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Zusammenfassung Abstract
Auf der westafrikanischen Insel Säo Tomé kommt Schi- Schistometopum thomense occurs on Säo Tomé in rain fo-
stometopum thomense sowohl in den Tieflandregenwäl- rests in the mountains and in the lowlands. During two
dern als auch in den Bergregenwäldern vor. 1989 und visits, numerous specimens were observed and collected
1991 wurden einige adulte Exemplare gesammelt; vier in the field. Some data on distribution and ecology are gi-
davon wurden in einem Terrarium untergebracht und ven. Four specimens were kept in a terrarium at a tem-
bei 2 1 - 2 5 ° C im Sommer und 2 2 - 2 8 ° C im Winter gehal- perature of 21-25° C in summer and 22-28° C in winter.
ten. Im Januar 1994 wurden 14 Jungtiere im Terrarium The maintenance, behaviour, and breeding of these spe-
bemerkt, die eine durchschnittliche Länge von 123 mm cimens is described.
aufwiesen. Bei der Räumung des Behälters fanden sich In January 1994,14 young Schistometopum were born. A
zehn dieser Jungtiere in einer Kammer, die etwa den few days after birth, their mean length was 123 mm. A
dreifachen Durchmesser eines Ganges der Adulttiere chamber in the soil was detected, which contained 10 of
hatte. Obwohl von der Größe her in das Beutespektrum the young. This chamber was of the threefold diameter
passend, wurde keines der Jungen von den adulten or so of a hollow of an adult. Adult specimens apparent-
Blindwühlen gefressen. Bei Fütterung mit Regenwür- ly do not feed on their young. Within about nine months,
mern und kleinen Bodenarthropoden verdoppelten die the young caecilians, which were fed on earthworms and
Jungtiere ihre Gesamtlänge innerhalb von neun Mona- small arthropods, doubled their length. At an age of ab-
ten, nach etwa zwei Jahren stagnierte das Wachstum out two years their growth almost stagnated. In January
deutlich. Im Januar 1996 wurden 13 Exemplare einer 1996 further 13 young of a second breeding were found.
weiteren Nachzucht entdeckt.
Skizze 1: Auflistung der Fundorte (1-24) von Schistometopum thomense auf Säo Tomé und Rolas.
1. Almerim und nähere Umgebung, ca. 100 m (= »Umgebung Säo Tomé-Stadt«, HAFT 1992); 2. Santo André (z. T. als S.
ephele, LOUMONT 1992); 3. Fernäo Dias (ATKINSON et al. 1994); 4. Trinidade, ca. 200 m (HAFT 1992); 5. Batepá (TAYLOR
1968); 6. San Januario (als S. ephele, LOUMONT 1992); 7. Java (als S. ephele, LOUMONT 1992); 8. Saudade (TAYLOR 1968); 9.
Nova Moca (LOUMONT 1992); 10. Säo Nicolau, ca. 800 m (HAFT 1992); 11. Roca Nova Java (TAYLOR 1968); 12. Bombaim
(FAHR 1993); 13. Bemposta (LOUMONT 1992); 14. Bom Successo, ca. 1150 m (FAHR mündl.); 15. Lagpa Amélia, 1450 m
(FAHR mündl.); 16. Colonia Acoreana (als S. ephele, LOUMONT 1992); 17. Ribeira Funda (LOUMONT 1992); 18. oberhalb Ge-
nerosa, 300-450 m (HAFT 1992); 19. Cascata, ca. 600 m (HAFT 1992); 20. Diogo Vaz (LOUMONT 1992); 21. Santa Catarina
(LOUMONT 1992); 22. Bindá (TAYLOR 1968); 23. Rio Quija, 0 m (eigene Beobachtungen); 24. Ilheu das Rolas (GREEFF 1884).
Verbreitung
Alle uns bekannten Fundorte der Art auf Säo
Tomé und Rolas sind auf Skizze 1 verzeichnet. Die
meisten der Nachweise liegen in der ursprüngli-
chen Zone des Tieflandregenwaldes (sensu BRÜHL
1993), also in einem Bereich der Insel, der heute
überwiegend landwirtschaftlich genutzt wird.
