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Hans‐Joachim Schoeps
To cite this article: Hans‐Joachim Schoeps (1954) Die ebionitische Wahrheit des Christentums,
Studia Theologica - Nordic Journal of Theology, 8:1, 43-50, DOI: 10.1080/00393385408599748
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Download by: [Nanyang Technological University] Date: 12 June 2016, At: 19:01
Die ebionitische Wahrheit des Christentums
Von
HANS-JOACHIM SCHOEPS.
Downloaded by [Nanyang Technological University] at 19:01 12 June 2016
einen durch und durch tendenziōsen Charakter hat. Aber schon der
Tiibinger Schule ist klar gewesen, dass dies in gleichem Masse auch
fur das grosskirchliche Schrifttum gilt und die Tendenzkritik aus falsch.
verstandenen Glaubensinteressen heraus auch nicht vor den kanoni-
sierten Schriften des Neuen Testaments halt machen darf.
Horn. 17,13—20 ist zu erkennen, dass die Ebioniten und ihre Vorfahren
Pauli Berufung auf eine Vision des Auferstandenen als dāmonisches
Blendwerk verurteilt haben. Sein auf όπτασίαι καΐ αποκαλύψεις be-
griindetes Apostolat sei illegitim, da nur der personliche TJmgang mit
dem irdiachen Jesus zum Apostolat legitimiert habe.
Offenbar haben schon der Zwolferkreis mit Jakobus und die Jerusa-
lemer. die Augenzeugenschaft des Erwahlten, d. h. das leibliche Zu-
sammensein als konstitutiv fiir Apostelwflrde und Lehramt erachtet
und dem Paulus hochstens die Funktion eines συνεργός ήμων zugebilligt,
wie es der klementinische Petrus (Horn. 17, 20) ausdruckt. Oder Rec.
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2, δ5: »Wer das Gesetz nicht von Lehrern lemt, sondern sich selbst
fur einen Lehrer halt und den Unterricht der Junger Jesu verschmaht,
der muss notwendig auf Absurditāten gegen Gott geratene. J a , Petrus
urteilt noch dariiber hinaus, Saulus-Paulus habe eine Vision bekom-
men, wie sie Jesus seinera Widersacher im Zorn (ώς αντικείμενη ό
Ίησοΰς όργιζόμενος) zuteil werden liess (Horn. 17,14). Daher wird Pauli
Denken das Oegenteil von Jesu Lehre genannt (17, 18).
Diese uns nur verstummelt vorliegenden Polemiken diirften alten
ebionitischen Apostelakten entstammen, die eine sehr gehāssige Schil-
derung des antichristlichen Wirkens Pauli bis zum Stephanusmarty-
rium, seiner Konversion sowie der Vorgānge in Antiochia gegeben
haben. Wie der εχθρός άνθρωττος in seiner jiidischen Periode fur den kul-
tisch. verfālschten Mosaismus agitiert habe, so sei er spater ein Feind
jedes Gesetzes geworden. Hatte er schon die Bemūhungen der Urge-
meinde und des Jakobus um die Bekehrung der Juden zur lex mosaica
per Jesum prophetam reformata durch sein Dazwischentreten vereitelt
so ist er auch nach der Bekehrung der Verfolger des wahren Gesetzes
geblieben.
4. Geschichtliche Standortsbestimmung.
Besonders auffāllig ist die Feindseligkeit der Ebioniten gegen den
judischen Opferkultus, der sich auch gegen die Kultstātte des jerusa-
lemer Tempels gerichtet hat, weil er eine Depravation der alten von
Gott gewiinschten Stiftshiitte darstelle. Da es in der judischen Reli-
gionsgeschichte von den nomadischen Rechabiten durch die Makka-
bāerzeit hindurch bis zu den Essaern der Zeitenwende immer wieder
Oppositionsbewegungen gegen den Opferkultus der jerusalemer
Priesterschaft gegeben hat, sind die Ebioniten in einem deutlich auf-
zeigbaren ideengeschichtlichen Zusammenhang hineinzustellen; zumal
zu den Essāern erscheint die innere Verbundenheit eng". Offensichtlich
gehoren in ihre Ahnenreihe bevorzugt auch die Gruppen hinein, welche
hinter den Schriften stehen, die durch den Hōhlenfund der Papyrus-
rollen von 'Ain Feshkha — nach Abfassung meiner Bucher — bekannt
geworden sind. Zumindest ergibt der Vergleich ihrer. Anschauungen
neben manchen charakteristischen Detailiibereinstimmungen eine
sehr ahnliche Christologie (more sedeq—άληθήξ προφήτης), die gleiche
Lobpreisung der Armen und wohl auch (Sektenkanon I X , 3) eine ge-
meinsame Reservation gegen den blutigen Tieropferkult1). Wie ich