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Herausgegeben
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Verein M Abwehr des Antisemiksmus


BerkirrW 35, Alotkwellstraße
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Berlin 1920
Herausgegeben
vom ' *

Verein zur Abwehr des Antisemitismus

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Berlin 1920

i.
Geleitwort.
- „W oXXt e G o.t t , d a ß das n u r d i e ,S pt a che d es
P .ö bels wäre 1" Diesen Ausruf , den der Held Fön Lessings
Schauspiel „Die Juden " schmerzlich bewegt angesichts der antisemi¬
tischen Schmähungen . und Beschimpfungen eines verbrecherischen
Räubers und Wegelagerers tut, wird/jetzt so manchem - auf die Hip¬
pen kommen, wenn er sehen muß, daß bei det gegenwärtigen anti¬
semitischen Hetze namentlich Leute aus den .sogen, gebildeten Schich¬
ten sich in besonders gehässigen und ungerechtfertigten , Angriffen
gegen die Juden ergehen.^ Es kennzeichnet Merhciupt :die neue anti¬
semitische Bewegung , die man während des Krieges und nach dem
Kriege entfacht hat, um die Schuld an dem Unheil , das unser armes §,
Vaterland betroffen hat, von . den, wirklich Schuldigen auf die Juden
als Sündenbock abzulenkeu, daß an ihr vorwiegend die sogen, ge¬
bildeten Kreise beteiligt - sind. Es rächt sich heute, daß man bei uns
.seit jeher besonders daraus .äusgegangen ist, gegenüber der wissen¬
schaftlichen Bildung , die man den besser-situierten Schichten des Bür-
.gertums zuteil werden ließ , die Politische Bildung ganz ungebührlich
zurückzustellen. Darum tut jetzt Aufklärung über - alle die von anti¬
semitischer Seite vorgebrachten Beschuldigungen und Vorwürfe iw.
allen Kreisen der Bevölkerung dringend not . . Aus diesem Gesichts¬
punkt heraus ist die vorliegende Schrift entstanden. Bei der Fülle
des Materials und. weil die Zeit drängte — das Buch sollte noch
in der Wahlbe.wegung für die Reichstagswahlen nützliche Dienste
leisten —, konnten nicht» alle l)ier in Betracht kommenden Fragen
erschöpfend behandelt werden , trotzdem -wird der Leser darin vieles
finden, , was ihn in die Lage setzt, den antisemitischen Angriffen,
Schmähungen und Verleumdungen sofort wirksam entgegenzutreten.
Wer weiteres literarisches Rüstzeug im Kampfe gegen den Anti¬
semitismus wünscht, dem seien noch die folgenden . Schriften beson¬
ders empfohlen, die von unserem ^Verein bezogen werden können:
A n t i s e m i t e n - S P i e g e l , 3. Ausgabe (1911), die nament¬
lich eingehend die politische Seite des Antisemitismus be-
handelt . - ' /'
Antisemite n - S P i ege l, 2 . Ausgabe (190Ö), in der be¬
sonders die gegen die Religion und die Sittlichkeit der Ju¬
den, gegen den Talmud usw. erhobenen Angriffe -ausführlich
widerlegt werden, . . V ]
Her politische Antisemitismus von 1907— 1911.
Der Juden Anteil -am Fortschritt der Kultur . ‘
Die Juden im Heere.
Die wirtschastl/ Lage, soziale Gliederung und Kriminalstatistik'
der Juden . ' .
Die Agrardemagogie ' in Deutschland.
Die polit . Mittelstandsbewegung in Deutschland.
Der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband . .
' Die deutschen Juden im Weltkriege, von Karl H i l m a r.
' - Die Juden und die>Gebildeten unserer Tage, von Dr . Julius
Simon.

Verein zur Abwehr des Awttsemitismus.


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>

Agrardemagogie.
Die im Bund der Landwirte , den Landbünden / Bund
der Landwirte
und übrigen agrarischen . Organisationen verkörperte Landbund
Agrardemagogie erblickt seit jeher in dem Antisemitismus
eines ihrer . stärksten Zugmittel . Schon in der Versammlung des
Jahres 1893', in der die Auflösung des .„Deutschen Bauernbundes " ,
und seine Fusionierung mit dem neugegründeten ,Munde der Land¬
wirte " beschlossen wüvde, proklamierte Herr von Ploetz als poli¬
tischen Leitsatz den „Kampf gegen die zersetzenden Mächte des Frei¬
sinns, des Ju d e n t u m s und der Sozialdemokratie ". ^ Und in der
nächsten Generalversammlung (Februar 1894) wurde einstimmig be¬
schlössen, daß jedes Mitglied einer der christlichen Konfessionen
'angehören müsse .. Seit dieser Zeit ist kaum eine Generalversamm¬
lung öörübergegangen, ^ in der nicht geradezu fanatische Hetzreden
gegen die Juden gehalten worden sind. Für das antisemitische Bei¬
werk hatte in der ersten Zeit vor allen Herr Liebermann von
> Sonnenb erg zu sorgen/dann ersetzte ihn nach dieser Richtung
Herr Dr . Hahn. ' -
-Auf der Bündlerparade von 1910 bezeichnete Prof . Dr . Suchs¬ S -'chsland, Pros.,
land - Halle als Referent- über die Reichserbschaftssteuerdie Par¬ Rerchserbschafts-
steuer
teien der Linken als die „B esti en d er N a t iw n" und meinte, die
liberalen Parteien träten deshalb für die Besteuerung des
Erbes der Deszendenten ein, weil die Kapitalisten, um der Steuer
zu entgehen, den Kindern schon bei Lebzeiten einen Teil ihres spä-
' teren Erbes in bar auszahlen würden. An dieser Mobilisierung der
Kapitalien habe aber die Börse ein begreifliches Interesse, und
„das w ä h r e Gesicht der Besteuerung des Kindes- und Gatten¬
erbteils hat also als Hauptkennzeicheneine krumme Nase ". Und
der gesamte Liberalismus falle „vor dieser wohlausgebildeten Nase
auf o i e K n i e". Der Vorsitzende, Herr v. Wangenheim,
richtete an den Redner Worte des Dankes, denen er die Bemerkung
/hinzufügte , der Bund könne sich nur freuen, „daß es doch noch einige
* Professoren, von denen der Referent ein' Exemplar ist, in Deutsch¬
land gibt, die wir für uns haben". Der Buntd liebt es zwar, mit
„wissenschaftlichen- Autoritäten " zu prunken, in Wirklichkeit ist aber
Dr . Suchsland kein Universitätsprofessor und auch nicht Sachver¬
ständiger in Steuer - oder sonstigen wirtschaftlichen Fragen ; er ist
vielmehr Gymnasial-Oberlehrer in . Halle.