Nahe der Mündung des Rio Quija konnte 1991 ein
Exemplar in wenigen Metern Entfernung zur Mee-
resküste gefunden werden. Die höchstgelegenen
eigenen Fundorte liegen oberhalb Säo Nicoiao und
bei Cascata zwischen 700 und 900 m. Dagegen
konnte J. FAHR (mdl. Mitt.) 1995 ein Exemplar bei
Bom Successo (1150 m) finden und berichtet wei-
ter von einem Fund durch CHRISTY auf ca. 1450 m
bei der Lagôa Amélia. Letzterer stellt offensichtlich
den höchstgelegenen Fundort der Art überhaupt
dar. HAFT (1992) n a n n t e die A r t b i s h e r n u r a u s
Höhen bis 800 m. Diese letzgenannten Fundorte
fallen nach BRÜHL (1. c.) in die Zone der Bergre-
genwälder, die etwa oberhalb von 800 m an die
Tieflandregenwälder anschließen. Analog zu die-
sen sind auch weite Teile der Bergwälder gerodet
und durch Nutzpflanzenkulturen ersetzt.
Aus dem semiariden Nordosten Säo Tomés, der
von Savannenvegetation bedeckt ist und jährliche
Niederschlagsmengen von nur etwa 1000 mm auf-
weist, liegt bisher lediglich ein Nachweis vor. AT-
KINSON et al. (1994) e r w ä h n e n a u s F e r n ä o D i a s
(Fundort 3), »one caecilian... seen on a fallen tree«.
Der Nachweis konnte von uns nicht bestätigt wer-
den. Dagegen ist das Fehlen von Funden aus dem
Südwesten sicher auf Nachweisdefizite (bisher
keine Straßenverbindungen) zurückzuführen.
Abbildungen von oben nach unten:
Abb. 1: Habitat von Schistometopum thomense im Mün-
dungsbereich des Rio Quija, Fundort 23.
Abb. 2: Kakaopflanzung oberhalb von Generosa, 450 m,
Fundort 18. Habitat von S. thomense.
Abb. 3: Nachts im Terrarium an der Bodenoberfläche
verharrende S. thomense. Foto: A. HÄRTEL.
Abb. 4: Weibliches Wildfangexemplar mit den Jungtie-
ren der ersten Nachzuchtgeneration (Januar 1994).
Tabelle 1: Maße (mm) und Gewichte (g) der Elterntiere von Schistometopum thomense im Januar 1994.
GL Gesamtlänge, KL Kopflänge, RD Rumpfdurchmesser.
Insgesamt konnte die Art somit sowohl in der mit gestörte Tiefland-Primärwälder wurden im Zuge
weniger als 2000 mm Jahresniederschlag relativ der eigenen Untersuchungen 1989 und 1991 nicht
trockenen Umgebung der Hauptstadt (eigene besucht. Die oben zitierten Funde aus der Umge-
Nachweise) als auch im regenreichen Südwesten b u n g der L a g ö a A m e l i a d u r c h FAHR u n d CHRISTY
der Insel (Jahresniederschläge z.T. über 7000 mm, dürften aber aus naturbelassenen Waldbereichen
vgl. ATKINSON et al. 1. c.) a n g e t r o f f e n w e r d e n . D i e stammen.
jährliche, relative Niederschlagsmenge stellt of- Die Fundorte der Tiere lagen zumeist in Gebieten
fensichtlich nur innerhalb weiter Grenzen einen li- mit lehmig-lockeren, humösen Böden. Exemplare
mitierenden Verbreitungsfaktor dar. der Art wurden in liegendem, verrottendem Tot-
holz, in morschen Baumstubben sowie in den
Habitat Plantagen in Kakaoschalenhaufen gefunden. Nach
Schistopmetopum konnte von uns in einer Vielzahl unseren Erfahrungen sind die Blindwühlen in der
unterschiedlicher Habitattypen nachgewiesen Nähe der Siedlungen und im Kulturland weitaus
werden. Innerhalb menschlicher Siedlungen wur- häufiger anzutreffen als im Primärwald. Eine spe-
den Exemplare im Bereich von Dorfplätzen kleiner zifische Habitatbindung läßt sich aber aus den
Weiler, in Gartenanlagen und Pflanzungen (Abb. vorliegenden Daten nicht ableiten.
1), halboffenen Brachgeländen, Ackerflächen so- Nach nächtlichen Regen trifft man die Tiere an-
wie an Straßen- und Wegrändern gefunden. derntags oft frei auf dem Boden liegend an, was
Außerhalb von Siedlungen war die Art in Sekun- vor allem in menschlichen Siedlungen auffällt.
därwäldern verschiedenster Altersklassen (Abb. 2) Nach eigenen Beobachtungen im Bereich von Al-
sowie in gestörten Primärwäldern zu finden. Un- merim dürften sich besonders in den lehmigen
Grafik 1: Verhältnisse von Gesamtlängen zu Gewichten bei Schistometopum thomense.
