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Atemnot und Husten


bei Palliativpatienten 3
Punkte
Claudia Bausewein, Steffen T. Simon
cme
ZUSAMMENFASSUNG ei fortgeschrittenen malignen und nichtmalignen Teilnahme nur im

Hintergrund: Atemnot und Husten sind häufige belastende


B Erkrankungen sind Atemnot und Husten häufige
respiratorische Symptome (1–3). Diese können für Pa-
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
Symptome bei Palliativpatienten. Sie treten bei 10–70 %
tienten und ihre Angehörigen sehr belastend sein.
bei fortgeschrittenen malignen und bei 60 bis nahezu
Im Lauf ihrer Erkrankung leiden unter Atemnot (4):
100 % – in Abhängigkeit von der Grunderkrankung – bei
nichtmalignen Erkrankungen auf.
● 10–70 % der Patienten mit Tumorerkrankungen
● 60–95 % der Patienten mit kardiorespiratorischen
Methode: Selektive Literaturrecherche in Medline, Embase Erkrankungen wie chronischer Herzinsuffizienz
und PsycInfo unter Berücksichtigung nationaler und inter- oder chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung
nationaler Empfehlungen sowie eigener Erfahrungen. (COPD).
Ergebnisse: Allgemeinmaßnahmen umfassen Beruhigung, ● nahezu alle Patienten mit amyotropher Lateral-
Erstellung eines Notfallplans, körperliche Aktivität und sklerose (ALS).
Entspannungsübungen. Unterstützende nichtpharmakolo- Atemnot wird auch als der Schmerz der nichtmali-
gische Maßnahmen können die Nutzung eines Rollators gnen Erkrankungen bezeichnet. Häufigkeit und Schwe-
(Evidenzgrad 1−), ein kühler Luftzug, beispielsweise durch re von Atemnot nehmen in der Endphase einer Erkran-
einen Handventilator (Evidenzgrad 1−), oder Physio- und kung zu (5). Die American Thoracic Society definiert
Atemtherapie sein. Opioide sind die Medikamente der Atemnot als eine subjektive Erfahrung von Atembe-
Wahl mit guter Evidenz (Evidenzgrad 1+), Benzodiazepine schwerden, bestehend aus qualitativ unterschiedlichen
werden häufig verwendet, zeigten in einer Metaanalyse Empfindungen mit wechselnder Intensität. Dieses Erle-
aber keine statistisch signifikante Wirksamkeit (Evidenz- ben resultiert aus Interaktionen zwischen verschiede-
grad 1+). Bei Husten mit ausgeprägter Schleimbildung nen physiologischen, psychologischen, sozialen und
helfen Protussiva zur Schleimlösung. Antitussiva unterdrü- Umweltfaktoren und ist in der Lage, physiologische
cken den Hustenreflex peripher und zentral (Evidenzgrad Reaktionen und Verhaltensreaktionen hervorzurufen
1+ bis 3). Zentral wirksam sind Opioide, Morphin (Evidenz- (2). Ist Atemnot trotz optimaler Therapie der Grunder-
grad 1−), sowie Dextrometorphan (Evidenzgrad 1−) mit krankung (zum Beispiel Chemotherapie bei Lungen-
guter antitussiver Wirkung und geringer Toxizität. krebs, Antiobstruktiva bei COPD) vorhanden, wird sie
Schlussfolgerung: Durch eine Reihe von therapeutischen als „refraktär“ bezeichnet und macht eine symptomati-
Maßnahmen können Atemnot und Husten bei den meisten sche Behandlung notwendig. In einer Studie mit 168
Patienten gut gelindert werden. Tumorpatienten, die eine mittlere Überlebenszeit von
etwa drei Wochen hatten, war Atemnot einer von sie-
►Zitierweise
ben Faktoren, die verbunden waren mit einem geringe-
Bausewein C, Simon ST: Shortness of breath and cough
ren Willen zu leben (6). Bei Patienten mit fortgeschrit-
in patients in palliative care. Dtsch Arztebl Int 2013;
tenen Erkrankungen und einer Überlebenszeit von we-
110(33–34): 563–72. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0563
niger als sechs Monaten war Atemnot in 10 von 22
identifizierten Studien ein Indikator für eine kürzere
Überlebenszeit (7). Tumorpatienten, die wegen Atem-
not in einer Notaufnahme vorstellig wurden, hatten ei-
ne mediane Überlebenszeit von zwölf Wochen (8). Tu-
morpatienten berichten von einem raschen Beginn der

Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, Klinikum der Universität München:


Prof. Dr. med. Claudia Bausewein PhD MSc;
Zentrum für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Köln: Dr. med. Simon MSc Definition
Atemnot ist eine subjektive Erfahrung,
bestehend aus qualitativ unterschiedlichen
Empfindungen mit wechselnder Intensität.

