Industrie 4.0
Wertschöpfungsketten
April 2014
Inhalt
1 Zusammenfassung 1
2 Einführung 2
3 Wertschöpfungsketten 3
3.1 Wertschöpfungskette „Produkt- und Produktlinienentwicklung“ 4
3.2 Wertschöpfungskette „Verfahrens- und Anlagenentwicklung“ 4
3.3 Wertschöpfungskette „Produktproduktion und After-Sales-Services“ 4
3.4 Wertschöpfungskette „Anlagenbau und Anlagenbetrieb“ 5
3.5 Weitere flankierende Wertschöpfungsketten 5
4 Wertschöpfungsnetzwerke 6
5 Aufbau eines Wertschöpfungsprozesses 8
6 VDI/VDE-GMA-Fachausschuss „Industrie 4.0“ 9
1 Zusammenfassung
Wertschöpfungsketten Wertschöpfungsprozesse
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2 Wertschöpfungsketten in I40
2 Einführung
„Industrie 4.0“ beschreibt ein Zukunftsszenario der Managementfunktionen in die Systeme der industriel-
industriellen Produktion. Die Plattform „Industrie len Automation integrierbar sein. Aus dieser Aufga-
4.0“ hat den Begriff „Industrie 4.0“ (I40) folgender- benstellung gehen die Anforderungen an die Gestal-
maßen definiert: tung zukünftiger industrieller Automatisierungssys-
teme hervor, an ihr muss sich eine zukünftige Refe-
„Der Begriff „Industrie 4.0“ steht für die vierte renzarchitektur orientieren.
industrielle Revolution, einer neuen Stufe der Or-
ganisation und Steuerung der gesamten Wertschöp- Zunächst ist jedoch zu klären, welche Wertschöp-
fungskette über den Lebenszyklus von Produkten. fungsketten, oder Teile von Wertschöpfungsketten,
Dieser Zyklus orientiert sich an den zunehmend einer I40-Umgebung zuzurechnen sind und welche
individualisierten Kundenwünschen und erstreckt nicht. Im Folgenden werden alle Wertschöpfungsket-
sich von der Idee, dem Auftrag über die Entwick- ten in denen die industrielle Produktion eine zentrale
lung und Fertigung, die Auslieferung eines Pro- Rolle spielt oder die für die industrielle Produktion
dukts an den Endkunden bis hin zum Recycling, eine zentrale Rolle spielen, als Teil der I40-
einschließlich der damit verbundenen Dienstleis- Landschaft angesehen. Beteiligte Akteure sind die
tungen. Basis ist die Verfügbarkeit aller relevanten Teilnehmer des Leitmarkts (produzierende Industrie)
Informationen in Echtzeit durch Vernetzung aller und die Leitanbieter (die Zulieferer von Ausrüstungs-
an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen sowie gegenständen, Knowhow, Engineeringleistung, Ma-
die Fähigkeit aus den Daten den zu jedem Zeit- nagementunterstützung usw.). Externe Akteure sind
punkt optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten. Lieferanten (Lieferung von Vorprodukten) und Nutzer
Durch die Verbindung von Menschen, Objekten (Bezieher von Produkten).
und Systemen entstehen dynamische, echtzeitopti-
mierte und selbst organisierende, unternehmens- Dieser Statusreport beschreibt und ordnet die für eine
übergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich I40-Umgebung relevanten Wertschöpfungsprozesse.
nach unterschiedlichen Kriterien wie bspw. Kosten, Das dargestellte Konzept ist eine Referenzgrundlage
Verfügbarkeit und Ressourcenverbrauch optimie- anhand derer sowohl herkömmliche als auch zukünf-
ren lassen.“ [www.plattform-i40.de] tige Prozessgestaltungen diskutiert und in ihren Be-
sonderheiten verdeutlicht werden können. Das Kon-
zept beschreibt nicht, wie Wertschöpfungsketten im
konkreten Fall informationstechnisch, operativ und
Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Automati- organisatorisch miteinander verkoppelt sind. Es ist
sierungstechnik die Aufgabenstellung, die Steuerung also kein I40-Architekturkonzept, sondern nur eine
und Organisation der Wertschöpfungsnetzwerke in Referenzgrundlage anhand derer die Besonderheiten
die Umgebung der industriellen Automation zu integ- von I40-Systemen, z. B. in der Neuartigkeit der in-
rieren. Diese Integration hat zwei Seiten: Auf der formellen, technischen, organisatorischen und rechtli-
einen Seite müssen die Funktionalitäten der industriel- chen Verkopplung von Wertschöpfungsketten, der
len Automationssysteme direkt von den übergeordne- internen Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen,
ten Managementsystemen genutzt werden können, auf der Initiierung und Steuerung von Wertschöpfungs-
der anderen Seite müssen Wertschöpfungs- prozessen usw. erläutert werden können.
