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Vorlesung

Hygiene: Konzepte und


Gesetzliche Bestimmungen
3. Doppelstunde, 12.05.2022
Themen:
a) „Problemkeime“: Multiresistente Erreger (MRE) und Clostridioides difficile
b) Postoperative Wundinfektionen

Fachhochschule Aachen, Campus Jülich


Fachbereich Medizintechnik und Technomathematik
Studiengang Medizintechnik

Referent: PD Dr. med. Roland Schulze-Röbbecke


Multiresistente Erreger (MRE)
und Clostridioides difficile:
Wie entstehen sie ?
Wie verbreiten sie sich ?
1. Ursache
Viele Menschen sind mit
kleinen Mengen von MRE
und C. difficile kolonisiert
(oft nur vorrübergehend)
2. Ursache
Selektionsdruck durch den
Einsatz von Antibiotika
Antibiotika-Selektionsdruck
(Prinzip)

Vor Antibiotika- Nach Antibiotika- Nach Antibiotika-


Anwendung Anwendung Anwendung und erneuter
Bakterienvermehrung

MRSA: Methicillin-
MSSA MRSA resistenter Staphylo-
(sensibel) (resistent) coccus aureus
Häufige Formen des Antibiotika-Missbrauchs:
• Verschreibung von Antibiotika bei Virusinfektionen
• Verschreibung von Breitspektrumantibiotika ohne Kenntnis
des Erregers

www.ecdc.europa.eu
3. Ursache
Übertragung Antibiotika-resistenter
Bakterien in Krankenhäusern,
Heimen, Haushalten etc.
Häufigster Übertragungsweg von MRE
und C. diff. im Krankenhaus:
Indirekter Kontakt
Erreger gelangen von der Infektionsquelle über ein
zwischengeschaltetes Übertragungsvehikel in einen
empfänglichen Wirtsorganismus

Wirts-
Infektions-
organis-
quelle
mus
Wie verhindert man
die Entstehung und
Übertragung von MRE ?
Häufige Formen des Antibiotika-Missbrauchs:
• Verschreibung von Antibiotika bei Virusinfektionen
• Verschreibung von Breitspektrumantibiotika ohne Kenntnis
des Erregers

Wichtigste Maßnahmen zur Verhinderung der


Verbreitung von Multiresistenzen:
• Antibiotika nur dann verschreiben, wenn wirklich notwendig
• Übertragung multiresistenter Bakterien von Mensch zu
Mensch verhindern

www.ecdc.europa.eu
Verhinderung der Übertragung
von MRE und C. difficile

Wirts-
Infektions-
organis-
quelle
mus

 Händedesinfektion
 Richtiger Gebrauch von Schutzhandschuhen
 Richtige Aufbereitung von Medizinprodukten
 Desinfektion häufig berührter Gegenstände
Postoperative
Wundinfektionen
The Big Five
Pneumonie Wund-
infektion
Sepsis

Harnweg-
C.-difficile- infektion
Infektion
Ziel einer Operation:

Patient geheilt, Operationswunde verheilt


Komplikation

Wundinfektion, hier:
2 Wochen nach Knie-OP
( Surgery Reference)

Beispiele für durchschnittliche postoperative Wundinfektionsraten


in Deutschland (Median 2020, Quelle: www.nrz-hygiene.de)
Knie-Endoprothese: 0,32 %
Blinddarm-OP (Appendektomie): 0,64 % Im europäischen Ver-
Hüft-Endoprothese bei Arthrose: 0,72 gleich sind diese Zahlen
Coronare Bypass-OP: 2,40 % relativ niedrig
Offene Eingriffe am Dickdarm: 7,84 %
Maßnahmen zur Prävention
exogener Wundinfektionen
exogen
Exogene Risikofaktoren

Mikroorganismen des OP-Teams


und anderer Personen im OP-Raum:
• Mund, Nase, Rachen
• Kopfhaut, Haare
• Restliche Haut ?
Luft im OP ?
Oberflächen im OP ?
Raumlufttechnische
Anlagen im OP
DIN 1946-4

