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Direct Torque Control für den verlustoptimalen Betrieb

eines Permanentmagnet-Synchronmotors
mit eingebetteten Magneten
Direct Torque Control for Interior Permanent Magnet Synchro-
nous Motors with Respect to Optimal Efficiency
Dipl.-Ing. Tobias Grote, Dipl.-Wirt. Ing. Michael Meyer, Prof. Dr.-Ing. Joachim Böcker, Universität Paderborn,
33098 Paderborn, Germany

Kurzfassung
Wegen ihrer guten Eigenschaften in Bezug auf Leistungs- und Drehmomentdichte sowie ihres hohen Wirkungs-
grads kommt Permanentmagnet-Synchronmotoren mit in den Rotor eingelassenen Magneten (interior permanent
magnet synchronous motors, IPMSM) eine immer größere Bedeutung zu. Durch die Integration der Permanent-
magnete in den Rotor ist der magnetisch wirksame Luftspalt entlang des Rotorumfangs nicht konstant, was zu
einer stark asymmetrischen Induktivitätsverteilung führt. Dies hat zur Folge, dass zusätzlich zu dem bekannten
Hauptdrehmoment ein Reluktanzdrehmoment auftritt, welches für den verlustoptimalen Betrieb berücksichtigt
werden muss. In diesem Beitrag wird die dafür notwendige Erweiterung des bekannten Regelungskonzeptes
„Direct Torque Control“ (DTC) vorgestellt, die den verlustoptimalen Betrieb von IPMSM sowohl im Ankerstell-
als auch im Flussschwächbereich, unter Berücksichtigung von Strom- und Spannungsgrenze, gewährleistet.

Abstract
Due to their high torque and power per volume ratio, interior permanent magnet synchronous motors (IPMSM)
are widespread electrical machines for traction drive applications. IPMSM exhibit a significant degree of sali-
ency along the rotor circumference. Thus, in order to exploit the full potential of an IPMSM drive, it is manda-
tory to utilize the reluctance torque. In this contribution a Direct Torque Control (DTC) structure is proposed
which ensures optimal efficiency at low rotor speed as well as at flux weakening operation. The proposed struc-
ture utilizes two Look Up Tables (LUT) for the determination of efficiency-optimal set values for flux and
torque. The LUT are generated based on measurement results. So, they do already account for saturation effects.

