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Sehr wenig bekannt ist über das Leben von Francisco López de Gómara, einem wahrschein-
lich einer vornehmen Familie entstammenden Chronisten, der um 1510 in Sevilla oder
Gómara in Soria geboren wurde und etwa um 1572 auch in einer der beiden Städte gestorben
ist. Nach Studium der Geisteswissenschaften an der Universität von Alcalá in Henares blieb
Gómara dort als Mitglied des Lehrkörpers und besetzte den Lehrstuhl für Rhetorik. Kurze
Zeit später empfing er die Priesterweihe, was ihn offensichtlich veranlasste, die Professur
aufzugeben und nach Rom überzusiedeln. Danach trat er um 1540 in den Dienst des Eroberers
von Mexiko, Hernán Cortés, und war als Sekretär und Hauskaplan tätig. Nach dem Tode von
Cortés im Jahr 1547 verlieren sich auch die Spuren von López de Gómara. Möglicherweise ist
er im Anschluss an kürzere Aufenthalte in Antwerpen und/oder Valladolid in eine der
vermutlichen Heimatstädte Sevilla bzw. Gómara zurückgegangen und dort wahrscheinlich
auch bis zu seinem Lebensende verblieben.
Wohl relativ kurz nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses im Hause Cortés und viel-
leicht angeregt durch Cortés selbst, begann Gómara mit der Abfassung einer Chronik mit dem
Titel: „Historia Vitrix. Primera y segunda parte de la historia general de las Indias, con todo el
descubrimiento y cosas notables que han acaescido dende que se ganaron hasta el año 1551.
Con la conquista de México de la Nueva España“. Diese wurde erstmals 1552 gedruckt und in
den Jahren darauf in mehrere Sprachen übersetzt.
Der erste Teil des zweibändigen Werks ist Karl V. gewidmet und beschreibt allgemein den
amerikanischen Kontinent und die Eroberungen der Antillen, Perus, Chiles und Zentralameri-
kas, gibt aber auch Auskunft über die Reise von Magellan und die Entdeckung der Molukken.
Im zweiten, dem Sohn von Cortés, Martín Cortés, gewidmeten Teil geht es um die Eroberung
Mexikos durch Hernán Cortés und seiner Gefolgsleute.
Jedoch stellte Gómara zu sehr Cortés und dessen Taten in den Vordergrund, was zu einer
fehlerhaften Darstellung der Mexiko-Expeditionen und somit zur Geschichtsverfälschung
führte. Die einseitige Verschönerung rief nicht nur das Missfallen zahlreicher Personen
hervor, sondern führte sogar dazu, dass die Chronik von Philipp II. kurz nach der ersten
Veröffentlichung verboten und deren Druck bis 1727 unter Strafe gestellt wurde.
Da Gómara die Neue Welt nicht bereist hat und demzufolge auch nicht aus eigener Anschau-
ung kannte, musste er aufgrund der Genauigkeit seiner Darstellungen seine Informationen aus
erster oder zumindest aus zweiter Hand bekommen haben. Im Falle von Mexiko lässt sich
vermuten, dass es Cortés selbst war, von dem Gómara sein Wissen bezog. Hinsichtlich der
Gesamtdarstellung im ersten Teil seines Werkes jedoch bediente er sich eigenen Angaben
zufolge an Aussagen von Statthaltern und Konquistadoren wie Andrés de Tapia, Gonzalo de
Umbría und Gonzalo de Almería sowie der Richter Pedro Ruiz de Villegas und Sebastián
Gaboto. Diese von Gómara aufgezeichneten Angaben bezüglich Perus bzw. des westpazi-
fischen Südamerikas beinhalten zwar nicht explizite Hinweise, die auf eine Nutzung von
Spondylus schließen lassen, jedoch könnten allgemeine Beschreibungen durchaus auch
Fertigprodukte aus Spondylus beinhalten. So heißt es über die Einwohner von Chinchama,
einem in Panama gelegenen Ort:
„Ellos visten camisas cortas, que no les cubren sus vergüenzas, y llevan coronas como de
frailes, sino que cortan todo el cabello por delante y por detrás, y dejan crecer los lados.