Einen sehr stärken antisemitischen Einschlag wies auch die letzte
Generalversammlung (1920) auf . Der Nachfolger des Dr . Hahn im
, Direktorium des Bundes der Landwirtg , Regierungsrat Dr . von
,V olkmann, gab folgende angebliche Aeußerung eines Land¬
arbeiters zum besten: „Während wir armes Volk mit Gefrierfleisch ab¬
gespeist werden, schwelgen die Juden und die Schieber im
Ueberslutz." Ein anderer Redner schob die ' Schuld an der jetzigen
schlimmen Läge darauf , daß ,-der deutsche Geist einmal diese gelbe
1*

\
1

' - ■ ■- .4 ? - ' ;
Wncherb ln in e , die aus Asien herstammt, auf seinen' Acker ver¬
pflanzt hat, so daß rnan heute Berlin kurzweg als -Neu - Jeru¬
salem bezeichnet".' Der Redner feierte demgegenüber den „G e i st
v o n P o t s d a m".v Nun, es gibt nicht wernge Bündler , und zwar
. gerade solche, die so recht vom Geiste von Potsdam erfüllt sind, die
die „gelbe Wucherblume" sehr wohl zu schätzen wissen, wenn sie nur .
einen recht kräftigen metallischen Beiklang hat.. Als Schluß- und
Paradepferd erschien im Zirkus Bnsch gewöhnlich.Herr v. O l d e n -
b u r g - Januschau aus der Bildfläche, er enttäuschte aber das. letzte.
Mal seine Hörer gewaltig durch einevrecht larmoyante Rede.
Als vor 27 Jahren der Bund aus der Taufe' gehoben wurde,
-sprach ein Mann , der sich um xbie. deutsche Landwirtschaft«ungleich
größere Verdienste erworben hat als der -gesamte B . d. L. währeno
seines 25jährigen Bestehens, über den äußeren -Verlauf , der Grün¬
dungsversammlung sich sehr abfällig äus . Er verurteilte das
,cherbe , h äßliche Ges chrei" und noch mehr „die allzu durch¬
sichtige Unwah r h a f t i g ke rt ". Die Führer, , „waschechte
Agrarier ", hätten sich „in bemerkenswerter Weise den T o n von
Demagogen Versammlungen angewöhnt ". So Max
Eyth, der Begründer der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft,
. die durch systematische wirtschaftliche Belehrung der .Landwirte über
\ die Fortschritte der Agrikulturchemie zur Förderung der landwirt¬
schaftlichen Produktion tausendmal mehr , beigetragen hak, als der
B . d. L., der seine Hauptaufgabe in der Entfesselung einer wüsten
Jnteressenpolitik und einer noch wütenderen antisemitischen Hetze
erblickt. — Eine ausführliche Darstellung der agrardemagogischen
Agitation enthält der „A n t i-s e m i t e n s p i e g e l" (3. Aufl.)
S . 68 ff. vnd die besondere Schrift von Curt. Bürger Die „ ,Agrar¬
demagogie in Deutschland". ' - ' . -
In der jüngsten Zeit macht den Großagrariern des V. d. L.
die Entwicklung, welche die von ihnen heimlich geschürte und finan¬
zierte Bauernbunhbewegung insbesondere im Süden und Südwesten
Deutschlands genommen hat und die eche innige Wesensverwandtschaft
mit der Tonart und Taktik' des B o l s che w i s m u s zeigt, lebhafte
Sorge . In Bayern hat . der Bauernbund unter -Führung eines so
gerissenen Demagogen wie Gandorfer alle Phasen der revo¬
lutionären Entwicklung bis Amn. blutigen Hyperradiknlismus der
Räteregierung mit Begeisterung .mitgemacht. Aus Baden,
Württemberg und insbesondere Hessen liegen positive An-
. zeichen dafür vor, daß dort von skrupellosen- antisemitischen Dema¬
gogen fieberhaft auf eine ähnliche Radikalisierung der ländlichen
Bevölkerung hingearbeit^t wird. Jedenfalls unterscheidet sich ihre °
politische' Wühlarbeit in nichts mehr vom der von Spartakus . Der'
_ . badiscke Minister des Innern , Remmele. bat sogar von einem .
Bauernschaf? „Bolschewismus in der Bauernschaft" gesprochen . In.
Württemberg hat ;ehi Führer des Bauernbundes offen ausgesprochen:
„Die Bauern hoffen, wenn es nicht anders geht (d. ch. wenn -die
Zwangswirtschaft nicht beseitigt wird), auch das Schießen zu er¬
lernen / In Hessen haben die Bauernbündler die -Viehkataster
und Eierlisten verbrannt '.' Die treibende Kraft dieser aufrührerischen
Bewegung ist-der B. d. L., der sich in Hessen als „HessischerB a u e r n-
b u n d" etabliert hat ; hinter ihm steht wieder -b'er
„Deutschvölkische Gauverband Hessen" mit Herrn Prof . Werner-
Butzbach an der Spitzel In einem von diesem erlassenen Aufrüf
wird „der von Tag zu Tag^r-apid zunehmende Antisemitismus in dör -
" — D — ;
arbeitenden Bevölkerung als Lichtblick " gefeiert. Losung für die
nächsten^Wahlen müsse sein: „Kein Jude darf gewählt werden." In
Preußen hat der wütende Kampf der von den Hintermännern des
B . .d. . L. in einzelnen Provinzen gegründeten „L a n d b ü n d e"
gegeü die älteren bestehenden Organisationen schließlich dazu ge¬
führt , daß sich das Organ des (katholischen) Rheinischen Bauern¬
vereins . „Der Rheinische Bauer ", genötigt sah, die Landwirte sehr
energisch vor dieser Kampfmethode zu warnen , die „dem System der
Bol s che w i ste n und der Spartaciden entspricht".
Agrarische Kriegsgewinnler, s. Kriegsgesellschaften , Kriegsgewinnler
AhlwarÄt, s. Antisemitismus. .
Alldeutsche , Alldeutscher Verband und Antisemitismus.