1 Einleitung Magneten für den Einsatz im Antriebsstrang eines


Hybridfahrzeugs hervorragend geeignet. Solche Mo-
Angesichts steigender Kraftstoffkosten und strenger toren weisen konstruktionsbedingt allerdings eine
umweltpolitischer Richtlinien kommt neuen Konzep- stark asymmetrische Induktivitätsverteilung entlang
ten und Entwicklungen für sparsame und umwelt- des Rotorumfangs auf. Dies führt dazu, dass neben
freundliche Fahrzeugantriebe eine immer größere Be- dem bekannten Hauptdrehmoment, das ausschließlich
deutung zu. Eine viel versprechende Technologie sind von der Bestromung quer zur Magnetisierungsrich-
Fahrzeuge mit Hybridantrieb. Bei Hybridfahrzeugen tung abhängt, auch ein Reluktanzdrehmoment auftritt.
besteht der Antrieb aus einer Kombination von Dieses Reluktanzdrehmoment hängt auch von der
Elektro- und Verbrennungsmotor. Durch diese Kom- Stromkomponente in Magnetisierungsrichtung ab und
bination ergeben sich Freiheitsgrade, die für eine Ver- muss für einen wirkungsgradoptimalen Betrieb sol-
besserung hinsichtlich Schadstoffemission und cher PMSM berücksichtigt werden. Daher wird ein
Verbrauch genutzt werden können. Regelungsverfahren benötigt, welches die Wirkung
Wegen ihrer guten Eigenschaften in Bezug auf von Haupt- und Reluktanzdrehmoment sowohl im
Leistungs- und Drehmomentdichte sowie ihres hohen Ankerstell- als auch im Flussschwächbereich optimal
Wirkungsgrads sind Permanentmagnet-Synchron- ausnutzt [1-7].
motoren (PMSM) mit in den Rotor eingelassenen
In diesem Beitrag wird die dafür notwendige Erweite- interpretiert werden.
rung des bekannten Regelungskonzeptes „Direct Tor- Diese Flussbegrenzung lässt sich in der d,q -Ebene als
que Control“ (DTC) [8] vorgestellt. Bei diesem Rege- Ellipse darstellen. Für verschiedene Drehzahlen ergibt
lungsverfahren werden das Drehmoment und der sich eine Schar von Ellipsen, deren gemeinsamer Mit-
Ständerfluss als Sollgrößen vorgegeben. telpunkt bei
Um den verlustoptimalen Betrieb sowohl im Anker-
stell-, als auch im Flussschwächbereich zu gewähr- ψp
id = − , iq = 0 (6)
leisten, wurde eine Sollwertvorgabe entworfen, die Ld
mit Hilfe zweier „Look Up Table“ (LUT) die jeweils
wirkungsgradoptimale Kombination von Fluss und liegt. In Bild 1 sind die Ellipsen (magenta) des maxi-
Drehmoment vorgibt. mal verfügbaren Flusses für verschiedene Drehfre-
quenzen ω1 < ω2 < ω3 bei konstanter Zwischenkreis-
spannung dargestellt.
2 Motormodell
ud , u q Spannungen im d,q-Koordinatensystem
Die Gleichungen für das Maschinenmodell werden in
id , iq Ströme im d,q-Koordinatensystem
rotorfesten d,q-Koordinaten angegeben. Diese Dar-
stellungsform hat bei Motoren mit asymmetrischer R Statorwiderstand
Induktivitätsverteilung (Ld ≠ Lq) den zusätzlichen Vor- Ld , Lq d- bzw. q-Komponente der Stator
teil, dass die Stranginduktivitäten in diesem mit dem induktivität
Polrad rotierenden Koordinatensystem unabhängig ωRS Elektrische Kreisfrequenz des Rotors
vom Polradwinkel sind.
ψp Hauptfluss der Permanentmagneten
Für die Komponenten der Ständerspannungen gilt
I max Maximal zulässiger Statorstrom
u d = Ri d + Ld i&d − ω RS Lq i q
(1) U dc Zwischenkreisspannung
uq = Riq + Lq i&q + ω RS Ld id + ω RSψ p . p Polpaarzahl
Das Drehmoment ergibt sich zu Tabelle 1 Formelzeichen

p (ψ p ⋅ iq + ( Ld − Lq ) ⋅ id iq ) ,
3
T= (2)
2
3 Verlustoptimaler Betrieb von
wobei der erste Summand das Hauptdrehmoment, der
zweite das Reluktanzdrehmoment angibt.
IPMSM
Der Arbeitsbereich des Synchronmotors wird von
Da mit steigendem Gesamtstrom auch die ohmschen
zwei Größen begrenzt. Zum einen darf zum Schutz
Verluste der Maschine steigen, muss für den verlust-
des Motors und des Wechselrichters ein maximaler
optimalen Betrieb die Stromzeigerlänge minimiert
Ständerstrom nicht überschritten werden, zum ande-
werden. Für ein gegebenes Drehmoment ist die
ren ist die maximal verfügbare Wechselrichterspan-
Stromzeigerlänge dort minimal, wo die Kurve kon-
nung begrenzt. Für den maximal zulässigen Strom gilt
stanten Drehmoments den kleinsten Abstand zum Ur-
2 2 2
id + iq ≤ I max . (3) sprung des Koordinatensystems hat. Einige Kennli-
nien konstanten Drehmoments, welche hyperbelartig
Die begrenzende Spannung ergibt sich im stationären verlaufen, sind in Bild 1 blau dargestellt. Für den ver-
Betrieb unter Vernachlässigung der ohmschen Verlus- lustoptimalen Betrieb des IPMSM ist demzufolge eine
te zu d–Komponente ungleich Null erforderlich. Diese ver-
lustoptimalen Arbeitspunkte ergeben dann die Kenn-
U dc linie maximalen Drehmoments bei minimalem
ω RS (ψ p + Ld id ) 2 + ( Lq iq ) 2 ≤ = U max (4)
3 Gesamtstrom, welche in Bild 1 grün dargestellt ist
und im Folgenden als Optimierungskennlinie bezeich-
Aus dieser Beziehung folgt, dass das Produkt aus net wird.
Drehfrequenz und dem Fluss im Motor den Span-
nungsbedarf im oberen Drehzahlbereich bestimmt.
Bei gegebener Drehzahl kann die Spannungsgrenze 3.1 Betrieb im Ankerstellbereich
somit auch als Grenze des maximalen Flusses
U dc Solange das geforderte Drehmoment in einem
ψ = (ψ p + Ld id ) 2 + ( Lq iq ) 2 ≤ ψ max (ω RS ) = (5) Arbeitspunkt auf der Optimierungskennlinie gestellt
3ω RS
werden kann, sollte der Motor in diesem verlustopti-
malen Bereich betrieben werden. Der Bereich
Bild 1 Charakteristische Kennlinien eines PMSM mit eingebetteten Magneten
Rot: Strombegrenzung
Magenta: Aus der Fluss- bzw. Spannungsbegrenzung resultierende Ellipsen
Grün: Maximales Drehmoment bei minimalem Gesamtstrom im Ankerstellbereich
Schwarz: Verlauf der Arbeitspunkte bei konstanter Drehfrequenz ω2 und verlustoptimalem Betrieb
Gelb: Maximales Drehmoment an der Spannungsgrenze im oberen Flussschwächbereich

