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Schule und Ausbildung

„Mehr als nur ein Ort zum Lernen“

Schreibe zum Thema


Auf welche Schule gehst du? Was gefällt dir an deiner Schule, was nicht?

B2 / C1

Das deutsche Schulsystem bringt je nach Schulform und Bundesland ganz

verschiedene Konzepte hervor. Sechs Schülerinnen und Schüler sprechen über die

Stärken und Schwächen ihrer Schule.

Über das richtige Schulsystem streiten die Deutschen seit vielen Jahren – und

kommen dabei in den einzelnen Bundesländern zu unterschiedlichen

Ergebnissen. Ganz- oder Halbtagsschule? Sollen die Grundschul-Kinder statt wie

bisher in den meisten Bundesländern vier, lieber sechs oder vielleicht sogar acht

Jahre gemeinsam lernen? Soll man auf dem Gymnasium nach insgesamt zwölf oder

erst nach 13 Jahren Abitur machen? Soll die Haupt- mit

der Realschule zusammengelegt oder ganz abgeschafft werden? Oder sollte man

alle weiterführenden Schulen zur Gesamtschule zusammenfassen, auf der man je

nach Leistungsstärke unterschiedliche Abschlüsse machen kann?

Auf fast alle diese Fragen gibt es in den verschiedenen Bundesländern alle

möglichen Antworten und Modelle. Von „dem“ deutschen Schulsystem zu sprechen,

wird deshalb immer schwieriger. Kinder und Jugendliche haben allerdings ihre

eigene Sicht auf den Ort, an dem sie die meiste Zeit ihres täglichen Lebens

verbringen müssen. Hier kommen sechs von ihnen zu Wort.


Jonas Möller, 8 Jahre, Grundschule Hillesheim in Rheinland-Pfalz

© picture alliance / JOKER, Ralf

Gerard

An der Grundschule gefallen mir am meisten die Arbeitsgemeinschaften (AGs) –

Sport, Schwimmen, „Schulreporter“ – und die Projekte. Meine Lieblings-AG ist

„Schulreporter“, weil wir da lernen, wie eine Kamera funktioniert, zum Beispiel

Nahaufnahmen und Gesichtsaufnahmen. Mir gefällt auch, dass Christian Linden,

unser Konrektor, uns nach dem Mittagessen immer vorliest. Wir

hören Arabesk oder Es muss auch kleine Riesen geben. Ich finde das gut, weil man

sich dabei beruhigen und entspannen kann.

Was mir an meiner Schule nicht gefällt, sind die vielen Streitereien und Prügeleien.

Schade finde ich auch, dass ab dem dritten Schuljahr die Mittagspause nur sehr kurz
ist und man sich nicht mehr so gut ausruhen kann. Nach der Grundschule will ich auf

die Realschule gehen – und später Polizist werden, weil die viele spannende

Aufgaben haben und immer Sport treiben. Dazu brauche ich einen sehr guten

Abschluss.
Leonard Günther, 13 Jahre, Elisabeth-Selbert-Gesamtschule in Bonn-Bad
Godesberg

© picture-alliance /

dpa, Patrick Seeger

Jeder bekommt die gleiche Chance an der Gesamtschule zu lernen, sofern er oder

sie auch lernen will. Das System der Ganztagsschule hat aus meiner Sicht keine

Nachteile. Dadurch lernt man mehr in der Schule anstatt zuhause. Außerdem fallen

schriftliche Hausaufgaben an den drei langen Tagen in der Woche weg. Eine große

Stärke ist das umfangreiche Sortiment von Arbeitsgemeinschaften und anderen

Freizeitgestaltungen. Ein gutes Beispiel ist unsere Schulband Brass Rock, die in

Bonn sehr bekannt ist. Schlecht an meiner Schule sind das überfüllte Schüler-Café
und die Mensa. In der Mittagspause stehen sehr viele Schüler vor der Mensa an.

Viele bringen deshalb ihr eigenes Essen mit.


Malin Steinbach und Alexander Källner, beide 14
Jahre, Stadtteilschule Poppenbüttel in Hamburg

picture alliance / dpa Themendienst, Monique Wüstenhagen

Malin Steinbach: An der Stadtteilschule schätze ich die Berufsorientierung. Einmal im

Jahr wird der Berufsinformationstag veranstaltet, der in der großen Pausenhalle

stattfindet. Hier präsentieren Firmen ihr Tätigkeitsfeld, geben Tipps für Bewerbungen

und bieten manchmal auch Praktikumsplätze an. Manchmal stellen auch Eltern ihre

Berufe vor. Außerdem besuchen wir mehrmals Berufsmessen, waren in

der Arbeitsagentur und bekamen Besuch von einer Berufsberaterin. Hilfe bei


Bewerbungen um Praktikums-und Ausbildungsplätze erhalten wir von unseren

Lehrern und, wenn wir wollen, von unseren „Job-Paten“. An unserer Schule machen

wir zwei Praktika und vorher nehmen wir am Girls’ Day oder am Boys’ Day teil. Im

Unterrichtsfach Arbeitslehre setzen wir uns häufig mit unseren Stärken und

Schwächen auseinander und erstellen

unser Profil durch Selbst- und Fremdeinschätzungen.