• Messung Januar 1994 (NZ 1 und Adulte) Messung August 1996 (gesamte Terrariumpopulation).
26
24 •
22
20 •
•
18
^ 16
bo
r i4
u
0)
12
• •
V 10 -\
6 -
4
2
i i i r
100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300
Gesamtlänge (mm)
220
200
180
160 -
140
120
100
30.01.94 16.10.94 12.11.95 25.08.96
großen Eier eine Kammer im Erdreich schafft, in (253 bis 298 mm). Grafik 1 zeigt, daß die Tiere
der sie das Gelege bis zum Schlupf der Larven be- während der etwa zweieinhalbjährigen Zeitspan-
w a c h t (WELSCH & STORCH 1 9 8 0 ) . D a d i e m e i s t e n ne nur unmerklich gewachsen sind. Aus den An-
Jungwühlen Nahrung im Darm hatten, muß diese gaben in TAYLOR (1968) errechnet sich eine durch-
Vergesellschaftung unabhängig von der Geburt schnittliche Länge der von ihm untersuchten Mu-
wieder aktiv aufgesucht worden sein. seumsexemplare von 211 mm (146 bis 283 mm, n =
Obwohl die jungen Blindwühlen in Form und 18). Drei weitere Exemplare aus der Zoologischen
Größe in das Nahrungsspektrum der Alttiere pas- Staatssammlung München weisen eine durch-
sen könnten, wurde zumindest im Verlauf des er- schnittliche Länge von 230 mm (200 bis 260 mm)
sten Jahres, keines der Jungen gefressen. Die Ab- a u f (HAFT 1992). D a s e i n z i g e v o m E r s t a u t o r g e h a l -
nahme der Stichprobengrößen (vgl. Grafik 2 + 3, tene männliche Tier mißt 266 mm und ist offen-
Tab. 2) ist durch die Abgabe einzelner Exemplare sichtlich fortpflanzungsfähig.
bedingt. Anfang Januar 1996 wurden 13 Tiere ei- Der aus Grafik 1 ersichtliche Gewichtsverlust der
ner erneuten Nachzucht im Terrarium entdeckt. adulten Tiere auf etwa die Hälfte des Gewichtes
von 1994 ist auf eine reichliche Fütterung kurz vor
Maße und Gewichte, Wachstum der ersten Wägung im Januar 1994 (siehe oben) so-
Tabelle 1 stellt die Maße und Gewichte der vier wie auf eine sparsame Fütterung in den Monaten
adulten Importtiere im Januar 1994 dar. Zum heu- vor der Wägung im August 1996 zurückzuführen.
tigen Zeitpunkt (August 1996) leben noch drei Ex- Beide Gewichtsgruppen stellen somit sicherlich
emplare, das längste der drei Weibchen ist gestor- Extremwerte dar. Dabei ist zu erwähnen, daß die
ben. Tiere bei der letzten Kontrolle keineswegs einen
Die bereits im adulten Zustand importierten Alt- subvitalen oder abgemagerten Eindruck machten.
tiere hatten zum Zeitpunkt der ersten Messung Die Diskussion des Längen- und Gewichtswachs-
eine durchschnittliche Gesamtlänge von 273 mm tums der jungen Blindwühlen wird durch den
zeitlichen Abständen erfolgten. In Einzelfällen ist aquatische Verhalten der Blindwühle Ichthyophis kohta-
oensis TAYLOR, I 9 6 0 . - Salamandra, Frankfurt/M., 21
es dabei schwer zu entscheiden, ob es sich bei ei-
(2/3): 192-196.
ner bestimmten Gruppe von Tieren um im Wachs- EXBRAYAT, J . - M . , DELSOL, M . & J. LESCURE (1983): L a vi-
tum zurückgebliebene Exemplare einer älteren viparité chez Typhlonectes compressicaudus, amphibien
Nachzuchtgeneration (unregelmäßige Fütterung) apode.- Bull. Soc. Herp. Fr., Paris, 26: 23-24.
FAHR, J. (1993): Ein Beitrag zur Biologie der Amphibien
oder um eine Gruppe Neugeborener handelt. Im
der Insel Säo Tomé (Golf von Guinea) ( Amphibia). -
einzelnen handelt es sich dabei um drei Tiere der Faun. Abh. Mus. Tierkd. Dresden, 19 (8): 75-84.
