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Erwin Schulhoff

1894 – 1942

Sämtliche Lieder
Complete Songs
für Singstimme und Klavier
for voice and piano

Band 1: Frühe Lieder I


Volume 1: Early Songs I

(1910 – 1911)

herausgegeben von / edited by


Klaus Simon

Erstausgabe / First edition

ED 22647
ISMN 979-0-001-16245-6

Band/Volume II
ED 22648
ISMN 979-0-001-16244-9

Band/Volume III
ED 22649
ISMN 979-0-001-16246-3

www.schott-music.com

Mainz · London · Berlin · Madrid · New York · Paris · Prague · Tokyo · Toronto
© 2016 SCHOTT MUSIC GmbH & Co. KG, Mainz · Printed in Germany
Inhalt / Contents

Allgemeines Vorwort / General Foreword . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV

Vorwort zu Band I / Foreword for Volume I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII

1910 od. 1911


Zwei Zigeunerlieder op. 12 (WV 10)
auf Texte von Adolf Heyduk für Singstimme (Nr. 1 für mittlere, Nr. 2 für höhere Singstimme)
und Klavier
1. Rings ist der Wald so stumm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
2. Als die alte Mutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1911
Fünf Lieder für Sopran und Klavier op. 13 (WV 11)
1. Ganz still zuweilen (Cäsar Flaischlen) [Klavierpart rekomponiert von Klaus Simon] . . . . . . . . . . 8
2. Traum durch Dämmerung (Otto Julius Bierbaum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3. Graue Engel (Max Dauthendey) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
4. Ida (Hermann Hesse) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
5. Der Wanderer und das Blumenmädchen (Emil Alfred Herrmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

1911
Drei Lieder für Sopran und Klavier op. 14 (WV12)
1. Februarschnee (Cäsar Flaischlen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2. Sommerabend (Otto Falckenberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3. Dämmerstunde (Friedrich Adler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

1911
Laß mich an Deinem stillen Auge (WV12a) (Max Dauthendey)
für mittlere Singstimme und Klavier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

1911
Zwei Lieder für Sopran und Klavier op. 18a (WV 14)
1. Strolchenlied - Fragment (neu textiert von Oliver Rauber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2. Wanderschaft (Irene Forbes-Moser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

1911
Drei Lieder für Sopran und Klavier op. 19a (WV 15)
1. Tanzlied (Otto Julius Bierbaum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2. Es war einmal (Cäsar Flaischlen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3. Wiegenlied (Emil Alfred Herrmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

1911
Drei Lieder aus der Sammlung „Das Lied vom Kinde“
für Sopran und Klavier op. 18 (WV16)
1. Einem Kinde (Gustav Falke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
2. Geheimnis (Anna Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3. Juli (Theodor Storm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
1911
Drei Lieder [aus der Sammlung „Das Lied vom Kinde“]
für Sopran und Klavier op. 19 (WV 17)
1. Der Junge (Luise Rafael) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
2. Des Kindes Gebet (Luise Rafael) 1. Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
2. Des Kindes Gebet (Luise Rafael) 2. Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3. Wenn das weiße Mondenlicht (Ada Christen) 1. Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3. Wenn das weiße Mondenlicht (Ada Christen) 2. Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Anhang / Appendix

1911
Die Nadel fliegt [aus der Sammlung „Das Lied vom Kinde“] (Mia Holm)
für hohe oder mittlere Singstimme und Klavier] (WV 17a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Fragment

Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
IV

Allgemeines Vorwort

Erwin Schulhoff – ein wiederentdeckter Liedkomponist?


Die Wertschätzung, die das Œuvre Erwin Schulhoffs im heutigen Konzertleben erfährt, ist das Ergebnis
einer Renaissance, die Interpreten wie Gidon Kremer oder Gerd Albrecht und vielen anderen Pionieren
zu verdanken ist. Als Schulhoff 1942 als jüdischer Sowjetbürger (er hatte kurz vor dem Einmarsch Hitlers
in Russland 1941 die sowjetische Staatsbürgerschaft angenommen, um den Nazis leichter entfliehen zu
können, was ihm aber nicht mehr rechtzeitig gelang) im Internierungslager „ausländischer Staatsfeinde“ in
der Festung Wülzburg (nahe der Stadt Weißenburg in Bayern) an Tuberkulose starb, war er als zeitgenössischer
Komponist schon im Vergessen begriffen. Die politische Situation als deutscher Jude in Prag in den 30er
Jahren hatte Schulhoff in der Wahrnehmung als seriösen Komponisten mehr oder weniger Jahre vorher
schon ausgelöscht. Sein Überleben in den 30er Jahren hatte er im Wesentlichen seinen Fähigkeiten als
gefragter Jazz- bzw. Unterhaltungsmusik-Pianist zu verdanken. Nachdem sein Vertrag mit der Univer-
sal-Edition in Wien (sein damals neben Schott in Mainz wichtigster Verleger) 1931 auslief, war sein
Schicksal als seriöser Komponist im Wesentlichen besiegelt. Alle Werke, die er danach bis ans Lebensende
noch schuf, wurden zu Lebzeiten nicht mehr publiziert - ein trauriger Umstand, wenn man sich klar macht,
dass er in den 20er Jahren durchaus internationale Erfolge als Komponist und Pianist feiern konnte.
Der verlegte Teil seines Schaffens ist de natura der bekannteste und bis heute auch am besten rezipierte. Das
ist die Zeitspanne von 1919 bis 1931, die wir als mittlere Phase (die seiner Hauptschaffenszeit) bezeichnen
wollen. Das Schulhoffbild heutiger Konzertgänger und Musikliebhaber beschränkt sich im Wesentlichen
auf diese Zeitspanne. In diesen 13 Jahren sind die Werke entstanden, die seinen Ruf als DADA- bzw.
jazzbeeinflusster Komponist bis heute wesentlich prägen.
1931 bekannte sich Schulhoff dann offen zum Marxismus und strebte seitdem (v.a. ab der Komposition
seiner Kantate nach dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx WV 100 aus dem Jahr 1932) eine
Musik zu schreiben, die den Maximen des sozialistischen Realismus folgte. Dabei verkündete er auch
deutlich, dass er sein bisheriges Schaffen diesbezüglich für nicht gelungen halte:
„Ich schreibe keine noten mehr wie einst, keine formalistischen spielereien oder klangtändeleien, Meine
musik ist nicht versonnen, sie enthält keine dekadenten lyrismen und hysterischen ausbrüche. Sie ist hart
geworden, unerbittlich und kompromisslos!“1
Diesem Anspruch ist er in seinem Liedschaffen v.a. in seinem politischen Zyklus 1917 WV 110 aus dem
Jahre 1933 gerecht geworden. Eine weitere unbekanntere aber sehr interessante Seite des Komponisten
ist sein Frühwerk, das wir zwischen 1910 und 1918 ansiedeln. Hier kann man einen jungen Komponisten
beim Reifen beobachten, der die Einflüsse seiner Zeit (spätromantischer Stil, aber auch von Debussy be-
einflusster Impressionismus) zu verarbeiten sucht. Vom besonderen Gewicht ist das Frühwerk, da es
auch den größten Teil seines Liedschaffens beherbergt: mehr als die Hälfte davon, nämlich 52 Numera
(inkl. einiger Fragmente) wurden zwischen 1910 und 1915 komponiert.
Kurioserweise ist das Liedschaffen Schulhoffs entweder seinem Frühwerk ab den Zigeunerliedern
(1910/11) WV 10 op. 122 bis zu den Fünf Liedern nach Christian Morgenstern op. 20 WV 38 (1915) oder
dem Spätwerk, nach 1933 beginnend mit dem Baritonzyklus 1917 WV 110 bis hin zu seinem Zyklus der
Volksliedbearbeitungen Národi písně a tance s Těšínska (Volkslieder und Tänze aus Schlesisch-Teschen)
WV 120 aus dem 1936, also außerhalb seiner bekannteren mittleren Phase zuzurechnen. Ausnahme sind
die Fünf Gesänge op. 38 WV 52 aus dem Jahre 1919.
Jene wurden als einzige Lieder (hrsg. von J. Bek) schon 1994 bei Schott veröffentlicht, ferner die Národi
písně a tance s Těšínska, die als erste Schulhoffveröffentlichung nach dem 2. Weltkrieg 1960 bei Panton/
Prag in einer dreisprachigen Edition schon publiziert waren, aber schon seit geraumer Zeit vergriffen sind.
Insgesamt 69 Lieder bzw. Vokalwerke mit Klavier werden nun zum ersten Mal publiziert, was angesichts
der doch beachtlichen Fülle der Beiträge als eine wahre Entdeckung zu bezeichnen ist.
Zählt man die fünf Fragmente, die beiden Schlager (Slow-Foxes) sowie die Agitationsgesänge aus den

1 Tagebuch, 10. März 1941, zitiert nach Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, S. 117, Hamburg 1994 [Anm. der Hrsg.:
bei Bek steht 1941 als Jahreszahl des Tagebucheintrags. Wir vermuten, dass evtl. 1931 gemeint ist.]
2 Schulhoffs eigene Zählung seiner Werke mit Opuszahlen ist (ähnlich wie bei Busoni) etwas verwirrend. Eine erste Zählung geht
bis op. 20, ca. 1912 beginnt er erneut mit op. 1, um 1924 mit op. 44 ein letztes Mal eine Opuszahl zu verwenden. Wir haben
deshalb immer die WV-Nummer des chronologischen Werkverzeichnisses Josef Beks mit angeführt, um dieser Verwirrung etwas
Klarheit entgegen zu setzen.
V

30er Jahren mit, so hat Schulhoff immerhin 89 Lieder geschrieben, eine stattliche Zahl, die mit Erscheinen
dieser drei Bände das Schulhoffbild wesentlich erweitern wird. Über den Zustand und die Lesbarkeit der
zugrunde liegenden Quellen gibt der Editorische Bericht Auskunft.
***
Man muss sich der kritischen Frage stellen, ob Schulhoff denn eine Veröffentlichung seiner zahlreichen,
nur in Skizzen vorliegenden Lieder gewünscht hätte. Wenn man den musikalischen Gehalt der Lieder,
die in Reinschrift erhalten sind, mit denen, die nur in Skizze überliefert sind, vergleicht, muss die Frage
mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden. Es ist auch nicht sicher, ob es von dem einen oder an-
deren Lied eventuell schon Reinschriften gab, die verschollen sind.
Gelegentlich musste der Herausgeber aufgrund fehlender Schlüsse bzw. in einem Falle einer verschollenen
Klavierbegleitung (Ganz still zuweilen op. 11,1 WV 13) eines ganzen Liedes möglichst stilgetreu als Co-
Autor im Sinne Schulhoffs fungieren.
Wir haben uns ferner dafür entschieden, möglichst keinen interpretierten Text herauszugeben, sondern
nur das, was überliefert wurde. Das bedeutet, dass wir bei zahlreichen Liedern nicht eine Dynamik, eine
Artikulation oder Tempo und Agogik sinnstiftend ergänzt haben, sondern es dem guten Geschmack der
Sänger und der Pianisten überlassen bleibt, wie sie das Lied interpretieren wollen.
Da Schulhoff deutschsprachig aufgewachsen ist, sind nur einige Spätwerke (18 Lieder) in tschechischer
Sprache geschrieben. Das verwundert: obwohl Schulhoff seit Oktober 1923 in seiner Heimatstadt Prag
wieder ansässig war, hat er sich doch erst ab 1934 allmählich an Vertonungen in tschechischer Sprache
gewagt. Bek berichtet3, dass Schulhoff beim Übersetzen ins Tschechische gerne die Hilfe seines litera-
rischen Freundes Rudolf Fuchs in Anspruch genommen hat.
Mit aufgenommen in diese Edition wurden auch bereits die oben erwähnten Schlager (Slow-Foxes)
Dneska každá modní žena (Frauen, die der Mode trauen) WV 185 sowie Susi WV 124 (in einer nun tex-
tierten Fassung von O. Rauber), sowie die politisch motivierten Lieder Píseň o Thälmannovi (Lied vom
Thälmann) WV 113 und K 1. Màji 1934 (Zum 1. Mai 1934) – Massenlied WV 115 (beide in einer Klavier-
begleitung vom Hrsg.) sowie das Trinklied (mit Lautenbegleitung!) WV 114. Einzig das in Beks Werk-
verzeichnis erwähnte Lied Der Aktivist WV 188 konnte nach wie vor nicht aufgefunden werden und
muss wohl als verloren betrachtet werden. Obwohl die erwähnten Gelegenheitskompositionen streng
genommen keine eigentlichen Klavierlieder sind, wurden sie dennoch in unsere Ausgabe aufgenommen,
um das Spektrum von Schulhoff als Vokalkomponist zu vervollständigen.
***
War Schulhoff ein Liedkomponist? In Anbetracht von 89 Beiträgen zur Gattung des begleiteten Sololieds
(nebst zwei Duetten) könnte man das mit Sicherheit annehmen. Wie erwähnt hat Schulhoffs in seinen
mittleren Jahren sich v.a. anderen Genres wie Klavier- und Kammermusik, Orchestermusik und seiner
einzigen Oper Die Flammen zugewandt und kam erst 1933 aus politischer Überzeugung zum Lied (im
Falle des Zyklus 1917 wohl aber eher des politischen Agitationssongs) zurück. Auch finden sich seine
für ihn berühmten Jazzstilelemente (die es auch nur zwischen 1919 und 1931 letztmalig im Scherzo alla
Jazz seiner 2. Sinfonie gab) niemals in seinem Liedschaffen wieder.
Ist das Liedwerk also als ein Nebenschauplatz seines Schaffens zu betrachten?
Schulhoffs Verhältnis zu Texten war im Gegensatz zu literarisch hoch gebildeten und in ihrer Textwahl
sehr wählerischen Komponisten wie Schumann oder Pfitzner ein unmittelbarer und kein intellektueller.
Er war also sicher kein idealtypischer Liedkomponist wie die beiden genannten. Dafür spricht die Art
und Weise, wie er an die Quellen seiner Texte kam: im Frühwerk sind beinahe alle auf gängige Gedicht-
anthologien seiner Zeit zurück zu führen.
Trotzdem ist sein Liedschaffen kein Nebenschauplatz in seinem Schaffen, weil wir mit seinem Liedœuvre
einen sehr vielfältigen Beitrag zum Lied zwischen Spätromantik, Impressionismus und Expressionismus,
Politsong, Volksliedbearbeitung und Schlager finden. Sie bezeugen letztendlich die Vielfalt eines Kom-
ponisten, der das Ende der Wilhelminischen Epoche, der Weimarer Republik und Europa unter Hitlers
Joch in seinem Schaffen trefflich wie kaum ein anderer widerspiegelt.
Der Herausgeber ist überzeugt, dass Schulhoffs Lieder ein großer Gewinn für das Repertoire werden
können und diese Gattung wesentlich bereichern.

3 Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, S. 123, Hamburg 1994
VI

General Foreword

Erwin Schulhoff – a rediscovered lied composer?


The appreciation of Erwin Schulhoff’s oeuvre in the modern concert scene has been generated by a re-
naissance pioneered by performers such as Gidon Kremer, Gerd Albrecht and numerous others. In 1941,
Schulhoff had assumed Soviet citizenship just before Hitler’s invasion of Russia during the same year to
facilitate his flight from the Nazis, but was unable to implement his plan in time; when he died of tu-
berculosis in 1942 in the internment camp for “foreign state enemies” in the fortress Wülzburg (in the
vicinity of the Bavarian city of Weißenburg), the contemporary composer was already falling into oblivion.
His political situation as a German Jew in 1930s Prague had already more or less destroyed Schulhoff’s
earlier reputation as a serious composer. He had chiefly survived in the 1930s through his activities as a
sought-after pianist within the spheres of jazz and popular music. When his contract expired with Universal
Edition in Vienna in 1931 (his other major publisher alongside Schott in Mainz), his career prospects as
a serious composer were virtually eradicated. None of the subsequent works composed up to the end
of his life was published prior to his death – a sad state of affairs in consideration of his international
success as both composer and pianist during the 1920s.
The already published works of his compositional output are naturally the best known and most fre-
quently performed: they cover the period between 1919 and 1931 which we would like to categorise
as his middle phase (the most active artistic phase of his life). It is this period which chiefly characterises
the image of Schulhoff in the eyes of concert audiences and music-lovers. The works which would shape
his reputation as a composer influenced by Dada and jazz up to the present day were all written during
these thirteen years.
In 1931, Schulhoff professed himself openly as a follower of Marxism and from this point onwards (above
all from the composition Kantate nach dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx WV 100 dating
from 1932) he committed himself to the creation of music conforming to the maxims of social realism.
He made it quite clear that he considered his earlier creative activity to be unsuccessful from this aspect:
“I will neither write a single note as before nor undertake any formalistic showmanship or tonal playfulness.
My music is not wistful and contains no decadent lyricism or hysterical outbursts; it has become hard, un-
compromising and relentless!”1
He lived up to this claim in his lied compositions, above all in the political cycle 1917 WV 110 dating from
1933. A further unknown but highly interesting side of the composer is represented by the early works
which can be dated to the years between 1910 and 1918. Here the young composer can be observed
in his development towards maturity, attempting to process the influences of his time (late Romantic
style and also Impressionism under the influence of Debussy). The early phase is significant as it contains
the majority of his lieder: over half of these pieces, namely 52 lieder (including a few fragments), were
composed between 1910 and 1915.
Curiously enough, Schulhoff’s lieder compositions can all be assigned either to his early phase from the
Zigeunerlieder (1910/11) WV 10 op. 122 to the Fünf Lieder nach Christian Morgenstern op. 20 WV 38
(1915) or to the later period beginning in 1933 with the cycle for baritone 1917 WV 110 and extending
to his cycle Národi písně a tance s Těšínska (Folksongs and Dances from Silesian Teschen) WV 120 containing
arrangements of folksongs dating from 1936, i.e. not from his more familiar middle phase. The only ex-
ception is the Fünf Gesänge op. 38 WV 52 composed in 1919.
These five songs are the only ones already issued (ed. by J. Bek) by Schott in 1994 and the Národi písně
a tance s Těšínska had already been published as early as 1960 in a trilingual edition by Panton/Prague as
the first of Schulhoff’s works to be issued after World War II, but has now been out of print for some time.
A total of 69 lieder and vocal works with piano accompaniment are now being published for the first
time which can be considered as a genuine discovery in view of the abundance of individual works.

1 Diary, 10 March 1941, quoted by Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, p. 117, Hamburg 1994 [Editor’s note.: Bek in-
dicates 1941 as the year of the diary entry. We surmise that 1931 would be the correct date.]
2 Schulhoff‘s own opus numbering of his works is somewhat confusing (as in the case of Busoni). A first series goes up to Op. 20,
but around 1912, he begins again with Op. 1 and utilises Op. 44 as his last numbering in 1924. For this reason, we have also
included the WV of Josef Bek’s chronological catalogue of works to bring some order into this confusion.
3 Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, p. 123, Hamburg 1994
VII

If the five fragments, two popular songs (slow foxes) and the agitational songs dating from the 1930s
are added to this collection, Schulhoff actually composed an impressive 89 lieder which will substan-
tially enhance the image of the composer in this three-volume publication. The Critical Report provides
information on the state and legibility of the fundamental source material.
***
The critical question must be addressed as to whether Schulhoff would have wished to have the large number
of lieder only in the form of sketches printed. If the musical content of the lieder surviving in fair copies
is compared to the sketches, the question must be answered with a resounding yes. It has also not yet been
possible to establish whether fair copies of a number of lieder existed which were subsequently lost.
Due to missing endings and in one case the lack of a piano accompaniment for one of the lieder (Ganz
still zuweilen op. 11,1 WV 13), the editor occasionally had to act as an authentic co-author remaining
loyal to Schulhoff’s style.
We have also chosen not to publish interpreted texts, but only the original surviving material. This means
that we have refrained from adding any significant dynamic, articulation, tempo or agogic markings to
a number of lieder so that it is left to the good taste of singers and pianists to determine their own inter-
pretation of the songs.
As Schulhoff grew up speaking German, only a few later works (18 lieder) were settings of Czech texts.
This is puzzling as, although Schulhoff had returned to resettle in his home city of Prague in October
1923, he only gradually ventured to write lied settings with texts in the Czech language starting from
1934. Bek reports3 that Schulhoff was keen to enlist the aid of his literary friend Rudolf Fuchs when
translating these Czech texts.
This edition also includes the two above-mentioned popular songs (slow foxes) Dneska každá modní
žena (Women who trust fashion) WV 185 and Susi WV 124 (in a text version by O. Rauber) as well as
the politically motivated lieder Píseň o Thälmannovi (Thälmann Lied) WV 113 and K 1. Màji 1934 (for
the 1st of May 1934) – Massenlied WV 115 (both with piano accompaniments created by the editor) and
the Trinklied (with lute accompaniment!) WV 114. The song Der Aktivist WV 188 which is only alluded
to in Bek’s catalogue of works has still not been discovered and must probably now be considered as lost.
Although the above-mentioned occasional compositions cannot be strictly categorised as piano lieder,
they have been included in our edition to complete the image of Schulhoff as a vocal composer.
***
Was Schulhoff actually a lied composer? In view of the 89 contributions to the genre of accompanied
solo lieder (alongside two duets), this could safely be assumed. As already mentioned, Schulhoff devoted
himself to other genres such as piano music, chamber music, orchestral music and his only opera Die
Flammen during the middle phase of his career and only returned to lieder (or rather to political agitational
songs as in the case of the cycle 1917) on the grounds of his political convictions in 1933. His famed
jazz stylistic elements (which are only visible in works written between 1919 and 1931 and appear for
one final time in the Scherzo alla Jazz of his 2nd Symphony) never appeared in his lieder compositions.
Do his lieder perhaps only represent a minority area of his compositional output?
Schulhoff’s relationship with texts was direct and not intellectual unlike highly educated literary com-
posers such as Schumann and Pfitzner who were extremely fastidious in their selection of texts. He was
therefore definitely not an ideally typical lied composer in the manner of the above-mentioned figures.
This is borne out by the sources of his texts: in his early period, almost all selected texts could be found
in the common poetry anthologies of his time.
Nonetheless, his lieder compositions do not represent a mere minority area of his oeuvre because they
clearly display his highly varied contributions to lied form oscillating between late Romanticism, Im-
pressionism and Expressionism and extending to political songs, arrangements of folksongs and popular
songs. These works ultimately underline the diversity of a composer who succeeded in capturing not
only the end of the Wilhemine era but also the Weimar Republic and Europe under the yoke of Hitler
in his works like almost no other composer.
The editor is convinced that Schulhoff’s lieder could become a great gain for the repertoire and provide
a significant enrichment of the genre.

3 Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, p. 123, Hamburg 1994
VIII

Vorwort zu Band I

Schulhoffs frühe Lieder, deren früheste erhaltene Beiträge (inklusive zweier Fragmente) in dieser Edition
zum ersten Mal veröffentlicht werden, entstanden zwischen seinem 16. und 17. Lebensjahr in den Jahren
von 1910 bis 1911. Josef Bek erwähnt, dass Schulhoff schon von 1908 bis 1910, also in seiner Leipziger
Studienzeit, sich an Liedvertonungen von Goethe bis Chamisso versucht habe, jene aber nicht erhalten
geblieben sind. Der Lerneffekt bei den frühen nicht erhaltenen ersten Liedversuchen war aber offenbar
recht beachtlich, denn schon seine frühesten erhaltenen Liedopera, die beiden Zigeunerlieder op. 12
WV 10 (deren Texte schon von Antonín Dvořák in seinen berühmten Zigeunermelodien op. 55, 3 bzw. 4
vertont wurden), zeugen bereits von einem handwerklich begabten Komponisten.
Frühwerke von Komponisten haben oft etwas unreifes oder unfertiges. Ausnahmen bilden vielleicht kom-
positorische Wunderkinder wie Mozart, Mendelssohn-Bartholdy oder Korngold. Man darf deswegen
beim jungen Schulhoff nicht erwarten, dass er sofort ein fertiger Komponist war. Trotzdem aber ist es
beachtlich, welch hohe Qualität die meisten der hier publizierten Lieder doch schon aufweisen. Schul-
hoff, von Jugend an eine große pianistische Begabung, schrieb von Anfang an gerne und häufig für sein
Instrument. Die Begleitungen seiner Lieder sind pianistisch durchdacht, dankbar zu spielen und klingen
allesamt sehr wirkungsvoll. Eine Melodie zu schreiben und eine Begleitung dazu zu erfinden, entsprach
aber v.a. zu Beginn nicht Schulhoffs Talent, denn er war kein genuiner Melodiker wie beispielsweise
Korngold. Bek bestätigt das und kritisiert deutlich Schulhoffs Defizit in der Melodieführung seiner frühen
Lieder: „Dennoch blieb der Vokalpart in den meisten Liedern immer noch kunstlos, er zeugt von Unerfahren-
heit im Umgang mit der menschlichen Stimme.“4
Viele Lieder Schulhoffs dieses 1. Bandes muten wie spontan komponierte Stimmungsbilder an, bei denen
der junge Komponist versucht hat, die Atmosphäre des jeweiligen Gedichts in einer einmal gefundenen
Begleitformel im Klavier auszudrücken, die das ganze Lied bestimmt. Beispiele dafür sind z. B. Traum
durch die Dämmerung op. 13,2 WV 11 oder die tonartlich und stimmungsverwandten Des Kindes Gebet
op. 19,2 WV 17 (pulsierende Akkorde in r. Hd.), Dämmerstunde op. 14,3 WV 12 (rauschend virtuose-
Arpeggien), Juli op. 18,3 WV 16 (raumfüllende ruhige Achtelketten, alternierend zwischen rechter und
linker Hand).
Völlig anders dagegen muten die Lieder an, die mehr erzählerischen oder balladenhaften Textvorlagen
folgen (stark differenzierte Binnenteile nebst kontrastiven Tempi, rezitativischen Einsprengseln, Fermaten
usw.) wie Ida op. 13,4 WV 11, Der Wanderer und das Blumenmädchen op. 13,5 WV 11 (ein Paradeexemplar)
oder das unvollendete Strolchenlied op. 18a,1 WV 14. Zwischen diesen beiden stark unterschiedlichen
Liedtypen gibt es auch Mischformen, die beide Aspekte in sich gleichermaßen vereinen, so z.B. Der Jun-
ge op. 19,1 WV 17 oder Wenn das weiße Mondenlicht op. 19,3 WV 17.

