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Statusreport

Industrie 4.0
Wertschöpfungsketten

April 2014
Inhalt
1 Zusammenfassung 1
2 Einführung 2
3 Wertschöpfungsketten 3
3.1 Wertschöpfungskette „Produkt- und Produktlinienentwicklung“ 4
3.2 Wertschöpfungskette „Verfahrens- und Anlagenentwicklung“ 4
3.3 Wertschöpfungskette „Produktproduktion und After-Sales-Services“ 4
3.4 Wertschöpfungskette „Anlagenbau und Anlagenbetrieb“ 5
3.5 Weitere flankierende Wertschöpfungsketten 5
4 Wertschöpfungsnetzwerke 6
5 Aufbau eines Wertschöpfungsprozesses 8
6 VDI/VDE-GMA-Fachausschuss „Industrie 4.0“ 9

Titelbild: VDI-Haus Düsseldorf


Wertschöpfungsketten in I40 1

1 Zusammenfassung
Wertschöpfungsketten Wertschöpfungsprozesse

- Eine Wertschöpfungskette beschreibt die Wert- - Wertschöpfungsprozesse sind intentionale Pro-


schöpfungsprozesse entlang des Lebenszyklus ei- zesse, sie dienen einem bestimmten Zweck.
nes Assets.
- Die Ausführung eines Wertschöpfungsprozesses
- Zur „Industrie 4.0“-Landschaft gehören vier erfolgt nur auf Auftrag.
charakteristische interne Wertschöpfungsketten
- Produkt- und Produktlinienentwicklung - Jede Ausführungsinstanz eines Wertschöpfungs-
- Verfahrens- und Anlagenentwicklung prozesses muss geplant und disponiert werden.
- Produktproduktion und After Sales Services
- Technische Anlage - Zur Ausführung sind Ressourcen erforderlich, die
bereitgestellt und belegt werden müssen.
- Die zur „Industrie 4.0“-Landschaft gehörenden
Wertschöpfungsketten sind über ihre Artefakte - Die Ausführung muss initiiert und in ihrem Ab-
miteinander verkoppelt und bilden ein charakte- lauf gesteuert werden.
ristisches I40-Prozessmuster.
- Die Beauftragung, Planung, Initiierung und Steu-
- Das I40-Prozessmuster ist eine einheitliche Mo- erung von Wertschöpfungsprozessen erfolgt für
dellbasis, auf die die unterschiedlichsten I40- alle Wertschöpfungsprozesse nach dem gleichen
Produktionsstrukturen abgebildet werden kön- Grundmuster.
nen.
- Ordnet man allen Wertschöpfungsprozessen die
- Klassische und zukünftige Produktionsstrukturen sich aus dem Grundmuster ergebenden Funktio-
unterscheiden sich signifikant in der Gestaltung nalitäten zu, dann ergibt sich eine modulare Or-
der Produktionsketten, des Zuschnitts der Ver- ganisationsplattform, auf der die unterschiedli-
antwortlichkeiten und rechtlichen Zuständigkei- chen Wertschöpfungsprozesse autark und einheit-
ten, der Steuerung und Organisation der einzel- lich miteinander interagieren können.
nen Wertschöpfungsprozesse und in der Vernet-
zung der Organisations- und Informationsflüsse.

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2 Wertschöpfungsketten in I40

