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Niederlage bei Crumold
Die Königin ist geschlagen –
das Ende der Freiheit
HAVENA / CRUMOLDS AUEN. Gleich zwei dem Nichts tauchte ein kleineres Heer unter während eine kleine Gruppe von Rittern unter
Schlachten sind am Großen Fluss geschlagen dem geächteten ehemaligen Grafen von Bre- Cullyn Ui Niamad einen Durchbruch an der
worden. Konnte das Heer der Königin in ei- denhag auf. Eine Anzahl von Kämpfern, die Flan-ke wagte. Dass dieses Unternehmen glück-
nem ersten Treffen Ende Rahja ein aus Elen- gerade stark genug war, um Invher aufzuhal- te, verdankt Albernia der Aufopferung der Wei-
vina heranziehendes Söldneraufgebot unter ten, bis der Herzog in ihrem Rücken auftauch- ßen Löwen, die eine Lücke offen hielten und
Isora noch über den Rodasch zurücktreiben, te. diese Tat überwiegend mit dem Leben bezahl-
endete nur wenige Tage später eine zweite So war Invher gezwungen sich zur Schlacht ten. Die neue Baronin Drausteins und Ober-
Schlacht mit der völligen Vernichtung der zu stellen und erwartete den Heerwurm des haupt des Hauses Maelwyn Stepahan, konnte
Streitmacht Albernias. Herzogs an einem Hügel unweit der Auen sich zwar mit einer Handvoll Reiter der Flucht
Crumolds. Noch einmal schien Hoffnung auf- anschließen, doch die meisten Ritter ihres
Das Treffen am Rodasch hatte beide Hee- zuflackern, als der Herzog der Nordmarken Hauses blieben tot auf der Walstatt zurück.
re, das Invhers wie Isoras, mit schweren Ver- eine Duellforderung der Königin an- Während nun auf dem Schlachtfeld der
lusten zurückgelassen. Die Söldnerstreitmacht nahm. In den ersten Tagen des Praios letzte Widerstand unter den Klingen der Nord-
der Edlen von Elenvina hatte jedoch in der standen sich die beiden Heere gegen- marken fiel, gelang der kleinen Gruppe
Schlacht ihren Feldherrn und damit ihre Füh- über. Die Duellanten mit je einer klei- die Flucht in den Gundelwald.
rung verloren und war über den Rodasch zu- nen Abordnung trafen sich in der
rück geflohen. Dass sie dabei nicht endgültig Mitte des Feldes. Da traf ein Pfeil, Das Ende des Tages sah die
vernichtet wurde, ist dem Eingreifen der Fluss- geschossen von der Sehne eines Streiter Albernias in einer voll-
garde unter Oberst Lupold von Greifenberg unbekannten Schützen, einen kommenen Niederlage. Die
und dem Verrat des Barons von Crumold ge- Mann aus dem Gefolge des Her- meisten, die am Morgen das
schuldet. Beide hatten mit einer List die Be- zogs. Als hätte er nur darauf ge- Feld betreten hatten, wa-
wachung von Burg Crumold fortgelockt und wartet, gab dieser nun den ren tot. Dass zumindest
fielen Invher Zentrum in den Rücken. So konn- Befehl zum Angriff seines das Leben der Köni-
te Isora entkommen und sich östlich des Ro- Heeres. gin gerettet werden
dasch neu formieren. Das Kommando über ihr konnte, ist dem Helden-
geschwächtes aber immer noch schlagkräfti- Die Schlacht war mut weniger zu verdan-
ges Heer übertrug sie Oberst Lupold von Grei- schon entschieden, bevor die Reihen ken. Da ist die einfache Kämpferin
fenberg. aufeinander trafen. Nicht nur war die Macht aus Winhall, die mit Rock und Helm der Kö-
des Herzogs der der Königin in der Zahl der nigin die Wut der Feinde auf sich zog. Ein
Die Wunden des Kampfes waren noch nicht Kämpfer um mehr als drei zu eins überlegen, Ritter Cullyn Ui Niamad, der mit wenigen Ent-
verbunden, als Kunde aus dem Norden kam. auch hatten sich viele der Albernier im Ver- schlossenen, der die Königin durch die feind-
Herzog Jast Gorsam zog mit seinem gewalti- trauen auf den Zweikampf gar nicht erst zur lichen Reihen brachte. Maelwyn Stepahan, die
gen Heer nach der Einnahme Honingens die Schlacht vorbereitet, waren ungerüstet und das Leben ihres Gefolges und um ein Haar
Reichsstraße hinunter. Seshwick hatte Albernia nicht in Formation aufgestellt. Einzig das Zen- auch ihr eigenes opferte, um die rettende Bre-
verraten, Traviarim und Lyngwyn waren trum der Ritter um die Königin und das Ban- sche offen zu halten. Die Baronin Macha
kampflos gefallen, standen seine Verteidiger ner, sowie die Weißen Löwen des Hauses Ste- Arodon von Weidenau, die am Waldrand zu-
doch unter dem Heerbann der Königin. Die pahan vermochten sich eine Zeitlang gegen die rückblieb, um die Verfolger der Königin auf-
Streitmacht des Herzogs war der der Königin Übermacht zu halten. Doch als das königli- zuhalten und nun in Ketten geschlagen ist.
um ein Vielfaches überlegen. Im Osten lauer- che Banner durch den Verrat und Mord eines
te immer noch Isora, im Süden war der Große noch unbekannten Streiters fiel, brach auch Wie soll es nun weitergehen, Albernia, das
Fluss. Die einzige Rettung schien ein Auswei- hier alles zusammen. Die Königin wurde Du Deiner Verteidiger beraubt bist?
chen nach Westen zu bieten. Doch eben die- schwer verwundet. Wer soll nun noch Deine Freiheit wehren?
ser Weg war versperrt. Aus dem Schatten des Eine Kämpferin nahm ihren Rock und Helm
Gun-delwaldes und damit gleichsam wie aus um die Aufmerksamkeit der Feinde zu fesseln, (rba)
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Erst vereint, dann getrennt
Wie der Herzog sich anschickt Albernia zu unterwerfen
HAVENA. Nach der Schlacht von Cru- unter Maelwyn Stepahan von dem gesam- nischer Seite unter Waffen steht, brach er
molds Auen kann Herzog Jast Gorsam noch ten verbliebenen Aufgebot der Familie ver- von Crumold nach Norden auf, um sich um
immer an die dreitausend Kämpfer unter teidigt. Nach dem Verlust der Ritter in der Bredenhag seine alten neuen Ländereien zu
seinem Banner vereinen, während er die Schlacht von Crumolds Auen besteht die- sichern. An seiner Seite befindet sich auch
letzten Getreuen der Königin von Häschern ses Aufgebot überwiegend aus schwer ge- Menno Stepahan m.H., Vogt der Grafen-
quer durch das Land jagen lässt. rüsteten Fußtruppen. mark Bredenhags und enger Vertrauter des
Draustein wurde in den knapp zweitau- grausamen Grafens.
Nach einer kurzen Beratung ließ der send Jahren seiner Geschichte noch nie er- Die Hauptmacht des Herzogs sichert un-
Herzog den Heerbann Isoras und die Fluss- obert. Die Burg wurde im Laufe der Jahr- terdessen den bereits unterworfen Osten
garde verstärken und bestätigte die Erhe- hunderte mehrfach erweitert und erneuert Albernias. Seshwick, Niederhoningen,
bung Oberst Lupold von Greifenberg zu und verfügt heute über starke Befestigungs- Niamor und nach nicht bestätigten Gerüch-
dessen Feldherrn. Dieser immer noch über- anlagen. Auch wenn das Zahlenverhältnis ten auch Tannwald stellten sich mit ihren
wiegend aus Söldnern bestehende Haufen eindeutig für die Belagerer spricht, ist der Baronen auf die Seite des Herzog und ge-
marschiert nur wenige Wochen nach der Fall der Festung keinesfalls sicher. gen die Königin. Traviarim, Lyngwyn und
Schlacht westwärts entlang des Großen Jast Irian Crumold wurde von Herzog Honingen waren bereits vor der Schlacht
Flusses und belagert nun die Burgen Jast Gorsam als Graf zu Bredenhag bestallt, in nordmärkischer Hand. Albentrutz und
Schilteck und Draustein. Während die klei- nachdem ihm dieses Lehen zuvor von Kö- Hohenfels fielen kampflos, aus Königlich-
ne Junkerburg Schilteck nur wenige Vertei- nigin Invher mit seiner Ächtung genommen Baumwassern liegen keine Nachrichten vor.
diger in seinen Mauern weiß, wird Drau- wurde. Mit einem kleinen Haufen, der den-
stein, die Stammburg des Hauses Stepahan, noch größer ist, als alles was auf alber- (rba)
4
Isora unaufhaltbar?
Hanufer gefallen - Isoras Heerwurm frisst sich nach Westen
Schon einen Monat nach dem Fall glitten eine Handvoll Boote aus dem Ha- um sich die vermeintliche Beute nicht ent-
Drausteins hatte sich das Heer Isoras un- fen Hanufers, hielten sich im Schutze des gehen zu lassen.
ter dem Befehl des Lupold von Greifen- Ufers und landeten einen halben Tagesritt Am 25. Tag des Hesinde stand Haupt-
berg wieder in Bewegung gesetzt. Auf dem mann Stilar von Jamis, dem der Baron die
Weg nach Westen lag nun die Baronie Verteidigung übertragen hatte, auf der
Niriansee, die über zwei befestigte Orte Mauer und blickte auf das Heer der Fein-
verfügte. Niriansee selbst, der Hauptort der de herab. Eine Handvoll Gardisten stieg
Baronie, liegt an der Straße Richtung Orba- hinter ihm die Treppe zur Mauerkrone hin-
tal. An den Gestaden des großen Flusses auf. Bürgermeister Kachil Eichengrunner
war Hanufer, eine gut befestigte Stadt in hatte ihnen reichen Lohn und die Unver-
der Obhut des kriegserfahrenen Barons und sehrtheit ihrer Häuser versprochen. Als
seines Hauptmanns Stilgar von Jamis. Silgar von Jamis sich zu den Gardisten
Das Aufgebot Niriansees hatte sich umdrehte, blickte er auf gezogene Klingen.
nicht an der Schlacht von Crumolds Auen Einige Minuten später wurde er entwaff-
verteidigt. Stattdessen hatte der Baron nach net und gefesselt zum Verlies der Stadt
einer Unterredung mit der Königin seine geführt.
Baronie auf die Verteidigung vorbereitet. Am 1. Tag des Firun wurde Hanufer
Als nun, über ein halbes Jahr später, das kampflos dem Heer Isoras übergeben.
Invasionsheer heranmarschierte, fand es Lupold von Greifenberg hielt sein Verspre-
das Lehen aufs trefflichste vorbereitet. Ein chen und verschonte die Stadt von Plün-
erster Angriff Lupolds auf Hanufer Anfang derungen und Zerstörung. Die wenigen
Hesinde, unternommen um die Bereit- Isora von Gardisten, die sich nicht ergeben wollten,
schaft der Verteidiger zu erproben, fand elenvina hatte schon Bürgermeister Eichengrunner
seine Antwort in Schauern von Pfeilen und in Ketten legen lassen.
spitzen Palisaden. Der Kampf um Hanufer westlich bei Giegenau. Von dort eilten der Hanufer war ohne einen Schwerthieb
schien lang und blutig zu werden. Baron und seine Getreuen nach Norden, gefallen. (rba)
Doch nicht alle auf der Seite des Ba-
rons kämpften mit ganzem Herzen. Bür-
germeister Kachil Eichengrunner hatte ein
bis dahin florierendes Handelsunterneh-
Wo ist Romin?
men, dessen Profite bisher aus dem Han-
del mit dem Reiche gewonnen worden Gerüchte um den Prinzgemahl
waren und nun brach lagen.
Am 23. Tage des Hesinde, Hanufer HAVENA / BURG FEENQUELL. Während Hinter vorgehaltener Hand geäußerte
wurde bereits seit fünf Wochen belagert, Stück um Stück albernische Burgen und Vermutungen sprechen von Geheim-Ver-
klopfte ein Bote an die Tür des Gemachs Lehen fallen und Königin Invher alles handlungen mit dem König von Ander-
des Barons von Niriansee. Seine Kunde: daran setzt, ihr Land zusammenzuhalten, gast oder dem zum Verräter erklärten
Isora von Elenvina hatte sich mit nur we- wurde Prinz Romin schon seit Monaten Markgrafen Radulf Ehran Galahan von
nigen Getreuen vom Hauptheer getrennt nicht mehr gesehen. Windhag – beides Verwandte des Prinz-
gemahls.
und sei in den Norden der Baronie aufge-
Anfang Efferd, als seine Abwesenheit Andere Gerüchte wollen von einem
brochen, um dort wahrscheinlich den Stand
an der Seite der Königin erstmals Gegen- Söldnerheer wissen, welches der Prinz bei
der Befestigung von Niriansee zu prüfen.
stand von Spekulationen wurde, wurde sie der Seefreiherrschaft von Ila und Eiras
In aller Eile und Stille ließ der Baron
mit einer „Unpässlichkeit“ des Prinzge- sammle oder von einem erneuten Versuch,
seine besten und erfahrensten Kämpfer mahls begründet. Unterdessen war vom sein Kusliker Erbe zurück zu gewinnen.
zusammen rufen. Isora allein und unge- Prinzen bereits seit drei Monaten nichts Alle Quellen im Gefolge der Königin hül-
schützt – das war eine Gelegenheit dem mehr sehen und zu hören. Ein Umstand len sich jedoch in Schweigen.
Feind einen wahrhaft schmerzhaften Hieb der Gerüchten Auftrieb gibt. (rba)
zu versetzen. Im Schutze der Dunkelhit
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Auch Niriansee in Feindeshand
N IRIANSEE. Nach der verräterischen der Stadt abgesetzt hatte, war nach dem Der derzeitige Aufenthaltsort des Ba-
Übergabe der Stadt Hanufer am Großen Erhalt der Nachricht vom Verrat in der rons ist ebenso unbekannt, wie das oder
Fluss ist nun auch die letzte Befestigung Burg aufgetaucht. In aller Eile hatte er die Verstecke seiner Habseligkeiten. Ba-
der Baronie Niriansee – Burg Niriansee – sämtliche Schätze, Vorräte, Waffen und ron Corvin von Niriansee gilt als treuer
in Feindeshand. Rüstungen aus den Kammern der Burg Gefolgsmann und Freund der Königin.
verbracht und war dann mit allen Kämp- Seine Erfahrung in der Kriegsführung hat
Baron Corvin, der sich vor der Über- fern in Wäldern und Heide verschwun- er im Kampf im Osten des Reiches ge-
gabe Hanufers mit einigen Kämpfern aus den. wonnen. (rba)
Verbrannte Erde
Lupold erreicht Giegenau – und findet Asche
G IEGENAU . Nach den überraschend den Ort gegen das mehrere Hundert Köpfe sämtliche Häuser, wurden die beiden
leichten Erfolgen in Niriansee ließ Lupold zählende Heer des Lupold von Greifen- Brunnen des Ortes zum Einsturz gebracht,
von Greifenberg in beiden eingenommen berg zu verteidigen. die Brücke nach Hanufer eingerissen und
Orten starke Garnisonen zur Sicherung Da die Baronin jedoch auf das Aushal- Teile des Uferdammes nach Weidenau
zurück und wendet sich wieder nach We- ten Hanufers gehofft hatte, war der Ort durch das umgeleitete Wasser eines
sten. Während Isora von Elenvina sich zu bis kurz vor dem Aufmarsch des feindli- Flussarms weggespült.
Beratungen mit dem Herzog der Nord- chen Heeres nicht evakuiert worden. Auf Damit ist Giegenau als Garnison voll-
marken in dessen Feldlager begab, mar- Geheiß seiner Baronin mit einer Handvoll kommen unbrauchbar und hinterlässt
schiert Lupold scheinbar unaufhaltsam Recken, einigen Freiwilligen aus der Be- nichts, was dem Feind für seine Kriegs-
weiter nach Westen. völkerung und einem Geschütz verteidig- führung nützlich sein könnte. Sollte der
te der Edle Luthus den Ort nur so lange, Ort jedoch jemals wieder in albernische
Der kleine Ort Giegenau, Lehen des wie es brauchte, Giegenau zu evakuieren. Hände fallen, dürfte es Jahre dauern, die
Edlen Luthus Gwynpren zu Klingweiler Eine halbe Stunde nach dem der letzte Schäden zu reparieren. Nur einige Hand-
und Giegenau, lag als nächstes auf Lu- Ochsenkarren den Ort auf dem Knüppel- voll Bewohner verblieben im Ort.
polds Weg. Giegenau ist Teil der Baronie damm Richtung Westen verlassen hatte, Als letztes brannte der Edle Luthus sei-
Weidenau, dem Lehen der Baronin Macha legte der Edle die Fackel an die Siedlung. nen eigenen Wehrturm nieder und setzte
Arodon. Nur von einem einfachen Wehr- Die Zerstörung des gesamten Dorfes war sich dann mit seinen Getreuen nach
turm beschützt, war von vorneherein klar, offensichtlich schon länger vorbereitet ge- Weidenau ab – der nächsten Etappe für
dass es schwerlich möglich sein würde, wesen. Binnen kürzester Zeit brannten Lupold von Greifenberg. (rba)
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Neuhaven ist ein Gründung des verstor- burg der machtbewussten Stepahan. Die Baronin – den ehemaligen Bannerträger
benen Alt-Barons Durin Arodon und die mit Wein und Efeu bewachsen Mauern der Abilachter leichten Reiter Cullain Ui
Antwort auf den verlandeten Hafen Wei- haben seit vielen Jahrhunderten keine Be- Fendric – als „Deserteur“ verhaften und
de-naus, von dem es keine halbe Wegstun- lagerung mehr gesehen. Um sie zu vertei- nach Honingen bringen lassen.
de entfernt liegt. Von hier ist Weidenau digen, stehen der Baronin Macha Arodon Dort wurde er vor das Kriegsgericht des
durch eine Fähre mit dem Südufer des Gro- nur eine Handvoll eigener Ritter und un- Marshalls Grifo von Streitzig gestellt. Die
ßen Flusses verbunden. Eine Handvoll wesentlich mehr Waffenknechte zur Ver- Baronin befreite ihren Lehensmann mit
Handelskontore künden vom raschen Auf- fügung. Auch das Haus Arodon hat bei einem tollkühnen Angriff zu Pferde mit-
stieg der neuen Siedlung, die gegen Fein- Crumolds Auen große Teile seines Aufge- ten in Honingen. Beim diesem Angriff ver-
de jedoch nur mit einer einfachen Palisade botes verloren. lor Lupold von Greifenberg durch die Hand
geschützt ist. Immerhin ist die Baronin selbst eine der Baronin ein Auge. Baronin Macha
So wie Neuhaven im Süden der Stadt erfahrene Kriegsherrin, die – wie auch ei- Arodon wurde kurze Zeit später unter
Weidenau liegt, ist die Burg der Baronin nige Ritter ihres Gefolges – mehrere Jahre Reichsacht gestellt. Nur die Unabhängig-
im Norden der Stadtmauern. Wie Draustein in Tobrien und Darpartien kämpfte. Mit keitserklärung Albernias und der Ausbruch
ist Dun Maraban eine der ältesten Festun- Lupold von Greifenberg verbindet sie eine des Krieges verhinderten bisher deren
gen Albernias, allerdings um ein Vielfaches persönliche Feindschaft. Der Oberst der Durchsetzung.
kleiner und bescheidener als die Stamm- Flussgarde hatte einen Ritter der Tafel der (rba)
7
loren. Und doch hatten die Götter ein Ein- wer vermochte ihre Namen zu nennen? … Herzog nach der Schlacht das Reichs-
sehen. Die Königin bestieg wieder ein dieses letzte Aufbäumen ermöglichte eini- banner auf der Walstatt aufpflanzen lies.
Pferd „ALBERNIA!“, so erklang ihr gen wenigen die Flucht, nachdem unsere Albernia, Deine Kinder sind gefallen.
Schlachtruf über das Feld, er wurde auf- Herrin zum zweiten, und letzten, Male ge- Sie wurden zerstampft von den Hufen der
genommen von Rittern, Handwerkern und fällt wurde. Die Ritter des Hauses Stepahan Nordmärker, sie wurden erschlagen von
Bauern, alle stürmten vor, in einem letzten stiegen von ihren Rössern und erkämpften den Schwertern der Verräter.
Aufbäumen bemüht, den grausamen Her- so mit ihrem Leben jenen Korridor, der we-
zog und das Reichsbanner zu erreichen und nigstens einigen den Weg in den Gundel- Der Chronist hat seine Pflicht getan.
so vielleicht doch noch das Blatt zu wen- wald ermöglichte. Nun wird er die Feder aus der Hand legen
den. Weine, Albernia! und nach dem Schwerte greifen. Er wird
Es stand nicht im Buch des Schicksals. Deine schwerste Stunde hat begonnen. seine Heimat in ihrer schlimmsten Zeit
Und doch ermöglichte dieses letzte Es war, als ob die gepeinigte Erde der nicht verlassen.
Aufbäumen der albernischen Helden … Heimat vor Schmerz aufschrie, als der Oiwen Glenduir, Barde (rg)
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Anraten der listenreichen Isora einige Man- seine Kämpfer aus den Gassen ins Lager zu- achtete. Mit Seil und Haken und kurzen
nen dem Heer voraus gesandt, die sich als rückzurufen, sollte der Ort nicht ihr Grab Schwert kamen sie über die Mauern im
Bauern getarnt unter die Flüchtlinge mischen werden. Schutze der Dunkelheit und ermordeten die
sollten, um so in die Burg zu gelangen. Dort Wachen nach der Art südländischer Meuch-
sollte es ihre Aufgabe sein, die Tore von in- 28. Travia – Di Vistelis Tod ler. Dann stießen sie die Tore auf und
nen zu öffnen und auf ein Zeichen hin, die Im Schutze der Mauern des Ortes ließ der schwenkten die Fackel. Es war dies gegen
Angreifer hineinstürmen zu lassen. Als am Hauptmann der Sappeure Esquirio di Visteli Mitternacht.
18. Tage des Efferd jedoch Leichen an Strik- ein weiteres Unternehmen vorantreiben. Wie
ken von den Burgmauern hingen, ward deut- schon bei Schilteck sollte auch bei Draustein 14. Boron – Das letzte Gefecht und der
lich, dass die List versagt hatte. ein Tunnel die Mauern in die Knie zwingen. Eid der Stepahan
Weil der Grund hart und steinig war, ging es Nun stürmten die Söldnerseelen, Lupold
Ende Efferd bis Mitte Travia – nur mit großer Mühe voran. Um die Söldner von Greifenberg und seine Flussgarde allen
Ein erster Angriff nicht mit solchem harter Arbeit zu ermüden, voran in die Mauern und töteten, was im-
Nun standen Geschütze und Belage- waren es wiederum albernische Hände, wel- mer man töten konnte. Die Verteidiger aber,
rungsgerät in großer Zahl bereit und began- che - das Feindesschwert im Nacken viele im Schlafe überrascht, stellten sich zu
nen nach den Kommandos des Horasiers ihr - die Hacke zu schwingen hatten. Da ihrem letzten Gefecht. Gnade wurde keine
Werk zu verrichten. Nahezu stündlich schlu- die Frau Isora auf ein rasches Ende gewehrt und keine erbeten. Wer kämpfen
gen schwere Steine gegen die Mauern von der Belagerung drängte, trieb di konnte, der kämpfte. Doch war Draustein
Burg und Ort. Während die Mauern der Fe- Visteli die armen Seelen ohne Er- dem Untergang geweiht. Seine Verteidiger
stung dem Beschuss zu trotzen vermochten, barmen an die Arbeit. Kein Tag waren müde von der lan-
wurden die weniger machtvoller Mauern der verging, da nicht einer der Bedau- gen Belagerung, der
Ortschaft rasch zermürbt. Schon in der er- ernswerten tot aus dem Tunnel ge- Söldner waren es viele
sten Woche der Travia zeigten sich erste tragen wurde, weil sein geschundener und sie hatten Blut ge-
Risse und als die zweite Woche dem Ende Leib die Fron nicht länger ertragen leckt.
zuging, klaffte dort eine breite Bresche. konnte. In den letzten Tagen des Travia, So sammelten
als di Visteli selbst im Gang war, um die- Gräfin Maelwyn und
13. Travia – Die Ortschaft fällt sen zu inspizieren, stürzte dieser ohne Baron Dhearic um
Rasch und entschlossen fielen die Trup- jede Vorwarnung in sich zusammen. Da sich die letzten
pen in den Ort ein. Die Söldner waren be- an seiner statt sich niemand fand, der Getreuen und
gierig ihre Schmach vom Rodasch an den ein solches Unternehmen hätte durch- wagten den Aus-
Alberniern zu rächen und ihren Sold nach führen können, fand die Arbeit der bruch. Zu Pferde
altem Brauch aus dem Eigentum der Bürger Sappeure hier ein Ende. über die Treppen
aufzubessern. So brauchte Lupold die Kämp- vom Pallas hinunter
fer nicht zu größerem Eifer anspornen. Ob 13. Boron – Der Tag des Untergangs und mitten durch die
Mann oder Frau, ob Kind oder Greis, ein Nach di Vistelis Ende blieben die Bela- Mengen der Feinde,
jeder der nach Gegenwehr aussah, im Weg gerer ratlos zurück. Die Verteidiger zeigten weder Waffenrock nicht Schilde führend, so
stand oder einfach nur etwas besaß, was des kein Zeichen der Schwäche, seit Wochen war schlugen sie sich ins Freie. Mit nicht mehr
Plünderns wert war wurde erschlagen. Bin- kein Erfolg zu verzeichnen gewesen, wäh- als sechs Reitern entkam die Gräfin dem
nen kurzer Zeit hatte der Ort Feuer gefan- rend die Verluste mit jedem Tag stiegen und Falle Drausteins.
gen und Blut sickerte in solchen Mengen auf die Temperaturen sanken beständig. Mehr- Wohl eine Stunde ritten sie nach Westen, wo
den Grund, dass sich der Boden in roten fach hatte man einen Sturm auf die Mauern sich das Ufer zu einer großen Höhe erhebt
Schlamm verwandelte. versucht und jedes Mal zurückgeschlagen und von weitem sahen sie den Feuerschein
Solchermaßen bedrängt setzte sich ein je- worden. Erstmals erwog Lupold von Grei- der Burg. Da standen sie in einem Kreis
der Einwohner erbittert zur Wehr, spürte er fenberg die Möglichkeit, die Belagerung auf- zusammen und legten die sieben Schwerter
doch, dass er in keinem Falle Gnade zu er- zugeben und sich zum Winterlager nach zum Stern übereinander. Gemeinsam schwo-
warten hatte. Die Gegenwehr wiederum ver- Crumold zurückzuziehen. Da trat zum er- ren einen Eid auf Blut und Ehre, niemals
größerte den Blutdurst der Mietlinge. Bald sten Mal ein grangorischer Hauptmann na- weiter von Drausteins Boden zu weichen,
war ersichtlich, dass kaum ein Einwohner, mens Vardones nach vorne und bat um die als eine Strecke, die man in zwölf Tagesritten
es sei denn durch Phexens Glück, den Fall Unterstützung für einen letzten Versuch. zurücklegen könnte und dennoch niemals
des Ortes überleben würde. So befahl die Mit einer Handvoll verwegener Gestal- anders Drausteins Boden zu betreten, als mit
Gräfin die eigenen Geschütze und Bögen auf ten, die nichts mehr zu verlieren hatte, er- dem Schwert in der Hand, bis über der Burg
den Ort zu richten und alles niederschießen stieg er die Klippen am Ufer des Großen wieder das Banner des weißen Löwen wehe.
zu lassen, was sich in den Straßen bewegte. Flusses, die so steil aufragten, dass jeder- Dann ritten sie nach Norden nach Wallers-
So war der Ort zwar gefallen, doch auch mann einen Angriff von dort ausgeschlos- rain, wo das letzte freie Lehen der Stepahan
Lupold von Greifenberg sah sich in der Not, sen hatte und darob dieser Stelle auch nicht liegt. (rba)
9
Flüchtlingsnot in Tommeldomm
TOMMELDOMM. Große Flüchtlingsströme Flüchtlingsströmen Herr zu werden. Regen- den Dörfern drastisch verstärkt, um der Be-
belasten das kleine Land an der Tommel. tin Eillyn Knallfaust ordnete jüngst an, dass völkerung zu zeigen, dass sie sich um ihre
jede Familie im Land mindestens eine Belange kümmert. Aber auch in Tommel-
Auch wenn Tommeldomm Flüchtlingsfamilie aufneh- domm wurde die Zahl der Gardisten aufge-
an der äußersten Grenze zu men und verköstigen muss, stockt. Bis zum heutigen Tage weiß noch
Nostria liegt und somit nicht was nicht gerade zu großer keiner so genau, wie es weitergehen soll am
direkt an den bürgerkriegs- Freude in der Bevölkerung Tommel, alle hoffen auf ein schnelles Ende
ähnlichem Konflikt im Lan- führt, jedoch sind die Tom- des Krieges und damit eine Lösung des
de betroffen ist, zeigen sich meldommer ein geduldiges Flüchtlingsproblem.
jetzt doch hier die Auswir- Völkchen und ertragen die-
kungen dieses Krieges. Jeden se Belastung mit Anstand. Diese harte Zeit stellt aber auch die erst
Tag kommen neue Flüchtlin- Allerdings - wie lange noch? 23 Götterläufe zählende Regentin Eillyn
ge aus den südlichen Landen in Sorge macht der Regentin Knallfaust auf eine harte Probe: ihr Mann
den Norden nach Tommeldomm, aber die fortschreitenden Dieb- Knut ist im Krieg und auch Hofmeister
wo sie sich in Sicherheit wiegen. Für stähle in ihrem Land, vor allem von Malortie von Hohenfels macht sein Alter zu
so eine kleine Baronie wie Tommeldomm den bestellten Feldern und Gärten werden schaffen. Manche munkeln, er liege bereits
eine schier fast unlösbare Aufgabe. Vor den täglich Früchte und ähnliches gestohlen, ver- im Sterben. Dazu nun noch die Flüchtlings-
Toren Tommeldomms entsteht eine immer mutlich von hungernden Flüchtlingen. Da- ströme. Man hätte ihr einen schöneren Be-
größere Zeltstadt, in der versucht wird, den her hat die Regentin die Zahl der Büttel in ginn ihrer Regentschaft gewünscht. (mrd)
10
Malortie von Hohenfels
ist tot – ein Nachruf
TOMMELDOMM. Mitten in den Kriegswirren und im Bedenken hatte, weil die zukünftige Regentin erst 23
Flüchtlingschaos in Albernia geht einer der letzten gro- Götterläufe jung ist, freute er sich doch vom ganzen Her-
ßen Alten Herren des Landes: Malortie von Hohenfels zen, dass Knut Knallfaust nun endlich eine Frau gefun-
stirbt im Alter von 73 Götterläufen. den hatte und eine Fortsetzung der zukünftigen Herrschaft
Tommeldomm gesichert zu sein schien.
Für die meisten galt der ältere charmante Herr, der seit
über 40 Götterläufen in Adelskreisen tätig war, als einer Vielleicht war es der Ausbruch des Krieges und damit
der besten Kenner der albernischen Adelswelt. Zu gern die scheinbare Zerstörung dessen, woran er immer ge-
hätte ihn daher König Cuano ui Bennain als Hof- glaubt hatte – ein freies Albernia unter einem vornehmen
berichterstatter eingestellt, aber Malortie zog es vor, sei- und ihm vertrauten Könighauses ui Bennain in einer fried-
nen Lebensabend in Ruhe im Tommeldommschen zu ver- lichen Welt – und das ganze Elend und die Not der Flücht-
bringen. Die große Politik – so sagte er immer – ist die linge, die jeden Tag nach Tommeldomm kommen, was
Sache von großen Persönlichkeiten, nicht kleiner Hof- ihn schließlich zusammenbrechen ließ und ans Bett fes-
meister wie ich es einer bin. selte, bis er schließlich in Borons Hallen seinen endgülti-
gen Frieden fand.
Malortie stammte aus adligem Hause derer von Hohen-
fels und war ein Onkel der Baronin Ullwyn von Hohen- Mit Malortie von Hohenfels verliert Tommeldomm –
fels zu Hohenfels, doch konnte er zu seiner Nichte nie verliert Albernia – einer seiner letzten Kenner der Adligen-
einen echten Kontakt herstellen, zu sehr waren ihre An- höfe und ein „Meister der Etikette“. Besonders in
sichten verschieden. Tommeldomm hinterlässt er eine junge Regentin, die ne-
ben ihrem Mann, der irgendwo in Albernia weilt, nun auch
Malortie diente schon dem vorigen Tommeldommer einen ihrer engsten Berater und Vertrauten verliert.
Baron Severin als treuer Hofmeister und Ratgeber, doch
bekannt wurde der ältere Mann erst unter dem Tommel- Der letzte Wunsch des alten Herrn war immer, einmal
dommer Vogten Knut Knallfaust, dem er als Kenner und in heimatlicher Erde in seiner Heimat Hohenfels begra-
Mann der alten Schule erst die Etikette an einem Adligen- ben zu werden, doch auch hier verfolgt ihn das Schicksal
hofe beibringen musste. Immerhin stammte der neue des Krieges, denn es ist zur Zeit nicht möglich, eine an-
Regent des Landes aus einer Thorwaler-Familie aus gemessene Trauerfeier und ein Begräbnis im weit ent-
Olport und war in Havena bereits als berüchtigter Wirt fernten Hohenfels zu ermöglichen. Daher entschieden sich
der Taverne Zum Säbelzahntiger bekannt. Schnell hatte die Regentin und der Abt zu Albanshall, den Hofmeister
er daher auch den Beinamen „der Erzieher des Vogtes“. in der Gruft der Baronsfamilie derer zu Tommeldomm
erst einmal aufzubahren bis der Krieg sein Ende findet
Allen Unkenrufen zum Trotz schaffte Malortie es, aus und ihn dann im Frieden nach Hohenfels zu überführen
dem Thorwaler-Vogt einen ‘echten’ Regenten zu machen, und ihm dort seinen letzten Wunsch zu erfüllen.
der mit der Etikette umzugehen wusste und auch über
die Zeit am königlichen Hofe ein gern gesehener Gast Wir werden den „Meister der Etikette“ vermissen und
wurde. sein legendärer Ausspruch: „Er ist verrückt!“ (in Bezug
auf seinen Vogt Knut Knallfaust) wird uns noch lange in
Einen Höhepunkt seines Lebens – wie er selber noch den Ohren klingen.
vor einigen Wochen meinte – war die Hochzeit seines
Vogtes mit Eillyn vom Rauhen Berg, einer Tochter eines Die Götter mögen nun über ihn wachen!
Marudreter Barons aus dem Horasreich. Auch wenn er Heilig! Heilig! Heilig! (mrd)
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Die Schlacht von
Crumolds Auen
Der Weg zum Duell schien. Ross und Reiter waren in tiefes Blau vorbereitet. Nun griff er an. Es würde ein
gehüllt, auf dem kleinen Kronen wie Sterne Gemetzel geben. ‘Wie gut hast du wieder
„Beim ersten goldnen Sonnenstrahl im am nächtlichen Himmel funkelt. Den offe- an deinen Fäden gezogen. Ich hätte dir nicht
frühen Praiosmond: Zwei treffen ihre Waf- nen, visierlosen Helm trug Invher unter dem trauen dürfen, ich werde es nie wider tun.!’
fenwahl. Zum Kampf bereit, zum Tode auch, Arm. Neben ihr ritt Elron Fewasian, der Pri-
die Königin sich rüstet. Das Feld liegt still mus ihrer Ritter und hielt Schild und Lanze Die Bäckerin
wie Borons Saal im frühen Praiosmond.“ der Königin bereit. Ihr folgte Ullwyn von Ungläubig schaute die Bäckerin auf das
Hohenfels und hielt das königliche Banner Geschehen, das sich auf der Walstatt abspiel-
Dort wo der Hügel des königlichen La- in den Wind. Ein Gasse bildete sich und zu te. Unruhe, Rufe, Schreie auf beiden Sei-
gers sich gen Norden zur Ebene neigte, hat- dritt ritten sie vor das albernische Heer, trab- ten. Ungläubige Gesichter starrten zum
te sich der kleine Haufen des freien Westens ten den Hügel herunter und verhielten viel- Feind hinüber. Über dem Heer der Albernier
versammelt. Man hatte auf eine formelle leicht zweihundert Schritt von ihren Reihen schwebte eine Frage, man konnte sie förm-
Schlachtaufstellung verzichtet, galt es doch entfernt - auf halber Strecke zu den schier lich spüren, sie brannte sich in die Köpfe
einem Zweikampf beizuwohnen, der eben endlosen Reihen der Invasoren. Invher war- von Königen, Baronen, Edlen, Rittern, Ge-
dies verhindert sollte. Schon in der Nacht, tete. meinen: Warum? Morgaine beugte sich im
als sich die Nachricht vom Ausgang des Sattel zu ihrem Verlobten Gerdan hinüber,
Gesprächs mit den Gesandten herumgespro- Die Schlacht beginnt griff seine Hand. Wortlos drückte sie sie,
chen hatte, wollte die Landwehr ihr Leben fest, sehr fest. Ein Versprechen lag darin.
feiern und einige packten schon ihre Bün- Die Königin Auf der Seite des Feindes senkten sich
del in der Erwartung bald wieder nach Hau- ‘Was war geschehen? Was geschieht?’ Da Lanzen, wie eine Welle, die durch einen
se zu marschieren. Doch soweit ging das war der Herzog Nimmersatt wie es seine Art Wald ging und einen Baum nach dem ande-
Vertrauen nicht! Wer am Hügel stand, war ist mit großem Gepränge vorgeritten. Alles ren fällte. Ein Gesang hob an, eine einzel-
dort in Waffen und Rüstung. Ganz vorne die hatte so ausgesehen, als wolle er sich tat- ne, aber laute Stimme. Morgaine konnte
Ritter des Adels hoch zu Ross und ließen sächlich der Herausfordung stellen. Invher nicht verstehen, was diese Stimme sang, aber
ihre Flaggen im Wind wehen. Drei weiße hatte es kaum glauben können. Gab es tat- es klang vertraut. Und gerade diese Vertraut-
Kronen für Albernia und die königliche Fa- sächlich noch etwas bei diesem Manne, was heit war es, die ihr das Lied fremd machte.
milie, der Turm für Llud, Horn und Drachen- man respektieren könnte? War da nach alle Die ersten Reiter preschten los ...
kopf für Niamad, der weiße Löwe der Ste- den Jahren immer noch ein Ritter, hinter dem
pahan, eine schwarze Distel auf goldenem Politiker, der sonst liebte seine Rechtsgelehr- Thurgans Trauer
Grund - Fenwasian, die silberne Welle vor ten zur Schlacht zu schicken. Invher war zum
weiß - Arodon, das Einhorn der Herlogan, Kampf bereit, er war, so schien es, zum „Los, ihr habt’s gehört! Vorwärts! Heut
Schwerter und Kronen für Altenfaehr, auch Kampf bereit. Und dann? Ein Pfeil von ir- ist ein guter Tag zum Sterben!“ mit lauter
Lyngwyn und Traviarim, Hohenfels und gendwoher, ein Vogt liegt im Gras. „Verrat Stimme trieb Thurgan, seine Meute an.