Denzlingen, im Frühjahr 2016


Klaus Simon

4 Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, S. 26, Hamburg 1994
4 Um Beks Einschätzung zu relativieren und Schulhoff etwas in Schutz zu nehmen, sei bemerkt, dass viele seiner berühmten zeit-
genössischen Kollegen (wie Schreker, Berg oder Schönberg) in ihren frühen Liedern nicht wirklich mehr Sinn für melodische
Schönheit vorweisen konnten.
IX

Danksagungen

Ohne die Liebe, Geduld und Fürsorge meiner Frau Andrea wäre diese Edition nicht entstanden. Ferner
danke ich meinen begeisterten und tatkräftigen „ersten“ Vokal-Interpreten Sunhae Im (Sopran), Tanja
Ariane Baumgartner (Mezzosopran) und Hans Christoph Begemann (Bariton), die nicht lange zögerten mit
mir dieses neue und unbekanntes Repertoire auszuprobieren und es - die ständigen Korrekturen bzw.
Neufassungen geduldig ertragend – in diversen Konzerten und der CD-Aufnahme erklingen zu lassen.
Ohne das Vertrauen meines Verlags Schott Music, vertreten durch PD Dr. Andreas Krause und Paul
Leonard Schäffer, wäre diese Edition nie so hochwertig und umfassend geworden.
Dr. Gottfried Eberle danke ich für die moralische und wissenschaftliche Unterstützung. Es war schön,
einen Fachmann in Sachen Schulhoff an meiner Seite zu haben.
Ohne die fachliche Kompetenz von Markéta Kabelková und Marie Štastná und ihrer Kolleginnen vom
Tschechischen Museum für Musik (Národní Česke Muzeum Hudby) und ihre Hilfe während meiner beiden
Pragreisen 2013/14, wäre dieser Band ganz sicher nicht entstanden. Nur dank des fachmännisch erfass-
ten und gelagerten Schulhoff-Nachlasses in Prag war eine Edition des Liedwerks überhaupt möglich.
Weiter möchte ich nicht vergessen meinen Freund Sven Hinz anzuführen, der durch sein Fachwissen
und uneigennützige Tipps beim Erstellen der Noten im Computersatz stets ein willkommener Ansprech-
partner und Helfer war.
Schließlich danke ich meinem slowakischen Kollegen Anton Illenberger für seine unentbehrlichen Über-
setzungen aus dem Tschechischen und seiner Assistenz bei Problemen mit tschechischsprachigen Texten.
Meinen Freunden Oliver Rauber und Cornelius Bauer ist ferner zu danken, sie haben fehlende Texte ge-
wandt und intelligent ersetzt und überdies Nachdichtungen einiger tschechischsprachiger Texte ins
Deutsche kundig und sprachlich höchst attraktiv beigesteuert – ein großer Verdienst!
Ohne Josef Beks bahnbrechende Arbeit als Schulhoffkenner in seiner wegweisenden und bis heute kon-
kurrenzlosen Biographie nebst akribischem Werkverzeichnis wäre ich wohl nie auf die Fährte der Lieder
Schulhoffs geraten. Ohne dass dies den Wert seiner Pionierarbeit im geringsten schmälert, konnten
einige kleine Irrtümer und Lücken im Werkverzeichnis bei der Recherche für diese Edition (immerhin
nun fast 22 Jahren nach Erscheinen seines Buches) korrigiert bzw. berichtigt werden.
Ich möchte Josef Bek diese Edition posthum widmen. Er hätte daran sicher große Freude gehabt.
X

Foreword for Volume I

Schulhoff’s early lieder were composed at the age of 16 and 17 between the years 1910 and 1911; the
earliest surviving pieces (including two fragments) are published for the very first time in this edition.
Josef Bek mentions that Schulhoff had already undertaken attempts to set various texts to music ranging
from Goethe to Chamisso between 1908 and 1910 during his student days in Leipzig, but that these
works had been lost. It seems that these attempts were followed by a steep learning curve, as the earliest
surviving lied compositions, the two Zigeunerlieder [Gypsy Songs] Op. 12 WV 10 (whose texts had already
been utilised by Antonín Dvořák in his famous Zigeunermelodien [Gypsy Melodies] Op. 55,3 and 4), already
display signs of a technically gifted artist.
Composers’ early output frequently reveals immature or unpolished characteristics with the possible ex-
ception of works by child prodigies such as Mozart, Mendelssohn and Korngold. It cannot therefore be
expected that Schulhoff’s early works would immediately show signs of maturity, and yet the high quality
already present in the lieder published in this edition is remarkable. In his youth, Schulhoff was already
a highly gifted pianist and took great pleasure in composing numerous works for his instrument. The
accompaniments to his lieder are well constructed for the piano, pleasant to play and highly impressive.
Since Schulhoff was no genuine melodist like Korngold, the writing of a melody and invention of an ap-
propriate accompaniment did not initially correspond to the range of his talent. This is confirmed by
Bek who criticises Schulhoff’s deficits in the melodic structure of his early lieder: “Nevertheless, the vocal
part remains somewhat artless, displaying a lack of experience in the handling of the human voice.”4

Many of Schulhoff’s lieder in this first volume appear to be spontaneously composed atmospheric
images in which the composer has attempted to express the mood of the relevant poem in a single ac-
companying formula on the piano, thereby determining the character of the entire song. Appropriate
examples include Traum durch die Dämmerung [Dream at dusk] Op. 13,2 WV 11 or the tonally and
atmospherically related Des Kindes Gebet [The child’s prayer] Op. 19,2 WV 17 (pulsating chords in the
right hand), Dämmerstunde [Twilight hour] Op. 14,3 WV 12 (blustering virtuoso arpeggios) and Juli
[July] Op. 18,3 WV 16 (spacious and tranquil chains of quavers alternating between the left and the
right hand).
These works stand in utter contrast to the lieder with settings of more narrative or ballad-like poetry
(strongly differentiated internal sections alongside contrasting tempos, recitative interjections, fermatas
etc.) such as Ida Op. 13,4 WV 11, Der Wanderer und das Blumenmädchen [The wanderer and the flower
girl] Op. 13,5 WV 11 (a prime example) and the unfinished Strolchenlied [Song of the vagabond]
Op. 18a,1 WV 14. Apart from these two strongly contrasting lied forms, we can also discover mixed
forms incorporating both these aspects such as Der Junge [The boy] Op. 19,1 WV 17 and Wenn das weiße
Mondenlicht [When the white light of the moon] Op. 19,3 WV 17.

Denzlingen, spring 2016


Klaus Simon

4 Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, p. 26, Hamburg 1994
4 In order to relativize Bek’s evaluation and provide a certain defence for Schulhoff, it should be noted that many of his contem-
porary colleagues (such as Schreker, Berg and Schoenberg) were also not able to demonstrate a substantially greater degree of
melodic beauty in their early lieder.
XI

Acknowledgements

This edition could not have been compiled without the love, patience and devotion of my wife Andrea.
I also thank my enthusiastic and keen “initial” vocal interpreters Sunhae Im (soprano), Tanja Ariane
Baumgartner (mezzo soprano) and Hans Christoph Begemann (baritone), who did not hesitate to sing
through this new and unfamiliar repertoire with me and perform the lieder in various concerts and CD
recordings, patiently enduring constant corrections and new versions.
Without the confidence of my publishers Schott Music represented by PD Dr. Andreas Krause and Paul
Leonard Schäffer, this edition would never have become so comprehensive and achieved such high
quality.
I thank Dr. Gottfried Eberle for his moral and academic support; it was highly valuable to have a Schulhoff
expert at hand.
This edition would also not have been possible without the expert competence of Markéta Kabelková
and Marie Štastná and their colleagues at the Czech Museum for Music (Národní Česke Muzeum Hudby)
and their support during my two sojourns in Prague in 2013/14. An edition of the lied compositions
could not have been produced without the expertly recorded and stored Schulhoff estate in Prague.
I would also like to extend my thanks to my friend Sven Hinz who was a constantly welcome contact
partner and helper during the preparation of the music in computer typesetting due to his expert know-
ledge and practical tips.
Finally I would like to thank my Slovakian colleague Anton Illenberger for his indispensable translations
from Czech and his help in solving problems concerning texts in the Czech language.
I additionally offer my thanks to my friends Oliver Rauber and Cornelius Bauer who replaced missing
texts with consummate skill and intelligence and supplied expertly formulated and linguistically superior
German adaptations of several Czech texts – a great achievement!
Without Josef Bek’s pioneering work as a Schulhoff expert with his ground-breaking and still unrivalled
biography and meticulous catalogue of works, I would never have set out on the path to Schulhoff’s
lieder. Without wishing to diminish the value of his pioneering work in any way, I was however able to
correct and rectify a few minor errors and omissions in his catalogue of works during my research in
preparation of this edition (almost 22 years after its publication).
I would like to dedicate the edition posthumously to Josef Bek who would doubtlessly have taken great
pleasure in this publication.

(Translation: Lindsay Chalmers Gerbracht)


1910 od. 1911

Zwei Zigeunerlieder
auf Texte von Adolf Heyduk
für Singstimme und Klavier
op. 12 (WV 10)
2

1. Rings ist der Wald so stumm


(Adolf Heyduk) Erwin Schulhoff
1894 – 1942
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Rings ist der Wald so stumm und still, das Herz schlägt mir so ban - ge;

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der schwar - ze Rauch sinkt tie- fer stets und trock - net mei - ne Wan - ge.

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13

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Ach mei - ne Trä - nen trock - nen nicht, mußt an - dre Wan - gen

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* vgl. editorischer Bericht Das widerrechtliche Kopieren von Noten ist gesetzlich
verboten und kann privat- und strafrechtlich verfolgt werden.
© 2016 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz 57725 Unauthorised copying of music is forbidden by law,
and may result in criminal or civil action.
3

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17

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su - chen, mußt an - dre Wan - gen su - chen!

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20

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Wer nur den Schmerz be - sin - gen

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23

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kann, wird nicht dem To - de flu - chen. Wer nur den Schmerz be - sin - gen kann, wird
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26

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nicht dem To - de flu - chen.

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57725
4

2. Als die alte Mutter


(Adolf Heyduk)

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Als die al - te Mut - ter mich noch lehr - te sin - gen,
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9

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Trä - Wim - pern gar so oft ihr
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13
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hin - gen. Jetzt wo ich die Klei - nen

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* vgl. editorischer Bericht
** in Bleistift alternativ darunter: in
57725
5

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17

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sel - ber üb’ im San - ge, rie - selt’s mir vom

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21

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Au - ge, rie - selt’s oft mir auf die brau - ne

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25

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Wan - ge; rie - selt’s oft mir auf die brau - ne

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 

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29
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    
Wan - ge!

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ossia:

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* vgl. editorischer Bericht
57725
1911

Fünf Lieder
für Sopran und Klavier
op. 13 (WV 11)
8

1. Ganz still zuweilen


Klavierpart rekomponiert (Cäsar Flaischlen) Erwin Schulhoff
von Klaus Simon 1894 – 1942
Unruhig und rastlos
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Ganz

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Klavier
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still zu - wei - len wie ein Traum klingt in dir auf ein fer- nes Lied ...

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8

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du weißt nicht, wie es plötz- lich kam, du weißt nicht, was es von dir


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12

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will ... und wie ein Traum

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16

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ganz leis und still ver- klingt es wie - der, wie es kam ...

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20
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wie plötz - lich mit - ten im Ge - wühl der

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24

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Stra - ße, mit - ten oft im Win - ter ein
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28

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Hauch von Ro - sen dich um - weht,


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10

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32

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wie o - der dann und wann ein Bild aus längst - ver - ges - sen - en

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36 3

     
Kin - der - ta - gen mit fra - gen - den Au - gen vor dir steht ...
     
  
              
   
    
    
       
  
       


40


     


                    
         
    
       
  

 
44

            

ganz still und lei - se, wie ein Traum ...

      
           
            
   
       
pp

    
   

57725
11


48

              
du weißt nicht, wie es plötz- lich kam, du

     
                        
 
   
     
  
   

   


52

              
weißt nicht, was es von dir will, und wie ein

  
    
                           
      
      
       

         
56

       

Traum ganz leis und still ver- blaßt es wie - der, wie es

                 
 
               
  
          
     

 

60

    
kam.

                
         
  


  

ppp
 
     
   
   

57725
12

2. Traum durch Dämmerung


(Otto Julius Bierbaum)

          
3 3
Stimme  
Wei - te Wie - sen im Däm - mer - grau;
                   
 
      

  

  

  

  

  

  
 
Klavier 3 3 3 3

       

             
3

   die Son-never - glomm,        die Ster - ne ziehn:     
                 
    
 

  
    
3 3 3 3

         
 

      
9

       

nun geh’ ich zu der schön - sten Frau,

        * 







  
  






  
  








         

       
3 3 3 3

         
  
13
          
         
    
weit ü - ber Wie - sen im Däm- mer - grau,

                       
                      
     
3 3 3 3

         


 
* vgl. editorischer Bericht

57725
13

 3    (  )
17

        
   
tief in den Busch von Jas - min.

                       
     

 

  

   

   

 

 

3 3
3 3

         


  

 
21

   
         

Durch Däm - mer- grau in der Lie - be Land;

       
3

    


3 3 3

      
        
  
     
       


       

          
25

     
3

ich ge - he nicht schnell, ich ei - le nicht;

       






       







                   
   
3 3 3 3

         


  
*
  
29

      
mich zieht ein wei - ches, sei - de - nes

                       
          
       
   

 

   

 

3 3 3 3

         


* bei Bierbaum: „samtenes“
57725
14


33

      
     

Band durch Däm - mer - grau in der Lie - be
        
       
3 3 3
               
                
3

   
     
    
37
 
    
Land, in ein blau - es, mil - - des

                     


3

                

   

 

 

 

3 3 3

      
41 
 
    
           
                
Licht.

     
    

  

 

  
    
3 3

   
3 3

        
  
   

3. Graue Engel 
(Max Dauthendey)

     2   2   2      
Stimme   
Grau - e En - gel ge - hen um mich,
                            
                               

         
Klavier
 
    
   
57725
15

 
6
 
       
2 2 2 2
   
se - hen trau - ernd auf dich, mei - ne See - le,
                              
                          
           

  2      2   2     
11

     
2 2 2

sie ste- hen mit lah - men Flü - geln an A - schen - hü - geln und sin - nen;
                              
                          

              

      
16
2
  
2 2 2
     
drau - ßen und drin - nen ist es A - bend, mei - ne
   
                        
   
         

 
20

       
See - - le.

   
                          
   
      

     
 

   
57725
16

4. Ida
(Originaltitel: Lady Rosa)
(Hermann Hesse)

Langsam und melancholisch



  
p
     
      
Stimme

   Du mit der Stir - ne vol - ler

     
            
     
 
Klavier

                  

   
     
8 mp mf

           (  )
Licht, du mit den wun- der - ba - ren Braun - au-gen und den sei - de - nen
*

        
               
  
      

         
             

rit. Sehr langsam

 
14 f
    
p schmerzlich
          
    
Haa - ren, ich ken - ne dich! Du a - ber kennst mich

  
     
              
    
 3

       
      


   
     
* Hesse: „seidnen“
 3

57725
17

a tempo

21
p
   
      


nicht. Du mit dem kla - ren An - ge -

      
                
          
 
 
                   

                
26 mp schwärmerisch

  
6

- sicht, du Zar - te mit dei - nen lei - sen, fremd - län - di - schen, sü - ßen

              
    
    
  
       
mit verhaltener

Leidenschaft Sehr langsam
31
 

p p
   

 pp sehr schmerzlich
             
 
 
Lie - der - wei - sen, ich lie - be dich! Du a - ber kennst mich
ossia: 

 
     

    
   
   
    
   
 
 
   
ossia:





(a tempo)
39
 
     
morendo ausklingen

 

 
nicht.


              
             
   

      
     

57725
18

5. Der Wanderer und das Blumenmädchen


(Emil Alfred Herrmann )

Nicht schnell aber sehr frisch



  
f
     

Stimme

    

     
 ,Kauft

             


Klavier
     
        
Langsam und traurig
    
6

mf
   
        
 
          
Ro - sen, Herr! Kauft Ro - sen!‘ „Was sol - len mir die
 
        
 
      

    



1. Zeitmaß
11
  
*
   
mf neckisch
      
                  
 
Ro - sen?“ ,Ei – die sollt ihr Eu- rer Liebs - ten schen -ken!‘

 loco
  
(weisse Tasten)

gliss.
   

 


  
  
     
 

  

1. Zeitmaß (ruhiger)
15

2. Zeitmaß
   
hastig
           

           

 loco
  „Ich ha - be kei - ne.“  ,Und

  



    
 
        
       

 

* die untere Stimme als ossia
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1. Zeitmaß rit. a tempo


    
*
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19 pp schwärmerisch

       

    
 
wenn Ihr kei - ne Liebs - te habt, wann die Ro - sen blühn, wann die Her - zen glühn:
  

 



 


 
 
 
     

    
Langsam
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schnell
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23 f

      
pp
   
    
Dann lägt Ihr bes - ser im tie - fen Grab – wenn Euch kein

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rit. 1. Zeitmaß
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26
f
       

 
Lieb - mä - del her - zen mag um die Ro - sen - zeit,
 
    

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 loco

              
 
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   
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
Sehr langsam
 
1. Zeitmaß
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30 und wie aus der Ferne
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pp
     
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
um die

Ro - sen -zeit.‘
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* bei Herrmann: erst glühn dann blühn
57725
1911

Drei Lieder
für Sopran und Klavier
op. 14 (WV12)
23

1. Februarschnee Erwin Schulhoff


(Cäsar Flaischlen)
1894 – 1942
  Schnell

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Stimme

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Klavier p p

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   
sim.

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4

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mf 2

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mf
  
   
Fe - bru - ar - schnee tut
nicht mehr weh, denn der

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8
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2
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2
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März ist in der Näh’!

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    sim.

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11 p
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mf
         


    im März  
A - ber hü - te das
         
Herz,


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               
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2
pp

2 mf
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57725
24

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14

       
2

 
2

daß es zu früh nicht knos - pen


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17

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will! War - te,

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20

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war - te und sei still!
  
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sim. 
23

Langsamer f *
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2

      
**

    
Und wär’ der son- nigs - te Son - nen - schein, und wär’ es noch so still auf Er - den,

  
           
      
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   

  
 
* in Schulhoffs seperater Gst. als Achtelquintole notiert
** bei Flaischlen: grün
57725
25

 mp   
    
28 p p 2

          
2


war - te, war - te und sei still: es

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                  
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pp äußerst fein pp
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          
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 
sim.
Tempo I
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32

     

 

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muß erst A - pril ge - wor - den sein,
   
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  

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 
  sim.

    
35 p 2

         
2


be - vor
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es Mai kann wer - den!
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               
                
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38 nicht langsamer werden
    

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pp

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  
57725
26

2. Sommerabend
(Otto Falckenberg)

Langsam
 
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mp
      

Stimme

Die Luft ver - däm - mert,

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                        
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Klavier

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p

  
  
  
   sim.


4 mp
       
   
noch von Son - ne warm ... Sieh, wie die

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                       
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   
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 
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8 mp

    
    
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Ber - ge fern im Blau zer - rin - nen, er - reich - bar kaum den

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               
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 

 
     
57725
27


12 mf
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     

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müd- ge - wach- ten Sin - nen. Fühlst Du die Trau - er, die mein Herz be -

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                       
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mp

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 
  
(a tempo)
breiter werden
  
15 ff mp
  
     
- fällt? Sieh, un - se - re Wün - sche sind zu

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                     
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 
      


  
18 mp

        
arm für die - se Welt.

l. Hd.

 
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

*
 
ersterbend

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  
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  
  
  

* siehe editorischer Bericht
57725
28

3. Dämmerstunde
(Friedrich Adler)

Schnell und hastig


 
Stimme    

 
äußerst fein
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         
pp
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Klavier

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9 9 9 9

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 

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mf hastig f
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3

       
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Sprich nur, sprich! Ich hö - re die Re - - de

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9

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rin - - nen, ich hö - re dich.

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      
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9 9 8
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13

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   
57725
29

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8

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2

Sprich nur, sprich! *

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2
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       
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11

  
2
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 
Durch das Ohr nach in - - nen glei - tet die

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9
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13


   

mp
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13
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2

Wel - - - - le; Frie - den trägt sie und

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13 7

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15



  
* Textwiederholung von Schulhoff
57725
30

 
15

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 
Hel - - - - - le tö - nend mit sich.


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15
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17
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   

Ich hö - re die Wor - - te

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19 f
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rin - - - nen – ich

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9 11
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  
57725
31

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21

      
 
will mich auf keins be - sin - - nen

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9
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9 9 9

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
breit

p 2
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23 ff

2

  
ich hö - re dich.
     
 Sprich nur,

      
        
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 
pp

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 
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 

2

26

      

 
sprich! **

       


        
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pp

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9 9 9 9


 
  
28

 
 
 
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       
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pp

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 
      

  
 
   
* siehe editorischer Bericht
** vgl. Anmerkung zu T. 8
57725
1911

Laß mich an Deinem stillen Auge


für mittlere Singstimme und Klavier
(WV12a)
34

Laß mich an Deinem stillen Auge


(Max Dauthendey) Erwin Schulhoff
1894 – 1942

      
Stimme      
Laß mich an Dei - nem stil - len


           

              
    
Klavier
  
              
    


4
         
           
Au - ge ruh’n, Dein Au - ge ist der still - ste Fleck auf Er - den.

   
    
  
                 
   
   
         
         

      
7

                 
Es liegt sich gut in dei - nem dunk - len Blick, Dein Blick ist gü - tig wie der

     
 
        
    
    
        
 

           
    
 
57725
35

         
10

        
wei - che A - bend. Vom dun - klen Ho - ri - zont der

        
         
        
        
   
        
                  



13

   
*
                

Er - de, ist nur ein Schritt hin - ü - ber in den Him - mel In dei - nem Au - ge

    
         
           
             
 
   
      
        
   

16
 
          
en - det mei - ne Er - de.

         
            
 


   
        
  
* siehe editorischer Bericht

57725
1911

Zwei Lieder
für Sopran und Klavier
op. 18a (WV 14)
39

1. Strolchenlied
neu textiert von: Fragment
(untextiert) Erwin Schulhoff
Oliver Rauber
1894 – 1942
    
Stimme          
 
               
Ich wan - dre

   
         
      
 
Klavier

        
   


 3
   
6
    
       
3

  
3


ü - ber Feld und Au - en, frisch in die Welt hi - nein. Hab’ ich ein Lied - chen fein,
   
   
   

    
   


10

                 
 
          
kehr ich dort ein, nur bis zum Mor - gen - grau - en.
        
 
   
 
    
    

   
         

     
14

      
3

          
3
 
Ich zie - he mei-ne Stra -ße al - lei - ne, nie - mals am sel - ben Ort, im- mer- fort

 
    
        
  
   
         
 

57725
40

2. Wanderschaft
(Irene Forbes-Moser)

Stimme        

         
   

           

     
    
 

Klavier
        

     

         
       
6

  
1. In den Stra - ßen will ich sin - gen, fühl’ ich auch mein Herz zer- sprin - gen,
2. Ruh - los mit den dunk - len Schwal- ben, mit den Blät - tern, mit den fal - ben,

         
     

     
          
        
  

11

         
 
       
vor den Häu- sern fremd und groß... A - bends, wenn die Schat- ten fal - len,
ziehn wir wei - ter, ich und du... Dort, wo mil - dre Lüf - te we - hen,

            
       
  
     
        
      
 
      
  
57725
41

15

             
      
Men - schen- schrit - te rings ver - hal - len, sitz’ ich – un - be - kannt von al - len –
Gna - den - bil - der auf uns se - hen, Kir - chen - tü - ren of - fen ste - hen,
    
      
   
   


          




19 
          
 
wie - ge trau - rig dich im Schoß. Ah!
deckt uns bald die Er - de zu!