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Wertschöpfungsketten in I40 3
3 Wertschöpfungsketten
Produkt Kunde
Marketing Vertrieb
Produktions- Rückbau
Anlagenbau
anlage Instand-
Anlagenbetrieb haltung
Wertschöpfungsketten:
Dienst- Maschinen Vor- -- Produkt- und Produktlinienentwicklung
leistungen Geräte produkte -- Verfahrens- und Anlagenentwicklung
-- Produktproduktion und After-Sales-Services
Leitanbieter Zulieferer -- Technische Anlagen ©epple20131121
In B ild 1 ist eine Übersicht über die der „Indust- Alle logistischen Prozesse, die unter der Kontrolle des
rie 4.0“ Landschaft direkt zuzurechnenden Wert- Leitmarkts innerhalb des I40-
schöpfungsprozesse dargestellt. Diese Wertschöp- Wertschöpfungsnetzwerks stattfinden, sind Teil der
fungsprozesse können vier Wertschöpfungsketten I40-Landschaft, alle anderen nicht. Zieht also z.B. ein
zugeordnet werden: Privatkunde eines Produkts von A nach B um und
nimmt dabei seine Geräte mit, dann ist dieser Um-
- Wertschöpfungskette Produkt- und Produktli- zugsprozess kein I40-Prozess (auch wenn die neue
nienentwicklung Adresse eine Rekonfiguration in der After-Sales-
Service-Sicht des Herstellers auslöst). Wird jedoch
- Wertschöpfungskette Verfahrens- und Anlagen-
innerhalb einer mehrstufigen Produktion ein Zwi-
entwicklung
schenprodukt von A nach B transportiert, dann ist
- Wertschöpfungskette Produktproduktion und dieser Transport ein I40-Prozess. Die der I40-
After Sales Service Landschaft zuzurechnenden logistischen Prozesse
sind in Bild 1 nicht explizit dargestellt, sie sind Teil
- Wertschöpfungskette Anlagenbau- und Anlagen- der grünen Pfeile.
betrieb
Wertschöpfungsketten verbinden Wertschöpfungspro-
Alle nicht zu den vier dargestellten Wertschöpfungs- zesse entlang des Lebenszyklus eines Assets. In
ketten gehörenden Prozesse sind nicht interner Teil Bild 1 wird dieser Zusammenhang durch die farbigen
der I40-Landschaft. Pfeile markiert. Aus Lebenszyklussicht ist eine Kette
immer unidirektional und azyklisch. Im Bild 1 darge-
Neben diesen internen Wertschöpfungsketten der I40- stellte Rückführungen (z. B. Instandhaltung-Betrieb)
Landschaft gibt es noch flankierende Wertschöp- verweisen auf die Möglichkeit, eine Folge im Lebens-
fungsketten, die im I40-Umfeld eine wichtige Rolle zyklus mehrfach nacheinander zu durchlaufen (hier
spielen, aber nicht direkt zu einem I40-System zählen. z. B. mehrfache Abfolge von Instandhaltungs- und
Dies sind z. B. Wertschöpfungsketten zur Entwick- Betriebsphasen in einer Anlage.).
lung und Pflege von Normen und Standards, von
Methoden, von Technologien, von Tools usw.. Die Die in Bild 1 dargestellten grauen Pfeile weisen auf
flankierenden Wertschöpfungsketten unterstützen die direkte informationstechnische Kopplungen zwischen
Ausführung der I40-internen Wertschöpfungsketten. den verschiedenen Wertschöpfungsketten hin. Die
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4 Wertschöpfungsketten in I40
Darstellung ist stark vereinfacht und unvollständig. onswelt (Pläne, Herstellvorschriften usw.). Es gibt
Dargestellt sind nur die wichtigsten Informationsflüs- jedoch einige Ausnahmen, z. B. Test- und Versuchs-
se im Vorwärtszweig. Nicht dargestellt sind zusätzli- anlagen, 3-D-Anlagenmodelle usw. die als Entwick-
che Vorabinformationen im Vorwärtszweig und ins- lungshilfsmittel physisch gebaut werden.
besondere die gesamten Informationsflüsse im Rück-
wärtszweig (so wird z. B. eine Produktlinienpflege Sämtliche Wertschöpfungsstufen sind entweder Teil
bisherige Erfahrungen aus der Instandhaltung und aus des Leitmarkts oder werden von Leitanbietern als
der Produktion für ihre zukünftige Strategie nutzen). Dienstleistung erbracht. Ziel ist eine weitgehende
Insgesamt zeigt Bild 1 ein „I40-Prozessmuster“, auf Integration der primären Wertschöpfungsstufen in die
das die konkreten Produktionsstrukturen abgebildet I40-Entwicklungs-, Produktions- und Management-
werden können. unterstützungsumgebung. Bei externem Verkauf des
IP (Lizenzen..) sind externe Nutzer z.B. andere Leit-
anbieter oder Produktionsbetriebe.