„Aber die Alldeutschen sind die einzigen in Deutschland, die ein
r e im e s G e w i s s e n haben," versicherte uns Herr Claß, der Vor¬
sitzende des Alldeutschen Perbandes , bald nach dem Zusammenbruch
unseres Vaterlandes . Wenn damals nicht alles so niedergeschmettert
gewesen wäre durch den jähen Sturz in das Unglück, hätte ein schallen- ,
des Gelächter sich von der Maas bis an die Memel erheben müssen. -
Die Alldeutschen und ein reines Gewissen; sie die einzigen obendrein,
die ein solches haben sollen! Sie haben niemals zum Kriege ge¬
hetzt, keine annexionistischen Forderungen .erhoben und niemals ge- »
gen einen Verständigungssrieden Front gemacht! Daß sie zum
Kriege gehetzt,haben, ist ihnen sogar von der „Deutschen Tagesztg.",
1dem Organ ihres Gesinnungsgenossen, des Grafen Reventlow, at¬
testiert worden. Als nämlich der Alldeutsche Verband auf seiner im
Jahre 1918 in Hannover abgehaltenen Tagung eine Erklärung er-,
lassen hatte, in der er die gegen ihn , erhobenen Vorwürfe und ins¬
besondere die „Verleumdung", daß er jemals zum Kriege gehetzt
habe, „mit Verachtung" zurückwies, machte ihm das in Rede stehenhe
Blatt einen dicken Strich durch die Rechnung, indem es durchblickeN
ließ, daß d'en .Konservativen kein solcher Vorwurf gemacht werden
könne, wohl aber den Alldeutschen. Eine solche Zensur verdient es,
für Immer festgenagelt zu werden. . " •-
Herr Claß nannte den Md . Verband auf derselben Tagung in
Hannover mit gewohnter Bescheidenheit eine Stoßtruppe des
n a t i o n a l e n Gedankens; wenn er statt Stoßtruppe Anstoß-
truppe gesagt hätte, wäre ^ er der Wahrheit . nähergekommen/ Am
-widerlichsten, und unaufrichtigsten ist aber das Verhalten des Md.
Verbandes gegenüber dem Antisemitismus. Heute gehört
er -ja zu den. Kerntruppen des rass enm äßi g en A n t i s e m i -
ti sm us . Vor dem Kriege war er noch bestrebt, über seine Stellung
zum Antisemitismus ein gewisses Halbdunkel zu breiten. In dem
alldeutschen„W e r ^b^e - un d Merkbüchlein" (
1901 ), worin Ziele
und Aufgaben des Verbandes zusammengestellt waren, war sogar
ausdrücklich vermerkt, daß es nich .t zu den Ausgaben des Verbandes
gehöre, zu der Judenfrage Stellung zu .nehmen:' „Die so oft zum
Ausdruck gebrachte gegenteilige Ansicht," heißt es da, „ist irrig . Der-
Alldeutsche Verband ist vielmehr bemüht, völlige Neutrali¬
tät zu üben, unbeschadet der persönlichen- Ansicht jedes einzelnen."
Auf den Verbandstagen , auf denen zwar jeder nach Belieben sich durch
antisemitische Mätzchen einen- billigen rednerischen Beifall hplen
durste, ist man einer- offiziellen Stellungnahme zum Antisemitismus
ebenfalls immer aus dem Wege gegangen. . Wie sehr der Partei- '
politische Antisemitismus indes davon überzeugt war, daß er im
^ — 6 -7- '
Alldeutschen verbände eine gesinnungsverwandte politische Gruppe
erblicken durfte, zeitzt ja schon, die Tatsache, daß Herr Lieber-
m a n n v o n S o n n 'e n ber g .und die beiden Grafen .R event -
low, der frühere verstorbene deutschvölkische Reichstagsabgeordnete,
wie ' der jetzige Redakteur der „Deutschen Taaesztg .", einst stets zu
den Hauptrednern auf den offiziellen Veranstaltungen des Verbandes
gehörten. v' ^ '
Während, des Krieges kam der Antisemitismus im Alld. Ver¬
bände zu einer immer üppigeren Blüte . Im Jahre .191b brachten
die Bl .", das Organ des Verbandes, das Kunststück fertig,,
gleichzeitig vom Antisemitismus abzurücken und antisemitisch zu
hetzen. Auf S . 298 veröffentlichten sie ein Anerkennungsschreiben
des Herrn Br . H^o p f e n - Starnberg , in dem aufgezählt wurde,'
welche Verdienste der Alldeutsche Verband sich unter anderm auch
durch rechtzeitiges Bremsen gegenüber alldeutschen'Ultras / erworben
habe, und in dem es dann wörtlich hieß: „Ferner hat der Ver¬
band den neuen Wotankult und den Antisemitismus ent¬
schieden als Arbeitsfeld ab ge lehnt ." In der Nummer
vom 18. Sept . desselben Jahres aber veröffentlichten die' „Alld. Bl ."
scharfe antisemitische Angriffe gegen Dr . D e r nburg und a^aen
den Verfasser der Schrift „J’accuse ", Br . Greiling. Noch 1917 schrieb
^ein Herr Br . Friedrich in der alldeutsch-antisemitischen. Zeit¬
schrift „D e'u t sch l. E r n." (Nr . 4)c
„Es ist zu beklagen , daß von jüdischer Seite heute
beständig und ganz grundlos gegen die Alldeutschen ge-
kämpft wird . Man m ^ int den Antisemitismus erfolg¬
reich zu bekämpfen, indem man den nationalen Ge¬
danken bekämpft. Man macht sich nicht klar, >daß man damit
das Gegenteil erreicht. Der A l l d eutsche Verb a n d hat seinen
Bestrebungen den weitesten Rahmen gesteckt und in keiner
Weise eine Bekäm pfung d es Judentums beab -sich -
tigt. Aber indem man von jüdischer Seite sich in zunehmendem
Maße gegen ihn . ereifert und in ganz grundloser Werse gegen ihn
vorgeht, nötigt man ihn natürlich, sich gegen die jüdischen Angriffe
zu verteidigen. Es liegt uns natürlich fern, hierZeinen/allgemeinen
Vorwurf gegen alle Juden aüszusprechen. Es gibt Juden, ^ die
eifrig national gesinnt sind, und auch im A l l d e u t s che n V er -
band selbst fehlen sie nicht, sie verurteilen scharf die Haltung der
jüdischen Mehrheit. Aber es ist notwendig, auf jenen Punkt die
Finger zu legen, notwendig im Interesse des Judentums selbst." :
Um diese Auslassung voll würdigen zu kennen, muß man wissen^
Alfred Roth daß dieser Br . Friedrich identisch ist mit Herrn Alfred Roth
in Hamburg, dem Vorstandsmitglied des Deutschnationalen tzand-
lunAgehilfenverbandes , einem Manne , der sich, wie auch sein
Pamphlet „Die Juden im Heere" zeigt, -stets in der skrupellosesten
und gewissenlosesten antisemitischen Hetzpropaganda ganz besonders
hervorgetan hat und der vor den gröbsten Lügen, Erfindungen und
Fälschungen nicht zurückschreckt , wenn es gilt, seine' schon mehr patho¬
logisch zu nennende JudenfeindschafLzu bekunden. Den Doktortitel
in seinem Pseudonym hat sich Herr Roth-Friedrich kraft eigener
Machtvollkommenheit beigelegt. Eine noch kläglichere-Rolle hat in
Heinr C7aß, Vors,
diesem unwürdigen Doppelspieh das den ärgsten Hohn auf deutsche
d. Alld. Verb. Gesinnungstüchtigkeit und Treue darstellt, Herr Elaß, der Vor-
' sitzende des AlldeutschenVerbandes, gespielt. Zu derselben Zeit, in
der er noch der nytionalliberalen Partei angehörte und als Vor-
1sitzender des Alldeutschen-Verbandes den Antisemitismus in der all-
-deutschen Bewegung ablehnte, hat er unter dem Pseudonym „Ein- Einhart.