 
        
       
 

   
  
          
   


23 *

      

 


Ah!

            
              
  
  

      
  
   
     
    
* im Original a', siehe editorischer Bericht
57725
1911

Drei Lieder
für Sopran und Klavier
op. 19a (WV 15)
44

1. Tanzlied
(Otto Julius Bierbaum) Erwin Schulhoff
1894 – 1942

Stimme     
  
          
        
         
 
              f     
Klavier

           
        
 
4

  
 
         

        
Es ist ein Rei - hen ge - schlun - gen, ein

                
  
p

             















  

        
7
   
2

       
  
                   
Rei - hen auf dem grü - nen Plan, und ist ein Lied ge - sun - gen, das

  
       
 
                      
 
   

  
11
        
      
fängt * mit Seh - nen an, mit Seh - nen, al - so

               
   
         
 
       
     
    
         
   
* Bierbaum: hebt
57725
45

    
14 2

           

sü - ße, daß Wei - nen sich mit La - chen paart:

 
               
                   
  
            
  
    
     
  
      
 
  

17
  
                
   
Hebt, hebt im Tan- ze die Fü - ße auf lenz - li - che* Art.

           
      

  
       
**  
    
   

        
                 
       
  


22

    


***
    
            

           
 

        
f p f
  
                      
       
* Bierbaum: lenze -
 
** siehe editorischer Bericht
*** Der Schlusstakt ist vom Herausgeber ergänzt.

57725
46

2. Es war einmal
(Cäsar Flaischlen)


Stimme       

                            
                                  
3 3
 3 3

3 3
Klavier
       
3 3

     


5

      

          
                      
                      
   
3 3 3 3


                  


  
9

        
3 

 
  
Es war ein - mal ... im
      
   3 3
    

3 3
                    

          
  
    

57725
47

 
12

         
   
Mo - nat Mai... kaum erst ein Jahr ist's her!...

                            


        
 

3 3 3


3
 
3
 
3

     
 

 
15

    
3

         (  )
denk’ ich an je - nen Mai zu - rück, wird mir ums Herz so

                            


    
       
    
3 3 3 3 3
 

     
18

           
 
schwer!... In wei - ßen Ro - sen stand die Welt, und Glo - cken klan - gen

                             
            
 3 3 3

   
     
 
   
22
 
               
durch die Luft, und schau - ernd stumm vor Glück und Lust durch - schrit - ten Hand in Hand zwei
                          
                      
  
                

3 3

            



57725
48

    
26

         
Kin - der das blü - ten - traum - ver - sun - ke - ne Tal ...

                      


                            
 
  
3 3
  
3

3

 
   

  

      
29

         
Es war ein - mal! ... es war ein- mal! Denk’ ich an je - nen

              
                         
 
 
   
3

    
3

    
 

           
32 3

        
Mai zu - rück, an je - nen Mai zu - rück - Ver - wel - kte Ro - sen, ver-

        


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49

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-wel - ktes Glück!

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50

3. Wiegenlied
(Emil Alfred Herrmann)

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Und was seh’ ich denn da o - ben im

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Klavier

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Him - mel in ei - nem gro - ßen blau - en Saal?

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O vie - le vie - le wei - ße Eng - lein. Und was ma- chen

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* siehe editorischer Bericht

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10

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3
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die denn da? Die ei - nen put - zen den Mond blank,
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die an - dern put -zen die Stern - lein, daß sie heut nacht schön

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blink - blank in mei’m Kind - le sein’ Traum schein’.

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1911

Drei Lieder aus der Sammlung


„Das Lied vom Kinde“
für Sopran und Klavier
op. 18 (WV16)
54

1. Einem Kinde
(Gustav Falke)
Erwin Schulhoff
Langsam und äußerst zart 1894 – 1942
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schläfst, und sach - te neig ich mich ü - ber dein Bett - chen

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und seg - ne dich.

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15

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3
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Je - der be - hut - sa - me A - tem - zug ist ein schwei - fen - der Him - mels - flug,
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19
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ist ein Su - chen weit um - her, ob
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nicht doch ein
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Stern - lein wär,

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wo aus ei - tel Glanz und Licht Lie - be sich ein Glücks -kraut bricht,
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das sie ge - flü - gelt her - nie - der - trägt und dir aufs wei - ße Deck - chen

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2. Geheimnis
(Anna Ritter)


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trag’ ein glück - se - lig Ge - heim - nis mit mir he - rum,

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ich möcht’s al - len Leu - ten ver - trau - en und bleib doch stumm!

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Ach, ju - beln möcht ich und sin - gen,
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57

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von früh bis spät - und re - ge nur heim - lich die Lip - pen, wie zum Ge - bet!

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3. Juli
(Theodor Storm)

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Klingt im Wind ein
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Wie - gen - lied, Son - ne warm her - nie - der - sieht;

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7

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sei - ne Äh - ren senkt das Korn,

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10
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ro - te Bee - re schwillt am Dorn, schwer von Se - gen

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13

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ist die Flur – jun - ge Frau, was sinnst du nur?

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1911

Drei Lieder [aus der Sammlung


„Das Lied vom Kinde“]
für Sopran und Klavier
op. 19 (WV 17)
60

1. Der Junge Erwin Schulhoff


(Luise Rafael) 1894 – 1942

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Klavier

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Da kommt er ge -

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- lau - fen mit glühn - dem Ge - sicht, die Au - gen, die Lip - pen, die

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15

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la - chen heut nicht. Es zit - tert sein Stimm- chen, als zor - nig er

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57725
61

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20

              
spricht: „Der Hans ist ein Bu - be, der Her - mann ein Wicht!
   
       
       
          
     

         
25

           
 
   Sie sag - ten, sie sag - ten –“ sein Stimm - lein, das bricht:

          
    
          
 

30
      
    
3

          
„Sie sag - ten: Du hast ja ein Mäd- chen - ge - sicht!“ 
    
  
           
  
       
 
            


36

      
                    
             

               
           
      

57725
62

2. Des Kindes Gebet


1. Fassung
(Luise Rafael)
Langsam und getragen
Stimme             
Wenn die klei- nen Kin - der be - ten,

                     
    
      

 

 

 

 

  
  
Klavier 3 3 3 3

       

      
5

             
hö - ren all die Stern- lein zu, und die Eng - lein al - le tre - ten leis her - zu auf
            
                      
         
3 3 3 3

        
  


     
9

      
        
gold - nem Schuh! Lau - schen auf des Kin - des Wor - te,
    
          
                    
3 3 3 3

        
    
* l.Hd. wohl versehentlich asyncron rhythmisiert, daher wie in Erstfassung.
57725
63

     
13


           
schlie - ßen tief ins Herz sie ein, tra - gen durch die Him - mels - pfor - te

          
      
3

       
         
     
     
 
3

 
3 3

       
  
    

     
17

     


sie zum lie - ben Gott hin - ein.

                   


  
     
        
  
3

 
3

3

  
 
   
 
 
 

20

   
          
 
          
      
3 3


     

 

  

57725
64

2. Des Kindes Gebet


2. Fassung
(Luise Rafael)

Langsam und getragen


Stimme             
Wenn die klei -nen Kin- der be - ten,

                     
    
      

 

 

 

 

  
  
3 3 3 3
Klavier

  
*
    

     
5


            

hö - ren all die Stern- lein zu, und die Eng - lein al - le tre - ten leis her -
                
               
     

       
  
3 3 3 3

      
      

  
9

             
 
- zu auf gold - nem Schuh! Lau - schen auf des Kin - des Wor - te,

   *             
 
      
      
    

 

    
  
3 3 3

  


  
    
* l.Hd. wohl versehentlich asyncron rhythmisiert, daher wie in Erstfassung.

57725
65

      
13


             
schlie - ßen tief ins Herz sie ein, tra - gen durch die Him - mels -pfor - te

            
          
3

       
      
      
3

 
3 3

      
  
  
    

   
17

      
 
sie zum lie - ben Gott hin - ein.

       

    
          
    
  
    
3

    
3

   

20

    

           

          
   


   
   
  
 
      
   
3 3 3


   
  

 

 

    
* Rhythmus im Klavier r. Hd. analog angeglichen

57725
66

3. Wenn das weiße Mondenlicht


1. Fassung
(Ada Christen)

    
Stimme        
 Wenn
 das wei - ße Mon
 - den - licht

       3                
          
Klavier
3
3
 3 sim.  
             
   

          
4


      
durch die kla - ren Schei - ben rinnt und dein hol - des An - ge -

                              
       
      
   
       
      

  
7
 
            
- sicht sacht mit Schlei - ern ü - ber - spinnt,

                             
          
  
            
   

 
10

        
     
wenn das Kind an dei - ner Brust träu - mend lä - chelt,

 
                 
3 3
       
         
        
       
 
  
57725
67

  3 
12

               
  
fremd der Welt, ahnt mir, daß es un - be-wußt, daß es

     3
  
      
         
    
3

          


15
   
                
un- be - wußt *
**
       
noch mit En - glein Zwie - sprach

       
    
 3
 
 
   
               
3
  
3
    
 3
3

 
19


        
 
  
hält... Wenn das wei - ße Mon - den - licht

         
             
3
         
3
3
 3 sim.  
    
         

   
22

            
durch
  
die kla - ren Schei - ben rinnt ... 

          
     
    
  



  
    3    

    

          
  
3
* Wortwiederholung von Schulhoff
** bei Ada Christen: Engeln
57725
68

3. Wenn das weiße Mondenlicht


2. Fassung
(Ada Christen)

 
Stimme          
 
 Wenn
 das wei - ße Mon
 - den - licht

       3                
          
Klavier
3  3 sim.  
 
3

             

       
4

           
durch die kla -ren Schei - ben rinnt und dein hol - des An - ge -

                            
             
   
    
       
 

     
7

        
    
- sicht sacht mit Schlei - ern ü - ber - spinnt,

                         
           

     
        
   

 
10

            
wenn das Kind an dei - ner Brust träu - mend


                   
          

            
      
 
* Vorzeichen unleserlich, Variante §
57725
69

 
12

            
 
lä - chelt, fremd der Welt, ahnt mir, daß es

     


3 3

             
3 3 3 3

     
                 
  
      
  


       
15

           
    

un - be - wußt, un - be - wußt,* noch mit En - glein**Zwie - sprach


      

  
         
  

 
18
  
       
  
hält ... Wenn das wei - ße Mon - den - licht

         
             
3
         
3
3
 3 sim.  
            
 

   
21

            
durch
 
die kla - ren Schei - ben rinnt ... 

          
      
    
   



 
   3 
     




          
  
3
* Wortwiederholung von Schulhoff
** bei Ada Christen: Engeln
57725
Anhang / Appendix
1911

Die Nadel fliegt (Mia Holm)


aus der Sammlung „Das Lied vom Kinde“
für hohe oder mittlere Singstimme und Klavier
Fragment
(WV 17a)
72

Die Nadel fliegt


Fragment
(Mia Holm) Erwin Schulhoff
1894 – 1942

        
Stimme   
    Die Na - del

    
3
  
          
   
Klavier    
          
   


4

          
  

fliegt, die Wan - gen bren - nen, und Trän’ um

       
         
          


 3  
     
   
        
     
3 3 3 3
3 3 3 3

 
6

             
Trä - ne rollt und rinnt: das letz - te

 
   
         
  
      

         
3

  
3
    
3 3 3

     

  
3   
  3   3

3
57725
73

   
8
  
3

             
Kleid, das ich dir nä - he, das al - ler - letz - te, lie - bes Kind.


3 3
 
   
3

                          


3 3    
3

 
3 3
  
3
          
3
 
3 sim.
     
3 3
             


3


10

           
 
   3  
3
  
Dies letz - te Kleid ist weiß und duf - tig, dein er - stes Kleid - chen war es


                       
        

 
                          
   

          
12

        
auch, und so wie da - mals ste-hen heu - te


 
        
        

                        
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    
 
                       
      
57725
74

Editorischer Bericht

Zu den Quellen:

Hauptquelle für den Nachlass Erwin Schulhoffs ist das Museum der Tschechischen Musik in Prag (Muzea
České Hudby, Praha: Abk. MČH), in dem Werke, Schriften usw. seit Ende der 1970-er Jahre systematisch
gesammelt und archiviert wurden.
Die Liedkompositionen in dieser umfangreichen Sammlung wurden vom Herausgeber intensiv gesichtet.
Andere Quellen wie andere Ausgaben gibt es im 1. Band nicht. Alle Lieder dieses Bandes werden hier
erstmals veröffentlicht.

Die Quellenlage lässt sich in zwei Kategorien einteilen.


1. Reinschriften (Partituren mal mit oder ohne separat textierte Singstimme)
2. Skizzen

Die Reinschriften sind größtenteils gut lesbar, jedoch selten vollständig ediert, d.h. es fehlen oft Angaben
zu Artikulation, Phrasierung, Dynamik, Tempo usw.
Die Skizzen sind oft sehr schlecht zu entziffern und wesentlich unvollständiger im Notentext. Wie dieses
Problem gelöst worden ist, dazu siehe folgender Abschnitt Zur Edition.

Zur Edition:

Als Herausgeber der Lieder Schulhoffs muss man sich zwischen einem sinnvollen und einem originalen
Notentext entscheiden. Wenn Schulhoff selbst in Reinschriften jede Art von Artikulation, Phrasierung,
Dynamik, Tempo usw. nicht notiert, so ist das natürlich für Interpreten augenscheinlich unvollständig.
Der ausübende Musiker ist es gewohnt, ab der Musik der Klassik im Notentext dahingehend versorgt
zu sein.
Dazu ein kleiner, aber essentieller Exkurs zur Editionsgeschichte.
Wir wissen, dass die Musik J.S. Bachs im Manuskript „rein“ und frei von den erwähnten musikalischen
Parametern war. Ein Ferruccio Busoni oder Hugo Riemann waren nicht die einzigen, die „sinnvoll“ im
Sinne von „werkdienlich“ diverse Werke Bachs als Herausgeber romantisch interpretierten, in dem sie
Artikulation, Dynamik und Phrasierung hinzufügten.
Das ist historisch interessant und für die damalige Zeit sicher sehr sinnvoll und wichtig gewesen, aber
auch diese Ausgabe der Schulhofflieder soll aus der Erkenntnis lernen, dass editorische Zutaten der
Herausgabe dieser Lieder eher schadet als nützt. Wir lassen das nur stehen, was Schulhoff uns hinter-
lassen hat – auch wenn manches Lied doch optisch erst mal „unfertig“ wirken mag.

Einem puristischen Urtextanspruch werden wir aber dennoch nicht bedingungslos folgen, weil wir meinen,
dass die gute Lesbarkeit eines edierten Notentextes heutzutage auch eine originale Handschrift verbes-
sern kann.
So haben wir gelegentlich uns erlaubt, Tonartbezeichnungen mit ihren jeweiligen Akzidenzien zu setzen,
wo Schulhoff keine schrieb, um das Notenbild zu entlasten.
Beispiel: in der Reinschrift und im Erstdruck (Panton 1960) der Národní písně a tance z Těšínska (Volkslieder
und Tänze aus Schlesisch-Teschen) WV 120 standen in der Gesangsstimme immer Tonartbezeichnungen,
während im Klavierpart Schulhoff wohl darauf verzichtet hat. Die Absicht ist klar: Schulhoff wollte seine
kompositorische Zutat zu den originalen Volksliedmelodien davon unabhängig kennzeichnen. Für einen
Pianistin oder einen Pianisten ist das aber ein unnötiger Leseballast, dem wir in unserer Ausgabe Tribut
zollen, dass wir auch im Klavierpart die Tonartbezeichnung durch die jeweiligen Akzidenzien gesetzt
haben.
Des Weiteren haben wir uns die Freiheit erlaubt, die Zweideutigkeit der 6/4-Takt-Notation in einigen
Fällen auf die eindeutige 3/2-Takt Notation zu ändern. Zweck ist die metrische Klarheit. Es ist ein großer
Unterschied, ob man den Takt in drei oder zwei metrische Einheiten fühlt. Die 3/2-Takt-Notation steht
eindeutig für einen dreiteiligen Takt. Schulhoffs originale Notation war diesbezüglich oft etwas zu un-
eindeutig bzw. musikalisch irreführend.
75

Eine Besonderheit (v.a. im Frühwerk) ist, dass Schulhoff oft den Text seiner Lieder nur in eine separate
Gesangsstimme „rein“ geschrieben hat, d.h. die eigentlichen Partituren sind oft untextiert. Teilweise
konnten bzw. mussten fehlende Texte bei fehlenden separaten Gesangsstimmen aus den Gedichtbänden
rekonstruiert werden, was in puncto Textverteilung nicht immer leicht und eindeutig war.
Letztendliche Gewissheit ist bei manchen Takten nicht zu erreichen und daher musste der Herausgeber
Entscheidungen treffen, die oft schwierig waren. Im Einzelfall werden diese Entscheidungen bei den
einzelnen Liedern mitgeteilt.
Gelegentlich musste der Herausgeber Lücken schließen, in diesem 1. Band im Falle des Liedes Ganz still
zuweilen op. 13,1 WV 11. Hier wurde der Klavierpart anhand dreier überlieferter Takte der Figuren in
der r. Hd. in einer der Quellen rekonstruiert bzw. rekomponiert. Das geschah nach bestem Gewissen,
um auch den Zyklus der Fünf Lieder op. 13 WV 11 komplett aufführbar zu machen.

Hinweise:

1. Die verwendeten WV-Nummern stammen aus dem Werkverzeichnis Josef Beks in seinem Buch: Erwin
Schulhoff, Leben und Werk, Hamburg 1994.

Da wir einige in diesem Verzeichnis noch nicht aufgefundene Lieder und Fragmente gefunden haben,
haben wir diese zusätzlichen Lieder mit WV Xa zusätzlich neu kategorisiert, um Beks an sich sehr gut
recherchiertes Verzeichnis weiter zu verwenden und es in seinem Sinn zu ergänzen.

2. Die Quellenangabe MČH (Muzea České Hudby, Praha) wird immer mit den Inventarnummern gekoppelt.

3. Alle Textvorlagen wurden mit Schulhoffs Vertonungen verglichen. Orthographie, Interpunktion und
Groß- bzw. Kleinschreibung folgen meistens dem Originaltext. Ausnahme ist, wenn Schulhoff aus kom-
positorischen Gründen bewusst Eingriffe darin vornahm.

Textvorlagen des 1. Bandes

Adolf Heyduk: Cigánské Melodie (original auf Tschechisch, Übersetzung von A. Heyduk), Prag 1859
Deutsche Lyrik seit Liliencron, hrsg. von Hans Bethge, Leipzig 1905
Das Lied vom Kinde, hrsg. von Theodor Herold, Leipzig 1909

Abkürzungen:

Akk. Akkord / chord


EA Erstausgabe
l. Hd. Linke Hand / left hand
r. Hd. Rechte Hand / right hand
Gst. Gesangsstimme / voice
Hrsg. Herausgeber / editor
Klav. Klavier / piano
RS Reinschrift / fair copy
S. Seitenzahlen / page numbers
T. Takt / bar
Zz. Zählzeit / beat

WV 10
Titel: Zwei Zigeunerlieder op. 12
Inhalt: 1. Rings ist der Wald so stumm, fis-moll 29 T.
2. Als die alte Mutter, c-moll 32 T.
Entstehung: 1910 oder (wahrscheinlicher) 1911
76

Besetzung: Singstimme und Klavier (Nr. 1 für mittlere, Nr. 2 für höhere Singstimme)
Text: Adolf Heyduk (1835–1923)
Quelle: Bleistiftskizze ohne Text, 3. S. - MČH 531 und
RS der Gst. mit Text, 3 S. - MČH 532
Edition: EA
Lesarten: 1. Rings ist der Wald so stumm
T. 3 Rhythmen sehr schwer zu entziffern. Die Lesart des Hrsg. hat sich als die schlüs-
sigste erwiesen.
T. 14 Textvariante „Ei“, statt „Ach“ in RS des Gst in Bleistift.
T. 17 Klav. auf Zz. 1und fehlt das b vor der Terz in der r. Hd.
T. 25 r. Hd. Klav. Zz. 3und: in Skizze: g' statt gis', wahrscheinlich Flüchtigkeitsfehler.
2. Als die alte Mutter
T. 1 (und T. 29) ff. In MČH 532 anderes Klaviervorspiel, mit Bleistift hier aber durch-
gestrichen, diese Fassung als ossia.
T. 17 Texteinschub von „üb'“ in RS des Gst. in Bleistift. Um jenen zu integrieren,
musste der Rhythmus der Gst. verändert werden.
T. 21 ff. „Rieselt's mir vom Auge, rieselt's oft mir auf die braune Wange“ bei Schulhoff,
bei Dvórak op. 55, 4 dagegen: „rieselt's mir in den Bart oft, rieselt's oft von der
braunen Wange“ im Haupttext.
Kommentar: erste erhaltene Lieder Schulhoffs.
Bek (Leben und Werk, S. 20) erwähnt, dass Schulhoffs vorangegangener erster Lied-
versuch wohl Chamissos Ballade „Der Spielmann“ gewesen sei, er jenen Versuch
aber aus selbstkritischen Gründen vernichtet hat.
Heyduks Text war ursprünglich auf Tschechisch. Schulhoff hat aber nur die deutsche
Übersetzung vertont. Die Sammlung erschien 1859 als Cigánské Melodie. Schulhoffs
Zigeunerlieder liegen der Nr. 11 bzw. 22 zugrunde.
Beide Texte hatte auch Antonín Dvořák 1880 in seinen berühmten Zigeunermelodien
op. 55, 3 bzw. 4 bereits verwendet.

WV 11
Titel: Fünf Lieder für eine Sopranstimme und Klavier op. 13
Inhalt: 1. Ganz still zuweilen (Cäsar Flaischlen), c-moll, 63 T. [nur Gesangsstimme mit drei
Takten Klaviervorspiel r. Hd. überliefert]
2. Traum durch die Dämmerung (Otto Julius Bierbaum), F-Dur, 45 T.
3. Graue Engel (Max Dauthendey), cis-moll, 24 T.
4. Ida (Hermann Hesse), g-moll, 43 T.
5. Der Wanderer und das Blumenmädchen (Emil Alfred Herrmann), G-Dur, 34 T.
Entstehung: wahrscheinlich 1911
Besetzung: Sopran und Klavier
Text: Cäsar Flaischlen (1864–1920), Otto Julius Bierbaum (1865–1910), Max Dauthendey
(1867–1918), Hermann Hesse (1877–1962), Emil Alfred Herrmann (1871–1957)
Die Gedichte sind allesamt aus der seinerzeit sehr populären Anthologie „Deutsche
Lyrik seit Liliencron“, hrsg. von Hans Bethge (1876–1946), Leipzig 1905 entnom-
men. Schulhoff bediente sich auch in den nächsten frühen Liederfolgen daraus. Sie
waren wichtige literarische Inspirationsquellen für den jungen Komponisten.
Quelle: Bleistiftskizze ohne Text, 5 S. – MČH 531 und
RS der Gst. mit Text, 3 S. – MČH 532
Edition: EA
Lesarten: 2. Traum durch die Dämmerung
T. 10 vor e'' r. Hd. im Klav. schreibt Schulhoff Auflösungszeichen. Hrsg. vermutet
Schreibfehler, da es'' überzeugender klingt.
T. 16/19/20/41 untere Noten als ossia für tiefere Stimme
4. Ida
T. 33 ossia in Gst. und Klav.
5. Der Wanderer und das Blumenmädchen
an mehreren Stellen in Bleistift eine deutlich tiefere 2. Stimme als ossia.
77

Kommentar: 1. Ganz still zuweilen


nur als Reinschrift der Gst. mit Text erhalten. Ursprünglich in e-moll komponiert.
Wahrscheinlich hat ein Lehrer (evtl. Reger?) Schulhoff auf die unangenehme Tessitura
der zu hohen Gst. aufmerksam gemacht, denn in Bleistift sind die ersten 4 Takte nach
Einsatz der Gst. in c-moll umnotiert. In der RS der Gst. mit Text sind vor dem Einsatz
der Gst. drei T. der r. Hd. der Begleitung angedeutet. Diese drei Takte dienten dem
Hrsg. als Ausgangsmaterial für die „Rekomposition“ der ansonsten verschollenen
Klavierbegleitung.
2. Traum durch die Dämmerung
vgl. mit Des Kindes Gebet op. 19 WV 17, gleiche Tonart, Stimmung und vorherrschen-
der Rhythmus der Begleitung!
Von Richard Strauss bereits 1895 als op. 29,1 vertont.
3. Graue Engel
Das Lied endet zwar in cis-moll, ist aber von dem Tonmaterial eher als cis-phrygisch
einzustufen. Nie wieder kam Schulhoff mit nur zwei Harmonien wie in Graue Engel
aus.
4. Ida und 5. Der Wanderer und das Blumenmädchen
Die RS der Gst. mit Text beider Lieder ist kplt. mit Dynamik und Tempi bezeichnet,
in der Partiturskizze fehlt sie gänzlich. Der Hrsg. hat sie übernommen.

