verhalten, geht aus Tabelle 4 eindeutig
hervor. Für S. carnaria (Ketsch) soll das wegen des kleinen Zahlen-
materials aus dieser Tabelle nicht geschlossen werden.

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Über das Schmarotzen von Sarcophaga ssp. in Regenwürmern. 155

Das Verhalten der Larven am Regenwurm ließ sich in Petrischalen


gut beobachten: Der Boden der Schale war mit einer Scheibe feuchten
Filterpapiers belegt. Auf ihm befand sich der Regenwurm. Zu ihm
wurden frisch gelegte Larven gegeben. Trafen die Tiere aufeinander,
so krochen die Larven an dem Regenwurm entlang. Der Wurm streifte
sie jedoch häufig wieder durch windende und zuckende Bewegungen ab.
An Stellen, wo die Larven verweilt hatten, zeigte der Wurm oft blasige
Auftreibungen (wohl lokale Erschlaffungen des Hautmuskelschlauches,
wie sie als Wirkung eines „Kitzels" von v. Holst beschrieben worden
sind). Die Vermutung, daß die Larven an solchen Stellen eindringen
würden, bestätigte sich in unseren Versuchen jedoch nicht. Wesentlich
ist nun, daß im Verlauf der weiteren Ereignisse die Larven der 3 unter-
suchten Stämme sich verschieden verhielten: Diejenigen von S. striata
drangen in keinem Falle (15 Versuche mit insgesamt 56 frisch gelegten
und mit 56 eintägigen Larven) in den unverletzten Wurm ein. Nur
Würmer, welche durch Schädigung (z. B. Abbinden) autotomiert hatten
und offene Wunden aufwiesen, wurden befallen. Entsprechende Ver-
suche mit 8. carnaria (Ketsch) hatten fast das nämliche Ergebnis ; in
2 von 11 Fällen drangen allerdings die Larven in einen lebenden, unver-
letzten Wurm ein.
Die Larven von S. carnaria (Gaisberg) verhielten sich zunächst
ebenso wie die der beiden anderen Stämme; kam aber eine an das
Clitellum des Wurmes, so hakte sie sich dort fest. Im Verlauf von
etwa 1/2 Std erreichten dann auch die anderen Larven das Clitellum und
versammelten sich sternförmig um die von der ersten Larve verursachten
Wunde (Abb. 2)1. Darauf bohrten sich die Larven unter lebhaften
Bewegungen in den Wurm ein, wobei sie meist annähernd senkrecht
aus ihm hervorragten. Eigentümlicherweise verhielt sich der Wurm,
der sich doch anfangs stark gewehrt hatte, währenddessen ruhig. Nach
1 - 2 Std waren in der Bohrwunde nur noch die stigmentragenden
Hinterenden der Larven sichtbar. Larven, die man nach dem Ein-
dringen in den Wurm herausgezogen hatte, bohrten sich in einen unver-
letzten, neuen Wurm in der gleichen Weise am Clitellum ein. Der
Durchmesser der Wunde, in der 10 - 15 Larven steckten, betrug nach
1 Tage 4-5 mm, nach 2 Tagen 6 - 7 mm, wobei der Wurm an der
befallenen Stelle stark aufgetrieben war. Bei Zimmertemperatur (etwa
20° C) starben die Würmer zwischen dem 2. und dem 3. Tage nach dem
Befall. Die Larven verließen dann den an verschiedenen Stellen auto-
tomierten bzw. stark eingeschnürten Wurm und zehrten ihn von außen
völlig auf.
Alle experimentell infizierten, geschlechtsreifen Würmer zeigten das
Bohrloch am Clitellum. Nur einmal drang eine Larve durch die männ-
1 Die Aufnahmen machte uns freundlicherweise Herr Dr. G. Hempel.

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156 Anna Ida Eberhardt und Gerolf Steiner:

liehe Geschlechtsöffnung ein. Es scheint dies also bei 8. carn


Ausnahme zu sein, während es nach Keilin bei den Maden von

Abb. 2. Larven von Sarcophaya carnaria (Gaisberg) haben sich am Clitellum versammelt
(lebend photographiert).

rudis, die in Allolobophora chlorotica schmarotzt und dort im 1. Stadium


in der Leibeshöhle, im 3. Stadium im Pharynx zu finden ist, die Regel ist.
Öffnet man die von S. carnaria befallenen Würmer 3 - 4 Std nach dem

Abb. 3. Regenwurm, am Clitellum aufgeschnitten. Im Darm stecken 4 Sarcoph aga -Larven


(frisches Präparat).

Eindringen der Larven, dann findet man diese in der Leibeshöhle ; nach
24 Std stecken sie mit ihrem Vorderende im Darm (Abb. 3). Das Hinter-
ende mit den Stigmen bleibt jedoch stets in zeitweiliger Berührung mit
der Außenluft durch das ursprüngliche Bohrloch.

