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20.05.2022, 15:07 Jugend in der Corona-Pandemie: Wirklich rücksichtslos? | WEB.

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Studie zeigt, wie sich junge


Menschen in Deutschland in der
Pandemie verhalten
Jugendliche und junge Erwachsene trifft die
Corona-Pandemie und die Maßnahmen zur deren
Eindämmung genauso wie alle anderen
Altersgruppen.

Doch anders als Senioren erkranken junge


Menschen fast nie schwer an dem Virus oder
sterben gar an COVID-19 – sind sie deshalb
weniger rücksichtsvoll, wie oft behauptet wird?

Eine repräsentative Studie zeigt nun, wie junge


Menschen in Deutschland die Gefahren, ihr
eigenes Verhalten und ihre Zukunft einschätzen.

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Seit fast einem Jahr befindet sich Deutschland im


Corona-Ausnahmezustand. Was bis vor einem Jahr für
junge Menschen zum Alltag gehörte, ist nun schon seit
Monaten tabu: Mehrere Freunde gleichzeitig treffen –
verboten. Kneipen und Diskotheken – geschlossen.

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Unterricht und Vorlesungen – monatelang nur online


möglich.

Ob im im beruflichen oder privaten Bereich, die


Einschränkungen sind gerade für die junge Generation
umfassend. Eine Sonderauswertung einer
repräsentativen Umfrage für die Studie "Junge
Deutsche 2021" der beiden Jugendforscher Simon
Schnetzer und Klaus Hurrelmann zeigt nun, wie junge
Menschen in Deutschland die Gefahren durch
das Virus, ihr eigenes Verhalten und ihre Zukunft
einschätzen.

Für die Studie, die selbst im März vorgestellt werden


soll, wurden von Mitte Oktober bis Mitte November
2020 insgesamt 1602 Menschen im Alter zwischen 14
und 39 Jahren befragt. Demnach lassen sich drei
Erkenntnisse ableiten:

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1. Die große Mehrheit hält sich an die


Maßnahmen zur Eindämmung der
Coronakrise

73 Prozent der Befragten halten es für "wichtig", sich an


die AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) zu
halten, 72 Prozent verhalten sich laut eigener Aussage
rücksichtsvoll, um Familie und Freunde nicht zu
gefährden. Zum Vergleich: Nur 4 Prozent lehnen die
Schutzmaßnahmen komplett ab.

Allerdings ist mehr als jeder Dritte unter 25-Jährige (38


Prozent) nicht bereit, in der Pandemie auf das Feiern zu
verzichten. "Das ist wenig verwunderlich", schreiben
Schnetzer und Hurrelmann mit Blick auf diese
sogenannten Generation Z. Spiele doch das
Miteinander und Feiern in diesem Lebensabschnitt eine
"zentrale entwicklungspsychologische Rolle".

2. Die Jugend hat wenig Angst vor einer


Corona-Infektion

Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts zeigen es:


Besonders schwer trifft das Coronavirus vor allem alte
und sehr alte Menschen. Von bis dato etwa 68.000
Todesfällen waren Stand Dienstag nur 57 jünger als 30
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Jahre alt und 101 im Alter von 30 bis 39. Schwer


an COVID-19 erkranken ebenso vor allem Senioren.

Wohl aus diesen Gründen haben nur etwa ein Viertel


(22 Prozent) der befragten Jugendlichen und jungen
Erwachsen Angst vor einer Infektion, 44 Prozent sind
sich unsicher, 34 Prozent verspürten keine Angst.

Insgesamt zählten sich 11 Prozent der Befragten selbst


zu einer Risikogruppe.

3. Die meisten jungen Leute blicken trotz


Coronakrise optimistisch in die Zukunft

Unter 39-Jährige geben sich mit Blick auf mögliche


wirtschaftliche Folgen "erstaunlich optimistisch",
erklären die Studienautoren. Etwa die Hälfte (53
Prozent) sieht kein großes Risiko, nur 14 Prozent sehen
das nicht so. 33 Prozent sehen zumindest teils Gefahr
für wirtschaftliche Einbußen.

Die Jugendforscher vermuten, dass es den über 25-


Jährigen, der sogenannten Generation Y, besser
gelungen ist, auf die Auswirkungen der Pandemie zu
reagieren. Sie stünden sowohl beruflich als auch
familiär auf einer stabileren Basis.