2 Einführung
„Industrie 4.0“ beschreibt ein Zukunftsszenario der Managementfunktionen in die Systeme der industriel-
industriellen Produktion. Die Plattform „Industrie len Automation integrierbar sein. Aus dieser Aufga-
4.0“ hat den Begriff „Industrie 4.0“ (I40) folgender- benstellung gehen die Anforderungen an die Gestal-
maßen definiert: tung zukünftiger industrieller Automatisierungssys-
teme hervor, an ihr muss sich eine zukünftige Refe-
„Der Begriff „Industrie 4.0“ steht für die vierte renzarchitektur orientieren.
industrielle Revolution, einer neuen Stufe der Or-
ganisation und Steuerung der gesamten Wertschöp- Zunächst ist jedoch zu klären, welche Wertschöp-
fungskette über den Lebenszyklus von Produkten. fungsketten, oder Teile von Wertschöpfungsketten,
Dieser Zyklus orientiert sich an den zunehmend einer I40-Umgebung zuzurechnen sind und welche
individualisierten Kundenwünschen und erstreckt nicht. Im Folgenden werden alle Wertschöpfungsket-
sich von der Idee, dem Auftrag über die Entwick- ten in denen die industrielle Produktion eine zentrale
lung und Fertigung, die Auslieferung eines Pro- Rolle spielt oder die für die industrielle Produktion
dukts an den Endkunden bis hin zum Recycling, eine zentrale Rolle spielen, als Teil der I40-
einschließlich der damit verbundenen Dienstleis- Landschaft angesehen. Beteiligte Akteure sind die
tungen. Basis ist die Verfügbarkeit aller relevanten Teilnehmer des Leitmarkts (produzierende Industrie)
Informationen in Echtzeit durch Vernetzung aller und die Leitanbieter (die Zulieferer von Ausrüstungs-
an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen sowie gegenständen, Knowhow, Engineeringleistung, Ma-
die Fähigkeit aus den Daten den zu jedem Zeit- nagementunterstützung usw.). Externe Akteure sind
punkt optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten. Lieferanten (Lieferung von Vorprodukten) und Nutzer
Durch die Verbindung von Menschen, Objekten (Bezieher von Produkten).
und Systemen entstehen dynamische, echtzeitopti-
mierte und selbst organisierende, unternehmens- Dieser Statusreport beschreibt und ordnet die für eine
übergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich I40-Umgebung relevanten Wertschöpfungsprozesse.
nach unterschiedlichen Kriterien wie bspw. Kosten, Das dargestellte Konzept ist eine Referenzgrundlage
Verfügbarkeit und Ressourcenverbrauch optimie- anhand derer sowohl herkömmliche als auch zukünf-
ren lassen.“ [www.plattform-i40.de] tige Prozessgestaltungen diskutiert und in ihren Be-
sonderheiten verdeutlicht werden können. Das Kon-
zept beschreibt nicht, wie Wertschöpfungsketten im
konkreten Fall informationstechnisch, operativ und
Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Automati- organisatorisch miteinander verkoppelt sind. Es ist
sierungstechnik die Aufgabenstellung, die Steuerung also kein I40-Architekturkonzept, sondern nur eine
und Organisation der Wertschöpfungsnetzwerke in Referenzgrundlage anhand derer die Besonderheiten
die Umgebung der industriellen Automation zu integ- von I40-Systemen, z. B. in der Neuartigkeit der in-
rieren. Diese Integration hat zwei Seiten: Auf der formellen, technischen, organisatorischen und rechtli-
einen Seite müssen die Funktionalitäten der industriel- chen Verkopplung von Wertschöpfungsketten, der
len Automationssysteme direkt von den übergeordne- internen Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen,
ten Managementsystemen genutzt werden können, auf der Initiierung und Steuerung von Wertschöpfungs-
der anderen Seite müssen Wertschöpfungs- prozessen usw. erläutert werden können.

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Wertschöpfungsketten in I40 3

3 Wertschöpfungsketten

Produkt Kunde
Marketing Vertrieb

Produkt- Produktlinien- Produktlinien- Abkündigungs-


entwicklung planung pflege management

Anlagen- und Instandhaltungs-


Produktions- Entsorgung
Verfahrens- und Rückbau-
engineering
entwicklung planung
After-Sales-
Services
Produktion

Produktions- Rückbau
Anlagenbau
anlage Instand-
Anlagenbetrieb haltung

Wertschöpfungsketten:
Dienst- Maschinen Vor- -- Produkt- und Produktlinienentwicklung
leistungen Geräte produkte -- Verfahrens- und Anlagenentwicklung
-- Produktproduktion und After-Sales-Services
Leitanbieter Zulieferer -- Technische Anlagen ©epple20131121

Bild 1. Wertschöpfungsprozesse die der „Industrie 4.0“-Landschaft zuzuordnen sind