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Über das Schmarotzen von Sarcophaga spp. in Regenwürmern. 157

Die Stellung des fakultativen Parasitismus von Sarcophaga carnaria


und seine mögliche Erklärung.
Sarcophaga carnaria ist die bei uns häufigste Sarcophaga- Art und
gegenüber anderen, erwiesenermaßen parasitischen oder des Para-
sitismus verdächtigen Arten (vgl. S. 148) dadurch ausgezeichnet, daß sie
einen verhältnismäßig gleichbleibenden und von solchen Ereignissen wie
Insektenmassenvermehrungen unabhängigen Bestand aufweist, der z.B.
durch Baer so erklärt wird, daß eben diese Art vorzugsweise in Aas
brüte. Nun hat sich in unseren Versuchen gezeigt, daß zum mindesten
einer der beiden von uns geprüften Stämme einer ausgesprochen auf
Regenwürmern schmarotzenden Rasse angehören muß, wenngleich
dieser Parasitismus auch nicht obligatorisch ist. Man geht wohl nicht
fehl, wenn man die gleichbleibende Populationsdichte von Sarcophaga
carnaria mit der ebenfalls jahreszeitlich kaum schwankenden Besied-
lung des Bodens mit Regenwürmern in Verbindung bringt. Der Anfall
von „Klein- Aas" müßte sich ja gerade während des Zusammenbrechens
von Insektenkalamitäten (z. B. durch Polyederkrankheit) stark bemerk-
bar machen, während gerade für S. carnaria berichtet wird (vgl. Baer),
daß ihr relativer Anteil an dem Gesamtbestand der Sarcophagen während
solcher Zeiten abnimmt. Im folgenden soll versucht werden, für das
Zustandekommen eines zwar nicht obligatorischen, aber für den Bestand
der S. carina -Populationen sehr wirksamen Parasitismus eine mög-
lichst einfache Erklärung zu geben:
Wenn man Calliphorinen züchtet, kann man immer wieder fest-
stellen, daß die Weibchen durch die Reifung der Geschlechtsprodukte
zu Suchflügen aktiviert werden. Auf Ködern, die nicht nur Nahrung,
sondern auch Brutplatz darstellen, fangen sich deshalb relativ mehr
geschlechtsreife Weibchen als Männchen, während das Geschlechter-
verhältnis von Tieren mit kaum entwickelten Gonaden bei Köder-
versuchen dieser Art annähernd 1:1 ist [Steiner (3), 1942]. Für die
T&i- Ablage sind bei Fliegen mehrere Auslöser nötig (z. B. Geruch, Ge-
schmack, Oberflächenbeschaffenheit, Nässe). [Vgl. Steiner (2) 1942;
dort auch ältere Literatur.] Wenn bei gefangenen Fliegen Eier bzw.
Larven heranreifen, eine geeignete Brutstätte jedoch fehlt, wird die Brut
schließlich auch an Stellen abgesetzt, welche nicht alle Merkmale der
normalen Brutstätte zeigen. Bei Phormia genügt dann schon Feuchte
einer Oberfläche ohne von ihr ausgehenden Fleischgeruch und schließlich,
bei sehr großem Legedrang, schon das Vorhandensein von Ritzen; bei
Sarcophaga kann es der Fleischgeruch alleine ohne die „eigentlich"
dazugehörige feuchte Oberfläche sein. Es ist das ein Beispiel für Schwellen-
erniedrigung, bei der von der normalerweise nötigen Summe von Aus-
lösern (Lorenz) einer oder mehrere wegfallen können, bis endlich bei
noch stärkerem Drang, die Eier loszuwerden, Phormia- Weibchen wahllos

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158 Anna Ida Eberhardt und Gerolf Steiner:

ihre Gelege absetzen oder gar ihre Eier verstreuen. Man kann
Leerlaufreaktionen sprechen, wenn man diesen Ausdruck (sofe
einigermaßen die „Formalitäten" der Gelege- Abgabe gewahrt
hier anwenden will.

