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Wirtschaft
Rudolph, Hedwig
Article
Arbeit ist das halbe Leben - und die andere Hälfte?
Anmerkung zur "Neuen Arbeitszeitpolitik" aus der
Sicht der Frauen
Suggested Citation: Rudolph, Hedwig (1983) : Arbeit ist das halbe Leben - und die andere
Hälfte? Anmerkung zur "Neuen Arbeitszeitpolitik" aus der Sicht der Frauen, Informationen
für die Frau: Informationsdienst des Deutschen Frauenrates - Bundesvereinigung deutscher
Frauenverbände und Frauengruppen gemischter Verbände e.V., ISSN 0020-0352,
Bundesvereinigung deutscher Frauenverbände und Frauengruppen gemischter Verbände e.V.,
Bonn, Vol. 32, Iss. 2, pp. 3-5
This Version is available at:
http://hdl.handle.net/10419/122606
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Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Hedwig Rudolph
Arbeit ist das halbe Leben — und die andere Hälfte?
Anmerkung zur „Neuen Arbeitszeitpolitik“ aus der Sicht der Frauen
Die Arbeitszeit ist „ins Gerede“ gekommen, und zwar sich kaum vorstellen, wo und wofür jenseits von Fami
von zwei Seiten: Experten der Arbeitsmarktpolitik einer lienaufgaben und Erwerbsarbeit Raum in ihrem Leben
seits empfehlen Konzepte zur Umverteilung bezahlter sein sollte.
Arbeit angesichts der sich zunehmend verschärfenden
wirtschaftlichen Krise. Nicht anders — so das Argument Die prägende Rolle von Erwerbsarbeit in der Wahrneh
— sei die wachsende Kluft zwischen Arbeitsplatzbesit mung von Männern spiegelt sich z.B. darin, daß ihr
zern und Lohnarbeit Suchenden zu überbrücken. Da Rückblick auf ihren Lebenslauf an Etappen der Berufs
fügt es sich günstig, daß auf der anderen Seite praktisch karriere anknüpft. Bei Frauen dagegen bilden die Pha
zeitgleich ein sozialer Wertewandel entdeckt wird, d.h. sen der Familienentwicklung die lebensgeschichtlich
ein Bedeutungsverlust materieller Güter gegenüber bedeutsamen Einschnitte, auch wenn die Frauen
immatriellen wie Selbstverwirklichung, Naturbezug, erwerbstätig sind oder waren.
Kreativität u.ä. Die zur Verwirklichung dieser Ziele erfor
derlichen zeitlichen Freiräume sollen durch Verkürzung Das verweist darauf, daß für Frauen Familie ein anderes
der Lohnarbeitszeit gewonnen werden. und größeres Gewicht hat als für Männer: Männer ver
binden mit „Familie“ Vorstellungen von Freizeit und
Ließe sich also die Arbeitslosigkeit problemlos behe Erholung, für Frauen ist es ein (weiterer) Arbeitsbereich.
ben und gleichzeitig die gesellschaftliche Wohlfahrt Die gesellschaftlich verordnete Zuständigkeit der
erhöhen, wo doch das Konzept der Arbeitszeitverkür Frauen für Hausarbeit prägt nicht nur — wie oben ange
zung sich mit den Interessen der Beschäftigten zu dek- merkt — ihren Lebensrhythmus, sondern auch ihre tägli
ken scheint? Ich stelle in Frage, daß dabei naturwüchsig chen Zeitstrukturen.
Lebensgewinnungschancen gleichermaßen für Frauen
und Männer zu erwarten sind. Meine Skepsis beruht u.a. Die Betonung des Arbeitscharakters der Hausarbeit
auf folgenden Erwägungen und Erfahrungen: von Seiten der Neuen Frauenbewegung zielte auf eine
Aufwertung dieses Aufgabenbereichs. Bislang kann je
— Die unterschiedlichen Zeitstrukturen von Frauen und doch von einer Gleichwertigkeit der Hausarbeit mit
Männern werden in der Diskussion nur vordergrün Erwerbsarbeit in der gesellschaftlichen Einschätzung
dig berücksichtigt. keine Rede sein. Die Minderbewertung zeigt sich schon
— Die Zuständigkeit der Frauen für Hausarbeit als im Alltäglichen: „Keine Zeit“ zu haben gilt als Merkmal
Quelle ihrer besonderen Zeiterfahrungen ist gleich der Wichtigkeit im Berufsleben, wird deshalb nicht sel
zeitig eine wesentliche Begründung für ihre Benach ten nur vorgeschoben. Dagegen wird das Argument
teiligung in der Erwerbsarbeit, insbesondere dafür, „Zeitknappheit“ kaum ernstgenommen, wenn Haus
daß ihnen als ersten verschlechterte Arbeitszeiten frauen (oder sonst Erwerbslose) es anführen. Vielmehr
zugemutet werden (können). wird es gegen sie gewendet als Vorwurf mangelhafter
— Erste Untersuchungsergebnisse zu flexibler Teilzeit Zeitstrukturierung.
arbeit von Frauen verweisen auf die Veränderungs
bedürftigkeit von beruflicher und familiärer Arbeits Auch die Gleichsetzung von „Arbeit“ mit Erwerbsarbeit
teilung, damit sich Frauen angemessene Entfal im Sprachgebrauch — und zwar nicht nur alltagssprach
tungschancen erschließen können. Anders gewen lich; sondern auch in politischen und wissenschaftli
det: Politiken, die sich auf den Arbeitsmarkt be chen Diskussionszusammenhängen — zeugt von der
schränken, greifen zwangsläufig zu kurz, verkennen, Durchsetzungskraft männerbezogener Vorstellungen.
daß das Private das Politische ist. Wie weitgehend die Frauen selbst diese Sichtweise
verinnerlicht haben, leuchtet auf, wenn sie nur im Zu
sammenhang mit Erwerbsarbeit davon berichten, daß
1. Zeitstrukturen von Frauen und Männern sie „arbeiten gehen“ — so als sei Hausarbeit reiner Lust
gewinn!
Zu dem im Titel modifizierten1) Sprichwort ist Wider
spruch von Seiten der Männer wie der Frauen zu erwar
ten, wenn auch mit je unterschiedlichen Argumenten. 2. „Alle Frauen sind Hausfrauen“
Männer würden darauf verweisen, daß Arbeit doch ihr signalisiert der Arbeitsmarkt
ganzes Leben ausmache. Frauen dagegen könnten
An die Zuständigkeit der Frauen für Hausarbeit knüpft
1) Das im Titel dieses Beitrages angeführte Sprichwort be die wesentliche Benachteiligung der Frauen in der
zieht sich eigentlich auf „Ordnung“, nicht auf Arbeit. Erwerbsarbeit an. Weil Frauen nur begrenzt zeitlich ver-