In B ild 1 ist eine Übersicht über die der „Indust- Alle logistischen Prozesse, die unter der Kontrolle des
rie 4.0“ Landschaft direkt zuzurechnenden Wert- Leitmarkts innerhalb des I40-
schöpfungsprozesse dargestellt. Diese Wertschöp- Wertschöpfungsnetzwerks stattfinden, sind Teil der
fungsprozesse können vier Wertschöpfungsketten I40-Landschaft, alle anderen nicht. Zieht also z.B. ein
zugeordnet werden: Privatkunde eines Produkts von A nach B um und
nimmt dabei seine Geräte mit, dann ist dieser Um-
- Wertschöpfungskette Produkt- und Produktli- zugsprozess kein I40-Prozess (auch wenn die neue
nienentwicklung Adresse eine Rekonfiguration in der After-Sales-
Service-Sicht des Herstellers auslöst). Wird jedoch
- Wertschöpfungskette Verfahrens- und Anlagen-
innerhalb einer mehrstufigen Produktion ein Zwi-
entwicklung
schenprodukt von A nach B transportiert, dann ist
- Wertschöpfungskette Produktproduktion und dieser Transport ein I40-Prozess. Die der I40-
After Sales Service Landschaft zuzurechnenden logistischen Prozesse
sind in Bild 1 nicht explizit dargestellt, sie sind Teil
- Wertschöpfungskette Anlagenbau- und Anlagen- der grünen Pfeile.
betrieb
Wertschöpfungsketten verbinden Wertschöpfungspro-
Alle nicht zu den vier dargestellten Wertschöpfungs- zesse entlang des Lebenszyklus eines Assets. In
ketten gehörenden Prozesse sind nicht interner Teil Bild 1 wird dieser Zusammenhang durch die farbigen
der I40-Landschaft. Pfeile markiert. Aus Lebenszyklussicht ist eine Kette
immer unidirektional und azyklisch. Im Bild 1 darge-
Neben diesen internen Wertschöpfungsketten der I40- stellte Rückführungen (z. B. Instandhaltung-Betrieb)
Landschaft gibt es noch flankierende Wertschöp- verweisen auf die Möglichkeit, eine Folge im Lebens-
fungsketten, die im I40-Umfeld eine wichtige Rolle zyklus mehrfach nacheinander zu durchlaufen (hier
spielen, aber nicht direkt zu einem I40-System zählen. z. B. mehrfache Abfolge von Instandhaltungs- und
Dies sind z. B. Wertschöpfungsketten zur Entwick- Betriebsphasen in einer Anlage.).
lung und Pflege von Normen und Standards, von
Methoden, von Technologien, von Tools usw.. Die Die in Bild 1 dargestellten grauen Pfeile weisen auf
flankierenden Wertschöpfungsketten unterstützen die direkte informationstechnische Kopplungen zwischen
Ausführung der I40-internen Wertschöpfungsketten. den verschiedenen Wertschöpfungsketten hin. Die

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4 Wertschöpfungsketten in I40

Darstellung ist stark vereinfacht und unvollständig. onswelt (Pläne, Herstellvorschriften usw.). Es gibt
Dargestellt sind nur die wichtigsten Informationsflüs- jedoch einige Ausnahmen, z. B. Test- und Versuchs-
se im Vorwärtszweig. Nicht dargestellt sind zusätzli- anlagen, 3-D-Anlagenmodelle usw. die als Entwick-
che Vorabinformationen im Vorwärtszweig und ins- lungshilfsmittel physisch gebaut werden.
besondere die gesamten Informationsflüsse im Rück-
wärtszweig (so wird z. B. eine Produktlinienpflege Sämtliche Wertschöpfungsstufen sind entweder Teil
bisherige Erfahrungen aus der Instandhaltung und aus des Leitmarkts oder werden von Leitanbietern als
der Produktion für ihre zukünftige Strategie nutzen). Dienstleistung erbracht. Ziel ist eine weitgehende
Insgesamt zeigt Bild 1 ein „I40-Prozessmuster“, auf Integration der primären Wertschöpfungsstufen in die
das die konkreten Produktionsstrukturen abgebildet I40-Entwicklungs-, Produktions- und Management-
werden können. unterstützungsumgebung. Bei externem Verkauf des
IP (Lizenzen..) sind externe Nutzer z.B. andere Leit-
anbieter oder Produktionsbetriebe.
3.1 Wertschöpfungskette „Produkt- Leitmarkt
und Produktlinienentwicklung“ Verfahrens- Produktions- Instandhaltungs- Stilllegungs-
entwicklung engineering planung planung

Die Wertschöpfungskette „Produkt- und Produktli- Wertschöpfungskette „Verfahrens- und Anlagenentwicklung“