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KASTEN länger dauert als die Attacken selbst. Eine Reihe von
Triggern wie körperliche (Gehen, Treppensteigen) und
emotionale (Angst, Panik, Ärger) Belastung, Umwelt-
Schema der Evidenzgraduierung faktoren (Staub, Temperatur) und Komorbiditäten (In-
nach SIGN* fektion) sind für Atemnotattacken beschrieben (12).
● 1++ Qualitativ hochwertige Metaanalysen, systemati- Atemnot ist ein multifaktorielles Symptom, das nach
sche Übersichten von randomisierten kontrollierten wie vor unzureichend verstanden wird. Neuere Unter-
Studien (RCTs), oder RCTs mit sehr geringem Risi- suchungen zeigen in der Wahrnehmung von Atemnot
ko systematischer Fehler (Bias). eine enge Beziehung zum limbischen System, was die
starke emotionale Beeinflussung unterstreicht (2).
● 1+ Gut durchgeführte Metaanalysen, systematische Husten ist bei über 65 % der Patienten mit Lungen-
Übersichten von RCTs, oder RCTs mit geringem karzinom das präsentierende Symptom (13). Bei fort-
Risiko systematischer Fehler (Bias). geschrittenen Tumorerkrankungen leiden etwa 38 %
● 1– Metaanalysen, systematische Übersichten von der Patienten unter Husten. Wie Schmerzen hat Hus-
RCTs, oder RCTs mit hohem Risiko systematischer ten zunächst einen protektiven Effekt, um Schleim
Fehler (Bias). und Fremdkörper aus dem oberen Tracheo-Bronchial-
● 2++ Qualitativ hochwertige systematische Übersichten baum zu entfernen (3). Chronischer Husten ist körper-
von Fall-Kontroll- oder Kohortenstudien oder quali- lich erschöpfend, führt zu gestörten sozialen Bezie-
tativ hochwertige Fall-Kontroll- oder Kohortenstu- hungen und verstärkt andere Symptome wie Schmer-
dien mit sehr niedrigem Risiko systematischer Ver- zen, Atemnot, Inkontinenz oder Schlaflosigkeit und
zerrungen (Confounding, Bias) und hoher Wahr- kann zu Rippenfrakturen führen (3, 14).
scheinlichkeit, dass die Beziehung ursächlich ist.
Lernziele
● 2+ Gut durchgeführte Fall-Kontroll-Studien oder Ko- Lernziele dieses Beitrags sind es den Leser vertraut
hortenstudien mit niedrigem Risiko systematischer zu machen mit:
Verzerrungen (Confounding, Bias) und moderater ● der Notwendigkeit der standardisierten Ein-
Wahrscheinlichkeit, dass die Beziehung ursächlich schätzung von Atemnot und Husten bei fortge-
ist. schrittenen Erkrankungen
● 2– Fall-Kontroll-Studien oder Kohortenstudien mit ei- ● den nichtpharmakologischen Behandlungsmög-
nem hohen Risiko systematischer Verzerrungen lichkeiten von Atemnot und Husten
(Confounding, Bias) und signifikantem Risiko, dass ● den wichtigsten Medikamenten für die Therapie
die Beziehung nicht ursächlich ist. von Atemnot und Husten
●3 Nichtanalytische Studien, zum Beispiel Fallberichte,
● der Rolle von Sauerstoff bei der der Behandlung
von Atemnot und dem kritischen Einsatz.
Fallserien
●4 Expertenmeinung Methode
Es wurde eine selektive Literaturrecherche in Med-
*Scottish Intercollegiate Guidelines Network line (1966 bis Dezember 2012), Embase (1980 bis
Dezember 2012) und PsycInfo (1980 bis Dezember
2012) durchgeführt mit den Schlüsselwörtern dys-
pnea, cough, cancer, COPD, chronic heart failure,
Atemnot ohne Warnzeichen und dass Atemnot mehr motor neurone disease. Außerdem wurden nationale
Unsicherheit bringt als Schmerz (10). Etwa 80 % der und internationaler Empfehlungen wie auch eigene
Patienten, die unter Atemnot leiden, beschreiben Atem- Erfahrungen berücksichtigt.
notattacken, vor allem unter Belastung, die von kurzer Eingeschlossen wurden Studien, die die sympto-
Dauer (häufig weniger als zehn Minuten) sind und als matische Therapie von refraktärer Atemnot und Hus-
bedrohlich empfunden werden (11). Patienten sollten ten bei Patienten mit fortgeschrittenen malignen und
eher zu Selbstmanagement-Strategien angehalten wer- nichtmalignen Erkrankungen (zum Beispiel chronisch
den, weil der Wirkeintritt von Medikamenten häufig obstrukive Lungenerkrankung, chronische Herzinsuf-

Empfinden der Atemnot Mögliche Trigger


Dieses Erleben der Atemnot resultiert aus Interaktio- Eine Reihe von Triggern wie körperliche (Gehen,
nen zwischen vielen verschiedenen physiologischen, Treppensteigen) und emotionale (Angst, Panik,
psychologischen, sozialen und Umwelt-Faktoren, Ärger) Belastung, Umweltfaktoren (Staub,
und kann wiederum physiologische Reaktionen und Temperatur) und Komorbiditäten (Infektion) sind
Verhaltensreaktionen hervorzurufen. für Atemnotattacken beschrieben.