Raumklasse I
3stufige Filterung der Zuluft
1. Filterstufe mindestens F7 nach DIN EN 779
2. Filterstufe mindestens F9 nach DIN EN 779
3. Filterstufe mindestens H13 nach DIN EN 1822-1
Ia: Mit turbulenzarmer Verdrängungsströmung (TAV)
Ib: Ohne TAV
Raumklasse II
2stufige Filterung der Zuluft
1. Filterstufe mindestens F7 nach DIN EN 779
2. Filterstufe mindestens F9 nach DIN EN 779
Turbulente
Luftströmung

Fa. Luwa GmbH


Effekt von Belüftung und Luftfilterung
„Schutzzone“
mit turbulenzarmer
Verdrängungsströmung (TAV)

Schutzzone
innerhalb außerhalb
Partikel 0,5 - 5,0 µm 0-100 / m3 104-105 / m3
Luftkeime 0 KBE / m3 10-100 KBE / m3
Operationsraum der Raumklasse Ia nach DIN 1946-4

TRILUX Medical GmbH & Co. KG, Arnsberg


Operationsraum der Raumklasse Ia nach DIN 1946-4

Zuluftdecke von
3,2 × 3,2 m mit TAV- Umlaufender
Luftauslässen Strömungs-
stabilisator
aus Glas

Abluftöffnungen
in den vier
Raumecken

TRILUX Medical GmbH & Co. KG, Arnsberg


Klinische Studie, 2008

Ann Surg 2008; 248: 695-700

Retrospektive Kohortenstudie
Grundlage: KISS-Daten von 63 OP-Abteilungen,
99.230 Operationen
Ann Surg 2008; 248: 695-700

Hüftgelenk-Endoprothesen
17 657 326 (1,85 %)
Operationen postoperative
unter TAV Wundinfektionen
28 623 OR = 1,63
Operationen p = <0,001
10 966 144 (1,31 %)
Operationen postoperative
bei turbulenter Wundinfektionen
Luftströmung
Ann Surg 2008; 248: 695-700

Hüftgelenk-Endoprothesen
17 657 326 (1,85 %)
Operationen postoperative
unter TAV Wundinfektionen
28 623 OR = 1,63
Operationen p = <0,001
10 966 144 (1,31 %)
Operationen postoperative
bei turbulenter Wundinfektionen
Luftströmung
Effekt von Belüftung und Luftfilterung
Schutzzone
mit turbulenzarmer
Verdrängungsströmung (TAV)

Schutzzone
innerhalb außerhalb
Partikel 0,5 - 5,0 µm 0-100 / m3 104-105 / m3
Luftkeime 0 KBE / m3 10-100 KBE / m3
Effekt von Belüftung und Luftfilterung
Schutzzone
mit turbulenzarmer
Verdrängungsströmung (TAV)

Schutzzone
innerhalb außerhalb
Partikel 0,5 - 5,0 µm 0-100 / m3 104-105 / m3
Luftkeime 0 KBE / m3 10-100 KBE / m3
Mögliche Ursachen für das schlechte Abschneiden der
turbulenzarmen Verdrängungsströmung (TAV) in der
Studie von Brandt et al. (2008):
• Auskühlung des Patienten (erhöhtes Infektionsrisiko bei
Hypothermie) ?
• Schnellere Austrocknung der eröffneten Wundflächen ?
• Erhöhte intraoperative Keimbelastung des senkrechten
Luftstroms durch Köpfe des OP-Teams ?
• Andere ?
Auskühlung des Patienten
(erhöhtes Infektionsrisiko bei Hypothermie)

Postoperative Wundinfektionen
Normo- Hypo-
thermie thermie
Anzahl der ope-
104 96
rierten Patienten
Anzahl (%) der
6 (6) 18 (19)
Wundinfektionen
Auskühlung des Patienten
(erhöhtes Infektionsrisiko bei Hypothermie)

Postoperative Wundinfektionen
Normo- Hypo-
thermie thermie
Anzahl der ope-
104 96
rierten Patienten
Anzahl (%) der
6 (6) 18 (19)
Wundinfektionen
„Der Luft im OP-Raum kommt als
Erregerreservoir eine untergeordnete
Bedeutung zu“.