nienentwicklung“ beschreibt, wie in Bild 2 dargestellt,
Leitanbieter ©epple2013

die Wertschöpfung entlang der Produktentwicklung,


Produktlinienplanung, des Produktlinienmanagements Bild 3. Die Wertschöpfungskette „Verfahrens-
und Anlagenentwicklung“
bis hin zur Abkündigungsphase. Eine Produktlinie ist
strikt zu trennen vom Lebenszyklus eines einzelnen
realen Produkts.
3.3 Wertschöpfungskette
Typischerweise sind die in der Wertschöpfungskette „Produktproduktion und After-
„Produktlinie“ entstehenden Artefakte Gegenstände Sales-Services“
der Informationswelt (Pläne, Herstellvorschriften,
Produktionsvorschriften usw.). Es gibt jedoch einige Die Wertschöpfungskette „Produktproduktion und
Ausnahmen, z. B. Demonstratoren, Prototypen, 3-D- After-Sales-Services“ beschreibt die Wertschöpfung
Modelle, die als Entwicklungshilfsmittel physisch entlang der physischen Produktion eines Produkts. In
gebaut werden. der industriellen Produktion ist das Produkt immer ein
physischer Gegenstand. Er ist weder in seinem Um-
Sämtliche Wertschöpfungsstufen sind Teil des Leit- fang noch in seiner Art eingeschränkt, muss jedoch
markts. Ziel ist eine weitgehende Integration der pri- als Einheit hantiert und verwaltet werden können. So
mären Wertschöpfungsstufen in die I40- kann ein Produkt entweder ein einfaches Bauteil oder
Entwicklungs- und Managementunterstützungsumge- ein hochkomplexes intelligentes Gerät sein. Soweit
bung. Wichtige externe Nutzer und Kommunikations- möglich und sinnvoll können die Informationsverar-
partner sind z. B. Marketing, Vertrieb, After-Sales- beitungsfähigkeiten des Produkts selbst auch schon
Service. während der Produktion zur Produktionsunterstützung
Leitmarkt
und eigenen Qualitätssicherung genutzt werden. Dies
Produkt- Produktlinien- Produktlinien- Abkündigungs-
ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass das Produkt
entwicklung planung management management
im Produktionsprozess nicht Teil der Anlage ist. In
Bild 4 sind die verschiedenen Wertschöpfungsschritte
Wertschöpfungskette „Produkt- und Produktlinienentwicklung“
©epple2013
entlang des Produktlebenszyklus dargestellt.
Bild 2. Die Wertschöpfungskette „Produkt- und Kunde
Neu- Nutzung
Produktlinienentwicklung“ Vor-
zustand End-
zustand

produkt
After-Sales- Leitmarkt
industrielle Services Entsorgung
Produktion

3.2 Wertschöpfungskette „Verfahrens- Zu-


Wertschöpfungskette „Produktproduktion und After-Sales-Services“
und Anlagenentwicklung“ lieferer ©epple2013

Bild 4. Die Wertschöpfungskette „Produktle-


Die Wertschöpfungskette „Verfahrens- und Anlagen- benszyklus“
entwicklung“ beschreibt die Wertschöpfung entlang
der Verfahrens- und Anlagenplanung. In Bild 3 sind Die industrielle Herstellung und Entsorgung des Pro-
die verschiedenen Wertschöpfungsschritte dargestellt. dukts sind Teil des Leitmarkts. Die Nutzung erfolgt
Typischerweise sind die in der Wertschöpfungskette durch den Nutzer. In vielen Fällen erbringt der Leit-
entstehenden Artefakte Gegenstände der Informati- markt Dienste zur Unterstützung des Nutzers. Alle

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Wertschöpfungsketten in I40 5

Artefakte der Hauptkette sind Teil der physischen Geräte,


Ausrüstungs- Leitmarkt
Welt. Die Dienstleistungen zur Unterstützung des gegenstände

Anlagenbau Industrielle Rückbau


Nutzers sind sowohl physischer als auch informeller Produktion

Natur. Die Durchführung des industriellen Produkti- Pläne,


Verfahren

onsprozesses ist der Kernprozess eines I40- Instand-


haltung
Produktionssystems. Leit-
anbieter
Wertschöpfungskette „Technische Anlage“
Im After-Sales-Bereich gibt es zwei Sichten auf ein ©epple2013