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fizienz, ALS, Lungenfibrose) beschreiben. Unter re- Ursachen von Atemnot und Husten
fraktärer Atemnot ist das Fortbestehen von Atemnot Beide Symptome haben vielfältige, zum größten Teil
trotz optimaler Therapie der zugrunde liegenden Ur- dieselben Ursachen. Bei Tumorerkrankungen kann
sachen gemeint. Atemnot und Husten durch Kompression der großen
Das Evidenzlevel der einzelnen Therapieoptionen Luftwege, Lungenmetastasen oder Pleuraergüsse ent-
wird entsprechend dem Schema der Gradierung der stehen. Aber auch Kachexie und Schwäche der respira-
Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN) torischen Muskulatur, Infektionen oder Lungenembo-
angegeben (www.sign.ac.uk/guidelines/fulltext/50/ lien können Atemnot als Folge haben. Bei COPD und
annexb.html) (Kasten). anderen chronischen Lungenerkrankungen sind Atem-
not und Husten Leitsymptome der Erkrankung, genau-
Einschätzung von Atemnot und Husten so wie bei einer höhergradigen Herzinsuffizienz. Nahe-
Bei jedem Patienten mit Atemnot und/oder Husten zu alle Patienten mit amytropher Lateralsklerose leiden
sollte die Anamnese Fragen zu Intensität und Qualität, im Endstadium ihrer Erkrankung an ausgeprägter
zeitlichem Beginn, Häufigkeit und Verlauf, auslösen- Atemnot.
den, verstärkenden beziehungsweise lindernden Fak- Entscheidend ist zu klären, welche der vermuteten
toren und begleitenden Symptomen sowie psy- Ursachen für Atemnot und Husten reversibel sind und
chischer Belastung durch das Symptom beinhalten. ob alle kausalen Therapieoptionen ausgeschöpft sind.
Fragen zur Belastung der Angehörigen sind wichtig Darüber hinaus spielen besonders bei Atemnot Ge-
und werden häufig nicht gestellt. fühle von Angst, Einsamkeit, Anspannung, und trauri-
Sowohl Atemnot als auch Husten sind rein subjek- ger Verstimmung eine wichtige und oft verstärkende
tive Empfindungen. Daher zählt letztendlich allein die Rolle.
Selbsteinschätzung des Patienten. Ähnlich wie bei
Schmerzen sollten daher die Schwere und Intensität Therapie der refraktären Atemnot
der beiden Symptome regelmäßig eruiert werden, um Atemnot ist ein komplexes Symptom, daher reicht eine
die Belastung für den Patienten und den Therapieer- Therapiemaßnahme allein selten für eine befriedigende
folg zu evaluieren. Hier hat sich zum Beispiel eine Linderung aus. Häufig ist eine Kombination aus Allge-
numerische Rating-Skala (NRS) von 0–10 bewährt meinmaßnahmen, nichtmedikamentösen und medika-
(0 = keine Atemnot/Husten, 10 = stärkste vorstellbare mentösen Interventionen notwendig. Besonders nicht-
Atemnot/Husten). Objektive Parameter, wie bei- medikamentöse Maßnahmen fördern Eigeninitiative
spielsweise Atemfrequenz, Sauerstoffgehalt des Blu- und Selbstkontrolle des Patienten, die die Selbststän-
tes oder Lungenfunktionsparameter korrelieren nur digkeit und Lebensqualität steigern.
mäßig mit dem subjektiven Atemnotempfinden des Alle angesprochenen Therapiemaßnahmen sollten
Patienten. Bei Husten sollte außerdem zwischen pro- immer nach oder parallel zur ursächlichen Therapie der
duktivem und nichtproduktivem Husten unterschie- Atemnot erfolgen, besonders aber wenn Atemnot trotz
den werden. Bei Angabe von produktivem Husten Therapie der auslösenden Faktoren weiter besteht.
sollte nach Art, Farbe und Menge des Schleims ge-
fragt werden. Allgemeinmaßnahmen
Neben der ausführlichen Anamnese und klinischen Es braucht verschiedene Ansatzpunkte, damit Atemnot
Untersuchung (vor allem Auskultation und Perkussi- effektiv gelindert werden kann und der Patienten in
on der Lunge) können eine Röntgenaufnahme der seinem Umgang mit Atemnot unterstützt wird. Es ist
Lunge, Sonographie von Abdomen und Pleuraspalt, wichtig, den Patienten zu befähigen mit seiner Atem-
sowie eine Messung der arterielle Sauerstoffsättigung not umzugehen und ihm Möglichkeiten aufzuzeigen,
(SaO2) des Blutes indiziert sein, um mögliche reversi- wie er Kontrolle über die Situationen in Atemnot er-
ble Ursachen von beiden Symptomen zu identifizie- langt. Dazu gehört zunächst, den Erfahrungen des Pa-
ren. Allerdings korrelieren Lungenfunktion und das tienten (und der Angehörigen) zuzuhören und einen
subjektive Empfinden der Patienten nur mäßig, so „Atemnotplan“ mit entsprechenden medikamentösen
dass aus den Ergebnissen dieser Untersuchungen kei- und nichtmedikamentösen Maßnahmen zu erstellen,
ne Rückschlüsse auf das Empfinden von Atemnot ge- damit der Patient und seine Angehörigen genau wis-
zogen werden können. sen, was sie tun können, wenn es zur akuten Atemnot

Die Anamnese sollte beinhalten: Allgemeinmaßnahmen


Fragen zu Intensität und Qualität, zeitlichem Beruhigung, Information und ein Notfallplan
Beginn, Häufigkeit und Verlauf, auslösende, fördern Eigeninitiative und Selbstkontrolle von
verstärkende bzw. lindernde Faktoren und Patienten und ihren Angehörigen.
begleitenden Symptomen, sowie psychische
Belastung von Patienten und Angehörigen.