Westpforte und viele mehr. Nur Crumold und Angriff!“ brüllt Nimmersatt. Kein Zwei- Prompt stürmten die Axtschwinger laut
fehlte und Niamor. kampf! Ein ganzes Heer ritt auf die Königin schreiend hinter ihm her. Die großen, kräf-
Hinter und neben dem Adel kamen die zu, die vollkommen allein auf dem Felde tigen Männer und Frauen hatten sich in den
einfachen Streiter. Grob in Haufen, selten stand. Wie festgefroren. ‘Ist dies wieder ei- Gesichtern mit den Farben Albernias bemalt
nach Waffen meist nach Landsmannschaft nes deiner Spielchen Herzog?’ schoss es und boten einen wahrhaft wilden und
und Haus standen und saßen sie auf dem Invher durch den Kopf. ‘Alles nur inszeniert schrecklichen Anblick, wie sie so furchtlos
Hügelhang. Einer hatte einen Laib Brot da- um mich hierhin, um mich auf dem Präsen- und scheinbar planlos heranstürmten. Thur-
bei, Käse der nächste und irgendwer einen tierteller zu haben? Mich und ein ganzes gan und seine Adjutantin Seona hatten sich
Krug mit Bier. Ein Zweikampf zwischen Heer?’ Invher blickte sich um. Das Heer hat- die Leute aufgeteilt, jeder führte seine Man-
Königin und Herzog gab es nicht alle Tage te alles mit angesehen. Einige waren aufge- nen und Frauen an. So mancher Nordmärker
zu sehen - so rangelte man sich um die be- sprungen, liefen und riefen aufgeregt durch- musste sie für schlicht wahnsinng halten,
sten Plätze. Ein Raunen ging durch die Men- einander. Sie hatten auf des Herzogs Wort wie diese Truppe mit ihren leichten Leder-
ge der Versammelten, als die Königin er- vertraut, sie waren nicht auf die Schlacht rüstungen und mit Äxten bewaffnet ohne
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jedes Zögern voranpreschte. Es schien, als räusch – das hohe Sirren von Pfeilen! Blut mischte sich aus inzwischen zahlrei-
freuten sie sich regelrecht auf das Kommen- „Runter!“ brüllte er seinen Mannen zu, die chen Wunden darunter. Doch schien seine
de, und wenn das ihr eigener Tod sein soll- mehr oder weniger geschickt versuchten, den Kraft und seine Wut nicht nachzulassen. Mit
te! In ihren Augen lag pure Lebenslust und Geschossen auszuweichen, die wie aufge- wutverzerrtem Gesicht, die Augen nach oben
Kampfesgier, die darauf wartete, endlich scheuchte Fliegen an einem heißen Sommer- verdreht, hieb und schlug Thurgan zu, bis,
losgelassen zu werden. Ein kurzer Seiten- nachmittag die Köpfe der Albernier um- ja bis der gezielte Stoß eines Gegners in sei-
blick verriet den Nordleuten dass etwa 150 schwirrten. Sofort wurde ein guter Teil sei- nem Rücken ihn aus dem Gleichgewicht
Schritt entfernt die Gratenfelser Infanterie ner Mannschaft von Pfeilen und Bolzen ge- brachte und er nach vorne auf die Knie fiel.
über den Hügel kam, teils im Laufschritt, spickt ausgeschaltet. Neben Thurgan ging Sofort ließ der Nordmärker vor ihm sein
teils im Marsch. Schon wurden die heiser der blonde Hüne Ethelwulf, langjähriger Pferd steigen und Thurgan hörte, wie etwas
gebellten Befehle des Komman- heranrauschte. ‚Rhianna!’ war
danten vom Wind herüber getrie- das einzige Wort, das noch durch
ben. „... Schützen! ... Bereit ma- Thurgans Geist hallte, bevor die
chen!“ Von vorne kamen bereits Hufe des schweren Streitrosses
die ersten Schlachtreiter, die die auf ihn niedersanken.
leichtgerüsteten Thorwaler als
leichte Beute sahen, heran gerit- Doch waren es nicht Golgaris
ten. Thurgan sah, dass sie es wohl Schwingen, die er gehörte hatte.
nicht bis zum Baron ui Niamad Thurgan traute seinen Augen
schaffen würden, bevor die Rei- kaum, als er gewahr wurde, was
terei heran gekommen wäre. geschah: Ethelwulf, der stolze,
Also rief er seinen Leuten zu: starke Ethelwulf war da! Der
„Die Reiter – schnappt sie euch!“ Pfeil ragte noch immer aus sei-
Mit einem lauten Gejohle und nem Hals heraus, sein Blut floss
Gebrülle stürmten die Kämpfer in Strömen aus der Wunde, doch
axtschwingend den anpresch- schien das den Hünen mit den
enden Reitern entgegen. Thur- blonden Zöpfen und dem eben-
gan, der weiter vorne gewesen so blonden Vollbart nicht weiter
war, schwenkte mit seinen Leu- zu kümmern. Mit voller Wucht
ten eher in Richtung der rechten rammte er das steigende Pferd
Reiterflanke, während Seona in des Nordmärkers, der mit ent-
stummem Einverständnis ihre setzensgeweiteten Augen auf
Leute eher auf die linke Flanke den Angreifer starrte, der ihn in
der Reiter führte. Dabei ließen diesem Moment mit lachendem
sie ihre Reihen locker und nicht Wahnsinn in den Augen attak-
eng beisammen, um den Pferdehufen keine Wegbegleiter und Freund Thurgans, zu Bo- kierte. Aus dem Gleichgewicht gebracht
Chance zu geben, einen der ihren niederzu- den, getroffen von einem Pfeil mitten in den kippte das Pferd zur Seite weg und begrub
trampeln. Wenn schon sterben, dann im Hals. Ein Anflug von Trauer bemannte sich seinen Reiter unter sich, der binnen Augen-
Kampf! Diese Formation, wenn man sie so Thurgans. „Sag denen da oben, wir kommen blicken von den Hufen der nachstürmenden
nennen konnte, hatte den Vorteil, dass die bald nach, mein Freund!“ verabschiedete er Reiter in den inzwischen schon bluttriefen-
Reiter ihre Reihen ebenfalls etwas mehr lich- sich in Gedanken, während er weiter rann- den albernischen Boden getrampelt wurde.
ten mussten, wenn sie nicht einen Haufen te. Stehen bleiben, hieß sterben. Ihm war nicht mal die Zeit geblieben, zu
Axtkämpfer in der linken bzw. rechten Flan- schreien. Ethelwulf drehte sich zu Thurgan
ke haben wollten. ‘Gutes Mädchen...’ dach- Thurgan war mit der ersten Angriffsreihe um, der sich wieder auf die Beine gerappelt
te Thurgan, als er sah, dass Seona genau sei- mit den Reitern zusammen gestoßen. Seine hatte. Doch noch bevor er etwas sagen konn-
ne Gedanken erraten und ihre Abteilung in große doppelblättrige Axt schwang hin und te, bohrte eine Schwertspitze sich durch
die richtige Richtung führte. ... Ein kurzes her und wo sie traf, hinterließ sie nichts als Ethelwulfs Brust. Blut brach in einem gro-
Gedankenbild blitzte vor Thurgans innerem Blut, zerschnittene Muskeln, Sehnen und ßen Schwall über Ethelwulfs Lippen und mit
Auge auf - Rhianna! Seine Rhianna ... „Für gebrochene Knochen. Schmerzensschrei verdrehten Augen und einem Lächeln auf
dich, mein Stern ...“ murmelte er zu sich. begleiteten seinen Weg. Es gelang ihm in den Lippen kippte er nach vorne.
Laut rief er: „Für die Freiheit; für Albernia!“ die Reihen der Reiter einzutauchen und er
Laut erwiderten die Kämpfer seinen Ruf und wütete unter den Nordmärkern als habe Kor Ein Schrei absoluten Hasses, tiefer Trauer
dann trafen sie auf die Gratenfelser Reiter. persönlich ihm den Auftrag dazu gegeben. und unbändigen Zorns auf alles und jeden
Bald schon war er über und über mit Blut in diesem Moment kam über Thurgans Lip-
Thurgan hörte ein ihm vertrautes Ge- und anderem besudelt, auch sein eigenes pen. Mit bloßen Händen stürzte er sich auf
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den nordmärkischen Soldaten, der noch ver- Lanzenstößen und Pfeilschüssen der Nord- Auch an den Flügel Bewegung und Lärm -
suchte, sein Schwert aus dem Leichnam zu märker fiel, von Golgari empfangen und über doch nichts genaues war von hier zu sehen.
ziehen. Noch bevor er irgendwie reagieren das Nirgendmeer in die Paradiese der Göt- Invher schrie ihren Ärger in einem Fluch
konnte war Thurgan heran. Mit seinen blo- ter getragen wurde, wo sie warten würden heraus. Dann fiel ihre Lanze, Schwert und
ßen Händen packte er den Soldaten am Hals, auf die, die noch folgten. Es würden noch Schild in die Hand. „Nur Mut Albernier, die
hob ihn hoch, warf ihn zu Boden und drückte so viele mehr folgen. Götter sind mit den Tapferen. Folgt dem
zu. Sein Opfer versuchte sich noch zu weh- Weg, den das Schwert Euch bahnt!“
ren, aber die baumstammdicken Arme des Eine Träne löste sich aus einem Auge des
Wirtes aus dem beschaulichen Dörfchen Orbataler Hünen und hinterließ eine kleine Der Aufprall war martialisch, nun galt es
Botzenberg in Orbatal ließen nicht locker, Spur in seinem blutüberströmten Gesicht, bis Lanze über Lanze und Schwert für Schwert
bis jeder Widerstand abnahm und schließ- sie sich in seinem dichten mit Blut verkleb- von der Königin und dem eigenem Leib fern-
lich verstummte. Schwer atmend ließ Thur- ten Vollbart verfing. zuhalten. Das Bersten von Holz, Metall und
gan sein Opfer achtlos im Dreck liegen und Knochen, das Klingen von Stahl auf Stahl
sah sich um. Die Reihen der Reiter waren In der Brandung der Choral des Krieges. Die Lanze Elrons
schon weiter vor ihm. Seine eigenen Leute barst am einem Brustpanzer und hob den
waren nur noch in versprengten Grüppchen Sie steht auf dem Felsen. Der Wind zerrt gegnerischen Ritter aus dem Sattel, der so-
unterwegs und boten den Reitern keinen am Mantel. Vor ihr tanzen Schaumkronen fort in den Massen verschwunden war. Krei-
geschlossenen Widerstand mehr. Sein Blick auf den Spitzen der Wellen. Die Flut kommt. schend schabte eine gegnerische Lanze an
fiel auf Seona – sie lag ganz in seiner Nähe Die Welle naht. Ein Donnern erfüllt die Luft, Elrons Schild ab, hinterließ eine tiefe Fur-
im Schlamm der albernischen Erde und rühr- als sich die Front des Wassers an der Wehr che um letztendlich ins Leere zu driften.
te sich nicht mehr, ihr schöner stählerner der Felsen bricht. Gischt sprüht auf, Wasser Gerade noch konnte Jandor seinen Kopf
Körper, der schon manchen Mann sehr, sehr salzig wie Blut. Wieviel Flut hält der Fel- wegziehen. Die nordmärkische Lanze sau-
glücklich gemacht hatte, gezeichnet von vie- sen. Wieviel bis er fällt, wie auch Havena ste über ihn hinweg. In einer drehung ver-
len tiefen Wunden. Um ihn herum lagen fiel. Mit einem Krachen wie Donner schla- senkte er sein Schwert in dem herab-
noch mehr seiner Kameraden und auch gen die Reihen von Ritter in einander. Ir- stüzenden Ritter. Danach versuchte er sich
Freunde, und auch der ein oder andere Nord- gendwo in ihrer Mitte steht Invher, in der einen Überblick zu machen. Die Ritter stan-
märker war unter den Toten. Mitte der Schlacht, lose umgeben von den den alle beisammen und versuchten der Kö-
schützenden Schilden ihrer Ritter. nigin bestmöglich Unterstützung zu geben.
Thurgan suchte nach seiner Axt und als Aber es waren so viele Feinde ...
er sie gefunden hatte nutzt er die relativ gro- Gerade noch rechtzeitig, dachte Elron zu
ße Bewegungsfreiheit, die er im Moment sich selbst, als die Ritter der Krone auf- Der Felsen bricht
hatte, um die Reihen der Reiter zu umgehen schlossen und sich schützend vor Invher
und sich auf die Seite Richtung Wald zu schoben mit einigen brüllenden Komman- In den stürmischen Wogen der Schlacht
schlagen um sich einen Überblick zu ver- dos und Zeichen hatten Elron es geschafft hielten sich die Ritter des Westens wie eine
schaffen. Weiter hinten erkannte er den Ba- die Reihen einigermaßen in dem hereinbre- Insel, deren Stränden die raue See mit jeder
ron ui Niamad mit einer kleinen Truppe von chendem Chaos zum Schutze der Königin Welle das Land zerreißt. Lanzen waren zer-
Getreuen. Da, wo eben noch die Landwehr zu postieren. Viele Schlachten hatte er er- brochen, Schwert stumpf und schartig und
gestanden hatte, war nun nur noch ein ein- lebt, viele Duelle gefochten doch niemals mancher Schild und manche Brünne hingen
ziges großes Gemetzel. Er hörte einen zuvor war ihm eine Schlacht bekannt die mit zu Span und Schrott geschlagen und den
Krächzen von oben - die ersten Raben dem totalen Chaos begann. Fluchend wur- Glieder müder Kämpfer. Hier hob ein Ritter
schwebten gierig über dem Feld des Todes. de Elron bewusst, dass er keine Lanze zur den Arm zum Schlag und ließ ihn doch er-
Sie würden reiche Ernte halten können! Der Hand hatte, noch 150 Schritt dann wäre die mattet wieder sinken. Wozu noch fechten?
Wind trug die Schreie der Sterbenden und erste Welle heran. Stand nicht für jeden Feind, der fiel schon
Verwundeten und das teils panische Wiehern 30 Schritt! Die Lanzen der Ritter senk- längst ein zweiter bereit? Dort hob ein Knap-
der Pferde weit über das Land. Es kam ten sich gleichermaßen auf beiden Seiten. pe die geborstene Lanze seines Herrn und
Thurgan so vor, als würde die Zeit den Atem 15 Schritt das Beben des Bodens, das Trom- stellte sich mit mehr Verzweiflung denn Mut
anhalten und den Wind das Leid Albernias meln der Hufe stieg zu einem Orkan an. einem Feind entgegen, den er doch nicht
in jeden Winkel Deres tragen lassen – doch bezwingen konnte.
es kam keine Antwort, keine Rettung. Kei- Ein Schlag auf ihren Schild reißt die
ne Erlösung. Die Götter wandten sich ab und Königin in die Wirklichkeit zurück. Eben In alledem stand sie wie ein Felsen.
ließen dieses sterbende Land allein. noch Duell, jetzt eine Schlacht. Irgendwie Ullwyn von Hohenfels, Baronin von Hohen-
waren ihre Ritter schneller bei ihr gewesen fels, hielt das albernische Banner und den
An diesem Tag starb Albernias Freiheit. als der Feind, der sich nun an ihren Schil- Mut der Streiter in die Höhe. Die sah die
Sie starb mit jedem albernischen Kämpfer, den brachen, doch dessen lange Reihen zu- Welt in ihrem fünften Jahrzehnt. Sie hatte
der unter den Schwerthieben, Axtschlägen, gleich an allen Seiten an ihnen vorbeizogen. viele Schlachten gefochten und niemals auf-
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gegeben. Gegen tausend Oger war sie gezo- einem Nicken den alten Freund. Dann wand- te einen silbernen Delphin. In Morgaines
gen, gegen den Ork hatte sie Gareth gewehrt, te sich um, dem Feinde zu, den Freund im Bauch kribbelte es und ihr schien, als ob
sie hatte die Dämonen des Ostens geblickt Rücken wissend. Der schwarze Wolf hob sich ein schweres Gewicht auf ihre Schul-
und zuletzt bei Hammer und Amboss sich sein Schwert und trieb es in diesen ihren tern legte. Sie schaute sich um, suchte ein
mit der Garde des Schwarzen Marschalls Rücken. Dann griff er nach dem Banner. vertrautes Gesicht in der kämpfenden Men-
gemessen. Ullwyn war eine harte Frau und Frau Ullwyns Augen waren vor Schreck ge, suchte nach Gerdan. Doch die Zwölfe
selten sah man sie lachen, doch noch selte- geweitet. Aufrecht hielt sie sich noch am wollten ihr nicht die Gnade gönnen, noch
ner sah man sie verzagen. Und wer sie auch Banner, als Blut über ihre Lippen trat und einmal das Antlitz jenes Mannes zu schau-
nicht liebte, der achtete sie doch. Das Ban- Nimmermüd ihrer Hand entglitt. Der en, der ihr am Abend vor der Schlacht die
ner, drei weiße Kronen auf nächtlichem schwarze Wolf nahm ihre kostbare Bürde Ehe versprochen hatte.
Grund, darüber der goldene Orkenschädel und hielt sie tief, den Blicken verborgen, am
des Feldzeichens, ruhte in seiner Halterung Sattel. Albernias Banner verschwand vom Morgaine schüttelte den Kopf, als wolle
aus Leder an ihrer linken Seite. Mit den Schlachtfeld. Frau Ullwyn sank zu Boden, sie einen Gedanken vertreiben, dann steck-
Schenkeln trieb sie das Ross immerzu im wo Hufe ihren Leib zerstampften. te sie das Schwert in ihren Gürtel. Sie bück-
Kreise. Ihre Rechte führte das Schwert und Der Felsen war in der Brandung zerbrochen. te sie sich noch einmal, griff zu ... und der
hielt ihr die Feinde vom Leib. Frau Ullwyn Helm mit der Delphinkrone fand den Weg
hatte den Helm schon lang verloren und Blut Das Opfer der auf ihren Kopf. Es schien ihr, als ob sich
war über der rechten Hälfte des Gesichts zur alles um sie herum veränderte ... Die
Bäckerin
Kruste geronnen und ließ die braunen Haa- Schlacht war auf einmal so weit weg. Ein
re, ergraut an den Schläfen, zusammenkle- weiteres Bücken und der Schild mit den drei
ben. Ein Schild führte sie nicht, hielt der Kronen befand sich an ihrem linken Arm.
Schildarm doch schon das Banner und auch Herrenlose Pferde gab es viele auf diesen
das Eisenwams war vielfach schon gesprun- Schlachtfeld, wenige akzeptierten einen an-
gen. Um sie herum gellten Schlachtrufe. Auf deren Reiter als den ihren. Nicht weit von
beiden Seiten trieben Führer die Krieger in Morgaine stand ein Tier, eine dunkelblaue
die Waffen der Feinde und in den Tod. Schabracke hing in Fetzen von seinen Flan-
Ullwyn schwieg. Felsen reden nicht. ken. Die Bäckerin näherte sich dem Pferd,
welches keine Regung zeigte. Auch als sie
Unter denen, die um sie kämpften, war ihren Fuß in seinen Steigbügel setzte, rühr-
auch der Mann mit der schwarzen Wolfs- te es sich nicht, kurz darauf saß die Bäcke-
kopf als Helmzier. Sein Wappenrock und der rin im Sattel. Ob dieses Ross wusste, wor-
Schild lagen irgendwo von Hufen zerstampft um es ging? Es schien, als ob die Schlacht
an der Flanke, an der er zuletzt gefochten. innehalten würde. Die Götter holten Atem
Er hatte den Ort verlassen, um ein anderes und mit ihnen die Zeit. Morgaine spürte ihr
Werk zu tun. Ein blutiger Weg über das Herz klopfen, in ihren Ohren rausche das
Schlachtfeld. Von Crumolds Auen würde Blut. Über ihre Wangen rannen die Tränen,
man die Schlacht vielleicht einmal nennen. während die rechte Hand sich um den
Die roten Auen, so sollte es heißen, dachte „Mögen Rondra und Phex Euch hold Schwertgriff schloss und die Waffe aus dem
der Mann bei sich. Er fand seinen Weg: Über sein, Herr Ritter, denn ihr tragt Albernia Gürtel zog. Ihr schien es, als ob jeder Mann
die Kadaver edler Rösser, über die Leichen auf Eurem Pferde.“ Leise war Morgaines und jede Frau auf dieser Walstatt zu ihr
junger Frauen die nie eines Mannes Mund Stimme hinter dem Ritter, der die schaute. Langsam hob die Bäckerin aus
küssten, über die Leiber von Männern die bewusstlose und schwer verletzte Köni- Winhall das Schwert über den Kopf. Die
ihre Arme und Beine suchten und nach ih- gin auf seinem Pferde trug, sie ging im Strahlen der Praiosscheibe glänzten auf den
rer Mutter riefen. Langsam lenkte er sein drei Kronen des Schildes der Königin. Sie
Lärm der Schlacht unter. Wieder glitten
Ross in den Kreis der Ritter. Verhielt einer hieb dem Pferd die Fersen in die Seiten, je-
die Augen der Bäckerin aus Winhall zur
seinen Weg, schob er sein Visier in die Höhe nes stieg und machte einen gewaltigen Satz
zurückgelassenen Rüstung der Königin
und passierte. Hunderte Ritter suchten sich nach vorn, mitten unter die Feinde. ‘Gerd-
so ein Durchkommen, ein jeder hatte besse- zurück. Kurz nur verharrte sie, dann griff
an, ich liebe Dich!’
res zu tun, als sich diesen einen zu merken. Morgaine entschlossen zu. Sie legte sich
Auch Frau Ullwyn sah den schwarzen Wolf den Mantel um die Schultern, Ihre Augen
„Albernia !!!“
näher kommen. Sie drehte ihr Pferde und suchten den Boden ab ‘Ein Schwert, ich
hob zur Abwehr die Klinge Nimmermüd. brauche ein Schwert!’ Unter dem Schild Gerdan fuhr herum. Er hatte sich schon
Der Wolf verharrte vor ihr und öffnete sein der Königin schaute das Heft eines beinah zu Morgaine durchgeschlagen, sich
Visier. Als Ullwyn sein Gesicht sah, senkte Schwertes hervor. Sie nahm es auf. Der dann aus den Augen verloren, als die
sie ihre Waffe. Sie lächelte und grüßte mit Knauf war nachtblau hinterlegt und zeig- Brüllenbösener kamen. Dann galt es fech-
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ten, um sein nacktes Leben. Er sah die Frau „Alberniaaa!!!“ Schreie der Verzweiflung. Seltsam deutlich
in der Rüstung der Köngin - und begriff, nahm Morgaine alles war, während sie
ohne zu wissen warum. „Oh - nein, Mor- Ein seltsames Gefährt holperte über das nach hinten vom Pferd gerissen wurde. Die
gaine! Was tust Du? Bitte, Rondra, lass es Schlachtfeld auf sie zu. Ein Wagen, ein- Zeit verlief normal, und doch ... die
nicht wieder passieren. Nicht noch ein- achsig, gezogen von Pferden, ein Banner Schlacht um sie herum hielt inne. Viele Au-
mal...“ Er gegnerischer Hieb verfehlte ihn wehte darüber ... Zwerge? Sie wollten ihr gen starrten sie an ... Albernier ... Nord-
knapp - und schon war er wieder im den Weg versperren. Morgaines Pferd märker ...
Kampf, unfähig ihr hinterher zu eilen. brach etwas nach links aus, worauf die
Bäckerin im Sattel schwankte. ‘Gerdan, ‘Invher...’
Morgaine hatte Mühe, sich im Sattel zu bitte folge mir nicht ...“
halten. Sie hatte die Zügel in die linke Hand Die Bäckerin aus Winhall schlug mit
genomen, hielt so nun Zügel und Schild. „Albernia!!!“ dem Rücken auf dem Boden auf. Schmer-
Der Rappe machte seinen zen rasten durch ihren Körper.
Sprung nach vorn, biss, keil- ‘Es ... ist ... vorbei’ Albernia
te aus, stieg, um einem hatte gekämpft. Seine Kinder
Landsknecht mit den Vorder- waren ausgezogen und hatten
hufen den Schädel zu zer- sich aufrecht einem Feind ent-
schmettern. Und die Bäckerin gegengestellt, der sie auf Knien
im Gewand der Königin? Auch sehen wollte. Albernia hatte ge-
Morgaine kämpfte, hieb mit dem blutet. Seine Erde war von Hufen
Schwert zu, schlug um sich, durch zerstampft und vom roten Lebenssaft
den Helm kaum etwas sehend. Um getränkt worden.
sie herum Feinde, jeder trachtete da- Albernia hatte verloren.
nach, sie aus dem Sattel zu werfen, zu
fangen, zu verwunden oder - zu töten. Je- Das Grab in
der trachtete danach, ihre Heimat in die
Crumolds Au
Knie zu zwingen.
Seltsam langsam kamen Morgaine alle
Es steht ein Haus im Abagund,
„Albernia!!!“ Bewegungen um sie herum vor ... Es
ein Haus weitab vom Glück.
schien, als ob Satinav verharren würde. Da
Dort wartet sie schon lang auf ihn,
Ihr Pferd prallte heftig gegen das Pferd war jener Zwerg, der auf die Wand dieses
doch er kehrt nie zurück.
eines Nordmärkers, jenes kam aus dem seltsamen Gefährtes geklettert war. Da war
Gleichgewicht und ging mitsamt dem Rei- jener Albernier, dessen Kopf gerade von Er ging hinaus am Morgen schon,
ter zu Boden. Wieder war eine Lücke frei der Waffe eines anderen Zwergen zer- der Tag war jung und schön.
... vorwärts, nicht stehen bleiben. Etwas traf schmettert wurde. Da war jenes Mädchen, Da hörte er der Heimat Ruf,
sie schmerzhaft am Bein, Morgaine schrie das zu ihr hinauf blickte. wollt’ in den Krieg mit gehn.
auf, ihr Schwert zuckte herunter und traf
... tötete es? verwundete es? Die Bäckerin „Nordmarken!!!“ Oh Leute, hört die Geschichte an,
konnte es nicht sehen. und was von Ihnen blieb:
Ihr Gesichtsfeld engte sich ein, schien Albernias Kinder zogen aus,
„Alberniaaaa!!“ nur noch aus dem Gesicht, den Augen je- der Herzog droht’ mit Krieg.
nes Zwerges zu bestehen. Unaufhaltsam
Der Schild wurde getroffen, die Zügel näherten sie sich und doch schien dieser Ein Grab, es liegt in Crumolds Au,
entglitten der tauben Hand. Umwillkürlich Weg unendlich zu sein, schien sich die Zeit kein Name darauf steht.
kniff sie die Beine zusammen, damit den auf eine Ewigkeit zu denen. Eine Axt hob Zerbrochnes Rad am Wegesrand,
Rappen unter ihr noch weiter vorwärts trei- sich ... ‘Das Schwert hoch, Morgaine!’ Das wie schnell das Glück vergeht!
bend. Ein heftiger Stich an der Hüfte, ein Kreischen von Metall auf Metall, das
weiterer Schmerz. ‘Niemals wirst du uns Schwert wurde ihr aus der Hand gerissen Es steht ein Haus im Abagund,
auf Knien sehen, graumsamer Herzog!’ und dann ... es war, als ob ein Pferd ihr vor ein Haus weitab vom Glück.
Vorwärts, Vorwärts, weg von der Königin die Brust getreten hatte. Plötzlich war al- Dort wartet sie schon lang auf ihn,
... hoffentlich kann der Ritter sie in Sicher- les wieder normal. Pferde wieherten, doch er kehrt nie zurück.
heit bringen. Schreie lagen in der Luft, Schreie der Wut,
Schreie der Angst, Schreie des Triumphes, (rba) / (rg) / (iw) / (dz)
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Rückkehr nach Orbatal
ORBATAL. mit Eogan vor dem Eingangsportal, um kundige Heilerin aus dem Tulamidenland
7. Rondra 35 Hal (früher Vormittag) sich der Gäste im Namen Travias anzuneh- am Hofe Dienst tat.
men. Großes Erstaunen legte sich in ihren
Torben wollte seinen Augen nicht trau- Augen, als sie gewahr wurde, wer der Spre- Wenig später kam Coilhéan ui Niamad
en. Dort am Tor zum herrschaftlichen An- cher der Ritterschaft überhaupt war. auf den Hof geritten. Er war unterwegs
wesen der Baronin waren einige Berittene „Cullyn?“ Sie kannte den Vetter seit Kin- gewesen, um Verstecke in den Wäldern zu
angekommen. Schnell schloss er den desbeinen an, war er doch oft bei Familien- prüfen, die er für den höchsten aller Not-
Zuchtkäfig der Hermeline und näherte sich feierlichkeiten damals noch auf dem elter- fälle hatte anlegen lassen. Bei Torben er-
einige Schritte dem Portal. Ein halbes Dut- lichen Hof in Tannwald zugegen gewesen. kundigte er sich schnell, wer denn da an-
zend schwer gerüstete Ritter in teils zer- Er mochte an die zehn Götterläufe älter als gekommen sei. Schon nach den ersten Wor-
schlagener Rüstung hatten eine junge Frau sie selbst sein und lebte, seit sie denken ten begann sein Blick über den Hof zu strei-
in ihrer Mitte, der man die Anstrengung konnte, auf einem Rittergut in der fen. Nachdem Torben geendet hatte, rief
und wohl auch Schmerzen deutlich ansah. Baronie ihres Bruders Bedwyr. er über den Hof: „Hauptfrau Ysilde!
Das erschöpfte Gesicht zeigte dennoch eine „Ja, Samia.“, antwortete er lei- Schickt einen Mann los! Er soll aus Orbatal
Ahnung von Stolz und ließ Schlüsse auf se und nahm sie behutsam ob ih- Verstärkung für den Schutz des Hofes ho-
ihren Stand zu. Eine weitere Frau saß hin- rer hohen Leibeswölbung in die len. Und ich brauche zwei Mann mit gu-
ter ihr auf eigenem Ross. Arme. Dann wies er auf die Frau, ten Augen. Ich werde mit ihnen auf dem
Braune Flecken waren auf den eiser- die von einem Kronenritter gestützt Weg zurückreiten, den Ihre könig-
nen Rüstungsteilen der Ritter zu sehen. wurde. Samia wollte es nicht fassen. liche Majestät genommen hat, um nach
Eindeutig Spuren von Blut. Noch größer Ihre königliche Majestät Invher ni Ben- möglichen Verfolgern Ausschau zu hal-
wurden die Augen des Jungen, als er die nain! Zerschunden, geschlagen, doch ten.“
verschmutzten und zerrissenen Kriegs- noch immer der Blick einer Königin.
röcke der Reiter näher in Augenschein „Die Götter mit euch, Baronin. Ich ersu- Nach nur einem halben Stundenglas lag
nahm. Drei weiße Kronen auf blauem che Euch ... um traviagefällige Aufnah- die Königin indessen auf weicher La-
Grund: Ritter der Krone! Torben konnte me“, kam es hastig und atemlos aus dem gerstatt. Die notdürftigen Verbände
den kurzen Wortwechsel zwischen dem Munde Invhers. Ein zweiter Ritter der Kro- waren frisch und erneuert. Die zweite
Wachsoldaten und dem Sprecher der ne stürzte hinzu und stützte die Königin. Frau, die mit den Rittern gekommen
Rittergruppe nicht verstehen. Zu leise und Völlig fassungslos wollte Samia auf die war, Xavia, saß erschöpft neben der
zu weit fort standen die Reiter. Doch als Knie sinken, doch ließ ihre fortgeschrit- Bettstatt auf einem Stuhl. „Meine
sogar die Hauptfrau Ysilde im Laufschritt tene Schwangerschaft dies nicht zu. Auch Mittel sind vor einigen Tagen
herangeeilt kam, vor den Reitern salutier- Eogan und die anderen herbeigeeilten Die- zur Neige gegangen. Außerdem
te und Haltung annahm, wusste Torben, ner sanken in demütiger Geste vor Ih- konnten wir nie länger an einem Ort
dass hier allerhöchster Besuch angekom- rer königlichen Majestät auf die Knie. „Die verweilen. Häscher waren uns auf
men war. Götter mit Euch, Majestät ...“, brachte den Fersen und wir mussten viele Umwe-
Im Schritttempo führten die Reiter Samia nur mühsam hervor. „Kommt her- ge reiten.“, erklärte sie der Baronin, die sich
ihre Pferde zum Haupthaus und der Pfer- ein ... Eogan, Eidhne, ihr wisst, was zu tun nach dem Befinden ihrer Majestät erkun-
deknecht Thomas Donnaghue übernahm ist ...“ digte. „Ich werde hier bleiben und über
mit vielen Verbeugungen die Reittiere der Sofort veranlasste Samia alles Notwen- ihren Schlaf wachen. Lasst mir doch bitte
Ankömmlinge in seine Obhut. Der Spre- dige. Gemächer wurden hergerichtet, eine etwas zu Essen und zu Trinken kommen,
cher der Ritter half der jüngeren Frau aus Botschaft zum Peraine-Tempel geschickt wenn ich euch darum bitten darf.“
dem Sattel, die mit einem leisen Stöhnen mit der Bitte um Hilfe. Wohl wusste Samia, Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende
auf dem Boden zum Stehen kam. Lange, dass die Geweihte Deidre nach Crumold gesprochen, da trat Eidhne, die Frau des
braune Haare umrahmten anmutige Züge, gezogen war und sorgte sich um ihren Ver- Gutsverwalters, gefolgt von einer weiteren
denen man jedoch die Strapazen und vor bleib, doch waren noch andere Geweihte Magd ein und brachte Speis und Trank so-
allem Schmerz deutlich ansah. im Tempel, die hier dringend von Nöten wie frische Tücher und warmes Wasser, um
Baronin Samia ni Niamad war indes- waren. Zudem wurde ein schneller Rei- die Wunden der Königin erneut säubern zu
sen an der Seite ihres Verwalters aus dem ter zum brüderlichen Anwesen nach Ot- können. Samia lächelte – wie immer lief
Haus getreten. Schon vom Fenster aus hatte terntal entsandt, war von dort Kunde ge- in ihrem Haushalt alles fast wie von allei-
sie die Ankunft der Ritter mit klopfendem drungen, dass seit dem vergangenen ne. Man konnte sich auf Eogan und Eidhne
Herzen verfolgen können und nun stand sie Praiosmond eine vortreffliche und fach- verlassen, doch auch wenn ihre Hauptsorge
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natürlich der Königin galt, so konnte Xavia Dank gebührt dir, mein Vetter, und den an- ließen ihr Leben für die Freiheit Albernias.
mit einem Blick erkennen, dass die hoch- deren Rittern, die ihr unsere Königin vor Doch noch ist die Heimat nicht verloren,
schwangere Baronin anscheinend ziemlich dem Schlimmsten bewahrt habt. Sag ihr, solange es Mannen und Frauen gibt, die
unter ihrem Zustand zu leiden hatte. Dunk- dass mein Haus ihr immer offen steht und mit eisernem Willen gegen jedwedes
le Augenringe zeichneten sich um die grü- auch ich immer treu an ihrer Seite stehen Joch kämpfen, welches uns in die Knecht-
nen Augen Samias ab, die auch sonst sehr werde, wenn ich im Moment auch nicht so schaft zwingen will. Ihr, Ritter Cullyn ui
müde wirkte. Auch ihr Gesicht wirkte un- kann, wie ich gerne möchte ...“ Unbewusst Niamad gehört zu jenen Mannen. Nicht
gewöhnlich mager und blass für eine hatte sie die rechte Hand auf ihren stattli- allein eure Tat, die uns aus der erdrücken-
Schwangere. Dennoch versuchte sie, sich chen Bauch gelegt. den Übermacht errettet hat, sondern auch
nichts anmerken zu lassen. eure Umsicht, euer Verstand und eure eher-
Indessen hatten sich die Ritter in ihren Zur gleichen Zeit brach Coilhéan ne Treue zu Albernia küren euch zu Höhe-
Gastkammern ihrer Rüstungen entledigt, mit zwei Begleitern auf und kam erst rem. Gebt mir Euer Schwert, Ritter!“
sich erfrischt und zwei der ihren, unter ih- spät des Abends wieder zurück. Wortlos zog Cullyn sein Schwert aus
nen Cullyn ui Niamad, hatten sich danach Diesmal wandte er sich direkt an der Scheide und bot es seiner Königin dar.
im Wohntrakt der Baronin eingefunden. die Hauptfrau: „So wie es aussieht, Invher fasste es mit festem Griff und führ-
Die anderen ruhten. Sie berichteten von haben wir vorerst noch Ruhe. Ich habe te es senkrecht vor die Brust. „Der schänd-
der verlorenen Schlacht in Crumolds Au- die zwei Streiter an guter Position liche Verräter Jast Irian von Crumold ist
en, von dem erbittert freigekämpften zurückgelassen, auf dass wir War- seit den Tagen Elenvinas nicht mehr Herr
Durchbruch, der die schwer verletzte Kö- nung erhalten, sollten sich doch noch seines Lehens. Die Graftschaft Bredenhag
nigin rettete, von dem Opfergang einer Verfolger zeigen. Sie sollten regelmäßig ist fürderhin geteilt. Der Norden wird sich
Winhallerin, die angetan mit Helm und abgelöst werden.“ Danach erklärte er der weiterhin Bredenhag nennen, doch der
Schild Invhers die Nordmärker irreführ- Hauptfrau die Position, an der er seine Süden wird fürderhin Abagund genannt.“
te und sich so für ihr Land und ihre Kö- Begleiter hatte Posten beziehen lassen. Langsam senkte sich das Schwert auf die
nigin opferte. Weiter von der Flucht Schulter Cullyns. „Im Namen der Zwölf-
durch den düsteren Gundelwald, den Die Tage vergingen. Sefira saba Azila götter, im Namen der Delphinkrone, des
Verfolgern, denen sie beinahe unter- aus Otterntal war gemeinsam mit seiner freien Königreiches Albernia und im Na-
legen waren und ihrem gefährlichen Hochwürden Annlir Tullenblum und dem men des Geschlechtes Bennain erheben
Weg durch die Abagunder Heide - Novizen Anselm eingetroffen. Die Köni- wir, Invher ni Bennain, euch Cullyn ui Nia-
immer die Häscher im Nacken und gin erholte sich unter der aufopferungsvol- mad, zum Herren der Grafschaft Abagund.
ruhelos, bis sie endlich die friedli- len Pflege der Geweihten beider Baronien Mögen die Götter allzeit mit euch sein und
chen Orbataler Lande erreichten. und der Tulamidin ungewöhnlich schnell. eure Schritte lenken. Möget ihr eure Hei-
Sorge umzog sein Antlitz, als er Auch die Ritter gesundeten nach und nach mat mit all eurer Kraft verteidigen und
auf Samias Bruder Bedwyr zu sprechen und legten ihre Erschöpfung ab. Mit dem schützen, treu dem Hause Bennain dienen
kam, dessen Schicksal nach den Kämpfen Eintreffen der Geweihten Deidre Peraine- und uns weiter als eure Königin anerken-
ungeklärt blieb. „So ihre Majestät wieder treu am 12. Rondra fiel vor allem Samia nen.“
bei Kräften ist, werden wir weiter nach ein Stein vom Herzen. „Hiermit leiste ich meinen Eid auf die
Burg Feenquell ziehen“, erklärte Cullyn, Am Abend des gleichen Praioslaufes Krone Albernias“, erklärte Cullyn feierlich
„doch die Verletzungen der Schlacht und hatte Invher die Baronin zu einer Zusam- und blickte Invher in die Augen. „Ich
der weite Weg haben sie ausgezehrt. Hab menkunft auf dem Hof des Anwesens ge- schwöre im Angesicht der Götter, vor
Dank, dass du uns Zuflucht und Gastung beten und so ließ Samia alles für eine klei- euch und der hier Anwesenden, auf dass
gewährst, Samia!“ ne Festlichkeit vorbereiten. Sie hatte ich meine Heimat schützen will und vertei-
Diese hatte sich während der Rede Invher zu diesem Anlass ein festliches Ge- digen werde bis zu meinem letzten Bluts-
Cullyns erhoben und war zum Fenster ge- wand überlassen und als ihre Majestät nun- tropfen. Bis in den Tod, Eure Majestät!“
gangen. Schwer stützte sie sich an dessen mehr mit einem Lächeln auf den Lippen Invher nickte bedächtig. „Erhebt euch,
Rahmen ab, die Hände verkrampft. „Bed- in der Abenddämmerung auf dem Hof er- Graf von Abagund! So soll es sein!“ Dann
wyr“, murmelte sie leise. Nur schwer konn- schien, beugten alle Anwesenden das Knie. wanderte ihr Augenmerk zu den Umste-
te sie verbergen, dass Weinkrämpfe ihren „Bis auf Ritter Cullyn ui Niamad mö- henden, reckte das Schwert gen Alveran.
von der Schwangerschaft gezeichneten gen sich alle erheben und unsere Wor- „Auf die Freiheit Albernias!“ Und trotz der
Körper schüttelten. Als sie sich wieder te hören“, forderte sie auf. Dann stellte sie festen Stimme Invhers und trotz des ent-
beruhigt hatte, wandte sie sich um und sag- sich vor den noch immer knienden Rit- schlossenen Blickes konnte die sichtlich
te leise: „Dank ... nun, es ist das Einzige, ter. „Unser tapferes Heer haben wir in der bewegte Samia eine Träne im Auge der
dass ich in meiner Situation für mein Land Schlacht bei Crumolds Auen verloren“, Königin sehen, die sich ihren Weg über die
und meine Königin tun kann. Der wahre bekannte sie mit düsterem Blick, „so viele Wange suchte. (gm, um, iw)
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Von Wogen getragen
Nach Westen, hin zu den alten Landen der seglung Harbens die albernische Residenzstadt Am folgenden Tag fiel es Efferdan nicht
Canterer, blickte Bethana, gelegen dort wo die Havena zu erreichen. Dort scheute sich der schwer, in den Tempel und die Residenz der
Vorfahren des heute herrschenden Menschen- Hüter des Zirkels, seiner eigenen Familie ge- Könige zu treten. Mit neu geborener Inbrunst
geschlechts den Boden Aventuriens betraten. genüberzutreten. Um in diesem Sturm die Klar- sah er über die Tage des Kampfes hinaus und
Die Firdayon führten ihre Dynastie auf den heit zu bewahren, würde er zunächst seinem ließ die Menschen teilhaben an seiner Einsicht.