, I) a r L." seine „D e utsche Gesch i cht e", und unter dem Pseudo- „Dtsch .Geschichte"
nym „D a nie l F r y m a n n" seine Schmähschrift „W e n n ich
d er Kai s er w ar '" veröffentlicht. Beide Bücher wimmeln von "Kaiser wär' !"
dhn schärfsten und gehässigsten antisemitischen Angriffen. In dem^
ersten liest nnay u. a. die gänzlich unbegründete und ungerechtfertigte^
■Behauptung : -,Die Sozialdemokratie wäre ganz gewiß ohne
. ihre j ü d i sch eu Führer , ohne die Zusammenhänge mit dem Juden¬
tum und seinen. Geldmitteln nie so schnell groß geworden", und es *
werden dann alle übrigen antisemitischen Ladenhüter fein säuberlich
Ausammengestellt :' Die Juden scharren alle Reichtümer der Welt zu¬
sammen, sie sind ein Volk von Wucherern, di^ nur ein Ziel kennen,
dWl deutschen Landmann und Geschäftsmann auszuplündern ; der.
zersetzende jüdische Geist im öffentlichen Leben vergiftet die deutsche "
Volksseele usw. usw. In der Schrift „Wenn ich der Kaiser wär.^"
wird die angebliche Macht des Judentruns in den grellsten Farben
geschildert. Alles sei dem Judentum untertan , das ganze politische
Leben stehe unter .jüdischem Einfluß, fast die ganze deutsche Presse '
sei in jüdischem Besitz. Zwischen-den heutigen Regierenden und dem
Volke stehe als Mittler der Jude , der nichts durchlasse, was ihm
nicht gefalle. . ,
Wahrend des Krieges hat sich die Zahl der Mitglieder des All¬
deutschen Verbandes verdoppelt. Als der Verband sich dann zu
einer der Hauptstätten der antisemitischen Hetze entwickelt hatte, be-,
'kannte sich Herr Claß endlich öffentlich als Verfasser der beiden
Schriften von Einhart und Daniel Frymann . Aber selbst auf dem
am 31. August und 1. Sept . 1019 abgehaltenen letzten Verbandstage
des Alldeutschen Verbandes nahm man von einer formellen Aende-
rurig der Satzungen in der Judenfrage Abstand und man begnügte
sich mit einer authentischen Interpretation des Vorsitzenden, wie dieser
Paragraph zu verstehen sei, nämlich dahin, daß I u d e n in den Ver¬
band nicht ausgenommen werden dürfen. .
. Im übrigen feierte gerade auf' diesem Verbandstage der Anti¬
semitismus seine wüstesten Orgien . Ein Vortrags des R.-A. Ja¬
cob seih - Hamburg, der auch auf dem einige Wochen vorher ab-
gehaltenen Parteitage der Deutschnat. Volksp. zu den lautesten Ru¬
fern einer Verschärfung des Judenparagraphen im Programm der
D. N. V. gehört hatte, bildete dann eine weitere Ergänzung der
Interpretation des Herrn Claß. Herr Jacobsen sagte in seinem Jacobson . .
Vortrage u. a., nach dem S chu l cha n A r u ch, der bis heute gül¬
tigen Zusammenfassung der jüdischen Gesetze und Religionsvor-
schriften, „d ü n kt sich das- Judentum allein als ein Volk von
Men scheu , dem zu dienen sein Stammesgott Jahwe menschen¬
ähnliche Gestalten schuf, weil er nicht wollte, daß die Menschen,
d. h. Juden , v o n T i e r en ' b e d i e n t würde n ". Die nach¬
folgenden Redner, Franz v. B o d e l s chw i n g h . das deutsch¬
völkische Vorstandsmitglied W i e g e r s h a u s - Elberfeld, der Ge¬
schäftsführer des „Deutschen Schutz- und. Trutzbundes", Alfred Ro t h,
und Prof . Paul Förster, der einstige antisemitische Vertreter Neu-
Stettins im Reichstage, machten krampfhafte Versuche, dieselbe Höhe
der Gesittung und des Anstandes zu erreichen, es gelang ihnen aber
nicht, Herrn . Jacobsen den Rekord streitig zu machen.
Daß es heilte noch Juden geben sollte, die es mit ihrer Ehre
und Würde für vereinbar halten, dem Alldeutschen Verbände anzu- .
" "gehören, ist doch ganz undenkbar. Ist es aber nach alledem nicht
^ der Gipfelpunkt des Grotesken,.wenp der Herausgeber der „Staats-
Lebius bürgerztg.", Rudolf Lebius, in einer von ihm ' im Laufe des Krieges
^ veröffentlichten Broschüre „Schriftreform" schreibt, e r h a b e „hin¬
kte r ie K ul iss e n der alldeutschen Bewegung ge¬
leuchtet - und dort die „blauweiße Judenfahne"
" entdeckt"! . V '
Alliance JsraLlite
-Unwerselle.
Der im Jahre 1660 in Paris gegründete Verein A. I . U. . hat
laut Artikel I seiner Statuten folgenden Zweck: 1. Ueberall für die
Gleichstellung und den moralischen Fortschritt der
Juden zu wirken; 2. Denjenigen,, welche in ihrer Eigenschaft" als
Juden leiden, eine wirksame Hilfe angedeihen zu . lassen; 3. jeder
" Schrift ihre Unterstützung zu gewähreü, welche geeignet ist, diese
Resultate herbeizuführen. Alles, was sonst über die Tätigkeit , des
' Vereins, der im wesentlichen also ein Erziehungsinstitut.
ist und in Halbzivilisierten Ländern durch Errichtung . von gut-
geleiteten Schulen die Angehörigen der jüdischen Glaube^ sgemein-
schaft kulturell zu heben und ihnen westeuropäische Bildung zu ver¬
mitteln sucht, von antisemitischer Seite züsammengeredet und ge¬
schrieben worden ist, ist weiter nichts als Fabel oder böswillige Ver¬
leumdung. Den politischen,' sozialen und nationalen Kämpsev hät
die Alliance satzungsgemäß vollkommen fernzustehen. Zu 'den hart¬
näckig immer wieder auftauchenden antisemitischen Lügen 1gehört
CrSmieux ein angeblich,er Aufruf Crömieux ',, des „Begrün¬
ders" der Alliance, der als Ziel festsetzte , daß „die jüdische Lehre
' eines Tages die ganze Welt "erfülle", und die Zuversicht ausdrückte,'
. daß „der Tag nicht fern sei,, wo die Reichtümer der Erde ausschlie߬
lich den Juden gehören werden". Dieser angebliche Ausruf, der
sich am Schluß namentlich gegen die Katholiken wendet, ist erdichtet
und erlogen. Ein französisches antisemitischesBlatt behauptete, nach¬
dem man die Fälschung bewiesen hatte, den von ihm gebrachten Auf-
ruf aus den Akten des Ministeriums des Innern abgedruckt zu haben. .