Produkt: Die Sicht des Nutzers (Nutzersicht) und die Bild 5. Die Wertschöpfungskette „Technische
Sicht des Herstellers (After-Sales-Service-Sicht). Anlage“
Beide Sichten greifen zwar teilweise auf die gleichen
Lebenszyklusdaten zu (Betriebsstundenzähler usw.),
sind jedoch strikt getrennt zu betrachten. Nur die 3.5 Weitere flankierende
Sicht des Herstellers ist Teil des After-Sales-Service Wertschöpfungsketten
Prozesses und darüber Teil der I40-Landschaft. Die
Sicht eines Nutzers auf ein Produkt ist zunächst nicht Es gibt eine Reihe weiterer Wertschöpfungsketten, die
Teil der I40-Landschaft. hier nicht aufgeführt sind, die jedoch zum engen Um-
Wenn ein Produkt jedoch als Ausrüstungsgegenstand feld einer industriellen Produktion gehören und die
in einer industriellen Anlage oder als Vorprodukt für für die I40-Landschaft relevant sind. Dies sind z. B.
einen anschließenden Produktionsprozess zum Einsatz  Normen und Standards:
kommt, dann ist es auch über seine Nutzersicht Teil Normen und Standards sind werthaltige Assets.
der I40-Landschaft. So sind alle Bauteile einer indust- Ihre Erstellung und Pflege stellt eine eigene Wert-
riellen Anlage sowohl in ihrer Nutzersicht als auch in schöpfungskette dar.
ihrer After Sales Service-Sicht Teil der I40-
Landschaft, sie gehören sowohl einer Wertschöp-  Methoden, Modelle, Technologien:
fungskette Technische Anlage als auch einer Wert- Methoden, Modelle und Technologien können
schöpfungskette Produktproduktion und After Sales ebenfalls als Assets angesehen werden. Ihre Er-
Services an. stellung, Verifikation und Pflege stellt eine eigene
Wertschöpfungskette dar.

3.4 Wertschöpfungskette „Anlagenbau  Tools:


Tools jeder Art sind eigenständige Assets. Ihre Er-
und Anlagenbetrieb“
stellung, Pflege und Abkündigung stellt eine eige-
ne Wertschöpfungskette dar.
Die Wertschöpfungskette „Anlagenbau und Anlagen-
betrieb“ beschreibt, wie in Bild 5 dargestellt, die Die flankierenden Wertschöpfungsketten sind in dem
Wertschöpfung entlang der Errichtung, des Betriebs in Bild 1 dargestellten System nicht enthalten. Ihre
und des Rückbaus einer technischen Anlage. Sie um- Artefakte sind jedoch zweifellos von erheblicher
fasst sämtliche Umbauten, Erweiterungen, Instandhal- Bedeutung für die I40-Landschaft und finden in deren
tungsmaßnahmen usw. Systemen vielfältige Anwendung. Inwieweit sie selbst
als I40-Wertschöpfungsprozesse anzusehen sind ist
Bau, Betrieb und Rückbau der technischen Anlage
eine Ermessensfrage.
sind zentraler Teil des Leitmarkts. In vielen Fällen
Bei den flankierenden Wertschöpfungsketten wird die
erbringen die Leitanbieter Dienste zur Errichtung und
Flexibilität der gegenseitigen Nutzung besonders
Instandhaltung der Anlage. Alle Artefakte der Haupt-
deutlich. Zur Erstellung eines Tools oder der Entwick-
kette sind Teil der physischen Welt. Die Dienstleis-
lung einer neuen Methode kann man bestehende
tungen zur Unterstützung der Errichtung und Instand-
Tools und bestehende Methoden nutzen.
haltung sind sowohl physischer als auch informeller
Es gilt allgemein: Jedes durch eine Wertschöpfungs-
Natur.
kette bereitgestellte Artefakt kann in allen anderen
Wertschöpfungsketten genutzt werden.

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6 Wertschöpfungsketten in I40