Kontinent im Westen zurück. Sie herrschten Gott offen legen. Im Tempel aber zeigte sich, Auf dem Halplatz begrüßten die Bürger Have-
über das mächtige Reich am Yaquir, das doch wie sehr die Bruderschaft der Wogen im Sog nas den Heimkehrer mit jubelndem Applaus.
nur ein klägliches Abbild des alten Bosparani- der Ereignisse ihren Halt verlor. Unzählige Bitt- Und so sprach er zu ihnen.
schen Imperiums war. In Gareth residierten heu- steller baten um Gehör, immer wieder musste „Albernia ist eine Heimstatt inniger Vereh-
te die mächtigsten Kaiser der Menschen, von Efferdan seine Gebete unterbrechen, um sich rung des Unergründlichen Efferd. Mit dem Auf
deren Begründer Raul manche sagten, dass er über die Situation der Kirche belehren zu las- und Ab der Gezeiten und dem ewigen Strömen
nur durch die Vereinigung seines tulamidischen sen. Alle verlangten sie nach einem Machtwort, der Bäche und Flüsse segnet er dieses Land täg-
und bosparanischen Blutes die Herrschaft über etwas, dass er nicht geben wollte. Denn mehr lich aufs Neue. So dauert es mich denn zu se-
den Kontinent auszuweiten vermochte und ein als jeder andere war er befangen durch persön- hen, dass Brüder und Schwestern der zwölf-
Reich schuf, das alle Wirrnisse überstehen wür- liche Bande, die keine noch so starke Hinwen- göttlichen Gemeinschaft hier aufeinander los-
de. Aber auch das Haus Gareth war im Nieder- dung in das sakrale Leben zu beseitigen ver- gehen im Kriege. Getränkt mit Blut sind die
gang begriffen, vernichtet vor Wehrheim und mochten. Wasser des Großen Flusses, und die Auen und
Gareth. Am Großen Fluss, in einer Nacht ohne Ster- Wälder Albernias, gespeist durch den Regen,
Im Lande Albernia, da hatten sich zwei Völ- ne, suchte er nach Antworten, für sich selbst wie können sich der Kämpfe nicht erwehren. Mit
ker vermischt, die auf der anderen Seite des auch all die anderen, die ihn so bedrängten. Es dem Übel der Erben des Dämonenmeisters ist
Meeres blutige, erbarmungslose Kriege gegen- war kalt, der Regen fiel in dicken Tropfen und nun Zerstörung über das größte Menschenreich
einander geführt hatten. Aus dieser Verbindung drang durch die leichte Kleidung auf seinen hereingebrochen. Alte Strukturen, lange ge-
heraus begründete sich auch, über viele Um- Körper. So stand Efferdan am Flussufer für lan- wachsene Beziehungen und Sicherheiten schei-
wege, das Königshaus der Bennain. Sie stellen ge Zeit, durchnässt und frierend. Aufgeben wür- nen verloren, niemand vermag zu sagen, was
nebenher den höchsten Vertreter Efferds auf de er nicht, schon schwerere Prüfungen hatte er an ihre Stelle tritt. Falsch aber ist es, sich der
Aventurien. Efferdan ui Bennain residierte in gemeistert. Es war in der tiefsten Stunde der Verzweiflung hinzugeben und die Hoffnung auf
Bethana, und seine Augen waren nicht nach Nacht, als er ein Funkeln im dunklen Wasser zu das Morgen zu verlieren. Stürme und Fluten,
Westen gerichtet. Die Ereignisse im Norden erkennen glaubte. Der Himmel war noch im- sie ziehen vorüber, und so wird schließlich auch
hielten ihn befangen. mer von undurchdringlichen Wolken bedeckt, diese Prüfung der Zwölfgöttlichen Lande ein
Nicht wenige Würdenträger, weltliche wie so dass dies kein Abbild der Sterne sein konnte. Ende finden. Aufrecht in diesen Tagen steht die
kirchliche, forderten Efferdan auf, Stellung zu Das Funkeln wirbelte im Wasser umher und Bruderschaft der Wogen und behütet ihre Kin-
beziehen, denn seine Familie befand sich im nahm immer mehr Form an. Ohne Zögern stieg der, so sie den Glauben nicht verlieren.“
Krieg. Er aber sprach als Stimme einer Kirche, Efferdan nun ins den Fluss, wo die Neckerin Der Besuch des Hüters der Zirkel sorgte für
die sich selten in die Angelegenheiten der Poli- ihn mit einer innigen Umarmung begrüßte. vielerlei Reaktionen der Menschen. Manch ein
tik einmischt. So sind die folgenden Worte und Zusammen tauchten sie ins Wasser, wo sich eine Anhänger der albernischen Separation war un-
Taten Ausdruck des Zwiespaltes eines Mannes, andere, ihm wohlbekannte Welt auftat. Durch zufrieden, dass die Kirche des Efferd keine Ver-
dessen adlige Herkunft und klerikale Würden viele Seitenarme des Großen Flusses erreichte dammung des Nordmärkers aussprach. Viele
in Zeiten wie diesen aneinander geraten und sich Efferdan mit seiner Gefährtin das gemeinsame einfache Bürger und Bauern, die seine Worte
schwer nur trennen lassen. Domizil, errichtet nicht weit von der Stelle, wo vernahmen, fühlten dagegen ihren Glauben an
Der Beschluss, nach Havena zu reisen, fiel er sie vor über zehn Götterläufen das erste Mal die Götter gestärkt, der nach den Umbrüchen
Efferdan keineswegs leicht. Zwar war die Fahrt getroffen hatte. Die folgenden Stunden wirbel- der letzten Monde so gewankt hatte. Als schließ-
schon länger geplant gewesen, doch die Ereig- ten ihm Körper und Seele auf, entfachten alte lich die Nachricht aus Havena die belagerte
nisse im Mittelreich, die schließlich zur Sepa- Gefühle und Empfindungen neu. In das aufwüh- Stadt Harben und die Residenz des Meisters der
ration seiner Heimatlande führten, sorgten da- lende Liebesspiel mischte sich zunehmende Brandung des Meers der Sieben Winde erreich-
für, dass er sich in langen Tagen und Wochen Entrückung, dieses Mal ungetrübt von deri- te, sorgte schon der Umstand, dass Kirchen-
des kontemplativen Gebetes von der diesseiti- schem Mühsal. Als der Tag graute, da fand Effer- oberhaupt und Königshaus gemeinsam auftra-
gen Welt abzuschotten versuchte. Das verschaff- dan sich zurück am Flussufer, erschöpf, beina- ten, für lautstarke Verstimmung in Teilen der
te ihm einen Aufschub, konnte jedoch nicht ver- he benommen von den vergangenen Stunden, Geweihtenschaft. Anderswo im Reich wieder-
hindern, dass er sich den persönlichen Konse- und doch von großer Klarheit beseelt. Die don- um kümmerte man sich wenig um das Ereignis
quenzen schließlich stellen musste. Sie wogen nernden Wogen der Leidenschaft, dem Wüten und die Rede Efferdans - so sie denn überhaupt
schwerer auf seinem sonst so ruhigen Gemüt seines Gottes auf Hoher See nicht unähnlich, bekannt wurde - zu sehr nagten andere Proble-
denn die vielen Kircheninterna, die sich aus den sie waren es, die in Belhanka an ihm vorbei ge- me am Land und zehrten an den Hoffnungen
radikal gewandelten Verhältnissen ergaben. Zu zogen waren. Der Geist eines Priesters, diese der Menschen. Aber all diese Ströme des
Beginn des Efferdmondes, unter heftigem Nord- Lektion lernte er ein jedes Mal wieder, findet Schicksals würden schließlich zusammenflie-
wind, stach die Liaiella in See, um nach eini- Einblicke nur dann, wenn er sich dem Sturm ßen, sich vereinen und wieder auseinander ge-
gen Tagen der Reise und unter weiter Um- entgegenstellt, wenn er ihm ins Auge blickt. hen, so wie es der Lauf der Welt ist. (jm)
19
Die Belagerung Harbens
GRANGOR. Aus den Zeltstätten der Belage- Oldebor residiert) Söldner verschifft und bei den Seiten einer tiefen Schlucht auf, durch die
rer vor Harben ist wenig Neues zu erfahren. Triveth nördlich von Harben angelandet. Von sich hier der Fluss Bleiche ins Meer der Sie-
Die vereinten Truppen der grangorischen dort aus machten sie sich gen Harben auf und ben Winde ergießt. Wie die Goldene Legion
Söldnereinheiten und des Windhager Adels errichteten schließlich ein ähnliches Lager wie dieses Nadelöhr überwinden will, ist völlig un-
haben sich auf eine längere Belagerungszeit im Süden der Stadt. klar.
im Norden und Süden der Festungsstadt ein- Allerdings konnten die Möglicherweise ist es aber auch nur das
gerichtet. Truppen Cusimo Gar- Ziel der Belagerer, die Versorgung der Stadt
lischgrötz von Grangors zu unterbinden und Harben über die nächsten
In den letzten Monden waren große Auf- noch nicht durch die Monate auszuhungern, denn inzwischen soll
gebote der Goldenen Legion über die Klippen- durch Gräben verlaufen- auch die Blockade der Häfen Harbens
straße vom Sammelpunkt der Truppen in den Passstraßen zu den durch grangorische Kriegsschiffe er-
Venga nach Harben aufgebrochen und waren Torfestungen Har- reicht sein. Allerdings wird berich-
wie erwartet auf dem gesamten Weg auf kei- bens vordringen, die tet, der unter Reichsacht gestellte
nen nennenswerten Widerstand gestoßen. Le- die einzigen Zugän- ehemalige Markgraf Windhags und
diglich vereinzelt wurde berichtet, Einheimi- ge Harbens zulande jetzige Piratenadmiral Radulf Eran
sche hätten sich geweigert, den Truppen des bewachen. Im Galahan unternehme mit seinem
zukünftigen Markgrafen die geforderten Vor- Norden ist dies Flaggschiff noch immer Überfäl-
räte zu überlassen. ‘lediglich’ die le auf das Umland. Die Heeres-
Die Errichtung eines Feldlagers südlich der als unbezwing- führung bezeichnete solche Berichte
Stadt Harben außerhalb der Reichweite der Ge- bar geltende als Ammenmärchen, es sei schlichtweg
schütze der Piraten verlief ebenfalls recht zü- Eslams-feste, Junker Barl unmöglich, dass Piraten den Kriegsha-
gig; Belagerungsgeräte wurden gebaut und im Süden hinge- fen anlaufen und die Blockade durchbre-
Schwachstellen in der Verteidigung Harbens gen warten die Zwillingsanlagen der Senebs- chen könnten. Es sei vielmehr zu erwarten,
erkundet. Gleichzeitig wurden über den Ha- und der Belensfeste auf die Eroberer. Die bei- dass es sich bei den Überfällen um Attacken
fen Harpenstein im Südhag (wo der selbster- den Festungen, die durch eine steinerne Brük- versprengter Meuterer handele, um die man
nannte Sprecher des Windhager Adels Baron ke miteinander verbunden sind, ragen zu bei- sich zu einem späteren Zeitpunkt kümmern
werde.
Manch einer schreibt die vermutete Abrie-
20
Ein Windhager
Wintermärchen
Noch letzte Nacht hatte der Rondrikan auch der ganze Körperbau des erschrek- frau würde sich schon in den tiefen Wäl-
mit dichtem Schneetreiben wütend übers kend großen, unbeholfenen Wesens ließ dern in Lebensgefahr begeben, nur in der
Land getobt, und nur der Schutz der schroff keinen Zweifel daran, dass der Bulle, der wagen Hoffnung, dass ihr ein gehörntes
aufragenden Windhagberge hatte den Ort Minka gedeckt hatte, nicht dem Gülden- Ungetüm zur Hilfe eilte?
Widdernhall vor dem Schlimmsten be- länder Braunvieh angehörte. Leuthwin lief Kaum ein Bericht konnte als glaubwür-
wahrt. Mit dem Morgen aber war der Zorn ein Schauer über den Rücken. Er hatte sehr dig gelten. Lediglich einige Köhler, Kräu-
der Elemente einem stillen, sonnigen Tag wohl schon Erzählungen über die weißen terweiblein und verirrte Wanderer wollten
gewichen. Firuns Atem hatte selbst den Stiere der Tulamidenlande gehört, aber den weißen Auerochsen gesichtet haben
Burgweiher zufrieren lassen und die Eis- hier, in den rauen Windhagbergen, gab es und beschrieben ein mächtiges Tier mit
zapfen an der Traufe des Tsatempels glit- nur ein solches Tier, von dem die Sagen ausladenden Hörnern und zottiger Mähne,
zerten in allen Farben des Regenbogens. und Märchen berichteten: dessen Blick aus roten, bös-
Jauchzend begannen die Kinder des Dor- Den Alten vom Chatten- artigen Augen ihnen durch
fes, mächtige Schneetrolle zu errichten, wald - einen legendären Mark und Bein gegangen
denn dieses Vergnügen bot sich ihnen nicht Auerochsen, welcher sei und beinahe den
in jedem Jahr – und ganz besonders nicht sich schon seit vielen Verstand geraubt hät-
so früh. Gero und Tjalka waren in ihren Jahre in den Wäl- te. Mehrere Jagden
Schmieden vollauf damit beschäftigt, Pfer- dern des östlichen auf das geheim-
de mit Wintereisen zu beschlagen, während Windhags her- nisvolle Tier
vielerorts die Dungschlitten hergerichtet umtrieb. waren erfolglos
wurden. Der frühe schwere Schneefall hatte In den Spinn- geblieben. Und
die Einwohner Widdernhalls überrascht stuben des Dorfes nun dies.
und so eilte Leuthwin, der Bauernmeister hörte man so manche Dieses Mal
des Dorfes, emsig umher, um die Unterta- Geschichte über den nicht! Er würde den
nen Baron Gringulfs zum Schneeschaufeln Alten. So konnte man Unheimlichen finden
anzuhalten. Doch mit seinen Gedanken war dem weißen Stier angeb- und zur Strecke bringen.
er nicht bei der Sache. lich nur bei Vollmond begeg- Und wenn erst die präch-
In dieser letzten Nacht hatte Minka ge- nen, wenn er geistergleich durch die nächt- tige Trophäe seine Stube zierte, würden
kalbt. Sie war die beste Kuh in seinem Stall lichen Wälder streifte. Wahlweise handel- auch all diejenigen verstummen, die seine
und hatte ihm schon viele gesunde Kälber te es sich dann um ein Tsa und Ifirn heili- Fähigkeiten als Sippenvorstand anzweifel-
geschenkt. Doch dieses hatte er nicht ge- ges Tier mit schneeweißem Fell und sil- ten. Der Ruhm einer solchen Heldentat
plant. Wie überrascht war er gewesen, als bernem Gehörn oder um einen von Firun würde ihn unangreifbar machen. Noch heu-
er im Spätsommer hatte feststellen müs- gestraften Jagdfrevler, welcher seiner Er- te würde er beim Baron vorsprechen und
sen, dass Minka tragend war. Er hatte der lösung harrend dazu verdammt sein sollte, ihn darum bitten, für den nächsten Voll-
Hirtin Idra schwere Vorwürfe gemacht, friedlos durch die Wälder zu ziehen. Das mond eine Jagdgesellschaft zusammenstel-
doch auch sie hatte es nicht erklären kön- gleiche erzählte man sich aber auch über len zu dürfen. Und auch die fremdländi-
nen. Und nun das. Weiß! Ein weißes einen geizigen Ritter, welcher einst einem schen Gäste, welche sich vor einer Woche
Bullenkalb! Wie hatte das bloß passieren alten Bettler kein Almosen geben wollte, in Danas Gasthof einquartiert hatten und
können? Es war eine schwere Geburt ge- diesen als Hornochsen beschimpfte und über deren Ziele und Absichten kaum je-
wesen und seine Minka wäre fast dabei davonjagen ließ. Jener offenbarte sich je- mand etwas wusste, würden sich vielleicht
draufgegangen. Das erste, was seine Frau doch als ein mächtiger Druide des Waldes für die Hatz gewinnen lassen – hatten sie
Tsarinde beim Anblick des Kalbes ausge- und belegte den hochfahrenden Ritter mit doch so manchen Abend in der Schankstu-
rufen hatte, war: „Bei allen Zwölfen, das einem Fluch, der ihn selbst in einen Och- be prahlerisch von ihren unerschrockenen
ist ja ein Kobold!“ Na, wenn das kein sen verwandelte. Weiterhin ging die Mär, Heldentaten berichtet. Er brauchte jeman-
schlechtes Omen war! Und seine Tochter dieser Ritter finde nur Erlösung, wenn es den, der sich mit Flüchen, Geistern und
war in Tränen ausgebrochen, schließlich ihm in seiner jetzigen Gestalt gelänge, ei- unheimlicher Magie auskannte, und auf
hatte er ihr doch Minkas nächstes Kälb- ner Jungfrau das Leben zu retten. Diese den wunderlichen alten Ingalf wollte er
chen versprochen gehabt. würde er dann als Braut heimführen auf sich dabei nicht verlassen…
Nicht nur die Fellfarbe sprach für sich, sein prächtiges Schloss. Doch welche Jung- (hs)
21
o 7
er
mm
Nu
Frueher Wintereinbruch
vernichtet Teil der Ernte
ANDERGAST. Überaus besorgt zeigt sich trocken waren. Aus diesen Zeiten sind so digem Leibe, so dass er stattdessen auf das
dieser Tage der Recke Peraines und Pfleger manche Speicher noch gut gefüllt. Wichtig Feld ausgebracht werden kann.“
des Landes, Atheldan. Der gänzlich uner- ist nur, dass das Saatgetreide für das kom- Wir hoffen sehr, dass diese so drastische
wartete frühe Einbruch des Winters hat ei- mende Jahr nicht angetastet wird! Daher sei wie angemessene Strafe nicht ausgeführt
nen bedeutenden Teil der Ernte noch auf den noch einmal darauf hingewiesen, dass jeder werden muss, sondern ein jeder weiß, dass
Feldern vernichtet. Bisher besteht kein Verbrauch desselben strengstens geahndet es durchaus nicht schlimm ist, einmal den
Grund, darum in Panik zu verfallen. Be- wird. Prinz Wendelmir sprach dazu, ganz im Gürtel enger zu schnallen, denn auf ein
kanntlich gab es vor Jahren andererseits ei- Sinne des Recken Peraines: „Wer Saatgut schlechtes Jahr folgt stets auch wieder ein
nige Rekordernten, als die Jahre be-sonders isst, der soll zerschnitten werden bei leben- gutes. (ps)
22
Erlass ueber das Andergastsche
Waffenvolk in fernem Lande
Es sei einem jeden Manne aus dem Lande Andergast so er nicht durch
Eid, Fron oder andere Pflicht gebunden ist, freigestellt, für die Dauer
von 6 Monden das Land zu verlassen, und seine Kampfeskraft
feilzubieten.
Hierbei habe er indes folgendes zu beachten:
Primo: er verdinge sich nicht zu unlauter und schändlich Tun wider die
Guten Götter
Secundo: er gebe als Steuer und Gebühr den zwölften Teil, das ist von
jedem Dutzend eins, von allem, was er erworben hat durch seiner
Waffen Geschick, sei es an Sold, sei es an Gute, welches ihm durch
Plünderung anheim fiel, an seinen Freiherrn, welcher dieses wiederum
verwahret und seinen Abgaben hinzufüget.
Tertio: So ihm die Insignien des Haues Galahan, welche verwahret
werden vom königlich-albernischen Prinzgemahl Romin Galahan, in
die Hände gelangen, so überantworte er diese unverzüglich dem König
selbst.
Quarto: Sobald ihn rufet die Pflicht der Heimat, so hat er sich ohn
Verzug aufzumachen an den Ort, an den er gerufen.
Quinto: er bedenke zu jeder Stunde, dass er das Bild, welches man
sich von unserer geliebten Heimat macht, in jenem Lande, da er sich
aufhält, prägt. Er verhalte sich daher gesittet und stelle nicht fremden
Frauen nach, mäßige sich im Suff und unterlasse alles, was dem
Ansehen Andergasts Schaden zuzufügen im Stande ist. (ps)
23
Pottwalgrosse Tränen
Prem verliert Endspiel der Immanmeisterschaft
ANDERGAST. Still und leise im Schatten Das Abschneiden der Vertreter der Alber- den war, ging es nun ans Eingemachte: die
weit bedeutenderer Ereignisse fand in den nias, Andergasts, Nostrias und Thorwals überraschenden Festumer Falken waren der
beiden ersten Traviawochen 1028 BF in Gegner, und einmal mehr konnten die Bul-
Andergast die LXXIX. Allaventurische Havena-Bullen len als es darauf ankam nicht überzeugen
Immanmeisterschaft statt. Aus naheliegen- Trotz des andauernden Krieges gegen die und zogen in einem ausgeglichenen, span-
den Gründen fehlten am Turnier u.a. die Nordmarken hatte es sich die Altmeister aus nenden Spiel den Kürzeren.
qualifizierten Mannschaften von Vorwärts Havena nicht nehmen lassen, den Weg nach 1. Runde:
Angbar, Immanbanner Gareth und KIB Andergast unter den Kiel zu nehmen um in gegen Soldateska Vierok 16 zu 15
„Triumph“ Perricum. Trotz des Krieges der Allaventurischen Immanmeisterschaft Achtelfinale:
zwischen Albernia und den Nordmarken Albernias Fahne hochzuhalten. Durch das gegen Todeshörnchen Thurana 22 zu 9
über den Wasserweg angereist waren da- Auftauchen der Vize-Immanmeister Solda- Viertelfinale:
gegen die Havena-Bullen, die es bis ins teska Vierok aus dem kriegsgeschüttelten gegen Festumer Falken 9 zu 11
Viertelfinale schafften, wo sie sensationell Garetien – weder Meister Immanbanner
den Aussenseitern Festumer Falken unter- Gareth noch das drittplatzierte KIB „Tri- KIB „Wellenreiter“ Harben
lagen. umph“ Perricum waren angereist – kamen Nachdem in Andergast die Meuterei der
Im Endspiel standen sich schliesslich mit die Bullen um den Genuss eines Freiloses Kaiserlichen Westflotte bekannt geworden
Pottwal Prem und den Kusliker Kavalieren für die Erste Runde. Die Vieroker, frisch aus war, wurde Albernias Vizemeister unver-
zwei der bekanntesten und beliebtesten dem Krieg, versuchten auch gleich, dem züglich von der Endrunde ausgeschlossen.
Immanmannschaften des Kontinents ge- haushohen Favoriten mit unverhältnismäßig Zu diesem Zeitpunkt aber war die Mann-
genüber. Nachdem die Gastgeber und Ti- brutalem Spiel den Schneid abzukaufen, schaft infolge der Wirren in Harben bereits
telhalter von Edelmut Andergast bereits ihr gerieten bei den Bullen dabei jedoch an die auseinander gefallen.
erstes Spiel gegen die Festumer Wiesel ver- Falschen. Dennoch taten sich die Bullen
loren hatten, besassen die Kavaliere aus der gegen die aufsässigen Aussenseiter ausser- Edelmut Andergast
Heimatstadt ihres Königs die ganze Sym- ordentlich schwer und kamen nur zu einem Mit hohen Erwartungen trat der Gastge-
pathie und Unterstützung der andergaster knappen Arbeitssieg. Diese schwache Lei- ber und Titelverteidiger an, sollte es doch
Zuschauer. Unter den Augen König stung konnte die Mannschaft natürlich nicht gleich für eine ganze Generation Ander-
Efferdans setzten sich die Kavaliere mit 17 auf sich sitzen lassen und die Leidtragen- gaster Spieler das letzte Turnier in ihrer
zu 10 durch und konnten ihren neunten den waren in diesem Falle die Todes- Karriere werden. Was sich im Qualifika-
Meistertitel feiern. Damit findet die All- hörnchen Thurana, die von den Bullen tionsturnier in Andergast aber bereits an-
aventurische Immanmeisterschaft zum er- gleich mit 22 zu 9 unter die Hufe kamen. gekündigt hatte wurde an der Endrunde zur
sten Mal seit 1006 BF wieder im Horasreich Nachdem standesgemäss, aber wenig Gewissheit: Die Mannschaft, immerhin in
statt. spektakulär, das Viertelfinale erreicht wor- den letzten acht Endrunden viermal im End-
spiel, hatte ihren Zenit endgültig überschrit-
ten. Auch Hunderte feuriger Anhänger
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kation nicht ihren zweiten andergaster Mei- ner Selbst. Zum ersten Mal überhaupt ging wale gerieten nie mehr in Gefahr, ihren früh
stertitel errungen. Auch in der Endrunde die Meisterschaft an den provinzinternen erarbeiteten Vorsprung einzubüssen.
wusste die Truppe zu gefallen. Durch eine Rivalen Salzerhaven verloren, und auch an Statt der erwarteten Havena-Bullen tra-
tolle Aufholjagd in der zweiten Halbzeit der Endrunde konnte die Mannschaft nicht fen die Pottwale in der Vorschlussrunde aber
konnten die Jaguare die großen Löwen von überzeugen. Die hohe Niederlage gleich im überraschend auf die Festumer Falken.
Arivor – immerhin der amtierende hora- ersten Spiel zeigt deutlich, dass die Rück- Dankend wurde das Geschenk Swafnirs an-
sische Meister – in die Verlängerung zwin- kehr an die aventurische Immanspitze ein genommen und den Aussenseitern in einer
gen. Dort aber musste die Mannschaft ih- langer und sehr steiniger Weg sein wird. unterhaltsamen, aber einseitigen Partie kei-
rem Kräfteverschleiß Tribut zollen und nach 1. Runde: ne Chance gelassen. Im Grossen Endspiel
einem Dutzend tapfer abgewehrter Angrif- gegen Todeshörnchen Thurana 6 zu 16 trafen die Pottwale dann auf die Kusliker
fe war die ehrenvolle Niederlage durch das Kavaliere und Hunderte Andergaster Zu-
Goldene Tor Tatsache. Orkan Thorwal schauer, die die Fünfzehn aus der Heimat-
1. Runde: Dank eines Freiloses in der ersten Run- stadt ihres Königs begeistert und lautstark
gegen Löwen von Arivor 22 zu 25 GT de musste der Rekordmeister erst im Ach- anfeuerten, zwei Ottas aus Prem sorgten
telfinale ran, und gegen die Aussenseiter dafür, dass zumindest vom Lärm her
Todeshörnchen Thurana von den Zyklopeninseln gelang auch gleich Gleichstand herrschte. Da Pottwal auf dem
Da Edelmut Andergast als Gastgeber ge- ein standesgemässer Sieg, ehe es im Vier- Weg ins Endspiel seine drei besten Vertei-
setzt war, durfte die Immanprovinz Ander- telfinale dann zum Knaller gegen den Erz- diger durch Verletzungen verloren hatte,
gast in diesem Turnier gar drei Teilnehmer rivalen aus Prem kam. Wie bereits in der bedeutete der Ausfall des hervorragenden
stellen und da es derzeit nur drei Imman- Qualifikation war der Orkan in der ersten Torstehers Phileas „Korkfänger“ noch vor
mannschaften in Andergast gibt... Gegner Halbzeit vor dem Premer Bremser-Boll- der Pause die Vorentscheidung zuungunsten
der Todeshörnchen in ihrem ersten End- werk ein laues Lüftchen und wie das so ist, der thorwalschen Fünfzehn, die nunmehr
rundenturnier waren ausgerechnet die wenn man kein Glück hat, kommt auch seit 49 Jahren auf ihren dritten Meistertitel
Nachbarn von Ruhmreich Nostria. Ange- noch Pech dazu, denn in Phileas „Kork- wartet.
feuert von jedem wahrhaftigen Andergaster fänger“ fanden die Thorwaler heute ihren 1. Runde:
Zuschauer wuchsen die Thuraner über sich Meister. gegen Münzenberger Murmeltiere 31 zu 12
hinaus und gewannen gegen die harmlosen 1. Runde: Achtelfinale:
Nostrier ohne Probleme mit zehn Toren Freilos gegen NIB Áchesa Khefu 15 zu 5
Unterschied. Im zweiten Spiel gegen die Achtelfinale: Viertelfinale:
Havena-Bullen zeigten sich dann aber die gegen Hylaïler Hammerhaie 14 zu 3 gegen Orkan Thorwal 18 zu 11
Grenzen von Dorfmannschaften auf, denn Viertelfinale: Halbfinale:
trotz tapferer Gegenwehr gingen die Hörn- gegen Pottwal Prem 11 zu 18 gegen Festumer Falken 22 zu 9
chen sang- und klanglos unter. Endspiel:
1. Runde: Pottwal Prem gegen Kusliker Kavaliere 10 zu 17
gegen Ruhmreich Nostria 16 zu 6 Die einzige Mannschaft aus den Ländern
Achtelfinale: unter dem Westwind, die es unter die letz- (fz)
gegen Havena-Bullen 9 zu 22 ten Vier schaffte. Und dies in selten über-
zeugender Art und Weise, waren die launi-
Königstreu Salzerhaven schen Pottwale in der Vergangenheit doch
Der vollständige Turnierbericht
Mit stolzgeschwellter Brust und grossen schon öfters an ihrer Unkonstanz geschei-
(41 Seiten, ZIP ca. 1 MB) ist als
Zielen war die Fünfzehn aus der Doppel- tert. Diese Jahr sollte aber alles stimmen:
Download bei FanPro.com erhält-
stadt den Ingval hinaufgereist. Doch bereits Als Aufwärmgegner im ersten Spiel kam
nach dem ersten Spiel war Schluss: Gegen der Exil-Tobrische Meister aus dem Grei- lich, zu finden unter -> Downloads
die unbekannten Marasken aus dem fernen fenfurtschen gerade recht, und auch die -> Sonstiges -> Sonstiges.
Khunchom fingen sich die Gelb-Grünen zu kemische Spitzenmannschaft aus dem weit Weitere Informationen über Aven-
Spielbeginn einen zu grossen Rückstand ein entfernten Khefu wurden ohne sonderliche turiens beliebteste Sportart gibt es
um den Einzug ins Achtelfinale noch er- Anstrengung bezwungen. unter www.arutha.de/Imman-HP,
zwingen zu können. Das erste „echte“ Spiel bestritten die beim Immanherold@yahoo.de
1. Runde: Pottwale im Viertelfinale gegen die Erz- oder für 2 Euro in Briefmarken bei
gegen Marasken Khunchom 14 zu 20 rivalen aus Thorwal. Mit einer simplen Hau-
drauf-und-lauf Taktik und massiver Ab- Florian Zemp,
Ruhmreich Nostria wehrarbeit wurde der grosse Bruder gleich Forstweg 67,
Nach der Grossen Seuche war der Mei- zu Beginn des Spiels überrumpelt. Der Rest CH-3012 Bern
ster von 1021 BF nur noch ein Schatten sei- des Spiels war ausgeglichen, doch die Pott-
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Ausgabe 8
Der Hoftag zu Nostria
Ein Aufruf
Höret, höret!
Im Namen Ihrer Königlichen Majestät, Yolande II. Kasmyrin von Nostria, geben wir hiermit Kund und zu Wissen, dass die
Bombasten des Reiches Nostria, alsgleich auch die fürstedlen Wojwoden, sich zum Adelsrat in der Capitale einzufinden haben,
um gleichsam ausgelassen zu parlieren, des Reiches Zukunft zu disputieren, wie auch ihrer Herrscherin mit Rat und Tat zur
Seite zu stehen. Zu diesem Behufe möge sich ein jeder Vasall, der unserer geliebten Königin direkte Lehenstreue geschworen
oder noch zu schwören hat, am zehnten Tage des Herrn Boron in der Königsburg zu Nostria einfinden.
Gegeben von eigener Hand, am letzten Tage der donnernden Leuin im Jahre 1882 des Schwures am Stein Nosteria und 1028
nach dem Falle des vieltürmigen Bosparan
Toran vom Lichte, Königlicher Majordomus, Ritter zu Strachelweiher und zu Nostria, etc. pp.
Der Adel trifft ein tige Verhandlungen zu entschuldigen. beiden Adligen tiefer getrieben ward. Da-
Nachdem zwölf Monde der Regent- Schon munkelte man, dass die Hochzeit des mit fand auch die Debatte um den Grafen
schaft ins Land gegangen waren, schickte Grafen jüngster Tochter just einen weite- Albio neuen Anstoß. Der nicht geladene und
sich die junge Königin Yolande II. an, ihre ren Vorwand für das persönliche Fernblei- trotzdem angereiste Ritter Jagio von Land-
Bombasten, die höchsten Adligen des Lan- ben vom Hofe geben würde. erwall, dessen verbale Ausschweifungen
des, auf Burg Nostria zu versammeln, um gegen Salza ihm neben dem Vorwurf des
gleichsam Rat einzuholen wie auch ihre Als Erste ihres Standes traf schon am Maulheldentums auch eine wachsende An-
Machtbasis durch Treueschwüre der wich- ersten Tag des Boron die Gräfin Melanoth hängerschaft unter dem Küstenadel be-
tigsten Vasallen zu stärken. Dies schien von Ingvalsrohden in Nostria ein. Wieder- scherten, sah seine Chance gekommen, sich
auch bitter nötig, war doch der Widerstand um war sie so ihrer Kontrahentin Sania von nun in den Augen der Königin zu profilie-
gegen die nostrische Krone im vergange- Althagen zuvorgekommen, die ihr weiter- ren. Der erste Versuch scheiterte jedoch
nen Götterlauf stetig angewachsen. Gera- hin die Grafenwürde streitig machte. Nach kläglich, als er versuchte, die im Hof der
de der Landadel konnte wenig mit einer bei- einer kurzen Audienz beim Majordomus Wehrhaftigkeit versammelten Adligen vom
nahe noch unmündigen Königin anfangen, bezog das Gefolge Melanoths sein Quar- Fringlasturm aus für seine Sache zu gewin-
die einer Nebenlinie des Hauses Kasmyrin tier in der Burg, während selbige mitsamt nen. Da der Ritter Landerwall keine Erlaub-
entstammte und darüber hinaus magische einigen Leibwächtern im vornehmen Ho- nis dafür eingeholt hatte, war eine Hand-
Fähigkeiten aufweisen sollte. Nach Jahren tel Nostrischer Hof einkehrte. Die folgen- voll Gardisten unter der Führung des Kö-
der Lethargie hielt ein neuer Wind in Nos- den Abende sah man sie wiederholt in den niglichen Leibritters Rondred Sturmklinge
tria Einzug, der nicht ungefährlich schien verschiedenen Schänken der Stadt, wobei schnell zur Stelle, um ihn auf den Boden
angesichts der weit verbreiteten Ablehnung die Rohrdommel schon bald am stetigsten der Tatsachen zurückzuholen. Bis zum Be-
jeder Veränderung. Botenreiter brachten von ihr frequentiert wurde. ginn des Hoftages musste er Quartiersarrest
den gesiegelten Aufruf zum Adelsrat in alle über sich ergehen lassen.
Teile des Königreiches, woraufhin auf Burg Weniger von ausgelassener Sorglosig-
Nostria mit den Vorbereitungen das War- keit, denn von unruhiger Sorge war das Ge- Ein Bankett, der Königin zur Ehr
ten darauf begann, wer denn zum Hoftag sicht Graf Muragios gezeichnet. Nach sei- Am zehnten Tage des Boron waren
erscheinen würde. Besonderes Augenmerk ner Ankunft sah man ihn unentwegt auf den schließlich die Höchsten des Reiches auf
fiel Graf Albio III. von Salza zu, der sich Wällen der Burg auf- und abgehen, dabei Burg Nostria versammelt. Nicht eingetrof-
bisher beständig und unter Verwendung vie- wies er einen jeden Bittsteller rüde ab. In fen war der Graf von Salza, und obzwar
lerlei Ausflüchte dieser Pflicht entziehen Erfahrung bringen ließ sich nur, dass er den seine Vasallen ihn zu entschuldigen such-
konnte. So wusste er sich nach Yolandes Grafen von Salza noch vor seiner Abreise ten, wuchs die Opposition gegen ihn wei-
Thronantritt gleich dreimal mit Verweisen getroffen hatte, eine Zusammenkunft, so ter an. Seinem Unmut machte Muragio Ans-
auf schlechtes Wetter, Krankheit und wich- war zu vermuten, in der die Kluft zwischen finion von Kendrar mit folgenden Worten
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Luft: „Was auch immer auf Dere Bestand Der Königin Kommen sorgte für reichlich so waren auch die Speisen ausgewählt wor-
hat, das gründet auf Ehre und Treue. Um Staunen unter den Anwesenden, sosehr wa- den, die jede einen Landesteil symbolisier-
diese Werte schert sich Albio nicht, einzig ren die Bombasten und Fürstedlen gewöhnt, ten. Natürlich war die Salzarele gleich in
um Reichtum und Größe seiner Stadt.“ dass ihre Hoheit sie um viele Lebensjahre mehreren Gängen vertreten, aber auch Thu-
Jagio von Landerwall dagegen hielt sich de- übertraf. Dies nahm wohl auch der Major- ranischer Rehrücken, Seenländer Wiesen-
monstrativ zurück, wenn ihm auch sein domus vom Lichte zur Kenntnis, der dem rettich und Mirdiner Hollerbäckchen stan-
Zorn anzusehen war. Kläglich kam die De- aufkommenden Gemurmel mit dem pol- den auf den Tafeln bereit. Zum Abschluss,
legation der Grenzlande zu Andergast da- ternden Schlag seines Zeremonienstabs ein noch nach dem Drakenburger Steinkuchen,
her: zwei jungblütige Ritter und der Stadt- Ende setzte. Dann sprach der Herold die wurde Mastschwein aufgetragen und in gro-
vogt Arraneds sollten die einzigen Vertre- althergebrachte Huldigung der Königs- ßen Stücken serviert. „Damit der Ander-
ter Thuraniens auf dem Hoftag bleiben. dynastie: „An dem Tag, als am Stein von gaster nie vergisst, dass einst sein Land un-
serer Krone Untertan sein wird“, so be-
Im Großen Thronsaal wartete eine sagt es die Tradition. Darob war Yolande
erste Enttäuschung auf die versammel- ein gewisser Unmut anzusehen, ob des
ten Adligen, ließ doch die Königin zähen Fleisches wegen oder aus anderen
durch ihren Majordomus Toran vom Gründen, das vermochte niemand mit Si-
Lichte mitteilen, dass sie gedenke, ihre cherheit zu sagen.
Vasallen erst am Abend zu empfangen.