innerhalb der Stromgrenze, in dem dieses ohne Ein- wird als Fluss- oder Feldschwächung bezeichnet.
schränkung möglich ist, wird als Ankerstellbereich Mit dieser Maßnahme steigt der Gesamtstrom und
bezeichnet. damit auch die dadurch verursachten Verluste. Der
Flussschwächbereich wird unterteilt in einen unte-
ren und einen oberen Flussschwächbereich. Im un-
3.2 Betrieb im Flussschwächbereich teren Flussschwächbereich wird das maximal mög-
liche Drehmoment an der Stromgrenze erreicht. Im
Nach (5) wird der maximal verfügbare Fluss durch oberen Flussschwächbereich wird das maximale
die angelegte Zwischenkreisspannung und die Drehmoment erreicht, ohne an die Stromgrenze zu
Drehzahl bestimmt. Außerhalb der entsprechenden gelangen (in Bild 1 gelb gekennzeichnet).
Flussellipsen können keine Arbeitspunkte einge-
stellt werden. Daher ist das erreichbare Drehmo-
ment auf der Optimierungskennlinie bei hoher 4 Verlustoptimale Sollwert-
Drehzahl begrenzt (vgl. Bild 1). Ein so großes
Drehmoment wie im Ankerstellbereich kann dem- vorgabe beim DTC- Regel-
nach im oberen Drehzahlbereich nicht mehr er- verfahren
reicht werden. Um das Drehmoment auch im obe-
ren Drehzahlbereich größtmöglich auszunutzen, 4.1 DTC-Regelverfahren
muss der Arbeitspunkt auf den Schnittpunkt der
entsprechenden Flussellipse und der Kurve kon- Das DTC-Regelverfahren beruht darauf, in Abhän-
stanten Drehmoments verschoben werden. Dazu gigkeit der Regeldifferenzen von Drehmoment und
muss, gegenüber dem Arbeitspunkt auf der Opti- magnetischem Fluss den jeweils optimalen Span-
mierungskennlinie, der q-Strom abgesenkt und der nungsraumzeiger auszuwählen, um so das Dreh-
d-Strom weiter (als zur optimalen Ausnutzung des moment und den Fluss gezielt und direkt, ohne
Reluktanzdrehmoments erforderlich) in den negati- Zwischenschaltung einer Pulsbreitenmodulation
ven Bereich verschoben werden. Diese Betriebsart (PWM), zu beeinflussen. Das Drehmoment wird
dabei über die Amplitude und den Winkel des Sta-
torflusszeigers geregelt. Mit den sechs aktiven
Spannungsraumzeigern U1...U6 (vgl. Bild 2a), die
der Pulswechselrichter schalten kann, stehen sechs
diskrete Raumzeigerrichtungen zur Verfügung, in
die eine Änderung des Statorflusses erzwungen
werden kann. Wird einer der Nullspannungszeiger
U0 oder U7 geschaltet, verändert sich der Flusszei-
ger näherungsweise nicht. Die Änderung des Dreh-
moments hängt in diesem Fall von der Winkelände-
rung des Permanentflusszeigers ψp ab, und diese
wiederum von der mechanischen Drehung des Ro-
tors. Mit der richtigen Wahl eines Spannungsraum-
zeigers kann also eine Änderung des Ständerfluss-
zeigers und somit auch eine Drehmomentänderung Bild 3 Blockschaltbild des DTC-Regelver-
bewirkt werden (vgl. Bild 2). fahrens
In welcher Weise sich der Flussbetrag und das
Drehmoment durch Aufschalten bestimmter Span-
nungsraumzeiger ändern, hängt von der Lage des
Ständerflusszeigers im ständerfesten Koordinaten-
4.2 Reglerstruktur
system ab. Daher wird die α, β-Ebene in sechs Sek-
Ausgehend von der Funktionsweise lässt sich die
toren unterteilt. Für jeden Sektor müssen die vier
Reglerstruktur für das DTC-Regelverfahren ent-
Spannungsraumzeiger bestimmt werden, die die in
werfen (Bild 3). Als Sollwerte dienen der Regelung
Bild 2b gekennzeichneten Funktionen erfüllen.
sowohl das Drehmoment als auch der Betrag des
Flusszeigers. Diese sollen mit hysteresebehafteten,
a) β
schaltenden Reglern innerhalb von vorgegebenen
U3
Toleranzbändern gehalten werden.
U2 Das Kernstück einer DTC-Reglerstruktur bildet ei-
010
110
ne Schalttabelle, in dem die resultierenden Kombi-
nationen aus Sektoren und Spannungsraumzeigern
hinterlegt sind. Neben den Signalen von Drehmo-
U4 U1 α
011
U0,U7
000, 111 100 ment- und Flussregler wird als weitere Eingangs-
größe der Sektor benötigt, in dem sich der Fluss-
U5 zeiger befindet. Ausgegeben werden binäre Steuer-
001
U6
101
signale, welche als Stellbefehle für die Ventile des
Fluss aufbauen, Pulswechselrichters dienen.
β Da die benötigten Istwerte von Fluss und Drehmo-
b) Drehmoment vergrößern
Fluss abbauen, 3 2
Fluss aufbauen,
ment sowie die Phasenlage des Flusszeigers nicht
Drehmoment vergrößern
Drehmoment verringern direkt zu messen sind, kommt ein Fluss- und Dreh-
4
0;7
1 momentschätzer zum Einsatz.