4 Wertschöpfungsnetzwerke
Das in Bild 1 dargestellte Wertschöpfungsnetzwerk Aufgrund unterschiedlicher Geschäftsziele der Akteu-
kann insgesamt als ein Element eines umfassenderen re, unterschiedlicher Geschäftsmodelle oder verschie-
überbetrieblichen Wertschöpfungsnetzwerks aufge- dener Produktionsstrategien ergeben sich unterschied-
fasst werden. Die Verkopplung der Netzwerkelemente liche individuelle Strukturen. Diese unterscheiden
erfolgt gerichtet über die Verwendung von Produkten sich nicht nur in der Auswahl der beteiligten Wert-
des Vorläuferelements als Anlagenteile oder Vorpro- schöpfungsschritte, sondern auch in der Art ihrer
dukte in einem Nachfolgeelement. In Bild 6 ist eine Steuerung und Abwicklung.
solche Verkettung beispielhaft dargestellt. Dies soll an dem in Bild 7 dargestellten Beispiel er-
läutert werden:
Verkettet sind hier die Produkte eines Schraubenher-
stellers, eines Blechbearbeiters, eines Automatisie- Im Beispiel gibt es drei maßgebliche Akteure: Einen
rungsherstellers und eines Hausgeräteherstellers. Die klassischen Hersteller (A), einen Produktionsdienst-
grünen Pfeile verdeutlichen die Verkettung. So kön- leister (B) und einen Reparaturservice (C).
nen Schrauben in vielfältiger Weise sowohl als Anla-
genteile als auch als Vorprodukte benötigt werden. Akteur A – klassischer Hersteller
Die gestrichelten Pfeile weisen auf Verkettungen hin, A ist ein klassischer Hersteller, er produziert 3-D-
die sich auf den Typ eines Produkts beziehen, jedoch Drucker. A hat eine eigene Entwicklung und entwi-
nicht auf das einzelne physische Produkt. So wird ckelt seine Produktlinien (hier den 3-D-Drucker Typ
man bei einem Schraubenhersteller Steuerungen ein- XX3-D) selbst. A konzipiert und erstellt die zur Pro-
setzen. Umgekehrt sind in Steuerungen selbst Schrau- duktion erforderlichen Fertigungsstraßen. Er nutzt
ben als Vorprodukte verbaut. Es ist klar, dass dieselbe bekannte Fertigungsverfahren, eine Verfahrensent-
Schraube nicht in der Steuerung verbaut sein kann wicklung ist nicht erforderlich. A produziert die ein-
durch die sie produziert wird. In einer modernen Pro- zelnen 3-D-Drucker in Serie und verkauft diese über
duktionslandschaft erhält man ein umfangreiches und seinen Vertrieb. A unterhält einen After-Sales-Service
hochverkoppeltes System. und entsorgt, falls gewünscht, die Drucker am Ende
ihrer Nutzung. Zum Bau seiner Anlagen bezieht A
Wir kommen noch einmal auf das in Bild 1 darge- Anlagenteile (Ausrüstungsgegenstände, Geräte usw.)
stellte Wertschöpfungsnetzwerk zurück. Dieses um- Zur Produktion der 3-D-Drucker benötigt A Vorpro-
fasst alle zu einer klassischen Produktion gehörenden dukte (Motoren, Steuerungen, Bleche usw.). Er be-
Wertschöpfungsprozesse. Im Einzelfall ist zu prüfen, zieht diese Teile von Zulieferern. Das Ergebnis des
welche dieser Wertschöpfungsprozesse erforderlich Produktionsprozesses sind einzelne physische 3-D-
sind, wer diese ausführt und wie sie untereinander Drucker. Diese sind aus Sicht von A Produkte.
organisatorisch, informationstechnisch usw. verkop-
pelt sind.
Waschmaschine

Waschmaschinen-
hersteller

Steuerungen Bleche

SPS- Blech-
hersteller bearbeiter

Schrauben

Schrauben-
hersteller

©epple20140225

Bild 6. Wertschöpfungsnetzwerke im Großen

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Wertschöpfungsketten in I40 7

Akteur B – Produktionsdienstleister Service. Als Vorprodukte bezieht er die benötigten


B ist ein Produktionsdienstleister. Er betreibt eine Granulate und Produktionsmaterialien.
Anlage mit 3-D-Druckern um individuelle Kundenan-
forderungen zu bedienen. B hat dazu eine Anlage aus Akteur C – Reparaturservice
3-D-Druckern erstellt die er von A gekauft hat. Für B C ist ein Reparaturbetrieb. Er hat sich auf die Instand-
sind diese 3-D-Drucker also Anlagenteile, für ihn ist haltung von Altgeräten spezialisiert. Dabei entsteht
A ein Zulieferer. Der Aufbau der Anlage ist nicht sehr das Problem, dass in vielen Fällen die Ersatzteile
anspruchsvoll. Er stellt die Drucker einfach in seine nicht mehr am Markt verfügbar sind. Um seine Kun-
Fertigungshalle. Das Produktionsengineering ist also den trotzdem bedienen zu können, baut er die entspre-
mehr eine Aufstellungsplanung. Die Instandhaltung chenden Teile nach. Dazu macht er eine eigene
und Wartung macht er nur in geringem Umfang („Nachbau"-) Produktentwicklung, z. B. der benötig-
selbst. Er verlässt sich auf den After-Sales-Service des ten Zahnräder. Die Ergebnisse legt er in einem CAX-
Herstellers. Eine Verfahrensentwicklung, Instandhal- File ab, das den Produktionsplan enthält, der direkt an
tungs- und Rückbauplanung ist nicht erforderlich. den 3-D-Drucker im 3-D-Copyshop gesendet werden
B macht auch selbst keine Produktentwicklung. Er kann. Die Verantwortung für die Produktentwicklung
bietet nur seine Produktionsmöglichkeiten und Kapa- liegt bei C. Da es sich um Einzelprodukte handelt,
zitäten als Produktionsdienstleistung an. Konsequen- gibt es keine Produktlinienplanung oder Produktli-
terweise gibt es bei ihm auch keinen After-Sales- nienmanagement.