Die weniger auf Rückhaltung bedach- Nach dem ausgelassenen Mahl wurden
ten Adligen kommentierten diese Ver- Tafeln und Stühle durch die eifrige Diener-
lautbarung mit Schmährufen und wü- schaft zur Seite geschoben, um dem Auf-
sten Vergleichen zur Regentschaft Ka- spielen der Musikanten Platz zu machen,
simirs. Nach einem ersten Austausch alsgleich auch dem Tanz der Hohen Herr-
von Formalitäten, Höflichkeiten und schaften. Schon stand der Barde Anselmas
Geschwätz zog sich der Adel in seine Ge- Pernstein – ein Neffe der berühmten Dich-
mächer zurück, um sich auf das bald fol- terin Delusia Perstein – bereit, die sehnsüch-
gende Bankett vorzubereiten. Zwar waren tige Sonette des wehrhaften Thuranien vor-
der Menschen viele auf der Burg versam- Nosteria wir unsere Freiheit erklärten, da zutragen. Da unterbrach ihn die helle Stim-
melt, das riesige Areal wirkte trotzdem trat aus dem Kreis der Ehrwürdigen, der me eines Mannes, der versteckt im hinte-
wenig belebt. Im aufziehenden Abend- Unerschütterten und Tapferen Fringlas Kas- ren Winkel des Saales gesessen hatte. „Mei-
schatten sah man sogar einige Gäste sich myrin hervor, ein Mann von edlem Geblüt, ne Herrin, lasst mich das Wort an euch rich-
verlaufen, selbst die redlichen Bemühun- starkem Willen und reinem Herzen. Mit ihm ten.“ Das junge, edle Gesicht des Sprechen-
gen des Gesindes konnten nicht verhindern, und seinen Nachfahren zogen wir gegen die den war den meisten Anwesenden nicht ver-
dass immer wieder einige Personen für kurz stets dräuende Gefahren in viele Kriege. traut. „Aldanio von Tommelsbrück, so mein
oder lang verschwanden. Das eröffnende Unzählige Gefahren und Prüfungen über- Name, ein einfacher Ritter aus dem Ichen-
Bankett sollte zur achten Abendstunde im wanden wir, die Schlachten gewannen wir. steckschen, das bin ich nur. Mich beflügelt
Saal der nostrischen Tafel stattfinden – tat- Und so wollen wir es auch fürderhin hal- der Wunsch, Euch einmal in die Augen zu
sächlich kam es auch hier zu Verzögerun- ten, unter seiner Erbin, Yolande II. Hoch blicken und...“, er kniete vor dem Thron
gen, so dass der Adel erst zwei Stunden lebe die Königin! Hoch lebe die Herrin des nieder, „... ihre Majestät zu fragen, ob mir
später zusammenfand. Nostrischen Volkes, seine Hoffnung und die Gunst zuteil wird, Euch zu ehelichen.“
Zukunft!“ Und hunderte Edelleut stimmten Die Königin ließ sich mit einem Lächeln
Als schließlich ein jeder an seinem Platz in diesen Sang mit ein. anmerken, dass diese Szene sie nicht unbe-
saß, kündigten fünf Fanfaren das Kommen rührt gelassen hatte. „Wohl erlauben wir
der Königin an. Mit klarer, durchdringen- Nur wenige Worte richtete die Königin Euch, in Unsere Augen zu blicken, den
der Stimme trug der Herold Arrio Radenhus an ihre Vasallen und dankte ihnen darin für zweiten Wunsch aber, den können wir nicht
die vielen Titel Yolande Kasmyrins vor. ihr Kommen. „An diesem Abend wollen wir erfüllen“, sprach sie da. Als Aldanio mit
Herein trat die Monarchin in den Saal leich- unsere Getreuen mit Speis und Trank be- traurig gesenktem Kopf auf seinen Platz
ten Schrittes, angetan in das zweiteilige wirten, wie es eines guten Landesherren zurück schlich, stand die Gräfin Melanoth
Gewand nostrischer Edelfrauen aus Cotte Pflicht und Ehre ist. Morgen soll denn die urplötzlich auf und nahm ihm energisch am
und Oberkleid. Helles Blau und feines Sil- hohe Kunst der Politik gepflegt werden.“ Arm. Den Rest des Abends verbrachte der
ber, prachtvoll anzuschauen im Lichte der So schloss sie ihre Rede wohl in dem Wis- Ritter an ihrer Seite, und auch als sie sich
Kronleuchter und Kerzen, symbolisierten sen, dass auch dieser Empfang Politikum zurück in den Nostrischen Hof aufmachte,
die Landesfarben. Auf dem Kopf trug sie und Prüfung ihrer Autorität war. Das Gela- zog sie ihn mit. Zum ersten Tanzpartner hin-
den Kronreif der großen Fürstin Lysiane II. ge stand ganz im Zeichen der Einigkeit, und gegen kürte die Königin ihren Leibritter und
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tat so der Diplomatie Genüge. Es folgte eine ergebenen Vasallen. Nun kommt mit Eurer Hochadel die unbedingte Pflicht habe, nicht
ausgelassene Feier, die dem dunklen Ge- Majestät der unsägliche Zustand hinzu, dass allein auf die Waffenfertigkeiten seiner rit-
mäuer ein Stück Leben zurückzugeben entgegen der Tradition eine Frau die Mir- terlichen Gefolgschaft zu achten haben,
schien. Heimischer Knat und yaquirische diner Grafenwürde innehält. Was glaubt Ihr, sondern auch auf deren Treue zum König-
Weine flossen in großer Menge, und manch weshalb der Trutzbund sich einer wachsen- reich, andernfalls wäre jeder Versuch, den
ein standhafter Wojwod hielt bis in die frü- den Unterstützung erfreut? Der mirdiner Feinden Nostrias entgegenzutreten ohnehin
hen Morgenstunden durch, als die Gastge- Adel hat endlich eingesehen, dass einzig zum Scheitern verdammt.
berin und der Hof schon längst in ihren unter unserer Familie Einigkeit herrschen
Betten lagen. kann.“ Die Königin hielt sowohl Mirdin als Die Beratungen dieses Tages endete
auch Ichensteck ihre Verfehlungen und ohne Ergebnis – so ergaben sich neue Bünd-
Von den Beratungen mangelnde Lehenstreue vor, die für unnö- nisse und Feindschaften, es war dennoch
Am zweiten Tage, nach einem ebenfalls tige Unruhe und Verwirrungen gesorgt hät- nicht zu übersehen, dass feste Beschlüsse
reichlichen Frühstück, versammelten sich ten. vorerst nicht möglich waren. Konspiratives
Bombasten und Fürstedle im Großen Gleichzeitig Treiben schien in dieser Nacht die Burg ein-
Thronsaal, um ihrer Königin aufzuwarten. versprach sie, zunehmen, allenthalben schlichen ver-
Jene, die am Tag der Krönung nicht anwe- binnen sechs mummte Gestalten umher, und flüsternde
send waren, leisteten nun den Lehenseid Monden die Geräusche hallten durch die Säle, Flure und
und versicherten ewige Liebe und Treue Grafenfrage Geschosse. Als am nächsten Morgen das
dem Königreich und seiner Herrscherin. zu klären. Thema der Abgaben zur Sprache kam,
Dessen ungeachtet gestalteten sich die fol- mussten die Bombasten ein langes Plädoy-
genden Gespräche unter den Höchsten des er des Majordomus über sich ergehen las-
Reiches enorm schwierig. Der Landadel, sen, in dem dieser ausführlich seinen Un-
auf seine Privilegien und Machterhaltung mut kundtat über die mangelnde Willigkeit
bedacht, wetterte gegen jeden Versuch der zur Zusammenarbeit mit den Königlichen
Königin und ihres Majordomus, bindende Steuereintreibern. Unzählige Male sei es
Beschlüsse durchzusetzen. Stolz und Tra- vorgekommen, dass die Gesandten der Zen-
ditionsbewusstsein setzten jedem Versuch tralgewalt nicht nur unverrichteter Dinge
zur Umgestaltung eine Schranke vor. von den Grafendomänen abziehen mussten,
Gleichzeitig trafen hier langjährige Wider- darüber hinaus waren sie immer wieder das
sacher aufeinander, deren Fehden nun un- Ziel von Anfeindungen und handfesten
ter dem Deckmantel der Reichspolitik fort- Drohungen. Im letzten Götterlauf seien
geführt wurden. So sah Melanoth von Ing- zwei Steuereintreiber gar nicht erst nach
valsrohden sich zugleich den Ansprüchen Nostria zurückgekehrt. „Kein Wunder, wer-
der Sania von Althagen als auch den Vor-
würfen Darinios von Mirdins konfrontiert. Melanoth von ter Toran“, sprach da die Gräfin Ingvals-
rohden, „das Gold in ihren Taschen wog
Ingvalsrohden
Letzterer forderte die Herausgabe eines al- wohl schwerer als die Loyalität zum Kö-
ten Erbstückes des Mirdiner Grafenhauses, nigreich.“ Mit einem unterwürfigen Lä-
das die Ingvalsrohden angeblich vor zwei cheln erwiderte der Majordomus, dass eben
Generationen aus Burg Mirdin entwendet Nicht weniger dazu angetan, die erreg- dieses Übel auch und gerade die höchsten
hätten „um eines Tages unser Land für sich ten Gemüter zu besänftigen, waren die Dis- Vasallen der Königin befallen habe.
zu beanspruchen“. Darinio war es aber kussionen über den grausamen Überfall der
auch, der als Gesandter seines macht- Thorwaler auf Yoledamm und der brüchi- Salza und Nostria
hungrigen Bruders von allen Seiten be- ge Waffenstillstand mit Andergast. Schon Schließlich kündigte ein Bote das Kom-
drängt wurde. Der Adels Ichensteck, wäh- forderten mehrere Bombasten einen Heer- men des mächtigsten Bombasten Nostrias
rend des Streits um Fiolbar noch untätig, zug wider die Feinde des Königreiches, um an. Mit großem Gefolge, aber ohne über-
forderte nun die Köpfe der Trutzbündler, diesen endgültig den Garaus zu machen. mäßigen Prunk marschierte Graf Albio in
deren Taten ja als Hochverrat an der Krone Marschallin Rondriane von Sappenstiel hör- den großen Thronsaal und kniete unver-
zu werten seien. Diese Vorwürfe nahm der te sich das Gezeter mit unbewegter Miene wandt vor Yolande nieder, noch bevor ein
Mirdiner Vogt zum Anlass, die Königin di- an und erklärte schließlich, dass die Lage Wort gesprochen war. Es folgten unange-
rekt in der Frage der Grafenwürde heraus- der Nostrischen Wehr wie auch die Zer- nehme Momente der Stille, die der Major-
zufordern: „Als Kasimir III. unserer Fami- strittenheit des Adels derzeit jede Möglich- domus schließlich mit einem leichten Räus-
lie unrechtmäßig den Waldgrafentitel ent- keit ausschließe, dauerhafte militärische pern durchbrach. Er wies den Grafen an,
zog beging das Königshaus einen kaum Erfolge zu erringen. Diesem Urteil schloss den Lehenseid auf die Königin zu leisten,
wiedergutzumachenden Bruch mit seinen sich die Königin an und erklärte, dass der was dieser dann auch mit kräftiger Stimme
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tat. Vielen seiner Gegner stand da Erstau- Albios kam auch die thorwalsche Proble- menhang zu nennen. Nicht durchsetzen
nen ins Gesicht geschrieben, einigen wohl matik wiederum zur Sprache. In einer flam- konnte die Königin eine Neuordnung des
auch Enttäuschung. Unbeirrt ließ der Graf menden Rede wetterte Graf Muragio gegen Zollrechtes, so dass ihre Bombasten auch
seiner Königin ein Geschenk überreichen: Eldgrimm und die Besetzung Kendrars und weiterhin über die Möglichkeit verfügen,
das filigrane Modell einer salzeraner Kog- forderte, keine Schwäche zu zeigen. „Wir die bisherigen Regelungen zu ihrem Vor-
ge, geschnitzt aus dem Holz der Steineiche. mögen heute nicht die Männer und Waffen teil auszulegen – was gerade einer handels-
Königin Yolande dankte ihm, vergaß aber haben, um Kendrar sicher in nostrische Ob- trächtigen Region wie Salza zugute kommt.
nicht, einen Tadel ob des bisherigen Fern- hut zurückzuführen. Soll dies aber bedeu- Bezüglich Andergast wurde das Festhalten
bleibens auszusprechen. Ritter Jagio von ten, gleich den Schulterschluss mit dem am Waffenstillstand betont, während Initia-
Landerwall war dies wohl nicht genug, er Feind zu suchen? Ich sage nein, denn dies tiven, die ein Zugehen auf den Erzfeind be-
zog die Klinge und forderte Satisfaktion für bedeutet, das Rechtschaffenheit dem Op- deutet hätten, erwartungsgemäß keine grö-
„die Toten Yoledamms, Opfer eurer Expan- portunismus Platz macht.“ Bei diesen Wor- ßere Zustimmung fanden.
sionsgelüste.“ Anstelle ihres Grafen trat ihm ten traf sein unverhohlener Blick Graf Al-
die Stadtvögtin Salzerhavens, Kysira Yanis bio, der nur müde den Kopf schüttelte. Sei- Nach der Fassung dieser Beschlüsse und
von Salza, entgegen und erwiderte mit ab- ne Antwort fiel kurz aus. „Ihr, Graf von dem anschließenden Umtrunk zogen sich
fälligem Blick diese Herausforderung. Kendrar, habt Eure Ansichten zur Genüge des Abends nur wenige Adlige in ihre Ge-
„Glaubt Er wirklich, der mächtigste Vasall klargestellt, und das nicht zum ersten Mal. mächer zurück. Manch ein Bombast beriet
Ihrer Königin würde die Klinge mit einem Wie Ihr wissen solltet, mussten auch wir sich weiter mit seinem Gefolge, andere
prahlerischen Windhund kreuzen? Sein unsere Stadt einmal aufgegeben und thor- nutzten diese Gelegenheit, um Freund und
Verstand scheint mir vernebelt wie die Kü- walschem Plündervolk überlassen. Und ob- Feind aus vergangenen Tagen wieder zu
ste Trontsands am Herbstmorgen. Ein Du- zwar wir diese bittere Erfahrung teilen, so sehen oder einfach nur in erlauchter Gesell-
ell soll der Wojwod kriegen, zur Mitternacht glaube ich nicht, dass wir in dieser in Be- schaft über die großen und kleinen Ge-
auf der Brücke des Fürsten Kaspomirs. Es zug auf die Politik unseren nördlichen schichten des Lebens zu debattieren. Auch
wird mir eine Freude sein.“ Nachbarn betreffend zu einer Übereinstim- in den Straßen der Stadt herrschte Hochbe-
mung finden werden. Euch mag es Genug- trieb, so ließ der Salzeraner Graf am Kas-
Graf Albio stürzte sich in die Dispute, tuung verschaffen, im Schutze der Nacht myrinplatz Bier ausschenken, im Namen
als würde sein Herzblut in dem Bemühen über die Grenze zu setzen und thorwalsche der Königin fand dagegen in Verminshus
stecken, sie zu einem Erfolg zu führen. In Einrichtungen zu sabotieren, wir aber ha- ein Spectaculum statt. Zur Mitternachts-
ausladenden Worten führte er die salzeraner ben eine Stadt zu führen und müssen fein- stunde traten die Salzerhavener Stadtvögtin
Position zu den verschiedenen Streitpunk- fühlig abwägen, sonst finden Prosperität und der Ritter von Landerwall ihr Duell auf
ten aus und sicherte der Königin jede Un- und Sicherheit ein schnelles Ende. Was der Kaspomirsbrücke an. Es war vereinbart
terstützung zu, so „die Position unserer 1864 geschah darf sich nicht wiederholen. worden, auf das erste Blut zu kämpfen, das
Grafschaft keine Beeinträchtigung erfährt.“ Salza muss stark sein, sonst wankt ganz Auftreten der Kontrahenten strafte dem aber
Nach der Schilderung eines Überfalls har- Nostria.“ Auch wenn die beiden Kontrahen- Lügen. Heftige Schläge folgten auf kurz
bener Piraten auf salzerhavener Handels- ten daraufhin kein Wort mehr auf ihren angetäuschte Finten, das leichte Klingen-
schiffe fand auch das Garetische Kaiser- Streit verwendeten, so blieb zu erwarten, spiel wich schnell ungestümen, kraft-
reich Eingang in die Gespräche. Nur darf dass dieser schon bald eine Fortsetzung fin- geladenen Attacken. Erst als Jagio von
nicht unerwähnt bleiben, dass der Großteil den würde. Landerwall die Vögtin zu Boden schlug, nur
des Landadels neben einer Unkenntnis der um dann selbst aus Erschöpfung zu stür-
momentanen Situation auch wenig Interesse Schlussendlich gelang es – vielleicht zen, fand das Duell ein Ende. Wohl sahen
am südlichen Nachbarn offenbarte. Ange- durch die Anwesenheit des Salzeraner Gra- sich beide Parteien als Sieger, der Sekun-
sichts der verworrenen Lage im gesamten fen, dessen Eloquenz manch weniger wort- dant dagegen ließ verkünden, dass dies ein
Mittelreich blieb es allgemeiner Konsens, gewandten Bombasten zum Schweigen Unentschieden sei, und verhinderte damit
keine Partei einzunehmen, wohl aber einen brachte – zumindest teilweise eine Einigung wohl weiteres Blutvergießen.
Gesandten zum Reichsregenten nach Elen- zu erzielen. Bestätigt und bekräftigt wur-
vina zu entsenden. So verblieben einzig die den mehrere königliche Regalien, darunter Den Abschluss des Hoftages bildete zur
Seenländer mit der Forderung, dem König- das Münzregalium, das Forst- und Jagdrecht Mittagsstunde des nächsten Tages eine
reich Albernia Hilfe zu leisten. Die Mar- und das Spolienrecht, daher der Anspruch Floßfahrt auf dem Tommel, in Erinnerung
schallin Sappenstiel verwies sie darauf, dass auf den Nachlass verstorbener Geweihte. an die ersten Siedler des Landes unter Frin-
ein solches Handeln einem Wojwoden of- Weiterhin festgeschrieben wurde die Un- glas Kasmyrin. Wenngleich es unter den
fen stehe, solang es einer persönlichen Que- antastbarkeit Königlichen Besitzes, insbe- von Westen her drohenden dunklen Regen-
ste entspricht und nicht seinen Verpflich- sondere die verlassenen Landsitze des Hau- wolken ein kurzes Erlebnis blieb und manch
tungen oder den Interessen des Königrei- ses Kasmyrin sowie die Garnisonen der teure Gewandung reichlich durchnässt wur-
ches zuwiderläuft. Mit der Anwesenheit Nostrischen Wehr sind in diesem Zusam- de, genossen die Anwesenden diese unge-
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zwungene Gelegenheit, ihren Ahnen Ehre
zu erweisen. Zu diesem Zeitpunkt waren die
Salzeraner Delegation bereits auf dem Weg
nach Norden – in der Tat sollte bereits in
Der Adel und seine Agenda
der nächsten Woche die Grafentochter Vali- Auf dem Hoftag des Jahres 1028 BF finden Der Überfall auf Yoledamm – Thorwaler
mehrere Handlungsstränge der nostrischen überfallen Küstenkloster! AB 109, Überfall
bura den Traviabund eingehen. Die Vorwür-
Politik ihre Fortsetzung. Dabei handelt es auf Yoledamm! BE 3, Nach dem Sturm BE 4
fe gegen den Grafen sind nach dem Hoftag
sich um Geschichten von offizieller, wie Graf Albios Politik – Thorwaler Drachen-
leiser geworden, aber nicht verstummt. Vie-
auch von inoffizieller Natur im Sinne des schiffe in Salzerhaven! AB 99, Frieden zwi-
le fragen sich, ob Albio von Salza nicht nur DSA-Kanons. Um einen Überblick behal- schen Nostria und Thorwal erneut in Gefahr?
ein Lippenbekenntnis abgelegt hat, um ins- ten zu können sei auf Artikel verwiesen, die AB 104, Erblühendes Salza BE 5
geheim die Unabhängigkeit seiner Zwil- Hintergründe zu den Ereignissen und Figu- Muragios verlorenes Erbe – Nostrier erobern
lingsstadt vorzubereiten. Manch anderen ren liefern. AB steht für AVENTURISCHER Kendrar AB 84, Zahl(en)reiche Herrscher
Adligen hielt es dagegen länger in der BOTE, BE für BELEMAN. AB 85, Kendrar erobert AB 98
Hauptstadt, und so herrschte bis Ende des Der Mirdiner Feldzug – Scharmützel am
Boronmondes noch eifriges Treiben auf Die Blaue Keuche und das Ende Kasimirs Urfan BE 2, Tage des Hoffen und Bangens
Burg Nostria, bis schließlich mit dem un- IV. – Nostria in Not AB 106, In den Fängen BE 3, Vom Ende großer Träume BE 4
gewohnt heftig anbrechenden Winter wie- der Seuche BE 2, Die Entscheidung der Gräfin Melanoth – Unklare Verhältnisse in
der Stille und Kälte in dem alten Gemäuer Marschallin BE 2 den Nordprovinzen BE 2, Und so ist es nun
Einzug hielten. Die Krönung Yolandes II. – Der einsame Melanoth BE 3
(jm) Thron AB 107
Erblühendes Salza
SALZA, TRA 1882. Die Doppelstadt an der le davon Nostrianer, die während und nach das Fernbleiben des Handelshauses ya
Ingvalmündung, wirtschaftliches Zentrum der Blauen Keuche im Norden des König- Terdilion, das in enger Verbundenheit mit
Nostrias und Residenz Graf Albios III., be- reiches Zuflucht suchten. Um diesen Neu- dem Grafenhaus Crasulet steht, von der Ge-
findet sich weiterhin in stetigem Auf- ankömmlingen bei der Eingliederung zu sandtschaft.
schwung. Durch die Verarbeitung und den helfen und dem unausweichlichen Eindrin-
Export von Steineichenholz, den Werft- und gen krimineller Elemente zu begegnen, sind Die Verhandlungen fanden unter persön-
Fischereibetrieben sowie dem Umschlag Stadtgarde und städtische Schreiber wohl- licher Teilnahme Graf Albios hinter ver-
von Waren aus den Landen des Nordens ist geordnet und gut geschult. Ein Beweis für schlossenen Türen statt. Über einen Mond
der Reichtum der Region stetig gewachsen. ihre Durchsetzungsfähigkeit wurde erst drang kein Wort über den Fortschritt der
Graf Albio III. führt die Stadt mit phexge- jüngst wieder erbracht, als die Freudenmäd- Gespräche an die Außenwelt. Äußerst re-
fälligem Weitblick und betreibt eine Poli- chen Salzerhavens dazu bewegt werden serviert hielten sich die Gesandten Belhan-
tik der Überwindung von Gegensätzen. Ho- konnten, nicht weiter auf den Straßen her- kas und verließen die gräfliche Residenz
rasiern und Thorwalern überließ er eigene umzulungern, sondern ihre Kunden fürder- kaum. Wie zu hören war, soll es weniger
Areale in Salzerhaven, Andergaster Händ- hin einzig in Bordellen zu empfangen. an den beiden Verhandlungspartnern gele-
lern wird mit einem Klima der Verständi- gen haben, sondern an der nötigen Abstim-
gung begegnet. Nicht zu Unrecht gilt Salza In den ersten Monden des Jahres 1882 mung mit den bereits ansässigen Händlern
als einer der wichtigsten Umschlagplätze konnte der umtriebige Graf weitere Erfol- aus dem Horasreich, die ihre Position be-
an der Westküste des Kontinents. Schon die ge feiern. So kam es im Efferd zur Eröff- droht sahen. Zu einem erfolgreichen Ab-
letzten Götterläufen brachten viele den- nung von Verhandlungen mit einer Gesandt- schluss kam es schließlich am 14. Travia,
kenswerte Ereignisse: den Friedenschluss schaft belhankaner Händler. Die Stadt der als der Herold Salzas verkünden konnte,
mit Thorwal und die Anlegung der Dra- Liebe sah erst im letzten Götterlauf die Wahl dass die Grafschaft Salza, die Königlich
chenmeile in Salzerhaven, die Befestigung eines neuen Oberhauptes, der Primesta Per- Salzeraner Handelscompagnie und das
der horasischen Kontorinsel, den Ausbau valia ya Terdilion, eine Verfechterin der Un- Handelshaus Ya Eillinvir als Vertreter Bel-
der Küstenstraße und die Erweiterung der abhängigkeit Belhankas von der gleichna- hankas ein gemeinsames Vertragswerk voll-
Grafenresidenz. migen Grafschaft. So dient die Knüpfung endet und gleichzeitig eine Einigung mit
von neuen Handelsbanden auch als politi- den Handelshäusern Kusliks und Grangors
Allein im letzten Götterlauf wuchs die scher Akt, der diese wachsende Eigenstän- erzielt hatten. In dieser Übereinkunft wur-
Bevölkerung der Stadt um 452 Köpfe, vie- digkeit bekräftigen soll. Bezeichnend war de festgeschrieben, dass die Ya Eillinvir ein
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Kontor eröffnet - direkt an der Salzer- ßend, die liebliche Dame Almya ya Eil- Ereignis feiern: in der größten Werft Sal-
havener Promenade, um einen geeigneten linvir, Geweihte der Göttin Rahjas und Ver- zerhavens lief die Gräfin Gertlind vom Sta-
Anlaufpunkt für alle Händler der Stadt zu treterin des Handelshauses, um einen Tanz pel, das neue Flagschiff der Königlich Sal-
bieten, die in Kontakt mit der horasischen zu bitten. Dies leitete auch den festlichen zeraner Handelscompagnie. Die zwei-
Händlern treten wollen, und auch für jene, Teil des Tages ein, war doch dem Commerz mastige, 30 Schritt lange Kogge trägt auch
die einfach nur eine Geldeinlage vorzuneh- vorerst Genüge getan. Oder nicht ganz, lie- viele Elemente des bornländischen Holken,
men wünschen. Die Grafschaft Salza un- fen doch am Abend die drei Cabazzo- zu nennen sind die flach gehaltenen Trutzen
terhält fürderhin eine ständige Gesandt- Karavellen, voran das Flaggschiff Shanvira sowie der größere Lagerraum, mit dem we-
schaft in Belhanka, um den Handelsverkehr ya Eillinvir unter dem Kommodore der sentlich umfangreichere Warenkontingente
mit dem Horasreich besser koordinieren zu eillinvir’schen Handelsflottille, Gustavo ya denn bisher geschifft werden können. Nach
können. Darüber hinaus enthält der Vertrag Eillinvir von Banchabspringe, in Salzer- über zehn Monden Bauzeit wird sie nun-
Regelungen zu Zollvergünstigungen, haven ein, um eine symbolische Lieferung mehr an der Nordwestküste zwischen Salza
Rechtseinigungen und angestrebten Ab- von Eröffnungsgeschenken zu überbringen. und Riva verkehren und damit die Nord-
nahmemargen, gültig für die nächsten zwölf Mit diesem Vertragsabschluss beherbergt zinne ablösen, die fortan unter dem neuen
Götterläufe. die Stadt Salza nun die ersten horasischen Namen Stern der Sieben Winde im Handel
Bank in Nostria (das erste Bankhaus auf mit dem Horasreich und speziell der Stadt
Aufgrund heftiger Regenfälle konnte die nostrischem Boden, eine Filiale der Nord- Belhanka Einsatz finden wird.
Vertragsunterzeichnung nicht wie geplant landbank, musste vor einigen Jahren nach
auf dem Efferdplatz Salverhavens vor den einem Zerwürfnis mit dem Königshof Salza, so zitiert man Albio III., ist ein
Augen der Stadtbürger vollzogen werden. schließen und dient nun als Mietskaserne). lebendiges, vorbildhaftes Beispiel für die
So wurde denn die Versammlungshalle im Über die Frage der Kontorleitung berät man nostrische Schaffenskraft, wenn sie zu neu-
Hauptkontor der KSHC für dieses Ereignis sich derzeit noch in Belhanka, es steht zu en Horizonten aufbricht. Und auch wenn
hergerichtet und einem ausgewählten Per- erwarten, dass die Geschäfte zur Mitte des Neider eifersüchtige Blicke auf die Stadt
sonenkreis der Eintritt erlaubt. Nachdem Götterlaufs hin aufgenommen werden. werfen, so darf man sich sicher sein, dass
das komplette Werk noch einmal in aller der Graf seiner Doppelstadt unbeirrt den
Ausführlichkeit präsentiert wurde, setzten Schon wenige Tage später gab es dann – Weg in die kommenden Götterläufe wei-
die Parteien ihre Signaturen unter selbiges. in Abwesenheit des Grafen, der nach sen wird.
Nicht nehmen ließ es sich der Graf anschlie- Nostria aufgebrochen war – das nächste (jm)
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Menschen Diener oder schlimmer noch – ih- schmerzte sie. Doch sie musste sich um ande- Energisch ging sie auf das Burgtor zu, um
resgleichen, gottlose Kreaturen. Selbst Arian- re Dinge kümmern. Die Turney verlangte ihre nach einem Geweihten zu verlangen, als man
na, Alenas treue Zofe, blieb nicht verschont. Aufmerksamkeit. Lange überlegte sie, was ihr den Eintritt verweigerte. Ohne sich darum
Ein Biss streckte sie in Alenas Gemächern nie- Kraven wohl von ihr erwartete: die Turney auf- zu kümmern, drückte sie sich an den verdutz-
der, als sie ihrer Herrin den Mantel holen wollte. grund der Vampirplage abzusagen oder sie ten Wachen vorbei und fand sich plötzlich als
Die Nacht gipfelte in einem Mordanschlag stattfinden zu lassen, um die Leute abzulen- Verfolgte auf dem Burghof wieder. Sie sah nur
Reinwulfs. Alena wollte gerade zu Bett gehen, ken. Ein Gespräch mit Arian von Cayan, der noch Cordovan von Donnerbach, den Rondra-
als er sie plötzlich von hinten niederstreckte. Lehnsverweserin, überzeugte sie davon, dass geweihten und brachte sich hinter seinem Rük-
Dunkelheit umgab sie, wich erst im Heiler- letzteres die bessere Variante zu sein schien. ken in Sicherheit. Plötzlich stand Reinwulf ne-
zimmer von ihr. Neben ihr erblickte sie Rein- Aufgrund fehlender Schiedsrichter rekru- ben ihr, brachte die Situation ins Lot und sie
wulf, der schwer verletzt und halb von Sinnen tierte sie kurzerhand Rondolf Witterstein, der aus der Burg hinaus in Sicherheit. Auch Se-
auf einem anderen Feldbett lag. Ein Bann, zu Gast auf Freiersfüßen weilte, und Severin, verin war draußen mit einem Mal wieder ne-
durchfuhr es sie sofort. Ihr Vater konnte sol- sowie Falane und Sindar, die ihr schon in den ben ihr.
che Dinge vollbringen. Sie musste jemanden Wochen vor dem Turney zur Hand gegangen Ohne nachzudenken fiel Alena Reinwulf in
von Reinwulfs Unschuld überzeugen, damit waren. Mit recht wenigen Zuschauern fand die Arme und wies ihn an, sich das Schwert
er sich um ihn kümmern konnte. Ihre Finger man sich alsbald am Turneyplatz ein, wo als aus der Waffenkammer zu holen, das noch am
klammerten sich in Severins Hemd, ließen ihn erstes der Waffengang mit Einhandwaffen für Turnierplatz stand. Gerade rechtzeitig um
nicht eher gehen, bis er ihr versprach, was sie das gemeine Volk stattfand. Ein junger Mann Kraven dabei zu helfen, eine Schlachtreihe vor
wünschte. in gelber Hose gewann recht überzeugend. den Katakomben der Vampire aufzubauen, die
Doch keiner der herbei geholten Geweih- Alena rätselte noch, ob er Thorwaler sei, da man aus ihrem Versteck locken wollte. Gleich-
ten und Magier schien ihm helfen zu können. überreichte sie ihm auch schon das Preisgeld zeitig schien auch ein Ausfall des Herren
Gramgebeugt ging Alena in ihre Gemächer und den Heiltrank, den sie gestiftet hatte. Wydthein aus der Burg bevor zu stehen. So
schlafen, bemerkte erst dort, dass auch Arianna Danach fand der Wettstreit um den Posten ging Alena zum Tor, um mit ihm einen Waf-
nicht bei ihr war, da man die Gebissenen zur des Wildhüters statt. Die Teilnehmer waren fenstillstand auszuhandeln, was ihr auch ge-
Sicherheit der anderen Menschen im Turm ein- gerade beim Fährtenlesen angelangt, als je- lang. Da griffen auch schon die Vampire an.
gesperrt hatte. Mit schlechtem Gewissen fiel mand aus der Burg mit der Nachricht auftauch- Ihr Ziel war Kraven, der sie sich nur mit Mühe
sie endlich in einen unruhigen Schlaf, aus dem te, selbige sei von einem Herrn Wydthein ein- vom Halse halten konnte.
sie allzu bald wieder erwachte. genommen worden. Mit Grimm im Herzen Mit einem Mal fand sich Alena mit einem
Arianna tauchte am Morgen wieder auf. brach Alena das Turney ab und marschierte Schwert in der Hand der Vampirin gegenüber.
Und wenig später erblickte Alena Reinwulf im Richtung Burg, gerade noch rechtzeitig, um Deren Wunden schlossen sich gerade wieder.
Hofe mit einem der Burgwachen an seiner zu sehen, wie einige Leute eine Vampirin, die Verwundert blickte Alena die Frau an, die dann
Seite, unbewaffnet. Severin teilte ihr mit, dass Alena als Tänzerin kannte, niederstreckten und verschwand. Das schlimmste jedoch war, dass
Reinwulf gesundet sei, man ihn jedoch zu ih- sie töten wollten. Im letzten Moment konnte den Vampiren der Ausbruch geglückt war.
rer Sicherheit bewachen ließ. Der Anblick sie ihnen Einhalt gebieten. Kravens Plan war fehlgeschlagen, er selber ge-
bissen.
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Burghof, um sich bisher ungebissene Streiter verin und Reinwulf wankte sie zurück in die terwettstreits übergeben, Huisdorn dem Jäger.
zu holen, die die Pflöcke führen sollten. Die Burg ins Heilerzimmer, welches von den Doch trotz all der Anstrengungen war das
Pflöcke waren fast alle verteilt, als jemand mit Schreien der Verwundeten widerhallte. Als Lehen für ihren Sohn verloren. Wie es schien,
der Nachricht erschien, am Peraineschrein sei- Arian Alena zutrug, dass man noch Streiter hatte der Herr von Wydthein ein Dokument,
en Blitze zu sehen gewesen. suche, um die Katakomben aufzusuchen, um das seinen Anspruch untermauerte. Kraven
Nun war es anscheinend soweit. Kurze Zeit den entkommenen Meister der Vampire zu selbst jedoch versprach Alena, den Streit vor
später fand sich die Dame Alena mit Reinwulfs suchen, schleppte sie sich mit Reinwulf und die Königin zu tragen, auf dass sie richten
Lederwams gerüstet und einem Schwert in der Severin zum Eingang. möge. Mehr noch, er lud sie sogar auf seine
Hand zwischen den Streitern der Burg am Pe- Eine Stimme sagte ihr, dass sie sich darum Burg ein, solange die Sache nicht geklärt war,
raineschrein wieder im Kampf gegen die Vam- kümmern musste – um jeden Preis, und sie damit sie nicht mit ihrem Sohn auf Elgern-
pire. Die Übermacht lag auf Seite der Vampi- konnte sie nicht zum Schweigen bringen. Doch Scharten unter einem Dach mit dem Herrn
re. Selbst Anders Jungruft, Rondrianes Leib- das Seil des Aufzugs riss und Arian von Cayan Wydthein weilen musste. Kravens Freundlich-
sekretär befand sich auf der Gegenseite. selbst musste sich um Ersatz kümmern. Wenn keit im Gegensatz zu seiner vorherigen ableh-
Doch so fehl am Platze Alena sich auch auch bald darauf ein Trupp von Kämpfern und nenden Haltung war nicht zu übersehen, und
fühlte, es fühlte sich gleichzeitig irgendwie Geweihten aus den Katakomben auftauchte, so dankte Alena im Stillen für die Ereignisse,
richtig an. Als sei sie endlich dort angelangt, um zu verkünden, dass der Meister der Vam- die wohl dazu beigetragen hatten, ihr Anse-
wo sie hingehörte. Selbst in Cordovans pire und seine Dame vernichtet waren. Nur drei hen bei ihm ins rechte Licht zu rücken.