3.1 Wertschöpfungskette „Produkt- Leitmarkt
und Produktlinienentwicklung“ Verfahrens- Produktions- Instandhaltungs- Stilllegungs-
entwicklung engineering planung planung
produkt
After-Sales- Leitmarkt
industrielle Services Entsorgung
Produktion
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Wertschöpfungsketten in I40 5
Produkt: Die Sicht des Nutzers (Nutzersicht) und die Bild 5. Die Wertschöpfungskette „Technische
Sicht des Herstellers (After-Sales-Service-Sicht). Anlage“
Beide Sichten greifen zwar teilweise auf die gleichen
Lebenszyklusdaten zu (Betriebsstundenzähler usw.),
sind jedoch strikt getrennt zu betrachten. Nur die 3.5 Weitere flankierende
Sicht des Herstellers ist Teil des After-Sales-Service Wertschöpfungsketten
Prozesses und darüber Teil der I40-Landschaft. Die
Sicht eines Nutzers auf ein Produkt ist zunächst nicht Es gibt eine Reihe weiterer Wertschöpfungsketten, die
Teil der I40-Landschaft. hier nicht aufgeführt sind, die jedoch zum engen Um-
Wenn ein Produkt jedoch als Ausrüstungsgegenstand feld einer industriellen Produktion gehören und die
in einer industriellen Anlage oder als Vorprodukt für für die I40-Landschaft relevant sind. Dies sind z. B.
einen anschließenden Produktionsprozess zum Einsatz Normen und Standards:
kommt, dann ist es auch über seine Nutzersicht Teil Normen und Standards sind werthaltige Assets.
der I40-Landschaft. So sind alle Bauteile einer indust- Ihre Erstellung und Pflege stellt eine eigene Wert-
riellen Anlage sowohl in ihrer Nutzersicht als auch in schöpfungskette dar.
ihrer After Sales Service-Sicht Teil der I40-
Landschaft, sie gehören sowohl einer Wertschöp- Methoden, Modelle, Technologien:
fungskette Technische Anlage als auch einer Wert- Methoden, Modelle und Technologien können
schöpfungskette Produktproduktion und After Sales ebenfalls als Assets angesehen werden. Ihre Er-
Services an. stellung, Verifikation und Pflege stellt eine eigene
Wertschöpfungskette dar.
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6 Wertschöpfungsketten in I40
4 Wertschöpfungsnetzwerke
Das in Bild 1 dargestellte Wertschöpfungsnetzwerk Aufgrund unterschiedlicher Geschäftsziele der Akteu-
kann insgesamt als ein Element eines umfassenderen re, unterschiedlicher Geschäftsmodelle oder verschie-
überbetrieblichen Wertschöpfungsnetzwerks aufge- dener Produktionsstrategien ergeben sich unterschied-
fasst werden. Die Verkopplung der Netzwerkelemente liche individuelle Strukturen. Diese unterscheiden
erfolgt gerichtet über die Verwendung von Produkten sich nicht nur in der Auswahl der beteiligten Wert-
des Vorläuferelements als Anlagenteile oder Vorpro- schöpfungsschritte, sondern auch in der Art ihrer
dukte in einem Nachfolgeelement. In Bild 6 ist eine Steuerung und Abwicklung.
solche Verkettung beispielhaft dargestellt. Dies soll an dem in Bild 7 dargestellten Beispiel er-
läutert werden:
Verkettet sind hier die Produkte eines Schraubenher-
stellers, eines Blechbearbeiters, eines Automatisie- Im Beispiel gibt es drei maßgebliche Akteure: Einen
rungsherstellers und eines Hausgeräteherstellers. Die klassischen Hersteller (A), einen Produktionsdienst-
grünen Pfeile verdeutlichen die Verkettung. So kön- leister (B) und einen Reparaturservice (C).