Des Weiteren gab es ein halbjähriges Knigge-Projekt, in dem man richtiges

Benehmen und Verhalten trainierte. Eine Styling-Beraterin gab uns Hinweise, wie wir

beim Bewerbungsgespräch aussehen und auftreten sollten. Auch das

mehrtägige Kompetenztraining und der Besuch bei der „Mädchenwirtschaft“


unterstützten uns bei unseren Überlegungen zur Berufswahl. Das „soziale Lernen“ ist

ein Schwerpunkt an unserer Schule und hat in meiner Klasse zu einer guten

Gemeinschaft geführt. Dafür mussten wir auch an uns arbeiten, was uns nicht nur in

der Schule hilft. Ab Ende der 8. Klasse bekommen wir halbjährlich eine Prognose für

den zu erreichenden Schulabschluss. Insgesamt finde ich eine große Unterstützung

für meine Zukunft und Berufswahl.

Alexander Källner: Für mich ist der Berufsinformationstag wichtig, der einmal im Jahr

stattfindet. Dann stellen sich mehrere Betriebe oder die Polizei vor, damit die Schüler

Ideen bekommen, was sie vielleicht später werden wollen oder in welcher Branche

sie ein Praktikum machen könnten. Ich finde es gut, dass dabei auch die

verschiedenen Abschlüsse der Kinder beachtet werden. Allerdings fände ich es noch

besser, wenn Eltern ihren Beruf etwas detaillierter vorstellen könnten, damit die

Schüler auch etwas von dem „wahren“ Berufsalltag erfahren. Außerdem könnte

dadurch die Spannweite der verschiedenen Berufe, die vorgestellt werden, viel

größer werden.

Lena Katczinski, 16 Jahre, Geschwister-Scholl-Realschule in Gütersloh

Die Realschule ist für mich mehr als nur ein Ort zum Lernen – sie ist ein Zuhause.

Hier fühle ich mich wohl. Und dieses Gefühl kommt aber nicht nur von den Lehrern,

sondern auch von der Art, wie wir hier lernen. Unsere Lehrer kümmern sich um

eine individuelle Förderung für jeden an unserer Schule und nehmen jeden so, wie er

ist. Das Besondere an dem Zusammenleben in unserer Schule ist, wie sich die

Schüler auch gegenseitig helfen. Das lernen wir schon ab Beginn der 5. Klasse – uns

gegenseitig aufzubauen.

Worauf unsere Schule jedoch besonders großen Wert legt, ist die

Berufswahlvorbereitung. In Zusammenarbeit mit mehreren Firmen, der Agentur für

Arbeit, aber auch den Eltern bekommen wir regelmäßige Einblicke in verschiedene

Berufe. Dazu gehören persönliche Gespräche. Unsere Lehrer kümmern sich nicht
nur in der Zeit, in der wir die Schule besuchen, um uns, sondern wollen sichergehen,

dass wir auch danach in guten Händen sind. Sicher gibt es an unserer Schule

Schwächen. Doch die Stärken überwiegen.

Rebekka Deuse, 19 Jahre, Gymnasium Essen-Werden

© Warmuth

Das Besondere am Gymnasium ist die große Vielfalt des Angebots. Durch die

Förderung der unterschiedlichsten Bereiche werden die Schüler motiviert, ihren

Interessen zu folgen und mitunter ungewöhnliche Wege zu gehen. Die Tanzabteilung

hat ein eigenes Haus, ein angeschlossenes Tanzinternat und die Möglichkeit, Tanz

als Abiturfach zu wählen. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Zugang zur Musik. Sport

und Kunst werden ebenso gefördert wie die Bereiche der vielen

Arbeitsgemeinschaften, die individuelle Interessen fördern. Die offene Atmosphäre

und die Lage meiner Schule direkt zwischen dem Ufer der Ruhr und der Werdener

Altstadt gefallen mir sehr gut. Allerdings wünsche ich mir noch ein wenig mehr

Vielfalt, da viele meiner Mitschüler sich nicht sehr stark in ihrem sozialen

Hintergrund und ihrer Herkunft unterscheiden. Meine Ausbildung an der Schule

möchte ich nutzen, um nach einem freiwilligen sozialen Jahr im Ausland zu

studieren.

Arnd Zickgraf
ist freier Journalist unter anderem für „WDR.de“ und „Spiegel Online“ in Bonn.

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