Schlachtgesang fiel sie ein, so als kenne sie oder vier der Vampire waren entkommen. Doch umso mehr fürchtete sie, er könne
ihn von früher. Der Gedanke verwirrte sie. So ging dieser lange Tag endlich zu Ende. erfahren, was sie in der Aufregung der ver-
Dann stand der erste Vampir vor ihr und sie Am nächsten Morgen überging Alena den neu- gangenen Tage vor ihm geheim halten konn-
hörte ihn zischen: „Wo ist die Rondrafrau?“ en Herrn der Burg und sagte kurzerhand den te. Sie wusste, dass es falsch war, Kraven et-
Es gab aber keine weibliche Geweihte der Ron- Bardenwettstreit an, der am vorherigen Abend was vorzumachen. Sie wusste auch, dass ihn
dra auf der Burg. Das Gesagte brachte sie aus aufgrund der Vampirplage verschoben werden die Kenntnis ihres kleinen Geheimnisses voll-
dem Tritt. Ein Hieb traf sie. Dann umfing sie musste. Mit Freuden übergab sie das Preisgeld ends in Rage bringen würde. Es war falsch,
Dunkelheit... und das Liederbuch, das sie zusammen gesam- sagte eine kleine Stimme in ihr, nicht nur Rein-
…bis Alena in Anders Gesicht blickte. Im melt hatte an die beiden Gewinnerinnen. Ihr wulfs wegen sondern auch deines Kindes we-
ersten Reflex wollte sie den Pflock, den sie Lied hatte sie doch wahrhaftig zu Tränen ge- gen und deinetwegen. Doch wie konnte sich
immer noch in der Hand hielt, in seine Brust rührt. Und auch den Pfeil des berühmten Pfeil- etwas, was sich nun so falsch anfühlte, noch
rammen, da begriff sie, dass er nicht mehr unter machers Gernot Bogensang konnte sie samt vor ein paar Tagen so richtig erschienen sein?
dem Bann der Vampire stand. Zwischen Se- Preisgeld endlich dem Gewinner des Wildhü- (pj)
Nostrische Heymatkundt
Das Seenland bis zum Tommel entlang reicht und im Süden
in die Havener Marschen übergeht. Im We-
wird dieser Dialekt Seenländer Platt genannt,
ein gar vortreffliches Wortspiel, will ich mei-
Gegeben zu Kendrar, Travia 1882 sten beginnt es direkt am Meer der Sieben nen. Durch die allzu lange Herrschaft unseres
Winde und endet im Osten an der Gemhar im Königs Kasimirs entfernten sich die Dialekte
Lieber Herr Zollmeister, Bredenhagschen, somit gehört diese Land- in Nostria und Varnyth sehr von der Sprech-
schaft auch zum Königreich Albernia. Die po- weise der Landbevölkerung. Dies hängt wohl
es ist gar eine Wohltat für mich zu hören, litische Grenze verläuft in etwa, das lässt sich vor allem mit der generellen Mundfaulheit der
dass mein seit jeher bescheidener Name den nicht so genau sagen, von Gemharsmund zum Seenländer zusammen. Seit jeher wird dort
Weg in das Eurige Redaktionshaus zu Nost- Yennalin und von dort zur Küste nach Lyng- versucht mit möglichst wenig Worten viel aus-
ria gefunden hat. Es gereicht mir somit zur wyn. Eine feste Grenzziehung ist in diesen zusagen. Das hat natürlich mit der Zeit zu ei-
Ehre, der geneigten Leserschaft nach Eurer An- Gefilden eine reine Makulatur, da sich die nem teilweise spezialisierten Wortschatz ge-
frage an einem Stück meines Herzblutes teil- Bewohner beider Seiten sehr nahe stehen und führt, was die folgenden Beispiele zeigen. So
haben zu lassen. Wie bereits in meinem letz- die typisch Seenländer Schäfersfamilien über gehören zum Platt Wörter wie Diek (Teich),
ten Brief gesagt beschäftigt sich meine We- das ganze Gebiet verstreut leben. Zwielichti- Dwarg (Zwerg), Höker (Händler) und Kröger
nigkeit seit nunmehr 21 Götterläufen mit den ge Kollegen sprechen deshalb verleumderisch für Wirt. Hingegen wird in der einzigen Stadt
Eigenarten der nostrischen Regionalkultur und davon, das die Abgeschiedenheit und der be- der Region, dem gebeutelten Nostria, ein
ihren Gebräuchen. Dazu gehört auch ein fun- grenzte Sozialkontakt der Schäfer untereinan- Garethi gesprochen, das stärker der Sprache
diertes Wissen über die Flora und Fauna un- der das Blut verdünnt hat und deshalb viele Albernias ähnelt.
seres geliebten Königreichs. von ihnen tumb zur Welt kämen. In meinen Nun zu den Menschen und ihrem täglichen
Augen natürlich eine bodenlose Frechheit! Broterwerb. Der Seenländer hat nicht viel und
Beginnen will ich nun im tiefsten Süden Nun gut, ich schweife ab. selbst davon hat er wenig, heißt es im Volks-
unserer Heimat, im Nostrischen Seenland. Das Im gesamten Gebiet wird ein leicht ver- mund. Was jedoch wahr ist, dass die Seen-
Seenland ist eine Seenplatte, die im Norden ständliches Garethi gesprochen. In Nostria länder nur im geringen Maße Landwirtschaft
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betreiben können. Salzige Böden und zu star- Dumblinger in Hülle und Fülle. Nur Raubfi- und den drei Varnyther Wäldern muss die Re-
ke Regenfälle lassen nicht viel gedeihen. Da- sche wie der Waller sorgen dafür, dass die gion als offenes Gelände bezeichnet werden.
für hat man sich aber die eigenen Rohstoffe Gewässer vor lauter Fischen nicht übergehen. Geprägt von Birken-, Eschen- und Buchen-
zu Nutze gemacht. Nicht jeder Salzeraner Ganz besondere Bedeutung hat der Stichling hainen die sich mit Marschland und Sümpfen
weiß, dass seine Süßwasserfische und die für die Seenländer. Anderorts verschmäht, hat um die Gewässer verteilen, ist das Nostrische
Wolle seiner Kleidung aus dem tiefen Süden er sich im Laufe der Jahre als wahre Regional- Seenland wohl der größte waldfreie Flecken
des Landes kommen. Der Seenländer ernährt speise etabliert. So kann ich persönlich ein in unserem Königreich. Dafür findet man nir-
sich von Fisch, Schafsfleisch und Wild- Gericht empfehlen, in dem junge Stichlinge, gends so viele essbare Sträucher und Beeren.
geflügel. Oft finden auch Wurzelkraut und mit Elbenfarnstreifen und Knat in der Pfanne Auch finden sich große Kräutergebiete, die ein
Wildfarne den Weg auf den Speisetisch. In gebraten werden, köstlich, sag ich euch. Ihr Auskommen durch Kräutersammeln ermögli-
Notzeiten werden auch Nagetiere wie die müsst unbedingt einmal nach Kendrar kom- chen. In den Sümpfen sieht es natürlich an-
Nostrische Bieberratte gejagt. Dass er sich aber men, ein Freund von mir macht die besten Fi- ders aus. Auch dort kann man eine Vielzahl
vom Torf ernährt, den es im Seenland zuhauf sche in ganz Nostria, so wir die Stadt noch als von Kräutern finden, doch ist es mir lieber
gibt, muss wohl ein thuranisches Märchen blei- unser zählen. Köstlichkeiten wie Tommelhecht zuhause an meinem warmen Ofen zu sitzen,
ben. Den Torf sticht man lieber und verschifft mit einer Soße aus Knat und Salzrüben. Ihr als sich in den Mooren und Sümpfen mit al-
ihn mit Treidelkähnen ins Binnenland und mit werdet begeistert sein. lerlei Krankheiten und Fiebern herumzuschla-
Hochseeschiffen bis in die Hauptstadt der Zumindest um den Bogen zu schlagen, gen. Liebe Leser, seit also gewarnt! Umkreist
Nordleute. Als letztes wichtiges Handelsgut bevor ich in ganz verliere, möchte ich manch- die Sümpfe so gut es geht. Außerhalb der gro-
gilt das weiche Holz der Birken. Es wird vor- mal glauben, das der Seenländer deshalb an- ßen Wälder muss der Seenländer somit auch
nehmlich zum Schnitzen benutzt. In Nostria- geblich von der Hand in den Mund lebt, weil auf Wildfleisch verzichten. Außer Karnickeln
Stadt sind viele Eingangstüren und Dächer mit er sich bei einem solchen Vorrat an Fischen in Hülle und Fülle geben die weiten Grasländer
Seenländer Holz verziert, da es sich viel leich- keine künstlichen Vorräte lagern muss. nicht viel her zum jagen. In den Wäldern aber,
ter bearbeiten lässt als das harte Stein- Schlechte Ernten beweisen aber allzu oft das unter den Kronen von Weißtannen und Bir-
eichenholz der Thuranier. Gegenteil. Gewässer gibt es zuhauf in dieser ken findet man genügend Kleinwild und
Der Seenländer lebt von der Hand in den feuchten Gegend. Die größten dürften auf un- manchmal sogar ein Exemplar des gewaltigen
Mund, sagt man, doch ist es nicht immer leicht serer Seite wohl der Finbairsee und der be- Nostrischen Kronenhirsches.
die zappelnde Salzarele in der Hand zu hal- reits genannte Yannalin sein. Der Sydersee, die Somit beende ich meinen Exkurs über das
ten, nicht? Man verzeihe mir die metaphori- beiden Sander Seen und der Finsterwasser Seenland und seine Bewohner und danke recht
sche Ausdrucksweise. Fisch und andere Spe- haben lediglich regionale Bedeutung. So liegt herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Lieber Herr
zialitäten der Gewässer des Seenlandes stel- an letzterem einer der ältesten Henkersplätze Zollmeister, es würde mich freuen wenn sie
len die Hauptnahrungsquelle der Seenländer Nostrias. sich beizeiten wieder einmal bei mir erkundi-
dar. Der Tommel ist reich an Nostrischen Kommen wir nun zu den Waldgebieten des gen und mir das von ihnen hochgelobte Re-
Seeblingen, Zander, Hecht und der abscheu- Seenlandes. Viel Wald gibt’s dort wahrlich zept für Mirdiner Allerlei alsbald zusenden
lich schmeckenden Gnitze. In den Seen findet nicht. Außer einem großen Forstgebiet an den könnten.
man wendige Schleien, uralte Karpfen und Sander Seen, dem Taynwald ,dem Faernentann Ihr Frenglion Kasparbald (mk)
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sich nach neuen Handelsgelegenheiten umzuschauen. Die Anschläge eine Woche brauchen, länger noch nach Gratenfels, wo ich die letz-
der örtlichen Gazette las ich aufmerksam, dabei erfuhr ich zum er- ten Monde tätig gewesen war. Der schnellste Weg aus dem Land
sten Mal von den grausamen Angriffen, die Vernichtung in das Herz führte in Richtung Norden, durch das menschenarme Seenland nach
des Reiches trugen. Neben wilden Gerüchten war jedoch zunächst Nostria, wohin ich mich dann auch aufmachte. Glücklicherweise
nichts Konkretes in Erfahrung zu bringen. Ich wandte mich an die war der Hass auf alles Nordmärkische nicht in den Ort Nordhag
Gilde der Wirtsleute, deren Oberhaupt Ryan Dennard meinen Anfra- gelangt, so dass ich dort nach einer Nacht und einem Tag der Reise
gen sehr reserviert begegnete. Hätte ich doch nur meinen Verstand meine erschöpften Knochen in der Herberge entspannen konnte.
eingesetzt, mir wäre klar geworden, dass dieses Verhalten kein Aus- Nach zwei weiteren Tagen war Nostria erreicht.
druck bürgerlichen Stolzes war, sondern meiner Herkunft galt. Die Trotz des Sommers lag die Stadt unter tiefen Wolken, die fast
nächsten Tage gaben mir wiederholt Gelegenheit, die Missgunst der bis auf die Burg niedergesunken schienen. In den engen Gassen
Albernier zu spüren. In die sich immer mehr verdichtenden Meldun- herrschte wohlige Kühle, auch wenn das Umfeld weniger dazu an-
gen vom Falle Wehrheims und Gareths mischte nun zunehmender getan war, eine heimelige Atmosphäre zu schaffen. Die Nachwir-
Hass gegenüber unserem ureigenen Herzog, Jast Gorsam vom Gro- kungen der Seuche waren noch immer allgegenwärtig, fast schien
ßen Fluss. Gar unerhörliche Dinge berichtete man mir, anscheinend es, als sei die Stadt in den wenigen Tagen meiner Abwesenheit noch
glaubte ein jeder, der Herzog wolle die Herrschaft über Albernia weiter heruntergekommen. Argwöhnische Blicke wurden mir zu-
und Havena erlangen. Wohl jede Schlechtigkeit trauten ihm die Markt- geworfen, lumpige Gestalten schielten gierig auf eventuelle Besitz-
weiber zu, und dass obzwar sie nicht einmal seinen Namen wussten! tümer an meinem Leib, doch die waren in Havena verloren gegan-
Sie sprachen von ihm als Just Grausam, eine grausame Verballhor- gen. An der Fürstenstiege hingegen hielt sich eine erhabene Würde,
nung fürwahr. Welch Schande, dass in Albernia die Taten großer die von den nicht lange zurückliegenden besseren Tagen erzählte.
Herrscher des Reiches einzig im Possentheater Vermittlung finden. Drei voller Tage bedurfte es, das Haus von Unrat und Gerümpel
Auf dem Platz des göttlichen Kaisers Hal, direkt vor der Resi- frei zu räumen und es einigermaßen wohnlich einzurichten. Glück-
denz der Königin, war eine große Menschenmasse versammelt. Sie licherweise halfen mir dabei mehrere Nachbarn, und auch Tarsina,
lauschte aufmerksam einem wohlgekleideten Mann, der eine mit der ich schon während meines ersten Aufenthaltes einen erhei-
Schmährede wider unseren Herzog führte. Zurückblickend wäre es ternden Abend verbracht hatte. Nein, Bruder, Rahja opferten wir
sicher klüger gewesen, sich nicht einzumischen. Doch konnte ich damals nicht, und auch wenn wir uns näher gekommen sind, so
diesen anzüglichen Beleidigungen, allesamt völlig aus der Luft spreche ich doch von ihr nur als einer guten Freundin. Der Verkauf
gegriffen, nicht länger zuhören, und so unterbrach ich den Redner einiger Möbelstücke und Antiquarien aus dem Haus brachte mir
und forderte ihn auf, seine lügnerische Rede doch bitte zu unterlas- genügend Geld ein, um zunächst für einige Wochen auszukommen.
sen. „Da schaut, ein Mordmärker“, stachelte er seine Zuhörer an, Da ich dank meiner Erbschaftsurkunde glaubhaft darlegen konnte,
woraufhin ich ihn energisch korrigierte und ihn nochmals bat, sei- ein Bürger der Stadt Elenvina und kein flüchtiger Bauer aus der
ne Lügen zu unterlassen. Doch keinen Nutzen brachte mein Tun, nostrischen Provinz zu sein, wurde mir das Aufenthaltsrecht inner-
mehrere Männer und Frauen lösten sich aus der Menge, wohl um halb der Stadtmauern gewährt. Du magst dich fragen, warum ich
mich mit Schlägen zum Schweigen zu bringen, worauf mir nichts dies tat. Meine Krämerseele sehnte sich einfach nach der Möglich-
blieb, als den Platz schnell zu verlassen. keit, neue Territorien zu erschließen. Und nachdem Havena für mich
Des Abends, noch vor der Madastunde, versammelte sich ein gestorben war, fiel nun die Wahl auf Nostria. Immerhin, ein ganzes
Pöbel unter dem Fenster meines Zimmers im Walfisch. Mit wüten- Haus befand sich in meinem Besitz, einen besseren Start konnte
den Rufen forderten sie mich auf, herunterzukommen und für mei- ich mir nicht wünschen.
ne mordmärkischen Frechheiten, wie sie es ausdrückten, zu bezah- Wann es mich zurück in die Nordmarken führt, das vermag ich
len. Schon stürmte das erste Gesindel die Schänke, und bevor ich nicht zu sagen. Nostria bietet viele Gelegenheiten, auch für eine
reagieren konnte auch mein Quartier. Den ersten schlug ich mit geschäftige Seele wie die meine. Hast du schon einmal vom Knat
einem Krug nieder, dem zweiten dann, ein stinkender Hüne in gehört? Wohl kaum, es ist ein Gebräu, dem angeblich Spinat hinzu-
Schifferkleidung, entkam ich nur mit einem hastigen Sprung zur gefügt wird. Und glaube es oder nicht, es gilt hierzulande als Bier!
Tür. Im Schankraum herrschte nun Aufruhr, einzig der Wirt stand Den Trinkgebräuchen der Nostrianer werde ich wohl die nächsten
gleichmütig hinter dem Tresen, ohne den Anschein zu machen, ein- Wochen widmen, vielleicht findet sich ja in diesem Studium eine
greifen zu wollen. Es blieb mir denn auch nichts anderes übrig, als Idee für neue Braumischungen. Auf deine Antwort warte ich hoff-
unter Zurücklassung meines Reisegepäcks in aller Schnelle durch nungsvoll, auch wenn sie nun einen langen Weg nehmen muss.
die Hintertür zu fliehen. Ja, das hättest du nicht geglaubt, wie ge- Stimmt es, dass unser Herzog nun Reichsregent ist? Ich möchte es
wandt der gute Peradan an diesem Tag seinen Geg-nern entfleuchte. fast nicht glauben, aber so versichert man mir. Vergesse ja nicht zu
Durch viele Seitengassen bahnte ich mir den Weg zum Stadttor, schreiben, wie es um deine Frau und Kinder steht, und bestelle
und den Göttern sei gedankt, dass die Wachen mich trotz der späten ihnen Grüße aus Nostria.
Stunde noch passieren ließen. Möge der Herr Praios dein Werk segnen und Travia ihre schüt-
Die Ereignisse in Havena machten mir klar, dass in Albernia zende Hand über Haus und Familie halten!
keine Sicherheit für einen Nordmärker zu finden war. Sollte die
Königin tatsächlich das Reich verraten haben, dann würde bald Krieg Peradan Dibheym, gegeben zu Nostria am 20.Tage des Efferd
herrschen. Nach Südosten, in Richtung Elenvina, würde ich über im 35.Götterlauf der Regentschaft Kaiser Hals (jm)
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Die Königlich Salzaraner Handelscompagnie (KSHC)
Die KSHC ist der größte Händlerverbund Nostrias, aventurien- Maße stattfindet.
weit gehört sie eher zu den kleineren Gesellschaften. Vor vier Jahr- Die Organisation und Koordination der KSHC liegt in der Hand
zehnten entstand sie aus einem Beschluss der salzeraner Handels- des Compagnie-Rates, der sich aus den bedeutendsten Handels-
zunft heraus, zum Schutz gegen Überfälle gemeinsame Überland- herren der Stadt und den Honoratioren der Grafschaft zusammen-
und Seefahrten zu organisieren. Von ihrem Heimathafen Salza aus setzt. Mitglieder der Compagnie zahlen neben einer jährlichen Fest-
befahren ihre Schiffe inzwischen die West- und Nordküste von Riva summe auch einen Anteil ihres Umsatzes in die Gemeinkasse, der
bis Drôl, selten auch hinunter bis Brabak. Die Schiffe der KSHC je nach gehandelter Ware differiert. Trotz des Zusatzes ‚Königlich’
werden überwiegend zum Transport gepökelter Salzarele in die gro- im Namen fühlt man sich dem Herrscherhaus nur wenig verbun-
ßen Städte an der Westküste des Kontinents eingesetzt. Daneben den, dafür sorgt alleine schon der enorme Einfluss Graf Albios.
handelt man auch mit den Blättern des Nostria-Ahorns und dessen
Stämmen, Kreide von den Kalkfelsen bei Hallerû, Salz und natür- Beziehungen: ansehnlich (in Nostria)
lich mit den in Salza umgeschlagenen Steineichenstämmen. Die Finanzkraft: ansehnlich
seltenen, jedoch lukrativen Fahrten an der thorwalschen Küste ent- Verwendung im Spiel: die KSHC eignet sich vor allem als Auf-
lang bis nach Riva konnten erst in jüngster Zeit nach einer Eini- traggeberin, z.B. wenn es gilt erneut aufflammende Streitigkei-
gung zwischen Hetmann Eldgrimm dem Langen und Graf Albio ten zwischen Nostria und Andergast im Keim zu ersticken oder
III. von Salza wieder aufgenommen werden. Auch betätigt sich die um den stetigen Strom der Steineichen aufrecht zu erhalten.
KSHC im Handel zwischen Thorwalern und Horasiern, da der di- Zudem werden für die Handelsfahrten immer wieder welter-
rekte Warenverkehr zwischen den Ländern weiterhin in geringem fahrene Reisende als Begleiter angeworben.
36 Irdisches zu Nostria
Jurga zurück aus dem Norda!
Die Angriffe des Verbandes unter der Führung der obersten Hetfrau auf mehrere
Außenposten der Eishexe Glorana waren erfolgreich, doch die beteiligten Ottajaskos
hatten einen hohen Blutzoll zu zahlen.
Wir wollen hier jenen Gelegenheit geben, von den Kämpfen zu berichten, die die-
se aus nächster Nähe miterlebt haben.
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namentlich jene, welche die See eher als den ge an, welche bizarre Schluchten und Wände ten, der sicher bald hierher kommen würde?
festen Grund ihre Heimat nannten, hatten ihre formten, während die anderen Seiten verhält- Oder sollten wir uns fürs erste zurückziehen,
Schwierigkeiten mit der Kletterei über die ei- nismäßig sanft in die Ebene übergingen, in in mehreren Gruppen in Richtung unserer Ver-
sigen Klippen. Hier erwies es sich als gün- welcher die Eisnadeln standen. bündeten an der Küste wandern, auf dass sich
stig, dass auch wir Blitzspötter uns dieser Wir begannen uns so gut es uns möglich die Söldlinge der Eishexe aufteilten um uns
Gruppe angeschlossen hatten, denn manch ein war, einzurichten und uns von den Strapazen zu verfolgen, und jene dann gemeinsam mit
Rekker aus unseren Reihen hatte Gelegenheit des Marsches zu erholen, zugleich teilte Jurga den Rekkern, die auf den Schiffen geblieben
in den Grauen Bergen unter ähnlich widrigen bereits neue Spähtrupps ein, auf dass wir mög- waren, auf den Klippen am Meer zum Kampf
Bedingungen seine Trittfestigkeit zu schulen, lichst bald genügend Informationen hätten, zu stellen?
während manch ein Gischtreiter oder Wind- um den Angriff zu beginnen – zu langes Ver- Doch zu schnell war es dem Feind gelun-
zwinger sich von uns in den schwierigen Ab- weilen so nahe am Feind würde nur die Ge- gen, seinerseits auf die Warnung durch jenen
schnitten des Aufstiegs helfen ließ. Dennoch, fahr, entdeckt zu werden, erhöhen, so sagte Bastard Runolf zu reagieren. Die Hetfrauen
nicht nur Swafnir sondern auch der sonst un- sie. Nicht einmal ein Feuer ward uns erlaubt, waren sich noch nicht einig geworden, und
erbittliche Firun schien uns gewogen, denn um unsere nassen und kalten Glieder zu wär- uns anderen war es nicht gelungen, das Lager
fast keiner verlor den Halt, und die wenigen, men, denn auch wenn der Schein von den vollends aufzulösen, da hörten wir schon die
die abrutschten, zogen sich keine gröberen Felsen verdeckt worden wäre, wäre der Rauch Klänge der Rufhörner der Wachen. Ich riss
Verletzungen zu. dem Feind doch Warnung genug gewesen. den Kopf herum, sah einen der Rekker, die
Sowie wir die Höhe erreicht hatten, teilten In eine der Gruppen, die die Hetfrauen aus- auf den Felsen nach dem Feind Ausschau hiel-
die Hetfrauen Gruppen von Spähern ein, wel- sandten, war auch Runolf eingeteilt worden, ten, wie er wie wild in die Richtung wies, aus
che uns den Weg weisen und um Gefahren jener Söldling, der in Enqui zu uns gestoßen der die Gefahr nahte, und schon einen Herz-
herumführen sollten, hatte uns doch der und unserer Ørnsvinge zugeteilt worden war. schlag später sprangen ihn mehrere kalbs-
Efferds-Diar nur grob beschreiben können, wo Ein seltsamer Zeitgenosse war er auf der gan- große Hunde an, rissen ihn vom Fels zu Bo-
er diese Theriak-Nadeln vermutete. Zäh zog zen Fahrt gewesen, fast war mir erschienen, den und zerfleischten ihn so schnell, dass er
sich der Marsch dahin, unsere Füße sanken dass er eine Rechnung mit Jurge vom Hetfjeld keine Zeit zum Schreien mehr fand.
tief in den von der Sonne angetauten Schnee offen hätte, denn mehr als einmal hörte ich Wie gelähmt stand ich da, als jene Hunde
und ließen jeden Schritt das Zehnfache der ihn üble Reden über den Skalden schwingen. ein schreckliches, underisch schrilles Gebell
Kraft aufsaugen, die man normalerweise da- Bis zu jenem Tage hatte sich jedoch keiner anstimmten. Ein Krieger, der seinem Freund
für brauchte. Die eisige Luft brannte uns in von uns etwas dabei gedacht: in Njurunsgard zu Hilfe eilen wollte und schon sehr nahe an
den Lungen, denn die Anstrengung ließ uns war bekannt, dass Jurge sich viele Feinde ge- diese Wesen herangekommen war, ging unter
schwer atmen, und die Felsen, die unter den macht hatte, und auch unter uns gab es manch dem Geheul in die Knie und presste sich die
Schneefeldern über weite Flächen nicht zu einen, der ihn ob seines Lästermaules zu Hände an die Ohren. Sofort waren weitere die-
sehen waren, wiesen Spalten und Risse auf, Hranngar wünschte. In diesem Fall jedoch ser weißen Ungetüme heran und fielen über
weshalb wir mit größter Vorsicht unsere hätten wir hellhörig werden müssen – so kam ihn her.
Schritte setzen mussten, trotz der Müdigkeit uns unsere Unaufmerksamkeit teuer zu ste- Erst als Raskir Erikson, jener storsjer
und der bleiernen Schwere, die der Marsch hen. Rekker und Schmied, der sich auf seinen Rei-
uns viel zu bald einbrachte. Nach einer Weile kam der eine der beiden sen schon des Öfteren finsterer Magie entge-
Am zweiten Tage war es dann so weit: hin- Spähtrupps zurück ins Lager. Nicht nur ge- gengestellt, mir einen Stoß versetzte, fiel mei-
ter dem vor uns liegenden Felsgrat schälten naue Kunde über die Stärke der feindlichen ne Starre von mir ab. „Höllenhunde!“ rief er
sich drei gewaltige Schemen aus dem Dunst. Truppen dieser Sphäre brachten jene Mannen nur, und zog mich mit sich vorwärts, dorthin,
Drei Säulen – aus Eis, wie wir später erken- und Frauen mit, auch war es ihnen gelungen, wo die Hetfrauen verzweifelt versuchten, der
nen sollten – von ungeheurer Größe, und da- einiges über die düstre Hexerei in Erfahrung aufkommenden Panik Herr zu werden und ei-
bei so schmal, dass man glaubte, sie müssten zu bringen, welche bei den Eisnadeln gewirkt nen Schildwall zu formen. Swafnir sei Dank
unter ihrem eigenen Gewicht zerbrechen, war- wurde. erreichten wir die beiden Frauen noch recht-
fen funkelnd jene Sonnenstrahlen zurück, Der zweite Trupp hingegen brachte weit- zeitig, um die Bestien an unseren Schilden
welche sich ihren Weg durch die Wolkendek- aus schlechtere Nachricht: eben jener Runolf, abprallen zu lassen. So nahe war ich ihnen
ke bahnten. von dem ich zuvor sprach, hatte sich im feind- nun, dass ich direkt in ihre grün schimmern-
Während wir staunend stehen geblieben lichen Lager abgesetzt, und nun stand zu be- den Augen blicken konnte, und mir war’s als
waren, hatten Jurga und Asgrima die letzten fürchten, dass er ein Spion des Feindes wäre blickte ich direkt in die eisigen Weiten der
Berichte der Späher entgegengenommen, und und unser Nahen wie unsere Stärke verraten Niederhöllen.
berieten nun über den Lagerplatz, den wir würde. Ein, zwei Hiebe konnten wir gegen diese
wählen sollten, bis wir genug über die Stärke Sofort begannen Asgrima und Jurga hitzig dämonischen Kreaturen führen, als sie schon
und Beschaffenheit der feindlichen Truppen zu beraten, welches nun das beste Vorgehen wieder anfingen sich zurückzuziehen. Gera-
in Erfahrung gebracht hatten. Man einigte sich sei: Sollten wir einen schnellen Angriff wa- de begannen die Hetleute, Befehle zu rufen,
auf eine Senke, weit genug vom Feind ent- gen, in der Hoffnung, dass die Paktierer nicht auf dass wir unsere Reihen endgültig schlie-
fernt, die Schutz vor Wind und Blicken bot. genug Zeit hätten, sich darauf vorzubereiten, ßen konnten, da waren auch schon die Söld-
Die Landschaft rundum war felsig, in einer wenngleich man uns erwartete? Sollten wir ner heran. Den Hang herunterstürmend krach-
Richtung schlossen sich äußerst schroffe Ber- eine Falle ersinnen, in die wir den Feind lock- ten sie in vollem Schwung gegen unsere Li-
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nie, und wir hatten alle Mühe, dieser Wucht Wie eine Ewigkeit kamen uns jene paar Höllenhund und den Magiern, hob Breit-
standzuhalten, mancherorts brach gar ein Geg- Tage vor, die wir auf die Hilfe warten mussten. schwert und Schild und schrie: „Niemals sollst
ner in die Reihe ein. Als wäre dies nicht ge- Zum Nichtstun verdammt, das Wehklagen der du an mir vorbei!“
nug, sah ich aus dem Augenwinkel, wie dü- Verwundeten in den Ohren, saßen wir um die Der Hund sprang sie an, sie schlug ihn mit
stere Gestalten am Rand der Senke begannen, Feuer und malten uns aus, wie wir über die dem Schild zurück, versetzte ihm drei, vier
seltsame Gesten zu vollführen, und gleich dar- Feinde kommen wollten, wenn wir erst die Hiebe mit der Klinge, doch kein Treffer konnte
auf lösten sich Gerölllawinen und Schneebret- Gelegenheit dazu hätten. ihn aufhalten, und mit dem nächsten Sprung
ter von den Seiten und rutschten auf uns her- Schließlich war es soweit. Als wir die durchdrang er Asgrimas Deckung und zerbiss
ab. Zwar sah ich wie eine unserer Krieger- Alarmsignale der gegnerischen Wachen am ihr den Hals. Das Blut der Hetfrau spritzte
innen mit einem gezielten Schuss mit dem Bo- Taleingang hörten, wussten wir, dass unsere uns entgegen, als wir den Kampfplatz erreich-
gen einen jener Hexer niederstreckte, doch es Gelegenheit zur Rache da war. Binnen weni- ten und begannen, wie von Sinnen auf das
war unmöglich, den Feind aufzuhalten, zu- Biest einzuhacken. Wiederum nahm der Dä-
mal schrilles Gebell das erneute Nahen der mon keinerlei Schaden unter unseren Hieben,
Höllenhunde ankündigte. Asgrima und Jurga doch er kam auch nicht mehr auf die Beine
riefen sich einige knappe Worte zu und gleich denn dicht wie ein Hagelschauer prasselten
darauf ertönten neuerlich Hornsignale, jene, unsere Schläge auf ihn herab. Schließlich war
die den Rückzug befahlen, dieses Mal. das Ritual der Galdmader vollbracht, und un-
Einige der Rekker, die keine Schilde tru- ter einem schrillen Geheul, das mich noch
gen, rannten vor und fanden den Eingang in heute im Schlaf verfolgt, ward der Höllen-
ein schmales, eisfreies Tal, dessen fast senk- hund, und alle andren seines Rudels, aus die-
recht ansteigende Wände zumindest nach drei ser Sphäre hinweggesogen.
Seiten hin Schutz versprachen, während wir, Kurz darauf zerbarsten die Eisnadeln, mes-
weiterhin Schild an Schild stehend, Schritt um serscharfe Splitter fuhren unter die Käm-
Schritt zurückwichen und so den Ansturm der pfenden und trafen Freund wie Feind, doch
Gegner bremsen konnten. Jene versuchten die Schlacht war entschieden, unter schwe-
zwar mit allen Mitteln uns den Weg abzu- ren Verlusten hatten wir gesiegt.
schneiden, doch die Götter waren uns gnä- Von den letzten Ereignissen der Schlacht
dig, und wir erreichten das Tal, ohne dass hatte ich nichts mehr mitbekommen, den ge-
unsere Formation aufbrach. meinsam mit einigen weiteren Rekkern der
Sowie wir uns tiefer in jenes Tal zurück- Blitzspötter war ich bei unsrer gefallenen
zogen, ließ der Feind von uns ab. Als wir aber Hetfrau geblieben, keine dunkle Macht sollte
begannen uns ein Bild von unserer Lage zu Besitz von ihrem Körper oder ihrer Seele er-
machen, stellten wir bald fest, dass er uns gar greifen. Nach der Schlacht trat Valadur, der
nicht mit dem Schwert in der Hand entgegen- Sohn der Hetfrau an ihren Leichnam heran.
treten musste, um uns zu vernichten: die Zahl ger Herzschläge waren wir bereit und stürm- Kreidebleich war er, und doch gefasst, ein star-
der Gefallenen war spürbar, viele weitere ten aus dem Tal mitten in das Scharmützel, kes Vorbild für die Ottajasko, der er, ginge es
Rekker hatten Wunden davongetragen, und das zwischen der Runjadrakkar und den nach dem Willen seiner Mutter, bald der neue
bei unserem schnellen Rückzug hatten wir Paktierern entbrannt war. Schnell wendete Hetmann sein sollte. Er hieß uns, die Leichen
große Teile unseres Proviants zurücklassen sich der Feind zur Flucht, und wir trugen den der gefallenen Blitzspötter zusammen mit
müssen. Kampf in sein Lager. Unter den Eisnadeln dem der Hetfrau zu bergen, sie sollten auf der
Schnell kamen die Hetfrauen zur Erkennt- zahlten wir ihnen heim, was sie uns angetan Schwanengleich eine Bestattung zur See er-
nis, dass die einzige Möglichkeit für uns dar- hatten. Die Magier der Runajasko begannen halten, wie es alte Sitte war.
in bestand, Boten zum Treffpunkt an der Fluss- flugs damit, ihre Bannzauber zu wirken, wäh- Andernorts war jener Verräter Runolf ge-
mündung zu senden, um Verstärkung heran- rend wir die Söldlinge erschlugen. Erneut be- stellt worden, den die besten Rekker Jurgas
zuführen. Nur einer kleinen Gruppe konnte schworen die Hexer jene Höllenhunde, und davor bewahren mussten, auf der Stelle von
es gelingen, an den Posten, die die Paktierer erneut forderten sie Opfer in unseren Reihen, den aufgebrachten Mannen und Frauen er-
am Taleingang aufgestellt hatten, vorbeizu- doch dieses Mal schlugen wir sie zurück. Den- schlagen zu werden – zu kostbar mochten die
kommen. Schnell waren Freiwillige für diese noch, eine jener Bestien sprang über unsere Informationen sein, die er noch preisgeben
Aufgabe gefunden, für uns andere begann eine Reihen hinweg und hielt auf den Entschwö- konnte, bevor er seine Strafe erhielt. Schließ-
schier endlose Zeit des Wartens. Nur kleine rungskreis zu, den unsere Galdmader soeben lich machten wir uns auf den Weg zurück zu
Rationen wurden den einzelnen Kriegern zu- errichten wollten, um alle dämonischen Geg- den Schiffen und zum Treffpunkt mit den üb-
geteilt, frisches Wasser war in dem gesamten ner in ihre Sphäre zu verjagen. Wir wandten rigen Herferdern.
Tal nicht zu finden, und die vielen Wunden uns um, das Schreckliche zu verhindern, das Dies war die Geschichte von der Schlacht
konnten nur notdürftig versorgt wer-den. Im- geschehen musste, würde der Dämon den bei den Eisnadeln, gehet nun und erzählet von
merhin konnten wir nun einige Feuer entzün- Ritus der Magier stören, doch wir erkannten, unserem harten Kampf und vom heldenhaf-
den um uns zu wärmen – unsere Position dass wir zu spät kommen würden. Und plötz- ten Tod der Asgrima Trolskesdottir, der Het-
mussten wir nicht länger geheim halten. lich stand Hetfrau Asgrima zwischen dem frau der Blitzspötter, das wohl! (am)
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Von Höllenhunden und Schneelaurern
Meistari Bryda Ragnasdotter von der flecht der Kraft, das zu weben wir angefan- hexe heran und setzten den Lassirer Drachen
Runjadrakkar berichtet vom Kampf um den gen hatten, zeigte uns die Gegenzauber an, weiter zu.
Tierpferch: die der Feind einsetzte, und da: fast körper- Als unser Zauber endlich geglückt war und
lich gewahrte ich wie an einer Stelle die Kno- die Karmanthi in ihre Sphäre gewichen wa-
„So waren wir also dazu auserkoren, je- ten rissen, welche unser Geist gewebt hatte, ren, landeten auch wir, um den Kameraden
nen Posten der Nagrach-Paktierer anzugrei- spürte, wie sich das Geflecht aufzulösen be- zu Hilfe zu eilen. Doch der Kampf hatte sich
fen, in welchem jene Experimente zur Abrich- gann und dem Griff unsrer Gedanken entglitt. zu diesem Zeitpunkt bereits auf das Schiff ver-
tung von Schneelaurern und zur Beschwörung Ich verspürte einen metallischen Geschmack lagert. Schnell hatten wir, nun, da wir in der
und zum Einsatz der wilden Karmanthi un- im Mund, fühlte böse Kraft durch meinen Kör- Überzahl waren, die Feinde erschlagen, doch
ternahmen. Das Vorgehen war klar: wir woll- per wogen und sah, wie einer aus unserem viele der Lassirer waren in diesem Kampf zu
ten auf der Runjadrakkar unsere Kräfte wir- Kreise ohnmächtig zusammenbrach. Sofort Swafnir gegangen, und die Zauber der geg-
ken lassen und die finstren Zauber unserer begannen wir aufs Neue, unser Ritual zu wir- nerischen Magier hatte üblen Schaden an ih-
Gegner zurückwerfen, während die Lassirer ken, doch der kurze Moment der Schwäche rer Otta hinterlassen. So hing das Segel in
Drachen die Feinde dieser Sphäre bekämp- kostete uns einen hohen Preis: die Karmanthi, Fetzen, der Mast war beinahe durchgebrochen
fen sollten. die wir bannen wollten, bevor sie unsere und konnte keinem Wind mehr standhalten,
So landeten wir an jenem Küstenstreifen, Kampfgefährten erreichten, verweilten zu lan- vielerorts waren die Planken eingedrückt un-
um den Worten Taten folgen zu lassen. Gleich ge in unserer Sphäre und fielen über die Las- ter den Mächten, die auf sie geprallt waren,
war zu spüren: die Kraftlinien waren hier ver- sirer her, die sich unter diesem Ansturm bis und der Rumpf füllte sich schnell mit Wasser.
zerrt und verdichtet, die Schwingungen der zu ihrem Schiff zurückziehen mussten. Gleich Also sahen wir uns gezwungen, das Schiff
Elemente pervertiert und ins Böse verkehrt. hinter den Höllenhunden jagten die Schnee- zum Grab für die Gefallenen zu machen, die
Wir begannen unsere Sänge, die Dämonen zu laurer heran, und - kleiner zwar als die Kar- Überlebenden auf die Runjadrakkar zu neh-
vertreiben, während die Otta der Lassirer lan- manthi, und doch ebenso bösartig - unterlie- men, und zum Treffpunkt an der Flussmün-
dete und ihre Rekker an Land stürmten. Doch fen sie den Schildwall der Rekker und began- dung zu segeln. Von dort eilten wir dann Jurga
als sie auf ihre Gegner trafen, spürten auch nen, diese mit wilden Bissen zu attackieren. Trondesdotter und den Ihren zu Hilfe, aber
wir Gegenwehr. Bittres Zerren an dem Ge- Gleich darauf waren die Söldlinge der Eis- davon soll Euch ein andrer erzählen.“ (am)
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nahmen. Als die Rede auf ein Nivesendorf an straße, an der Bernsteinbucht vorbei bis zur mel, aber unsere Führer verstanden ihr Hand-
der Flussmündung kam, das die Gloranascher- Grimmfrostküste. Die Strecke ist ungefähr so werk. Nach Mitternacht begann unsere Wind-
gen als Hafen benutzten und unter deren lang wie von unserem schönen Overthorn bis flüsterin Katla, sich mit ihren Galdlivherds auf
Schutz auch einige Walfänger ihrem frevel- zur Tommelmündung bei Nostria, doch leb- das Ottagaldr einzustimmen und ihre Sänge
haften Werk nachgingen, da ging ein Ruck ten an den Küsten, an denen wir nun vorbei- ließen die Rekker aus Skjellsgrond erschau-
durch Tjorven Vanjasdottir, unsere Diari. fuhren, zusammen weniger Menschen, als bei ern, die für den Kampf von den anderen Schif-
Nichts hasste sie so sehr wie Walschlächter, uns auf der Overthorner Landzunge. fen zu uns an Bord gekommen waren und
und funkelnden Blickes wandte sie sich zu In der Firunsstraße waren wir sehr auf- sonst nichts mit der Runajaski-Magie zu tun
Deorn, doch dieser - wohl vom gleichen Ge- merksam, denn in dieser leicht zu überwa- hatten. Der Rest ruhte sich aus, soweit er nicht
danken beseelt - rief im selben Augenblicke chenden Meeresenge kreuzten oft die Wach- zur Schiffsführung vonnöten war, um Kräfte
schon „Das Dorf ist unser!“, gefolgt von ei- schiffe unserer Feinde. für den Kampf zu sammeln.
nem einstimmigen „Das wohl!“ aller Kno- Um den Überraschungsmoment auf unse-
chenbrecher, die diesem Hjalding beiwohn- rer Seite zu haben, mussten wir jedoch dieses Zielsicher führten unsere Lotsen uns an die
ten. Mal einen Kampf meiden, daher durchfuhren Flussmündung und wir konnten einzelne klei-
Auch Hetmann Ingvar Raskirsson, der ‘Bär wir die Enge des Nachts, geführt von erfahre- ne Lichter in der Siedlung sehen, die aus-
aus Virport’ mit seinen Wellenreitern, schloss nen Lotsen von Bruder Goswyns Ottajasko, sichtslos gegen die nur langsam schwinden-
sich uns an, was keine schlechte Wahl war, und ließen Yeti-Land links liegen. Der Drakkar de Nacht anzuleuchten versuchten und nun
denn die Wellenreiter hatten in den letzten der Ingibjara und der Angrawurm aus Kendrar auch noch im aufkommenden Morgendunst
Jahren schon so manche Schlacht geschlagen. würden hier verbleiben und Jagd auf das zu verschwinden drohten.
Dazu gesellten sich auch noch die Wachschiff machen, um uns den Rücken frei In atemloser Erregung horchten wir Rich-
Uddajahler unter Skiphetja Tevil Karvensson. zu halten. tung Land, ob die Wachen und bemerkt hät-
Kam zwar auch Marada aus diesem Dorf, so ten und kräftige Hände legten sich noch fe-
waren doch nicht alle dort ihrer Meinung und Die nächsten beiden Tage se- ster um die Griffe ihrer Waffen -
hießen gut, dass sie Klöster niederbrannte. So gelten wir in einem aufgelocker- doch kein Alarmruf erschallte.
hatten sich viele Uddajahler zusammengefun- ten Verband und hatten Allmählich schälten
den, den wahren Feinden Thorwals die Klin- ständig sämtliche Aus- sich die Umrisse zweier
ge zu schmecken zu geben, was wir mit Re- guckposten besetzt, um Schiffe aus dem Dunkel,
spekt aufnahmen. frühzeitig vor Begegnun- doch es waren weder der
Damit hatte unsere Kampfgruppe drei gen gewarnt zu sein. Da Holken, noch die Kara-
Schiffe voll mit erfahrenen Rekkern, die dar- wir jedoch ziemlich weit velle - an dem Lade-
auf brannten, mit den Walschlächtern und Eis- draußen auf dem offenen geschirr an den Masten
schergen abzurechnen, das wohl! Firunsmeer fuhren, war konnten wir die Walfang-
Als wir auch noch den Namen der Sied- ein Zusammentreffen schiffe erkennen. Wartet
lung erfuhren - Unetai puunai Mikänien - und recht unwahrscheinlich. nur, gleich würde es sich
Bruder Goswyn uns diesen aus dem nive- Allerdings war es hier für euch ausgeträumt ha-
sischen übersetzte - Strand der weinenden draußen auch recht unan- ben!