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kommt (15). Der behandelnde Arzt sollte sowohl den techniken zeigen, die der Patient zu Hause selbst durch-
Patienten als auch die Angehörigen über Folgendes in- führen kann und so wiederum den aktiven Umgang mit
formieren: der Atemnot fördert. Zusätzliche Entspannungsübun-
● Anpassung des Tagesrhythmus mit einem guten gen haben einen positiven Einfluss auf die Angst- und
Verhältnis zwischen Aktivität und Pausen Panikkomponente, und jedem Patienten mit Atemnot
● Optimierung des Energiekonsums während Akti- sollten Angebote gemacht werden, diese zu erlernen
vitäten (Gehen, Treppensteigen). (18). Entspannungsübungen, die der Patient selbst an-
Aber auch Rituale, die der Patient für den Fall einer wenden kann, sind vor allem für akute Notfallsituatio-
Atemnotattacke einübt, können hilfreich sein. nen ein wesentlicher und effektiver Bestandteil der Be-
Beruhigende Maßnahmen sind ein wesentlicher Be- handlung und können die Lebensqualität von Patienten
standteil der Behandlung bei Atemnot, die immer auch und ihren Angehörigen verbessern.
eine emotionale Komponente besitzt (2) und vor allem Eine bisher wenig bekannte Therapieoption ist
durch Angst oder Panik deutlich verschlimmert wird die neuromuskuläre elektrische Stimulation (NMES)
(2). Dazu gehören die beruhigende Anwesenheit von der Beinmuskulatur, die in drei randomisiert kontrol-
Bezugspersonen in akuten Atemnotsituationen. Viele lierten Studien bei COPD-Patienten jeweils eine signi-
Patienten fürchten, an einer akuten Atemnotattacke zu fikante Atemnotlinderung gezeigt hat (Evidenzgrad 1+)
ersticken und zu sterben. Dies ist tatsächlich aber sehr (19–21). Die Stimulation führt zu einem verbesserten
selten der Fall. Allein die Rückversicherung, dass eine Muskelaufbau, der wiederum zu einer Linderung der
Atemnotattacke wieder zu Ende geht und normales At- Atemnot führt. Diese Therapiemaßnahme kann vor al-
men möglich ist, reduziert die Angst und verbessert den lem bei Patienten eingesetzt werden, die nicht mehr ak-
Umgang des Patienten mit seiner Atemnot. tiv an Bewegungsübungen teilnehmen können. Eine
Der Patient sollte unbedingt ermuntert werden, kör- Wirkung tritt allerdings erst nach etwa vier bis sechs
perlich aktiv zu bleiben und sich zu bewegen, um einer Wochen mit regelmäßiger Anwendung ein (3–5 × pro
zunehmenden Dekonditionierung und Fatigue entge- Woche für je 15–30 Minuten).
genzuwirken.
Medikamentöse Interventionen
Nichtmedikamentöse Therapie der Atemnot Opioide
Eine Reihe von nichtmedikamentösen Maßnahmen ste- Die Substanzgruppe mit der besten Evidenz bei der
hen dem Patienten zur Verfügung, für einige dieser symptomatischen Behandlung der refraktären Atemnot
Maßnahmen liegt auch gute Evidenz vor (16). sind Opioide (Evidenzgrad 1+) (22). Dies wurde in ei-
Ventilatoren erzeugen einen Luftzug, der, gerichtet nem Cochrane Review bereits vor zehn Jahren darge-
auf den Nasen- und zentralen Gesichtsbereich bei vie- stellt, der in einer Metaanalyse von neun Studien einen
len Patienten zu einer Linderung von Atemnot führt. kleinen, aber statistisch signifikanten Effekt für orale
Hierbei können Tisch- oder Standventilatoren verwen- und parenterale Opioide zeigte (22). Eine randomisier-
det werden. Auch für kleine Handventilatoren, die kos- te Cross-over-doppelblinde Studie, die bei 48 Patien-
tengünstig in der Anschaffung und mobil zu transpor- ten mit unterschiedlichen fortgeschrittenen Erkran-
tieren sind, gibt es gute Evidenz (Evidenzgrad 1−) kungen (43 % COPD) einen statistisch signifikanten
durch eine randomisierte Studie (17). Vermutlich wer- Effekt in der morgendlichen und abendlichen Atemnot
den durch den Luftzug Trigeminusrezeptoren aktiviert, zeigte, untermauerte die Aussage des Cochrane Re-
die durch eine zentrale Verschaltung zu zentralen view noch einmal (22, 23). Trotzdem scheuen viele
Strukturen eine Linderung der Atemnot bewirken. Der Ärzte den Einsatz von Opioiden bei Palliativpatienten,
Einsatz eines Rollators oder anderer Gehhilfen führt weil sie das Auftreten einer Atemdepression fürchten.
nicht nur zu einer Verlängerung der Gehstrecke, son- Dabei sprechen sich mittlerweile die Therapieempfeh-
dern gleichzeitig zu weniger Atemnot, vermutlich lungen unterschiedlichster Fachgesellschaften eindeu-
durch eine Entlastung der Atemhilfsmuskulatur durch tig für den Einsatz von Opioiden zur Therapie der
Stabilisierung der oberen Thoraxapertur (Evidenzgrad Atemnot aus (2). Nicht nur bei Tumorerkrankungen,
1−) (16). sondern auch bei Patienten mit COPD und chronischer
Physio- oder Atemtherapeuten können dem Patien- Herzinsuffizienz konnten kontrollierte, randomisierte,
ten wertvolle Übungen, Positionen und Atemkontroll- prospektive Studien (RCTs) eine deutliche sowohl sta-

Nichtmedikamentöse Therapie der Atemnot Neuromuskuläre elektrische Stimulation


Hand- und Tischventilatoren erzeugen einen Eine bisher wenig bekannte Therapieoption ist die
Luftzug, der, gerichtet auf den Nasen- und neuromuskuläre elektrische Stimulation (NMES) der
zentralen Gesichtsbereich, zur Linderung von Beinmuskulatur. In drei randomisiert kontrollierten
Atemnot führt. Die Nutzung eines Rollators führt Studien zeigte sie bei COPD-Patienten jeweils eine
auch zu weniger Atemnot. signifikante Atemnotlinderung.