WV 12
Titel: Drei Lieder für eine Sopranstimme und Klavier op. 14
Inhalt: 1. Februarschnee (Cäsar Flaischlen), Fis-Dur, 40 T.
2. Sommerabend (Otto Falckenberg), E-Dur, 21 T.
3. Dämmerstunde (Friedrich Adler), A-Dur, 30 T.
Entstehung: 1911 (Bek gibt den 5.9.1911 an)
Besetzung: Sopran und Klavier
Text: Cäsar Flaischlen (1864–1920), Otto Falckenberg (1873–1947), Friedrich Adler (1857–
1938)
Die Gedichte sind auch hier allesamt aus der seinerzeit sehr populären Anthologie
„Deutsche Lyrik seit Liliencron“, hrsg. von Hans Bethge, Leipzig 1905 entnommen.
Quelle: RS mit Text, 11 S. – MČH 535 und
RS der Gst. mit Text, 3 S. – MČH 531
Skizzen der Nr. 1, 3 S. – MČH 531
Edition: EA
Lesarten: 1. Februarschnee
T. 7. l. Hd. in Skizze: ais-Fis
in Reinschrift der Gst. mit Text, Tempovorschrift: Sehr lebhaft
2. Sommerabend
Bögen über ganze Takte im Klavier ab T. 1 in Bleistift
T. 16 a tempo-Angabe vom Hrsg.
T. 19 in der RS ist das fis' in der r. Hd. der Klavierbegleitung mit Bleistift durchge-
strichen, wohl um die damit dissonierende Sekundreibung mit der Gst. etwas zu
mildern.
3. Dämmerstunde
T. 22 Klavier l. Hd. dritte Note, evtl. cis statt e. Evtl. hat sich Schulhoff in der Rein-
schrift verschrieben: Alle anderen parallelen Stellen haben auf der dritten Note des
Arpeggios immer die Terz und niemals die Quinte, ungeachtet der unbequemen
Handspreizung, die das notierte e zur Folge hätte.
Kommentar: Zum ersten Mal liegt ein Liedwerk Schulhoffs in vollständiger Reinschrift vor. Des-
wegen erscheinen diese drei Lieder im Notenbild viel „fertiger“ als viele andere des
Frühwerks.

WV 12a
Titel: (ohne Opuszahl)
78

Inhalt: Laß mich an Deinem stillen Auge (Max Dauthendey), As-Dur, 18 T.


Entstehung: 1911
Besetzung: mittlere Singstimme und Klavier
Text: Max Dauthendey (1867–1918)
Das Gedicht ist wie die beiden Zyklen vorher auch der Anthologie „Deutsche Lyrik
seit Liliencron“, hrsg. von Hans Bethge, Leipzig 1905 entnommen.
Quelle: Skizze ohne Text, 2 S. - MČH 542 und
RS der Gst. mit Text, 1 S. - MČH 542
Edition: EA
Lesarten: T. 8 und 12 Originaltext: „dunkeln“
T. 13 auf Zz. 3 in Bleistift bei Gst. g' als melodische Alternative
T. 14 Der Punkt nach „Himmel“ fehlt auch im Originaltext. Vom Hrsg. wurde er er-
gänzt, um inhaltlich und semantisch vom letzten Satz zu trennen.
Kommentar: Dieses Lied war in Beks Werkverzeichnis nicht erfasst. WV 12a ist eine Neuzuord-
nung vom Hrsg.
Einziges Lied für mittlere Stimme aus der Anthologie „Deutsche Lyrik seit Liliencron“.

WV 14
Titel: Zwei Lieder für Sopran und Klavier op. 18a (vgl. Kommentar)
Inhalt: 1. Strolchenlied – Fragment (Oliver Rauber), D-Dur, 17 T.
2. Wanderschaft (Irene Forbes-Moser), d-moll, 27 T.
Entstehung: 1911
Besetzung: Sopran und Klavier
Text: untextiert (bzw. Oliver Rauber [*1974]) Irene Forbes-Moser (1864–1946)
Quelle: Skizzen ohne Texte, 4 S. - MČH 542
Edition: EA
Lesarten: 2. Wanderschaft
T. 23 a'' ist ein Vorschlag vom Herausgeber: in Skizze original eine Oktave tiefer.
Kommentar: Wenn man die Anfangstakte vom Strolchenlied mit dem letzten der Lieder op. 2 WV
19 Mein Herz voll Jubilieren vergleicht, dann ist die Ähnlichkeit der Eröffnungsgeste
sehr groß. Nachdem er das Fragment liegen ließ, hat er die Eröffnungsgeste wieder
verwendet und es als Grundlage für das ganze Lied Mein Herz voll Jubilieren ge-
nommen.
Das Strolchenlied blieb unvollendet und ist ohne Text überliefert. In der Anthologie
„Deutsche Lyrik seit Liliencron“, hrsg. von Hans Bethge, Leipzig 1905, konnte zwar
der Text zu Wanderschaft gefunden werden, nirgends aber ein Strolchenlied. Die
neue Textfassung des Fragments wurde für diese Edition von Oliver Rauber deshalb
eigens textiert.
Schulhoff hat hier die Opuszahl 18 verwendet, sie aber nochmals bei WV 16 ein-
gesetzt. Um der Verwirrung etwas Klarheit entgegenzusetzen, hat der Hrsg. WV 14
zur Unterscheidung deswegen op. 18a genannt.

WV 15
Titel: Drei Lieder aus der Sammlung Das Lied vom Kinde für Sopranstimme und Klavier
op. 19a (vgl. Kommentar)
Inhalt: 1. Tanzlied (Otto Julius Bierbaum), G-Dur, 25 T. (inkl. ergänztem Schlusstakt vom Hrsg.)
2. Es war einmal (Cäsar Flaischlen), h-moll, 47 T.
3. Wiegenlied (Emil Alfred Herrmann), Des-Dur, 21 T.
Entstehung: 1911
Besetzung: Sopran und Klavier
Text: Otto Julius Bierbaum (1865–1910), Cäsar Flaischlen (1864–1920), Emil Alfred Herr-
mann (1871–1957)
Zum ersten Mal vertonte Schulhoff Texte aus einer weiteren Anthologie: Das Lied
vom Kinde, hrsg. von Theodor Herold (1871–1934 od. 1936), Leipzig 1909.
79

Diese Gedichtsammlung beinhaltet eine umfassende Auswahl thematisch verschie-


denartiger Gedichte um das Thema Kind. Dafür wurden von Th. Herold zahlreiche
Gedichte des 19. und frühen 20. Jhd. in diese Edition aufgenommen. Die bekann-
testen Dichter waren Th. Storm, D. v. Liliencron, F. Hebbel, G. Keller, N. Lenau u.v.m.
Quelle: Skizzen ohne Texte, 6 S. - MČH 542 (Nr. 3 MČH 531)
RS der Gst. mit Text, 2 S. (nur Nr. 1+3) - MČH 531
Edition: EA
Lesarten: 1. Tanzlied
T. 20 in Skizze fehlt ein möglicher Klavierakkord. Jener als Vorschlag vom Hrsg.
T. 25 ein Schluss fehlt: Schulhoff hat in Kurzschrift nach dem letzten Gesangstakt
nur die viertaktige Wiederholung des Vorspiels gefordert und wohl dabei vergessen
einen Schluss zu setzen. Der Schlusstakt ist ein Vorschlag vom Hrsg.
2. Es war einmal
Die Skizze dieses Liedes war v.a. rhythmisch sehr schwer zu entziffern. Es wurde ver-
sucht die Rhythmen der Begleitung sinnvoll zu rekonstruieren.
T. 7 u. 43 ff. ursprünglich im 6/8-Takt notiert, was angesichts der Balkensetzung in
drei Zweiergruppen wohl als Versehen zu deuten ist.
3. Wiegenlied
im 3/2-Takt notiert, die rhythmische Struktur der Gst. entspricht aber ab T. 9 wohl
eher einem 6/4-Takt. Deswegen hat der Hrsg. jenen auch ab T. 9 notiert. Die Inter-
preten können sich am Versmaß metrisch orientieren.
T. 2 Gst.-Einsatz: in Reinschrift der Gst. mit Text in Bleistift zweimal ges' statt des'.
Kommentar: trotz der schwierig zu entziffernden Skizzen ein sehr bedeutendes Opus aus Schul-
hoffs frühen Sammlungen. Es war einmal zählt zu den längsten und berührendsten
Liedern des frühen Schulhoff.
Schulhoff hat hier die Opuszahl 19 verwendet, sie aber nochmals bei WV 17 ein-
gesetzt. Um der Verwirrung etwas Klarheit entgegenzusetzen, hat der Hrsg. WV 15
zur Unterscheidung deswegen op. 19a genannt.

WV 16
Titel: Drei Lieder aus der Sammlung „Das Lied vom Kinde“ für Sopranstimme und Klavier
op. 18
Inhalt: 1. Einem Kinde (Gustav Falke), aus der Gruppe: Junge Frau, was sinnst Du nur?, B-Dur,
35 T.
2. Geheimnis (Anna Ritter), aus der Gruppe: Junge Frau, was sinnst Du nur?, F-Dur,
15 T.
3. Juli (Theodor Storm), aus der Gruppe: An deiner Wiege ist geweihter Raum, Es-Dur,
19 T.
Entstehung: 1911
Besetzung: Sopran und Klavier
Text: Gustav Falke (1853–1916), Anna Ritter (1865–1921), Theodor Storm (1817–1888)
Zum zweiten Mal vertonte Schulhoff Texte aus Das Lied vom Kinde, hrsg. von Theodor
Herold (1871–1934 od. 1936), Leipzig 1909.
Quelle: Skizzen ohne Text, 4 S. - MČH 533
RS mit Text, 7 S. - MČH 533
Edition: EA
Lesarten: 1. Einem Kinde
ursprünglicher Titel von Falke war Meinem Kinde (vgl. Kommentar). Schulhoff hatte
zu diesem Zeitpunkt noch keine eigenen Kinder, so vermied er den persönlichen
Bezug und wählte stattdessen „Einem Kinde“
T. 28 in RS auf 2 zusätzlich ein tiefes H. Musikalisch macht das wenig Sinn, daher
ist diese Note in Klammer notiert. Interessanterweise sind die Oktavlagen der l. Hd.
in der Skizze noch völlig anders als in der RS.
2. Geheimnis
In der Skizze wechselt die Oberstimme des Klaviers bereits auf Zz. 3.
80

Kommentar: Gute Quellenlage und dadurch ein interessanter Einblick in die Komponier-Werk-
statt Schulhoffs. In diesem Opus sind die Unterschiede zwischen Skizzen und RS
recht gering.
Falkes Gedicht Meinem Kinde wurde auch von Richard Strauss als op. 37,3 im Jahre
1898 und von Max Reger als op. 43,3 im Jahre 1900 vertont. Wir können nur
mutmaßen, ob Schulhoff diese beiden Vertonungen kannte.
Mit dem Gedicht Geheimnis von Anna Richter hat Schulhoff zum ersten Mal einen
Text einer Dichterin vertont.

WV 17
Titel: Drei Lieder [aus der Sammlung Das Lied vom Kinde] für Sopranstimme und Klavier
op. 19
Inhalt: 1. Der Junge (Luise Rafael), A-Dur, 41 T.
2. Des Kindes Gebet (Luise Rafael) – zwei Fassungen
1. Fassung, F-Dur, 22 T.
2. Fassung, F-Dur, 23 T.
3. Wenn das weiße Mondenlicht (Ada Christen) – zwei Fassungen
1. Fassung, Es-Dur, 26 T.
2. Fassung, Es-Dur, 25 T.
Entstehung: 1911
Besetzung: Sopran und Klavier
Text: Luise Rafael=Pseudonym von Hedwig Kiesekamp (1844–1919), Ada Christen=Pseu-
donym von Christiane Rosalia Friederik (1839–1901)
letzter Zyklus Schulhoffs mit Texten aus „Das Lied vom Kinde“, hrsg. von Theodor
Herold (1871–1934 od. 1936), Leipzig 1909.
Quelle: Skizzen ohne Text, 4 S. - MČH 534
RS mit Text (Zweitfassung von Nr. 2+3 mit Bleistift überschrieben), 6 S. – MČH 534
Edition: EA
Lesarten: 2. Des Kindes Gebet
Schulhoffs RS wurde nochmals mit Bleistift an so vielen Stellen verändert, so dass
man von zwei Fassungen sprechen muss. In der Zweitfassung hat Schulhoff für ein
Kadenzmodell die doppelten Notenwerte gewählt, dadurch ist diese ein Takt länger.
Ob die melodischen Veränderungen der Zweitfassung eine Verbesserung darstellen
sei dahin gestellt. Vgl. Fußnoten im Notentext der Zweitfassung.
3. Wenn das weiße Mondenlicht
Die Unterschiede beider Fassungen sind in diesem Lied noch größer als im vorigen,
v.a. ab dem T. 13 bis zum Doppelstrich. Die Zweitfassung verzichtet zum einen auf
das Klavierzwischenspiel und verwendet andere Akkorde und eine leicht veränder-
te Melodieführung ab dem rezitativischen Teil nach „Ahnt mir“. Vgl. Fußnoten im
Notentext der Zweitfassung.
Kommentar: Einzige Liedsammlung Schulhoffs, welche nur Texte von Dichterinnen zugrunde
liegt. Beide Dichterinnen veröffentlichten unter Pseudonym.
Die beiden Fassungen der Nr. 2+3 sind kompositorisch gleich überzeugend. Die
Interpreten können bei einer Aufführung sich für eine der Fassungen selber ent-
scheiden.

Anhang

Fragment

WV17a
Titel: Die Nadel fliegt
Inhalt: Die Nadel fliegt (Mia Holm), Des-Dur, 16 T. – Fragment
Entstehung: 1911
Besetzung: hohe oder mittlere Stimme und Klavier
81

Text: Mia Holm (1845-1912) aus der Sammlung Das Lied vom Kinde, hrsg. von Theodor
Herold (1871–1934 od. 1936), Leipzig 1909.
Fast die Hälfte des Textes, also beinahe zwei von vier Strophen wurden vertont.
Quelle: Skizze ohne Text, 2 S. - MČH 534
Edition: EA
Lesarten: Die Nadel fliegt
Statt dem Titel findet sich die Seitenzahl des Gedichts „S. 205“ und der Hinweis:
„(ne Bethge')“. Die Recherche nach dem Text bewies, dass das falsch sein muss und
wohl ein Versehen Schulhoffs war. Holms Gedicht stammt auch hier aus der Samm-
lung „Das Lied vom Kinde“. Das Versmaß von Die Nadel fliegt passte als einziges
aus der Anthologie auf Schulhoffs Musik.
Kommentar: Dieses Fragment ist besonders interessant, weil es das gewichtigste, längste und
wohl bedeutendste aller Liedfragmente Schulhoffs ist. Es ist deswegen umso be-
dauerlicher, dass dieses Lied unvollendet blieb. Kompositorisch ist es eher unge-
wöhnlich. Schulhoff fand keinen einheitlichen Charakter in der Klavierbegleitung
und ist offenbar daran gescheitert. Oder er plante es ursprünglich in eine der Samm-
lungen zw. WV 15-17 einzugliedern, entschied sich aber dann für jeweils nur drei
Lieder für jedes Opus und ließ Die Nadel fliegt deshalb aus konzeptionellen Grün-
den liegen. Das kann man aber nur vermuten.
Dieses Lied war in Beks Werkverzeichnis nicht erfasst. WV 17a ist eine Neuzuord-
nung vom Hrsg.
Erwin Schulhoff
1894 – 1942

Sämtliche Lieder
Complete Songs
für Singstimme und Klavier
for voice and piano

Band 2: Frühe Lieder II


Volume 2: Early Songs II

(1911 – 1915)

herausgegeben von / edited by


Klaus Simon

Erstausgabe / First edition

ED 22648
ISMN 979-0-001-16244-9

Band / Volume I
ED 22647
ISMN 979-0-001-16245-6

Band / Volume III


ED 22649
ISMN 979-0-001-16246-3

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Inhalt / Contents

Vorwort zu Band II / Foreword for Volume II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV

undatiert (wahrscheinlich 1911)


Zwei Lieder aus „Stillleben“ von Johannes Theodor Kuhlemann
für Sopran und Klavier (WV 143)
1. Der Apfel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2. Die Vase (Fragment) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1912
Sechs Lieder nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für hohe bzw. mittlere Stimme und Klavier op. 2a (WV 19a)
1. Weißt Du (1. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2. Tiefblaue funkelnde Sommernacht (1. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3. Sonnenschein (1. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
4 Sonnenschein (2. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
5. Schließe Deine Augen zu (1. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
6. Waldsonnenschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

1912
Vier Lieder nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für Sopran und Klavier [Klavierfassung der Orchesterlieder] op. 2 (WV 19)
1. Eine silberweiße Blume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2. Ich weiß, Du siehst es . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3. Du wunderliebe, kleine Hand! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
4. Mein Herz voll Jubilieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

1913
Vier Lieder nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für Bariton und Klavier op. 9 (WV 26)
1. Freude hab ich geschürft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
2. Wir gehn im lauten Novemberwind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3. Tiefblaue funkelnde Sommernacht (2. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4. Das alles wieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

1913
Drei Stimmungsbilder [nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger]
für eine Sopranstimme, Violine und Klavier op. 12 (WV 30)
1. Klangen Geigen übern See . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2. Schließe Deine Augen zu (2. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3. Weißt Du (2. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

1914
Drei Lieder [nach Gedichten von Oscar Wilde]
für Altstimme mit Klavierbegleitung op. 15 (WV 33)
1. Madonna mia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
2. Rosa Mystika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
3. E Tenebris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
1915
Fünf Lieder von Christian Morgenstern [für eine Baritonstimme und Klavier] op. 20 (WV 38)
1. Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
2. Das Weiblein mit der Kunkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3. Die Beichte des Wurms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4. Der Seufzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
5. Galgenbruders Lied an Sophie, die Henkersmaid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Anhang / Appendix

Fragmente

1912
Drei Fragmente nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für hohe Gesangstimme und Klavier op. 2a (WV19a)
1. Ein Frauenhändchen (Fragment der 1. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
2. Ein Frauenhändchen (Fragment der 2. Vertonung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3. Alles Glück aus meinen Tagen oder Wenn ich immer wieder küsse (Fragment) . . . . . . . . . . . . . 83

Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
Drei Stimmungsbilder – Violinstimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
IV

Vorwort zu Band II

Die Entstehungszeit der Lieder dieses zweiten Bandes der Schulhofflieder umspannen die Jahre 1911
bis 1915, sie bilden also den zweiten und letzten Teil der Gruppe seiner frühen Lieder.1 In diesen 24 Liedern
nebst vier Fragmenten kann man chronologisch die stilistische Entwicklung sehr gut nachvollziehen. So
sind die undatierten Kuhlemannlieder WV 143 noch sehr einer schwärmerischen Spätromantik ver-
pflichtet, weswegen sie auf wahrscheinlich 1911 datiert werden können, wogegen die Auseinandersetzung
Schulhoffs mit der Dichtung Hans Steigers ihn erheblich stilistisch reifen lässt und unmittelbaren Ein-
flüssen zeitgenössischer Musik wie des französische Impressionismus aber auch der nachwagnerischen
Chromatik aussetzt.
In dem 1912 erschienenen Bändchen Die Garbe – Lieder/Gebete/Zierstücke des jungen Dichters und
Buchhändlers Hans Steiger fand der junge Komponist offenbar eine unmittelbare Inspiration. Schulhoff
muss ziemlich sicher eine fast druckfrische Ausgabe davon erworben haben, denn anders ist es nicht zu
erklären, dass im gleichen Kalenderjahr mehrere Steigerlieder in einem Schaffensrausch nur so aus ihm
herausprudelten. Kein anderer Dichter in seinem Leben sollte ihn als Liedkomponisten so intensiv mehr
fesseln. In den immerhin 17 Liedern und drei Fragmenten nach Texten Hans Steigers erreicht Schulhoffs
Liedschaffen einen ersten Höhepunkt, der bereits in den Drei Stimmungsbilder für Sopran, Violine und
Klavier op. 12 WV 30 im Jahr 1913 seinen krönenden Abschluss findet.2
Von Hans Steiger (*1889) ist wenig bekannt, nicht einmal sein Sterbedatum. Dafür berichtet Josef Bek
in seiner Schulhoffbiographie, dass dieser Dichter schon in den 20er Jahren glühender Anhänger der
NSDAP wurde und 1928 Hitler-Lieder publiziert hat. Es ist nicht bekannt, ob Schulhoff dies zu Lebzeiten
erfahren hat, sonst hätte er womöglich alle seine Steigerlieder vernichtet. Wie alle anderen Juden hat
auch er unter der NS-Diktatur sehr gelitten, und letztendlich wäre sein Tod ohne die Folgen der Politik
des Hitlerregimes sicher nicht so tragisch und früh eingetreten.
Von rechtsnationaler Gesinnung ist in Steigers Lyrik aus dem Jahr 1912 aber noch nichts zu spüren. Er
ist heute als Dichter vergessen, lebt aber durch Schulhoffs Vertonungen in diesem Band nun doch noch
fort. Die Garbe ist ein sehr anregender und vielfältiger Gedichtband und hatte v.a. vor dem 1. Weltkrieg
beachtlichen Erfolg.
„Der Dichter […] zeigte in seinen Erstlingswerken eine ausgesprochene Begabung. ‚Die Garbe‘ ist in
Hinsicht auf das Genre äußerst vielfältig, sie enthält Liebeslyrik, reflexive Poesie, Bilder aus dem Leben,
ja sogar anekdotische Spielereien und Glossen. Dadurch bot sie Schulhoff die Möglichkeit, je nach seiner
augenblicklichen Stimmung jeweils das zur Vertonung zu wählen, was er mit Vergnügen in Musik um-
setzen konnte.“3
Manche Texte Steigers scheinen Schulhoff so inspiriert zu haben, dass er sie sogar zweimal vertonte,
was für Interpreten und Zuhörer besonders interessant ist.
Schulhoffs erstes Orchesterwerk waren die Vier Lieder op. 2 WV 19 von 1912, die er für Sopran und
Kammerorchester (Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Streichorchester) instrumentierte. Textquelle
waren auch hier vier Gedichte aus Die Garbe von Hans Steiger. Diese Partitur hat J. Bek schon im Jahre
1998 bei Panton/Prag veröffentlicht. Parallel dazu oder wahrscheinlich als Vorbereitung komponierte
Schulhoff auch eine Klavierfassung. Auch diese wird hier zum ersten Mal veröffentlicht. Über die edito-
rischen Entscheidungen informiert wie ansonsten auch der Editorische Bericht.
Die Lieder für Altstimme und Klavierbegleitung nach Oscar Wilde op. 15 WV 33 sind eine stilistische
Fortentwicklung der Steigerlieder. Es ist das erste Werk Schulhoffs für eine tiefe Frauenstimme, das er
selber so bezeichnet hat. Die Auswahl der Wilde-Texte in deutscher Nachdichtung ist stilistisch mit den
Steigerliedern noch sehr verwandt.
In den Steigerliedern erweiterte Schulhoff seine harmonische Sprache gelegentlich beinahe zur Atonalität,
bzw. verwendet er Wagners Tristanharmonik dafür, um Grundtonarten zu verschleiern, um die Musik in
einen Schwebezustand zu heben. Beste Beispiele sind die Nr. 1 Eine silberweiße Blume aus op. 2 WV 19
oder die Nr. 2 Rosa Mystika aus den Wildeliedern op. 15 WV 33. Daneben ist der Einfluss des Impres-

1 Siehe auch „Allgemeines Vorwort“ und „Danksagungen“ in Band 1.


2 Wir haben beschlossen, dass diese drei kammermusikalischen Lieder, die durch die Hinzufügung der Violine eine reizvolle klangliche
Erweiterung finden, innerhalb der „reinen“ Klavierlieder gut aufgehoben sind und haben sie deswegen in diese Edition integriert.
3 Josef Bek, Begleittext zur CD Schulhoff Songs, Supraphon records SU-3196-2231 (1996)
V

sionismus spürbar. Die ganztönigen Harmonien und Melodiephrasen in den ersten beiden Bariton-
liedern op. 9 WV 26 mögen dafür treffende Beispiele sein.
Wie überraschend kommen dafür die Fünf Lieder nach Christian Morgenstern op. 20 WV 38 daher: waren
vorher Schulhoffs Lieder seit 1912 sehr von einer chromatischen Klangsprache geprägt gewesen, tiefsinnig
und bedeutungsschwer – nichts davon mehr im Jahre 1915: ein Jahr, in dem Schulhoff die Schrecken
der 1. Weltkriegs als Soldat miterleben musste. Nie wieder schrieb er so eine leichte, durchsichtige Musik
für Stimme und Klavier. Ja, der Humor der Galgenlieder Morgensterns befreite ihn von der „profondeur
allemand“ und sorgte bei ihm für einen kurzen aber folgenlosen Ausflug in wahrlich neoklassizistische
Bänkelgesänge. Ein vergnügliches Kuriosum - mitten im Krieg. Welch stilistischer Unterschied zu den
beinahe schwermütigen, grüblerischen und gewichtigen Steigerliedern op. 9 WV 26, die ebenfalls explizit
für Bariton geschrieben wurden. Wenn man es nicht wüsste, würde man nicht den gleichen Komponisten
vermuten...Man ahnt es schon: Schulhoff wird im Nachhinein bekannt dafür, in verschiedenen Stilen
schreiben zu können. Diese Eigenschaft wird sein Schaffen bis zum Tod prägen, auch im Lied.

