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50 Architektur 8. November 2020 | sonntagszeitung.

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Umschlossen von einer Blockrandbebauung: Der Neubau der Genossenschaft Wohnstadt liegt am Riehenring in Basel Fotos: Jessenvollenweider

Ein Fenster zum Hof


Wie schafft man in der dichten Stadt zusätzlichen Wohnraum?
Architekt Ingemar Vollenweider zeigt einen überzeugenden Neubau im Basler Wettsteinquartier

Herr Vollenweider, worin liegt Bedingungen des Ortes ab. Die rekt, die Entscheidungswege kurz Seit der Gründung unseres Büros eine Reihe von eigenständigen
das Besondere an dieser Bauherrschaft begleitete das Bau- und transparent. Das gemeinsame setzen wir uns mit anspruchsvollen Wohnungsbauten ein, die wir ins-
Bauaufgabe? projekt eng. Das Ziel war, einen Ziel war immer eine ganzheitliche städtebaulichen Situationen für besondere auch im Wettsteinquar-
In der Situation: Das Grundstück kostengünstigen Wohnungsbau zu Betrachtung und die Entwicklung komplexe Neubauten sowie mit tier bereits realisiert haben. Unter-
in einem ruhigen Hinterhof im realisieren, der den hohen Ansprü- integraler Lösungen. dem Umbau und der Erweiterung schiedliche Orte führten dabei zu
zentral gelegenen Wettsteinquar- chen an eine nachhaltige und ge- Wie gliedert sich das Gebäude von bestehenden Bauten und En- unterschiedlichen Wohnszenarien.
tier ist allseitig umschlossen von brauchsfähige Architektur genügt. in die Reihe der bestehenden sembles auseinander. Die Hofbe- Dabei stellen wir immer wieder
einer Blockrandbebauung aus dem Die Zusammenarbeit war sehr di- Bauten des Büros ein? bauung am Riehenring fügt sich in fest, dass Figur und Geometrie zu Architekt
letzten Jahrhundert. Das Verhält- zentralen Mitteln des Entwurfs Ingemar
nis von Rand und Füllung sowie werden – wie zum Beispiel auch Vollenweider
das Dilemma der neuen Nachbar- beim prägnanten Cluster von Foto: Florian
schaft und der Nähe, gekoppelt mit Wohngebäuden am Schaffhauser- Bärtschinger

einer stückweiten Umkehrung von rheinweg.


öffentlichem und privatem Raum Welches Produkt oder
sind die Themen dieses Ortes und Material hat zum Erfolg
unseres Entwurfs. des vollendeten Bauwerks
Wie hat der Ort auf den Entwurf beigetragen?
eingewirkt? Aus der atmosphärischen Identi-
Die Gebäudefigur entwickelt aus tät des Hinterhofes leitet sich für
der Auseinandersetzung mit der die Fassaden ein Materialkonzept
introvertierten Hoflage eine eigen- ab, das komplementär zu den
ständige Identität. Mit durchge- monolithisch gemauerten und
hend vier Geschossen schreibt sie verputzten Häusern des Block-
dem Blockrand einen inneren Ho- rands den Qualitäten des leichte-
rizont ein, der konsequent unter ren Baustoffs Holz nachspürt. Da-
dessen Traufkanten bleibt. Ihre bei ist das Haus in Hybridbau­
Gebäudearme strecken sich so in weise erstellt. Die Decken und
das dreiecksförmige Grundstück, Treppenhauskerne sowie kurze
dass Situationen des direkten Tragscheiben in der Fassadenebe-
Gegenübers zu den parzellierten ne sind in Stahlbeton ausgeführt.
Häusern des Blockrands vermie- Dies erlaubt im Hof einen spedi-
den werden. Stattdessen entwi- Die Farben Rot und Grün prägen die Hofatmosphäre. Die Wohnungen vermitteln Grosszügigkeit und Vielfalt tiven Betonrohbau. Alle Innen-
ckeln sich aus der abknickenden wände sind gemauert und kom-
Gebäudelinie hofartig eingezoge- binieren eine handwerkliche
ne Aussenräume, auf die sich die Konstruktion mit nachhaltigem
neuen Wohnungen orientieren Zahlen und Fakten Wohnkomfort. Die Fassade als
und die dabei als räumlicher Filter Holzkonstruktion erinnert nicht
zwischen Rand- und Hofbebau- Name des Bauwerks: Genossenschaftswohnen am Veronika Neurohr, Florian Reichling; Realisation 2018– nur an die typische Materialität
ung erlebbar werden. Riehenring 2020: Jan Geldermann (Projektleitung), Stephanie Ko- von Hofeinbauten, sondern nutzt
Inwiefern haben Bauherrschaft, Standort: Riehenring 3, Basel walewsky die Vorteile der Vorfabrikation.
Auftraggeber oder Nutzung: Genossenschaftswohnen Fertigstellung: 2020 Die komplementäre Farbgebung
die späteren Nutzer den Auftragsart: Studienauftrag Gesamtkosten: 15,5 Mio. Franken in Grün- und Rottönen mit weis-
Entwurf beeinflusst? Bauherrschaft: Wohnstadt Bau- und Verwaltungs­ Beteiligte Unternehmer: Baumeister: Knecht Bau- sen Akzenten prägt die neue Hof-
Mit dem Wettbewerbsentscheid genossenschaft, Basel unternehmung AG, Münchenstein; Zimmermann: GGS atmosphäre.
hat sich die Bauherrschaft auf den Architektur: jessenvollenweider architektur ag, Ba- AG, Gelterkinden; Holzelementbau: Hürzeler Holzbau
ersten Blick für ein für Wohnbau- sel; Anna Jessen, Ingemar Vollenweider, Sven Kowa- AG, Magden; Holzfenster: Hasler Fenster AG, Ther- Einmal im Monat präsentiert die
genossenschaften eher ungewöhn- lewsky; Wettbewerb: Lukas Back, Clemens Haupt- wil; Spengler: Scherrer Metec AG, Zürich; Metallbau- Plattform Swiss-Architects.com
liches Projekt entschieden. Seine mann, Philip Heckhausen, Christina Leibundgut, Anna arbeiten: Metallbau Bühler AG, Zwingen; Schreiner- einen ausgewählten Bau. Sie hat
Logik leitet es nicht aus feststehen- M. Leischner, Michael Meier; Planung 2013–2015: arbeiten: Jäggi AG, Arlesheim, Hürzeler Holzbau AG, auch den Fragenkatalog
den Standards, sondern aus den Benedikt Kister (Projektleitung bis 41 Ausschreibung), Magden zusammengestellt.

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