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So wird’s gemacht | How to do 519

Die Pleurapunktion
Pleural puncture

Einleitung K. Purkabiri 1
Tab. 1 Grenzen und Grenzbereiche wichtiger Gerinnungs- K. Rentz 1
5 parameter als relative oder absolute Kontraindikation (KI) G. Pindur 2
Das perkutane transthorakale Einführen einer zur Durchführung einer Pleurapunktion. G. W. Sybrecht 1
Hohlnadel oder eines Katheters in den Pleura-
raum ermöglicht es, unter Anlage eines Soges Relative KI Absolute KI
Flüssigkeit oder Luft zu entfernen. Die nachfol- Pneumologie
Thrombozyten (/µl) 50000 – 80000 < 50000
gende Ausführung versteht sich als praxisnahe
Prothrombinzeit (%) 50 – 60% < 50%
Empfehlung für den Berufseinsteiger und be- Schlüsselwörter
aPTT (s) 40 – 50 > 50 Pleurapunktion
schränkt sich auf die Darstellung der Punktion q
Anti-Xa (IE/ml) 0,15 – 0,30 > 0,30 q Pleuraerguss
eines Pleuraergusses am sitzenden Patienten.
q Thorakozentese
q Pneumothorax
Fachgesellschaften (AWMF online) für rückenmarks-
Indikationen nahe Punktionen eine Abstinenz von > 7 Tagen. Wir Key words
5 betrachten die Einnahme von Clopidogrel entspre- q pleural puncture
Therapeutisch wird die Pleurapunktion zur Ent- chend nur als relative Kontraindikation. Anders ver- q pleural effusion
lastung bei symptomatischem Pleuraerguss und hält es sich mit der Antikoagulanzientherapie. Hier q thoracocentesis
Pleuraempyem eingesetzt. Daneben dient sie der ist die Handhabung bezüglich der elektiven Pleura- q pneumothorax
Anlage einer Saug- oder Spül-Saugdrainage. Ei- punktion unterschiedlich und nicht an feste Regeln
nen hohen differentialdiagnostischen Stellen- gebunden, so dass empirische Grenzwerte der Ge-
wert besitzt sie bei der Abklärung des Pleura- rinnungsparameter als Vorgabe für absolute und re-
ergusses durch Probengewinnung. lative Kontraindikation dienen. Tab. 1 gibt Empfeh-
lungen für den Ungeübten und Unerfahrenen.
Kontraindikationen (KI)
Relative Kontraindikationen sind In Anlehnung an die AWMF-Leitlinien der Anäs-
3 mangelnde Patienten-Compliance (z.B. unru- thesiologie sollen dem Anfänger folgende Zeitin-
higer oder nicht kooperationsfähiger Patient) tervalle der Antikoagulanzienabstinenz vor
3 Ergussvolumen < 300 ml Pleurapunktion als Hilfestellung dienen: Institut
3 Blutungsneigung (z.B. verursacht durch Ein- 3 unfraktionierte Heparine (low dose und high 1Klinik für Innere Medizin V,

nahme von Antikoagulanzien, Aggregations- dose): 4 Stunden Pneumologie, Allergologie,