Llevan asimismo esmeraldas y otras cosas en las narices y orejas, sartales de oro, turquesas,
piedras blancas y coloradas” (López de Gómara 1965, 193).
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Dabei lässt insbesondere der Ausdruck „piedras coloradas” vermuten, dass es sich um
Muschelmaterial aus roter Spondylus gehandelt haben könnte, der zu Schmuck verarbeitet
wurde. Desweiteren könnten auch Ortsnamen, die das Wort „mullu“ beinhalten, ein Indiz für
Nutzung oder Verbreitung von Spondylus sein:
Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich auch um eine fehlerhafte Über-
tragung ins Spanische handeln könnte und nicht „mullu“ sondern vielmehr der unter dem
Namen „molle“ bekannte Baum gemeint ist, zumal in einer weiteren Textstelle ein Ort
namens Mullubamba genannt wird, der zwischen dem Río Marañón und dem Río de la Plata,
also im ostperuanischen Tiefland gelegen ist:
„Había muchos soldados que no tenían hacienda ni qué hacer, y para que no causasen algún
bullicio como los pasados, y también por conquistar y convertir los indios, envió Vaca de
Castro muchos capitanes a diversas partes, como fue a los capitanes Diego de Rojas, Felipe
Gutiérrez, de Madrid, y Nicolás de Heredia, que llevaron mucha gente. Envió a Monroy en
socorro de Valdivia, que estaba muy necesitado en Chile; y también fue a Mullubamba Joan
Pérez de Guevara, tierra comenzada a conquistar y rica en minas de oro, y entre los ríos
Marañón y de la Plata, o por mejor decir, nacen en ella, y crían unos peces del tamaño y
forma de perros, que muerden al hombre” (López de Gómara 1965, 260).
„Se zambulleron a buscar ostiones con sendas talegas y saquillos al cuello, y salieron una y
muchas veces cargados de ellos. Entran cuatro, seis, y hasta diez estados de agua, porque
cuanto mayor es la concha, tanto más hondo anda y está; y si alguna vez suben arriba las
grandes, es cuando hay tormenta, aunque andan de un lado a otro buscando de comer. Pero en
hallando su pasto, se están quietas hasta que se les acaba o sienten que las buscan. Se pegan
tanto a las peñas y suelo, y unas con otras, que es menester mucha fuerza para despegarlas, y
muchas veces no pueden, y otras las dejan, pensando que son piedras. También se ahogan
muchos pescándolas, o porque les falta el aliento forcejeado para arrancarlas, o porque se les
enreda y traba la soguilla, o los desbarrigan y comen peces carniceros que hay, como son los
tiburones. Las talegas que se ponen al cuello son para echar las conchas; las soguillas para
atárselas, echándoselas por la espalda con dos cantos sujetos a ellas por pesga contra la fuerza
del agua, que no los levante y mude” (López de Gómara 1965, 345).
Es kann insofern auch davon ausgegangen werden, dass neben dem Ertauchen von Perl-
austern auch die Gewinnung anderer Mollusken auf diese Weise stattfand, insbesondere von
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„De esta manera pescan las perlas en todas las Indias...” (López de Gómara 1965, 345).
Die Aussagen von der Isla de Perlas stehen auch im Einklang mit Darstellungen von der
nordperuanischen Küste. Von dort stammen zahlreiche Darstellungen aus der späten
Zwischenzeit, in denen Szenen von Muscheltauchern in der von Gómara beschriebenen Art
abgebildet sind.
Abb. 3.2.: Ohrpflock mit Tauchszene Abb. 3.3.: Ohrpflock mit Tauchszene
(Aus: Cordy-Collins 1990, 398, Fig. 2) (aus: Cordy-Collins 1990, 400, Fig. 6; um 180°
gedreht)
Auf der in Abb. 3.2 wiedergegebenen Tauchszene erscheint ein mit zwei Personen besetztes
Boot, das lt. Cordy-Collins aus Balken des leichten Balsaholzes konstruiert ist (Cordy-Collins
1990, 397), jedoch in seiner Form an die Binsenboote (caballitos de totora) der peruanischen
Nordküste erinnert. Zur Ausstattung gehört eine balkengetragene Konstruktion, die ein Segel
bedeuten oder als Dach zum Schutz gegen die Sonne angesehen werden kann. Auf dieser
Konstruktion sitzen zu beiden Seiten Meeresvögel, möglicherweise Pelikane. Die beiden
Männer auf dem Boot halten in ihren Händen jeweils eine Leine, die um die Hüfte zweier
weiterer Personen unter dem Boot gebunden ist. Die Position der beiden Männer unter dem
Boot und ihre ausgestreckte Haltung lassen darauf schließen, dass sie unter der Wasserober-
fläche schwimmen bzw. tauchen. Ebenso für einen Tauchvorgang sprechen die am Gürtel
einer jeden Person befestigten Gegenstände, die als Tauchgewichte identifiziert werden und in
ähnlicher Form aus archäologischen Kontexten bekannt sind (Marcos & Norton 1981, 148).