Wie eingangs erwähnt, ist der Biotop, in dem sich S. carnaria auf dem
Gaisberg so zahlreich findet, durch den wahrscheinlich sehr geringen
Anfall von „Klein- Aas" ausgezeichnet, welches sonst die gegebene Brut-
stätte für die in kleinen Schüben ihre Brut verteilenden, saprozoischen
Sarcophaga- Arten bildet. Man könnte nun annehmen, daß die an
regenwurmreichen Örtlichkeiten lebenden Sarcophaga- Populationen es
sich leisten können, durch ihre Hochträchtigkeit nicht zu intensiver
Suche nach Brutplätzen aktiviert zu werden, sondern daß sie der eben
beschriebenen Schwellenerniedrigung ohne gesteigerte Suchaktivität
Raum geben können. Dort, wo die Weibchen sich sonnen - also auf dem
kahlen Boden und dem über diesen herausragenden Regenwurmhäuf -
chen - , würden dann die Larven ziemlich wahllos abgegeben. Bei der
dichten Besiedlung des Bodens mit Regenwürmern ist die Wahrscheinlich-
keit, daß die Larven solche finden, groß. Zum Eindringen wählen die Lar-
ven die zarteste, drüsenreichste Stelle des Wurmes entsprechend ihrer Nei-
gung, auch im Aas die zartesten Stellen zum Eindringen zu bevorzugen.
Der Übergang zum Parasitismus wäre dann aus einem Antriebsverlust der
Weibchen und der hieraus sich ergebenden Schwellenerniedrigung zu
erklären , zum mindesten in Hinsicht auf das Verhalten der Imagines.
Daß im vorliegenden Fall die Wendung zum Parasitismus noch
durch andere Faktoren mitbedingt ist, scheint aus den Versuchen mit
den Larven hervorzugehen; denn die Larven des Gaisberg- Stammes
waren ja die einzigen, die den Regenwurm ohne weiteres „annahmen".
Aber hier könnte der Einwand zu Recht bestehen, daß nicht etwa diese
Larven spezialisiert wären, sondern die anderen, mit ihnen verglichenen,
d. h. daß nicht die Gaisberg-Larven eine besondere „Affinität" zu
Regenwurm hätten, sondern daß die anderen Larven weniger indifferent
wären als sie und vor dem Regenwurm „Ekel" hätten, weil sie auf ein
anderes Tier spezialisiert oder lediglich auf Aas eingestellt wären. Für
S. striata liegt die erste, für den Ketscher Stamm von S. carnaria
die zweite dieser Vermutungen näher, zumal ja das Wohngelände von
S. carnaria bei Ketsch aus tierreichen Niederungswiesen und Bruchwald
besteht, wo der Anfall von „Klein-Aas" groß ist. Diese Fragen in
Freiland- und Laboratoriumsexperimenten nachzuprüfen, haben wir
uns für die kommenden Sommer vorgenommen. Nach unseren bis-
herigen Versuchen an Imagines und Larven ist die Wahrscheinlichkeit
immerhin schon sehr groß, daß das Schmarotzen auf Regenwürmern
ein durch nur ganz geringfügige Instinktabänderungen (Antriebsverlust
bei den Imagines, Schema-Erweiterung bei den Larven genügen als

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Über das Schmarotzen von Sarcophaga spp. in Regenwürmern. 159

Erklärungsprinzipien) zustande gekommener Parasitismus ist. Er wäre


gerade durch die Unspezifität charakterisiert und somit eine wirklich
primitive Form des Parasitismus, dessen verhaltensmäßige Analyse -
gerade im Vergleich nahe verwandter Rassen und Arten - besonders
aufschlußreich sein könnte.

Zusammenfassung.
1. Freilandbefunde haben gezeigt, daß lebende Regenwürmer durch
Sarcophaga spp. befallen werden.
2. Wahlversuche im Laboratorium ergaben, daß die Weibchen von
Sarcophaga striata Fleisch als Larvenablagestätte lebenden Regenwür-
mern vorziehen. Für einen Stamm von Sarcophaga carnaria (Fundort :
Gaisberg bei Heidelberg, Biotop sehr regenwurmreich) gilt vielleicht das
Umgekehrte. Ein anderer Stamm von Sarcophaga carnaria (Fundort:
Ketscher Rheininsel) verhielt sich gleichgültig.
3. Gegenüber zur Wahl gestellter Gartenerde und frischem Regen-
wurmkot verhielten sich alle 3 untersuchten Stämme gleichgültig (Wahl-
verhältnis annähernd 1:1).
4. Versuche, in denen frisch abgelegten Larven lebende Regenwürmer
geboten wurden, die sich in Erde eingegraben hatten, ergaben, daß
keiner von den zugesetzten 100 Larven von Sarcophaga striata befallen
wurde, hingegen von 97 Larven von Sarcophaga carnaria (Gaisberg) 46 in
den Regenwürmern wiedergefunden wurden. Von 20 Larven von
Sarcophaga carnaria (Ketsch) wurde keine in Regenwürmern wieder-
gefunden.
5. Versuche, in denen das Verhalten der Larven beim Zusammen-
treffen mit unverletzten, lebenden Regenwürmern in Petrischalen beob-
achtet wurde, zeigten, daß die Larven von Sarcophaga striata nicht in
die Würmer eindrangen. Bei Sarcophaga carnaria (Ketsch) drangen
in 2 von 11 Fällen die Larven in lebende Würmer ein. - Die Larven von
Sarcophaga carnaria (Gaisberg) drangen regelmäßig ein, und zwar am
Clitellum.
6. Es wird vermutet, daß bei diesem fakultativen Parasitismus
dem Ausfall der Brutplatz -Suchflüge der Imagines und der Schema-
Erweiterung der verstreut abgesetzten Larven eine besondere Bedeu-
tung zukommt.
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Prof. Dr. Gerolf Steiner, Heidelberg, Zoologisches Institut.

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