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GRAFIK Algorithmus des


therapeutischen
Vorgehens
 
 bei Patienten
mit Atemnot.
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Mit freundlicher
Genehmigung des
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 Springer Verlags,
Wien.

  
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tistisch als auch klinisch signifikante Wirkung von Benzodiazepine – Benzodiazepine (zum Beispiel
oralen und parenteralen Opioiden nachweisen (22, 23). Lorazepam, Midazolam) werden zur Therapie der
In keiner Studie konnte eine Atemdepression festge- Atemnot bei fortgeschrittenen Erkrankungen seit lan-
stellt werden. Bei sachgemäßer Anwendung ist eine gem in der klinischen Praxis eingesetzt und von vie-
klinisch signifikante Atemdepression also nicht zu er- len Therapierichtlinien empfohlen. Allerdings konnte
warten. Eine opioidbedingte Reduktion der Atem- in einer systematischen Literaturübersicht und Metaa-
frequenz bei häufig mit Atemnot assoziierter Tachy- nalyse keine statistisch signifikante Wirksamkeit
pnoe auf eine physiologische Atemfrequenz ist aus- nachgewiesen werden, auch wenn sich eine Tendenz
drücklich erwünscht und führt zu einer Ökonomisie- zu einer Linderung zeigt (Evidenzgrad 1+) (27). Eine
rung der Atmung und in der Folge zu einer besseren mögliche Erklärung könnte sein, dass Benzodiazepine
Sauerstoffsättigung des Blutes. weniger die Atemnotintensität verringern (wonach in
Die Wirksamkeit und Sicherheit der neuen „schnel- den Studien gefragt wurde), sondern vielmehr das Co-
len Fentanyle“ (buccal, nasal und sublinguale Fentanyl- ping (Umgang mit Atemnot) verbessern. Ein weiterer
Zusatzmedikationen), für die gute Evidenz bei kritischer Punkt ist, dass Benzodiazepine bei länger-
Schmerzattacken vorliegt, werden derzeit im Rahmen fristiger Gabe aufgrund der Muskelrelaxation zu einer
von klinischen Studien auch für die Linderung von potenziellen Verschlechterung der Atemsituation füh-
Atemnotattacken geprüft. Eine systematische Über- ren können. Andererseits besteht klinisch ein enger
sichtsarbeit zeigte, dass von 13 untersuchten Studien Zusammenhang zwischen Atemnot und Angst, wobei
nur zwei randomisiert kontrollierte Studien vorlagen, sich nach einer Behandlung der Angst häufig auch die
von denen eine nur zwei Patienten einschloss (24). Die Atemnot verbessert. Das wird auch durch die gute
andere randomisierte Pilotstudie konnte keinen statis- Wirksamkeit von Entspannungsverfahren zur Be-
tisch signifikanten Unterschied zwischen Fentanyl und handlung von Atemnotattacken bestätigt. Viele Pa-
Placebo zeigen (25). tienten sprechen dieses sich verstärkende Miteinander
Aus klinischer Sicht sind für die Opioidtherapie der von Atemnot und Angst oft selbst an. Es kann daher
Atemnot folgende Aspekte wichtig: sinnvoll sein, den Teufelskreis zwischen Angst und
● Die zur Linderung der Atemnot notwendigen Atemnot durch die gleichzeitige medikamentöse In-
Opioiddosierungen sind niedriger als in der tervention gegen die Atemnot durch Opioide und ge-
Schmerztherapie. Die üblichen Anfangsdosierun- gen die Angst durch Benzodiazepine zu durchbre-
gen liegen bei 2,5 mg Morphin alle vier Stunden chen.
bei Tumorpatienten und manchmal sogar nur Steroide – Häufig werden Steroide wie Dexametha-
1 mg alle vier Stunden bei Nichttumorpatienten. son bei Tumorpatienten mit Atemnot eingesetzt, vor
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass mehr alllem, wenn ein Tumorprogress mit den entsprechen-
als 60 % der Patienten mit einer 24-Stunden-Do- den geweblichen Veränderungen (Pleura, Interstitium
sis von 30 mg eine gute Linderung der Atemnot oder Luftwege) angenommen wird, insbesondere bei
hatten (26). der Lymphangiosis carcinomatosa (28). Es liegen der-
● Viele Patienten haben große Sorge vor der Opio- zeit keine randomisierten Studien bei Patienten mit ei-
id-Einnahme, weil sie eine nicht akzeptable Se- ner Tumorerkrankung vor, so dass über die Wirksam-
dierung erwarten. Dies sollte vor Einleitung der keit von Steroiden bei Patienten mit fortgeschrittenen
Opioidtherapie aktiv angesprochen und der Pa- Erkrankungen keine Aussage möglich ist.
tient rückversichert werden, dass dies bei den Antidepressiva – Für die Gabe von Antidepressiva
niedrigen Dosierungen nicht zu erwarten ist. zur Behandlung der Atemnot gibt es bisher nur sehr ge-
● Bei Atemnotattacken (zum Beispiel bei Belas- ringe Evidenz (Evidenzgrad 3), überwiegend aus einer
tung), die häufig nach 10 Minuten selbstlimitie- Fallserie mit Sertralin, in der bei sieben COPD-Patien-
rend sind, sollte das Opioid, wenn möglich vor ten eine Besserung der Atemnot beschrieben wurde
der (zu erwartenden) Belastung gegeben bezie- (29). (Selektive) Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
hungsweise nichtmedikamentöse Maßnahmen ge- (SSRI) führen möglicherweise durch eine direkte sero-
wählt werden. Die aktuelle Evidenzlage erlaubt tonerge Modulation der Respiration in der Medulla
derzeit noch keine Empfehlung der schnell wirk- und/oder der kortikalen Wahrnehmung zu einer poten-
samen nasalen Fentanylpräparate. ziellen Reduktion der subjektiven Empfindung von

Opioide Antidepressiva
Sie sind die Medikamente der Wahl bei sonst Für die Gabe von Antidepressiva zur Behandlung
therapierefraktärer Atemnot. Eine Atemdepression der Atemnot gibt es bisher nur sehr geringe Evi-
ist in keiner Studie beobachtet worden. Die denz.
notwendigen Dosierungen liegen deutlich unter
denen in der Schmerztherapie.