Nutzer
Reparaturbetrieb
Produkt-
entwicklung
Reparaturbetrieb
(Akteur C)
Entwicklung:3-D-
Fertigung Zahnrad Auftrag, Zahnrad
CAX-File
Produkt
Produktions-
engineering Betreiber:
3-D-Copyshop

Produktion
Zahnrad
3-D-Druck- Produktions- Aufstellung Abbau +
Produktionsdienstleister Dienstleistungs- 3-D-Drucker
Aufgestellte
Entsorgung
3-D-Drucker
anbieter Instand-
Anlagenbetrieb haltung
(Akteur B)

Anlagenteil Vorprodukt

Granulat
Marketing Vertrieb 3-D-Drucker
(Produkt)

Produkt
3-D-Drucker- Planung Pflege Abkündigungs-
entwicklung Typlinie XX3d Typlinie XX3d management

Instandhaltungs-
Produktions- Entsorgung
und Rückbau-
engineering
planung
After-Sales-

Produktion
Services 3-D-Drucker-Hersteller
3-D-Drucker
klassischer Errichtung Rückbau
Fertigungslinie
Hersteller Fertigungslinie
für XX3d Instand-
(Akteur A) Anlagenbetrieb haltung

Anlagenteil Vorprodukt
Werkzeugmaschine, SPS, Blech
SPS, Rollenbahn.. Schraube, ..
GMA FA7.21 ©epple20140109

Bild 7. Unterschiedliche Ausprägung der Netzwerke und Zuständigkeiten

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8 Wertschöpfungsketten in I40

5 Aufbau eines Wertschöpfungsprozesses


Jede Wertschöpfungskette besteht aus einzelnen Die Produktionsplanung, Produktionsausführung und
Wertschöpfungsprozessen. Jeder Wertschöpfungspro- die kommerzielle und organisatorische Auftragsab-
zess kann selbst als ein kleiner verallgemeinerter wicklung sind also allgemeine Konzepte, die jeder
Produktionsprozess angesehen werden, in dem aus operativen Ausführung eines Wertschöpfungsprozes-
Eingangsprodukten gezielt Ausgangsprodukte erzeugt ses zugrunde liegen. In der hier vorgestellten Struktu-
werden. In diesem verallgemeinerten Sinn kann ein rierung werden die Auftragsabwicklung, Produktions-
Produkt ein beliebiges Artefakt der physischen oder planung, Produktionssteuerung usw. als Grundfunkti-
der Informationswelt sein, so z. B. eine Festlegung, onen des Prozess-Meta-Modells angesehen, die zu
ein Plan, eine Strategie, ein repariertes Gerät, eine jedem Wertschöpfungsprozess immer intrinsisch mit
montierte Einrichtung oder eben ein neues Produkt im dazugehören. Dies hat den Vorteil, dass ein so be-
speziellen Sinne der industriellen Produktion. Wert- trachteter Prozess mit all seinen Aspekten als Einheit
schöpfungsprozesse sind keine natürlichen Prozesse, behandelt werden kann, der auch die interne Realisie-
sondern intentionale technische Prozesse. Sie laufen rung seiner Organisationsfunktionen verbirgt, und so
nicht von alleine, sondern werden gezielt geplant, einfach und flexibel in einem integrierten Wertschöp-
initiiert und in ihrem Ablauf gesteuert. Zu ihrer opera- fungsnetz hantiert werden kann. Grundlage der Integ-
tiven Ausführung sind eine Vielzahl unterschiedlicher ration ist die gedankliche Betrachtung des Prozesses
Aspekte zu betrachten und verschiedene Teilaufgaben auf drei Metaebenen: der Beschreibung des Prozess-
aktiv auszuführen. So lassen sich sämtliche Aufga- Typs, der Beschreibung einer Prozess-
benstellungen der Produktionsplanung, Produktions- Ausführungsinstanz und der tatsächlichen Prozessaus-
steuerung, Produktionsüberwachung, kommerziellen führung. Die Aktivitäten zur Erzeugung einer Ausfüh-
Auftragsabwicklung, des Ressourcenmanagements rungsinstanz und zur Prozessausführung sind Teil des
usw. in einem verallgemeinerten Sinn auf alle Arten Meta-Prozessmodells, das heißt, sie sind in ihrer
von Wertschöpfungsprozessen anwenden. Grundstruktur für alle Prozesse immer und überall
Auch wenn das Ausgangsprodukt ein Artefakt der gleich und vorhanden. In Bild 8 werden die Zusam-
Informationswelt ist, also z. B. ein Funktionsplan, menhänge verdeutlicht.
benötigt die operative Ausführung des Erstellungs-
prozesses einen Auftrag und einen „Produktionsplan“,
in dem konkret festgelegt wird, wann wer was mit
welchen Mitteln zu bearbeiten hat, um z. B. den Funk-
tionsplan zu erstellen.

