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Technische Universität München Sommersemester 2019

Fakultät für Informatik Lösungsblatt 3


Lehrstuhl für Algorithmen und Komplexität 20. Mai 2019
Prof. Dr. Susanne Albers
Leon Ladewig, Luisa Peter, Jens Quedenfeld

Diskrete Wahrscheinlichkeitstheorie

Tutoraufgabe 1
Wir betrachten die Eckpunkte des dreidimensionalen Einheitswürfels, aus denen wir zu-
fällig und mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine Ecke auswählen. Außerdem definieren wir
eine Zufallsvariable X : {0, 1}3 → R, welche jeden Eckpunkt des Würfels auf seine eukli-
dische Norm abbildet. Es gilt also X(p) = kpk2 . Bestimmen Sie die Dichte, die Verteilung,
den Erwartungswert und die Varianz von X.
Lösungsvorschlag
Sei p ∈ {0, 1}3 eine beliebige Ecke des Würfels und k die Anzahl der Komponenten mit
Wert 1. Es gilt somit q √
X(p) = kpk2 = p21 + p22 + p23 = k.
Die euklidische Norm hängt also nur von k ab. Für jedes 0 ≤ k ≤ 3 existieren wiederum
3

genau k Ecken, deren Anzahl an Komponenten mit Wert 1 gleich k ist. Die Dichte und
Verteilung von X sind folglich

1
√  √
 für x = 0  0 für x < 0

 8
3
√ 

1
√ √
 8 für x = √1  8 für √0 ≤ x < √1

 

 
fX (x) = 38 für x = 2 sowie FX (x) = 12 für 1 ≤ x < 2 .
 1
√  7
√ √
für x = 3 für 2 ≤ x < 3

 

1 für √3 ≤ x


 8 

 8
0 sonst

Mit Hilfe der Dichtefunktion lässt sich jetzt der Erwartungswert


√ √
1 √ 3 √ 3 √ 1 √ 3+3 2+ 3
E[X] = · 0 + · 1 + · 2 + · 3 = ≈ 1,12184
8 8 8 8 8
unmittelbar bestimmen, wie auch die Varianz

Var[X] = E[X 2 ] − E[X]2


  √ √ !2
1 3 3 1 3+3 2+ 3
= ·0+ ·1+ ·2+ ·3 −
8 8 8 8 8
√ √ √
33 − 9 2 − 3 3 − 3 6
=
32
≈ 0,24148.
Tutoraufgabe 2
Agathe und Balthasar werfen abwechselnd eine Münze, bis zum ersten Mal Kopf fällt. Sei
n die Anzahl der Würfe bis zum Spielende. Als Zahlungsschema schlägt Agathe vor, dass
der Verlierer dem Gewinner 2n /n Euro zahlt. Angenommen, Agathe macht den ersten
Wurf und die Wahrscheinlichkeit für Kopf beträgt 1/2.

(a) Sei X Agathes Gewinn, wobei X negativ ist, falls Agathe verliert. Zeigen Sie, dass
der Erwartungswert von X nicht existiert.

(b) Konstruieren Sie ein alternatives Zahlungsschema, sodass der Erwartungswert von
Agathes Gewinn existiert, die Varianz aber nicht.

Lösungsvorschlag

(a) Der Erwartungswert von X, sofern er existieren würde, wäre gegeben durch
∞  ∞
X
n+1 2n  1 X 1
E[X] = (−1) · · n = (−1)n+1 · .
n=1
n 2 n=1
n

Hierbei handelt es sich um die alternierende harmonische Reihe, welche gegen


ln(2) ≈ 0,69315 konvergiert.
Für die Existenz des Erwartungswerts ist einfache Konvergenz jedoch nicht ausrei-
chend. Vielmehr ist absolute Konvergenz gefordert. Wir betrachten also den Term
∞ n ∞
n+1 2 1 1
X X
(−1) · · n = .