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO)


beim Robert-Koch-Institut hat nach § 23 (1) Infektionsschutzgesetz den Auftrag,
Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen auf wissenschaftlicher
Grundlage zu erstellen.
Endogene Infektionen
Infektionen mit Mikroorganismen (meist Bakterien)
der eigenen Mikroflora, insbesondere
• auf Haut und Schleimhäuten
• im Magen-Darm-Trakt
• im Urogenitaltrakt
• in den Atemwegen

Postoperative Wundinfektionen werden sehr selten durch


Luftkeime verursacht und sind zu etwa 95 % endogenen
Ursprungs.
Insgesamt sind etwa 2/3 aller nosokomialen Infektionen
endogen !
Was ist wichtiger:

DIN-Normen
oder Erkenntnisse der
empirischen medizinischen
Wissenschaft ?
Aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
NJW 40, Heft 45 (1987) 2886-2888
„Die Normenausschüsse des DIN sind so zusammengesetzt, daß ihnen der
für ihre Aufgabe benötigte Sachverstand zu Gebote steht. Daneben gehören
ihnen aber auch Vertreter bestimmter Branchen und Unternehmen an, die
deren Interessenstandpunkte einbringen. Die Ergebnisse ihrer Beratungen
dürfen deshalb im Streitfall nicht unkritisch als ‚geronnener Sachverstand‘
oder als reine Forschungsergebnisse verstanden werden. Zwar kann den
DIN-Normen einerseits Sachverstand und Verantwortlichkeit für das allge-
meine Wohl nicht abgesprochen werden. Andererseits darf aber auch nicht
verkannt werden, daß es sich dabei zumindest auch um Vereinbarungen
interessierter Kreise handelt, die eine bestimmte Einflußnahme auf das
Marktgeschehen bezwecken. Den Anforderungen, die etwa an die Neutra-
lität und Unvoreingenommenheit gerichtlicher Sachverständiger zu stellen
sind, genügen sie deswegen nicht.“
Weitere Maßnahmen zur
Prävention exogener
Wundinfektionen
Exogene Risikofaktoren

Mikroorganismen des OP-Teams


und anderer Personen im OP-Raum:
• Mund, Nase, Rachen
• Kopfhaut, Haare
• Restliche Haut ?
OP-Instrumente
Oberflächen im OP ?
(Luft im OP)
Geräte und Oberflächen
im OP
Reinigung und Desinfektion
von OP-Oberflächen
Reinigung und Desinfektion
von OP-Oberflächen
Empfehlung:
• Nach jeder OP Wischdesinfektion der
patientennahen Flächen, aller sichtbar
kontaminierten Flächen und des gesamte
begangenen Fußbodens
• Nach Abtrocknen des Desinfektionsmittels
kann OP wieder begangen werden

Leitlinie KRINKO (2000)

(„Good clinical practice“, wissenschaftlich nur


unzureichend begründbar)
Aufbereitung von
OP-Instrumenten
OP-Instrumente
• müssen sauber sein
• müssen steril sein
(gesetzlich vorgeschrieben).
„Sterilisiert“ ist mehr als „desinfiziert“. In der Praxis
muss ein Sterilisationsverfahren in der Lage sein,
die Anzahl vermehrungsfähiger Mikroorganismen
(„Keime“) um einen Faktor von mindestens 10-6 zu
reduzieren. d. h. von 1 Million Keimen, die einem
Sterilisationsverfahren ausgesetzt worden sind, darf
höchstens noch ein Keim nachweisbar sein.
Desinfektion: Reduktion vermehrungsfähiger Mikro-
organismen um einen Faktor von mindestens 10−5.
Sterilisation von OP-Instrumenten
Autoklavierung: Am häufigsten verwendetes Sterilisations-
verfahren in Krankenhäusern und Arztpraxen.
Prinzip: Die zu sterilisierenden
Gegenstände werden unter erhöh-
tem Druck und hohen Temperaturen
einer gesättigten Wasserdampf-
atmosphäre ausgesetzt.