568 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 33–34 | 19. August 2013
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Atemnot, auch bei fehlender Angst und Depression Protussiva


(29). Auch wenn die Evidenzlage derzeit nicht aus- Bei ausgeprägter Schleimbildung können Protussiva
reicht, um Antidepressiva routinemäßig zur Therapie hilfreich sein, um den zähen Schleim zu verflüssigen,
bei Atemnot zu empfehlen, sollte bei diesen Patienten zu lösen und den Auswurf zu fördern. Hier stehen ne-
Angst und Depression immer mit evaluiert und entspre- ben vernebelter Kochsalzlösung und reizlindernden
chend behandelt werden. Mitteln, wie zum Beispiel Thymian-Hustensaft, als
Sauerstoff – In der Langzeittherapie der COPD und einfachste Maßnahmen, Acetylcystein oder Ambro-
bei Patienten mit ausgeprägter Hypoxämie kann die xolhydrochlorid zur Verfügung. Ein wesentlicher
Applikation von Sauerstoff eine sinnvolle Behand- Faktor für die mögliche Wirksamkeit von Protussiva
lungsoption darstellen. Allerdings wird die Indikation kann die zusätzliche Flüssigkeitszufuhr sein, beson-
zur Sauerstoffapplikation insgesamt noch zu häufig ders wenn Patienten exsikkiert sind. Protussiva sollen
und zu unkritisch gestellt. Eine große internationale allerdings bei Patienten mit neuromuskulären Erkran-
multizentrische Studie zeigte, dass es bei nichthypoxi- kungen (beispielsweise ALS) nur zurückhaltend ein-
schen Patienten keinen Vorteil von Sauerstoff im Ver- gesetzt werden, weil viele Patienten den verflüssigten
gleich zu Raumluft bei refraktärer Atemnot gibt (Evi- Schleim nicht mehr abhusten können.
denzgrad 1+) (30).
Die Indikation sollte nach strengen Kriterien erfol- Antitussiva
gen, weil die Sauerstoffgabe auch Nebenwirkungen hat Antitussiva unterdrücken den Hustenreflex peripher
wie zum Beispiel: und zentral. Zu den zentral wirksamen Antitussiva
● Austrocknung der Schleimhäute zählen Opioide und hier vor allem Codein und Mor-
● Bewegungseinschränkung phin, die am µ-Rezeptor ansetzen und das Hustenzen-
● unnötige Hospitalisierung. trum im Hirnstamm unterdrücken. Allerdings wurde
Die Autoren der randomisierten kontrollierten Stu- die Vorreiterrolle von Codein in Frage gestellt (31),
die empfehlen daher, weniger belastende Maßnahmen unter anderem, weil zwei randomisierte Studien kei-
zu versuchen und wenn überhaupt, Sauerstoff individu- nen Vorteil gegenüber Placebo zeigten (Evidenzgrad
ell bei jedem Patienten zu testen (30). 1+) (32, 33). Für Morphin konnte in einer kleinen
Außerdem regen die Autoren an, einfachere Maß- randomisiert-kontrollierten Studie eine positiver Ef-
nahmen wie Ventilatoren zuerst einzusetzen. fekt gegenüber Placebo gezeigt werden (Evidenzgrad
1−) (34). Dextrometorphan ist ein weiterer Opioidab-
Therapie der Atemnot in der Sterbephase kömmling mit guter antitussiver Wirkung (Evidenz-
Die Behandlung der Atemnot in der Sterbephase erfolgt grad 1−) und geringer Toxizität, der wegen seiner zu-
überwiegend medikamentös. Opioide und Benzodiaze- sätzlichen N-Methyl-D-Aspartat- (NMDA-)Rezep-
pine werden häufig in Kombination gegeben. Wenn der torwirkung auch in der Schmerztherapie eingesetzt
Patient die Medikamente nicht mehr schlucken kann, wird (3, 35, 36).
sollten sie parenteral, zum Beispiel in einer Spritzen- Als peripher wirkende Antitussiva werden vor al-
pumpe mit Morphin und Midazolam kontinuierlich ap- lem inhalative Lokalanästhetika, wie 0,25 % Bupiva-
pliziert werden. Die Dosis der Medikamente wird cain oder 2 % Lidocain eingesetzt. Es gibt allerdings
schrittweise unter regelmäßiger Kontrolle titriert. Eini- nur wenig publizierte Daten (Evidenzgrad 3) dazu
ge Patienten leiden in dieser Phase an ausgeprägten Er- und keine Studien bei Tumorpatienten. Fallberichte
stickungsängsten, so dass eine stärkere palliative Sedie- von einzelnen Patienten mit chronischer Lungener-
rung notwendig sein kann. krankung, Sarkoidose oder Krebs beschreiben, dass
eine einzige Behandlung mit vernebeltem Lidocain
Therapie des refraktären Hustens den Husten 1–8 Wochen lang lindern kann (37, 38).
Für die Therapie des refraktären Husten stehen insge- Der Einsatz wird limitiert durch einen möglichen
samt weniger Therapieoptionen zur Verfügung als für Bronchospasmus und oropharyngeale Taubheit nach
Atemnot. Genauso ist die Evidenzlage für Husten bei der Inhalation mit der Gefahr der Aspiration. Levo-
Patienten mit fortgeschrittenen Erkrankungen relativ dropropizin ist ein weiteres peripher wirkendes Anti-
schwach (3). Grundsätzlich sollten behandelbare Ursa- tussivum, aber auch hierzu gibt es nur wenige Studi-
chen als erstes therapiert werden. en (39).