nen Schrauben in vielfältiger Weise sowohl als Anla-
genteile als auch als Vorprodukte benötigt werden. Akteur A – klassischer Hersteller
Die gestrichelten Pfeile weisen auf Verkettungen hin, A ist ein klassischer Hersteller, er produziert 3-D-
die sich auf den Typ eines Produkts beziehen, jedoch Drucker. A hat eine eigene Entwicklung und entwi-
nicht auf das einzelne physische Produkt. So wird ckelt seine Produktlinien (hier den 3-D-Drucker Typ
man bei einem Schraubenhersteller Steuerungen ein- XX3-D) selbst. A konzipiert und erstellt die zur Pro-
setzen. Umgekehrt sind in Steuerungen selbst Schrau- duktion erforderlichen Fertigungsstraßen. Er nutzt
ben als Vorprodukte verbaut. Es ist klar, dass dieselbe bekannte Fertigungsverfahren, eine Verfahrensent-
Schraube nicht in der Steuerung verbaut sein kann wicklung ist nicht erforderlich. A produziert die ein-
durch die sie produziert wird. In einer modernen Pro- zelnen 3-D-Drucker in Serie und verkauft diese über
duktionslandschaft erhält man ein umfangreiches und seinen Vertrieb. A unterhält einen After-Sales-Service
hochverkoppeltes System. und entsorgt, falls gewünscht, die Drucker am Ende
ihrer Nutzung. Zum Bau seiner Anlagen bezieht A
Wir kommen noch einmal auf das in Bild 1 darge- Anlagenteile (Ausrüstungsgegenstände, Geräte usw.)
stellte Wertschöpfungsnetzwerk zurück. Dieses um- Zur Produktion der 3-D-Drucker benötigt A Vorpro-
fasst alle zu einer klassischen Produktion gehörenden dukte (Motoren, Steuerungen, Bleche usw.). Er be-
Wertschöpfungsprozesse. Im Einzelfall ist zu prüfen, zieht diese Teile von Zulieferern. Das Ergebnis des
welche dieser Wertschöpfungsprozesse erforderlich Produktionsprozesses sind einzelne physische 3-D-
sind, wer diese ausführt und wie sie untereinander Drucker. Diese sind aus Sicht von A Produkte.
organisatorisch, informationstechnisch usw. verkop-
pelt sind.
Waschmaschine
Waschmaschinen-
hersteller
Steuerungen Bleche
SPS- Blech-
hersteller bearbeiter
Schrauben
Schrauben-
hersteller
©epple20140225
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Wertschöpfungsketten in I40 7
Nutzer
Reparaturbetrieb
Produkt-
entwicklung
Reparaturbetrieb
(Akteur C)
Entwicklung:3-D-
Fertigung Zahnrad Auftrag, Zahnrad
CAX-File
Produkt
Produktions-
engineering Betreiber:
3-D-Copyshop
Produktion
Zahnrad
3-D-Druck- Produktions- Aufstellung Abbau +
Produktionsdienstleister Dienstleistungs- 3-D-Drucker
Aufgestellte
Entsorgung
3-D-Drucker
anbieter Instand-
Anlagenbetrieb haltung
(Akteur B)
Anlagenteil Vorprodukt
Granulat
Marketing Vertrieb 3-D-Drucker
(Produkt)
Produkt
3-D-Drucker- Planung Pflege Abkündigungs-
entwicklung Typlinie XX3d Typlinie XX3d management
Instandhaltungs-
Produktions- Entsorgung
und Rückbau-
engineering
planung
After-Sales-
Produktion
Services 3-D-Drucker-Hersteller
3-D-Drucker
klassischer Errichtung Rückbau
Fertigungslinie
Hersteller Fertigungslinie
für XX3d Instand-
(Akteur A) Anlagenbetrieb haltung
Anlagenteil Vorprodukt
Werkzeugmaschine, SPS, Blech
SPS, Rollenbahn.. Schraube, ..
GMA FA7.21 ©epple20140109
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8 Wertschöpfungsketten in I40
Entwicklung
Prozesstyp
Prozessbeschreibung
Prozesstyp Prozedurbeschreibung
...
- Auftragsplanung
Planung einer
- Produktionsplanung
Ausführungsinstanz Ausführungszeitplan
- Disposition
Disponierte Ressourcen
Ausführungsinstanz - Anlagen, Tools,
- Vorprodukte
- Auftragsabwicklung - Personal, Finanzmittel..
- Produktions-
Ausführung steuerung
Bestandteil des
- Produktion
Wertschöpfungs-
- Dokumentation
prozessmodells
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Wertschöpfungsketten in I40 9
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Tel. +49 211 6214-226
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