Der Minister Waldock - Rou s s e a u teilte aber unter dem
23. , Juni 1884 mit , daß ein derartiger Aufruf sich nicht, bei' den
Ministerialakten befindet. Trotzdem fahren die deutschen Antisemiten
fort, den Aufruf für ihre unsauberen Zwecke auszubeuten. In der
deutschen antisemitischen Presse kehrt auch häufig -die lügnerische
Ausstreuung wieder, daß der jüdische Franzose Crem i e u x, der
übrigens an der Gründung der Alliance in ' keiner Weise beteiligt
war , wenn er auch später an - ihre Spitze trat , im Japre 1871 eine
Million Franks auf den Kopf K'a iserWil Helms I , ge- -
setzt habe. Die Tochter Crömieux' hat »vergebens in einer öffent¬
lichen Erklärung ''gegen diese Verunglimpfung des Andenkens ihres
Vaters , für die auch nicht der Schatten eines Beweises vorgebrächt
werden konnte, Front gemacht. Schon im Jahre 1871 wurde das
Märchen verbreitet, daß damals in ' Lyon die Abgeordneten der
1 Freimaurerlogen und die sogen. Internationalen
den Beschluß gefaßt hätten,- je 1 Million Franks für .die Köpfe
Wilhelms I ./. Bismarcks und Moltkes auszusetzen. Es handelt sich'
. hier offenbar um eine der vielen Schwindelnachrichten, die von den
Gegnern der Freimaurer ausgeheckt worden sind. '
Leider hat der keineswegs sehr glücklich gewählte. Name für das
ßu §\ä)liefcl\ ä)l ^ ^Ttcmitäl
,e -äSerf der A. I . U. dazu beträchtlich bei-
Y l
,— 9 —

getragen, daß sich die Verleumdung festsetzen konnte, die Juden ver¬
suchten hier durch internationale Vereinigung die Weltherrschaft an Weltherrschaft
sich zu reißen. Wie wenig .international dre Juden dachten, zeigt
die Tatsache, 'daß es nach 1870 außerordentlch schwierig war , deutsche
und französische Juden zur Fortsetzung dieses Kulturwerkes zusam-
menzuhaltenj, daß später die englischen, die österreichischen und die
deutschen Juden besondere Hilfsvereine gegründet haben, um die
Orientpolitik ihrer Länder berücksichtigen zu können.
Während des Krieges hätte im Jahre 1915 das „Oonsistoirs
Central des Israelites de France " an die Juden der neutralen
Länder einen Aufruf gerichtet, worin es diese ausforderte, die Sache
des V i e r v e r b a n d e s zu fördern. Dieser Ausruf ist von dem
Sekretär der A. I . U. Bigart unter dem Mißbrauch des Namens
der letzteren versandt worden. Daraufhin erhoben das Zentral¬
komitee und die Freie Organisation der A. I . Ü. in Deutschland
voller Entrüstung den schärfsten Widerspruch dagegen , daß
der Sekretär der A. I . II. — entgegen Ihrer Satzung und unter
völliger Verkennung ihrer Aufgabe -als reine Wohltätrgkeitsorgani-
sation — die ihr als solcher obliegende Neutralität verletzt
hat/ und sie haben ' sofort alle Beziehungen zur A. I . U.
gelöst. Trotzdem behauptete im vorigen Jahre die alldeutsche anti¬
semitische „Dt . Ztg ." von 10 (namentlich aufgeführten) „Ver-
bä ttb en der de u t scheu Juden ", unter denen sie auch den
Verein zur Abwehr d^s Antisemitismus nannte , obwohl doch dieser
Verein von christlichen Deutschen begründet worden ist/ daß sie
„alle . der . großen Zentrale in Paris , A. I . H„ der
(
%ll. isr . univ. Weltbund der Judenfchaft), unterständen". ^ Da¬
durch sei es .„jetzt offenbar , daß wir nicht nur in sklavische
, Abhängigkeit von der Entente, sondern vielmehr auch der
Judenschast geraten " seien. Das Münckener Antisemitenblatt,
der „Beob." fügte dieser Schwindelnachricht oie unsinnige Behaup¬
tung hinzu, „der jüdische Zentralverein stehe in Verbin- Centtalverein dt.
>düng mit der A. I . U., sei nur ein Ableger von ihr und erhalte Staatsb . jüd. Gl.
von ihr sogar mäteriel l e Zuschüss e". Dabei ist es doch
, . allgemein bekannt, daß der „C.-V. dt. Staatsb . jüd. Gl." eine voll¬
ständig selbständige Organisation ist, ausschließlich zur Ver¬
tretung der politischen und wirtschaftlichen Interessen der deutschen
Juden bestimmt, und daß er nicht einmal organisatorische oder per¬
sönliche Beziehungen zu der deutschen Konferenz-Gemeinschaft der
„A. I . II/ ' unterhält ., (S . Internationalismus .)
In dem Anhang zu seiner Broschüre „Jüdische Selbstbekenntnisse"
wünscht -Fritsch nähere Quellenangabe über die Cremieux zugeschrie¬
benen Aeußerungen: „Alles hängt von der Belehrung durch die Presse
/ ab. Suchen/wir uns dieser zu' bemächtigen, dann werden wir alle
in der Hand haben." „Wir haben es zu arg gemacht, es wird uns
teuer zu stehen kommen." Selbstverständlich hat Cremieux die beiden
^ Aeußerungen nicht getan. Wichtig wäre es unbedingt, wenn festge-
Dellt werden könnte, wer die Fälschung verübt hat. Die erste der
- beiden Stellen findet sich in der^ u München 1912 erschienenen Schrift
des katholischen Schriftstellers Dt. Eberle : „Großmacht Presse, Ent¬
hüllungen für Zeitungsgläubige , Forderungen für Männer ", vr.
Eberle hat also die Pflicht, seine Quelle anzugeben.
, Alljüdisch.