Denzlingen im Frühjahr 2016


Klaus Simon
VI

Foreword to Volume II

The lieder contained in this second volume of Schulhoff songs were all composed between 1911 and
1915 and belong to the second and final group of his early lieder.1 Schulhoff’s stylistic development can
be clearly recognised chronologically in this collection of 24 lieder and four fragments. The undated
Kuhlemannlieder WV 143 for example are very much oriented towards a lyrical Late Romantic style,
suggesting a date of composition in 1911; in contrast, Schulhoff’s style matured considerably through
his intense preoccupation with the poems of Hans Steiger, also exposing him to direct influences from
contemporary music, French Impressionism and post-Wagnerian chromaticism.
The youthful composer appears to have found direct inspiration from the slim volume by the young poet
and bookseller Hans Steiger entitled Die Garbe – Lieder/Gebete/Zierstücke [The Sheaf – songs, prayers
and ornamental pieces] published in 1912. Schulhoff must surely have immediately purchased an edition
of these poems hot off the press to have produced several lied settings of Steiger texts in an exhilarating
burst of creativity the very same year. He would never again be as spellbound by any other poet in his
lied compositions during the rest of his life. The 17 lieder and three fragments based on texts by Hans
Steiger marked the first peak of Schulhoff’s lied compositions which found its triumphant conclusion in
1913 with the Drei Stimmungsbilder für Sopran, Violine und Klavier [Three atmospheric pictures for
soprano, violin and piano] Op. 12 WV 30.2
Little is known about Hans Steiger (*1889), not even the date of his death. Josef Bek however reports
in his Schulhoff biography that this poet became a fervent supporter of the NSDAP during the 1920s
and published lieder with texts by Hitler in 1928. It is not known whether Schulhoff was aware of these
facts during his life as he would otherwise possibly have destroyed all lied settings of Steiger texts. Like
all other Jews, he suffered greatly under the NS dictatorship and his death at such a tragically early age
was ultimately brought about by the consequences of Hitler’s political regime.
Steiger’s lyrical poetry from 1912 is however completely absent of any right-wing nationalist sentiments.
In our time, he has been completely forgotten as a poet and only lives on through Schulhoff’s settings
of his works in this volume. Die Garbe is an extremely inspirational and highly varied volume of poetry
and achieved great success particularly in the years leading up to World War I.
“The poet […] displayed exceptional talent in his initial works. ‘Die Garbe’ displays great variety within
its genre, containing lyrical love poetry, reflective poems, images from everyday life and even playful
anecdotes and glosses. The volume therefore offered Schulhoff the possibility of selecting texts for
settings which matched his mood of the moment which he could immediately transform into music.”3
Some of Steiger’s texts appear to have inspired Schulhoff to such a great extent that he made two
settings of the same poem which is equally interesting for both performers and audiences.
Schulhoff’s first orchestral work was the Vier Lieder [Four lieder] Op. 2 WV 19 dating from 1912 scored
for soprano and chamber orchestra (flute, oboe, clarinet, bassoon and string orchestra), again settings
of four poems from Hans Steiger’s Die Garbe. J. Bek also had the score published in 1998 by Panton/
Prague. At the same time, or perhaps as preparation, Schulhoff produced a version with piano. This
arrangement is also published here for the first time. As in all cases, the Critical Report provides further
information on editorial decisions.
The Lieder für Altstimme und Klavierbegleitung nach Oscar Wilde [Lieder for alto and piano accompaniment
based on texts by Oscar Wilde] Op. 15 WV 33 display a further stage of artistic development subse-
quently to the Steiger lieder. This is Schulhoff’s first work for a low female voice that was specifically
marked as such in the score by the composer. The selection of Wilde texts translated into German show
a close affinity to the Steiger lieder.
In his settings of Steiger texts, Schulhoff had at times extended his harmonic language into the realms
of atonality or utilised Wagner’s Tristan harmonies to obscure the underlying tonality, raising the music
into a state of suspension. The best examples are provided by No. 1 Eine silberweiße Blume [A silver-white
flower] from Op. 2 WV 19 and No. 2 Rosa Mystika from the Wilde Lieder Op. 15 WV 33. An influence

1 Also see General Foreword and Acknowledgements in Vol. 1.


2 We have decided that these three lieder with the tonally charming addition of the violin are in good company among the “pure”
lieder with piano in this volume and have therefore integrated them into the edition.
3 Josef Bek, booklet text for the CD Schulhoff Songs, Supraphon records SU-3196-2231 (1996)
VII

of Impressionism is additionally present as borne out by the whole-tone harmonies and melodic phrases
in the first two lieder for baritone Op. 9 WV 26.
A surprising contrast is provided by the Fünf Lieder nach Christian Morgenstern [Five lieder on texts by
Christian Morgenstern] Op. 20 WV 38: Schulhoff’s lieder since 1912 had been profound, fraught with
meaning and very much shaped by a chromatic tonal language, but this was all completely absent by
1915, a year in which Schulhoff experienced World War I as a soldier. Never again was he to write such
light and transparent music for voice and piano. The humour of Morgenstern’s Galgenlieder [Gallows
Songs] liberated him from the “profondeur allemande” and enabled a brief excursion into genuine neo-
classical dramatic narrative songs. This was an amusing curiosity – in the midst of war. What a difference
to the almost brooding, melancholy and ponderous Steiger lieder Op. 9 WV 26 which were again explicitly
written for baritone. If it was not known otherwise, no-one would guess that the two lied compositions
had been written by the same individual… It was already fairly clear at this point that Schulhoff would
subsequently become well-known for being able to write in different styles, a characteristic which would
shape the remainder of his output up to the end of his life including his lieder.

Denzlingen, spring 2016


Klaus Simon
(Translation: Lindsay Chalmers-Gerbracht)
undatiert (wahrscheinlich 1911)

Zwei Lieder
aus „Stillleben“ von Johannes Theodor Kuhlemann
für Sopran und Klavier
(WV 143)
1. Der Apfel
(Johannes Theodor Kuhlemann)
Erwin Schulhoff
1894 – 1942
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4 1. Strophe
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1. Hat der
2. Strophe
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2. Oft ent -

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2

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* Die letzten drei Takte sind ein Vorschlag des Herausgebers, da in der Skizze der Schluss fehlt.
4

2. Die Vase
Fragment
(Johannes Theodor Kuhlemann)


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Klavier
  
        
  

       
4
 
   
Welch ein Füh - len be - rauscht uns am Grun - de

       
      
            
 
       
    
 
1912

Sechs Lieder
nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für hohe bzw. mittlere Stimme und Klavier
op. 2a (WV 19a)
7

1. Weißt Du
1. Vertonung
Erwin Schulhoff
(Hans Steiger)
1894 – 1942
   
Stimme         
    
     
Weißt Du ... daß der som - mer - mü - de

              

         
  
 
   
Klavier
     
       
    

       
4

      


nacht - stil - le Gar - ten mei - ne Weh - mut liebt?

           
           
   
  

              
       

7

   
    3
   3 
        
3

         
        
  
  
    
    
            
3

  


          


10 3

      
Sieh! – Er hängt die schwar- zen Tü - cher der Trau - er - wei - den tief

 *

*
         

              
          

    

      

* vgl. editorischer Bericht
8

  
    
13

           

ü - ber die wei - ßen La - ter - nen ... die mir so weh - tun, die mir so

                


3

        
            

                 


            
    

   
16

   
weh - tun. -

    

 
   
      
 
   

  
    
 


   
  

   

 
 

  
18

     
Fühlst du -

       
3

       
                      
3 5

3

                              
3

        
3 5  
3
9

 
20

 
      

sein feuch - tes Moos - haar? – ... Lieb - - ste! ...

     
3
   
3


                 
          
3 3

                


3 3

     
         
    
3 3

    
22

            
Es hat die Nacht mit mir ge - weint ...

  
3
       
3

          
         
3


      
 
3 3 3 3

      3     3      
3

   
3 3

 
                 
    
3
3 3

  
25

      

         
    
          
         
 
         
                 
    
 
10

2. Tiefblaue, funkelnde Sommernacht


1. Vertonung
(Hans Steiger)

   
   
2
Stimme            
Tief - blau - e, fun - keln - de Som - mer - nacht. –

                        
                            
Klavier

       
              
2 2

  
    
3

     
      
*
   
Ver - lieb - te ge - hen vor - bei ... ein Lied von Schu - mann!

              
   

                         
  
         
           
   
2

  
5

       
        
 
Es flö - tet sacht, sacht ** he - rü - ber von der Bas - tei.

                    


                   
     
            
    
        
* T. 4/5: Zwecks leichterer Lesbarkeit enharmonisch umgeschrieben
** Textwiederholung von Schulhoff
11

    
7


            
Ein Zau - ber liegt in dem klei - nen Lied.

                  
    
                      
  
      
             
2 2

         
9

           
*
  
  
Und mich er - greift ein Weh. – Mir ist’s, als sän - ge mein

     
                   
        
   
          
       
      
2

     
11
    
**

            

      
Mä - del mit! Mir ist’s, als ob ich sie säh, als ob ich sie

          
  
                             
     
           
         
  


13

       
säh ...***
   
               
  
        
          
        
    
* T. 10/11: Zwecks leichterer Lesbarkeit enharmonisch umgeschrieben 
** Auftakt wegen Versmaß vom Hrsg. ergänzt.
*** Textwiederholung von Schulhoff, bei Steiger: als ob ich’s säh...
12

3. Sonnenschein!
1. Version
(Hans Steiger)


Stimme             
Son - nen - schein! Son - nen - schein! Ist ja nun

    
   
   
                         
   
Klavier

         
      

6
       
        
dein! Küßt dir das Au - ge klar. Bringt dir Ge - schmei - de dar!

                     


      
 
*
           
 
        


   
11

     
Al - les aus Gold! –

   
         

         
         
  
 
       
      
    
 
    

     
   
  

* Das cis' in l. Hd. ist ein Vorschlag vom Hrsg., es fehlt in der Skizze.
13

         
16

            
Siehst ihn er - schro - cken an? Hat dir doch so lieb ge - tan ... Schwei - gen im

               


         

         

            

21
           
  
Tann! Wißt nicht vor Freu - de, wie ihr euch bei - de

   
         
           
    
                  
    

  * 
26

      
lieb - ha - ben sollt...

 
      
    
       
       
      
   
                   

                   
 
* in Skizze fehlt der Schluss, Klaviernachspiel vom Hrsg.
14

4. Sonnenschein!
2. Version
(Hans Steiger)

Stimme     
 

 

     
Son - nen - schein! Son - nen - schein!

         
    
  
  
Klavier 6 sim.
        
6

  

3  3 
2

    

     
Ist ja nun dein! Küßt dir das

      


 
          
  

      3 
3


Au - - - ge klar. Bringt dir Ge -

   
       

  
       
  
15

 3 
4
 
  
- schmei - - de dar!
 Al - les aus

   
       
   

     
10 10

  
   



5

 

    
Gold! –

 
    
   14

  
      
6

   

  
6

  
3

 
Siehst ihn er - schro - - - cken

    

     
   

     

 
    
 
16

  
an?
     
     
    
 
       
  


8

     

  
Hat dir so lieb ge -

   
         
 
 
   
  
  


9
     
    
 

- tan ... Schwei - gen im Tann!
 
  
  

 
      


      
17

  
11
3    

 
Wißt nicht vor Freu - - - - de, wie ihr euch

   
      
     

    6  

9 10

    


12

   
3


bei - - - de lieb - - - ha - ben

   
 
   
   14 12

       
      

13

  

   
sollt ...


     
 
     
  

14

   
        
 
18

5. Schließe deine Augen zu


1. Vertonung
(Hans Steiger)

Stimme

        
         
Schlie - ße dei - ne Au - gen zu ...
 
           
 
      
 
   
  
Klavier

     

 
4

                

  
Laß nicht sehn,
 
wie sie groß
 im
 
Bran - de stehn!
   
         
      
 
        
         
7

            
3


     
Mach sie zu ... Zu dei - nem Kin-der - ge - sicht

         
  
     

    
    
  


10

                   

 
paßt es nicht, wenn das ban - ge Wei - nen der Ent - sa - gung un - auf -

      
  
 
        


    
 

  

19

      
12

        

         
- halt -sam mei - ne Wan- ge bet -telt ... Schlie - ße dei - ne

       
                
       
          
         
         


16

               
Au - gen
 
zu ...
     Laß nicht sehn,  wie sie groß    im
        
      
        
      
 



19

        
  
 
Bran - de stehn!
 
sie

zu ...

Mach
 sie Mach

            

        
         
    
   

*

22 rit.

  
 
  
        
zu ... Mach sie zu ...

 
morendo
            
         

  

ppp

     

  
  
* Schlusstakte ab T. 25 unlesbar, diese Version ist ein Vorschlag vom Hrsg.
20

6. Waldsonnenschein!
(Hans Steiger)


ossia:

   

Wald - - son - - nen -

  
*
  
  
 
Stimme

   
      
Wald - son - - nen -

                  


     
       
Klavier
        
      

 

ossia:

   

  
Wald - - - son - - nen -

     
 
 
             
- schein! Wald - son - - nen -


            

              

      

 

  
5

         

- schein!
    Grün - gold - nes Wehn . . .

             
           
               
 
       
     
     
      
       
21

   
8

  
2


Bleib in den Lo - cken!

                      
           
 
              
         


10

 
2
    
                      
Mor - gen will ich zur

                 




   
     
         
            
   

 
12
        
2 2 2
    
Lieb - sten gehn. – Berg - wind und Sonn - tags - glo - cken will ich ihr

               


       
  
         
     
         
     

    
    
22

  
15

    
2 2
  
brin - - gen! – Und lau - ter

    
                      
   
      
             
 

  
17

    
Sin - gen ...

    
                

       
 
            
     
    

 
20

               
Mor - gen will ich zur Lieb - sten
*
gehn ...

        

                        
   
    

            
     
* Wiederholung des Textzeile von Schulhoff. Die drei Pünktchen nach dem letzten Wort sind Schulhoffs Interpretation.
Bei Steiger steht original: . – (vgl. T. 12)
1912

Vier Lieder
nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für Sopran und Klavier [Klavierfassung der Orchesterlieder]
op. 2 (WV 19)
25

1. Eine silberweiße Blume


(Hans Steiger)
revidierte Klavierfassung von Klaus Simon Erwin Schulhoff
1894 – 1942

Mäßig
Stimme 
      

     
 
3

       
  
    
ausdrucksvoll
       
Klavier
p f mp
   
   
 

  
   

mit verhaltener Leidenschaft

       
6 mp mf mf f

          
Ei - ne sil - ber - wei - ße Blu - me ist mei - ne Sehn - sucht ...

  
 
      
           
  
    
p mp
pp

    
fp
          

       



    
12 p p
         
3

 
Mit jäh auf - ge - ris - se - nen gro - ßen Kin - der - bli - cken

    
       

     
        
  
f p p
 
     
 
 
   
    
 
26

Etwas bewegter
p

15

              
3

    
3 3

im - mer, stil - len, – ban - gen – Nacht - tau zart wie Trä - nen - schim- mer

         



       
          
              
p

  
pp 3 3

          


        


rit. Tempo I
mf
  
18

      
p

  
3

     
3

auf den blei - chen Blät - ter - wan - gen ... Sil - ber- wei - ße

       
  
                     
               
pp

       
        
3

     

ängstlich

 
21 mf mf f p

            
Blu - me – Du, mei - ne Sehn - sucht! Weißt du,


  
          
     mp p
 
mp

  
fp
  
 

   


27

träumerisch rit.
26
     
           
    
daß du ster - ben mußt, kommt das Glück ein - mal ge - gan - gen ...


     
        
    
 
pp

        

     


(a tempo)

31

     

   
    
3

          
       
pp


pp

 
  
   

 

 

36
 
     


ersterbend

   
      
      








mp p pp ppp
  
  
    
 
 

  
28

2. Ich weiß, Du siehst es


(Hans Steiger)

  
Neckisch stringendo
 
mf neckisch
   
Stimme


 
   
     
Ich weiß,

    
 




Klavier
mf f

              


 
    
  

a tempo rit. a tempo stringendo


    
             
5

   
   
3


 
du siehst es für dein Le - ben gern, wenn ich mit ei - nem neu - en Lied - chen wie - der a - bends

    
    
 
  
  
 
p    

    
mf
  
            

  


8
       
5

        
3

       
5

kom - me ... Mit trüb - se - li - gem Ge sicht, et - was ner - vös und wirr, die Au - gen, bald

  
         
      
p

      
   
29

rit.


10

       
3

   
3
  
laut und groß, bald wie - der still und stumm zur Er - de nie - der,
3
                 
3

         
 
    
     
 
nach und nach immer schneller
 
ossia:

  
etwas ruhiger beginnen ban - gen Wor - - ten

   
12

       * 
mp

3

 
mit hal - ben, ü - ber - has - te - ten, ban - gen Wor - ten bloß –

         
6

                 
               
6
        
         
 
 
6 6

     
p
  

    

14 sehr schnell

      (langsamer)

 mp
bloß –

 
3
         
3

  
    
        So muß ich es dei - nen grei-fen- den
    
                  
  
                

  
ff
  
 
      
         
  

* In Klavierfassung war Gst. ursprünglich anders rhythmisiert, diese als Ossia. Vgl. editorischer Bericht.
30

16
                  
3 3

Fin - ger - chen dann za - gend ü - ber - las - sen! So als ob ich mich

  
 
     
 3
 
          3
3
 
    
3

   
 
 
p mp


3
   


  
 

  

langsam rit. schnell


18

              
 
schäm - te ... und auch ein biß - chen me - lan - cho - lisch!

  
 
           
  
 
f
  
    
  
 
      


Tempo I
rit.
  
20
     
p neckisch

        
Das al - les steht mir näm - lich gut an. Ich weiß! Ich weiß! –

     

      
p
     
   


31

a tempo
    
22

           
3

Dann läßt du mir dei - ne klei - ne Hand zu ei - nem

               
3

 
              
 
      
      

   
f
  
24


3 3
        
3 3

  
lan - gen, lan - gen Kus - se ... O - der, wenn wir al - lein sind, dei - ne

           
3
             
     
        
3 3
f

       
         
  
   

    
26

    
dim.

ro - ten, ro - ten Lip - pen ...



  
   
                
       
3
  3
3
3
ff

    
    
     
  
 
32

rit. Sehr langsam (Tempo I)



       
28

      
mf p
   
3


Ich glaub, du bist ein klein we- nig

      
 
 
   
           
mp pp f p
   

               

   
   


Neckisch
 
33

      
 
stolz auf mich ...

               
   
 pp

   
        
      

 

37

    

    

           
ppp

         
 
    
pp sub.
 
 
ppp
  
       
 
 
33

3. Du wunderliebe, kleine Hand!


(Hans Steiger)

Langsam und zart


        
mp

Stimme

    
Du wun - der - lie - be, klei - ne Hand!

      

             
  

Klavier p
       
       

           
3
 
3 3

     
Ich hal - te dich so fest, so fest, auf - ju - belnd ans glück - hung - rig’ *
3

     
             
       
3

   
 
    
 

   
7

     
 3

  
Herz ge - preßt! Du klei - ne, wei - che Hand ...

     
     
            
 
p mf p ausdrucksvoll

 
mf
   
   
   



* bei Steiger: glückhungrige
34

 
               
10 p

3

 
3

 
Wie süß es ist, wenn du so nah. – Liegst wie ein leuch - ten - der Se - gen


        
     
3 3

   
                      
   
pp

          
     
  

 
13 f
    
  
da! Mir ist nicht

 3 
   
 
                 
   
            
   3   3  

            
ff
  
  3

15
 
        
3

     
3
 
an - ders, als müßt ich be - ten, als wär ich in ei - ne


          
3 3
         
           
   

mp
 
    
p

    
   
35

rit.
 a tempo

rit.
          
17

       
3 3

Kir - che ge - tre - ten ... Sieh: mei - ne Au - gen, so weit ...
ausdrucksvoll

 

                 
3

         
pp p

     
      
3

           


  


ossia:
 
    
3
 
(rit.) him - mel - ho-her Glück- se - lig - keit! –


a tempo
     
           
weit . . . vor lau - ter him - mel - ho - her Glück - se - lig - keit! –
diese Stichnoten sind nur

   
in der ossia zu spielen. (T. 22 ist danach zu überspringen)

     
     

/ 0 
 pp pp mf

 
pp

    
 

  /  0
 


24 rit.

    

           

                  



p pp
    
    
  
  

 
* wenn ossia gewählt wird ist T. 22 danach zu überspringen
36

4. Mein Herz voll Jubilieren


(Hans Steiger)

Frisch und munter

       2 
f
Stimme      
        
Mein Herz voll Ju - bi -

   
         
           
Klavier p mf p
 
 
                       
   

   
4

   
f
         
- lie - ren ... Nein! Län - ger ver - halt ich es


                       
      
f

   
                 
 

7

     
         
nicht! –

                         
         

  
f p f
 
                    
 
37

10

   

                        


     
p
  
f
           

   

mf
      
13
   
2

  
 
    
Ein al - ter Baum - stamm schüt - telt ver - wun - dert sein bärt’ - ges Ge -

                            


                 

  
p mf
                  
          

ossia:

     
Breit im Tempo Kannst Dei - ne Sträh - ne

   
16
 
ff 2

       
    
- sicht. ha, ha! * Kannst Dei - ne Sträh - ne

                     


      
       
     
      
f
          
 




 
 


      

ossia:
  
      
     
* das Lachen ist jeweils von Schulhoff dazu gefügt worden
38

19
      
  
     
2
    
      
krau - en! Du wirst es doch nim - mer ver - stehn. Du

   
                         
    
f
             
      

 
 


       
22

   
2 2
   
             
bliebst ein ganz Jahr - hun - dert! auf ei - nem Fle - cke stehn ...

        
                
     

               
              
   
25

(lacht) *

   


   
        
Ha, .............................. ha!

             
              
mf

         
             
 
28

    

                      


      
p pp
      
         
     
* das Lachen ist jeweils von Schulhoff dazu gefügt worden

1913

Vier Lieder
nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für Bariton und Klavier
op. 9 (WV 26)
40

1. Freude hab ich geschürft


(Hans Steiger)
Erwin Schulhoff

     
Langsam und traurig 1894 – 1942

         
Stimme  

Freu - de hab ich ge - schürft aus har - tem Bo - den!

     


3

             


3 3 3

   
Klavier
              
      
   

       
5
      
... müd vom Gra - ben ... Nun a - ber leuch - ten die

     
3

3
  
       
                   
3

     

3

   

         
 
8
      
       

al - les *–
   
Hän - de! Sollst - al - les, – ha - ben – –

  
    
   
   
         
3
 
3


      
3
    
3 3
     
   
 
    
      
11
   
Weit - her bin ich ge - wan - dert durch Nacht und

     
       
   
       
           

  
     
 
* Textwiederholung von Schulhoff

41

    3 
        
16

     
Grau - en. – O! Es wird dei - ne Wan - ge zie - ren! Nicht ... jäh es ...

         


       
    
    
      
21
      3   
      
schau - en ... Sieh! – Sieh doch ... O Gott! – Nein! – O
           
   
3

  
        
3
 

  

         
           

        
24

   
Him - mel! Was – willst Du wa - gen? – – –
3 3 3 3 3 3
                        
3 3

  
  
  

26
      
        

  
Hast jetzt ... du ei - gen - sin - ni - ges Kind ...
3
  
             
        

          




    
42

30
     
     
mein Herz – zer - schla - gen ...