ψs 5 6
Fluss abbauen
ψP Drehmoment verringern
4.3 Sollwertvorgabe für verlust-
εRS optimalen Betrieb
α

Basierend auf den Erkenntnissen aus Abschnitt 3


lässt sich die DTC-Reglerstruktur um eine Soll-
wertvorgabe erweitern, welche mit Hilfe von zwei
Kennlinien (LUT) den verlustoptimalen Betrieb im
Ankerstell- und Flussschwächbereich unter Be-
Bild 2 a) Mögliche schaltbare Spannungs- rücksichtigung der Strom- und Spannungsgrenzen
raumzeiger mit zugehörigen Steuer- erlaubt. Die Struktur der resultierenden
worten Sollwertvorgabe zeigt Bild 4.
b) Auswahl des optimalen Spannungs- Als Sollgröße wird nur das Drehmoment vorgege-
raumzeigers bei positiver Drehrichtung ben. Der Sollfluss wird im Ankerstellbereich der
ersten Kennlinie ψopt(T), die die Kombinationen aus
U dc
3 ⋅ ω RS

Bild 4 Vorgabe der verlustoptimalen Sollwerte für Ständerfluss und Drehmoment

Drehmoment und Fluss auf der Optimierungskenn- Dazu wurden über den gesamten zulässigen Ar-
linie enthält, entnommen. Kann der optimale Soll- beits-bereich in der id,iq-Ebene die Spannungskom-
fluss auf Grund der begrenzten Spannung nicht ponenten ud und uq, sowie das Drehmoment bei
mehr erreicht werden, wird als Sollwert der maxi- konstanter Drehzahl aufgezeichnet und das resultie-
mal verfügbare Fluss |ψmax| vorgegeben. Die zweite rende Kennlinienfeld generiert (Bild 5).
Kennlinie Tmax(ψ) enthält das maximal stellbare Für die Kurven konstanten Drehmoments wurden
Drehmoment in Abhängigkeit des Flusses und stellt die Arbeitspunkte kleinsten Gesamtstroms ermittelt.
sicher, dass durch die Begrenzung des Solldreh- Diese sind die verlustoptimalen Arbeitspunkte im
moments die Stromgrenze eingehalten wird. Ankerstellbereich und ergeben die Optimierungs-
kennlinie. Jedem dieser verlustoptimalen Arbeits-
punkte konnte aus dem ermittelten Kennfeld der
4.4 Erstellen der Kennlinien zugehörige Flusswert zugeordnet werden. Diese
Kombinationen ergeben die Kennlinie aus Bild 6,
Um eine möglichst effektive Ausnutzung des die in dem LUT ψopt(T) hinterlegt ist.
PMSM zu erreichen, sollten auch Sättigungseffekte
bei der Erstellung der benötigten Kennlinien be-
rücksichtigt werden. Da keine Informationen über
die Sättigung der Induktivitäten vorlagen, wurde
das Kennfeld des verwendeten PMSM in einer
Messreihe aufgenommen.
ψ [Vs]

