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Kristina Augst / Carolin Simon-Winter: Was ist dialogisches Lernen?

Ausgangslage:
Sowohl die Anzahl evangelischer wie katholischer Schüler*innen ist stark rückläufig wie auch die
kirchliche Anbindung der getauften Kinder und Jugendlichen. Eine auf Schülerorientierung
basierende Didaktik muss anerkennen, dass konfessionelle Differenzen für die Schüler*innen nicht
prioritär sind, wohl aber religiös und weltanschauliche Vielfalt Interesse erweckt und erzeugt.
Diese Vielfalt im Klassenzimmer hat drei Dimensionen:
1.) Das Nebeneinander verschiedener Religionen und Weltanschauungen in einer Lerngruppe.
2.) Die Vielfalt und Ambiguität innerhalb einer Religion bzw. Weltanschauung.
3.) Die Vielfalt und Ambiguität innerhalb einer Person.
Die verschiedenen Differenzerfahrungen sind Ressource für den Lernprozess.

Rechtliche Grundlagen des dialogischen Lernens im Religions- und Ethikunterricht:


Dialogisches Lernen versteht sich als konfessioneller RU im Sinne des GG 7.3 („Übereinstimmung mit
den Grundsätzen der Religionsgemeinschaft“). Dialogischer RU wahrt gerade in heterogener
Lerngruppenzusammensetzung die positive wie negative Religionsfreiheit. Dies unterscheidet ihn von
Unterricht im Klassenverband wie er in den Berufsschulen Praxis ist. Als Ethikunterricht verstanden
wird die positive Religionsfreiheit religiöser Schüler*innen u.U. nicht realisiert, und als
Religionsunterricht verstanden, wird u.U. die negative Religionsfreiheit konfessionsungebundener
Schüler*innen übergangen.

Was bedeutet dialogisches Lernen im Religions- bzw. Ethikunterricht konkret?


Dialogisches Lernen braucht die Anerkenntnis, dass es kein Ich ohne Du gibt.
Dialogisches Lernen zielt nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern auf den
konstruktiven Umgang mit Differenz.
Gemeinschaft entsteht nicht durch Homogenität, sondern durch Dialog darüber, was Menschen
verbindet und was sie trennt.
Dialogisches Lernen braucht einen „safe space“, in der Jede und Jeder zu Wort kommen kann, es Zeit
zum Zuhören und Nachdenken gibt und auch unfertige Gedanken ihren Raum haben.
Die einzelnen Religionen / Weltanschauungen werden durch ihre Innensicht vertreten. Die
Religionen / Weltanschauungen werden wo es möglich ist, durch deren Vertreter*innen dargestellt,
ansonsten müssen die Binnenperspektiven über Material und Didaktik abgebildet werden. Die
einzelne Religion / Weltanschauung wird in ihrer eigenen Vielgestaltigkeit sichtbar.
Der einzelne Lernende wird nicht als Experte oder Repräsentant seiner Religion oder
Weltanschauung angesprochen, sondern als Kennerin der eigenen (familiären) Tradition.
Die Lehrenden nehmen unterschiedliche Rollen ein. Sie sind Repräsentant*innen und Bürgen ihrer
Religion / Weltanschauungen. Gleichzeitig spielen sie Materialien aus der Binnenperspektive anderer
Religionen ein oder öffnen Räume für Expert*innen aus solchen. Außerdem übernehmen sie die
Funktion des Moderators / der Moderatorin.

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