 
  
3
           
     
          
 
         
 
   

2. Wir gehn im lauten Novemberwind


(Hans Steiger)

Langsam und ausdrucksvoll


Stimme
       
   
Wir

       
   
  
     
 
  
 
Klavier

     
    

 

    
  
4
            
gehn im lau - ten No - vem - ber- wind hi - nein ins to - te Hei - de -

     


         
 
      

     
      
  
  
43

7    
           

 
- land. Des Ta - ges klei - ne Bli - cke sind so

        

           
   
  
  
      
*

   

     
 
       
11
   
 
trä - nen - blaß ... so schmerz - um - spannt ...
  
                
3
  
      
       
    
      
14
                   3 

Wie gro - ßes Wei - nen, tro - pfen - schwer, ein Re - gen - schau - er
**
zieht plötz- lich stahl - hart und

   
3

    
3

      


3

     
  
     
  

17    
      
blank da - rü - ber.*** Gib mir die
          
3
         
 
    
        

  
3 3 3 3

      
    
 

 
* vgl. editorischer Bericht
** bei Steiger umgekehrte Reihenfolge: plötzlich zieht
*** bei Steiger: darüber her. Schulhoff hat das her gestrichen bzw. ausgelassen.
44

 
   
20

      
3
     
Dich frös - telt der schar - fe * No -
 
Hand! - Die Son - ne flieht ...
3

            


     
  
  
  
   

      
      
23 3
 

 
- vem - ber- wind! Wie lang wohl zwei Men - schen
   
 
      
  
        

 
 
 
    


 


26
       

glück - lich sind ...

     
       
       
          
  
 
 

       
    
 

3. Tiefblaue, funkelnde Sommernacht


2. Vertonung
(Hans Steiger)

          
Träumend
 
3
Stimme

Tief- blau - e, fun - keln - de


       
r. Hd. 3

               
3

      
Klavier

l. Hd.

* bei Steiger: im scharfen


45

 
      
4
      
3
  
  *
Som - mer - nacht. – Ver - lieb - te ge - hen vor - bei ... ein Lied!

         



    
                  
3

          3   
7

     

      
Es flö - tet sacht he - rü - ber von der Bas - tei. Ein

    
     
     
3

       
 

          
10
    
3

 
Zau - ber liegt in dem klei - nen Lied. Und mich er - greift ein Weh. –

    
                   
3 3

     


  3      
13
         
Mir ist’s, als sän - ge mein Mä - del mit, mir

 
3
         
    
3

              
3

 
     
16 3 3
   
**
ist’s, als ob ich sie säh ...

  
3
  
3
 
                        
3



* Steiger: Ein Lied von Schumann! In Schulhoffs 1. Vertonung op. 2a (WV 19a) noch vollständig verwendet.
** Steiger: als ob ich’s säh ...
46

4. Das alles wieder


(Hans Steiger)

 
Langsam und getragen
         
Stimme    

                      


Das al - les wie - der, was längst war ent - schwun - den:


           
      
Klavier
         

       
      
4


die Sehn - sucht und ih - re heim - lich - sten Lie - der. Du bist’s!

     
                                  
  
  




 
  


                  
8


Bist ei - ne von je - nen Zei - ten, die süß wie Kin - der - träu - me * vo - rü - ber -
       
                   
           

    
 
  
 
11
 
   

                             
- schrei - **
ten ...

    


       

   
  
      
  
 

* Steiger: Kindesträumen
** In Steigers Gedicht wird zum Schluss das letzte Wort Vorüberschreiten wiederholt.
1913

Drei Stimmungsbilder
nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für eine Sopranstimme, Violine und Klavier
op. 12 (WV 30)
48

1. Klangen Geigen übern See


(Hans Steiger) Erwin Schulhoff
1894 – 1942
   
 
Sehr langsam
   
*
Stimme 
   
Klan - gen Gei - gen ü - bern See ...

 
Violine        

                  


Klavier
           

  
  
   
 
 

  
3
  
    

        
halb - ver - geß - nes Lie - bes - weh. –
   
     
 
3 3

     
               
   
    
   

    
    


5

             
3 **

     
 
Weiß nicht, wie der Klang ver- ging. Lan - ge ich in Träu - men hing. – lan - ge ...

                   
  

                 
                
 
    
        



           
  
* vgl. editorischer Bericht
** Textwiederholung von Schulhoff
49

  
8

        
    
Ir - gend - wo ein Käuz - lein rief.

*   
         

   
                     
           
        
  


     
    

      
11

      

        
Nacht und Wald und See so tief ...

     
   
       
3 3

 
                     
          
 
    
  

    
   
 


14

        
    
3
   
  
Al - les wun-der - still und sacht! Mei - ne See - le trank die

        

            
   

3

                        
    
       
 
        
   
 
     
  
         
   
* in der Skizze g'', vgl. editorischer Bericht
50


17 * rit.

     
Nacht. –
 

 perdendosi
   
   
ppp

    

                       
                     

ppp
           

          
* Die letzten drei Takte sind ein Vorschlag des Hrsg., da in der Skizze der Schluss fehlt.

2. Schließe Deine Augen zu


2. Vertonung
(Hans Steiger)

 
Stimme     

  
Schlie - ße dei - ne Au - gen zu ...

  

           
Violine
    
3

         
          
           
    
              
       
Klavier

    
     
**
              
           

** vgl. editorischer Bericht


51


4
  
        

Laß nicht sehn, wie sie groß
 
im Bran -

de stehn!

   
        

           

   
  






 
              
            
           
      
            

                

        3     
7

       

 Mach sie zu ...  
Zu dei - nem Kin - der - ge - sicht paßt es nicht, wenn das ban - ge Wei - nen
  
    

 

          
           
             
               
     
 
                

      
           
     

   
         
10

     
3


der Ent - sa - gung un - auf - halt - sam mei - ne Wan - ge bet - - telt ...

         
      

      
  
      


              
 
                 
             
*

                   
                 
* vgl. editorischer Bericht
52

 
13

       

   
Schlie - ße dei - ne Au - gen zu ...

          
   
3 
                 
            

                          
                    
  
*
       
                     
       


16
  
        

Laß nicht sehn, wie sie groß im
 
Bran -

de stehn!

   
         

            
   
  






            
   
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        


 
  

   
  
        
                 

19 * rit.

        
 Mach sie zu ...    
Mach sie zu...


     
  
   
3

   
ppp
    
           
  
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             

ppp

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                 
* Die letzten zwei Takte sind ein Vorschlag des Hrsg., da in der Skizze der Schluss fehlt.
53

3. Weißt Du
2. Vertonung
(Hans Steiger)

Stimme             
 
           
Weißt du.... daß der son - nen - mü- de, nacht - stil - le
     
Violine     

      
   

                              

Klavier
     

    
4

       


Gar - ten
 
mei - ne

Weh - mut liebt?

         
       

            


                       
 
          
 

  

    
  
    
6

          
   
 
Sieh! – Er hängt die schwar - zen Tü - cher der Trau - er - wei - den tief

    
         
    
3

 
                          
          
     
    

54

       3   
 
9
 
  
3


Ah! *
 
ü - ber die wei - ßen La - ter - nen ... die mir so weh - tun. –
          
    

3

  
            
     
     
    
  

11
 3     
     
  

Fühlst du sein feuch - tes Moos - haar? – Es hat die


   
    
  
   
  



  
  
   
       
    
    


14

  
        

Nacht mit mir ge - weint ... ... Lieb - - - - ste! ...


   
  

       
        


     

 
    
* Ah! Textergänzung von Schulhoff

1914

Drei Lieder
nach Gedichten von Oscar Wilde
für Altstimme mit Klavierbegleitung
op. 15 (WV 33)
56

1. Madonna Mia
(Oscar Wilde)
Erwin Schulhoff
1894 – 1942

 
Ruhig bewegt mp

            

Stimme

      Ein Li - lien - mäd - chen fremd im

          
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           
 
Klavier mf legato p
         
 
   
      
    


4

     
3
           
Er - den - le - ben mit brau - nem Haar, ge - floch - ten dicht am Ohr,


                       
              
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         
  


    

 
7
      
mf f
       
sehn’ - sücht’ - gen Au -gen, halb im Trä - nen - flor wie blau- stes

                               


   
    

        
mp

             


57

ossia: *

    

we - ben: Die

  
10

             
Was - ser un - term Re - gen - we - - ben: Die Wan- gen nie er - glüht in

         
                         
mf

    

             
  


13 mp
              


hei - ßem Be - ben, Die Un - ter - lip - pe ein - ge -

              


          
       
      
mp p

            
  
   
     


16 rit.
        
3 3
              
- zo - gen bang in Furcht von Lie - be, und den Hals ent - lang im Mar -mor - weiß nur ei - ne A - der e - ben.


                             
          
         
     
   
* vgl. editorischer Bericht
58

Tempo I
 mf
19 mf

           
3
 
     
Doch soll mein Mund auch oh - ne Rast ihr sin - gen, selbst ih - re Fü - ße küßt’ ich

            
                     
  

mp
       p
         
  
   


22 mp cresc. e stringendo

   
3
             
nim - mer - mehr, weil ü - ber - schat-tet von der Ehr - furcht Schwin - gen wie


                               
          
p cresc. e stringendo
  
      
        
       

rit.
breiter
  
f
 3  
25

 
3

         
 
Dan - te als mit Be - a - tri - cen er un - ter des Grei - sen Brust, die Flam - men schlug,

                  
         
            
 
f breiter
 
       
          
 
59

sehr ruhig
 
28 mp pp
              

im sieb - ten Him - mel
      sah den gold’-nen Zug.
              
       
            
 
 
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  
    
p
  
pp

 
        
       ppp


           
   
  

2. Rosa Mystika *
(Originaltitel bei Wilde: Requiescat)
(Oscar Wilde)

Langsam und feierlich

  
mf
           

Stimme

Still, daß sie es nicht hört, lei - se hier geh!


         
 
 
        
Klavier

mf mp
       
  
 
p mp

 
5 p

          
   
Wach - sen das Maß - lieb hört sie un - term Schnee. All ihr Haar

 
        
             
     

  
 p mp pp

 
   
     
     
* eigentlich: Mystica
60

                 
hell wie Gold des Mo - ders Raub, sie, die so jung und hold sank in den

           
      
     

     
   
  
   
       

mp
    
12

           
   
Staub. Weiß wie Schnee, li - lien - klar, wuss - te sie kaum, daß sie ein

         
    
   
   
p

 
mf
      


   

       
16 p
 
         

Mägd - lein war, wuchs wie ein Traum. Sarg nun und schwe - rer

 
           
      
 
pp
 
        
  
61

21
 
           
3

        
Stein las - ten auf ihr; ich quäl’ mein Herz al- lein, sie schlum - mert hier.

 
               
     
             
  
 
p pp p

        
   

rit.


pp

25 mf

      
3

            
Frie - den! Nicht Lau - ten - schall hört sie noch Lie - der; hier ruht mein Le - ben all,

              
         

      

pp

        
        
         
        

Langsam
(Tempo I)
29 p

  
  


  
werft Er - de nie - der!

tonvoll
    
 


       
      
mf p
 
           
 


62

3. E Tenebris
(Oscar Wilde)

Langsam, doch eindringlich, wie eine Litanei

              
p
Stimme 
Komm Chris - tus, hilf mir! Reich mir Dei - ne
    
     
     
ppp

         


 
       
Klavier

      

mf pp

  
ppp
       
   


                     
Hand! In wil - den Flu - ten ring’ ich im Ge - bet als Si - mon auf dem See Ge -

   
      
  

       
   

      
  
    
   

63


5 rit.

                 
  
- ne - za - reth! Der Wein des Le - bens rinnt da - hin im Sand.

 
     
       
  

   



 

     


   

    
  

  


Etwas bewegter
7 mf mf

           
        
     
Mein Herz ist wie ein hun - ger - wüs - tes Land, wo al - les Gu - te hin - starb, und ge -

     
p
              
      
 

drängend
11 cresc.

        
3
            
- wiss: Sollt’ ich vor Gott aus die - ser Fin - ster - nis, ich müss - te lie - gen in der Son - ne *


              

cresc.

 
 



* Anmerkung in Bleistift: orig. Hölle
64


14

       
   
            
Brand. „Er schläft viel - leicht, ritt wohl zur Jagd wie Baal, wenn al - le*Tag von Kar - mels

    
                   

        
      


zurückhaltend Tempo I


18 f
                 
3
 
  
Fel - sen - säu - len sei- ne Pro - phe - ten je - nen Na - men heu - len.“



      
 ppp

 
    
                      
f

mf pp

      

 
ppp

  
   

 


* Anmerkung in Bleistift: all den
65

22

           
p *
         
3

Nein, still, noch vor der Nacht schau’ ich zu - mal die erz - nen Fü - ße, das brand - wei - ße


      
       
 

      

  

       
 

    
  
 

sehr zurückhalten
mf
24
  
                 

Kleid, die wun - de Hand, das Ant - litz vol - ler Leid.

 
         
          
      

 
 
  
 


 
  
      
      
p

   

   
  

  



    
* vgl. editorischer Bericht
1915

Fünf Lieder
von Christian Morgenstern
für eine Baritonstimme und Klavier
op. 20 (WV 38)
68

1. Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse


(Christian Morgenstern)
Erwin Schulhoff
1894 – 1942

 
Ruhig, gemessen
Stimme
      
„Ich


                        
   
Klavier 
       
  

         
5
        
3

bin ein ein - sam - er Schau - kel - stuhl und wa - ckel im Win - de, im Win - de.


    

     
   

    
     

   
    3   3 
 
9
         
3


Auf der Ter- ras - se, da ist es kuhl, und ich wa -ckel im Win- de, im Win - de.... Und ich

 
    

 



    

  
      
     
 
69

14
     
3
       
3
  3  

3

wa - ckel und na - ckel den gan - zen Tag und es na - ckelt und ra - ckelt die Lin - - de.

    
                  

     
   
   
   

 
   
19
    
Wer weiß, was sonst noch


                       
       
     
    

        3    
24

   
  
wa - ckeln mag, im Win - de, im Win - de, im Win - de.“

     
            
          
 
      
 
70

2. Das Weiblein mit der Kunkel


(Christian Morgenstern)

     
Stimme
 
       
Um stil - le Stü -bel schleicht des Monds bar-

                 
          
Klavier

         
  
  
  
  
  
 

          
 
4

  
- ba - ri - sches Ge - fun - kel – Im Gäß - chen hoch im

               


           
  
     

  
l. Hd.
  
         
     

           
7
   
Nor - den wohnt’s, das Weib - lein mit der Kun - kel.

   

                          
    
       
 
  
    
71

       
   
9
      
Es spinnt und spinnt. Was spinnt es wohl? Es

          
 
     
             
  
  

      
        
  
       

                   
11

  
   
spinnt und spin - ti - sie - ret ... Es trägt ein wei - ßes Ka - mi - sol, das

   

                  


           
           
         

        
13

  
sei-nen Kör - per zie - ret.
 *     
                     
    
         
         
    
   
* vgl. editorischer Bericht
72

15
            
    
         
Um stil - le Stü - bel schleicht des Monds bar -

 
               
      
     
           
    
 

         
17
   
- ba - ri - sches Ge - fun - kel – Im

            
 
            
                   

      
    
          
     *
       
20

 
Gäß- chen hoch im Nor - den wohnt’s, das Weib- lein mit der Kun - kel .... **

               
     
           
 
     
         


23

   


            
          
   
               
    
* vgl. editorischer Bericht
** Die vier Punkte stammen von Schulhoff. Bei Morgenstern normaler Satzschluss.
73

3. Die Beichte des Wurms


(Christian Morgenstern)

Stimme
         
     
Es

   
*
                
  
  
Klavier

        
       


            
6

 
lebt in ei - ner Mu - schel ein Wurm gar selt - ner Art;

         
                    
     
   
     
         

            
 
12

    


der hat mir mit Ge - tu - schel sein Her - ze of - fen - bart.

                   
                
  
   
          

   


         
     
18

 
Sein ar - mes klei - nes Her - ze, hei, wie das flog und schlug! Ihr

 
                
        
          
          
               
  
* vgl. editorischer Bericht
74

        
24

          
den - ket wohl, ich scher - ze? Ach, den- ket nicht so klug.

         
                

    
     
     
  

 
30

     


                           
      

        
     
 

   
           
36

 
Es lebt in ei - ner Mu - schel ein Wurm gar selt - ner Art;


                 
       
       
       
 
75

      
42

        
der hat mir mit Ge - tu - schel sein

   *
 
           

       

       
      

      
48

  
Her - ze of - fen - bart.

      
            
          
   
        
     

 
53

     


         
            

  
          

* In Schulhoffs Skizze: h, evtl. ein Versehen, his scheint schlüssiger.

76

4. Der Seufzer
(Christian Morgenstern)

     
Stimme         
Ein Seuf- zer lief Schlitt - schuh auf

        
            

            




Klavier

       
    
    


 
         
           
5

 

nächt - li- chem Eis und träum - te von Lie - be und Freu - de. Es war an dem Stadt - wall, und

    
 
              
              
      

                 
 

 

  
       

10
   *            
 5 A        
schnee - weiß (so) glänz- ten die Stadt - wall - ge - bäu - de. Der Seuf - zer dacht’ an ein

  
       
                
   
   
    
    
          
        
* Kann entfallen, stattdessen kann eine Achtelpause gesetzt werden. Vgl. editorischer Bericht.
77

    
 
16
      
 
Mai - de - lein und blieb er - glü - hend steh’n. *

         
    
                   
    
     

 
    
   
21
       
 
Da schmolz die Eis - bahn un - ter ihm ein – und er sank –

        
  
   
         
        
 
 

 
  
      
  
      
       
  
  

  
      
26
    

und ward nim - mer ge - seh’n. ***

       
       
**

   
    
       

         
    
       
* bei Morgenstern: stehen
 
** vgl. editorischer Bericht
*** bei Morgenstern: gesehen
78

5. Galgenbruders Lied an Sophie, die Henkersmaid


(Christian Morgenstern)


Stimme
  
          
So - phie, mein Hen - kers - mä - del,

  
                           
 
                        
Klavier

5        
       
*
 

komm, küss’ mir den Schä - del! Zwar ist mein Mund ein schwar - zer Schlund –

   
                        
                   
  

 
    
9
       

           
doch du bist gut und e - del!

    
              
          
   
      
                    
  

13          
     

      


So - phie, mein Hen - kers - mä - del, komm,

 
                   
    
       
                 
    
* bei Morgenstern: küsse
79

           
17
  

streich - le mir den Schä - del! Zwar ist mein Haupt des

   
                       
          
            
            

      
    
21

    
Haars be - raubt – doch du bist gut und e - del!

        


             

        
                    
 
   

                  


25
   
    
  
  
    
      

     


29
           
 
*

So - phie, mein Hen - kers - mä - del, komm, schau mir in den

  
                               
 
                         
   
* vgl. editorischer Bericht
80

        
34
          
Schä - del! Die Au- gen zwar, die fraß der Aar – doch

                           
 
                        
 

 
   
38
    

           
du bist gut und e - del!

                     
         
        
  
        
           
 
      
 

42
    
                  
loco

           
    
      
loco

                   
  

     

45
      

  



     
         
               
         
 
     
             
   

Anhang / Appendix
Fragmente

1912

Drei Fragmente
nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger
für hohe Gesangstimme und Klavier
op. 2a (WV 30a)
82

1. Ein Frauenhändchen
1. Fragment
Erwin Schulhoff
(Hans Steiger)
1894 – 1942

                
Ein Frau - en - händ- chen möcht ich manch - mal fas - sen.

  
                   
      

      

      

        

2. Ein Frauenhändchen
2. Fragment
(Hans Steiger)

Stimme      
  
       
    
       

   
Klavier 
     
   

  
3
       3 
        
Ein Frau - en - händ - chen möcht ich manch- mal fas - sen. Ab - küs - sen


 
          
  
     


     

 

  
      
     
   

83

3. Alles Glück aus meinen Tagen oder


Wenn ich immer wieder küsse
(Hans Steiger)
Fragment
*

             
3


3
Stimme 
Al - les Glück aus mei - nen Ta - gen will ich in

  
Wenn ich im - mer wie - der küs - se, ist’s mir, als

         
    
 
Klavier
    
          


3

      
 

dein Le - ben tra - - gen. –


ob naß die Au - - gen

   
 
    
  
  
   

* vgl. editorischer Bericht


84

Editorischer Bericht

Textvorlagen des 2. Bandes4

Hans Steiger: Die Garbe, Lieder/Gebete/Zierstücke, Düsseldorf 1912


Johannes Theodor Kuhlemann: Stillleben (eine Ausgabe dieser Gedichte war bisher nicht aufzufinden)
Oscar Wilde: Gedichte (in Deutsche übertragen von Gisela Etzel?), Leipzig 1907
Christian Morgenstern: Galgenlieder neben dem Ginganz, Berlin 1913

Abkürzungen:

Akk. Akkord / chord


EA Erstausgabe
l. H. Linke Hand / left hand
r. H. Rechte Hand / right hand
Gst. Gesangsstimme / voice
Hrsg. Herausgeber / editor
Klav. Klavier / piano RS Reinschrift / fair copy
S. Seitenzahlen / page numbers
T. Takt / bar
Viol. Violine / violin
Zz. Zählzeit / beat

WV 143
Titel: Zwei Lieder aus Stillleben von Johannes Theodor Kuhlemann für Sopran und Klavier
Inhalt: 1. Die Vase, E-Dur, 25 T. (mit Ergänzung des Schlusses vom Hrsg. 30 T.)
2. Der Apfel (Fragment), B-Dur, 6 T.
Entstehung: wahrscheinlich 1911/12
Besetzung: Sopran und Klavier
Text: Johannes Theodor Kuhlemann (1891–1939), die Sammlung Stillleben konnte nicht
aufgefunden werden.
Quelle: Skizze mit Text, 2 S. - MČH 499
Edition: EA
Lesarten: 1. Die Vase
T. 19 In Skizze kein Taktwechsel, aber nur 2 Viertel im Takt. Hrsg. entschied sich für
einen Taktwechsel, weil danach die Musik eindeutig wieder im 4/4-Metrum steht.
T. 25 endet die Handschrift. Um wieder in die Tonika E-Dur bzw. die Ausgangs-
stimmung zu gelangen hat der Hrsg. drei Takte Nachspiel hinzugefügt.
Kommentar: In Beks Werkverzeichnis in undatierte Werke 1918 bis 1930 eingeordnet, deswegen
auch die hohe WV-Nummer. Diese Datierung ist sehr unwahrscheinlich, allzumal
das Notenpapier auf die Kölner Studienjahre verweist und beide Lieder aufgrund
ihrer Stilistik eher in das Jahr 1911 einzuordnen sind.
Einen Text von Kuhlemann vertonte Schulhoff 1918 auch in seiner Vokalsinfonie
Landschaften op. 26 WV 44. Eine Opera Buffa nach J. W. Goethe Die Mitschuldigen,
WV 47, die Kuhlemann als Librettisten nennt, blieb dagegen nur Fragment.
Die Tonartenvorzeichnungen sind vom Hrsg., um das Notenbild zu vereinfachen. Un-
gewöhnlich ist, dass Schulhoff hier den Text in die Skizze eingetragen hat. Meistens
sind die Gesangstexte nicht in den Skizzen, sondern erst in der Reinschrift enthalten,
wie die Quellenlage der meisten frühen Skizzen beweist. Warum er bei diesen beiden
Liedern vom Normalfall abwich ist ungeklärt. Vielleicht hatte er bei der Niederschrift
wenig Zeit und hat die beiden Lieder danach vergessen.

4 Siehe auch „Zu den Quellen“, „Zur Edition“ und „Hinweise“ in Band 1.
85

Die Vase ist eines der wenigen Strophenlieder, wobei beide Strophen in ein System
mit Text geschrieben wurden. Wir haben uns entschieden die zweistrophige Anlage
des Liedes, die aber in der Gst. ungewöhnlich stark variiert, der besseren Lesbarkeit
willen in zwei Gesangssystemen zu notieren.
Dadurch, dass eine Druckausgabe von Kuhlemanns Stillleben nicht gefunden werden
konnte, war das Entziffern der Texte bei beiden Liedern extrem schwer. Der Hrsg. ist
sicher, dass das Auffinden der Textquelle manche inhaltlich fragwürdige Textstellen
klären würde. Bis dahin muss die angebotene und sicher nicht immer geschmeidige
Lesart der Textversion ein Versuch bleiben, die Handschrift der Skizze so gut wie
möglich zu interpretieren.

