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Erlösung = Heilung in der Wurzel (Sanatio in Radice)

- ein Schlüssel zu Wagners Gesamtwerk

Erlösung als Heilung in der Wurzel, so könnte ein zentraler Schlüssel zu Wagners
Gesamtwerk im Rückgriff auf die Formel Einsteins E=mc2 umschrieben werden.
Wie Einstein das Verhältnis von Materie und Energie mit dieser Formel symbolisch
zusammenfasste, so erfasste Richard Wagner in der Formel „Erlösung dem Erlöser“
seine Sicht des Verhältnisses von Kunst und Leben, bzw. Kunst und Religion zusammen.
Von seinem letzten Werk, dem Parsifal, her lässt sich diese Hypothese am ehesten
aufrollen.
Vordergründig handelt es sich bei diesem Werk um eine Restrukturierung der
Überlieferung des Sagenstoffes vom Gral im Interesse einer dramatischen Zuspitzung
der diesem Stoff zugrunde liegenden Handlung. Im Hintergrund steht aber das Bemühen,
den menschlichen Glutkern dieser Überlieferung im Sinne der Aufschließung des
Mysteriums der Gralserzählung dem heutigen Zuschauer als Erweckung von Furcht und
Mitleid in der Tradition antiker Tragödiendichtung und mittelalterlicher Mysterienspiele
aufzuarbeiten: „Wo die Religion künstlich wird, ist es Aufgabe der Kunst, den Kern der
Religion zu retten“. (Wagner, Religion und Kunst)
Wagner hatte sich gründlich mit dem Epos des Wolfram von Eschenbach zum Parzival
auseinandergesetzt, bevor er die Restrukturierung der Gralserzählung formatierte.

Wie im Ring des Nibelungen reduzierte er die verwirrende epische Breite der literarischen
Überlieferung auf zentrale Figuren und Symbole. War es im Ring des Nibelungen das
zum Ring geschmiedete Gold als Symbol der Macht und Herrschaft unter Verzicht auf die
Liebe, so wird das Gold im Gral zum Widerschein der göttlichen Sonnenstrahlen, die sich
in der barmherzigen Befreiung aus Notlage als menschliches Mitleid kundgibt.
Diese als samaritanisch zu verstehende Konzeption des Christentums und der Religion
überhaupt bestimmt Wagners Gesamtwerk als Ausweg aus der menschlichen Misere.

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