Tempe- Zur Sterilisation


Druck
ratur erforderliche Haltezeit*
2 bar 121°C 20 min
3 bar 134°C 5 min
* Um auch Prionen zu inaktivieren, wird heute oft 20 min
lang bei 134°C autoklaviert
Gesetzliche Grundlagen für die
Aufbereitung von Medizinprodukten
• Medizinproduktegesetz
• Medizinprodukte-Betreiberverordnung
• Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene
und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-
Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) zu den Anforderungen an die
Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten
(Bundesgesundheitsbl 2012; 55: 1244-1310)
Problematische Aufbereitung
spezieller OP-Instrumente
Da Vinci Roboter
Die Bewegungen des
Der Operateur Operateurs werden auf
bedient den die Arme des OP-Systems
Roboter von einer übertragen
Steuerkonsole aus
Da Vinci Roboter

Die Roboter-Instrumente sind nur 10x aufbereitbar. Sie enthalten


viele Hohlräume, die vor der Sterilisation von Blut- und Gewebe-
resten gereinigt werden müssen, die aber nicht einsehbar sind.
Daher müssen spezielle, für diese Instrumente validierte Reini-
gungsautomaten verwendet werden.
Gammasonden

Gammasonden dienen z.B. bei Brustkrebs-Opera-


tionen dazu, die Lymphknoten („Sentinel-Knoten“)
ausfindig zu machen, in die die Tumorzellen vom Pri-
märtumor aus als erstes gelangen, denn dort bilden
sich besonders häufig Metastasen. Die Sonden wer-
den während der OP im eröffneten Gewebe einge-
setzt, um die Sentinel-Knoten genau lokalisieren und
entnehmen zu können.
Gammasonden

Weil sie im eröffneten Gewebe eingesetzt werden,


müssten die Sonden eigentlich steril sein. Konstruk-
tionsbedingt (Elektronik) verbietet sich z. T. aber die
Autoklavierung. Das Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM) macht bei Gamma-
sonden daher eine Ausnahme und gestattet eine
Pilz-, Bakterien- und Virus-wirksame Desinfektion,
wenn ein steriler Überzug verwendet wird.
OP-Haube
OP-Maske
OP-Masken

Anzahl der Gebrauch v. Anzahl d. Wund- Infektions-


Operationen OP-Masken infektionen rate
1537 Ja 73 4,7 %
1551 Nein 55 3,5 %
Unterschied statistisch nicht signifikant
OP-Masken
Trotzdem:
Beschreibungen von Fällen und Ausbrüchen
von WI durch A-Streptokokken und S. aureus
ausgehend vom OP-Team
OP-Masken (MNS) dienen auch dem Schutz
des OP-Teams
Sie sind preiswert
KRINKO-Empfehlung: Vor Betreten eines OP-
Raums Mund-Nasen-Schutz anlegen
OP-Hauben
Infektionspräventiver Wert ist nicht durch Studien belegt
Trotzdem:
Theoretische Überlegung: Sie verhindern, dass Hautschuppen
und Haare in die OP-Wunde fallen.
Sie sind preiswert.
Die KRINKO empfiehlt, vor Betreten eines OP-Raums einen
Haarschutz anzulegen. Haarschutz und Mund-Nasen-Schutz
müssen sämtliche Bart- und Kopfhaare sowie Mund und Nase
vollständig bedecken.
Maßnahmen zur Prävention
endogener Wundinfektionen
Bedingt beeinflussbare
endogene Risikofaktoren
Vor- und Begleiterkrankungen (z.B. maligne)
Mangelernährung
Adipositas
Rauchen
Zytostatikatherapie / Immunsuppression
Anämie
Adipositas als bedingt beeinflussbarer
endogener Risikofaktor

Foto: E. Patchen Dellinger


Beeinflussbare
endogene Risikofaktoren
Körpertemperatur des Patienten
Infektionen außerhalb des Operationsgebiets
Hautläsionen nach Haarentfernung
Hautflora des Patienten
In die Wunde eingetragene endogene
Mikroorganismen (Antibiotikaprophylaxe)
Sauerstoffversorgung des Wundgewebes
Blutzucker
Kolonisation mit Staphylococcus aureus
Körpertemperatur
des Patienten
Postoperative Wundinfektionen

Normo- Hypo-
thermie thermie
Anzahl der ope-
104 96
rierten Patienten
Anzahl (%) der
6 (6) 18 (19)
Wundinfektionen

Randomisierte, kontrollierte Studie.