WV 19a
Titel: Sechs Lieder nach Gedichten aus Die Garbe von Hans Steiger für hohe bzw. mittlere
Singstimme und Klavier op. 2a
Inhalt: (1.) Weißt Du (1. Vertonung), E-Dur, 29 T.
(2.) Tiefblaue funkelnde Sommernacht (1. Vertonung), Des-Dur, 15 T.
(3.) Sonnenschein (1. Vertonung), F-Dur, 27 T, (mit Schluss vom Hrsg. 31 T.)
(4.) Sonnenschein (2. Vertonung), F-Dur, 15 T.
(5.) Schließe Deine Augen zu (1. Vertonung), a-moll, 24 T. (mit Schluss vom Hrsg.
26 T.)
(6.) Waldsonnenschein, E-Dur, 25 T.
Entstehung: 1912
Uraufführung: Sonnenschein (2. Vertonung): 1. November 2015, Konzerthaus Berlin, Hans Christoph
Begemann/Bariton und Klaus Simon/Klavier
Besetzung: hohe bzw. mittlere Singstimme und Klavier
Text: Die Garbe Lieder/Gebete/Zierstücke von Hans Steiger (1889–?), Düsseldorf 1912
Quelle: Bleistiftskizze ohne Text (Ausnahme „Waldsonnenschein“), 8 S. – MČH 528, 529
und 437
Edition: EA
Lesarten: (1.) Weißt Du
T. 10/11 Klav. jew. 1. Akkord r. Hd.: Mittelstimme entweder a' oder h' zu lesen.
Hrsg. spielt h.
(3.) Sonnenschein (1. Vertonung)
In der Aufnahme von Olga Černa bei Supraphon schließt das Lied unvermittelt in
D-Dur in T. 27, weil der Schluss nicht erhalten ist. Der Hrsg. hat sich für die Rekon-
struktion bzw. Rekomposition eines für Schulhoff eigentlich typischen Nachspiels
entschieden, das auf dem Zwischenspiel nach T. 12 musikalisch basiert, nur diesmal
in der Tonika F-Dur.
(4.) Sonnenschein 2. Vertonung
T. 9 erste Takthälfte. In der Skizze fehlen die Auflösungszeichen für das b.
(5.) Schließe Deine Augen zu (1. Vertonung)
Auch bei diesem Lied fehlt ein Schluss. Die letzten beiden Takte sind ein Vorschlag
vom Hrsg.
(6.) Waldsonnenschein
in T. 2 und 4 sind in der Skizze jew. nur insg. 5 Achtel notiert (Viertel-Viertel-Achtel),
sodass rhythmisch beide Varianten Sinn ergeben.
Kommentar: Diese Lieder (und auch die drei Fragmente) sind alle nur als teilweise extrem
schlecht zu lesende Skizzen ohne Text erhalten. In Beks Werkverzeichnis war nur
Waldsonnenschein in einer Anmerkung zu WV 19 erwähnt, nicht aber eingeordnet.
Wahrscheinlich hat Bek die verstreut eingeordneten Skizzen übersehen, was verwun-
dert, handelt es sich doch um recht viele Beiträge. Titelgebung und die Reihenfolge
sind Vorschläge vom Hrsg., da keine Angaben darüber erhalten sind. Bereits Olga
Černa hat in ihrer CD-Einspielung der meisten dieser Lieder für Supraphon in den
90-er Jahren eine mögliche Kombination inklusive der Vier Lieder op. 2 WV 19 aus-
gewählt und einen eigenen Zyklus von neun Liedern zusammengestellt, übersah
aber dabei die 2. Vertonung von Sonnenschein.
86

Die Opuszahl op. 2a und die WV-Nummer 19a sind vom Hrsg. neu vergeben wor-
den, da sie in Beks Werkverzeichnis nicht erfasst waren.

WV 19
Titel: Vier Lieder nach Gedichten aus Die Garbe von Hans Steiger
für Sopran und Klavier [Klavierfassung der Orchesterlieder, revidiert und eingerichtet
von Klaus Simon] op. 2
Inhalt: 1. Eine silberweiße Blume, g-moll, 40 T.
2. Ich weiß Du siehst es, Des-Dur, 40 T.
3. Du wunderliebe, kleine Hand! B-Dur, 27 T.
4. Mein Herz voll Jubilieren, F-Dur, 31 T.
Entstehung: 1912
Besetzung: Sopran und Klavier (Orchesterfassung: 1-1-1-1, Str.)
Text: Die Garbe Lieder/Gebete/Zierstücke von Hans Steiger (1889–?), Düsseldorf 1912
Quelle: RS mit Text der Klavierfassung 13 S., – MČH 386=KF und
RS der Orchesterfassung 16 S. – MČH 385 und
Druck der Orchesterfassung (Panton/Schott 1998) 32 S.=OF
Edition: EA
Lesarten: 1. Eine silberweiße Blume
in KF ursprünglich mit D-Dur-Vorzeichnung notiert, später mit Bleistift zur g-moll-
Vorzeichnung geändert. Hrsg. folgt der g-moll-Vorzeichnung. In OF (Panton) keine
Tonartvorzeichnung.
Bleistiftkorrekturen über Tinte wurden größtenteils übernommen, wenn lesbar und
eindeutig.
T. 1 in OF abweichende Tempovorschrift: Langsam und zart
T. 1-4 bzw. 33-36: Die Bindebögen in Klammer stammen aus der KF und der OF. T.
6 in KF: D-Dur-Akkord als Ganze Note
T. 15/16 Rhythmus der Gst. folgt Bleistiftkorrekturen der KF
Auflösungszeichen Zz. 4 vor a aus OF übernommen
T. 19 in KF Oberstimme r. Hd. auf Zz. 2und: fis', in OF: g'.
T. 20 Dynamik OF anders als KF. Wir folgen KF.
T. 22 in KF Liegeklang eine Viertel überbunden.
T. 29 Klav. l. Hd. Das gis und das a fehlt in OF.
T. 33-36 dynamische Gabeln weder in KF noch OF. Hier aus T. 1-4 ergänzt.
T. 38 bis 40 in OF sind die beiden Ganzen zu einer zwei Halben verkürzt worden.
Wir folgen hier der KF.
2. Ich weiß Du siehst es
T. 9 letzte Note in Gst. in OF as, in KF heses, wir folgen der KF.
T. 13/14 in KF und OF unterschiedlich in der Gst. In KF: auf 2. Zz. 2 „Wor-“ als Viertel,
auf 3. Zz. „ten“ als Viertel, „bloß“ als Achtel auf 1. Zz. in T. 14.
T. 15 Dynamik Gst. Vorschlag vom Hrsg.
T. 18 in OF ein 2/4-Takt. Die beiden Viertel der KF wurden um das Doppelte be-
schleunigt und die Pause eliminiert. Wir folgen hier der KF.
T. 19 Dynamik auf 3. Zz. ist Vorschlag vom Hrsg.
T. 20 Dynamik Gst. Vorschlag vom Hrsg.
T. 25-27 Hier musste der Satz der KF aus Gründen der Spielbarkeit verschlankt
werden. So musste die Oktavierung der Altstimme nach unten im Klav. weggelassen
werden, ferner wurde ab T. 26 die Unterstimme der r. Hd. eine Oktave höher (wie die
Flötenstimme der OF) gesetzt, um diese Linie pianistisch und klanglich wirkungs-
voll spielbar zu machen.
T. 31/32 Dynamik aus OF T. 5/6, also der Parallelstelle entnommen.
T. 40 in OF Oberstimme in Terzlage. Wir folgen der KF.
3. Du wunderliebe, kleine Hand!
T. 5 in KF auf 3. Zz. r. Hd. Unterstimme e. Wir folgen hier der OF.
T. 13 eingeklammerte Noten aus OF ergänzt.
T. 14, 16 u. 26 Atemzäsuren aus OF
87

T. 15 r. Hd. Klav. as' der KF aus Gründen der Spielbarkeit weggelassen.


T. 21/22 ursprüngliche KF als Ossia. In der OF hat Schulhoff die Notenwerte ver-
doppelt.
T. 26 rit. und Atemzeichen am Ende nur in OF
4. Mein Herz voll Jubilieren
T. 8-11 Dynamik ist Vorschlag von Hrsg.
Dynamik kplt. aus OF da KF dynamisch unbezeichnet ist.
T. 13+30 Harmonik in OF und KF unterschiedlich. Wir folgen hier der OF.
T. 17+19 Ossia aus OF
Kommentar: Schulhoffs erste Orchesterpartitur ist ein Versuch das Medium Klavierlied zum Or-
chesterlied zu erweitern. Beim Vergleich der KF mit der OF wird offensichtlich, dass
sie eine Vorbereitung zur Partitur darstellt, sie also als eine Vorfassung, als Particell
in zwei Systemen einzustufen ist und nicht eine alternative Version für den Konzert-
saal darstellt. Die RS der KF verdient nur selten ihren Namen und war wohl eher als
Zwischenversion vor der Partiturreinschrift gedacht. So sind einige Stellen jenseits
einer pianistischen Spielbarkeit, v.a. in der Nr. 2 Ich weiß Du siehst es (vgl. Lesarten).
Der Hrsg. hat sich nach reiflicher Überlegung für eine Publikation einer revidierten
KF (=rKF) entschieden. Das bedeutet, dass hier eine erarbeitete Kombination der KF
und der OF angeboten wird. Zum einen ist Schulhoffs originale KF kompositorisch
noch viel weniger entwickelt als die sicher später entstandene OF, zum anderen kann
sie in der überlieferten Form oft auch nicht wirklich pianistisch realisiert werden.
Deswegen hat der Hrsg. eine pianistische Lösung an einigen Stellen der puren Ehr-
furcht dem Manuskript gegenüber vorgezogen. Die Publikation des Urtextes wäre
hier kein Gewinn und ist für den praktischen Gebrauch irrelevant. Für die rKF wurde
sehr oft Dynamik, Bögen und Artikulation, sofern fehlend, aus der OF übernommen
bzw. ergänzt. Doch wurde versucht die rKF als eigenständige Version zu behandeln,
die gelegentlich satztechnisch und rhythmisch und in manchen Details von der OF
(vgl. Lesarten) abweicht.
Wenn man die Anfangstakte vom Strolchenlied op. 18a,1 WV 14 mit „Mein Herz
voll Jubilieren“ vergleicht, dann ist die Ähnlichkeit der Eröffnungsgeste sehr groß.

WV 26
Titel: Vier Lieder nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger für Bariton und Klavier
op. 9
Inhalt: 1. Freude hab ich geschürft, tonartlich unbestimmt, 34 T.
2. Wir gehn im lauten Novemberwind, tonartlich unbestimmt, 29 T.
3. Tiefblaue funkelnde Sommernacht (2. Vertonung), tonartlich unbestimmt, 20 T.
4. Das alles wieder, tonartlich unbestimmt, 15 T.
Entstehung: 1913
Uraufführung: 1. November 2015, Konzerthaus Berlin, Hans Christoph Begemann/Bariton und
Klaus Simon/Klavier
Besetzung: Bariton und Klavier
Text: Die Garbe Lieder/Gebete/Zierstücke von Hans Steiger (1889–?), Düsseldorf 1912
Quelle: RS mit Text, 8 S. – MČH 388
Edition: EA
Lesarten: 1. Freude hab ich geschürft
T. 6 Altstimme im Klav. nur in Bleistift.
2. Wir gehn im lauten Novemberwind
T. 7 Note in Klammer ist Vorschlag vom Hrsg., da ansonsten bei allen Parallelstellen
(z.B. T. 26) ein cis'' als Durchgangsnote erscheint.
Kommentar: In gut lesbarer und vollständiger Reinschrift vorliegend. Warum Schulhoff auch hier
auf Ausarbeitung von Artikulation und Dynamik verzichtet hat ist verwunderlich.
Die Beschäftigung mit impressionistischer Harmonik und schwebenden Ganzton-
schritten bezeugen eine weitere stilistische Fortentwicklung. Die zweistimmige, in
nur einem System notierte Klavierstimme der Nr. 3 Tiefblaue, funkelnde Sommer-
88

nacht“ ist ein Kuriosum in seinem Liedschaffen. Diese zweite Vertonung von Stei-
gers Tiefblaue, funkelnde Sommernacht (vgl. die völlig verschiedene „romantische“
Vertonung in WV 19a) zeigt innerhalb nur eines Jahres eine völlig gewandelte Lied-
ästhetik.
Josef Bek hatte in seinem Werkverzeichnis nur 3 der vier Lieder aufgelistet. Die Tief-
blaue, funkelnde Sommernacht fehlte in seiner Aufzählung, was aber ein Versehen
sein muss, da die Quelle recht gut zu finden und einzusehen ist.

WV 30
Titel: Drei Stimmungsbilder für eine Sopranstimme, Violine und Klavier op. 12
Inhalt: 1. Klangen Geigen überm See, tonartlich unbestimmt, 17 T. (mit Ergänzung des
Schlusses vom Hrsg. 20 T.)
2. Schließe Deine Augen zu (2. Vertonung), tonartlich unbestimmt, 19 T. (mit Er-
gänzung des Schlusses vom Hrsg. 21 T.)
3. Weißt Du (2. Vertonung), tonartlich unbestimmt, 17 T.
Entstehung: 1913
Besetzung: Sopran, Violine und Klavier
Text: Die Garbe Lieder/Gebete/Zierstücke von Hans Steiger (1889–?), Düsseldorf 1912
Quelle: Skizze ohne Text, 2 S. – MČH 436 (Nr. 1+3) 528 (Nr. 2) und
Reinschrift der Gst. mit Text (nur Nr. 1+2), 2 S. - MČH 436
Edition: Erstausgabe
Lesarten: Die Edition dieser drei Lieder war besonders schwierig, da die Skizzen extrem schlecht
zu lesen waren. Bei zwei von drei Liedern liegt (wie so oft) kein Schluss vor, auch
hier musste der Hrsg. die Lieder im Sinne Schulhoffs komplettieren, bzw. einen Vor-
schlag dafür anbieten.
1. Klangen Geigen überm See
Steigers Gedicht beginnt mit „Sangen Geigen....“ Schulhoffs Reinschrift des Gst.
verwendet eindeutig stattdessen „Klangen“.
T. 3, 2. Sechszehntel Viol.: Vorzeichen unleserlich, der Hrsg. deutet es als Auflöse-
zeichen, also f'''.
T. 5 2. Note Viol.: evt auch Lesart ces''' möglich, Hrsg. hat sich für c''' entschieden.
T. 5 u. 14 4. Zz. Vorzeichen unlesbar.
T. 8 1. Zz. Viol.: original in Skizze (wohl versehentlich) g'', die Leseart fis'' vom Hrsg.
T. 15 Schulhoff verwendet hier Kürzel für die Klavierbegleitung, die jedoch nicht
klar gedeutet werden können. Diese Fassung ist ein Vorschlag vom Hrsg.
2. Schließe Deine Augen zu
T. 3 u. 15 Klav. l. Hd. auf Zz. 2 und: Harmonie nicht klar, B'-Fes-B ist Vorschlag vom
Hrsg.
T. 12 letzte Achtel l. Hd. Klav.: Harmonie von Hrsg., da in Skizze unklar.
T. 13 3/2-Takt-Notierung vgl. Anmerkung zu 3. Weißt Du
3. Weißt Du
Schulhoff macht, wenn er 6/4-Taktbezeichnungen wählt, oft keinen Unterschied,
ob dieser Takt wirklich in 3+3 oder 2+2+2 metrisch zu denken ist. Deswegen haben
wir in diesem Lied stattdessen 3/2-Takbezeichnungen notiert, wenn es sich eindeu-
tig um die letztgenannte metrische Einteilung handelt.
T. 1 ff: artikulatorische Idee der 2-er-Bindung in Klav. auf das ganze Lied übertragen.
T. 2 Gst. auf 4. Zz.: das # fehlt vor dem f'.
T. 13 Arpeggiozeichen im Klav. fehlt in Skizze
T. 16 r. Hd. Klav. auf Zz. 3: das b vor dem d' hat Schulhoff wohl vergessen.
Kommentar: Die Drei Stimmungsbilder wurden bereits 2004 von Magdalena Kočéná (begleitet
von Malcolm Martineau, Klavier und Christoph Henschel, Violine) aus einer von Jiří
Mikuláš erstellten Abschrift aus den 90-er Jahren eingespielt. Irrtümlicherweise wurde
aber dabei als Nr. 2 die 1. Vertonung von Schließe Deine Augen zu op. 2a WV 19a
statt der zweiten verwendet. Vermutlich hat Mikuláš, der in den 90-er Jahren wis-
senschaftlicher Mitarbeiter am Museum der Tschechischen Musik in Prag war, die
89

senschaftlicher Mitarbeiter am Museum der Tschechischen Musik in Prag war, die


Existenz der 2. Vertonung mit Violine einfach übersehen. Tatsächlich ist die Skizze
von Nr. 2 (s.o.) unverständlicherweise nicht mit den anderen beiden Liedern inven-
tarisiert. Deswegen dachte wohl Mikuláš, dass die 1. Vertonung (ohne Violine) das
Mittelstück sei, was aber in Anbetracht der vorliegenden Reinschrift der Gesangs-
stimme am gleichen Ort wie die Nr. 1 sehr verwundert.
Warum Schulhoff seine Stimmungsbilder in der extrem schwer zu entziffernden
Entwurf-Fassung beließ, muss wieder Spekulation bleiben. Diese drei Stimmungs-
bilder sind allein schon durch die sehr originelle Hinzufügung der Violine im Lied-
Œuvre einzigartig und sind durch ihre originelle Besetzung ein großer Zugewinn für
das Repertoire.

WV 33
Titel: Drei Lieder für Altstimme mit Klavierbegleitung op. 15
Inhalt: 1. Madonna mia, E-Dur, 31 T.
2. Rosa Mystika (bei Wilde: Resquiscat), d-moll, 34 T.
3. E Tenebris, tonartlich unbestimmt, 28 T.
Entstehung: beendet „Prag, am 9. September 1914“
Besetzung: Alt und Klavier
Text: Oscar Wilde (1854–1900): Gedichte (übertragen von Gisela Etzel?), Leipzig 1907
Diese drei Lieder sind die einzigen Wilde-Vertonungen Schulhoffs.
Quelle: RS-MČH 389
Edition: EA
Lesarten: 1. Madonna mia
Der Hrsg. hat hier aufgrund der sehr duolisch geprägten Gst. gegenüber der 9/8-
Begleitung im Klavier die Gst. im 3/4-Takt umnotiert und die E-Dur-Vorzeichnung
aufgrund der besseren Lesbarkeit notiert.
T. 11 die Ossia ist ein Vorschlag vom Hrsg, da der Sängerin am Taktende im Original
nur sehr wenig Zeit zum Atmen bleibt.
2. Rosa Mystika
Mystika gibt es im Lateinischen nicht, orthographisch richtig müsste es Mystica
heißen. Schulhoff war wahrscheinlich des Lateinischen nicht mächtig.
d-moll-Vorzeichnung vom Hrsg.
T. 29 (Tempo I) vom Hrsg. ergänzt
3. E Tenebris
Schulhoff macht, wenn er 6/4-Taktbezeichnungen wählt, oft keinen Unterschied,
ob dieser Takt wirklich in 3+3 oder 2+2+2 metrisch zu denken ist. Deswegen haben
wir in diesem Lied stattdessen 3/2-Takbezeichnungen notiert, wenn es sich eindeu-
tig um die letztgenannte metrische Einteilung handelt.
T. 24 Gst. in RS: b', mit Bleistift korrigiert: c'', dem Hrsg. erscheint die Fassung der
RS schlüssiger.
Kommentar: Die Reinschrift der Wildelieder Schulhoffs inkludiert nun gelegentlich Artikulations-
angaben und Bögen, immer Dynamik und Tempobezeichnungen, welche Schulhoff
in den frühen Liedern nur selten notiert hat.
Einziger Altzyklus, der von Schulhoff auch so benannt wurde.

WV 38
Titel Fünf Lieder von Christian Morgenstern [für eine Baritonstimme und Klavier] op. 20
Inhalt: 1. Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse, e-moll, 28 T.
2. Das Weiblein mit der Kunkel, F-Dur, 25 T.
3. Die Beichte des Wurms, A-Dur, 58 T.
4. Der Seufzer, F-Dur, 32 T.
5. Galgenbruders Lied an Sophie, die Henkersmaid, h-moll, 49 T.
Entstehung: beendet „Prag, am 20.11.1915“
Uraufführung: 29. April 2016, Laieszhalle, Hamburg, Hans Christoph Begemann/Bariton und Klaus
90

Simon/Klavier
Besetzung: Bariton und Klavier
Text: Christian Morgenstern (1871–1914): Galgenlieder neben dem Ginganz, Berlin 1913
Quelle: a) RS mit Text (Nr. 1+2; Nr. 3 nur 1. Seite), 4 S. – MČH 448
b) Skizze (in Bleistift) ohne Text, 6 S. – MČH 448
Edition: EA
Lesarten: 1. Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse
e-moll-Vorzeichnung vom Hrsg.
2. Das Weiblein mit der Kunkel
F-Dur-Vorzeichnung vom Hrsg.
T. 9 u. 11 ursprünglich 6/4-Takte, metrisch jedoch eindeutig 3/2-Takte
T. 13 nachschlagende Sechszehntel auf 4. bis 6. Zz. r. Hd. im Klav.: in RS jew. e'''/d''',
das wären die gleichen Tonhöhen wie in T. 11. Wir haben uns entschieden, dass dies
ein Flüchtigkeitsfehler Schulhoffs sein muss, da es sich um eine Ganztonsequenz
handelt, und deshalb auch diese Sechszehntel als e'''/fis''' zu spielen sind, auch
wenn das pianistisch weniger gut liegt als die erste Stelle in T. 11.
T. 20 letzte Achtel Gst.: Schulhoff verwendet das Wort „im“ statt wie bei Morgen-
stern „das“. Wir folgen Morgenstern, weil „im“ grammatikalisch keinen Sinn ergäbe.
Auch hier liegt wahrscheinlich ein Versehen Schuhoffs zugrunde.
3. Die Beichte des Wurms
A-Dur-Vorzeichnung vom Hrsg.
RS nur bis T. 28 erhalten, danach ist dieses und die verbleibenden Lieder nur noch
als Skizze erhalten, deswegen hat J. Bek in seinem Werkverzeichnis sie wohl als „un-
vollständig“ kommentiert. Dem ist zu widersprechen: Zwar sind Schulhoffs Skizzen
niemals so weit entwickelt wie seine Reinschriften, doch haben sich diese Skizzen
der zweieinhalb verbleibenden Lieder erstaunlich gut lesen und entziffern lassen.
Abgesehen davon findet man sehr leicht auch heute noch die Texte der Galgenlieder
von Morgenstern in diversen Ausgaben.
T. 4 u. T. 34 fis' r. Hd. im Klav.: aus Skizze ergänzt
T. 42 his in Klammer als Vorschlag vom Hrsg., vgl. harmonisches Umfeld
4. Der Seufzer
F-Dur-Vorzeichnung vom Hrsg.
Hrsg. hat Der Seufzer, da keine überlieferte Reihenfolge festgelegt war als vorletzte
(Nr. 4) eingeordnet.
Im Klavierpart steht zu Beginn ausdrücklich eine 6/8-Metrumbezeichnung. Doch
sparte Schulhoff vielerorts die Punkte bei halbtaktigen Vierteln, als ob man einen
2/4-Takt annehmen müsste. Wir haben uns trotzdem dafür entschieden, dass wir
das 6/8-Metrum als Grundmetrum für das ganze Lied beizubehalten, um in dieser
Notation Schulhoffs etwas skizzenhafte Ausarbeitung rhythmisch korrekt wieder-
zugeben.
T. 10 bei Morgenstern kommt das Wort „so“ im Gedicht nicht vor, Schulhoff schrieb
jedoch laut Skizze offensichtlich einen Auftakt, deshalb haben wir dieses Füllwort
als Ergänzung eingefügt. Es ist inhaltlich nicht notwendig und kann auch stattdessen
weggelassen werden, in diesem Falle ist eine Achtelpause einzufügen.
T. 27/28, Diskantton r. Hd. im Klav.: sehr schwer zu lesen, evt. statt b' auch a'. Hrsg.
hat sich für b' entschieden.
5. Galgenbruders Lied an Sophie, die Henkersmaid
h-moll-Vorzeichnung vom Hrsg.
T. 33 Schulhoffs Kurzschrift verlangt eigentlich die musikalisch genaue Wdh. der
Takte 5 und 6. Das geht aber mit dem Text nicht einher, daher musste die Rhythmik
in T. 33 gegenüber T. 6 leicht geändert werden, damit das Versmaß aufgeht.
Kommentar: Schulhoff, der 1915 zum Kriegsdienst eingezogen wurde, komponierte vorher außer
den Morgensternliedern nur noch ein einziges Werk: die Drei Präludien und Fugen
op. 19 WV 37 für Klavier solo. Bek hat in seiner Schulhoffbiographie klar heraus ge-
stellt, wie sehr der junge Komponist unter dem Krieg und dem Militärdienst litt. Es
verwundert deswegen die völlig unerwartete heitere, fast simple Tonsprache dieses
91

Zyklus' „in tempori belli“. Im Vergleich mit den vorhergegangen Liederzyklen sind
die Morgensternlieder musikalisch sehr durchsichtig, diatonisch, ja leicht klassizistisch.
Die groteske Heiterkeit der Morgensterntexte waren vielleicht für ihn die einzig
möglichen Texte, die er in diesen schweren Zeiten mit einem gehörigen Maß an Ironie
vertonen konnte. Grimmige Fröhlichkeit war beabsichtigt und so muss man wahr-
scheinlich diese Lieder bei Kenntnis der Umstände ihrer Entstehung auch interpre-
tieren. Erst 1919, nach vier Jahren Liedabstinenz Schulhoffs, sollten dann die Fünf
Gesänge op. 32 WV 52 als nächster Zyklus folgen.