Bild 6 Implementierte Kennlinie ψopt(T)


Tmax [Nm]

Bild 5 Aus Messung resultierendes


Kennlinienfeld des PMSM Bild 7 Implementierte Kennlinie Tmax(ψ)
Das maximal erreichbare Drehmoment ist durch 150
den Schnittpunkt von Optimierungskennlinie und
Stromgrenze gegeben. Da der verwendete Motor 100

keinen oberen Flussschwächbereich aufweist, liegt


50
der Arbeitspunkt für das maximal erzielbare Dreh- Test
moment im gesamten Flussschwächbereich auf dem 0 T*
Schnittpunkt der entsprechenden Flussellipse und -2 0 2 4 6 8 10
der Stromgrenze. Dieser Zusammenhang von Fluss
und Drehmoment an der Stromgrenze lässt sich 0.46
ebenfalls dem aufgenommenen Kennfeld entneh- 0.45
men und als Kennlinie darstellen (Bild 7). Hieraus 0.44
entstand der LUT Tmax(ψ). 0.43
est
0.42 *
-2 0 2 4 6 8 10
5 Messergebnisse 100
id
Abschließend wurde die Funktion der Regelung an iq
50
einem Versuchsstand umfassend getestet und das Is
Verhalten intensiv untersucht. Die Implementierung
0
der Regelung erfolgte auf einem Industrie-PC mit
echtzeitfähiger Hardware der Firma dSPACE
GmbH. In Bild 8 bis Bild 11 sind einige Ergebnisse -50
-2 0 2 4 6 8 10
t [ms]
aus den praktischen Versuchen dargestellt, die das
dynamische Verhalten der Regelung dokumentie- Bild 8 Sprungantwort bei n=1000min-1
ren.

Polpaarzahl p 3
Statorwiderstand R 0,06Ω
Permanentfluss ψp 427mVs
d-Komponente der Stator-
Ld 1,51mH
induktivität (ohne Sättigung)
q- Komponente der Stator- Lq 2,97mH
induktivität (ohne Sättigung)
Maximaler Statorstrom I max 196A
Tabelle 2 Motorparameter