Walfische - da ward unser grimmes Verlan- genehm. Obwohl wir schon Mitte Vinmond Die Wellenreiter und die Uddjahler steu-
gen schier grenzenlos, Deres Antlitz von die- hatten, ließen uns die eisigen Winde aus dem erten nahe der beiden Schiffe auf den Strand
sem Schandfleck zu reinigen, bei Swafnirs Ewigen Eis doch sehr frösteln. zu und leise knirschend schoben sich die Kiele
heiliger, weißer Fluke! Am Nachmittag des zweiten Tages nach auf den Uferkies, doch wir ließen uns noch
Kaum waren wir noch bis zum Ende des der Firunsstraße löste sich der Verband auf in weiter treiben, auf die Flussmündung zu. Ir-
Kriegshjaldings zu halten, obwohl wir noch die einzelnen Gruppen, die nun getrennt auf gendwo müssten ja jetzt unsere Ziele, die bei-
mindestens vier Tage zu segeln hatten, bis wir ihre Ziele zufuhren. Wir würden den verfluch- den Kriegsschiffe, liegen.
in die Nähe der Küste unseres Strandhöggs ten Hafen vor der Morgendämmerung errei- Doch nichts - die Vögel schienen ausge-
kommen würden. chen und hofften dadurch den Überraschungs- flogen.
Wir erfuhren noch von Bruder Goswyns moment auf unserer Seite, wenn noch alles Unsere Verbündeten an Land hatten sich
Kundschafter, dass in diesem verfluchten im tiefsten Schlaf liegen würde. derweil aufgeteilt und während der kleinere
Hafen zwei Kriegsschiffe liegen sollten, die Die Aufteilung war klar: der Drakkar der Teil die beiden Walfangschiffe ausräucherte,
ihre Wachfahrten in der Bernsteinbucht und Wellenreiter und das Snekkar der Uddajahler stürmten die anderen nun in die schlafende
der Firunsstraße abhielten, aber das konnte würden direkt auf den Strand setzen und sich Siedlung, um den widerwärtigen Schurken
uns nur recht sein. das Dorf mit dem Wachposten vornehmen, allesamt ein böses Erwachen zu bereiten.
Endlich waren alle Beratungen abgeschlos- während wir mit unserem hochbordigen Uns stand nun eine schwerwiegende Ent-
sen und die Absprachen getroffen und mit Wogendrachen direkt die Wachschiffe entern scheidung bevor: sollten wir uns nun den an-
Bruder Goswyns Segen bestiegen wir unsere sollten. Gefangene würde es nicht geben. deren einfach anschließen und uns im Dorf
Schiffe und gaben Segel. Die Nacht war wolkenverhangen und nur vergnügen, oder Jagd auf die Schiffe machen?
Es lag ein ziemlich langer Weg vor uns - ab und zu mal blitzten Ifirns Schätze durch Alle Blicke gingen zu Deorn. Wie würde
um den Firunsfinger herum durch die Firuns- ein paar offene Stellen am nächtlichen Him- er sich entscheiden?
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Dessen Blick schweifte umher, suchte am Deorn den einsetzenden Tageswind, der vom hen, es war der Holken. Doch wo blieb die
Strand, erhob sich zum Himmel, senkte sich Norda her kalt auf das Land blies und Katla ein Karavelle?
wieder herab zum Wasser, fiel auf die Schiffe wenig Mühe bereitete, ihre Nebel zusammen zu Sie konnte nicht mit in der Nähe sein,
und das Dorf, wo erste Brände aufflackerten halten. Schließlich sprach er beschwichtigend: sonst hätte sie unser Ausguck inzwischen
und schließlich schob er sein Kinn vor, blick- „Gemach, mein Freund. Die Einladung ist ge- bemerkt.
te in die Runde und verkündete seine Entschei- schrieben. Gebt uns noch ungefähr die Hälfte Es blieb uns aber keine weitere Zeit,
dung: einer Stunde und wenn dann noch kein Schiff nach dem anderen Schiff zu suchen, denn
„Sie können noch nicht weit sein. Sind in Sicht ist, dann wollen wir helfen, die Reste der Holken ging zum Angriff auf die am
wahrscheinlich mit der Nachtflut ausgelaufen auszukehren. Aber ich müsste mich schon sehr Strand liegenden Schiffe über! Unverkenn-
und im Dunkeln irgendwo an uns vorbei. täuschen, wenn die Schergen so blind wären, bares Rumpeln und Klappern setzte uns dar-
Wenn sie dieser wunderschönen Festbeleuch- dass ihnen ...“ über in Kenntnis, dass sie die Stückpforten
tung gewahr werden, werden sie schnell um- „Ach, rede doch nicht, wie ein zahnloses geöffnet hatten und die Geschütze luden.
drehen und das Dorf zu retten versuchen. Nivesenweib, Deorn Efferdis Sohn!“, unterbrach Doch machten wohl uns allen mehr die
Wenn wir dann alle an Land sind und dort Geräusche zu schaffen, die aus den Segeln
kämpfen, liegen unsere Schiffe wie auf dem zu kommen schienen. Dieses Jaulen und
Geschenkteller und werden von ihnen zer- Heulen und Geknurre, das an den Wanten
schossen, ehe wir sie wieder bemannen und zerrte und sich nun wohl irgendwie auf die
auslaufen können. Deswegen werden wir uns näherliegende Snekkar der Uddajahler stür-
hier ein wenig abseits im Nebel halten und zen wollte.
ihnen ein überraschend freundliches Willkom- Uns hatten die Schergen noch nicht be-
men bereiten. merkt, denn sie rechneten offensichtlich
Solange werden wir halt zusehen müssen, auch gar nicht damit, dass sich jemand bei
wie sich Yngvar, Tevil und die anderen an so einem Kampf an Land hier draußen eis-
Land amüsieren.“ kalt auf die Lauer legen würde.
Es fiel uns schwer, bei all dem Kampfes- Doch nun gebot Katla ihren Winden und
lärm dort drüben, uns an Deorns Weisungen deutete mit ihren schneeweißen Stab auf die
zu halten. Ihm selber juckte es doch auch in knurrenden Wanten des Holken und mit tie-
den Fingern, mit einzugreifen. Doch konnte fem Grollen erhob sich rings um den
er sich beherrschen und wir Knochenbrecher Wogendrachen eine Orkanböe und folgte
vertrauten ihm und seinem Gespür wie im- ihrem Wink!
mer. Den skjellsgronder Rekkern passte es Luft traf auf Luft und doch wohl war es
aber gar nicht in den Kram und sie begannen weit mehr, denn das Grollen traf auf das
zu murren. Knurren und schwoll zu einem ohrenbetäu-
Wir hatten uns wieder zwei-, dreihundert benden Getöse an. Wirbel tollten umher und
Schritt vom Strand entfernt und Katla flüster- ließen in der Dämmerung Schemen erken-
te eine Nebelbank herbei, die sich sanft um nen, die über dem Holken zu schweben
unseren Wogendrachen legte und ihn vor ihn aufgebracht der Skjellsgronder. „Ich vermag schienen und mit ungeheurer Wucht wur-
missliebigen Blicken schützte, als schließlich es kaum zu glauben, dass du dich vor einem den die Segel zerfetzt und Mastbäume zer-
der Wortführer der Skjellsgronder vortrat und Kampfe drücken willst. Nimmer will ich auch brachen in dem Kampf wie morsche Stöck-
seinem Ärger Luft machte. nur das Viertel einer ...“ chen.
„Was birgt ihr euch feige hier im Nebel, Nun wurde auch er unterbrochen, doch war Ich konnte nicht genau sehen, was sich
während unsere Kameraden dort am Strand es nicht Deorn, sondern ein nachdrückliches Zi- dort über den Holken bekämpfte, denn im-
auf Ruhm und Ehre kämpfen?!? Wohlauf! scheln Katlas, das ihn erschaudern ließ. „Sie mer noch rezitierte Tjorven ihr Gebet und
Lasst uns auch anlanden, damit wir unseren kommen ...“, sprach sie mit bedeutungsschwerer hatte mich inzwischen an den Händen
Teil vom Ruhm ernten und Beute machen Stimme, wobei ihre Augen den Nebel durch- gefasst, der ich die Worte mitsprach.
können. Du glaubst doch selber nicht, dass bohrten, der uns die Sicht versperrte, „ ... und in Inbrunst glühte in ihren Augen, die weit
jetzt plötzlich ein Schiff zurückkehrt!“ ihre Segel bläst nicht nur der Nordwind ...“. aufgerissen auf des Getümmel vor uns ge-
Wir kreuzten böse Blicke mit den Skjells- Sie begann mit leiser Stimme ein altes Lied richtet waren und immer lauter und ein-
grondern, dass sie derart schmählich an un- zu singen und ihre Galdlivherds fielen ebenso dringlicher wurde ihre Stimme. Eine mäch-
serem Hetmann zu zweifeln wagten. Dieser leise mit ein. Einzelne kleine Nebelfetzen be- tige Erregung erfasste uns alle.
runzelte ebenso über die dreisten Worte die gannen im aufkommenden Wind umher zu tan- Jene Dämonenschergen auf dem Holken
Stirne, doch ließ er seinen Blick weiter über zen, als würde sie eine ebensolche Erregung er- hatten sich inzwischen wieder gefasst und
den Kampfplatz schweifen, wo inzwischen fassen, wie uns. Auch Tjorven, unsere Diarin, wandten sich nun dem Wogendrachen zu,
einzelne Häuser und die beiden Walfangschif- begann ein Gebet an Swafnir zu rezitieren - ur- der in der einsetzenden Morgendämmerung
fe in hellen Flammen standen und zusammen alte Worte, voller Kraft und Ungestüm und ich und den zerfliegenden Nebelfetzen immer
mit der zart einsetzenden Dämmerung das fiel mit ein, gefolgt von vielen anderen. deutlicher zu sehen war. Unversehens löste
blutige Bild beleuchteten. Dann musterte Schließlich konnten wir das Schiff auch se- sich von ihnen eine Feuerkugel und flog mit
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großer Schnelligkeit schnurstracks auf uns zu, Katla abgesehen hatte. Nun sei es drum. Da zelte Todesschreie von denen, die man in ih-
doch nicht schnell genug für die Wasserwand, dem Söldling vor mir plötzlich ein Schneid- ren Verstecken aufgestöbert hatte und denen
die sich mit einem Mal direkt vor unserer zahn aus der Stirn wuchs und er nach hinten man nun ihre gerechte Strafe zukommen ließ.
Bordwand erhob und mit einem lauten Zi- wie ein Brett wegkippte, nutzte ich die Gunst Der Strand, der schon so viel Tod und Leid
schen und Pfeifen die Feuerkugel unter sich des Augenblickes, um die Zauberin nun mei- der Wale hatte erleben müssen, nahm er nun
begrub. Heiße Dampfschwaden umhüllten nerseits mit meiner Skraja anzugreifen, doch nicht einmal mehr das Blut ihrer Mörder auf,
uns, die der kalte Nordwind sofort wieder sie war schnell - viel schneller, als ich vermu- das langsam und zäh dem Ufer zurann und
wegriss. Doch brachte er noch mehr mit, denn tet hatte und mit böser Geste deutete sie auf von der Strömung des Flusses als roter Schlei-
nun spie er faustgroße Hagelkörner fast waa- mich, während ihre geschwollenen Lippen er ins Meer getrieben wurde.
gerecht über das feindliche Schiffsdeck und schreckliche Worte ausspieen. Augenblicklich
fegte alles umher, was nicht rechtzeitig Dek- bereute ich meinen Einfall und ich sollte das Es war ein harter Kampf und ein ruhmrei-
kung nehmen konnte. große Glück haben, diesen reuevollen Augen- cher Sieg, doch waren wir alle zu erschöpft,
Mit einem Male wurden wir wie von einer blick auch zu überleben, denn zugleich mit um ihn zu feiern. Wir sollten auf die anderen
Riesenfaust gepackt und der Ruck riss einige einem Krachen öffneten sich ihre Lippen zu Schiffe warten, die sich hier mit uns treffen
Überraschte von den Beinen! Auf einer ge- einem stillen Schrei und die Augen weiteten sollten, nachdem sie ihre eigenen Ziele ver-
waltigen Welle wurde der Wogendrache nach sich vor Erstaunen in der Erkenntnis ihren nichtet hätten und dann auch Jurga und ihre
vorne geschleudert und raste förmlich auf den nahenden Todes. Ein gewaltiger Eiszapfen Rekker aufnehmen, die nach der Vernichtung
Holken zu, der halb von der Welle begraben hatte sie wie ein Speer durchbohrt und an die der dämonischen Eisnadeln von Land her zu
würde und mit einem berstenden Krachen tra- Kajütenwand genagelt, an der sie nun lang- uns stoßen würden. Also stellten wir Wachen
fen die Bordwände aufeinander. Unser treues sam zusammensackte. Zu spät nur konnte ich auf und wer sich noch auf den Beinen halten
Schiff stöhnte bis in jede Spante ob des Auf- mich von diesem Anblick losreißen, denn nun konnte, schleppte die beiden Schiffe wieder
pralls, doch es hielt und schien sich sogar traf mich ein Entermesser tief in die Seite und vom Strand ins Meer, von wo aus sie unsere
aufzubäumen, um den Holken unter Wasser der Schmerz trieb mir den Atem aus der Lun- Riesenwelle ziemlich weit aufs Ufer gespült
zu drücken. Tjorven hatte sich die ganze Zeit ge. Ich konnte mich noch zur Seite drehen und hatte.
irgendwie auf den Beinen gehalten und nun dem Angreifer damit die noch in meiner Rip- Dann wurden unsere Toten auf den Boo-
sprang sie mit einem gewaltigen Satz über die pe steckende Waffe aus der Hand reißen, doch ten verstaut, denn wir würden sie mitnehmen
Reling aufs feindliche Deck und ein wal- gelang es ihm, meinem kraftlosen Schlag aus- aus dieser unheiligen Gegend. Sie sollten bei
wütiger Schrei entrang sich ihrer Kehle, als zuweichen, bevor ich zusammensackte. Müh- der Darken Hjalla von uns sicher in Swafnirs
sie mit ihrem heiligen Schwert Walbiß dem sam konnte ich das Bewusstsein behalten und Gefilde geleitet werden, damit sich nicht noch
ersten Gegner den Schädel spaltete. wurde gewahr, wie er unter den Axthieben irgendwelche böse Geister ihrer Seelen be-
Nun ward kein Halten mehr und wir alle meiner Nachbarn fiel, während mich eine sor- mächtigen konnten.
schwangen uns aufs feindliche Deck - zwei, gende Seele nach hinten schleifte und über Doch bei all unserem Glück musste Hrann-
drei Besonnene mit Enterhaken konnten ge- die Reling in die Obhut meiner Kameraden gar wohl doch noch irgendwo ihren verderb-
rade noch die Schiffe aneinander binden. Ich gab, die mit leichteren Verletzungen schon auf ten, schuppigen Schwanz im Spiel gehabt
weiß es nur deshalb, weil ich einen von ihnen unser Schiff zurückgekehrt waren. Ich weiß haben, denn am Nachmittag näherte sich ein
- ich glaube, es war Leif - dabei fast umge- noch, wie ich die ganze Zeit auf das vollkom- Drakkar unserem Treffpunkt, doch war eine
rannt hätte. Ich stürmte auf die Kajütentür des men zerfetzte Segelwerk des Holken starrte, keines der erwarteten Schiffe, sondern die
Achterdeckes zu, um von dort ins Schiffs- während man mir die Klinge aus den Rippen Ingibjara, die eigentlich zusammen mit der
innere zu gelangen, als sie auch schon aufge- zog und mich verband. Und irgendwann dann Angrawurm aus Kendrar in der Firunsstraße
stoßen wurde und sich einiges Söldnerpack war auch der Kampf zu Ende und man Wache halten sollte. Nun erfuhren wir auch,
daraus ergoss. Unter ihnen auch eine Frau in schleppte aus dem wracken Schiff alles her- wo die Karavelle abgeblieben war, denn die-
einem langen Gewand, auf dem ich Zeichen über, was noch als Prise dienen konnte, wäh- se hatte zusammen mit zwei anderen Schif-
erkennen konnte. Auch trug sie etwas auf dem rend einige unentwegte noch die Beiboote fen die beiden Drakkars angegriffen. Die
Kopf, was mal so etwas wie Widderhörner an klarmachten, um sich den Kampf im Dorf Drakkars hatten sich geteilt und während ein
den Seiten gehabt haben musste, aber dieses nicht entgehen zu lassen. Eisschergen, Wal- Schiff die Angrawurm verfolgte, hatten sich
etwas war genauso verbeult wie ihr Gesicht - schlächter, Nivesensöldlinge - keiner von ih- die Karavelle und das andere Schiff in das
sie schien zuvor im Hagel gestanden zu ha- nen fand bei ihnen Gnade und wer sich er- Kielwasser der Ingibjara gesetzt. Alle noch
ben. Sie blickte starr an mir vorbei und ihr gab, wurde niedergemacht. Selbst ihre Brut kampffähigen Rekker stiegen nun in die
verbeultes Gesicht wurde zu einer hasser- wurde den reinigenden Flammen übergeben, Sturmwind der Wellenreiter und den Wogen-
füllten Fratze, als sie die Faust hob und etwas die aus ihren Hütten schlugen, nachdem man drachen, während wir Verwundeten auf die
wie einen Fluch ausspie, doch nur um sofort alles brauchbare herausgeholt hatte. Mit ih- Grön Jargla verlegt wurden und dann mach-
anstatt dessen abwehrend die andere Hand zu ren Leichen nährte man die Feuer, auf dass te man Jagd auf die beiden Schiffe, die sich
heben, auf der etwas aufprallte und sich mit alles zu Asche ward und nicht als frevelhafte immer noch auf der Verfolgung eines einzel-
einem spitzen Klirren in einen Schneeregen Untote zurückkehren konnte. nen wähnten. Nun sie wurden eines besseren
verwandelte, der alle in ihrer Nähe einstäubte. Die Schlacht war ein vollkommener Sieg. belehrt, doch das soll eine andere Geschichte
Ich hatte keine Zeit, mich umzublicken, doch Wohl kaum einem gelang es zu entkommen werden.
war ich mir sicher, dass diese Zauberin es auf und noch Stunden später hörte man verein- (de)
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Am Strand der weinenden Walfänger
Eine Geschichte von Gnade gewähren und verweigern.
Die Schlachten waren geschlagen, die so viele Kameraden und Gefährten, die dem brandete der vielhundertstimmige Ruf über
Feinde vernichtet und in alle Winde zerstreut. Sieg einen bitteren Beigeschmack gaben. An das schlummernde Dorf hinweg und brach
Die dämonischen Eisnadeln zerborsten, die jedem Feuer wurden bis spät in die Nacht Ge- sich an den Klippen:
nicht minder abartigen Zuchtpfuhle geschlif- schichten erzählt und der von ihnen gegange- „Tod den Walschlächtern !!!“
fen, Eisschergen, Walschlächter und ihre nen gedacht, wie sie Swafnir zu Ehren kämpf- Den Posten auf ihren hölzernen Wachttür-
nivesischen Söldner gleichermaßen erschla- ten und fielen und hie und da wurde erstmals men blieb keine Möglichkeit, den Angriff
gen und dem reinigenden Feuer überantwor- der Name ‚Glyndhavn’ fallengelassen. Nach- noch verhindern zu können und die Alarm-
tet. Nun war es an der Zeit, die Wunden zu denklich noch, überlegend. hörner gingen im wilden Angriffsgeheul voll-
verbinden, die Verletzten zu bergen und die Die nächste Nacht landete man an der öst- kommen unter. Kurz darauf kündete bersten-
Toten zu sammeln. Kein Leichnam sollte in lichen Küste der Bernsteinbucht an, um dann des Holz davon, dass die Wachttürme von
dieser unreinen Erde zurückbleiben und sich mit den nächsten beiden Tagesreisen über of- dutzenden Angreifern einfach umgerissen
später als dämonisch belebtes, kaltes Fleisch fene See die Mündung der Bucht zu queren wurden. Die ersten Walfangboote waren
erheben, um der verderbten Eishexe als und erst wieder bei den Inseln der Firunsstraße schon geentert und triumphierend wurde er-
Drauger1 zu dienen! Allesamt wurden sie auf anzulanden. Auch dieser Abend war wieder ste Beute in die Luft gereckt. Jene grausamen,
den Schiffen gestapelt, um mit zur Darken voll der Geschichten und Erinnerungen an die widerhakenbewehrten Wallanzen, die man
Hjalla zu fahren. Dort würden sie von ihren gefallenen Gefährten und diesen Abend fiel nun zu einem anderen Zwecke einzusetzen
Kameraden in einem letzten Freundschafts- der Name ‚Glyndhavn’ öfter, entschiedener, gedachte ...
dienst zu Swafnirs ewigen Gestaden geleitet fordernder und ein Gedanke reifte in zahllo-
werden, um an seiner Seite bereit zu stehen sen Köpfen heran. ... verzweifelt rannten die Dorfbewohner
für den letzten, den alles entscheidenden Am nächsten Tage wurde viel geredet dar- auf die steinerne Feste des Praiosklosters zu.
Kampf gegen Hranngar und ihr unreines über auf den einzelnen Schiffen und schnell Schutz! Nur Schutz suchen vor den Nord-
Gezücht. ward man sich einig, näherte sich auf Ruf- leuten, die um den Hafen herum ein Massa-
Und so brach man schließlich alsbälde auf weite den anderen und ein neues Ziel machte ker anrichteten unter den Walfängern.
von diesem Ort an der Flußmündung, der einst die Runde: Glyndhavn, der Walfängerhafen Schrecklich gellten deren Todesschreie
von den Nivesen Unetai puunai Mikuänien in der Bernsteinbucht. herüber. Wer nicht unter den wütenden Axt-
geheißen – der „Strand der weinenden Walfi- Die Gelegenheit war mehr als günstig, hier hieben fiel, wurde mit seiner eigenen Harpu-
sche“. Man ließ die halbverwehte Asche hin- oben einmal gründlich unter den Walschläch- ne an die Hauswand genagelt. Die eisenbe-
ter sich, vor kurzem noch Behausung wie Be- tern aufzuräumen und einheitlich richteten schlagenen Tore des Wehrklosters schlossen
wohner gleichermaßen, den Gestank nach ver- sich die Drachenköpfe der Flotte viel weiter sich, nachdem das halbe Dutzend Sonnen-
branntem Fleisch und ungeronnenen Blutes, südlich, für einen kleinen Abstecher, der die legionäre und ebenso viele Bannstrahler sich
das der gepeinigte Strand nicht aufnehmen Rekker mit grimmer Vorfreude erfüllte. Hier vor dem Tor postiert hatten und mit erhobe-
wollte und das immer noch wie zäher Schlick und da stimmten die Swafnirpriester auf den nem Schild und Speer der hünenhaften An-
langsam von der Strömung mitgetragen wur- Schiffen alte Sänge an, um die Kämpfer ein- greifer harrten, die wild brüllend, waffen-
de, um als roter Schleier von den kalten Wel- zustimmen und immer mehr fielen in die Me- schwingend und mit dem Blut ihrer Opfer be-
len des Firunsmeeres zerrissen zu werden. lodie mit ein. spritzt den Weg heraufstürmten.
Der weiße Gottwal schien dem Anliegen Einige Dorfbewohner hatten keinen
Die erste Nachtrast machte man nur weni- günstig gewogen, denn eine steife, trotz des Einlass mehr gefunden und versuchten nun,
ge Meilen von der Stelle entfernt, wo bis vor nahenden Sommers noch nach Schnee rie- hinter den weiß und gold gewandeten Vertei-
wenigen Tagen noch der Pferch der Schnee- chende Brise füllte den Kampfeshungrigen digern Deckung zu finden, doch schien dies
monstren stand, bis er von der Runjadrakkar stetig die Segel und nach der Mitternacht zum bei der Menge der heranstürmenden Angrei-
dem Erdboden gleich gemacht wurde, und dritten Tage sah man vor sich an der Küste fer ein nutzloses Unterfangen. Plötzlich
man stellte sorgsam Wachen auf, verspreng- schwach die Lichter des Praiosklosters über schrillte eine schnelle Folge von Pfiffen den
ten Glorana-Schergen Rechnung tragend. dem Dorfe und unter den niedrigen Wolken Hügel empor und brachte die Thorwaler ab-
Doch niemand wagte es, sich mit dieser sieg- glühen. Schnell wurden auch die letzten ge- rupt zum Halten.
reichen Heerschar anzulegen. weckt und flugs ward man gegürtet und gerü- Jurga höchstselbst, umringt von ihrer Het-
An den zahllosen Lagerfeuern herrschte stet. garde, stieg den Weg empor und Ärger lag in
eine eigenartige Stimmung: einerseits feierte Gespannte Stille lag über den Decks, als ihrer Stimme:
man den glorreichen Sieg über das Dämonen- die Schiffe, umgeben von einer Nebelwand „Kein Kloster mehr! Es soll nicht noch ein
gezücht, andererseits trauerte man dabei um und von der Morgenflut getrieben auf den Kloster gebrandschatzt werden! Haltet ein,
braunen, von der Vulkanasche der Eiszinnen tapfere Rekker. Die Praioten sind keine Wal-
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Drauger ist die thorwalsche Bezeichnung für Untoter lose bedeckten Uferkies setzten, doch dann schlächter.“
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„Aber sie gewähren ihnen Zuflucht, Jur- und tief hatte sich der Schneidzahn in die ben Tag und weitere Vulkanaschewolken aus
ga!“, ließ sich eine Stimme vernehmen. Brust des Mannes gefressen. Ungläubig starrte den Eiszinnen ließen ihre graue Last wie ein
Doch noch ehe die junge Hetfrau erwidern dieser auf den Schaft, der nun aus seiner Brust Leichentuch über dem Massaker im Dorf ab.
konnte, wurde geräuschvoll der Riegel des To- ragte und brach mit einem röchelnden Seuf- Die Flammenlohen der brennenden Häuser
res zurückgeschoben, der Vizeprior des Klo- zer tot zusammen. ließen orange-rote Schemen über die Außen-
sters trat im vollen Ornat hinaus und stellte „Es sei nun genug!“ mauer des Klosters tanzen. Verloren stand
sich vor seine Männer. Jurga trat vor ihre Rekker hin und hob die Gellwing auf dem Weg zwischen seinen
„Im Namen des allmächtigen und gerech- Arme, um weiteres Blutvergießen hier zu ver- Sonnenlegionären und den verbliebenden
ten Herrn Praios gebiete ich euch, zurückzu- meiden. Thorwalern, während von unten noch immer
weichen und keine Hand an diese Leute hier „Niemand soll von uns sagen, dass wir kei- Kampfgebrüll und Todesschreie aufklangen.
zu legen! Ich ...“ ne Gnade kennen, wenn ein Priester uns dar- Der Wind trieb den Geruch von verbranntem
Hüter Gellwings Worte wurden unterbro- um bittet. Fleisch und Tran heran. Ein Ruck ging durch
chen durch lautstarke Heiterkeits- den Geweihten und er wandte
ausbrüche der Thorwaler, die sich sich mit einem Wink seinen Leu-
vor Lachen fast auf dem Boden ten zu, dass sie die Stellung hal-
wälzen wollten. Die Sonnen- ten sollten.
legionäre faßten ihre Waffen fe- „Möge Praios meiner Seele
ster, man konnte sehen, wie sich gnädig sein, aber ich kann nicht
ihre Knöchel weiß färbten. Das anders.“ Mit diesen halblaut ge-
Gesicht des Vizepriors hingegen sprochenen Worten ging er fe-
nahm immer mehr die Farbe ei- sten Schrittes auf die Nordleute
nen schönen Sonnenunterganges zu, die ihm wortlos Platz mach-
an, doch schließlich gewann er ten und unangetastet passieren
seine Fassung wieder und setzte ließen.
erneut an, als das Lachen abklang Sein Weg führte ihn mitten in
und der Kampfeslärm vom Ufer die brennenden Niederhöllen
wieder lauter wurde. dessen, was bis nach Mitternacht
„So BITTE ich euch, wenn ihr noch ein Dorf gewesen, in einen
schon nicht den Herre Praios ach- Pfuhl aus Rauch, Blut und
ten wollt, doch dann im Namen Schreien, die unauslöschlich in
Travias diejenigen zu verscho- seinen Ohren gellten. Allerorten
nen, die hier an diesem heiligen stieß er auf Leichen, allesamt
Orte Schutz gesucht haben!“ Glyndhavner und teilweise wüst
Gellwing war ein kluger zerstückelt. Zwischen den
Mann und wusste die Leute zu Rauchschwaden erhaschte er ei-
packen, auch um den Preis des nen Blick auf den Efferd-Tem-
eigenen Stolzes willen. Es war zu pel am Strand, halb in der
sehen, dass der Name der Göttin Morgenflut versunken, doch an-
des Herdfeuers eine Wirkung sonsten augenscheinlich unver-
zeigte - einige Rekker ließen ihre sehrt. Die Geweihte, selber
Waffen sinken. So möge verschont bleiben, wer sich in Thorwalerin, kniete mit wirrem Blick vor ei-
„Und doch befinden sich Walschlächter diesen Mauern befindet, doch außerhalb lasst nem großen Haufen nahe dem Eingang, sich
unter ihnen!“, ließ sich wieder die gleiche keinen Walschlächter entkommen, das wohl!“ mit den Armen wie haltsuchend selbst um-
Stimme wie zuvor vernehmen. Sprachs und ließ den Hüter stehen. Auch schlingend. Kaum, dass sein Herz schneller
Etwas mutiger geworden, trat nun einer der die anderen Rekker drehten um und wandten schlug, als er sich dessen gewahr wurde, dass
wenigen Männer aus den Flüchtigen hervor sich wieder den noch stehenden Häusern am dieser Haufen aus abgehauenen Köpfen be-
und hub zu sprechen an. Ufer zu. Nur ein Dutzend hielt Wacht am We- stand, während die kopflosen Körper rings-
„Jawohl, ich bin ein Walfänger. Es ist ein ge, um weitere Flüchtige abzufangen. um am Strand lagen oder in der Brandung
hartes Leben hier oben im rauhen Norden, und „Fresst Stroh oder Goblindung, aber wagt schaukelten. Mann, Frau, Kind, Nivese oder
irgendwie muss ich ja auch meine Familie es nicht noch einmal, euch an heiligen Walen Goblin – kein Unterschied wurde gemacht
sattbekommen, was auch so schon nicht ein- zu vergreifen. Sonst kommen wir wieder, und beim Morden.
fach ist!“ Dabei stapfte er zornig mit dem Fuß dann werden euch auch keine Klostermauern Er sah ein wimmerndes Etwas mit Wal-
auf. mehr schützen!“ lanzen an die Wand genagelt und mit Flens-
„Diese Sorge sei dir nun genommen, Frev- Mit diesen Worten wandte sich schließlich messern zerstückelt, was er als einstigen Ka-
ler!“ Es war Deorn Efferdison, der Hetmann auch Hetmann Deorn ab. pitän des einen Walfängers zu erkennen glaub-
der Knochenbrecher, der so sprach und weit te.
ausholte. Ein Schwirren, ein dumpfer Aufprall Die Morgendämmerung wich einem trü- Johlend und brüllend standen hünenhafte
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Nordmänner um ein brennendes Haus, aus den Angreifern offen ins Gesicht und sagte des Hauses erstickt.
dem immer noch Angst- und Todesschreie nur: „Bitte ...“ Ihr Weg zurück führte sie auch an den
drangen und warfen alles mögliche Brennba- Stunden, so schien es, kreuzten sich ihre Trümmern des großen Wehrbaues vorbei, der
re in die Flammen, um diese weiter zu näh- Blicke, während die junge Frau zu seinen Fü- bis vor kurzem das Handelshaus Irgeljoff ge-
ren. Stöhnend gab die verkohlte Seitenwand ßen reglos knien blieb und die Niederhöllen wesen war.
nach und brach nach innen weg. Aus den sich um sie langsam zurückzogen. Schließ- In den noch glühenden Überresten eines
Flammen sprang eine einsame Gestalt und lich, wie auf ein geheimes Kommandowort, Schuppens wenig außerhalb der Wehrmauer
warf das glosende Ding weg, welches ihren senkten die Thorwaler fast gleichzeitig die rührte sich etwas und kraftvoll wurden die
Oberkörper geschützt hatte, eine nasse Dek- Äxte. Der eine blickte vom Geweihten auf die Bruchstücke zur Seite gestoßen. Hustend und
ke wohl. Zwei Thorwaler hetzten hinterher, junge Frau herab und wieder zu ihm auf und spuckend kamen ein paar Norbarden und
während die Gestalt auf den Vizeprior zulief, sprach: „So sei es.“ schließlich auch ihr Oberhaupt Jaguschek sel-
sich schutzsuchend zu seinen Füßen nieder- Damit drehten sie sich um und eilten ih- ber hervor. Auch einige andere Glyndhavner
kniete und das Gesicht in seinem weißen ren Gefährten zu, die sich schon wieder mit hatten hier wohl Schutz gefunden, denn nun
Rocksaum verbarg, den sie dabei wie eine der mageren Beute auf ihre Schiffe zurück- erkannte er auch den Phex-Geweihten Ribulik,
Wunde mit Ruß, Blut und Tränen besudelte. zogen, auch die Wachtposten vom Klosterweg der verstört und fröstelnd in die Runde sah.
Sie hielt ein Bündel in ihrem Arm - ihr Kind, kamen schon nach unten gelaufen. Niemand „Du schuldest mir nun etwas, Ribulik!“,
ein Säugling noch. Mit zum Schlag erhobe- kümmerte sich mehr um sie und bald schon ließ sich knarrend und hustend der alte Jagu-
nen Äxten stürmten die beiden Hünen auf sie stachen alle Schiffe mit kräftigem Riemen- schek vernehmen. Der Geweihte konnte nur
los. „Herre Praios, strahlendes Antlitz am schlag und Gesang in See. stumm nicken.
Himmel, stets wachendes Auge der Gerech- Gellwing zog die junge Frau empor, die Gellwing zog die junge Frau mit ihrem to-
tigkeit. In deine herrlichen Hände lege ich ihm nun taumelnd und hustend folgte, den lan- ten Kind weiter den Weg zum Kloster hinauf.
mein unbedeutendes Leben und das dieser gen Weg hinauf zum Kloster. Ihr Kind hatte Es waren die dichten Rauchschwaden, die sie
jungen Frau hier zu meinen Füßen!“, betete sie immer noch verzweifelt an ihre Brust ge- umhüllten und seine Augen mit Tränen füll-
er innerlich aus ganzem Herzen, nach außen presst. Er sah das verzerrte, reglose Gesicht ten ...
hin breitete er seine Arme aus, sah den bei- des Säuglings. Er war schon in den Flammen (vr)
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Schlacht am Rodasch endet tragisch!
Thorwalsches Aufgebot in Albernia erleidet schwere Verluste!
„So höret, Volk der Hjaldinger. Kommet Heer der Verlierer auf die Sieger zumar- Innenrand der Schilde, dazu ertönte aus al-
beisammen und lauschet meinen Worten, schierte. Der Boden bebte, die Luft erzitter- len Kehlen der Thorwaler, und doch wie aus
denn ich habe zu berichten von den Ereig- te, selbst die Blätter der Bäume wurden asch- einem Munde, immer wieder der gleiche
nissen die im Land von Hetfrau Invher pas- fahl, als am Rande der Ebene Nordmarken- Ruf: Swaf-nir! Swaf-nir! Swaf-nir! Noch ein
sierten, der so viele unserer Landsleute zu Rekker sich formierten. Es war kein Ende Kommando. Der Rhythmus wurde schnel-
Hilfe eilten. abzusehen – soweit das Auge reichte, dicht ler und mit ihm die Schrittfolge. Obwohl
Doch seiet gefasst auf eine traurige Mär. an dicht gedrängt, stand ein Nordmärker- noch knapp eine Meile zwischen den Herfer-
Wie ihr wohl schon wisset, brachen mehr Feind neben dem nächsten. Von dem Ort dern und den Nordmarken-Gegnern began-
denn fünf mal hundert unserer Landsleute Draustein kam ein weiteres Heer in den cru- nen die Feinde zu zögern. Hier und da lok-
auf um dem Hilferuf der albernischen Het- moldschen Farben. So stand nun auch noch kerte sich ihre Formation etwas auf. Hah!
frau zu folgen. Mehr denn fünf mal hundert Bruder gegen Bruder. Die feigen Hunde gaben Fersengeld! Das
Tapfere die nicht zulassen wollten, dass un- Die Feinde entsandten Boten zum Lager nächste Kommando und die Herferder ver-
sere Freundin und die Menschen in ihrem Invhers und zu unser aller Überraschung hielten in ihrem Tun. Doch unmittelbar nach-
Land der Finsternis die von einem angeb- hieß es schließlich, dass es keine Schlacht dem sie zum Stillstand kamen, rissen alle
lich befreundeten Lande ausging, zum Op- geben sollte und stattdessen Hetfrau Invher Thorwaler ihre Waffen und Schilde empor
fer fallen. Mehr denn fünf mal hundert wak- im heldenhaften Zweikampf gegen den und brüllten so laut sie nur konnten SWAF-
kere Herferder die zuversichtlich und mit ei- hranngar-schen Anführer der Nordmärker NIR! – und stürmten plötzlich los. Und wei-
nem Lächeln nach Havena segelten. Freu- streiten würde. Im Gegensatz zu uns’ren ter lichteten sich die Reihen der vorrücken-
dig wurden sie begrüßt, denn die Albernier Albernischen Freunden trauten wir der Sa- den Nordmärker – wer könnte es ihnen ver-
wussten um die bestehende Freundschaft. che nicht – zu recht wie sich zeigen sollte! denken. Mehr als vier mal hundert wütende
Aber wo sollten die mehr denn fünf mal hun- Es war still auf dem Schlachtfeld am Tage und brüllende Thorwaler rannten auf sie zu
dert hin? In Havena selbst war kaum Platz des Zweikampfs. Selbst die Vögel vergaßen und jeder Nordmärker wusste, dass er von
für diese große Schar und so überließ Het- ihre Lieder zu singen und der Wind erlahm- ihnen in der Luft zerrissen würde, sobald sie
frau Invher ein Stück Land am Orbansee. te zu einem lauen Lüftchen, welches dann aufeinander stießen.
Mehr denn zehn mal hundert Hände fällten auch noch erstarb. Die Stille hielt an, nie- Nun endlich kam auch Bewegung in die
Bäume, bearbeiteten das mitgebrachte Holz, mand wagte sie zu zerstören. Die beiden Albernier, denn auch sie stürmten nun dem
huben Gräben aus und erschufen so binnen Streiter, Hetfrau Invher und der Hetmann des Feind entgegen, nicht minder entschlossen
weniger Tage eine Herborg. Nun bildete sich Feindes, ritten aufeinander zu. Auf ein Zei- als wir Thorwaler – kein Wunder stammen
rasch eine Schar die für Wohl und Leben von chen hin hob jeder Thorwaler seinen Schild sie doch von uns ab. Die Nordmärker konn-
Invherhetfrau verantworteten und den Na- in Brusthöhe empor und schlug mit der Klin- ten einem trotz des schändlichen Verrats jetzt
men Invherskari trugen. ge seiner Waffe gegen den Schildbuckel. Im- schon Leid tun. Der Nordmarkengeneral
Nun mochte der Feind kommen, doch mer und immer wieder. Und vor allem: re- hieb wild mit seiner Peitsche um sich und
stellte es sich heraus, dass er zu feige war. gelmäßig. Das Gedröhne zu Ehren der trieb seine Rekkers an.
So zogen die Herferder und Albernier ihm Kämpfer hallte weit über die Ebene. Unru- Als deren Riddari auf uns zukam lock-
entgegen um ihm zu zeigen was Mut ist und he kam unter den hasenfüßigen Feinden auf, ten die Albernier sie von uns fort und war-
was Feigheit. einige schrieen gar erschrocken auf! fen ihrerseits sich in die Schlacht. Wir wand-
Doch ach – die Schlacht am Rodasch- Mit einem Mal hielt ihr hranngarscher ten somit die gleiche Taktik an, die bei der
Ufer wogte hin und her. Zuerst war ein gro- Hetmann an und brüllte unverständliches Schlacht zuvor so erfolgreich war. Und An-
ßer Sieg über das Hranngar-Kind Isora zu Zeugs zu Invher - und schließlich zu seinen fangs schien uns trotz der Niedertracht des
vermelden und dieses friedlose Weib wand Rekkern, die darauf begannen, auf uns Feindes auch der gleiche Erfolg beschieden
sich zur Flucht. Da kam eine große Freude zuzumarschieren! Verrat! Auf ein Zeichen zu sein. Die nordmärker Lanzenreiter ließen
auf, denn ganze Bäche vom Blut der Feinde Faenwulf Walkirssons hin rückten die sich in einen Kampf mit den Alberniern ver-
tränkten die Schlachtwiese unterhalb der Herferder, die Schwert und Schild trugen, wickeln, während nur leichte Reiterei, zu-
Burg Crumold, und kaum ein Tropfen thor- zusammen und bildeten eine Skjaldborg. Die meist nur mit Schwertern bewaffnet weiter
walsches oder albernisches Blut troff auf den Speerträger standen in zweiter Reihe hinter auf uns zugestürmt kam. Wie zuvor abge-
Boden. Doch mitten in die Freudenfeier er- ihnen; die Bogskari formierten sich in drit- sprochen übernahmen nun Hetjas das Kom-
tönte ein Hornsignal und mit ihm traf die ter Reihe. Ein neues stilles Kommando, die mando über einzelne Teile der Herferder.