Unterschiedliche Infektionsraten statistisch signifikant (p = 0,009)
Perioperative Normothermie
Empfehlung:
Vor, während und nach der Operation
(perioperativ) muss die Normothermie
aufrecht erhalten bleiben.

Klinische Leitlinien der CDC (2017), WHO (2016) und


SHEA/IDSA 2014
Konvektive Wärmedecken zur
perioperativen Aufrechterhaltung
der Normothermie

http://www.fumedica.ch www.thieme-connect.com

www.anandic.com
Infektionen außerhalb des
Operationsgebiets...
...(z.B. Geschwür am Unterschenkel, Zahnwurzel-
Abszess, Nierenbeckenentzündung) gehen einher
mit erhöhten Risiken einer postoperativen Infektion
der Operationswunde.
Empfehlung:
Vor geplanten Eingriffen möglichst alle Infek-
tionen außerhalb des Operationsgebietes
behandeln. Operation verschieben, bis die
Infektion abgeklungen ist.

Klinische Leitlinien der CDC (2017) und KRINKO (2018)

Anmerkung: Unmöglich vor Notfall-Operationen


Präoperative
Haarentfernung
Chirurgen lieben glatt rasierte Haut.

Aber ...
... die Rasur verursacht (Mikro-)
Läsionen, die sich rasch infizieren
können.

Die präoperative Haarentfernung


führt besonders dann zu erhöhten
Infektionsraten, wenn sie am Vortag
durchgeführt wird.
Nach der Desinfek-
tion stellen Haare
und Haarstoppeln
kein Infektionsrisiko
dar !
Empfehlung:
Haare im Operationsgebiet
durch Kürzen und nicht durch
Rasur entfernen.
Zeitpunkt: möglichst unmittel-
bar vor der Operation

Klinische Leitlinien der KRINKO


(2018), CDC (2017) und WHO
(2016)
Präoperative
Hautdesinfektion
Präoperative Hautdesinfektion
Auch bezeichnet als „Präoperative Hautantisepsis“
Empfehlung:
Mit alkoholhaltigen Präparaten (z.B. 2-Propanol, Konzentration
ca. 70%, ähnlich wie für die Händedesinfektion). Vorteil:
Sofort einsetzende Wirkung mit großem Wirkungsspektrum.
Wahrscheinlich besser: Alkoholhaltiges Präparat mit Zusatz
eines remanenten Wirkstoffs (z.B. Chlorhexidin), der nicht wie
Alkohol schnell verdunstet, sondern über Stunden seine
antimikrobielle Wirksamkeit behält.

Klinische Leitlinien der KRINKO (2018), CDC (2017), WHO (2016) und
SHEA/IDSA 2014
Präoperatives Auftragen eines Haut-Antiseptikums
mit einem Tupfer
(Foto: Schülke & Mayr GmbH)
Perioperative
Antibiotikaprophylaxe
(PAP)
Effekt der
perioperativen Antibiotikaprophylaxe (PAP)
bei Leistenhernien-OPs* mit PP-mesh

Maßnahme Infektionsrate

PAP mit Plazebo 9,0 %


PAP mit 1 x 1,5 g
0,7 %
Ampicillin + Sulbactam
*n = 280 Patienten

Yerdel MA et al. Ann Surg 2001;233:26-33


Perioperative Antibiotika-Prophylaxe (PAP),
Zeitpunkt der i.v.-Gabe
4
Infektionsrate (%)