Entwicklung
Prozesstyp

Prozessbeschreibung
Prozesstyp Prozedurbeschreibung
...
- Auftragsplanung
Planung einer
- Produktionsplanung
Ausführungsinstanz Ausführungszeitplan
- Disposition
Disponierte Ressourcen
Ausführungsinstanz - Anlagen, Tools,
- Vorprodukte
- Auftragsabwicklung - Personal, Finanzmittel..
- Produktions-
Ausführung steuerung
Bestandteil des
- Produktion
Wertschöpfungs-
- Dokumentation
prozessmodells
©epple2013

Bild 8. : Prinzipielle Zusammenhänge zwischen den Metaebenen der Prozessbeschreibung

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Wertschöpfungsketten in I40 9

6 VDI/VDE-GMA-Fachausschuss „Industrie 4.0“


Das Gelingen des Projekts „„Industrie 4.0““ und da- Fabrik“ sind bereits existent. Doch für den Erfolg des
mit der gemeinsamen Bemühungen der deutschen Projekts „„Industrie 4.0““ ergibt sich ein zusätzlicher
Industrie und Hochschulen erfordert ein einheitliches Standardisierungsbedarf.
Verständnis der grundlegenden Begriffe, Referenz-
modelle und Architekturkonzepte, an denen sich die Der GMA-Fachausschuss „„Industrie 4.0““ fokussiert
Entwicklung ausrichten kann. Hierfür ist eine Stan- derzeit auf folgende Punkte: Begriffe, Konzepte und
dardisierung unbedingt erforderlich. Viele Standards Referenzmodelle für „Industrie 4.0“. Im Vordergrund
zu den verwandten Themen „Industrielle Kommuni- steht die konsensbasierte Regelsetzung.
kation“, „Engineering“, „Modellierung“, „IT-
Sicherheit“, „Geräteintegration“ sowie zur „Digitalen

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Epple (Vorsitzender) Dr. Heinrich Kehl


RWTH Aachen NuK Consulting UG

Dr. Thomas Bangemann Dr.-Ing. Heiko Koziolek


ifak e.V. Magdeburg ABB Forschungszentrum

Dipl.-Ing. Matthias Barbian Dipl.-Ing. Albrecht Lederer


Siemens AG Your Expert Cluster GmbH- i.G.

Dipl.-Inform. Christian Bauer Dipl.-Ing. Sven Lohde


Siemens AG Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

Dr. Annerose Braune Dr.-Ing. Matthias Loskyll


TU Dresden DFKI GmbH

Dipl. Ing. (BA) Markus Diesner Dr. Ulrich Löwen


MPDV Mikrolab GmbH Siemens AG

Dipl.-Ing. Jens Friedrich Dipl.-Ing. Frank Lubnau


ISW Uni Stuttgart Siemens AG

Florian Göbe, M. Sc. Dipl.-Ing. Julius Pfrommer


RWTH Aachen Fraunhofer- IOSB

Prof. Dr. Thomas Greiner Dr.-Ing. Miriam Schleipen


Hochschule Pforzheim Fraunhofer IOSB

Dipl.-Inform. Sten Grüner Dipl.-Ing. Matthias Schnurrer


RWTH Aachen unipo GmbH

Eur. Ing. Roland Heidel Dipl.-Ing. Holk Traschewski


Siemens AG Your Expert Cluster GmbH

Dr.-Ing. Werner Herfs Dr.-Ing. Thomas Usländer


RWTH Aachen Fraunhofer IOSB

Dr.-Ing. Klaus Hesselmann Prof. Dr.-Ing. Clemens Westerkamp


Your Expert Cluster GmbH Hochschule Osnabrück (FH)

Dipl.-Ing. Markus Janßen Dipl.-Ing. Albrecht Winter


RWTH Aachen J. Schmalz GmbH

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite Prof. Martin Wollschlaeger


Hochschule Ostwestfalen-Lippe TU Dresden (FH)

www.vdi.de
Verein Deutscher Ingenieure e.V.
VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und
Automatisierungstechnik (GMA)
Tel. +49 211 6214-226
gma@vdi.de
www.vdi.de

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