5.1 Transientes Betriebsverhalten


Die Dynamik und die stationäre Genauigkeit lassen
sich mit Hilfe einer Sprungantwort untersuchen.
Dazu wurde zunächst bei einer Drehzahl von
1000min-1 zum Zeitpunkt t=0 ein Drehmoment-
sollwertsprung von 0Nm auf 150Nm aufgeschaltet.
Betrachtet werden die Verläufe des Drehmoments,
des Flusses und der Ströme (Bild 8).
Bei dem Verlauf der Ströme fällt auf, dass die
d-Komponente nach Aufschalten des Sollwert- Bild 9 Sprungantwort bei n=2300min-1
sprungs zunächst positiv ist, was zu einem negati-
momentdynamik aus. Da sich die Amplitude des
ven Reluktanzdrehmoment führt. Der Grund hierfür
Flusses jedoch schneller als das Drehmoment ein-
ist der Sprung des Flusssollwertes, der aus dem
stellt, wird sichergestellt, dass stets genügend Fluss
Drehmomentsollwertsprung resultiert. Um den hö-
im Motor ist, um das geforderte Drehmoment stel-
heren geforderten Fluss zu erreichen, stellt sich zu-
len zu können. Ein so genanntes „Wegkippen“ des
nächst der positive Strom in d-Richtung ein, der zu
Motors kann somit ausgeschlossen werden.
dem negativen Reluktanzdrehmoment führt. Dieses
Dennoch zeigt sich die ausgezeichnete Drehmo-
Verhalten wirkt sich zwar nachteilig auf die Dreh-
mentdynamik des DTC-Regelverfahrens. Das ge-
schätzte Drehmoment erreicht sehr schnell den Führungsgröße in Form einer Rampenfunktion vor-
Sollwert und schwankt danach um diesen. Neben gegeben. Dargestellt sind die Verläufe für Dreh-
der Drehmomentwelligkeit im Toleranzband tritt moment, Fluss und Ströme. Der Flusssollwert folgt
kein Überschwingen auf. Die Welligkeit im Schätz- wie gefordert dem Drehmoment nach der Funktion
wert zeigt sich auch beim Flussverlauf. Dieses für aus Bild 6. Durch die Vorgabe von Drehmoment
das DTC-Regelverfahren typische Verhalten ist auf und Fluss ist der Arbeitspunkt des Motors im zuläs-
die hysteresebehafteten Zweipunktregler zurückzu- sigen Betriebsbereich eindeutig gegeben und die
führen. Im zeitlichen Mittel entsprechen die Istwer- entsprechenden Ströme stellen sich ein. Erreicht der
te den Sollwerten, weshalb die stationäre Genauig- Gesamtstrom die Grenze des maximal zulässigen
keit gegeben ist. Stroms, ist auch das maximal erzielbare Drehmo-
ment erreicht. Durch die Begrenzung des Drehmo-
Bild 9 zeigt das transiente Verhalten der Regelung
ments auf diesen Wert wird der maximal zulässige
im Flussschwächbereich. Dazu wurde bei einer
Strom nicht überschritten. Ein sicherer Betrieb des
Drehzahl von 2300min-1 der Drehmomentsollwert
Motors an der Stromgrenze ist somit im Ankerstell-
sprungförmig von 50Nm auf 150Nm geändert. Ein
bereich gewährleistet.
solcher Betrieb ist bei kaskadierten Stromregelun-
gen problematisch, da an der Spannungsgrenze kei- In Bild 11 wurde das Solldrehmoment wiederum
ne Stellreserve zur Verfügung steht. Beim DTC- als Rampenfunktion vorgegeben, allerdings bei ei-
Regelverfahren wird erwartet, dass ein Drehmo- ner wesentlich höheren Drehzahl von 2300min-1.
mentsollwertsprung im Flussschwächbereich zu Erwartet wird, dass die Arbeitspunkte, wie in Bild 1
keinen Problemen führt, da durch die direkte Vor- gekennzeichnet, zunächst auf der Optimierungs-
gabe des verfügbaren Flusses die Spannungsgrenze kennlinie verlaufen und beim Erreichen der ent-
stets eingehalten wird. Im Vergleich mit der Dreh- sprechenden Flussellipse dem Verlauf dieser Kenn-
momentsteilheit aus Bild 8 erfolgt der Dreh- linie des maximal verfügbaren Flusses folgen.
momentanstieg im Flussschwächbereich etwas Durch die Drehzahl und die Zwischenkreisspan-
langsamer. Die Welligkeit im Sollfluss, der sich aus nung ist der maximal verfügbare Fluss gegeben.
(5) ergibt, ist auf Schwankungen der Zwischen- Dieser Wert wird abzüglich einer Sicherheitsreserve
kreisspannung zurückzuführen. als Sollwert für die Regelung verwendet, sobald der
optimale Sollfluss diesen Wert überschreitet. Um
den geforderten kleineren Flusswert zu erreichen,
5.2 Stationäres Betriebsverhalten stellt sich ein größerer flussschwächender Strom in
negativer d-Richtung ein. Beim Erreichen der
Bei der Messung aus Bild 10 wurde bei einer kon-
stanten Drehzahl von 500min-1 das Drehmoment als 400

300

200
T [Nm]

T est
100
T*
Tmax
0
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3
0.48

0.46
0.44

0.42
[Vs]

| est|
0.4 | opt|
0.38 | max|
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3
150
id
100 iq
Is
50

0
I [A]

-50

-100
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3
t [s]