Nachricht ein, dass ein viel gewaltigeres Griffe der Schwerter schlugen nun gegen den Auf Hedja Tsafried und seine Rekker
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stürmten die Nordmärker gerade zu, als er waren die Pfeile verschossen und es zeigte und warfen sich in die Reihen des Gegners.
im letzten Moment befahl, eine Skjaldborg sich, dass Speerträger für einen vernünfti- Da wollte keiner zurückstehen, und auch die
zu bilden. In Windeseile überlappten sich die gen Skjaldborg unerlässlich sind. Die Schüt- anderen Rekker taten es ihnen gleich. Die
Rundschilde, die Rekkers suchten mit dem zen waren außer mit ihren Bögen nur mit Skjaldborg gab es nicht mehr, dafür ein
rechten Fuß einen festeren Stand, bei leicht Hjalsmessern bewaffnet, mit denen sie nun wüstes Hauen und Stechen. Hedja Lialin
angewinkeltem Knie. Da prallten auch schon die Ränder der Skjaldborg verstärkten. Auf Hjoresdottir traute ihren Augen nicht und
die ersten – zuvor noch höhnisch lachenden der gesamten Länge der Schildreihe war es wollte nicht glauben, was sie da sah, doch
– Nordmärker gegen den Skjaldborg. Das schon zu einem wüsten Kampf gekommen, wollte und konnte sie natürlich nicht einfach
Lachen der Nordmärker erstarb. Hatten sie doch war der Gegner nicht mehr auf Abstand nur tatenlos beiseite stehen und so warf sie
damit gerechnet einfach durch die Skjald- zu halten. So fiel irgendwann auch der erste sich ebenfalls in den Kampf Rekker gegen
borg hindurchzupreschen, so sahen sie sich Thorwaler unter den Streichen eines nord- Rekker.
jetzt schwer enttäuscht. Die Skjaldborg hielt! märker Mietlings – und mit ihm die gesam- Nun hatte nur noch eine Skjaldborg Be-
Zwar gab sie an ein paar Stellen sanft nach, te Skjaldborg. stand, doch auch ihr Schicksal
aber sie brach nicht! Irritiert kam der An- war besiegelt. Ein Teil der nord-
griff der feindlichen Riddari zum Stillstand märkischen Lanzenreiter die in
und die Reiter behinderten sich gegensei- Kämpfe mit den Alberniern verwickelt wa-
tig. Das war der Moment auf den Hedja Tsa- ren, lösten sich von ihnen und preschten auf
fried gewartet hatte. Er rief ein Kommando die Skjaldborg zu – ohne Rücksicht auf die
und die Skjaldborg löste sich auf – Dutzen- eigenen Mannen die sie einfach nieder rit-
de wütende Thorwaler fielen axt- und ten. Die Thorwaler Rekker unter Hedja
schwertschwingend über die nun unge- Frenjar Torstorsson kamen nicht mehr
fährlich gewordene Abteilung der dazu rechtzeitig zu reagieren, sie wur-
Riddari her. den überrannt. Wer nicht unter die an-
Die Pferde wurden zu Fall gebracht geschärften Hufe der nordmärker Pfer-
– manch einer freute sich schon auf de geriet und auch den Lanzen auswei-
ein saftiges Stück gebratenes Pferde- chen konnte, musste sich einer Über-
fleisch – und die Klingen der Schwer- macht nordmärker Fotskari stellen, eine
ter und Blätter der Äxte gruben sich Übermacht, derer sich niemand mehr er-
tief in die Leiber der entsetzt schau- wehren konnte.
enden Nordmärker. Nicht einer entkam Ich wand den Blick ab um des Grauens
dem Massaker. nicht ansichtig werden zu müssen, das da
Die hinter der nordmärkischen Riddari Wie jedes Kind bei uns weiß, ist im Getüm- über unsere tapferen Rekker kam. So fiel
auf uns Thorwaler zu stürmenden Fotskari mel der Schlacht eine Skjaldborg nicht zu mein Blick auf den Waldesrand, an dem ein
war auch nicht mehr Erfolg beschieden. Die halten oder wieder zu bilden, sobald sie ein- Mädchen, vom Alter her an der Schwelle zur
Hedjas Frenjar Torstorsson und Lialin mal durchbrochen ist. So befahl Hedja Frau, und seine zwei Geschwister, ein Mäd-
Hjoresdottir befahlen ebenfalls Skjaldborgs ‚Korsbörn’ das einzig richtige – die Auflö- chen von höchstens fünf Jahren und ein noch
zu bilden. Wieder überlappten Schilde, in sung der Skjaldborg. Mit einem Aufschrei kleinerer Junge, standen. Doch im selben
die Kerben der sich überlappenden Rund- warfen sich die Thorwaler nach vorne in die Moment nahm ich gewahr, wie eine Gruppe
schilde legten sich die Klingen der Schwer- Menge und es kam zu etlichen Einzel- nordmärker Söldlinge dieses leichte Opfer
ter. In zweiter Reihe formierten sich die kämpfen. In dem Getümmel war nicht mehr ebenfalls erspäht hatte. Sie wollten sie wohl
Speerträger, die ihre Waffen ebenfalls über auszumachen welche Klinge, welchen Leib entführen oder gar noch schlimmeres mit ih-
den Schildrand ragen ließen, so dass ein durchbohrte. nen anstellen. Da, plötzlich, warf sich ih-
stachliger Wall entstand. Das verzweifelte Doch auch die Skjaldborg von Hedja nen ein unförmiger Schatten entgegen. Mit
Hauen und Stechen des Gegners traf zumeist Lialin Hjoresdottir hielt nicht lange stand. riesigen Pranken brach er dem einen Nord-
nur die Schilde, während thorwalsche Klin- Aber nicht der Gegner war es, der es schaff- märker das Genick, ein anderer schaute ver-
gen und Speerspitzen immer wieder ihre ge- te, die Reihen der Thorwaler zu durchbre- wundert auf die Axt die in seinem Leib stak,
rechten Opfer fanden. chen, nein, die Thorwaler selbst waren es, ehe seine Augen brachen, dem dritten fuhr
Auch Hedja ‚Korsbörn’ (mehr als ihr die ihre Formation – ohne Grund – aufga- eine Schwertklinge zur Gänze durch den
Beiname war uns nicht bekannt) hatte eine ben. Die Rekker von Hedja Lialin waren ein Leib. Dies alles geschah ehe die drei übri-
Skjaldborg bilden lassen, als Nordmärker auf zusammengewürfelter Haufen aus verschie- gen Nordmärker überhaupt begriffen, dass
sie zukamen. Doch anstelle von Speerträgern denen Ottajaskos und Sippen, aus denen sie angegriffen wurden. In einem nur Sekun-
hatte sie die Bogskari unter ihrem Komman- wohl jeder zeigen wollte, dass er im Kamp- den dauernden Kampf wurden auch sie nie-
do. Die Pfeile hielten blutige Ernte, noch ehe fe besser war, als sein Nachbar. dergemacht. Erst jetzt, als Ruhe in das Ge-
die Gegner heran waren, und hielten sie so Obwohl die Formation hielt, stürmten tümmel am Waldrand einkehrte, konnte ich
eine Zeit lang auf Distanz. Doch irgendwann plötzlich aus ihrer Mitte drei Thorwaler vor erkennen, wer dort das Leben der Kinder ret-
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tete. Es war Thorwolf Garheltson, der in schwach geführt und doch hieb er einem und sie vergaß auch nicht die Toten zu eh-
Havena den Beinamen ‚Halboger’ bekom- seiner Feinde noch den Waffenarm ab, doch ren. Doch kam sie nicht nur mit leeren Wor-
men hatte, weil seine unförmigen Pranken, beim zweiten mal, entglitt der Axtgriff sei- ten, sie überbrachte auch ein Dankgeschenk.
seine riesige Gestalt und sein narben- nen blutig-verschmierten Fingern und sein Ein Geschenk das sie Lehen nannte. Invhers-
verziertes Gesicht ihn ganz als ein solcher Arm fiel kraftlos zu Boden. borg sollte von nun an uns, dem thorwal-
aussehen ließ. Er rannte nun auf die Kinder Überall flatterte nun das nordmärkische schen Volke, gehören. Auch die Fisch- und
zu um sie in den Wald in Sicherheit zu brin- Banner im Wind. Wir sind an der Übermacht Nutzrechte am und im Orbansee, der in der
gen, doch da streckte das ältere Mädchen des Feindes gescheitert. Zunge der Albernier Lough Orbain heißt,
seinen Arm empor und deutete auf eine Stel- Faenwulf Walkirsson schaffte es die ver- fielen uns zu. Dafür sollen wir ihr auch für-
le hinter ihm. Er wirbelte herum und auch einzelten Thorwaler zu einen, doch waren derhin im Kampfe beistehen. Ein kleiner
ich riss meinen Kopf in diese Richtung. wir nun zu wenige um an der Schlacht noch Preis wie ich finde, wären wir doch ohne-
Mehr als ein Dutzend Nordmärker, zum Teil teilzunehmen. Es blieb nicht mehr als die hin immer wieder an die Seite unseres Freun-
beritten, stürmten auf ihn zu, um dem Mon- bloße Verteidigung des Lebens; wir waren des Albernia geeilt, wenn er bedroht wird.
strum den Garaus zu machen, das sechs der keine Hilfe mehr für die Albernier. Unter denjenigen die in den nächsten
ihren einfach so im Vorbeigehen gleich, er- Einzig die Premer Seesöldner, die sich Tagen und Wochen noch eintrafen waren
schlagen hatte. Und wahrhaftig – er fiel un- die ganze Schlacht über an anderer Stelle auch drei Kinder, die auf ihrem Karren den
ter den mannigfachen Streichen und Hieben Kämpfe mit den Nordmärkern lie- Leichnam ihres Lebensretters brachten. Vor
der nordmärker Klingen, riss jedoch noch ferten, waren in ihrer seinem Tod hat er ihnen noch zugeraunt, dass
vier der ihren mit in den Tod. Zahl zwar auch ge- sie nach Hjalland gehen sollen, dort
Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder schrumpft, nicht je- würden sie in Ruhe aufwachsen kön-
öffnete glaubte ich an ein Wunder. Thorwolf doch so dramatisch nen. Die Kinder wussten
schleppte sich mühsam zu den Kindern, die wie wir übrigen Thor- nicht genau, ob sie
noch immer vor Schrecken starr, am Wald- waler, und so konnten wirklich in ein ihnen
rand standen. Mit Worten, die ihm nur sie noch tatkräftig mit- fremdes Land zie-
schwer über die Lippen gingen, scheuchte mischen. hen wollten. Sicher
er sie in den Wald und als es ihm nicht Wer wis- waren sie sich aber
schnell genug ging, ergriff er sich gar den sen will, wie darin, den Leichnam
Jungen und schleppte ihn mit drei torkeln- die Albernier sich zu seiner Sippe zu-
den Schritten tiefer in das Dickicht hinein. schlugen mag einen rückbringen zu wol-
Dort brach er aber zusammen und hauchte dortigen Barden len, sie fühlten sich
sein Leben aus. fragen oder aber ihm dessen schuldig.
So dramatisch die Schlacht für uns nun sich aus deren Mit dem nächsten
auch verlief, so muss ich doch noch von ei- Gazette vorle- Schiff brachten wir
ner weiteren Heldentat berichten. sen lassen. sie nach Havena und
Der Frontverlauf zwischen Alberniern Für mich bleibt zu berichten: Mehr als von dort nahm ich sie mit in unser Land. In
und Nordmärkern hatte sich zu Gunsten der fünf mal hundert Thorwaler kamen nach Havena aber glaubte ich meinen Augen nicht
Nordmärker verschoben, wodurch einige Albernier um ihren Freunden beizustehen, zu trauen: Dutzende von Kindern und Fa-
Albernier, die den Anschluss verpasst hat- mehr als vier mal hundert zogen in die milien, die er teilweise schon vor dieser
ten, nun auf nordmärkischen Schlachtgebiet Schlacht – nicht einmal ein halbes Hundert Reise kennen gelernt haben muss, nahmen
um ihr Leben kämpften. kehrte unter Führung von Faenwulf Walkirs- vom dem hässlichen Mann endgültig Ab-
Dies sah auch Hägar Horribsson und er- son nach Invhersborg zurück. Von den schied. Und seitdem ist in ihren Geschich-
kannte in einigen der verzweifelten Alber- Hedjas sah nur Frenjar Torstorsson die Wälle ten nicht mehr die Rede von Thorwolf
nier Freunde von ihm, die er auf einer sei- Invhersborg wieder, doch ist er so schwer ‘Ogerschreck’, sondern von Thorwolf ‘Kin-
ner frühren Alberniafahrten kennen gelernt verletzt worden, dass es fraglich scheint ob derlieb’ Garheltsson.
hatte. Seinen Schlachtruf brüllend stürzte er er jemals lebend in seine Heimat, Lassir, zu- Erst gestern gingen die Kinder mit dem
sich inmitten der Feinde und hieb seinen rückkehren wird. Leichnam in Ljasdahl von Bord. Ob sie blei-
Freunden einen Fluchtweg frei. Gemeinsam In den nächsten Tagen und Wochen fan- ben werden? Wer weiß.
versuchten sie nun auf die albernische Seite den immer mehr bei der Schlacht verspreng- Mein Bericht ist nun zu Ende.
zu kommen, doch nur einem von ihnen ge- te Thorwaler den Weg nach Invhersborg. Ins- Gehet auseinander und berichtet von dem
lang dies. Hägar selbst fiel unter den wü- gesamt an Zahl aber nicht mehr als gut drei Gehörten, von der Schlacht am Rodasch und
sten Streichen der Nordmärker die nicht auf- Dutzend. der darauffolgenden Niederlage, von dem
hörten auf ihn einzuschlagen, selbst als er So ist mein Bericht nun fast am Ende. Geschenk von Invher-Hetfrau und dem hel-
bereits am Boden lag. Zweimal noch sah ich Nur zweierlei gibt es noch zu sagen. denhaften Tod so vieler Rekker.“
wie seine Axt sich aus dem Getümmel er- Hetfrau Invher kam nach Invhersborg und
hob. Beim ersten mal schon nur noch dankte den Überlebenden für ihren Einsatz Joern Angrima-Ketilson, Skalde (jak)
49
Die folgenden drei Berichte künden wieder von Jurgas Herferd in das eisige Reich des
Alten vom Berge, das so sehr von der Eishexe Glorana und ihren Schergen bedroht wird.
Doch nicht nur der Feind im Eise war das Ziel ...
50
ren, dass sie uns ihre Zauber entgegenwerfen te, und rief mit fester Stimme knappe Kom- ren Koggen unserer Feinde.
konnten. Die Angrawurm der Kendrarer ging mandos über das Deck, die die aufkommen- So wurden wir durch den Verrat der
in Flammen auf, ihre Besatzung musste das de Panik unter den Blitzspöttern im Keim Thorfinn-Sippe zurückgeschlagen und haben
Schiff aufgeben und von Bord springen. erstickten. In einer engen Wende, die unse- viele gute Rekker und zwei Schiffe verlo-
Kurz darauf gelang es den Söldlingen der re Ørnsvinge an die Grenzen ihrer Belast- ren. Doch weh euch, ihr Brudermörder in
Pfeffersäcke, die Otta der Guddir-Sippe zu barkeit brachte, lenkte der Sohn Asgrimas Riva, Valadur hat bereits angekündigt, dass,
entern, und obwohl diese wacker kämpften, den Bug in die Richtung, aus der wir ka- wenn er zum neuen Hetmann der Blitz-
standen sie doch auf verlorenem Posten, da men, rasch zogen wir noch all unsere un- spötter gewählt wird, unsere Ottajasko in
der Feind zahlenmäßig weit überlegen war. glücklichen Kameraden, die ihre Schiffe Blutfehde mit euch treten wird, und auch die
Wir haben es nur dem Geschick Valadurs verloren hatten und nun in der Nähe unsere anderen beteiligten Ottas werden es euch
als Skiphetja zu verdanken, dass wir diesem Skeidh im Wasser trieben, an Bord, und nah- noch vergelten, was ihr uns antatet. Jede
Hexenkessel vor dem Hafen von Riva ent- men dann schnell wieder Fahrt auf. Zwar Fahrt entlang der thorwaler Küste soll zum
kamen. Der sonst noch oft unsicher wirken- hatte die Ørnsvinge auch sichtbar unter dem Rennen um Leben und Tod für euch wer-
de junge Skiphetja stand aufrecht im Bug, Beschuss gelitten, doch trotz allem war sie den, das wohl, bei Swafnir!“
genau wie seine Mutter es immer getan hat- noch immer deutlich schneller als die schwe- (am)
Helgi’s Versagen
OLPORT/ NORDTHORWAL. Die überlebenden Es ist ein schwerer Schlag für die Otta- seine Leute vor Riva in den sicheren Unter-
Rekker der missglückten Herferd auf Riva jasko, die vor wenigen Jahren beim nostri- gang führte.
sind in heimatliche Gefilde zurückgekehrt! schen Angriff auf Kendrar fast ihr ganzes In Kendrar fürchtet man jetzt um die
Während die Wellenreiter-Ottajasko schon Hab und Gut und alle drei Schiffe verloren Gesundheit des fast siebzig Winter zählen-
weiter oben im Norda ihren schwer beschä- hatte und erst ein Jahr nach der Rückerobe- den Hetmanns Eldgrimm, der in seinem
digten Drakkar bei Vir- ruhmreichen Leben immer
port an den heimatlichen wieder auch schwere
Strand ziehen konnten, Schicksalsschläge hinneh-
steht den wenigen Über- men musste. Wenigstens
lebenden der Eldgrimm- findet er in Gundrid Eld-
Ottajasko, welche bei hillasdottir, der Schwester
dem Angriff auf Riva ih- Helgis, eine hilfreiche
ren Drakkar Angrawurm Stütze und diese wird auch
verloren, noch ein weiter als bisher aussichtsreichste
schmachvoller Heimweg Nachfolgerin um die
bis hinunter nach Kendrar Hetschaft gehandelt.
bevor. Trotz der deutlichen
Wiewohl sich verneh- Einschränkung der Ver-
men ließ, dass der Anfüh- teidigungsfähigkeit
rer der Kendrarer Rekker, Kendrars wird die
Helgi Eldhildasson – ein Gefahr als gering er-
Schwestersohn Eld- achtet, dass die Stadt am
grimms, des Weisen – den Angra eine erneute Beute
Angriff überlebt haben der Nostrier wird. Zum ei-
soll, fand man ihn doch nen vertraut man auf die
nicht bei seinen Leuten, fast freundschaftlichen Ver-
die ihm offensichtlich hältnisse zu Salzas Grafen
auch das letzte Vertrauen rung ihren ersten neuen Drakkar mit dem Albio III., zum anderen sind in den Ingvaller
entzogen und als Herferd- Schiffssegen vom Stapel laufen lassen konn- Marschen hinreichend große Einheiten der
hetja abgewählt haben sollen. Genaueres te. Schon der Tod des erfahrenen und be- Hjalskari vertreten, insbesondere der Riddari,
Nachfragen wird höchstens mit einem Knur- liebten Skiphetjas Thorleif Asgarson beim sodass auf mögliche Übergriffe jederzeit
ren, wenn nicht sogar mit Fausthieben be- Kampf in der Firunsstraße geht offensicht- schnell und hart reagiert werden kann.
antwortet. So kann um den Verbleib Helgis lich auf das Unvermögen Helgis zurück, der
zurzeit nur gemutmaßt werden. – nun bar seines besonnenen Ratgebers – (vr)
51
Angst und Schrecken im Steineichenwald
ROVAMUND. Seit kurzer Zeit geschehen los und auch die Skalden können über stark behaarte silberne Raupen die Bäu-
merkwürdige Dinge im Steineichenwald nichts vergleichbares berichten. me hatte hochziehen sehen, eine nach der
um Rovamund, berichtet Aivar Aivarson. Aki Siebenfinger, einer der erfahren- anderen. Schließlich seien es ihrer so viele
Köhler, die sich vor wenigen Wochen in sten Holzfäller Rovamunds, erzählte, dass gewesen, dass die Raupen sich wie auf
die Tiefe des Waldes aufgemacht hatten zuerst spielende Kinder über verquollene breiten Straßen die Bäume hinaufbewegt
um den Sommer über Holzkohle zu bren- Augen und Juckreiz klagten, später die hätten. Der Jägerin, die mit trockener,
nen, kommen derzeit geflohen, über und Holzfäller, die weiter entfernt arbeiteten heraushängender Zunge und eingefalle-
über mit Pusteln übersät. Holzfäller- und schließlich keiner auf dem Hof noch nen Wangen aufgefunden worden war,
familien, die sich sonst nur selten sehen arbeitsfähig war. „Swafnir sei Dank, dass bezahlte ihren Mut tags darauf mit dem
lassen, treffen mit Sack und Pack in Pei- wir es noch rechtzeitig rausgeschafft ha- Leben.
linen und Rovamund ein. Sie bieten ei- ben!“, meinte er noch, bevor er wieder auf Vermutlich ist es dieses seltsame Ge-
nen erbärmlichen Anblick, ausgehungert, sein Krankenlager zurücksank. tier, das dem Ort Rovamund übel mit-
blass, die Kinder verdreckt und alle kla- Andere gaben an, dass viele Eichen in spielt. Über andere mögliche Ursachen,
gen sie über Juckreiz und Schlaflosigkeit. den besonders verseuchten Gebieten kei- vielleicht sogar Magie, ist noch nichts
Jäger finden keine Tiere mehr und Pilz- ne Blätter trugen. Eine Jägerin, die sich bekannt.
sammler trauen sich kaum noch aus dem tief in jene Bereiche des Waldes hinein-
Ort. Die Heilkundigen des Ortes sind rat- gewagt hatte, gab davon kund, wie sie Aivar Aivarson (jre)
52
Zu Besuch bei den Fjarningern
Ein Kurzszenario von Steven Hepp und Malte Berndt
Vorwort
Das vorliegende Szenario beschreibt einen Teil der Herferd gegen Gefangener aus den Klauen der Eisbarbaren gerettet werden.
Glorania im Jahre 2654 nJL (1027 BF) - siehe dazu „Auf dünnem
Eis“ von Patrick Fritz (AB 112) und „Auf gen Norda“ im BELEMAN 4. Die Schwierigkeit der Kämpfe und der anfallenden Proben sollte
Unter Führung von Jurga Trondesdottir stoßen die Herferder gen Norda der Meister wie üblich immer von der Stärke und Zusammensetzung
vor. Das Hauptziel ist es, eine Theriak-Förderstelle Gloranias anzu- der Gruppe abhängig machen.
greifen und unschädlich zu machen. Während der Hauptteil der Streit-
macht dieses Ziel verfolgt, bietet sich in diesem Szenario ein alterna- Als Literatur empfehlenswert ist „Unter dem Westwind“ und „Firuns
tives Angriffsziel: eine geheimnisvolle Höhle, die augenscheinlich ei- Atem“.
nen Außenposten der Förderstelle darstellt und in direkter Nachbar-
schaft dazu eine Siedlung von scheinbar mit Glorania verbündeten Kurz zusammengefasst verläuft das Abenteuer so: Die Thorwaler
Fjarningern. landen an, teilen sich in verschiedene Gruppen auf und erkunden das
Land. Die Gruppe der Helden entdeckt den Höhlenkomplex, muss
Die Helden sind idealerweise bereits Teilnehmer der Herferd. Das sich sogar aufgrund eines von den Gloraniern herbeigerufenen Stur-
schränkt die Wahl der Charaktere etwas ein. Ideal sind Helden mit mes innerhalb der Höhlen verstecken. Die Höhlen dienen als Grab-
thorwalscher Herkunft. Kriegerische Professionen sind besonders ge- stätten eines in der Nähe lebenden Fjarningerstammes und existieren
eignet, aber jede Herferd benötigt auch Heilkundige, Handwerker für schon seit vielen Jahrhunderten. Die Gloranier stehlen gefrorene Fjar-
beschädigte Schiffe und naturverbundene, insbesondere eiserfahrene ninger-Leichen und setzen sie für ihre Zwecke an der Theriak-Förderst-
Kundschafter. Es ist von Vorteil, einen oder mehrere Zauberkundige elle ein. Die Helden bekommen Wind vom nächsten Besuch der Glo-
in der Gruppe zu haben (Abschnitt 3), wenn dies nicht der Fall ist, ranier und beschließen, diesen mit einem Überraschungsangriff das
steht dem Meister bei Bedarf ein magiebegabter NSC (Liskolf Handwerk zu legen. Der Feind ist zunächst zu stark, dann greifen auch
Kjaskarson, Zauberer der Runajasko; siehe Anhang a) zur Verfügung. noch die Fjarninger in den Kampf ein. Die dramatische Kampfeswende
Die Beschreibung des Szenarios geht davon aus, dass die Helden stellt sich erst mit der Enthüllung der Ladung eines der Schlitten ein:
als Teilnehmer der Herferd gegen Glorania im Norda unterwegs sind, Einer Fjarningerleiche. Jetzt wendet sich das Blatt und Thorwaler wie
aber das Szenario ist auch ohne die Teilnahme an der Herferd spielbar. Fjarninger kämpfen nach und nach mehr oder weniger gemeinsam
In diesem Fall bedarf es jedoch schon jedoch eines guten Grundes für gegen die Gloranier. Diese können fliehen, werden aber bald einge-
eine Fahrt in den Norda. Denkbar wäre hier z.B. eine angedachte Straf- holt und durch die „Verbündeten“ schließlich besiegt. Danach stehen
expedition gegen die Fjarninger. Vielleicht soll auch ein wertvoller sich die alten Feinde Thorwaler und Fjarninger gegenüber ...
Die Ausgangssituation
Das Abenteuer beginnt in einer thorwalschen Hafenstadt, beispiels- tion im Fjarningerdorf machen, dann zu den Höhlen ziehen, um schließ-
weise in Thorwal oder Olport (siehe auch BELEMAN 4). Die Helden lich beladen wieder zu den Eisnadeln zurückzukehren ...
sind von Jurgas Idee, gegen Gloranien zu ziehen, begeistert und betei-
ligen sich an der Herferd (Einstieg). Angeheuert und an Bord eines Aventurische Überlegungen
der Schiffe geht die Fahrt mehrere Tage an einsamen Küsten vorbei, Folgende Fragen sollten sich der Gruppe und den Herferdern, die
nachdem man Olport verlassen hat. Endlich stößt die Herferd nörd- zum Höhlenkomplex aufbrechen (siehe Anhang a), stellen (Helfen Sie
lich der Nebelzinnen auf die Sta. Efferdane. Gemeinsam mit dem Mei- notfalls mit einem NSC nach):
ster der Brandung, Bruder Goswyn, berät man an Bord des Schiffes * Welche „Ladung“ tragen die Schlitten auf den Rückfahrten aus
über das Vorgehen gegen die Gloranier und deren Theriak-Förderst- den nordwestlichen Gebirgsausläufern?
elle, das Hauptziel der Herferd (im Küstenbereich der Grimmfrost- * Wo findet die „Ladungsaufnahme“ statt: Im Fjarningerdorf oder
öde). Während der Beratungen mit dem Meister der Brandung, bringt in den Höhlen?
dieser zum Ausdruck, dass Glorana drei Außenposten bzw. „Stütz- * Welchen Nutzen haben diese Fahrten für den Feind, welcher Sinn
punkte“ rund um die Förderstelle, errichten ließ. Diese dienen höchst- steckt dahinter?
wahrscheinlich der Unterstützung der Eisnadel-Förderstelle. * Was haben die Fjarninger überhaupt mit dieser Angelegenheit zu
Einer dieser Außenposten soll eine Höhle sein, in der Nähe eines tun: Warum unterstützen sie (augenscheinlich) Glorana und ihre
Fjarningerdorfes gelegen. Bruder Goswyn und seinen Spähern zufol- Schergen?
ge werden in regelmäßigen Abständen immer wieder von Söldnern * Was hat es mit den Höhlen auf sich: Haben sie etwas mit dem
gut bewachte Schlitten zum Höhlenkomplex am Fuß der nordwestli- Fjarningerdorf zu tun? Sind sie möglicherweise der Hort eines
chen Gebirgsausläufer der Grimmfrostöde gebracht, die zunächst Sta- Frostwurms (gewesen) usf.?
Irdisches zu Thorwal 53
Hier bietet sich eine Möglichkeit für wilde Spekulationen hinsicht- * Auskundschaftung der Höhle und des Dorfes, wenn möglich auch:
lich des Frostwurms und der Fjarninger ... Abergläubische Charakte- a) des Verhältnisses: „Fjarninger – Eisschergen Gloranas“
re, insbesondere Thorwaler, können sich mit allerlei Theorien über b) der „Beladung“ der Schlitten
ein Bündnis zwischen Gloraniern, Fjarningern und einem Forstwurm c) der potentiellen Gefahr(en)
austoben. Als Meister sei ihnen hier verraten, dass es diesen Frost- (z.B.: Gefahren des Eises, wie Gletscherspalten, Schnee-
wurm nicht (mehr) gibt (siehe Anhang b). Lassen Sie die Spieler den- wächten und Lawinen; Gefahren durch den Fjarningerstamm,
noch ggf. darüber diskutieren. siehe Anhang b) u.a.)
* Gezieltes Vorgehen gegen die Gloranier, nachdem versucht wor-
Dementsprechend müssen die Planungen sich also zunächst auf den ist, Schwachstellen beim Gegner zur Verbesserung der eige-
folgende Ziele konzentrieren: nen Position auszuloten.
* Kein direktes Vorgehen gegen Fjarninger (Vermeidung einer offe-
* Das Ausmachen der Lage des Dorfes und der Höhle (Höhle und nen Konfrontation mit den Eisbarbaren da eine Auseinanderset-
Dorf sind knapp einen halben Tagesmarsch von der Küste entfernt; zung mit den Fjarningern zu riskant wäre; evtl. sind zu diesem
die Entfernung „Höhle – Dorf“ selbst beträgt etwa 3 Meilen). Zeitpunkt auch schon die wahren Frevler im Eis ausgemacht).
Handlungsverlauf
1. Auf Erkundungsgang im Eisreich erforschen werden. Dabei ist der Ablauf wie folgt:
I. Zunächst ist noch unbekannt, dass es sich bei den Höhlen, I. Ein urplötzlich hereinbrechender Schneesturm zwingt die
dem Hauptschauplatz, um eine Grabstätte der Fjarninger handelt. Diese Gruppe während ihrer Erkundungen zur Flucht in den nahe gelegenen
Tatsache müssen die Helden erst in Erfahrung bringen. Langsames Höhlenkomplex. Erst mit der nach einer ganzen Weile folgenden Ent-
Vortasten nach dem Anlanden an der Küste in Richtung der Höhle und deckung der gloranischen Feinde (siehe dazu Abschnitt 3) bemerkt
des in der Nähe liegenden Fjarningerdorfes ist die sicherste Option. man, dass es sich um die gesuchten Höhlen handelt.
Ein weniger heimliches Vorgehen riefe die Fjarninger auf den Plan.
Eine vorzeitige Auseinandersetzung sollte im Sinne der Gruppe lieber Der Sturm:
vermieden werden. Sollte es dennoch dazu kommen, ist es dem Mei- Im Freien drohen aufgrund der sich mit dem Sturm bald einstellen-
ster überlassen, die Helden ihr „mangelndes Feingefühl“ nachträglich den, äußerst niedrigen Temperaturen von etwa –50 °C bis –75°C
spüren zu lassen ... Übertreiben sie es aber nicht, ihrer Gruppe steht (Firunskälte bis Grimmfrost) sehr schnell Erfrierungen. Die Sicht wird
noch einiges bevor. In einigem Abstand, evtl. auch direkt an der durch die dichte Wand aus Schneeflocken und kleinen, teilweise scharf-
Landungsstelle der Thorwaler, wird eine Art provisorisches Lager (ähn- kantigen und auf unbedeckter Haut stechenden Eisklümpchen stark
lich der Ottashjolm) errichtet. beeinträchtigt.
Lassen Sie ihre Spieler alle 2 Spielrunden Kälteschaden (2W+/0/
II. Zur schnelleren Erforschung der Gegend ist eine Aufsplittung 1/2 kTP) auswürfeln. In derselben Zeitspanne steigt zudem der BF
der Herferder in zwei oder mehrere Gruppen ratsam. Ein Teil der Her- von Metallwaffen um je 1, von Holzwaffen um je 2. Jedes Mal, wenn
ferder macht sich auf, die Höhle zu suchen. Dabei ist die genaue Lage ein Held mehr als 10 SP durch Kälte erleidet, zieht er sich eine Erfrie-
unbekannt. Der andere Teil der Gruppe nähert sich weiter dem Fjarnin- rung zu, die ihn während des weiteren Vorankommens, möglicher-
gerdorf, um die Stärke des vermeintlichen Feindes in Erfahrung zu weise auch dauerhaft, behindert (Abzüge auf Bewegungstempo, GE,
bringen. Sie können die Helden auch auf die Spuren der Eisschergen FF, CH, ggf. auch bestimmte Talente). Die genauen Konsequenzen
stoßen lassen. Während der Erkundungen sollten die Gefahren eines einer Erfrierung überlassen wir Ihrer meisterlichen Kompetenz, wo-
Aufenthaltes im ewigen Eis deutlich werden. Anregungen hierfür bie- bei zur Orientierung die Erfrierungen-Tabelle in FIRUNS ATEM (S. 91)
tet die Spielhilfe FIRUNS ATEM; unbedingt sind die Kälteregeln anzu- dienen kann. Diese kann ggf. auch direkt angewandt werden. Beson-
wenden, um die Gefährlichkeit der Eisregion plastisch darzustellen. ders kälteempfindliche Körperstellen sind Hände, Arme, Füße, Beine
Sorgen sie dafür, dass ihre Gruppe mit den Tücken des Eises (z.B. und das Gesicht.
Gletscherspalten) konfrontiert wird und dabei vielleicht auch ein- oder Erschweren Sie beim Vorankommen im Schneesturm deutlich
zweimal in eine brenzlige Situation gerät. Auf keinen Fall sollten die Orientierungs-Proben in Abhängigkeit von der Zunahme des Sturmes
Helden jedoch wirklich ernsthaft zu Schaden kommen. Geben Sie als (1. SR: +5; 2. SR: +7; 3. SR: +10; 4. SR: +12; 5. SR ff.: +15), aber
Meister ihrer Gruppe darüber hinaus ggf. zu verstehen, dass nicht die lassen Sie Ihre Helden die Höhlen rechtzeitig erreichen.
geballte Streitmacht der Thorwaler auf das Dorf zumarschieren sollte.
Die Folge wäre ein harter Kampf, den keiner eindeutig für sich ent- II. Die Gruppe, die das Dorf und die Stärke der Fjarninger aus-
scheiden könnte. Und dann wären da noch die Schergen Gloranas – kundschaften wollte, flieht ebenfalls vor dem herannahenden Sturm.
evtl. Überlebende wären leichte Beute. Und die Toten kann man auch Sie schafft es, bis zum Anfangs errichteten Lager oder sogar bis zur
gleich mitnehmen ... Landungsstelle zu kommen. Falls dies nicht möglich sein soll, bliebe
die Möglichkeit, eine zweite Höhle (unabhängig vom Höhlenkomplex
2. Schneesturm der Fjarninger Grabhöhlen) einzubauen, die von den Helden bei der
Auskundschaftung der näheren Umgebung des Lagers ganz zu An-
Wir gehen im Folgenden davon aus, dass die Helden die Höhlen fang entdeckt worden sein könnte. Diese böte dem zweiten Teil der
54 Irdisches zu Thorwal
Herferder nun die letzte Zuflucht vor dem sicheren Erfrierungstod. stutzig machen und möglicherweise auch auf die gloranischen Eis-
Falls Sie eine dramatischere Lösung und Zuspitzung der Situation schergen und deren Wirken schließen lassen.
auch mit Blick auf die finale Auseinandersetzung zwischen Herferdern Lassen Sie die Helden immer wieder auf leere „Gräber“ stoßen,
– Gloraniern – Fjarningern vorziehen, wird der Großteil der zweiten nur um sie im nächsten Moment durch unheilvolle Geräusche auf den
Gruppe nicht mehr heimkehren. ehemaligen Bewohner aufmerksam zu machen. Achten Sie auf eine
stimmige Horroratmosphäre (z.B. durch Beleuchtung, Musik).
3. Unter das Eis – Die Höhlen der Fjarninger
II. Während des Sturmes dringen die Gloranier in die Höhlen
I. Machen Sie ihren Spielern mit der Darstellung des Schnee- ein: Sie haben den Sturm erzeugt, zwingen damit die Fjarninger in ihr
sturms unmissverständlich klar, dass Helden und Herferder mit jedem Dorf zurück und können sich in aller Ruhe in den Höhlen „bedienen“.
weiteren Augenblick im Freien auf den sicheren Tod zusteuern: Die Durch die vernichtende Gewalt des Sturmes bewegen sich die Gloranier
beißende Kälte raubt selbst dem stärksten und ausdauerndsten Rek- mittels einer dämonisch erzeugten Schutzglobule.
ken die Kräfte, schneidende Eisklümpchen hinterlassen blutige Wun- Innerhalb des Höhlenskomplexes begegnen sich Thorwaler / Hel-
den auf der Haut, nicht richtig festgezurrte Gegenstände werden von den und Gloranier nicht direkt. Die beiden Gruppen hören sich in der
Windgeschwindigkeiten mit über 150 Meilen pro Stunde fortgerissen. Höhle zunächst nur: Die Thorwaler befürchten, dass sich einige
Manch’ ein Herferder hat bereits die Fjarninger vor dem Sturm hierher ge-
Gruppe verloren, wurde von einem flüchtet haben; die Gloranier indes
Windstoß mitgerissen oder irrt orien- vermuten Wachen der Fjarninger.
tierungslos und allein für nur noch Dementsprechend vorsichtig agieren
kurze Augenblicke seines Lebens beide Gruppen, keiner will den ver-
durch den Schnee, der sich mancher- meintlichen Fjarningern begegnen.
orts bereits schritthoch als Neuschnee Ein zauberkundiger Held, nötigenfalls
auftürmt und jedes Leben unter sich ein Runajaski („Liskolf Kjaskarson“)
zu begraben droht. könnte nun auf magische Weise die
Wenn die Spieler wirklich um ihre Situation klären: Z.B. könnte er sich
Helden zu fürchten beginnen, lassen mittels „Visibili Vanitar“ unsichtbar
sie die Umrisse des Eingangs zu den an den Feind heranschleichen. Den-
Höhlen der Fjarninger vor ihnen auf- ken Sie dabei an die Kälte in der Höh-
tauchen. Die Gruppe wird die Höhlen le, die den nackten Zauberer nun mit
nun sicher nicht mehr so bald verlas- voller Gewalt treffen würde. Eine an-
sen. dere, jedoch nicht ganz unauffällige
Variante, wäre das Heranschleichen
Eine kurze Beschreibung der Eis- eines magiebegabten Helden im
höhlen sowie eine Karte des Höhlen- Schutze eines „Dunkelheit“. Falls die
komplexes finden Sie im Anhang c). Helden erfahren genug sind, können
Sie auch Schleichen- und Sich-Ver-
Während des Aufenthaltes in den stecken-Proben zulassen. Ein hoher
Höhlen – der Sturm hält zunächst an – erkennt die Gemeinschaft de- Wert auf Sinnesschärfe (und die dazu gelungene Probe) ist jedoch
ren wahren Hintergrund: Es handelt sich um eine uralte Grabstätte der ebenfalls vonnöten, um ohne Auffälligkeiten den Feind zu entdecken.