Kontrolle vom 25.08.1996, bei der nicht mit abso- GORHAM, S. W. (1962): Liste der rezenten Amphibien
luter Sicherheit gesagt werden kann, ob es sich um und Reptilien: Gymnophiona.- Das Tierreich, Berlin,
78:1-25.
Exemplare einer dritten Nachzuchtgeneration GREEFF, R. (1884): Ueber die Fauna der Guinea-Inseln S.
oder schlecht gewachsene Tiere der zweiten Gene- Thomé und Rolas.- Sitzb. Ges. Bef. ges. Naturw., Mar-
ration handelt (vgl. Grafik 1, Tab. 1). Angesichts burg, 1884 (2): 41-79.
HAFT, J. (1992): B e m e r k u n g e n zu den Blind w ü h l e n der
der sparsamen Fütterung der Tiere in der letzten
Gattung Schistometopum von Säo Tomé (Gymnophiona
Zeit halten wir jedoch letzteres für wahrscheinli- Caeciliidae).- Bonn. zool. Beitr., 43 (3): 477-479.
cher. Ebenso ist nicht zu entscheiden, ob diese Tie- LOUMONT, C. (1992): Les Amphibiens de Säo Tomé et
re von den Importexemplaren oder denen der er- Principe: révision systématique, cris nuptiaux et
caryotypes.- Alytes, Paris, 10 (2): 37-62.
sten Nachzuchtgeneration stammen.
MERTENS, R. (1969): Z u r H a l t u n g v o n Blindwühlen
Tabelle 2 zeigt die Gesamtlängen der Tiere der bei- (Gymnophiona).- Aquar. u. Terrar. Z., Stuttgart, 22
den Nachzuchtgenerationen über einen Verlauf (3): 8 1 - 8 2 .
von gut zweieinhalb Jahren. Die Variationsbreiten PETERS, W. C. H. (1874): Über neue Amphibien (Gymno-
pis, Siphonops, Polypedates, Rhacophorus, Hyla, Cyclodus,
der Gesamtlängen der ersten Nachzucht vom Ja-
Euprepes, Clemmys).- Monatsber. Akad. Wiss. Berlin,
nuar 1994 und drei weiterer Messungen im Ver- 1874: 6 1 6 - 6 2 5 .
lauf der letzten zweieinhalb Jahre sind in Grafik 2 SCHÄTTI, B. & C. LOUMONT (1992): Ein Beitrag zur H e r -
dargestellt. Es zeigt sich, daß sich die Gesamtlän- petofauna von Säo Tomé (Golf von Guinea).- Zool.
Abh. Mus. Tierkd., Dresden, 47 (4): 23-36.
gen der ersten Nachzucht in knapp neun Monaten
TAYLOR, E. H. (1968): The Caecilians of the World. A Ta-
gut verdoppelten und sich im Alter von knapp xonomic Review.- Univ. Kansas Press, Lawrence, viii,
zwei Jahren das Wachstum deutlich verlangsamte 286 S.
(Grafik 3), ohne daß allerdings bisher die Größen- T A Y L O R , E . H . & A . SALVADOR ( 1 9 7 8 ) : A f r i k a n i s c h e B l i n d -
wühlen im Naturhistorischen Museum Madrid, nebst
klasse der adulten Elterntiere erreicht wurde (vgl.
Beschreibung des Schistometopum garzonheydti n.sp.-
Grafik 1). Salamandra, Frankfurt/M. 14 (2): 58-62.
WAKE, M. H. (1975): Ontogenetic and intraspecific varia-
tion in caecilians.- Amer. Phil. Soc., Year Book 1975:
Danksagung
365-366.
Wir möchten uns bei J. FAHR, Würzburg, für die — (1977): Fetal maintenance and its evolutionary signifi-
Bereitstellung von Informationen und Funddaten cance in the Amphibia: Gymnophiona.- J. Herpetol.,
herzlich bedanken. Herrn R. WICKER, Zoologi- Oxford, 11 (4): 379-386.
WELSCH, U. & V. STORCH (1981): G y m n o p h i o n e n - die
scher Garten Frankfurt/M., danken wir für seine
»Schlangen« unter den Amphibien.- Natur und Mu-
Mitteilungen zur Schwimmwühlen-Zucht im Zoo- seum, Frankfurt/M., 111 (9): 269-274.
logischen Garten.