hemmern, hämatologische Grunderkrankun- 3 niedermolekulare Heparine (low dose): Beatmungs- und Umwelt-
medizin, Universitätsklinikum
gen oder Lebererkrankungen) 10 – 12 Stunden
des Saarlandes
3 niedermolekulare Heparine (high dose): 2 Institut für Klinische Hämo-
Die Einnahme von Acetylsalicylsäure in therapeuti- 24 Stunden staseologie und Transfusions-
schen Dosen stellt in der Praxis weder für elektive 3 Kumarine: INR < 1,4 (keine generelle Zeitinter- medizin, Universitätsklinikum
Pleurapunktionen noch für Notfalleingriffe eine Kon- vallangabe möglich) des Saarlandes
traindikation dar. Bei Clopidogrel empfehlen die eingereicht 8.1.2007
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Anästhesi- Absolute Kontraindikation sind akzeptiert 8.2.2007
ologie und Intensivmedizin (DGAI) der Arbeitsge- 3 Fibrinolysetherapie
Bibliografie
meinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen 3 dosisabhängig: orale Antikoagulation
DOI 10.1055/s-2007-970370
Dtsch Med Wochenschr 2007;
Abb. 1 Material und Ausstattung zur 132: 519–521 · © Georg Thieme
Pleurapunktion. Dicke Venenpunktionska- Verlag KG Stuttgart · New York ·
nüle (Verweilkanüle bestehend aus Hohlna- ISSN 0012-0472
del und Kunststoff-Kanülenreiter, z.B. 14G,
80 mm) (1). Skalpell (2). Einmal-Injektionska- Korrespondenz
nüle zur Lokalanästhesie, z.B. 22G, 30 mm K. Purkabiri
(3). Einmal-Injektionskanüle zur tieferen LA Universitätsklinikum des
mit Probeaspiration, z.B. 20G, 70 mm (4).Ein- Saarlandes
wegspritze 10 ml (5). Steriles Lochtuch (6). Klinik für Innere Medizin V,
Einweg-Pleurapunktions-Set: (7) (Sekretauf- Geb. 91
fangbeutel, Überleitungsschlauch mit Drei- Pneumologie, Allergologie,
wegehahn, Einwegspritze 50 ml). Sterile Beatmungs- und
Kompressen (8). Lokalanästhetikum (z.B. Li- Umweltmedizin
docain 2% 10 – 50 ml) (9). Pflaster (10). Des- 66421 Homburg/Saar
infektionsmittel (ohne Abb.). Sterile Hand- Tel. 06841/1623601
schuhe (ohne Abb.). Ggf. Serummonovette, Fax 06841/1623602
Blutbildröhrchen, Zytologie-Behälter mit Fi- eMail kurosch.purkabiri@
xationslösung, Kulturgefäße (ohne Abb.). uniklinikum-saarland.de
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Unter Zuhilfenahme des Sonographiegerä-