Zu welchem Zweck die beiden Personen tauchen, lässt sich anhand der Darstellung ebenfalls
nachvollziehen: Jeder der beiden Taucher hält in seinen Händen eine Spondylusmuschel, die
wahrscheinlich vom Meeresboden aufgesammelt werden und entlang der Leine zu den beiden
Männern auf dem Boot gelangen.
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Einen ähnlichen Vorgang zeigen die in Abb. 3.3. dargestellten Goldbleche aus dem Brüning-
Museum in Lambayeque, „die einander so genau entsprechen, als ob sie aus zwei übereinan-
der gelegten Goldblechen gleichzeitig herausgestanzt wären“ (Antze 1930, 34). Sie zeigen
wiederum zwei Personen auf einem Boot und eine Spondylusmuschel in ihrer Mitte. Das Boot
besitzt in diesem Beispiel jedoch nicht die Form eines Binsenbootes, sondern erinnert eher an
ein Balkenfloß aus Balsaholz. Unter dem Boot befinden sich zwei Taucher, die von oben
jeweils durch eine an der Hüfte befestigte Leine gesichert werden. Im Unterschied zu Abb.
3.2. halten die beiden Taucher Objekte in den Händen, die von Schaedel als Strombus-
schnecken angesehen werden (Schaedel 1990, 338). Jedoch deutet ein Fund aus dem Moche-
Tal darauf hin, dass es sich möglicherweise eher um ein spatenähnliches Werkzeug zum
Ablösen der Muscheln vom steinigen Untergrund handelt. Zusammen mit zahlreichen
Spondylusartefakten wurde dort von Max Uhle ein in Form und Größe ähnliches Gerät auf
dem Gipfel des Cerro Blanco ausgegraben, bislang aber nicht hinlänglich publiziert (Cordy-
Collins 1990, 400, Fig. 5).
Als Hinweis für die Annahme eines Werkzeugs mag auch gelten, dass Austernsammler im
inneren Ästuargebiet des Río Guayas heutzutage noch ein kleines Beil oder eine alte Mache-
tenklinge mitnehmen, um die meist an Mangrovewurzeln sitzenden Muscheln abzuschlagen.
Bei rezenten Tauchern hingegen hat sich mittlerweile das Mitführen einspitziger eiserner
Spieße durchgesetzt, mit denen gleichzeitig Langusten gejagt werden (Thyssen & Volland
1990, 104).
Taucher, an der Vorderseite der Leine, wiederum die einem Faustkeil ähnlichen und als
Tauchgewichte identifizierten Gegenstände befestigt.
Zu den genannten Beispielen über die Gewinnung von Spondylus durch Taucher lassen sich
zahlreiche weitere Darstellungen anführen, bei denen es sich überwiegend um Metallobjekte
aus Gold, Silber oder Bronze (u.a. Antze 1930, 53, Fig. 9) handelt, es kommen aber auch
Textilien (u.a. Schmidt 1910, 38, Fig. 22), Holz (Lavallée & Lumbreras 1986, 289, Abb. 259)
und Lehmfriese (z.B. Pillsbury 1993, 423, Fig. 53) als Materialien vor. Insofern kann anhand
ikonografischer Kontexte die Richtigkeit der Aussage Gómaras bestätigt werden, dass die
Gewinnung von in tieferen Gewässern lebenden Muscheln, wie Perl- und Stachelaustern
durch das schwierige und gefährliche Ertauchen erfolgte.