Optimales Zeitfenster
3 für die PAP: ca. 30-60
min vor dem ersten
2 Hautschnitt

0
>120 min 120-0 min 0-180 min >180 min
vor OP- vor OP- nach OP- nach OP-
Beginn Beginn Beginn Beginn

Classen et al. N Engl J Med. 1992;326:281-286


Beginn und Dauer der PAP
• Optimaler Beginn: 30-60 min vor Inzision
• Meist reicht eine therapeutische i.v.-Einzeldosis aus
• Bei langen Operationen ggf. weitere Dosen vor
Wundverschluss jeweils nach Ablauf der doppelten
Halbwertzeit (z.B. bei Cefazolin nach 3-4 h)
• Keine weitere prophylaktische Antibiotikagabe nach
Beendigung der Operation
• Häufigste Fehler: PAP zu lange
Bratzler DW et al. Clinical practice guidelines for antimicrobial prophylaxis in surgery.
Am J Health Syst Pharm. 2013; 70: 195-283. doi: 10.2146/ajhp120568
Perioperative
Antibiotika-Prophylaxe (PAP)

Empfehlung:
Die initiale Dosis des Antibiotikums intravenös zu einem Zeit-
punkt, der bei der Inzision ausreichende Gewebe-Wirkstoff-
konzentrationen garantiert. Erhaltung des therapeutischen
Spiegels in Serum und Gewebe während der OP und übli-
cherweise bis kurz nach Wundverschluss.
Klinische Leitlinie der CDC (2017)
Blutzucker
Blutzucker und Wundinfektionsraten
nach Herzoperationen

Normale Blutzuckerwerte: ca. 80–140 mg/dL.


Zuckerstoffwechsel kann im Rahmen von Operationen „entgleisen“.
Bei erhöhten Blutzuckerwerten (Hyperglykämie) gestörte Mikro-
zirkulation und Sauerstoffversorgung des Gewebes mit Gefahr der
Wundheilungsstörung und Wundinfektion.
Blutzucker

Bild:
www.insider.com/
guides/health/normal-
blood-sugar-levels

Empfehlung:
Perioperative Kontrolle des Blutzuckerspiegels.
Zielwert <200 mg/dl bis zum 2. postoperativen Tag.

Klinische Leitlinien der KRINKO (2018), CDC (2017), WHO (2016) und
SHEA/IDSA (2014)
Präoperative
Staph.-aureus-
Dekolonisation
Staphylococcus aureus

Raster-elektronenmikro-
skopische Aufnahme von
S. aureus
Bild: Wikipedia

S. aureus ist der häufigste Erreger postoperativer Wund-


infektionen (in der Allgemeinchirurgie in Deutschland ca.
¼ der Wundinfektions-Fälle).
Häufigster Standort von S. aureus: Nasenvorhof (in aller
Regel nur asymptomatische Besiedlung, keine Infektion).
Frage: Verringert eine präoperative S.-aureus-Dekoloni-
sation der Nasenvorhöfe und der Hautoberfläche das
Risiko postoperativer Wundinfektionen?
Randomisierte, Placebo-kontrollierte, multizentrische Doppelblindstudie.
Mupirocin +
Placebo
Chlorhexidin
Anzahl d. Patienten m. S. aureus 504 413
Anzahl d. S.aureus-Infektionen 17 32
Infektionsrate 3,4 % 7,7 %
Ergebnis: Die präop. Dekolonisation mit Mupirocin-Nasensalbe und
Chlorhexidin-Duschgel reduziert das Infektionsrisiko gegenüber
Placebo um 56% [Berechnung der Risikoreduktion: 1 – (3,4 / 7,7)].
Präoperative
Staph.-aureus-Dekolonisation

Bild: Memorial Sloan


Kettering Cancer Center

Empfehlung:
Dekolonisation nasaler Staphylococcus-aureus-
Besiedlung mit Mupirocin, alleine oder in Kombi-
nation mit antiseptischer Ganzkörperwaschung
mit Chlorhexidin.
Leitlinie der KRINKO (2018)
Vielen Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit

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