Tab. 2 Komplikationen.
tes wird anschließend eine geeignete
selten sehr selten äußerst selten
Punktionsstelle aufgesucht und diese z.B.
mit einem Stift markiert. An die gründliche
3 Blutungen z.B. durch Verletzung von 3 Verschleppung von 3 Infektionen des
Hautdesinfektion und gegebenenfalls Ra-
Interkostalgefäßen (Thoraxwand- Geschwulstzellen Interpleuralraumes
sur schließt sich die Abdeckung des Inter-
hämatom, Hämatothorax) 3 Verletzung intraabdomineller (Pleuraempyem)
ventionsbereiches mit einem Lochtuch an,
3 kardiale und orthostatische Störungen Organe ( z.B. Leber, Milz, Darm) bis hin zur Sepsis
(Hypovolämie) bis hin zum Schock 3 Verletzung von Interkostalnerven 3 Endokarditis um während der Punktion größtmögliche
(z.B. vasovagale Reaktion mit oder lokale Entzündungen und 3 Reexpansions- Sterilität zu gewährleisten. Bei der Pleura-
Blutdruckabfall und Bradykardie) Infektionen mit z.T. langandauernden lungenödem punktion am sitzenden Patienten befindet
3 Pneumothorax/P. ex vacuo oder dauerhaften Beschwerden sich der Punktionsbereich dorsolateral
3 postpunktionelle lokale Schmerzen 3 pleuritische Schmerzen zwischen hinterer Axillarlinie und Paraver-
3 Husten tebrallinie, meist in unmittelbarer Nähe
der Scapularlinie, zwischen dem 4. und 6.
Vorbereitung Interkostalraum (q Abb. 3). Beim Liegen-
5 den bietet sich der 4.- 6. ICR (Bülau-Positi-
Adäquate Materialausstattung (q Abb. 1) on) lateral im Bereich der mittleren Axillar-
und angenehme Untersuchungsbedingun- linie an. Für diese Körperlage gilt die Faust-
gen erlauben einen störungsfreien Ablauf regel, dass wegen des höher stehenden
des Eingriffs. Daher ist ein ruhiger, ausrei- Zwerchfells der Eingriff nicht tiefer als in
chend beleuchteter Raum wünschenswert. Höhe Mamillarlinie durchzuführen ist.
Es sollte ein Sonographiegerät zur Verfü-
gung stehen. Die Thoraxsonographie Zu Beginn wird die Region des Rippenober-
(q Abb. 2) gibt Aufschluss über Volumen randes durch intra- und subkutane Infiltra-
und Organisation (z.B. Kammerung) des Er- tionsanästhesie betäubt. Nach einem senk-
Abb. 2 Gekammerter Pleuraerguss.Diaphrag-
gusses und dient der Bilddokumentation recht zur Thoraxwand geführten Wieder-
ma durch Erguss atypisch konvex nach unten
des Befundes vor und nach Punktion. einstich in das bereits anästhesierte Areal
gewölbt (Topographie: linkslateral 6. ICR). Dia-
phragma (1). Erguss (2). Septum (3) mit einer längeren Nadel (q Abb. 4) wird
Blutbild mit Thrombozytenzahl und Gerin- diese unter stetiger Aspiration vorangescho-
nungsparameter (PTT, Quick, ggf. Anti-Xa- ben. Auf dem Weg in tiefere Schichten wer-
Wert) müssen vorliegen. Es sollten den Lokalanästhetika-Depots gesetzt. Mit
Thrombozyten > 80000/µl, Prothrombin- der Nadel wird nun der Kontakt zur Rippe
zeit nach Quick > 60% (INR < 1,4), eine aPTT gesucht und das sehr schmerzempfindliche
< 40 s und ein Anti-Xa-Wert < 0,15 IE/ml Periost besonders großzügig (ca. 5 ml Lido-
gefordert werden. Gegebenenfalls ist eine cain 2%) infiltriert. Um Verletzungen der am
Gerinnungsstörung durch adäquate Substi- Rippenunterrand verlaufenden Interkostal-
tution zu korrigieren. Antithrombotika gefäße vorzubeugen, gleitet die Nadel mit
sollten als orientierende Maßgabe in ent- Rippenkontakt über den oberen Rippenrand
sprechenden Zeitabständen angelehnt an und ab hier, kurz vor Erreichen der Pleura
die AWMF Leitlinien der Anästhesiologie parietalis, wird erneut großzügig infiltriert.
vor Pleurapunktion abgesetzt werden.
Cave!
Mobile, bewusstseinsklare Patienten sit-
Im Falle einer Blutaspiration gänzliches
zen aufrecht mit dem Rücken zum Unter-
Herausziehen der Nadel und erneuter
sucher. Bettlägerigkeit erfordert Ober-
Abb. 3 Auffinden des geeigneten Punkti-
Beginn der Punktion.
körperhochlagerung in Rückenlage um
onsbereichs anhand anatomischer Leitlinien 45° bis 60°. Sedierte und beatmete Pati-
und -strukturen. Der gelbe Kegel stellt bei-
enten werden liegend auf die Seite des Ein plötzlicher Widerstandsverlust bei der
spielhaft eine Punktion in Höhe des 6. Inter-
kostalraumes dar. Paravertebrallinie (1). Scapular-
Ergusses gelagert, der Rücken befindet Aspiration zeigt den Durchstich der Pleura
linie (2). Hintere Axillarlinie (3). Scapula, Angulus sich am Bettrand und das Kopfteil ist auf- parietalis an, der durch Probeaspiration be-
inferior (4). 4. Interkostalraum (grüne Linie). 6. gestellt. Ein Monitoring ist vor allem bei stätigt wird (Eindringtiefe merken!). Sodann
Interkostalraum (rote Linie). Risikopatienten angezeigt, dazu gehören kann die Nadel unter Aspiration und Vermei-
Pulsoxymetrie mit Messung der Sauer- dung einer Injektion zurückgezogen werden.
stoffsättigung und Pulsfrequenz, Blut-
Patientenaufklärung druckmessung und EKG-Monitoring.
5 Punktion
Der Patient sollte in für ihn verständlicher 5
Form (z.B. anhand eines Aufklärungsbo- Lokalisation und Lokalanästhesie Eine kleine Stichinzision mittels Skalpell an
gens) über Ziel, Risiko und Komplikationen 5 der Einstichstelle schafft nun den Zugang
(Tab. 2) der geplanten Intervention infor- Zunächst erfolgt eine orientierende Lokali- z.B. für eine großlumige Venenverweilka-
miert werden. Eine schriftliche Einver- sation des Pleuraergusses durch klinische nüle, die anschließend senkrecht zur Tho-
ständniserklärung ist erforderlich. Untersuchung (Perkussion, Auskultation). raxwand (q Abb. 5) unter Rippenkontakt

Dtsch Med Wochenschr 2007; 132: 519–521 · K. Purkabiri et al., Die Pleurapunktion
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Abb. 4 Senkrecht zur Cave!