Sauerstoff Protussiva
Bei nichthypoxischen Patienten sollte Sauerstoff Bei ausgeprägter Schleimbildung können
kritisch eingesetzt werden. Eine große Studie Protussiva hilfreich sein, um den zähen Schleim
zeigte, dass es bei nichthypoxischen Patienten zu verflüssigen und zu lösen und den Auswurf
keinen Vorteil von Sauerstoff im Vergleich zu zu fördern.
Raumluft bei refraktärer Atemnot gibt

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MEDIZIN

Zusammenfassung obstructive pulmonary disease and renal disease. J Pain Symp-


Für die Behandlung der Atemnot stehen eine Reihe von tom Manage 2006; 31: 58–69.
Allgemeinmaßnahmen, pharmakologischen und nicht- 5. Bausewein C, Booth S, Gysels M, Kuhnbach R, Haberland B, Higgin-
pharmakologischen Therapieoptionen zu Verfügung, son IJ: Individual breathlessness trajectories do not match summary
trajectories in advanced cancer and chronic obstructive pulmonary
die für eine erfolgreiche Therapie miteinander kombi- disease: results from a longitudinal study. Palliat Med 2010; 24:
niert werden sollten. Bei der medikamentösen Therapie 777–86.
haben Opioide die beste Evidenz und werden als Medi- 6. Tataryn D, Chochinov HM: Predicting the trajectory of will to live in
kamente der ersten Wahl gesehen. Benzodiazepine soll- terminally ill patients. Psychosomatics 2002; 43: 370–7.
ten nur als zweite Wahl und in Kombination mit Opioi- 7. Homsi J, Luong D: Symptoms and survival in patients with ad-
den eingesetzt werden. Der Einsatz von Sauerstoff ist vanced disease. J PalliatMed 2007;10: 904–9.
bei nichthypoxischen Patienten nur selten indiziert. 8. Trajkovic-Vidakovic M, de Graeff A, Voest EE, Teunissen SC: Symp-
Einfachere Maßnahmen wie Hand- und Tischventilato- toms tell it all: a systematic review of the value of symptom assess-
ment to predict survival in advanced cancer patients. Crit Rev Oncol
ren können einen Luftzug erzeugen, der lindernd auf Hematol 2012; 84: 130–48.
Atemnot wirkt. Die verschiedenen Therapieoptionen
9. Escalante CP, Martin CG, Elting LS, et al.: Dyspnea in cancer pa-
sind in der Grafik zusammenfassend aufgeführt. tients. Etiology, resource utilization, and survival-implications in a
Bei der Therapie des Hustens stehen vor allem managed care world. Cancer 1996; 78: 1314–9.
medikamentöse Maßnahmen im Vordergrund. Es 10. Booth S, Silvester S, Todd C: Breathlessness in cancer and chronic
sollte zwischen produktivem und nichtproduktivem obstructive pulmonary disease: using a qualitative approach to des-
Husten unterschieden werden. Peripher und zentral cribe the experience of patients and carers. Palliat Support Care
2003; 1: 337–44.
wirksame Antitussiva sind auch in Kombination, bei
nichtproduktivem Husten Medikamente der Wahl. 11. Reddy SK, Parsons HA, Elsayem A, Palmer JL, Bruera E: Characte-
ristics and correlates of dyspnea in patients with advanced cancer.
J Palliat Med 2009; 12: 29–36.
Interessenkonflikt
12. Simon ST, Higginson IJ, Benalia H, et al.: Episodic and Continuous
Prof. Bausewein wurde für ein von ihr initiiertes Forschungsvorhaben unter-
stützt von den National Institutes of Health Research (NIHR) und von Cicely Breathlessness: A New Categorization of Breathlessness. JJ Pain
Saunders International. Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbil- Symptom Manage. J Pain Symptom Manage 2013; 45: 1019–29.
dungsveranstaltungen erhielt sie Honorare vom Verein zur Förderung der Lun- 13. Kvale PA: Chronic cough due to lung tumors: ACCP evidence-based
gen- und Tuberkuloseheilkunde, der Evangelischen Lungenklinik Berlin und clinical practice guidelines. Chest 2006; 129 (Suppl): 47–53.
dem Bildungszentrum für Gesundheitsberufe mit Ärzteakademie, Hamburg.
Sie bekam Erstattung für Teilnahmegebühren für Kongresse, sowie Reise- und 14. Myers J: Physiology and pathophysiology of cough. In: Ahmedzai
Übernachtungskosten von der European Association for Palliative Care, der SH, Muers MF, (eds): Supportive care in respiratory disease. Oxford:
Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und der Deutschen Gesellschaft Oxford University Press 2005; 341–64.
für Pneumologie.
15. Booth S, Moosavi SH, Higginson IJ: The etiology and management
Dr. Simon erhielt Forschungsgelder für ein von ihm initiiertes Forschungsvor-
haben von TEVA.
of intractable breathlessness in patients with advanced cancer: a
systematic review of pharmacological therapy. Nat Clin Pract Oncol
2008; 5: 90–100.
Manuskriptdaten
eingereicht: 23. 1. 2013, revidierte Fassung angenommen: 19. 6. 2013 16. Bausewein C, Booth S, Gysels M, Higginson I: Non-pharmacological
interventions for breathlessness in advanced stages of malignant
LITERATUR and non-malignant diseases. Cochrane Database Syst Rev 2008(2):
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Antitussiva
Zentral wirksame Antitussiva wie Dextrometor-
phan, Morphin und Codein unterdrücken das Hus-
tenzentrum. Inhalative Lokalanästhetika wirken
als periphere Antitussiva, führen aber möglicher-
weise zu Bronchospasmus.