n=1
n 2 n=1
n

Offensichtlich handelt es sich hier um die harmonische Reihe. Da diese divergiert,


existiert kein Erwartungswert für X.
Warum man absolute Konvergenz für die Existenz des Erwartungswertes fordert,
wird an folgendem Beispiel klar: Wir betrachten wieder die alternierende harmoni-
sche Reihe
1 1 1
1 − + − + . . . = ln(2) .
2 3 4
Durch Umordnung der Summanden können wir erreichen, dass diese Reihe den
Grenzwert ln(2)/2 annimmt. Hierzu schreiben wir die Reihe als
1 1 1 1 1 1 1 1
1− − + − − + − − + ...
2 4 3 6 8 5 10 12
und fassen je drei aufeinanderfolgende Summanden zusammen, was die Reihe
∞ ∞ ∞
X 1 1 1 X 1 1 1X 1 1
− − = − = −
n=1
2n − 1 4n − 2 4n n=1 4n − 2 4n 2 n=1 2n − 1 2n

ergibt. Ausschreiben der Summe ∞ 1 1


P
n=1 2n−1 − 2n liefert gerade wieder die ursprüng-
liche Darstellung der alternierenden harmonischen Reihe, sodass sich hier ein Grenz-
wert von ln(2)/2 ergibt.

2
Allgemein gilt der Riemannsche Umordnungssatz, wonach man sogenannte bedingt
konvergente Reihen durch geeignete Umordnung gegen einen beliebigen Wert kon-
vergieren, oder sogar divergieren lassen kann. Hingegen kann für jede absolut kon-
vergente Reihe gezeigt werden, dass ihr Grenzwert und Konvergenzverhalten unab-
hängig von der konkreten Reihenfolge der Summanden ist. Gerade diese Eigenschaft
ist beim Erwartungswert erwünscht, da er offensichtlich nicht von der Reihenfolge,
in der sein Wertebereich aufgezählt wird, abhängen sollte.

(b) P
Für die zweite Teilaufgabe betrachten wir die allgemeine harmonische Reihe
∞ α
n=1 1/n . Diese ist für α > 1 konvergent und ansonsten divergent.
Beispielsweise können wir eine Gewinnauszahlung definieren, bei der Agathe bzw.
Balthasar 2n /n2 Euro von ihrem Mitspieler erhalten, falls sie zuerst Kopf werfen. Den
Gewinn, den Agathe nach dem neuen Auszahlungsschema erzielt, bezeichnen wir mit
Y . Nachdem die allgemeine harmonische Reihe wie bereits besprochen konvergiert,
existiert der Erwartungswert von Y , denn es gilt
∞ n ∞
n+1 2 1 1
X X
(−1) · 2 · n = .

n 2 n2
n=1 n=1

Damit die Varianz von Y existiert, muss allerdings auch der Erwartungswert von
Y 2 existieren, da Var[Y ] = E[Y 2 ] − E[Y ]2 . Betrachten wir die Reihe
∞ n 2 ∞
X
n+1 2 1 X 2n
(−1) · 2 · n = ,

n=1
n 2 n=1
n4

so fällt auf, dass der Term 2n /n4 für n P


→ ∞ unendlich groß wird. Gemäß dem
Nullfolgenkriterium divergiert die Reihe ∞ n 4
n=1 2 /n . Daher kann die Varianz von
Y nicht existieren.

Tutoraufgabe 3
Alan besitzt ein Deck mit n Karten, bei dem die gegenüberliegenden Seiten der i-ten
Karte jeweils mit der Zahl 2i−1 bzw. 2i bedruckt sind. Nachdem er die Karten gemischt
und gestapelt hat, zeigt er seinem Freund Benedikt die Oberseite des Stapels. Sei X die
abgebildete Zahl.

(a) Bestimmen Sie den Erwartungswert von X unter der Annahme, dass jede der 2n
Kartenseiten gleich wahrscheinlich auf der Oberseite des Stapels zu sehen ist.