Anhang / Appendix

Fragmente

WV 19a
Titel: Drei Fragmente nach Gedichten aus „Die Garbe“ von Hans Steiger op. 2a
Inhalt: (1.) Ein Frauenhändchen, (1. Vertonung), tonartlich unbestimmt, beinahe 3 T.
(2.) Ein Frauenhändchen, (2. Vertonung), tonartlich unbestimmt, beinahe 4 T.
(3.) Alles Glück aus meinen Tagen oder Wenn ich immer wieder küsse, tonartlich
unbestimmt, 4 T.
Entstehung: wahrscheinlich 1912 (vgl. Kommentar)
Besetzung: hohe Stimme und Klavier
Text: Die Garbe Lieder/Gebete/Zierstücke von Hans Steiger (1889-?), Düsseldorf 1912
Quelle: Bleistiftskizze ohne Text 3 S. – MČH 528 (Nr. 7+9), 437 (Nr. 8)
(verstreut zwischen Skizzen zu den Liedern aus WV 19a und WV 19 bzw. einigen
Klavierstücken)
Edition: EA
Lesarten: (3.) Alles Glück aus meinen Tagen oder Wenn ich immer wieder küsse
T. 1 es fehlt die Achtelpause am Ende des Takts
Kommentar: Diese drei Fragmente geben einen guten Eindruck wieder, inwiefern Scheitern zum
Komponieren gehört. Allen dreien fehlt etwas die „Idee“ für den Text und eine In-
spiration, sodass Schulhoff sie wohl deswegen aufgegeben hat. Schulhoffs zwei unter-
schiedliche Anläufe das Gedicht Steigers Ein Frauenhändchen zu vertonen beweisen,
wie wichtig ihm dieser Text war, dem er doch nicht Herr wurde. Er bekam anscheinend
keinen inspirierten Zugang zu diesem Text, was verwundert, denn keinen Dichter
hat er so oft vertont wie Steiger. Noch mysteriöser ist das dritte Fragment, bei dem
nicht einmal eine Textquelle vorlag bzw. eindeutig kategorisierbar war. Es ist ohne
Titel überliefert, sodass der fehlende Text diesmal nicht in Steigers Gedichtband ge-
funden werden konnte. Diese optionalen Textunterlegungen aus Steigers Garbe sind
Vorschläge vom Hrsg.. Dass es wohl auf einen Text aus Steigers erstem Gedichtband
konzipiert war, ist sehr wahrscheinlich, weil Schulhoff fast zwei Jahre nur Steiger
vertont hat und das Fragment nach der 1. Fassung von Schließe beide Augen zu (5.)
op. 2a WV19a platziert ist.
Von allen Texten aus Steigers erstem Lyrikband passen diese vom Versmaß her und
inhaltlich am besten zur Musik. Hier hat der Hrsg. alle Texte von Steigers 'Garbe' mit
dem Versmaß des Gst. verglichen und konnte zwei mögliche Textvorlagen finden,
die beide gleichermaßen zum Fragment passen könnten.
92

Violine
1. Klangen Geigen übern See
Erwin Schulhoff

 
             
1894 – 1942
Sehr langsam
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3 3

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15

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3 ppp

2. Schließe Deine Augen zu


2. Vertonung

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93

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3
ppp

3. Weißt Du
2. Vertonung

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Erwin Schulhoff
1894 – 1942

Sämtliche Lieder
Complete Songs
für Singstimme und Klavier
for voice and piano

Band 3: mittlere und späte Lieder, Gesänge, Massenlieder und Schlager


Volume 3: middle and late songs, political songs, Gesänge and casual songs

(1919/1933 – 1937)

herausgegeben von / edited by


Klaus Simon

Erstausgabe / First edition

ED 22649
ISMN 979-0-001-16246-3

Band / Volume I
ED 22647
ISMN 979-0-001-16245-6

Band / Volume II
ED 22648
ISMN 979-0-001-16244-9

www.schott-music.com

Mainz · London · Berlin · Madrid · New York · Paris · Prague · Tokyo · Toronto
© 2016 SCHOTT MUSIC GmbH & Co. KG, Mainz · Printed in Germany
Inhalt / Contents

Vorwort zu Band 3 / Preface for Volume 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV

1919
Fünf Gesänge mit Klavierbegleitung für hohe (bzw. mittlere) Stimme
op. 32 (WV 52) (Originalversion)
I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
III. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
IV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1933
„1917“ Liederzyklus für Singstimme (Bariton) und Klavierbegleitung (WV 110)
1. der arme kunrad (Bauernlied von 1525 - Heinrich von Reder) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2. und dennoch - - (Erich Otto Hartleben) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3. lied der revolution (Louise Michel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
4. ostrava (Petr Bezruč, deutsche Version von Rudolf Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
5. plumlov (Petr Bezruč, deutsche Version von Rudolf Fuchs ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
6. der aufwiegler und der maurer (aus dem Russischen von Max Barthel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
7. unversöhnlich (Erich Mühsam) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
8. trauermarsch [Melodram](aus dem Russischen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
9. drahtbinder (aus dem Slowakischen von Rudolf Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
10. der hölzgardist (Rudolf Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
11. lied (Rudolf Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
12. aufforderung zum streik (Oscar Kanehl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

1933
Píseň o Thälmannovi (Lied vom Thälmann – Massenlied)
für zwei Frauenstimmen und Klavier
auf einen Text von Milan Maralík, ergänzt von Anton Illenberger,
deutsche Textfassung von Cornelius Bauer
Klavierbegleitung von Klaus Simon
WV 113 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

1933
Trinklied für hohe Stimme und Laute
auf einen Text von Rudolf Fuchs
WV 114 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

1934
K 1. Màji 1934 (Zum 1. Mai 1934) – Massenlied
auf einen Text von Jan Dolina
Klavierbegleitung von Klaus Simon
WV 115 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

1936
Národní písně a tance z Těšínska (Volkslieder und Tänze aus Schlesisch-Teschen)
für Mezzosopran und Klavier [tschechische Volksdichtung, deutsche Textfassung von
Bedřich Eben, englische Textfassung von Roberte Finlayson Samsour] (WV 120)
1. Punty/Maryjanka/Marianka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
2. Svatební (I)/Hochzeitslied (I)/Wedding Song (I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
3. Pasala volky/Ging eine Hirtin/Out in the beechwood . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
4. Siadej na vuz/Steige, Liebste, in den Wagen/Mount the waggon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
5. Šla děvečka na jahody/Ging ein Mädchen Beeren sammeln/Went a girl to pick blaeberries . . . 86
6. Stoji synek v maštaličce/Steht ein Bursche/In a stable stands a laddie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
7. Slunečko vychodi/Schon geht die Sonne auf/ Yonder from out the woods . . . . . . . . . . . . . . . . 92
8. Svatební (II)/Hochzeitslied (II)/Wedding Song (II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
9. Utěkla mi přepiurečka/Meine Wachtel floh vor mir/Flew my quail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
10. Doliny, Doliny/Berg und Tal/Up hill and down dale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
11. Kozaka by taňcovola/Spielt den Kosak/I would like to dance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
12. Aj, ty ftačku, krahujačku/Ach du Sperber/Sparrow-hawk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
13. Ten naš pacholek/Der Knecht ging pflügen/We have a plough-boy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
14. Pod našu faru/Bei unserer Pfarre/Beneath our parish . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
15. Když sem byla mamince na klině/Auf der Mutter Knien/On my mothers knee . . . . . . . . . . . . 114

1937
Zwei Schlager (Slowfoxes) für eine bzw. zwei Singstimmen und Klavier
Susi [textiert von Oliver Rauber] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Dneska každá modní žena (Frauen, die der Mode trauen)
[Textdichter unbekannt, deutsche Textfassung von Cornelius Bauer]
WV 185 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Anhang

1919
Fünf Gesänge mit Klavierbegleitung für hohe (bzw. mittlere) Stimme op. 32 (WV 52)
Erarbeitungsversion mit Taktstrichen von Klaus Simon
I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
III. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
IV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

1936
Národní písně a tance z Těšínska (Volkslieder und Tänze aus Schlesisch-Teschen)
für Mezzosopran und Klavier (WV 120)
14. Pod našu faru/Bei unserer Pfarre/Beneath our parish
Vierstrophige Version von Klaus Simon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149


IV

Vorwort zu Band III

Am Ende des Vorworts zum zweiten Band der Klavierlieder Schulhoffs war das Phänomen der Stilvielfalt in
seiner Musik schon angesprochen worden.1 Die Mannifaltigkeit der Stilistik im dritten und abschließenden
Band ist sogar noch wesentlich größer als im zweiten: Lieder, Gesänge, Massenlieder und sogar Schlager
sind in diesem Band vereint. Es gibt wenige Komponisten, die in ihrem Werk so janusköpfig den Zuhörer
immer wieder verblüffen.
Doch der Reihe nach: 1919, vier Jahre nach den heiteren und leichtfüßigen Morgensternliedern op. 20
WV 38 schreibt Schulhoffs seinen ambitioniertesten Zyklus. Die Fünf Gesänge op. 32 WV 52 sind seine
kühnsten, teilweise beinahe in die Atonalität vorstoßenden Vokalwerke mit Klavier. Es ist das einzige
Vokalwerk, in denen er bewusst auf Taktstriche und Auflösungszeichen in der Notation verzichtet hat, was
die Interpreten vor ungewohnte Aufgaben stellt. Dessen ungeachtet ist der klangliche Eindruck dieses
Zyklus einzigartig. Tatsächlich schrieb Schulhoff nie wieder in so einem schwebenden, zwischen Im- und
Expressionismus schwankenden Stil, was zu bedauern ist. Vielleicht muss man dieses Werk als seinen
bedeutendsten Beitrag zur Gattung Lied betrachten.
Danach interessierte sich Schulhoff ganze 14 Jahre nicht mehr für das Medium Klavierlied und widmete
sich stattdessen der Komposition von Klavier-, Kammer- und, Instrumentalmusik sowie seiner großen
Oper Flammen.
Als er 1933 aus politischer Überzeugung anlässlich des 15. Jahrestag der Oktoberrevolution wieder einmal
sich dem Klavierlied zuwandte, entstand der zwölftteilige Zyklus für Bariton „1917“ WV 1102. Man denkt
abermals, dass diese Musik von einem anderen Komponisten als dem der Fünf Gesänge geschrieben
wurde. Wieder einmal hat sich Schulhoff seitdem stilistisch erheblich gewandelt. In diesem marxistisch
geprägten Zyklus versucht er nun eine eigene Art von sozialistischen Realismus zu statuieren.
Waren die Fünf Gesänge einer klaren l'art-pour-l'art-Ästhetik verpflichtet, so sollte der Zyklus „1917“
dagegen wohl als ein politisches Statement fungieren. War im Jahr 1919 noch Freiheit in Form in Aus-
druck die Maxime, so steht 1933 nun der Schrei nach Aufruhr und Anprangerung des sozialen Unrechts
für den einfachen Arbeiter (den sog. Proletarier) im Vordergrund. Trotzdem ist „1917“ für den Konzert-
saal gedacht
Auch die beiden kleinen Massenlieder Píseň o Thälmannovi WV 113 (1933) oder K 1. Màji 1934 WV 115
(1934), beides politische Gelegenheitswerke, sind aus politischer Überzeugung komponiert. Inwieweit
diese Werke, die alle dem Kommunismus tributär sind, heute noch gesellschaftlich relevant sind, sei da-
hin gestellt. Die interessante Frage ist aber, ob Schulhoffs Liebäugeln mit dem sozialistischen Realismus
die Qualität seiner Musik beeinträchtigt hat oder nicht. Das wäre zu untersuchen und bietet Musikwissen-
schaftlern ab sofort sicher reichlich Betätigungsfelder. Es sei die Behauptung gewagt, dass die hier vor-
gelegte Erstveröffentlichung des Zyklus „1917“ und der beiden Massenlieder die Schulhoffrezeption in
völlig neue und unerforschte Regionen bringen wird. Waren uns bisher lediglich Hanns Eisler oder Paul
Dessau als „linke“ Komponisten v.a. Brechtscher Texte vertraut, so muss wohl ab sofort Schulhoff dazu
gezählt werden.
Von 1935 bis 1938 lebte Schulhoff in Ostrava, im Norden der Tschechoslowakei, wo er eine Position
als „ Klavierist mit der Pflicht ohne jedweden Entgelt zu begleiten“3 inne hatte. Die Ostraver Funkstation
war v.a. für die U-Musik von Volks- über Tanz- bis Blasmusik verantwortlich. Hier lernte er sehr viel ur-
sprüngliche Volksmusik kennen, die ihn 1936 zu seinem letzten großen Liedzyklus Národní písně a tance
z Těšínska WV 120 inspirierten. Zum erstenmal hören wir (Ausnahme ist vielleicht die Nr. 9 „drahtbinder“
aus dem Zyklus „1917“, die schon folkloristische Wendungen verwendet) einen vom Volkslied inspirierten
fünfzehnteiligen Zyklus, der einen würdigen Abschluss seiner Liedkunst bildet. Die Besonderheit liegt
darin, dass er die Volkslieder in der Gesangsstimme original belässt und dazu einen sehr originellen und
abwechslungsreichen Klavierpart schreibt. Unbewusst hat er somit Benjamin Brittens Arrangier- bzw.
Kompositionsmethode seiner bekannten „Folk Songs Arrangements“ vorweggenommen. Den Mezzo-
sopranen wird hiermit ein umfangreicher und wahrhaft dankbarer Volksliedzykus nun (wieder) vorgelegt4,

1 Siehe auch „Allgemeines Vorwort“ und „Danksagungen“ in Band 1.


2 Die Opuszählung verwandte Schulhoff ab Mitte der 20-er Jahre bereits nicht mehr, sein letztes Werk mit der Opusnummer
44 war das „Ostinato“ für Klavier WV 67. Wir kennen das Phänomen auch bei B. Bartók und A. Berg.
3 Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, Hamburg 1994, S. 123
4 1960 hat Panton/Prag die „Národní písně a tance z Těšínska“ WV 120 bereits publiziert, doch ist diese Edition seit langen
schon vergriffen.
V

der sich wunderbar eignet, um z. B. mit Dvořáks berühmten „Zigeunermelodien“ op. 55 im Liederabend
gekoppelt zu werden.
Kurioserweise stehen am Ende des 3. Bandes der Schulhofflieder zwei Schlager aus dem Jahre 1937, die
Schulhoff unter zwei verschiedenen Pseudonymen (Eman Balzar bzw. George Hanell) schrieb. Schulhoff
hat aufgrund rassistischer Verfolgung in dieser Zeit oft unter Pseudonym komponieren müssen. „Susi“
WV 124 wurde extra für diese Edition textiert und „Dneska každá modní žena“ WV 185 wird hier gleich
zweisprachig herausgegeben. In diesen beiden Slowfox-Schmankerln bestätigt sich einmal mehr, dass
Schulhoff ein unglaublich polystilistischer Komponist war, dessen Vielseitigkeit sich v.a. in den letzten
beiden Liedbänden leicht nachvollziehen lässt. Mögen der dritte und auch die beiden vorangegangenen
Bände Schulhoff als Komponisten im Allgemeinen und den Liedkomponisten insbesondere weiter ins
Bewusstsein rücken. Er hat es verdient.

Denzlingen im Frühjahr 2016


Klaus Simon
VI

Foreword to Vol. III

The end of the foreword to the second volume of Schulhoff’s lieder with piano referred to the diversity
of style in the composer’s works.1 The wide range of stylistic variation in the third and final volume is
considerably greater than in the second: this collection includes lieder, songs, songs for the masses and
even a couple of popular songs. There are few composers who are able to astound their audiences in
such a Janus-faced manner.
But first things first: in 1919, only four years after the serene and light-footed Morgensternlieder Op. 20
WV 38, Schulhoff composed his most ambitious song cycle. The Fünf Gesänge [Five Lieder] Op. 32 WV 52
was his most adventurous vocal work with piano, almost on the borders to atonality and the only vocal
work in which he deliberately dispensed with bar lines and natural signs in his notation, presenting an
unorthodox challenge for singers. The tonal impression of this cycle is nevertheless unique. Regrettably,
Schulhoff never returned to this compositional style suspended somewhere between Impressionism and
Expressionism. This work could be considered as his most significant contribution to the lieder genre.
Subsequently, Schulhoff neglected the medium lied with piano accompaniment for 14 years, instead
devoting himself to the composition of music for piano, instrumental and chamber music alongside his
large-scale opera Flammen [Flames].
His political convictions brought him back to lieder with piano accompaniment in 1933 on the fifteenth
anniversary of the October Revolution and he composed the twelve-part cycle for baritone entitled
“1917” WV 110.2 These lieder are so far removed from the Fünf Gesänge that it seems as though the
cycle has again been written by a completely different composer. Schulhoff has undergone a further radical
stylistic transition. In this heavily Marxist-influenced cycle, Schulhoff has attempted to establish a type
of socialist realism.
While the Fünf Gesänge was oriented towards the clear aesthetics of art for art’s sake, “1917” was in
contrast surely envisaged as a political statement. Back in 1919, the maxim was freedom in form and ex-
pression, but in 1933, the cry for insurrection and the condemnation of social injustice for simple workers
(the so-called proletariat) stood in the foreground. The cycle “1917” is nonetheless intended for per-
formance in the concert hall.
The two brief songs for the masses Píseň o Thälmannovi WV 113 (1933) and K 1. Màji 1934 WV 115
(1934), both political occasional works were composed with great conviction.
Irrespective of whether these works in tribute of Communism are still politically relevant, the essential
question is whether Schulhoff’s flirtation with socialist realism affected the quality of his music. This topic
should be investigated and would provide musicologists with abundant fields of activity. The assertion
can be hazarded that the first publication of the cycle “1917” and the two songs for the masses will bring
Schulhoff’s reception into previously unknown and unexplored regions. Up until now, we were only –
familiar with Hanns Eisler and Paul Dessau as “left-wing” composers, primarily with their settings of
Brecht texts; from now on, Schulhoff should also be included in this category.
Between 1935 and 1938, Schulhoff lived in Ostrava in the north of Czechoslovakia where he held a post
as “piano player with the obligation to accompany without any form of fee”.3 The Ostrava radio station
was primarily responsible for light music ranging from folk and dance music to brass band repertoire.
This was where he became acquainted with a large volume of original folk music which inspired him to
compose his final large-scale lied cycle Národní písně a tance z Těšínska WV [Folksongs and dances from
Silesian Teschen] 120 in 1936. With the possible exception of “drahtbinder” [wire tier], No. 9 of the
cycle “1917” with integrated folk elements, this is the very first time that we hear a cycle inspired by
folk songs in fifteen parts which forms a dignified conclusion to his lieder works. The special twist here
was that Schulhoff retained the original folk songs in the vocal line under which he composed a highly
original and varied piano accompaniment. Unknown to him, he was anticipating Benjamin Britten’s
arrangement and compositional method used in his well-known “Folk Song Arrangements”. Schulhoff’s
composition (once again)4 provides mezzo sopranos with a substantial and highly rewarding cycle of folk
songs making an ideal companion to Dvořák’s famous “Zigeunermelodien” [Gypsy Melodies] Op. 55 in
lied recitals.
1 Please also see Critical Report and General Foreword in Vol. 1.
2 Schulhoff had already abandoned opus numbers from the middle of the 1920s: his last numbered work was Op. 44, the “Ostinato”
for piano WV 67. We are also familiar with this phenomenon in the examples Bela Bartók and Alban Berg.
3 Josef Bek, Erwin Schulhoff, Leben und Werk, Hamburg 1994, p. 123
4 In 1960, Panton/Prague published the “Národní písně a tance z Těšínska” WV 120, but this edition has long been out of print.
VII

At the end of Vol. 3 of Schulhoff’s lieder collection, we discover a curiosity in two popular hits dating
from 1937 which Schulhoff wrote under two pseudonyms (Eman Balzar and George Hanell). The com-
poser was frequently forced to write under a pseudonym due to racist persecution. “Susi” WV 124 was
provided with a text especially for this edition and “Dneska každá modní žena” [Women who trust fashion]
WV 185 appears in a bilingual version. These two elegant slow foxes provide further evidence that
Schulhoff was an unbelievably polystylistic composer whose versatility is particularly well illustrated by
the lieder in Vols. 2 and 3. May this third volume and its two companion editions continue to increase
public interest in Schulhoff as a composer and more specifically as a composer of lieder: he really deserves
greater attention.

Denzlingen spring 2016


Klaus Simon
(Translation: Lindsay Chalmers-Gerbracht)
1919

Fünf Gesänge
für hohe bzw. mittlere Stimme mit Klavierbegleitung
op. 32 (WV 52)

Vorwort
Taktstriche, Takt- und Vortragsbezeichnungen fallen hier aus dem Grunde weg, um die Freiheit
der Ausführung möglichst unbehindert zu lassen. Ich überlasse alles der Intuition der Ausfüh-
renden. Das Klavier hat sich unbedingt der Singstimme in der geringsten Nuance auch anzu-
passen, ferner sind die Musikstücke in ganz verschleierten und gedämpften Harmonien wieder-
zugeben, damit dadurch die Abstrakta des Wortinhalts eines jeden Stückes möglichst
ausdrucksvoll zur Geltung gelangen. –
Auflösungszeichen entfallen, steht vor der Note ♯ oder ♭ , wird sie als solche gespielt. Ein Auflö-
sungszeichen entfällt zugleich mit dem Taktstrich.
Erwin Schulhoff

Preface
Barlines, time signatures and expression marks are omitted here for the express reason that the
freedom of performance should be as unrestricted as possible. I leave everything up to the in-
tuition of the performer. The piano should follow the singer’s voice right down to the slightest
nuance.
Furthermore these music pieces should be played entirely vieled and muted harmonies, so that
the abstraction of the each individual piece’s verbal content can be as expressively conveyed as
possible.
Naturals are dispensed with; if a ♯ or ♭ is placed before a note, then it is played such. The omission
of the natural goes hand in hand with that of the bar lines.
Erwin Schulhoff
2

Fünf Gesänge
(Textdichter unbekannt)
Erwin Schulhoff
I 1894 – 1942
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Stimme 
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Das widerrechtliche Kopieren von Noten ist gesetzlich
verboten und kann privat- und strafrechtlich verfolgt werden.
© 2016 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz Unauthorised copying of music is forbidden by law,
and may result in criminal or civil action.
3

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Lied lieb - er - füllt und nie er - reicht

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* mit Bleistift über Luft geschrieben
** evt. auch f', vgl. editorischer Bericht
4



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Dün - - ste dun - kel - schwer und blau aus den Tie - - - fen

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bis die Son - ne
gänz - lich
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* rhythm. Aufteilung in der RF ist zw. beiden Händen nicht kongruent, vgl. editorischer Bericht
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5

II
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Stimme 
Lass mich, da ich glau - - ben will an dei - ne

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Klavier

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Schön - - - heit, dei - ner Au - - - - gen

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fand und einst ver - lor in die Voll -

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* in Tinte ursprünglich: Klänge
6

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sim. nun will ich bet - teln
5

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    
da du nicht mehr bist und will zur Mensch - heit

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4
    
schrei’n. es gibt nicht Gna - - - - - -

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sim.

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- de Se - - het * Tod ist es und **
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   )
   
Ein - - sam - keit, ist Frie - - - - - de, die - ses
   
                 



            



  

   
  
Glück
        
                  

      
   


          
                
           
 
 

* in Tinte vorher: gebet
** in Tinte vorher auch, danach durchgestrichen
8

III
ruhige q
            

Stimme

Ru - he der Flä - che und A-bend ist, mü - der


  
*
         
 
           
     

 
Klavier
    
*
 
*

        
    

        
  
A - - bend, Gleich - heit der See - le und grü - ne
  
   
       
             
      



      
 

  
         
  
  
Träu - me, e - wi - ge Frucht des Er - le - bens,

             


             
 
   
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 
                 
 
  
      
 
 

        
     
gro - ße Be - ja - hung Ver - schwin - den der Zeit,
 
              
    
         
 
  
         
       
          
  

* Notenlänge dieser beiden Basstöne jew. verändert, da sonst beide Hände im Klav. nicht synchron wären. Vgl. editorischer Bericht.
9

               (  

Um - ar - mung des Einst unddes Nichts, Ver - ges - sen des Mensch - seins, Ma -

 
                  
    
              

        