570 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 33–34 | 19. August 2013
MEDIZIN

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and non-malignant diseases in adults. Cochrane Database Syst Rev Prof. Dr. med. Claudia Bausewein PhD MSc
Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin
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standard. Curr Opin Allergy Clin Immunol 2007; 7: 32–6. @ The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de

Weitere Informationen zu cme

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.
Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.
Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Persönliche Daten“ oder nach der Registrierung die EFN in das entspre-
chende Feld eingegeben werden und durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden.
Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.

Wichtiger Hinweis
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de
Einsendeschluss ist der 17. 11. 2013.
Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.
Die cme-Einheit „Erwachsenwerden ist schwer“ (Heft 25/2013) kann noch bis zum 22. 9. 2013 bearbeitet werden.
Die cme-Einheit „Schwindel“ (Heft 29–30/2013) kann noch bis zum 20. 10. 2013 bearbeitet werden.
Für Heft 37/2013 ist das Thema „Degenerative lumbale Spinalkanalstenose im höheren Lebensalter“ vorgesehen.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 33–34 | 19. August 2013 571
MEDIZIN

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1 Frage Nr. 6


Welches Instrument hat sich zur Einschätzung Mit welcher Anfangsdosis sollte eine
der Atemnot bewährt? Morphintherapie bei Atemnot bei Tumorpatienten
a) die Messung der Auswurffraktion begonnen werden?
b) die Numerische Rating Skala (NRS) a) 2,5 mg alle 4 Stunden
c) Einsekundenkapazität FEV1 b) 4,5 mg alle 12 Stunden
d) die Rating Skala nach Fitch c) 5 mg alle 4 Stunden
e) die Messung der Atemfrequenz d) 5 mg alle 12 Stunden
e) 10 mg alle 12 Stunden

Frage Nr. 2
Welche der folgenden Veränderungen können Frage Nr. 7
Husten verursachen? Welchen Stellenwert hat die Gabe von Benzodiazepinen
a) Lungenmetastasen in der Therapie der Atemnot?
b) Aszites a) Sie ist immer angezeigt.
c) Anämie b) Sie ist ohne gute Evidenz
d) ossäre Metastasen c) Sie ist die Therapie der ersten Wahl.
e) Hirndruck d) Sie ist kontraindiziert, weil sie zu Atemdepression führt.
e) Sie wird nicht in Kombination mit Opioiden empfohlen.

Frage Nr. 3
Welche der folgenden nichtmedikamentösen Maßnahmen Frage Nr. 8
kann zur Linderung der Atemnot eingesetzt werden? Wie ist die Gabe von Sauerstoff zur Therapie der
a) Ernährungsberatung Atemnot bei nichthypoxischen Patienten zu bewerten?
b) Handventilator a) hat keine Nebenwirkungen
c) Aromatherapie b) ist immer indiziert
d) Bewegungsbad c) wird zu selten begonnen
e) Antikoagulation d) ist nicht besser als Raumluft
e) ist die erste Therapiemaßnahme

Frage Nr. 4
Was gilt für den Einsatz von Opioiden bei Frage Nr. 9
der symptomatischen Behandlung der Atemnot? Welches der folgenden Mittel hat eine protussive
a) Sie sind kontraindiziert, weil sie zu einer Atemdepression Wirkung?
führen. a) Codein
b) Sie sind in hohen Dosierungen anzuwenden. b) Dextrometorphan
c) Sie sind Medikamente der Wahl. c) inhalierte Lokalanästhetika
d) Ihr Einsatz ist eine Maßnahme ohne Evidenz. d) Morphin
e) Ihr Einsatz ist bei COPD-Patienten kontraindiziert. e) Thymianhustensaft

Frage Nr. 5 Frage Nr. 10


Ein Patient mit pulmonal metastasiertem Kolonkarzinom Ein Ihnen bekannter Patient mit einem
klagt über Atemnotattacken ohne gleichzeitige andauernde fortgeschrittenen Bronchialkarzinom kommt in
Atemnot. Welche Informationen geben Sie ihm? die Hausarztpraxis wegen zunehmender
a) Atemnotattacken sind selten. Belastungsdyspnoe. Bisher hat er keine Medikamente
b) Atemnotattacken können durch körperliche und bekommen. Welches therapeutische Vorgehen schlagen
emotionale Belastung getriggert werden. sie ihm vor?
c) Atemnotattacken können gut mit Medikamenten a) Verordnung einer Sauerstofftherapie
behandelt werden. b) Beginn mit hochdosiertem Morphin
d) Atemnotattacken sind lang andauernd. c) körperliche Schonung
e) Atemnotattacken sind bedrohlich und sollten im d) Abklärung möglicher behandelbarer Ursachen
Krankenhaus abgeklärt werden. e) Einweisung ins Krankenhaus

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