Thoraxwand geführter
Wiedereinstich in das Punktionsvolumen: Eine Beschleuni-
bereits betäubte Areal gung des Vorganges durch allzu forcierte
mit längerer Nadel. Aspiration sowie das Ablassen von > 1,5 l
Kontrollierte Nadelbe-
Sekret bergen die Gefahr eines Reexpan-
wegungen durch Ab-
sionslungenödems (interstitielles Lun-
stützen an der Thorax-
wand. Bildtopographie: genödem infolge rascher Änderung in-
Sitzender Patient, Ein- trapulmonaler Druckverhältnisse) oder
stich rechts dorsolate- eines Pneumothorax (z. B. durch An-
ral, 4.–6. ICR zwischen schlag der Lunge gegen den Kanülenrei-
hinterer Axillarlinie und ter oder durch Scherkräfte).
Paravertebrallinie.

Nach erfolgter Intervention (bei Nadelpunk-


tion sollte ein geringer Resterguss verblei-
Abb. 5 Beginn der
ben) wird der Kanülenreiter samt Ablei-
Punktion mit Venen- tungssystem entfernt, die Punktionsstelle mit
punktionskanüle nach einem sterilen Tupfer komprimiert und
Stichinzision mittels durch Kompresse und Pflaster abgedeckt.
Skalpell.
Nachsorge
5
Nach der Pleurapunktion erfolgt eine ab-
schließende klinische Thorax-Untersu-
chung, ebenso wie die Kontrolle der Vital-
parameter und eine sonographische Bild-
dokumentation des Restergusses. Eine
Röntgen-Thoraxaufnahme in zwei Ebenen,
eventuell posterior-anterior in maximaler
Exspiration (Pneumothorax?), wird im Re-
gelfall innerhalb von 24 h, bei symptomati-
schen Patienten sofort angefertigt.
Abb. 6 Ableitendes
Einwegsystem mit zwi-
Wichtiges in Kürze
schengeschaltetem
Dreiwegehahn (nicht
3Vor Intervention Erfassung der Gerin-
im Bild: Sekretbeutel)
nungsparameter zur Entscheidung
über Durchführbarkeit!
3Sichere sonographische Lokalisation
des Ergusses und Bestimmung der
Punktionsstelle!
3Punktionsrichtung senkrecht zur Tho-
raxwand unter Aufsuchen des Rip-
penoberrandes!
3Kontrollierte transthorakale Nadelbe-
wegungen durch ständiges Aufstützen
der Hände an der Thoraxwand!
3Besonders gründliche Infiltrationsanäs-
und unter oben beschriebenem Vorgehen Schwerkraft spontan erfolgt. Ein dem Sys-
thesie (ca. 5 ml Lidocain 2%) des Rip-
eingeführt wird. Nach Durchtritt durch die tem zwischengeschalteter Dreiwegehahn
penperiosts sowie der Pleura parietalis!
Pleura und erfolgreicher Probeaspiration erlaubt zusätzlich die Erzeugung eines ma-
3Maximal 1,5 l Sekret ablassen!
wird die Nadel mit Kanülenreiter um einige nuellen Soges durch Anlegen einer großvo-
3Ausschluss Pneumothorax im Rönt-
Millimeter weitergeschoben, damit der et- lumigen Spritze (50 ml).
gen-Thorax in 2 Ebenen post punctio-
was kürzere Plastikreiter sicher die „derbe“
nem innerhalb von 24 Stunden!
Pleura parietalis passieren kann. Die Hohl- Cave!
nadel wird nun samt Spritze zurückgezo-
gen, während der Kanülenreiter vorsichtig Abbruchkriterien: Sofortiger Stopp, Quellen
weiter vorgeschoben wird. Daran anschlie- selbst wenn viel Resterguss verbleibt, 5
ßend erfolgt zügig die Konnektierung des bei: starkem Hustenreiz, neu auftreten- D.R. Buchanan et al., Thoracoscopy for Physici-
Überleitungsschlauches des abführenden ans – A Practical Guide. Arnold, London 2004
dem Blut in der Flüssigkeit, Dyspnoe, va-
Einwegsystems an den Reiter (q Abb. 6). sovagaler Synkope, Bradykardie, star- John F. Beamis et al., Interventional Pulmonolo-
gy. McGraw-Hill, U.S.A. 1999
Nachfolgend wird die pleurale Flüssigkeit ken Schmerzen.
J. Lorenz et al., Pneumologie. Thieme, Stuttgart
drainiert, was häufig zunächst über die
2004

Dtsch Med Wochenschr 2007; 132: 519–521 · K. Purkabiri et al., Die Pleurapunktion

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