Bild 11 Verhalten bei n=2300min-1


Bild 10 Verhalten bei n=500min-1
Stromgrenze würde daher weniger drehmomentbil- Trans. Ind. Appl., vol. 26, no. 5, Sept./Oct.
dender Strom in q-Richtung zur Verfügung stehen, 1990
als zur optimalen Ausnutzung von Haupt- und Re- [2] Morimoto, S.; Tong, Y; Takeda, Y.; Hisara, T.:
luktanzdrehmoment notwendig, weshalb auch das Loss Minimization Control of Permanent
erzielbare Drehmoment geringer ist, als beim Be- Magnet Synchronous Motor Drives, IEEE
trieb im Ankerstellbereich. Diese Betriebsart ent- Trans. Ind. Appl., vol. 41, no. 5, Oct. 1994
lang der Spannungsgrenze ist ein großer Vorteil des [3] Mademlis, C.; Agelidis, V.: On Considering
DTC-Regelverfahrens gegenüber anderen Rege- Saturation with Maximum Torque to Current
lungskonzepten, da sich der verfügbare Ständer- Control in Interior Permanent Magnet Syn-
fluss leicht bestimmen lässt und als Sollwert direkt chronous Motor Drives, IEEE Trans. Energy
vorgegeben wird. Conv, Vol. 16, No 3, Sep. 2001
[4] Mademlis, C.; Margaris, N.: Loss Minimiza-
tion in Vector-Controlled Interior-Permanent-
6 Zusammenfassung Magnet Synchronous Motor Drives, IEEE
Trans. Industrial Electronics, Vol. 49, No 6,
Bei PMSM mit eingebetteten Magneten trägt neben Dec. 2002
dem Hauptdrehmoment, welches aus der Strom- [5] Chédot, L.; Friedrich, G.: Optimal control of
komponente quer zur Magnetisierungsrichtung re- interior permanent magnet synchronous inte-
sultiert, ein Reluktanzdrehmoment zum Gesamt- grated starter-generator, EPE, Toulouse, 2003.
drehmoment bei, welches auch von der Stromkom- [6] Pan, C.; Sue, S.: A Linear Maximum Torque
ponente in Magnetisierungsrichtung abhängt und Per Ampere Control for IPMSM Drives Over
für den verlustoptimalen Betrieb nicht vernachläs-
Full-Speed Range, IEEE Trans. Energy Conv.,
sigt werden darf.
2005
Das DTC-Regelverfahren bietet die Möglichkeit,
[7] Meyer, M.; Böcker, J.: Optimum Control for
durch gezielte Vorgabe von Solldrehmoment und
Interior Permanent Synchronous Motors
Sollfluss IPMSM im Ankerstell- und im Fluss-
(IPMSM) in Constant Torque and Flux Weak-
schwächbereich wirkungsgrad-optimal zu betrei-
ben. Die dafür erforderliche Sollwertvorgabe wurde ening Range, IEEE EPE-PEMC 2006
vorgestellt und in die Reglerstruktur integriert. Da [8] Takahashi, I.; Noguchi, T.: A New Quick-
die verwendeten Kennlinien auf Messwerten basie- Response and High-Efficiency Control Strat-
ren, sind auch Sättigungseffekte des Motors be- egy of an Induction Motor, IEEE Trans. Ind.
rücksichtigt, was ebenfalls zur Effizienzsteigerung Appl. vol. IA-22 (1986), page 820-827
beiträgt.
Die entwickelte Reglerstruktur wurde an einem
Prüfstand implementiert. In zahlreichen praktischen
Versuchen wurde gezeigt, dass die entwickelte
DTC den Anforderungen bezüglich des verlustop-
timalen Betriebs im Ankerstell- und Flussschwäch-
bereich unter Einhaltung von Strom- und Span-
nungsgrenze gerecht wird. Zudem konnte die aus-
gezeichnete Drehmomentdynamik des DTC-
Regelverfahrens nachgewiesen werden.
Da sich bei dynamischen Vorgängen der geforderte
Fluss schneller als das zu stellende Drehmoment
einstellt, werden kritische Betriebszustände ver-
mieden. Im Vergleich zur weit verbreiteten
Feldorientierten Regelung ist die vorgestellte
Reglerstruktur sehr gut für den Betrieb im
Flussschwächbereich geeignet. Ein weiterer Vorteil
liegt in der relativ einfachen Implementierung.

7 Literatur
[1] Morimoto, S.; Takeda, Y.; Hisara, T.; Tanigu-
chi, K.: Expansion of Operating Limits for
Permanent Magnet Motor by Current Vector
Control Considering Inverter Capacity, IEEE

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