(b) Da Benedikt Geburtstag hat, macht Alan ihm das folgende Angebot: Entweder er
schenkt ihm sofort X Euro, oder er lässt Benedikt die oberste Karte umdrehen
und schenkt ihm den Betrag auf der Rückseite. Angenommen, Benedikts einzige
Information über die Reihenfolge der Karten im Stapel ist die Oberseite der obersten
Karte. Wie sollte er sich entscheiden? Zeigen Sie, dass Benedikt mit einer geeigneten
Strategie mehr als E[X] Euro erwarten kann.

3
Lösungsvorschlag

(a) Insgesamt können n verschiedene Karten auf der Oberseite des Stapels liegen. Al-
lerdings sieht Benedikt nur deren Oberseite. Liegt die i-te Karte oben auf, so sieht
Benedikt also entweder 2i−1 oder 2i . Da alle Kartenseiten gleich wahrscheinlich sind,
folgt für den Erwartungswert
n
X 1 1
E[X] = 2i−1 · + 2i ·
i=1
2n 2n
n−1
1 1 X 1
= 20 · + 2n · +2· 2i ·
2n 2n i=1
2n
1 2n 2n − 2
= + +2·
2n 2n 2n
3 · (2n − 1)
= .
2n

(b) Sei Y der Geldbetrag, den Benedikt entsprechend seiner Strategie von Alan ge-
schenkt bekommt. Des Weiteren bezeichne Ei das Ereignis, dass die Zahl auf der
Oberseite des Stapels 2i ist.
Für E0 und En ist Benedikts bestmögliche Wahl klar. Im ersten Fall sollte Benedikt
die Karte umdrehen, da er weiß, dass auf der anderen Seite 21 gedruckt ist. Im
zweiten Fall sollte er die Karte nicht umdrehen, da auf der anderen Seite 2n−1 steht.
Für 1 < i < n befinden sich auf der anderen Seite jeweils mit Wahrscheinlichkeit
1/2 die Zahlen 2i−1 und 2i+1 . Im Erwartungswert erzielt Benedikt durch Umdrehen
der Karte also einen Gewinn von 2i−1 · 1/2 + 2i+1 · 1/2 = 5/4 · 2i . Das ist 1/4 mehr als
das Geld, das er bekommt, falls er die Karte nicht umdreht. Folglich sollte Benedikt
die oberste Karte immer umdrehen, sofern das Ereignis En nicht eingetreten ist.
Die Ereignisse E0 bzw. En haben jeweils eine Wahrscheinlichkeit von 1/(2n). Alle
anderen Ereignisse Ei haben eine Wahrscheinlichkeit von 1/n. Gemäß Satz 36 der
Vorlesung berechnet sich der Erwartungswert der gerade besprochenen Strategie zu
n−1
X 
E[Y ] = E[Y | E0 ] · Pr[E0 ] + E[Y | En ] · Pr[En ] + E[Y | Ei ] · Pr[Ei ]
i=1
n−1
1 1 X 5 1
=2· + 2n · + · 2i ·
2n 2n i=1
4 n
2 2n 5 2n − 2
= + + ·
2n 2n 2 2n
3 · ((7/6) · 2n − 1)
= .
2n

Am letzten Term sieht man sofort, dass E[X] < E[Y ]. Benedikt kann also die Mög-
lichkeit Karten umdrehen zu dürfen zu seinem Vorteil nutzen.
Es ist interessant anzumerken, dass Benedikt in fast allen Fällen die oberste Kar-
te umdrehen sollte. Insbesondere wird En für n → ∞ beliebig unwahrscheinlich.

4
Fälschlicherweise könnte man daher davon ausgehen, dass der Fall En zu vernach-
lässigen ist, und Benedikt immer einen Vorteil daraus zieht die oberste Karte um-
zudrehen. Andererseits ist es nicht schwer zu sehen, dass der Erwartungswert einer
solchen Strategie gleich dem Erwartungswert von X ist, und somit keinen Vorteil
bringen kann. Der Grund für dieses scheinbare Paradoxon ist, dass obwohl En be-
liebig unwahrscheinlich werden kann, es exponentiell am Erwartungswert von Y
beteiligt ist und somit nicht vernachlässigt werden kann.