, Alljudaan
Alljuda
In einer schwachen Stunde soll einst Herr Vr . H. R i p p l ej,
der Chefredakteur der ankisemitisch-deutschvolksparteilichen „Tägl.
10 —
Rundschau", das Schlagwort „alljüdisch" geprägt baden, das
sofort von alle)! Antisemiten , Alldeutschen und Deutschvölklern mit
Jubel aufAenommen wurde. Herr Walter Liek hat dann in der -
Schandschnft „Der Anteil des Judentums an dem Zusammenbruch
Deutschlands", die zuerst in der Zeitschrift „Deutsch!. Erneuerung " :
(Januar 1919)' erschienen ist, die unglaublich albernen Bezeichnungen
„Alljuda" und „Alljudaan" erfunden. Die Leute, die das Märchen
verbreiten, daß das Judentum nach der Weltherrschaft s ( . d.)
streben, glauben selber nicht daram Schon die Existenz des Zionis - .
mus zeigt, daß es nicht möglich ist-/ eine geschlossene Organisation
, des Judentums zustande zu bringen. Und nun gar erst eine Organi-
.sation des Judentums der gesamten Welt zur Erringung der Welt¬
herrschaft! Mit weit mehr Recht aber ' kann man von einem All-
Antisemitismus und von einer „antisemitischen Weltseele" reden
(s. BolschewisMils, Goedsche , Internationalismus, ' Weltherrschaft) .
Antisemitismus. r^
Cottftantitt
Brunner Die Antisemiten bezeichnet Constantin Brunn exDer ( Juden¬
haß Und die Juden , S . 16) als bejammernswerte Leute, die an den
Juden verrückt geworden sind, die sich ebensowenig wie andere Ver¬
rückte ihre Wahnideen ausreden lassen uyd nach dem Spezialismus
der Verrückten für alles,nur ihren einen Grunds nur das eine Uebel
sehen: „Der Antisemitismus ist in der Tat eine Verrücktheit 'wie
Tollwut (mit Ausbrüchen vyn Zeit zu Zeit) und auch ansteckend wie
Tollwut." " An einer anderen Stelle (S . 151) sagt er: „Die A. sind
keine Art von politischer Partei , sind überhaupt keine Art ^ sondern ,
Entartung, und zwar eine gesellschaftliche . Sie sind gar nicht/
politisch. Eine po litis ch-e Partei bilden sie nicht —
dazu sind sie .zu dumm, wenn auch nur im ^Verstände, nicht in der
Einbildung . Sie sind die D ü m m st e n i .m Lande, die sich selber
alß die Klügsten betrachten . . . M , gibt an den Juden irrsinnig ge-
' wordene, richtige Irrsinnige , nicht Irrende , die der Aufklärung fähig
sind und von ihren Meinungen zurückgebracht werden können — nein,
gänzlich unbelehrbare, gegen alle Vernunftgründe sich..absperrende !
und antobende Irrsinnige . Irrsinn i g e., m i t Nah r un g s-
Verweigerung . . ." .
Ganz in Uebereinstimmung mit Brunner sagt Ernst T h r a -
so lt , der- Herausgeber der katholischen Zeitschrift „Das heilige
Rabbiner Feuer " (Juni 1914): „Der l an d l äu f i g e An tisemitis m us
Dr. Jocbb ist teilweise toll g e w o r d e n." Der Dortmunder Rabbiner
Dr .- Jacob schreibt in einer Eingabr an '. das Provinzialschul¬
kollegium in Münster in Sachen des Gefängnispfarrers und Reli-
. ' gionslehrers Schmidt-Dortmund , der .im Religionsunterricht an dem ,
dortigen Realgymnasium eine antisemitische Hetzpropaganda betrieben
hatte : „Wir müssen nachdrücklich dagegen Einspruch erheben, daß etwa
üer Antisemitismus irgendwie als eine achtbare und relativ berech--/
tigte Parteistellung ' anerkannt wird . Alle anderen Parteien be¬
kämpfen Ansichten oder Einrichtungen, die Antisemiten sinh die ein¬
zige „Partei ", die Personen, und zwar l. e d i g l i ch wegen
ihrer A b st a m irt u n g , v x r f o l g t u n d .b e s chi m"p f t und
obendrein die bodenlosp Anmaßung besitzt, sich als beson¬
der s p at r i o t i s ch ü nd d e u t sA cthi sz u g e b e n. . . Der
Antisemitismus ist nicht etwa nur als parteilich oder unpatriotisch
oder undeutsch, sondern schlechthin als unsittlich zu brand-
marken." Selbst ,der frühere Preußische Kultusminister Bosse . ein
Jugendfreund Stöckers, kam doch von seinem fromm christlichen
Standpunkte aus zu einer Verurteilung des Antisemitismus:
.. . In dem ganzen antisemitischen Treiben fehlt das Beste,
nämlich die Gerechtigkeit und wirklich erbarmende
Men s che n l i .e b e gegen d i e. J u d e n. Die politische E m a n -
z i P a t i o n der Juden ist n i cht r ü ckg ä n g i g zu mache n."
Der große Zentrumsführer Windt h ö r st bezeichnete es im Preußi - . Windrhorst
scheu Abgeordnetenhause (20. 11. 80) /als grün 'd verkehrt und

g r u n d v er l e tze n d, daß man , Äenn ein einzelner Jude oder
eine Mehrzahl von .Juden , ein Teil derselben etwas<getan hat, -dies'
verallgemeinert und generell hinstellt, als ob es
die ganze Judenschaft träfe", und er fügte hinzu: „Wenn man Kla¬
gen über einzelne oder über einen Teil hat, so soll man die einzelnen
und diesen Teil konkret fassen, aber niemals die Sache generell hin-
^ stellen und die ganze Judenschaft verletzen, unter der es tzie.aller-
ehren wer testen Menschen gibt ' ." Der bekannte Roman¬
schriftsteller Gerhard v. Amyntor hat im Jahre 1881 auf die
Ungerechtigkeit hingewiesen , die darin liegt, daß man bei 7
einem Juden , dK sich eines Vergehens oder Verbrechens schuldig ge¬
macht habe, die Religion anführe, Lei einem Christen aber nicht; wenn'
man sage: „Ein hausierender Jude in Oberschlesien hat eine Pferde¬
decke entwendet", warum sage man nicht: „Ein hausierender Christ
in Berlin hat gestohlen"?
' ® aff e r Friedri ch nannte den Antisemitismus „die KarserFriedrichM.