Fjarninger. Man tastet sich vorsichtig zwischen schier unzählbaren, Auf die eine oder andere Art und Weise der vorsichtigen (!) Erkun-
zum Teil gewiss seit Jahrhunderten gefrorenen Leichen durch schma- dung kann schließlich festgestellt werden, dass es sich bei den ande-
le, kalte Gänge im Eis. Gestalten Sie das Geschehen unheilvoll. Im ren Höhlenbesuchern nicht um Fjarninger handelt. Evtl. kann auch
flackernden Fackelschein durch eine unbekannte vereiste Höhle vol- ein Leichenraub beobachtet werden. Als Hinweise auf Glorania die-
ler Leichen zu spazieren ist gewiss nicht für jeden Helden einfach. nen mitgehörte Gespräche, denen auch weitere Informationen über
Nutzen Sie die Nachteile Dunkelangst und vor allem Totenangst für den Rhythmus der Besuche etc. entnommen werden können: Viel-
das Spiel und lassen Sie ihre Spieler immer wieder Proben darauf leicht beschwert sich ein Gloranier, dass „beim nächsten Mal noch
ablegen. Als Begegnung können Sie jedwede Gattung von Untoten viel mehr Leichen gebraucht werden, weil die Magier ein großes Ri-
(dezenter Einsatz von Skeletten bis hin zum kürzlich verstorbenen tual planen. Der Zeitpunkt dafür liegt nahe, am geeignetesten wäre
Wiedergänger) zum Einsatz bringen. Die Untoten wurden durch die wohl der nächste Vollmond“. (...) Jetzt haben die Helden ein Gefühl,
geballte dämonische Präsenz aufgrund der Rituale der Gloranier be- wann es zur großen Konfrontation kommt. Wie viele Tage die Helden
lebt und irren seitdem ziel- und ruhelos durch die Höhlen, um den bis zum Vollmond bzw. zum Tag des nächsten Besuches wirklich noch
Frevel des Leichendiebstahls und der Wiedererweckung des toten Flei- Zeit haben, überlassen wir dem Meister.
sches zu rächen. Eine unter dem Höhlenkomplex verlaufende Kraft-
linie trägt ihren Teil dazu bei, dass sich die Untoten erheben: Sie ver- 4. Beratungen
stärkt die in den Ritualen freigesetzte Astralenergie und (damit) auch
das Auftreten von „Nebeneffekten“. I. Nachdem der Sturm sich beruhigt hat, gelingt den Thorwalern
Den wahren Grund für die wandernden Untoten finden die Helden die Flucht aus den Höhlen. Die Gloranier ziehen zuvor im Schutz des
wahrscheinlich nie heraus. Gewiss werden die Untoten sie aber etwas Sturmes innerhalb ihrer „Schutzglobule“ ab. Auf dem Rückweg zum
Irdisches zu Thorwal 55
Lager muss sich die Gruppe intensiv mit dem Eisreich (Gefahren im chen „an Bord“ sind. Wenn die Helden vorschlagen, schon vorher mit
Eis, Fauna usf.) auseinandersetzen. Gestalten Sie die Rückreise nicht den Fjarningern Kontakt aufzunehmen, um sie auf die gloranischen
zu einfach. Es ist kein Vergnügen im Eisreich direkt nach einem Sturm Freveltaten hinzuweisen, so wird den Thorwalern zunächst nicht ge-
zu Fuß unterwegs zu sein. glaubt. Sie werden stattdessen angegriffen und als Geschenk Frunus
angesehen. Zu tief sitzt der Hass zwischen den Fjarningern und den
II. Zurück im Lager folgt ein Zusammentreffen mit den anderen Hjaldingern.
Thorwalern. Eifrig werden die erlangten Informationen ausgetauscht:
* Informationen über Größe des Fjarningerstammes bzw. -dorfes IV. Es entsteht für die Zeit des Kampfes eine Art kurzzeitige
(etwa 100 Personen, davon ca. 70 waffenfähig) „Zweckgemeinschaft“ zwischen Thorwalern und Fjarningern. Nach
* Informationen über geographische Situation schweren Verlusten auf beiden Seiten müssen die Gloranier schließ-
* Informationen über die erforschte Höhle und den Besuch der lich mit ihren Eisseglern und Schlitten fliehen. Evtl. deckt ein Nagrach-
Gloranier „Wunder“ (Regen aus nadelscharfen Eiskristallen; dazu ein schnei-
dender, scharfer Wind niederhöllischer Kälte, der auch mal einen Un-
III. Schließlich beschließt man, den gloranischen Leichendieben glücklichen auf der Stelle festfrieren lässt ...) den Rückzug der Scher-
in einem großen, überfallartigen Angriff bei der Fjarningergrabhöhle gen Gloranas.
das Handwerk zu legen. Die Herferder rüsten zum Angriff. Die Infor-
mation über den Zeitpunkt des nächsten Besuches erfahren die Thor- 6. Eine alte Feindschaft
waler durch das Belauschen der Gloranier innerhalb der Eishöhle.
Lassen Sie die Helden einen Schlachtplan aufstellen. Wir empfehlen I. Nach der Flucht der Gloranier stehen sich die beiden verfein-
einen Kampf in bzw. direkt vor der Eishöhle. deten Gruppen Thorwaler und Fjarninger gegenüber. Der Kampf droht
sogar weiter anzudauern, sind die Fjarninger doch alles andere als gut
5. „Zum Angriff, Herferder ... “ auf die Anwesenheit der Thorwaler zu sprechen.
I. Beim Zusammentreffen zwischen Thorwalern / Helden und II. Jetzt sind wahre Helden gefragt, die mutig genug sind, mit
Gloraniern schätzen die Thorwaler die Gloranier falsch ein: An die- dem Anführer bzw. dem Schamanen der Fjarninger zu sprechen und
sem Tag sind es besonders viele Schlitten und starker Schutz, da ein sie von den guten Absichten der Hjaldinger zu überzeugen. Während
besonderer Nagrach-Paktierer oder eine ähnlich hohe Führungsperson dieser „Verhandlung“ stehen sich nach wie vor die beiden, bis an die
die Leichenversorgung bzw. den Transport inspiziert. Dieser Umstand Zähne bewaffneten, Parteien gegenüber, jeden Moment dazu bereit,
wurde jedoch nicht gehört oder ist falsch interpretiert worden. Falls den Kampf fortzusetzen.
die Helden stark genug sind, können Sie die Gloranier zusätzlich durch Lassen Sie die Helden schließlich die Fjarninger überzeugen, am
Dämonen (z.B. ein kleines Rudel Karmanthi, siehe MGS, S.67; oder besten durch einen Stellvertreterkampf. Einer der Helden muss gegen
mehrere Thalone, siehe MGS, S.72) verstärken. Bedenken Sie aber, den besten Fjarninger im Zweikampf antreten. Nur wenn der Held
werter Meister, dass dies noch nicht der Endkampf ist. Kampfwerte siegt, sehen die Fjarninger dies als Zeichen dafür, dass die Helden die
für Herferder und Gegner finden Sie im Anhang. Wahrheit sprechen. Nach Möglichkeit sollte sein Fjarninger-Gegner
mit dem Leben davon kommen, dessen Tod trüge nicht unbedingt zur
II. Der als harter und schneller Überfall geplante Angriff entpuppt Verbesserung der ohnehin schon angespannten Situation bei. Der Held,
sich als andauerndes Schreckensszenario für die Thorwaler. Aber es der sich mit ihm misst, kann jedoch nicht auf Gnade hoffen. Nach
kommt noch schlimmer: Die Fjarninger greifen – informiert durch einem turbulenten Kampf wird der siegreiche Held schließlich von
ihre scheinbaren gloranischen Verbündeten – in die Auseinanderset- dem unterlegenen Fjarninger bei dessen Überleben darum gebeten,
zung ein. ihn mitzunehmen. Durch die Niederlage gilt er in seinem Dorf als
Der Kampf an bzw. in einer ihrer „heiligen Stätten“ lässt die ehrlos und ein Verstoß aus der Gemeinschaft ist noch die geringste zu
Fjarninger besonders tapfer streiten und so setzen sie den Thorwalern erwartende Strafe. Realistisch wäre wohl ein relativ kurzes Leben als
kräftig zu. Sie können noch nicht ahnen, wer der wahre Feind ist. Opfer für Frunu. Falls er das Dorf verlässt oder „nur“ ausgestoßen
wird, ist ein Dasein als Einsiedler denkbar. Kein Wunder also, dass er
III. Der Kampf nimmt eine entscheidende Wendung, als die die Helden um eine Passage in den Sidjan bittet. Dort versucht er sich
Fjarninger die wahren Absichten ihrer scheinbaren Verbündeten er- dann als Söldner oder als Kundschafter durchzuschlagen – etwas an-
kennen. Hierzu kann ein schwer verletzter Thorwaler mit seiner letz- deres hat er nie gelernt.
ten Kraft einen Schlitten umstoßen oder die Ladung eines der Schlit- Zumindest finden sich bei den Herferdern keinerlei Beweise für
ten enthüllen, damit die Fjarninger diese erkennen können. Ob der einen Leichenraub. Und den Besuch in der Eishöhle muss man schließ-
Erkenntnis der gloranischen Machenschaften verläuft das Gefecht als lich keinem der Eisbarbaren auf die Nase binden ...
blutiges Chaos weiter. Jeder scheint jetzt gegen jeden zu kämpfen.
Hin- und hergerissen schlagen die Fjarninger zunächst auf jeden Frem- 7. Finale
den ein. Vor allem die Gloranier holen sich im weiteren Verlauf des
Kampfes mehr als eine blutige Nase, sind sie doch nun das Hauptziel I. Gemeinsam setzt man schließlich den gloranischen Eisschergen
der geführten Attacken. Es treffen jedoch auch immer wieder Thorwaler auf den Wegen der Fjarninger nach (evtl. auch mit zurückgebliebenen
und Fjarninger aufeinander und strecken sich gegenseitig nieder. Schlitten?) und erreicht diese nach zwei Tagen wilder Verfolgung über
Bedenken Sie, dass es notwendig ist, die Gloranier erst auf dem das Eis. Es entbrennt fast schon ein Wettstreit zwischen den „Verbün-
Rückweg zu erwischen, da erst zu diesem Zeitpunkt – gestohlene Lei- deten“, wer als erstes ein Zeichen von Schwäche zeigt. Hier ist eine
56 Irdisches zu Thorwal
starke Konstitution gefragt. Erweisen sich die Helden als zumindest reicht hat, erfolgen die Vereinigung und der Austausch mit den übri-
ebenbürtig, steigt deren Ansehen bei beiden Gruppen. gen Teilnehmern der Herferd gegen Glorania. An Bord werden Bles-
suren kuriert, nicht wenige sterben allerdings auch hier noch an den
II. Es folgt ein furioses Finale. Die Gloranier werden in ihrem Folgen ihrer Kampfverletzungen und finden schon bald den Weg zu
Lager vernichtend geschlagen, wenn auch unter erneuten, nicht zu Swafnir.
unterschätzenden Verlusten auf Seiten ihrer Verfolger. Spätestens jetzt
können Sie den Gloraniern den Einsatz von Dämonen erlauben. Ge- III. Angeschlagen aber glücklich, ihren Teil zum Gelingen der
stalten Sie den Endkampf herausfordernd und blutig, aber mit gutem Herferd beigetragen zu haben, geht die Fahrt der Helden zur Djarken
Ausgang für die Helden. Halla. Von dort aus können sie sich gen Sidjan in die Heimat mitneh-
men lassen. Alternativ geht die Herferd weiter nach Riva bzw.
8. Abgang Oblarasim.
I. Die Fjarninger stehen am Ende in einem gewissen Zwiespalt: Als Belohnung für die gemachten Erfahrungen schlagen wir Fol-
Einerseits haben sich die Thorwaler aus ihrer Sicht wirklich bewährt, gendes vor:
andererseits fühlt man sich traditionell geradezu dazu „verpflichtet“, Jeder Charakter, der beim Hauptstrang (Eishöhlen, Flucht zum
einen regelrechten Thorwalerhass zu pflegen. Dementsprechend un- Landungsplatz, Kampf gegen die Gloranier und Fjarninger, Führen
entschlossen wird ihr Verhalten nach dem Finale anmuten. Wir schla- von Verhandlungen, Verfolgung und Endkampf) dabei war, erhält 300
gen vor, keine erneuten Konflikte ausbrechen zu lassen. Sie dürfen AP. Dazu kommen noch spezielle Erfahrungen für Wildnisleben,
aber, wenn Sie mögen, die Helden gerne noch mal bei weiteren Ge- Spurenlesen, Überzeugen (nur bei Verhandlung mit Fjarningern). Die
sprächen mit ihren „Verbündeten“ schwitzen lassen. Auf jeden Fall Sonderfertigkeit Eiskundig kann um die Hälfte erleichtert erlernt wer-
wird den Thorwalern und Helden zwar gedankt, aber deutlich der Hin- den. Weiterhin besteht die Chance die Totenangst vergünstigt abzu-
weis gegeben, sich nie wieder blicken zu lassen. senken; auch evtl. Vorurteile gegen die Fjarninger sollten überdacht
(oder aber bestätigt) werden.
II. Nachdem man wieder auf See ist und die anderen Schiffe er-
Anhang
a) Die Herferder MR 2/2/3
GS 7/7/7
* 1 Drakkar der Sturmtrotzer-Ottajasko, Gischtreiter (Besatzung: 40 RS 3/4+1 (Krötenhaut, Winterkleidung, z.T. Helm) / 3/4/5+1
Männer und Frauen der Sturmtrotzer unter Kapitän Kjaskar Gar- (Krötenhaut / Kettenhemd, Winterkleidung + Helm und z.T. Rund-
heltson; 25-köpfiger Haufen verzweifelter Njurunsgarder unter Os- schild) / 4/5/6+1 (Kettenhemd / Schuppenpanzer, Winterkleidung,
grin Laetthelm) + Helm und z.T. Rundschild)
* 1 Drakkar der Hammerfaust-Ottajasko, Wolfsfang (Besatzung: 56 * AT/PA inkl. WM-Modif.; man beachte ggf. bei sehr hohem RS
Männer und Frauen der Hammerfäuste unter Hetfrau Thorid Eiriks- die zusätzliche BE.
dotter) Je nach Erfahrung verfügen die Thorwaler-Rekker über eine Reihe
von Kampf-Sonderfertigkeiten (z.B. Wuchtschlag, Niederwerfen,
* 1 Drakkar der Hjaldifrej-Ottajasko, (Besatzung: 40 Männer Schildspalter, Sturmangriff, Hammerschlag, Linkhand + Schild-
und Frauen der Hjaldifrej-Ottajasko unter Iskir Ingibjarsson; 12 kampf I, Ausweichen), sowie Vor- und Nachteile (z.B. Aberglau-
Rekker der Funkenschläger-Ottajasko) be, Ausdauernd, ggf. Kampf- bzw. Blutrausch).
Gesamtzahl der Herferder: 173 Männer und Frauen, verteilt auf
drei Drachenschiffe Die Sturmtrotzer-Ottajasko:
Die 40 Rekker und Skipmader der olporter Sturmtrotzer-Ottajasko
Werte der Herferder: sind allesamt geübte, darüber hinaus z.T. erfahrene Kämpfer. Wenige
Veteranen sind in ihren Reihen. Die Mehrzahl von ihnen versorgt im
Thorw. (unerfahren) / Thorw. (erfahren) / Thorw. (Veteran)
Alltag die beiden Olporter Schiffsbauplätze und geht dem Holzfäller-
handwerk nach. Sie segeln – bestens mit frischem Stahl aus den Schmie-
Waffe Breitschwert, Axt, Speer / Breitschwert oder Orknase (+
den Olports ausgerüstet – an Bord der Gischtreiter unter der Führung
Schild) / Breitschwert, Orknase (+ Schild), od. Barbaren
von Kapitän Kjaskar Garheltson mit, „für eine gerechte Sache zu zie-
streitaxt
hen und die Heimat vor Glorania und ihren frostigen Häschern zu
INI 7/8+W6 / 9+W6 (8+W6) / 11+W6 (10+W6)
verteidigen“. Im Kontrast zu den ebenfalls an Bord der Gischtreiter
AT/PA* 11/10 / 13/12 (12/14) / 15/14 (14/16)
mitfahrenden Njurunsgardern verfügen nicht wenige Mitglieder der
TP W6+3/+4/+5 / W6+5/+6 / W6+5/+6/+7 od. 2W6+5/+6
Sturmtrotzer-Ottajasko über schräg gestellte Augen, was auf die
DK N/S/N/N
LE/AU 29/30 / 34/36 / 39/41 nordthorwalsche Herkunft und nivesische Vorfahren verweist.
KO 12 / 14 / 15
Irdisches zu Thorwal 57
Kapitän Kjaskar „Sturmtrotzer“ Garheltson Liskolf Kjaskarson
Von allen Mitgliedern der Sturm- Der Runajaski Liskolf Kjaskarson ist der Sohn Kjaskar Garheltsons.
trotzer-Ottajasko entspricht Kjaskar rein Er ist von kleine(re)m Wuchs, eher schmächtiger Statur und kommt
äußerlich mit einer Körpergröße von 2,04 im Verhältnis zu seinem Bruder Lasse so gar nicht nach dem Vater
Schritt, muskelbepackten Armen und dem (dunkle, tiefliegende Augen, braunes Haar). Dies betrifft jedoch nicht
im Wind wehenden, feuerroten Haupt- und nur seinen Körperbau; nicht von ungefähr geschah die Aufnahme Lis-
Barthaar (im Kontrast zu den leuchtend kolfs in den Kreis der Runajasko vor nun schon etwa 25 Jahren. Seit-
blauen Augen) wohl am ehe- dem hat sich der kleine, zurückhaltende Junge von damals zu einem
sten dem Bild eines süd- selbstbewussten und engagierten Mann entwickelt. Auch auf der Her-
ländischen Thorwa- ferd wird Liskolf also gemeinsam mit den Anführern der Ottajaskos
lers. Dazu trägt auch und den Helden über das Vorgehen planen, wobei er zum Ansprech-
die von ihm mit ei- partner für die Helden werden kann – je nach dem, ob diese dem ge-
nigem Geschick ge- heimnisvollen, stillen und auf Außenstehende zuweilen auch unheim-
führte, imposante lich wirkenden Zauberer trauen. Vorschnelle, unüberlegte oder noch
Zweihand-Axt nicht nicht zu Ende gedachte Vorschläge / Vorstöße der Gruppe wird Liskolf
unwesentlich bei. außerdem nach Möglichkeit vorzeitig bremsen. Er ist jedoch nicht al-
Kjaskar ist jedoch lein Theoretiker, sondern versteht es auch, die Dinge in die Hand zu
keinesfalls ein „Hau- nehmen und bei Bedarf selbst zu Skraja oder Schneidzahn zu greifen.
drauf“, auch wenn er einer guten Kneipenschlägerei nie abgeneigt ist. Unter den Thorwalern begegnet man Liskolf mit Skepsis: Einerseits
Er ist ein stolzer Familienvater, herausragender Rekker und erfahrener besitzt er der Herferd möglicherweise nützliche Kräfte, andererseits
Seemann und Kapitän. Einst erbte er die Otta seines Vaters, die Gischt- fürchtet man sich auch vor seiner astralen Macht. Dabei muss man vor
reiter, an deren Ruderpinne er seitdem die Meere durchkreuzt: Sei es dem Runajaski eigentlich keine Angst haben, es sei denn man hat ihn
auf, Handels- oder auf Heerfahrt. zum Feind oder soweit in Rage gebracht, dass er einem seltenen Blut-
Die Freiheit des Meeres und des freien Himmels über dem Kopf ist rausch verfällt ...
ihm alles (sollte er mit in die Höhlen ziehen, so wird ihm seine Raum-
angst stark zu schaffen machen). Seine Herkunft merkt man dem
Geb.: 2619 nJL. Haarfarbe: mittelbraun
Olporter an, auch wenn er weniger am alten Thorwal hängt, als sein
Augenfarbe: dunkelbraun Körpergröße: 1,85
Mitfahrer Iskir Ingibjarsson. Dennoch ehrt er die alten Bräuche, Sit-
Kurzcharakteristik: fremdartiger, geheimnisvoller Zauberer; fort-
ten und Traditionen und weiß nicht so recht, was er von einem thor-
geschrittener Elementarist
walschen Staat halten soll. Als Vertreter des alten, grauen Hetmanns
Besonderheiten: Zauberer der Runajasko
Hjaldar Ragnarson steht Kjaskar zwischen Jurga und Marada, ist mit
keiner der beiden wirklich einverstanden und insbesondere Iskir ge-
MU 14 KL 16 IN 14 CH 15 FF 12 GE 12 KO 12 KK 12
genüber ob der jüngsten Ereignisse in Olport von großem Misstrauen
LeP 31 AuP 29 AsP 40 MR 5 RS 2-3 (Leder-, Fellkleidung / Umhang)
erfüllt.
Geb.: 2598 nJL. Haarfarbe: feuerrot Skraja: INI 11+W6 AT 13 PA 11 TP 1W6+3 DK N (WM: 0/0)
Augenfarbe: blau Körpergröße: 2,04 Magierstab: INI 11+W6 AT 9 PA 12 TP 1W6+1 DK NS (AT/PA
Kurzcharakteristik: kräftiger, mutiger und herausragender Kämp- inkl. WM-Modif.)
fer; erfahrener, weitgereister Seefahrer und Kapitän; fähiger An- Schneidzahn: FK 15 (FK inkl. Probenerschwernis +1)
führer an Land und zur See, jedoch bisweilen waghalsig
Besonderheiten: Anführer der Rekker der Sturmtrotzer-Ottajasko, Bemerkenswerte Vor- und Nachteile: Neugier 7, Totenangst 5, Jäh-
Kapitän der Gischtreiter zorn 5, Prinzipientreue, Richtungssinn, Lebenskraft, Kälteresistenz,
Blutrausch.
MU 15 KL 11 IN 12 CH 11 FF 11 GE 14 KO 13 KK 16
LeP 36 AuP 34 MR 3 RS 3-4 (Krötenhaut, Leder- und Fellkleidung) Sonderfertigkeiten: zzgl. zu den Automatischen: Fernzauberei,
Konzentrationsstärke, Merkmalskenntnisse [Umwelt, Elementar
Streitaxt: INI 6+W6 AT 15 PA 11 TP 2W6+5 DK N (AT/ (Wasser), Elementar (Luft)], Regeneration I, Schalenzauber [Wei-
PA inkl. WM-Modif.) he, Allegorische Analyse, Chymische Hochzeit], Stabzauber [Flam-
Schneidzahn: FK 13 (FK inkl. Probenerschwernis +1) me, Seil, Kraftfokus, Merkmalsfokus (Wasser)], Zauberkontrolle.
Bemerkenswerte Vor- und Nachteile: Aberglaube 6, Raumangst 9, Relevante Talente: Lehren 9, Orientierung 9, Wettervorhersage 9,
Ausdauernd, Richtungssinn. Geographie 10, Geschichtswissen 10, Götter / Kulte 10, Magie-
Sonderfertigkeiten: Wuchtschlag, Niederwerfen, Schildspalter, Waf- kunde 14, Rechnen 10, Sagen / Legenden 10, Sternkunde 10, Al-
fenlos: Hammerfaust, Sturmangriff, Hammerschlag. chimie 10.
Relevante Talente: Raufen 11, Hiebwaffen 12, Zweihand-Hiebwaf-
fen 13, Körperbeherrschung 10, Schwimmen 11, Zechen 13, Men- Relevante Zauberfertigkeiten und Rituale: Aeolitus 10,
schenkenntnis 9, Orientierung 12, Wettervorhersage 14, Boote fah- Dschinnenruf 12, Elementarer Diener 10, Fulminictus 9, Nebel-
ren 14, Seefahrt 15. wand 10, Wettermeisterschaft 12, Windstille 10.
58 Irdisches zu Thorwal
Swangard Jurgasdotter Befreiungskampf von Muryt (siehe BELEMAN 3) dabei – und alle tra-
Die alte, weise Swafnirpriesterin mit dem ergrauenden, rotblonden gen seitdem körperliche oder seelische Wunden. Die Muryter der Grup-
Haar und dem klaren, gütigen Blick ist eine höchst charismatische pe haben während der Schreckensherrschaft des Verräters Thurske
Person, die nicht nur innerhalb der eigenen Ottajasko sondern in ganz Nellgardson ihre Familien oder ihre gesamte Habe verloren. Andere
Olport sich einiger Bekanntheit und Beliebtheit bei Jung und Alt er- Rekker, die der geknechteten Stadt zu Hilfe geeilt sind, wollen erst
freuen kann. Bereits seit langer Zeit dient sie Swafnir und vermittelt nach eigenen großen Heldentaten zu Ehren der gefallenen Gefährten
den Sturmtrotzern mit eindrucksvollen Worten den thorwalschen Glau- wieder in ihre Heimatdörfer zurückkehren. So kam es, dass sich diese
ben. Hetmann Hjaldar Ragnarson bittet sie seit vielen Jahren vor jeder Gruppe der Herferd Jurgas anschloss und mit ihr gen Norda reiste.
wichtigen Entscheidung um Rat, denn ihr geschärfter Blick, ihre klare Angeführt wird die kleine Schar von Osgrin Laetthelm aus Ardahn.
Wahrnehmung und ein ebensolches, kompetentes Urteilsvermögen, Die Stimmung der Rekker ist latent depressiv, im Kampf bricht die
machen sie in rechtlichen, religiösen wie politischen Fragen zu einer geballte Wut und Trauer aus ihnen heraus. Sie kämpfen todesmutig
sicheren und entscheidungsfähigen Person. Liskolf, mit dem sie sich gegen jeden Feind, haben sie selbst doch nur noch wenig zu verlieren.
übrigens gut versteht, nicht unähnlich, gibt sie vielleicht manchen Teil Gewinnen können sie aber alle einen Platz in den unsterblichen Sagas
der Planungen noch einmal zu überdenken oder wirft evtl. einen noch der Skalden. Am Ende des Szenarios sollten nur etwa zwei Hand voll
gar nicht beleuchteten Aspekt ein. Ebenso könnte ihre Gabe des Pro- überlebt haben. Setzen sie die Njurunsgarder im Kampf ein, wenn es
phezeiens ins Spielgeschehen eingebracht und damit das Szenario noch gilt eine hoffnungslose Situation hinauszuzögern, dabei sollen sie aber
etwas weiter mystifiziert werden. nicht zu „Schwertfutter“ verkommen. Es geht den Njurunsgardern
Swangard findet im Verlaufe der Auseinandersetzungen mit den darum, unsterbliche Ehre zu erlangen.
Gloraniern innerhalb der letzten Kämpfe ihren Weg zu Swafnir. Auch
die Helden werden gleich vielen anderen Herferdern diese vielleicht Die Hammerfaust-Ottajasko
im Laufe der Fahrt lieb gewonnene Person sicher nicht ohne Emotio- Auch wenn die Hammerfäuste im Normalfall nicht viel für die Ei-
nen von sich gehen lassen. Gutes Rollenspiel und die Sorge um eine nigkeitsbestrebungen der Obersten Hetfrau übrig haben (man übt sich
würdige Bestattung und die letzte Reise zum Walgott sollten entspre- in Neutralität), unterstützen sie, ob der noch frischen Erinnerungen an
chend belohnt werden. den gloranischen Angriff auf Olport 2653 nJL. eine Herferd gegen
Glorana und ihre Schergen. Man will Rache üben.
Geb.: 2596 nJL. Haarfarbe: rotblond / grau Neben Hetfrau Thorid Eiriksdotter sind als besondere Besatzungs-
Augenfarbe: blau/grau Körpergröße: 1,94 mitglieder der erprobte Steuermann Kjetil Gundridsson, der Skalde
Kurzcharakteristik: charismatische, geachtete und bekannte Raskir Donnerhall, Halvdan „Halbmann“ Runesson, Ceolgar „der
Swafnirpriesterin; urteilsfähige Rechtskundige und besonnene Rat- Flinke“, Swangerda Ordlafsdotter, Hjalmar Hakonsson, Inga
geberin; Seherin Raskirsdottir und Syr Ingrarsson mit an Bord der Wolfsfang. Syr und
Besonderheiten: Swafnirpriesterin im Tempel zu Olport seine drei bis vier engsten Kumpanen bilden eine lautstarke Oppositi-
on gegen die Hetfrau Thorid. Syr war Steuermann auf einer tollküh-
MU 14 KL 13 IN 15 CH 16 FF 10 GE 12 KO 11 KK 13 nen Rachefahrt gegen Grangor 2650 nJL. Obwohl durch das Mitneh-
LeP 33 AuP 31 KE 24 MR 2 RS 3-4 (Leder- und Fellkleidung, men von Ingrarsson und seinen Leuten Schwierigkeiten quasi vorpro-
Kriegsmantel und Swafnirhelm) grammiert sind, behält Thorid ihn lieber in ihrer Nähe und unter Kon-
trolle, als dass er möglicherweise während ihrer Abwesenheit auf dum-
Skraja und Rundschild: INI 11+W6 AT 14 PA 15 TP 1W6+3 me Gedanken kommt. Er wird versuchen, stets die Verantwortung auf
DK N (AT/PA inkl. WM-Modif.) Thorid abzuwälzen.
Schneidzahn: FK 14 (FK inkl. Probenerschwernis +1) Insgesamt beläuft sich die Besatzung der Wolfsfang auf 56 Mann,
wobei das Schiff bei einer Länge von 27 Schritt 2 x 22 Riemen hat.
Bemerkenswerte Vor- und Nachteile: Geweiht, Moralkodex Das Schiff ist neu, liegt darum also gut im Wasser und macht gute
(Swafnir-Kult), Verpflichtungen, Vorurteile (gegen Echsen), Gabe Fahrt.
Prophezeien 7, Neugier 7.
Sonderfertigkeiten: Liturgiekenntnis (Swafnir) 12, Liturgien (s.u.), Thorid Eiriksdotter
Karmalqueste, Kampf im Wasser, Meereskundig, Linkhand, Schild- Eine kurze Beschreibung der Hetfrau finden Sie im Szenario „Auf
kampf I, Ausweichen I. dünnem Eis“ (AB 112).
Relevante Talente: Hiebwaffen 9, Körperbeherrschung 11, Schwim-
men 10, Singen 9, Lehren 11, Menschenkenntnis 12, Überzeugen Die Hjaldifrej-Ottajasko
11, Wettervorhersage 12, Geschichtswissen (Thorwal) 13, Götter / Die Ottajasko genießt unter den anderen olporter Herferdern einen
Kulte 14, Rechtskunde 10, Sagen / Legenden 12, Sternkunde 9, mäßigen bis schlechten Ruf. Jüngst von Iskir Ingibjarsson und seiner
Boote fahren 13, Fischen / Angeln 9, Seefischerei 10. Frau Lingard Ranghildsdottir ins Leben gerufen, umfasst sie viele junge
Liturgien: diverse allgemeine wie auch besondere und höherstufige Leute (ungeübte Kämpfer), die den anderen olporter Ottajaskos frei-
Liturgien (Grade I-IV). mütig abgeworben worden sind. Zudem heißt es von der Gemeinschaft,
dass sie ein Auffangbecken für Heimat- und Ottalose sei, die zusätzli-
chen Unfrieden ins sonst so ruhige Olport bringen würden. Auf der
Die Njurunsgarder Fahrt kann es zwischen Mitgliedern der Hjaldifrej-Ottajasko und an-
Unter den Streitern der Hjaldinger ist eine kleine Gruppe von etwa deren Olportern durchaus zu „Streitigkeiten“ kommen, wobei Iskir
25 Rekkern aus dem Jarltum Njurunsgard. Alle von ihnen waren beim seine Leute vor einer bewaffneten Auseinandersetzung stets zurück-
Irdisches zu Thorwal 59
pfeift. Derbe Wortwechsel, Beleidigungen und auch eine Schlägerei gen und alles unter sich zermalmenden Hieben sicher, nicht einmal
treten aber gewiss bisweilen auf. Die streitlustige Hjaldifrej-Ottajasko ihre eigenen Gefährten.
schafft während der Herferd Konflikte, in die auch die Helden schnell
hinein geraten können. Werte der Fjarninger:
60 Irdisches zu Thorwal
DK N (AT/PA inkl. WM-Modif.) handelseinig; für primitive Waffen aus Eisen und Nahrungsmittel wurde
Bemerkenswerte Vor- und Nachteile: Aberglaube 8, Vorurteile den Gloraniern zugestanden, sich auf dem Gebiet des Stammes bewe-
(Hjaldinger) 6; Raumangst 9, Ausdauernd, Richtungssinn. gen zu dürfen. Was aus der recht einseitigen Handelsbeziehung wird,
Sonderfertigkeiten: Wuchtschlag, Niederwerfen, Schildspalter, wenn die Höhlen „abgeerntet“ sind, ahnen die Fjarninger nicht.
Gegenhalten, Hammerschlag, Meisterparade; Eiskundig. Eine übliche Patrouille der Gloranier besteht aus etwa 15 Mann,
Relevante Talente: Raufen 14, Hiebwaffen 16, Zweihand-Hiebwaf- davon mindestens ein Nagrach-Paktierer und ein Magiekundiger (meist
fen 13, Körperbeherrschung 10, Wildnisleben 12, Zechen 11, Men- skrupellose Magier oder dunkle Druiden, die sich dem Element Eis
schenkenntnis 7. verschrieben haben). Sie reist per Hundeschlitten oder per Eissegler,
je nach Zweck der Fahrt. Einer ihrer weißen Eissegler mit blutrotem
Segel (das Zeichen, dass sie in Gloranas Diensten stehen) fasst etwa
Der Schamane der Fjarninger, Ghambor 4-6 Personen.
Der Skuldur des Stammes ist groß gewachsen und mit allen kör-
perlichen Attributen seines Volkes ausgestattet; eine kräftige und zähe Die Gloranier unter Waffen
Statur sichern das Überleben im hohen Norda. Dazu gesellen sich bei Der Trupp der Gloranier besteht aus erfahrenen Kämpfern, die sich
Ghambor ein messerscharfer Verstand und eine donnernde Stimme. mit dem Eisreich und seinen Widrigkeiten angefreundet haben. Große
Wenn er das Wort erhebt, verstummt sogar Frungaar. Nur selten mischt Teile von ihnen haben ein Vorleben als Söldner oder Soldaten hinter
sich Ghambor in die Belange des Stammes ein, doch dann hat sein sich und sind zu den Dämonenanbetern übergelaufen. Auch Waldläu-
Wort sehr gewichtigen Einfluss. Seine schamanistischen Fähigkeiten fer und Kopfgeldjäger sind unter ihnen. Als Gegner sind die meisten
nutzt er, um den Willen der Götter für seinen Stamm zu deuten und durchaus diszipliniert und können sich bzw. den Gegner recht gut ein-
ihm so das Überleben zu sichern. Seine Kenntnisse der Heilkunst sind schätzen. Ein unterlegener Gegner wird meist mit vielen kleinen aber
sehr umfassend, eine Tatsache, die evtl. die Helden nach den Kämpfen schmerzhaften Treffern zur Aufgabe gezwungen – er soll schließlich
schätzen werden. Ghambor hat einen Schüler – Bazgurna – auf den er noch als Sklave arbeiten können. Hat man es mit einer Gruppe oder
große Stücke hält. mehreren starken Gegnern zu tun, werden meist ein oder zwei von
ihnen möglichst schnell und blutig getötet, um die anderen zur Aufga-
Geb.: 2587 nJL. Haarfarbe: schwarz be zu zwingen.
Augenfarbe: grün Körpergröße: 2,06 Die Bewaffnung der Gloranier ist wie ihre Rüstung so unterschied-
Kurzcharakteristik: meisterlicher Heiler, unangefochtener Skuldur, lich, wie die Eisschergen selbst. Je nach Vorleben sind die verschie-
intelligenter und damit gefährlicher Verhandlungsführer densten Kombinationen denkbar.
Die Paktierer tragen beseelte Waffen, die zusätzlich zum normalen
MU 15 KL 14 IN 16 CH 13 FF 11 GE 11 KO 15 KK 15 Schaden noch 3 TP Kälteschaden verursachen. Bei Geweihten (insbe-
LeP 37 AuP 39 AsP: 15 MR 5 RS 3-4 (Lederrüstung & Pelzkleidung) sondere Firun- oder Ifirngeweihten) verdoppelt sich der Zusatzschaden.
Irdisches zu Thorwal 61
c) Die Eishöhlen der Fjarninger: benden Frostwurm ins Eis gegraben worden (ehemaliger Hort des Forst-
wurmes, C ). Eine Vielzahl von Gängen wurde jedoch auch erst wäh-
Das weitverzweigte Höhlensystem der Fjarningergrabhöhle umfasst rend der Zeit, als die Fjarninger die Höhlen bewohnten, „nachträg-
eine Vielzahl an kleineren und größeren Kammern, die von schmalen lich“ ins Eis gehauen. Der Boden hier unten ist glatt und z.T. abfal-
und breiteren Gängen miteinander verbunden werden. Es ist zu Teilen lend, die Luft ist trocken und kalt, aber immerhin wärmer als außer-
natürlichen Ursprungs bzw. vom einstmals hier le- halb der Höhlen. Die Wände
sind selten eben, sondern zu-
meist schroff und unbearbei-
tet, einzige Ausnahmen: Die
zentrale Halle, sowie die
Grabhöhle der (Fjarninger-)
Häuptlinge, mit den aus dem
Boden gearbeiteten Eis-
hockern, auf denen die gefro-
renen Leichen einstiger
Stammeshäuptlinge thronen.
Innerhalb vieler Wände, ins-
besondere in den Kammern
aber z.T. auch in den breite-
ren Gängen, liegen die bis-
weilen jahrhundertealten Lei-
chen vieler Dutzend Fjar-
ninger in ausgehöhlten
Wandnischen. Das Eis kon-
serviert die Toten so gut, dass
sie auf den Betrachter wirken,
als würden sie höchstens seit
einem Jahr unter dem Eis lie-
gen. Bei genauerem Hinse-
hen bemerkt man recht bald,
dass die Leichen in Familien
/ Sippen angeordnet sind, bis-
weilen auch entsprechend ih-
res Handwerks / ihrer Profes-
sion (Häuptlingsgrab, Scha-
manengrab, Kriegerkammer,
usf.).
Die Helden betreten die
Höhlen über den normalen
Eingang A. Über einen abfal-
lenden Gang, der die Her-
ferder tiefer unter das Eis
führt, gelangen sie in die zen-
trale Halle, von wo aus sie
weiter vordringen und schließ-
lich die Gloranier belauschen
können (Höhenunterschied:
Eingang – zentrale Halle, ca.
4 Schritt). Die Gloranier wie-
derum dringen während des
Sturmes über einen mittels
dämonischer Hilfe ins Eis ge-
grabenen Eingang in die
Höhlen ein (im Bereich B )
und rauben nun – eine Kam-
mer nach der nächsten – die
gefrorenen Fjarningerleichen
aus dem Eis.
62 Irdisches zu Thorwal
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kunde-Probe ...“ teilweise bis ins 18./19.
Das DIN-A-4-formatige Hardcover beinhaltet auf knapp 120 Jahrhundert hinein ver-
Seiten 160 Abbildungen von Farbfotos bis zu Kupferstichen und wendet wurden, also
zählt ausführlich die Funde aus der Antike im ehemaligen Römi- auch aventurisch in alle
schen und Griechischen Imperium auf. Nebenbei erfährt man auch Regionen passen.
einiges über die Operations- und Heilmethoden dieser Zeit, die Von Wundhaken,
durchaus schon Augenoperationen wie Starbehandlungen und Skalpellen, Pinzetten und
Blasensteinentfernungen umfaßten. Pfeilspitzenziehern bis
Von den vielzitierten Trepanationen (Schädelknochenöffnungen) hin zu Zahnzangen und
mal ganz abgesehen. Vaginalspeculi für den
Nach der Lektüre dieses Buches ist mein Respekt vor den Ärz- Frauenarzt.
ten und Patienten dieser Epoche gewaltig gewachsen: Vor den Ärz- Auch die Medikamentenherstellung wird – allerdings nicht sehr
ten für die Fingerfertigkeit und tatsächliche Kompetenz bei den ausführlich - mit angeschnitten. Das hätte den Rahmen des Buches
Operationen, bei den Patienten für den Umgang mit den Schmer- gesprengt.
zen bei den ohne Narkose durchgeführten Operationen. Doch so bekommt der Allgemeinposten im Gepäck „Kleines
Die Überlebenschancen bei solchen Operationen waren überra- Chirurgisches Besteck, 100 Unzen“ plötzlich ein detailliertes Ge-
schend hoch und lagen bei Schädelöffnungen teilweise bei über sicht, das man mit ins stimmige Spiel integrieren kann.
90%, wie man anhand von abgeheilten Eingriffen an Skeletten in Wer darauf Wert legt, dem sei dieses interessante Buch
Gräberfunden feststellen konnte. wärmstens empfohlen. (vr)