5
Hausaufgabe 1 (4 Punkte)
Die Schachfigur Amalia erkundet ein Schachbrett mit 8 × 8 Feldern. Da Amalia ein Läufer
ist, kann sie in jedem Zug alle Felder erreichen, die über eine Diagonale mit ihrem Feld
verbunden sind. Angenommen, Amalia befindet sich auf einem zufällig gewählten Feld
des Schachbretts, wobei alle 64 Felder gleich wahrscheinlich sind. Sei X die Anzahl der
Felder, die Amalia in einem Zug erreichen kann. Bestimmen Sie den Erwartungswert und
die Varianz von X.
Lösungsvorschlag
Zunächst müssen wir für jedes Feld des Schachbretts die Anzahl der Felder, die Amalia
in einem Zug erreichen kann, bestimmen. Vereinfachend beschränken wir uns vorerst auf
die 4 × 4 Felder in der linken oberen Ecke des Schachbretts. Die folgende Skizze zeigt die
Anzahl der von den entsprechenden Positionen erreichbaren Felder.

7 7 7 7

7 9 9 9

7 9 11 11

7 9 11 13

Aus Gründen der Symmetrie ist die relative Häufigkeit der Positionen, von denen aus
Amalia X andere Felder erreichen kann, unabhängig davon, ob wir das gesamte Schach-
brett betrachten, oder nur die 4 × 4 Felder der linken oberen Ecke. Da sich Amalia auf
jedem Feld mit der gleichen Wahrscheinlichkeit befindet, ist der Erwartungswert von X
somit
7 5 3 1 35
E[X] = 7 · +9· + 11 · + 13 · = = 8,75.
16 16 16 16 4
Ähnlich berechnet sich die Varianz zu
7 5 3 1  35 2 55
Var[X] = E[X 2 ] − E[X]2 = 72 · + 92 · + 112 · + 132 · − = = 3,4375.
16 16 16 16 4 16

Hausaufgabe 2 (6 Punkte)
Der Waschmittelhersteller OSOREIN verschenkt auf einer Messe Proben seines neuesten
Produkts. In einer Wäschetrommel befinden sich sieben Kugeln, die mit jeweils einem
Buchstaben des Herstellernamens beschriftet sind. Die Spieler ziehen so lange gleichver-
teilt und ohne zurückzulegen Kugeln, bis sie im Besitz beider Os sind – pro gezogener

6
Kugel erhalten sie dann eine Produktprobe. Sei X eine Zufallsvariable für die Anzahl der
gewonnenen Proben.
(a) Bestimmen Sie den Wertebereich, die Dichte und die Verteilung von X. Finden Sie
insbesondere zwei Konstanten a und b, sodass fX (k) = (k − a)/b für k ∈ WX gilt.
(b) Berechnen Sie den Erwartungswert und die Varianz von X.

Lösungsvorschlag
Das Spiel ist frühestens nach zwei und spätestens nach sieben Runden beendet, insofern
gilt WX = {2, 3, 4, 5, 6, 7}.
Betrachten wir nun die Dichte von X. Durch das gleichverteilte Ziehen ohne Zurücklegen
entsteht eine zufällige Permutation, die gleichverteilt auf der Menge aller Permutationen
ist. Sehen wir zunächst die beiden Os als unterscheidbar an, so gibt es insgesamt 7! Permu-
tationen. Die Wahrscheinlichkeit Pr[X = k] ist also gerade |Ek |/7!, wobei Ek die Menge
aller Permutationen sei, bei denen das hintere O an Position k steht. Offensichtlich gilt
Ek = ∅ für k ∈/ WX , sei also im Folgenden 2 ≤ k ≤ 7. Das vordere O kann eine beliebige
der k − 1 Positionen links vom rechten O einnehmen. Ferner können die verbleibenden fünf
Buchstaben beliebig arrangiert werden, hier ergeben sich also 5! Möglichkeiten. Schließ-
lich gibt es noch 2! Varianten, die beiden (in unserer Modellierung unterscheidbaren) Os
anzuordnen. Somit gilt |Ek | = 2! · (k − 1) · 5! und wir erhalten insgesamt als Dichte
(
2! · (k − 1) · 5!/7! = (k − 1)/21 k ∈ WX
fX (k) = .
0 sonst
Insbesondere gelten a = 1 und b = 21. Als Verteilungsfunktion erhalten wir