Schmach des Jahrhunderts ", Theodor Mommsen die „ \
Mißgeburt des nationalen Gefühls", der österreichische Bauern-
Lefreier Hans Kudlich eine „ Ern red ri gung und schwere
Schädigung des Deutschtu m ^s". Prof . Theobald Ziegler
„die g r o ß eSchandefür u n s D e u t s che", Peter R o s e g g e r
„eine' A b s che u l i chke i t , die. sittlich, aufklärend, bekämpft wer¬
den muß", Karl S chu r z „das dümmste Wo r urteil / die
blind e st e Lei d e n s cha f t", Tolstoi ein „ gewissenloses
Treiben, um die Wut der ungebildeten Masse gegen eine Min¬
derheit zu erregen", der Sprachforscher Max Müller das „ Nu¬
tz-eil in der Gesellschaft,und am Staate ".
Alle, die. hier wiedergegeöenen ' Aeußerungen hervorragender
Männer *geben wohl ein erschöpfendes Bild von dem wahren Wesen
des Antisemitismus ; zu erwähnen wäre noch die einem reden Anti¬
semiten eigene Inkonsequenz, von der beispielsweise der ehe¬
malige Kmser -Wilhelm II ., der sich ja kürzlich in einer im Anschluß
an den Schundroman Dinters „Die Sünde wider das Blut " ge¬
machten Aeußerung antisemitisch betätigt hat, sehr bezeichnende Pro¬
ben abgelegt hat/ Er hat an das Krankenlager seiner Gattin einen
jüdischen Arzt berufen und hat die Wahrnehmung seiner ver-
mögensrechtlichen Ansprüche- bei der Auseinandersetzung mit dem
preußischen Staate einem jüdischen Rechtsanwalt an?
vertraut , .. *
. Adolf Bartel s hat gewiß nicht recht, wenn er behauptet, daß
keine Partei im Grunde anständiger sei als die
antisemitische, ebensowenig Theodor Fritsch, wenn er in
einem 1919 an den damaligen Reichswehrminister Noske gerichteten
Briefe von der a n t i s e m i t i s che n Bewegung rühmt , daß sie,
„von den e d e l ste n Ideale n getragen, nichts anderes erstrebt
als eine F ö r d e r u n g d e-r m e n s chl i che n G e m e i n s cha f t".
— 12 ^— ' ^
Der p o l i t i s che An t i s e ttt t kr s m u s in Deutschland, der
ja nach den obemwiedergegebenen treffenden Worten des vr . Jacob-
Dortmund eigentlich nicht das Recht ^beanspruchen darf, als eine
politische Parteirichtung bezeichnet zu werden, ist jetzt 40 Jahre alt;
er datiert von ' dem bekannten, durch Dr . Bernhard Förster rin
Jahre 1880 hervorgerufenen Petitions st Nr m. An die Spitze'
Stöcker
der Pewegung stellte sich der Hofprediger ' Stöcker, der bereits.
vorher /durch seine Hetzreden die „Berliner Bewegung " ins Leben .
gerufen hatte und sich selbst gern den „Vater des politischen Anti¬
semitismus in Deutschland" nennen hörte. In Marburg wurde 1887
Dr. Böcket Dr . Böckel als erster antisemitischer Abgeordneter in den Reichs¬
. Hessen, ~ tag gewählt ; Hess en ist also das Stammland des politischen. Anti¬
das Stammland
des semitismus und blieb seine stärkste Stütze bis zu den Nationalver-
Antisemitismus sammlungswahlen im Jahre 1919. Während die Provinz . Hessen-
Nassau im Reichstage in der Legislaturperiode 11907 — 1912 noch
durch sieben antisemitische Abgeordnete vertreten war , wurde 1919
sowohl in dieser Provinz als auch im Großherzogtum Hessen kein ein¬
ziger Antisemit gewählt . Ebenso kläglich war das Fiasko der Anti¬
semiten bei den Wahlen zur Hess. Volkskammer im Jahre 1919 , wo
sie nur 5 Abgeordnete aufbrachten, während sie bis dahin dort die
Mehrheit besessen hatten . Nachdem alle die antisemitischen Gruppen
und - Grüppchen bei der Umwandlung der konservativen Partei zur
Deutschnationalen Voltspartei im Jahre 1918 in dieser Aufnahme ge¬
funden hatten , gehören sie. jetzt der Geschichtean, alle die antisemiti¬
schen Parteigruppen mit ihren wiederholten 'Trennungen und Ver¬
einigungen :, die antisemitische Volkspartei , die deutschsoziale Reform-
Partei, der Deutsche Volksbund , die ' christlich- soziale Partei , die .
Wirtschaftliche Vereinigung . Den größten Wahlersolg als rein anti¬
semitische Organisation errangen die Antisemiten bei den Wahlen
zum Reichstage im Jahre 1893, wo sie 263 861 Stimmen erhielten .
Liebermann und 16 Mandate errangen ; später ging ja dre^Deutschsoziale Partei
r>. Sonnenberg des Herrn Liebermann v. Sonnenberg in - der Wirtschaftlichen Ver¬
einigung , der sogen. Kraut- und Rübenpartei , auf, die auch Nicht-
antisemiten umfaßte . lieber die politische und insbesondere auch die .
parlamentarische Tätigkeit der Antisemiten seit 1880 bis 1911 enthält
der „Antisemitenspiegel ^. (3. Aufl . 1911) auf S . 27—62 eine ein - -
/ gehende Darstellung , wo auch das - Wesen und die hetzerische Tätig¬
keit der hervorrggendstdn antisemitischen Parteiführer : S t ö cker,
Ahlwardt L i e b e r m a n n v. S o n n e n b e r g , ;D;r. Böcke I, ' A h l w a r d t, -
Bruhn
Pros . Werner- Prof . Paul . Förster, Wilhelm ' Bruhn, Graf Pückler , Zim-
Butzbach m ermann, Ludwig Werner, Prof . Wer 'n er - Butzbach
(früher Werner -Gießen genannt ), Schack , Pfarrer n . D . Krösel.
Lat t m a n n, Alfred R o t h usw. ausführlich geschildert wird . In
der Brofchüre „Der politische Antisemitismus von 1907— 1911", vdn
Lorenz Curtius , München 1911, wird mit noch größerer Ausführ¬
lichkeit .diese Periode des Antisemitismus ' geschildert. Von , diesen
einstigen „Größen" der Antisemiten betätigen ^sich nur noch einige
wenige in hervorragendem Maße in der antisemitischen Hetzpropa¬
ganda, . Wilhelm B r u h n, ' der ' Verleger der „Wahrheit ", dem es
npch 1919 gelungen ist, in Frankfurt a. O . einen Sitz in der Nat .-Vers.