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Ein weiterer Grund für den gegenwärtigen Optimismus:


Die Pandemie hat das Lebensumfeld junger Menschen
kaum verändert, nur eine Minderheit berichtet von
Verschlechterungen. Etliche spürten demnach sogar
eine Verbesserung der Balance von Arbeit und Freizeit
(21 Prozent, 26 Prozent Verschlechterung) und beim
Verhältnis zur eigenen Familie (17 Prozent, 12 Prozent
Verschlechterung). Die berufliche und schulische sowie
die finanzielle Situation habe sich demnach bei einem
Drittel (29 Prozent) der Befragten verschlechtert. Bei
der Mehrheit sind die Lebensumstände aber gleich
geblieben, bei einem Zehntel sogar besser geworden.

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Abiturientinnen: "Das war die
schlechteste Idee der Politiker"

Dass die Ergebnisse in dem Bereich überwiegend


positiv ausfallen, könnte daran liegen, dass die Umfrage
noch vor beziehungsweise unmittelbar nach Beginn des
zweiten Lockdowns im vergangenen Herbst erstellt
wurde. Nach nunmehr fast vier Monaten verstärkten
Kontaktbeschränkungen und flächendeckenden
Schließung von Schulen, Geschäften und
Dienstleistungsbetrieben könnte die Haltung in einer
aktuellen Umfrage deutlich negativer ausfallen.

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Andere Studien zeichnen zudem auch ein deutlich


schlechteres Bild. Jugendforscher der Universitäten
Hildesheim und Frankfurt stellten in einer eigenen
Studie große Belastungen fest: Knapp 46 Prozent von
rund 7000 im November 2020 befragten 15- bis 30-
Jährigen stimmten der Aussage voll beziehungsweise
eher zu, Angst vor der Zukunft zu haben. "Es gibt ein
hohes Verantwortungsbewusstsein in der Pandemie,
aber auch eine große Frustration darüber, wie das
Leben gerade reduziert ist", sagte die Hildesheimer
Sozialpädagogin Severine Thomas der Deutschen
Presse-Agentur. Im Vergleich zur Studie von Schnetzer
und Hurrelmann waren die Befragten dieser Studie
allerdings jünger, die Mehrheit war im Alter zwischen 15
und 19 Jahren.

Auch Schnetzer und Hurrelmann warnen, dass vor


allem die unter 25-Jährigen unter der Pandemie und
ihren Folgen leiden. Langfristig könnte sich das wegen
schlechterer Startvoraussetzungen negativ auswirken.

"Die Corona-Pandemie trifft diese jungen Leute in einer


empfindlichen Phase des Lebenslaufs, in der sie gerade
dabei sind, ihre Position für die künftige Ausbildung und
die Berufstätigkeit aufzubauen", erklären die
Jugendforscher. Kindern und Jugendlichen fehlten

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neben ihren Freunden, dem Erwerb sozialer


Kompetenzen und dem spielerischen Lernen auch der
geregelte Tagesablauf sowie außerschulische
Aktivitäten, beklagte die Junge Deutsche Gesellschaft
für Kinder- und Jugendmedizin vor Kurzem.

Coronakrise
Kinder und Jugendliche: Psychische
Auffälligkeiten bei jedem Dritten

Fazit

In den vergangenen Monaten gab es immer wieder


Medienberichte – auch von unserer Redaktion – über
sogenannte Corona-Partys junger Leute. Vielfach
wurde der Vorwurf laut, dass diese aufgrund wesentlich
geringerer Risiken die Maßnahmen zur Eindämmung
der Pandemie unterlaufen würden – und so weit
größere Gesellschaftsanteile gefährden.

Die beiden Jugendforscher widersprechen dem, sie


betonen: "Auf die Mehrheit der jungen Generationen Z
und Y trifft deswegen der oft erhobene Vorwurf nicht zu,
sie würden sich unsolidarisch gegenüber den älteren
und durch die Infektion gefährdeteren Gruppen der
Bevölkerung verhalten."

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Nichts desto trotz konnten Schnetzer und Hurrelmann


einige Merkmale von Rücksichtslosen herausarbeiten:
Sie sind eher männlich, leben eher in Kleinstädten und
haben ein eher niedriges Bildungsniveau. Andere
Merkmale wie Beziehungsstatus oder die Religion
hätten hingegen keinen oder nur einen sehr geringen
Einfluss.

Von einer verlorenen Generation Corona zu sprechen,


hält der Jugendpsychiater Marcel Romanos insgesamt
für übertrieben. "Kinder sind grundsätzlich sehr
anpassungsfähig und haben gute
Kompensationsstrategien", ist der Direktor am Zentrum
für Psychische Gesundheit der Kinder- und
Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Würzburg
überzeugt. So könne der Austausch mit Freunden
derzeit über soziale Medien beziehungsweise
Videospiele funktionieren oder der Sport auch allein im
Freien.

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