 0 k<2
1/21 2 ≤ k < 3





3/21 3 ≤ k < 4



FX (k) = 6/21 4 ≤ k < 5

10/21 5 ≤ k < 6








 15/21 6 ≤ k < 7

1 7 ≤ k.
Der Erwartungswert berechnet sich als
7 7 7
!
X X x−1 1 X X
E[X] = xfX (x) = x· = x2 − x .
x∈WX x=2
21 21 x=2 x=2

Sei n = 7. Damit können wir die vorletzte Summe zu


n n
!
X X n(n + 1)(2n + 1) 7 · 8 · 15
x2 = x2 − 12 = −1= − 1 = 139
x=2 x=1
6 6

auflösen, die letzte zu


n n
!
X X n(n + 1) 7·8
x= x −1= −1= − 1 = 27 .
x=2 x=1
2 2

7
Damit beträgt die erwartete Anzahl an Gewinnen
1 16
E[X] = (139 − 27) = ≈ 5.33 .
21 3
Die Varianz von X berechnen wir mittels der Gleichung Var[X] = E[X 2 ] − E[X]2 . Es gilt
7 7 7
!
X X x − 1 1 X X
E[X 2 ] = xfX (x) = x2 · = x3 − x2
x∈W x=2
21 21 x=2 x=2
X

P7 P7 2 2
x3 − 13 = 7 (7+1)
3

und weiterhin x=2 x = x=1 4
− 1 = 783. Aus vorherigen Be-
P7 2
rechnungen wissen wir bereits x=2 x = 139. Somit können wir schlussfolgern, dass
2 1 92
E[X ] = 21 (783 − 139) = 3 . Insgesamt beträgt die Varianz damit
 2
2 2 92 16 20
Var[X] = E[X ] − E[X] = − = ≈ 2.22 .
3 3 9

Hausaufgabe 3 (5 Punkte)
Der Wetterfrosch Aminata weiß, dass es am Wochenende mit Wahrscheinlichkeit p regnet.
Vor einer Freundin behauptet sie jedoch, die Regenwahrscheinlichkeit sei q, und schließt
mit ihr die folgende Wette ab: Regnet es tatsächlich, so gewinnt Aminata q Euro, andern-
falls 1 − q Euro.

(a) Wie sollte Aminata q (in Abhängigkeit von p) wählen, um ihren erwarteten Gewinn
zu maximieren?

(b) Die beiden einigen sich auf ein alternatives Auszahlungsschema: Aminata erhält
q · (c − q) bei Regen bzw. 1 − q 2 sonst, wobei c eine Konstante ist. Bestimmen Sie ein
c, sodass sich Ehrlichkeit für Aminata auszahlt, d.h. ihr erwarteter Gewinn durch
die Angabe des tatsächlichen Wertes q = p maximiert wird.

Lösungsvorschlag

(a) Sei X eine Zufallsvariable für Aminatas Gewinn. Es gelten Pr[X = q] = p und
Pr[X = 1 − q] = 1 − p. Folglich ist E[X] = pq + (1 − p)(1 − q). Im Folgenden
betrachten wir E[X] als Funktion f (q) = pq + (1 − p)(1 − q), die Aminata durch
geeignete Wahl von q versucht, zu maximieren.
Im Fall p = 1/2 gilt f (q) = 2q + 1−q
2
= 12 . Aminata kann also einen beliebigen Wert
für q angeben, um den erwarteten Gewinn von 1/2 Euro zu erzielen.
Gilt p < 1/2, so folgt p < 1 − p und damit f (q) ≤ (1 − p)q + (1 − p)(1 − q) = 1 − p.
Der erwartete Gewinn für Aminata beträgt also höchstens 1 − p, was sie durch Wahl
von q = 0 erreichen kann. Der verbleibende Fall p > 1/2 ist symmetrisch: Hier gilt
f (q) ≤ pq + p(1 − q) = p und Aminata kann diesen Erwartungswert durch Wahl von
q = 1 erreichen. Eine optimale Strategie ist daher gegeben durch
(
0 falls p ≤ 1/2
q=
1 falls p > 1/2 .

8
(b) Sei Y eine Zufallsvariable für Aminatas Gewinn im alternativen Auszahlungs-
schema. Analog zur ersten Teilaufgabe erhalten wir Pr[Y = q(c − q)] = p,
Pr[Y = 1 − q 2 ] = 1 − p und E[Y ] = pq(c − q) + (1 − p)(1 − q 2 ). Wir betrach-
ten die Funktion g(q) = E[Y ] = pq(c − q) + (1 − p)(1 − q 2 ) und ihre erste Ableitung
g 0 (q) = p(c − 2q) + (1 − p)(−2q) = pc − 2q. Da nach Angabe q = p die Funktion g(q)
maximieren soll, muss g 0 (p) = 0 gelten, was gerade für c = 2 erfüllt ist. Weiterhin
gilt g 00 (p) = −2 < 0, es handelt sich also tatsächlich um das Maximum der Funktion.

Hausaufgabe 4 (5 Punkte)
Seien X und Y zwei diskrete Zufallsvariablen. Zeigen Sie:
(a) Var[X + Y ] + Var[X − Y ] = 2·Var[X] + 2·Var[Y ]
(b) Wenn X und Y die gleiche Varianz haben, so gilt
E[(X + Y )(X − Y )] = E[X + Y ] · E[X − Y ]

Hinweis: Benutzen Sie die Sätze 39 und 50 aus der Vorlesung.


Lösungsvorschlag
Die Beweise beider Teilaufgaben beruhen im Wesentlichen auf Satz 50 (Linearität des
Erwartungswertes) und Satz 39 (wonach Var[X] = E[X 2 ] − E[X]2 für eine beliebige Zu-
fallsvariable X gilt).
(a)
Var[X + Y ] + Var[X − Y ]
= E[(X + Y )2 ] − E[X + Y ]2 + E[(X − Y )2 ] − E[X − Y ]2 Satz 39
= E[X 2 + 2 · XY + Y 2 ] − E[X + Y ]2
+ E[X 2 − 2 · XY + Y 2 ] − E[X − Y ]2 binom. Formel
= 2 · E[X 2 ] + 2 · E[Y 2 ] − (E[X] + E[Y ])2 − (E[X] − E[Y ])2 Satz 50
= 2 · E[X 2 ] + 2 · E[Y 2 ] − E[X]2 + 2 · E[X] · E[Y ] + E[Y ]2


− E[X]2 − 2 · E[X] · E[Y ] + E[Y ]2



binom. Formel
= 2 · E[X 2 ] − 2 · E[X]2 + 2 · E[Y 2 ] − 2 · E[Y ]2
= 2 · Var[X] + 2 · Var[Y ] Satz 39

(b) Aus der Annahme Var(X) = Var(Y ) folgt in Verbindung mit Satz 39, dass
E[X 2 ] − E[X]2 = E[Y 2 ] − E[Y ]2 gilt. Diese Aussage ist äquivalent zu
E[X 2 ] − E[Y 2 ] = E[X]2 − E[Y ]2 .
Insgesamt folgt nun
E[(X + Y )(X − Y )] = E[X 2 − Y 2 ] binom. Formel
= E[X 2 ] − E[Y 2 ] Satz 50
= E[X]2 − E[Y ]2 s.o.
= (E[X] + E[Y ]) · (E[X] − E[Y ]) binom. Formel
= E[X + Y ] · E[X − Y ] Satz 50 .

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