Roth zu erlangen , Prof . W e r n e r - Butzbach und Alfred Roth, dev einstige
J Schriftleiter der „Händelswacht " des Deutschnationalen Handlungs¬
gehilfenverbandes , der jetzt ganz besonders für den Antisemitismus
in alldeutschen Und deutschvölkischenKreisen Propaganda macht. Aus
der Tätigkeit des politischen Antisemitismus von 1911— 1918, die
. , % . ■ -13 —

ja nun ' auch der Geschichte angehört, -wäre höchstens noch zu^erwäh¬
nen, daß die „reinen " Antisemiten des Reichstages, soweit sie nicht
der.. Wirtschaftl. Vereinigung angehörten, sich im Jahre 1916 mit
den Mitgliedern der ehemaligen Reichspartei, der Wirtschaftlichen
Bereinigung, dem Grasen Posadowsky usw. zu einem parlamentari¬
schen Zweckverband , der „Deutschen Fraktion ", einer neuen
Kraut - . und Rübenpckrtei, zusammengetan hatten. . Der aus dem
Judentum hervorgegangene . Di\ 9t r e rf b4 genoß hier also das
zweifelhafte Vergnügen, mit den' Herren Werner und Bruhn in einer
Fraktion zusammenzusitzen.
Antisemitische Organisationjem
Schon vor dem Kriege war die Zahl der. antisemitischen Orga¬
nisationen eine ziemlich große gewesen. Machtgelüste, Eitelkeit der
Führer , aber auch der Wunsch, das wahre Gesicht zu verbergen, ließen
'Immer neue Bereiniguügen , /Bünde, Parteien , oder wie der Name
sonst lauten mochte, entstehen. Neben den^ eigentlichen Parteien Aeltere
spielte der D t. V o 'lksb un d der Herren v Mosch, vr . Böeckel, Organisationen
Ür . P . Fo erster, der D e'ut schb un d und der Reich sh ämmer-
b und Th . Frltscbs eine nicht unerhebliche Rolle in Lser antisemiti¬
schen Hetzpropaganda, daneben unter unpolitischer Maske der V. D.
St , De u t s chn a Li o n a le Handl u n gsgehil f e n ver¬
band, B . d. L., die D t. M i t t e l st a n d s v e r e i n i g u n g
u. a. m. Besonders tat sich auch der 1912 von Grs. E. v. Re¬
de n t l o w , Fr . B l ey , K.' v. Stranz u . a. alldeutsch-agrarischen Verband gegen
Vorkämpfern begründete „V erb ent d geg en , dt e Ueb er¬ die Ueberhebung
heb u n g des Juden tu m s" hervor, der sich einen eigenen Ver- des Judentums
,lag „A u f, V o r p d st e n" und eine gleichnamige Zeitschrift beilegte: „Auf Vorposten"
War schon vor dem Kriege, die Kampfesart dieses Kreises selbst für
Antisemiten unerhört skrupellös/so wurde alles Vorhergegangene noch
weit übertrumpft durch die neuerdings erfolgte Veröffentlichung der
grotesken Fälschung „D i e G e h e i m n i s s e der W e i s e n v o n
Zion ". Nach dem Zusammenbruch, in den die antisemitisch-
chauvinistischer Kriegshetzer und - Verlängerer uns hinemgeführt
hatten, bemHen sich die Schuldigen, den Unwillen des Volkes von
sich abzulenken und fanden als bequemsten- Sündenbock natürlich die
Juden , die an allem schuld waren. Zur besseren Organisierung- der
Judenhetze taten sich die verschiedensten neuen Verbände auf. Ein Neue
n e u'e r D t. V o l ks b und erstand unter - der Aegide des Herrn Organisationen
Jos . Knau er, .die ehemalige Dt . - V ö l k. Pt ., die in der wesens¬
verwandten D. N. V. aufgegangen war , behauptete als Dt . - Volk.
B d. ein gewiss^ Sonderdasein, und verschmolz sich später mit dem
Reichshammerbd. und dem neugegründeten extrem-pogromhetzerischen
Dt . Schutz und Trutzbu n d zu einem D t. - V ö l k. Schutz¬
en d T r u tzb u n d (Reichsbammerbund). Herr Wilh^ Marten , der
berüchtigte Hetzer des „Arb eiters chu tzb un d e s", begründete
gar einen „Weltbund der Währheitsfreunde ", und H. Pudor -Leipzig
forderte für seinen „Dt . Volksrat, Einheit völkischer Verbände" das
oberste Richteramt über die Reinheit ' der völkischen Bewegung. Da¬
neben firmierte man noch,als Zentrale für Volksaufklärung, Deutsch-
sozialer Bund und unter zahllosen anderen Namen.' . Besonders an¬
gelegen ließ man sich die Gründung antisemitischer Berufs - und Stan-
desvereinigungen sein. Neben dem in antisemitischer Hinsicht durch¬
aus zuverlässigen Dt . Nat. Jugendbd . entstand noch ein besonderer
Dt . - Volk . Ju gend v erb and und ein „Dt . - Volk . Stu-
14
den .tenring ", ein „B undDt . - völ k. I uristen ", ein „D t.-
V ö l k. Schrift st>e l h erverban d"' .unter Leitung des ant^
semitischen Literatürhapstes Bartels , ja sogar eine Dt .-Völk. Alpenver¬
einsgruppe hat sich in München aufgetan. Daneben sammelt Herr
Wulle seine völkischen Getreuen von der „Dt . Zt." im „Deut¬
schen Herold ", und im E. Behrschen Verl., Leipzig, treiben Un¬
genannte eine Pogrompropggandg sondergleichen- als „V ereini -
gung für Wahrheit, ' Volks . aufk lärüng und Vo lks-
gesundung
Di .-Völk. Arbeits! ^Dt.-Völk.
". Nicht uninteressant -ist es auch, daß sich in .den
gemcinftfafien ii,
Arbeitsgemeinschaften oft auch Verbände beteiligen, die bei
„neutrale ^ Ver- -anderen Gelegenheiten sich nicht so osf en als
s bKnde -antisemitisch zu e r ke n n e n g e ö e n.. So umfaßt -die Er -^
surter Dt.-Völk. Arb.-Gem,. Deutschbund, Deutsch e Phi los o -
phische G eseI l,sch aft , Fi ch te - G e s e l l s ch af t , Allg e¬
meiner Deutscher Sprachverein, ^ D e nt s chn a.t i o-
n al er Hand lü n g,s geh ilfen - V erb and, Reichshammer¬
bund (einschl. des Deutschen Schutz- . und Trutzbundes und. des
Deutschvölkischen Bundes), A l ld e u t sch er Verband , Weh r -
verein , D e u t s che r O stma r ke n - V e r e i n , Jungdeut -.
scher Bund , Wandervogel (
Aelteren -Gruppe und Seminar-
Gruppe), Fahrende Gesellen, Treubund des aufsteigenden Lebens,
Deutscher Mädchen-Wanderbund, Deuts chnationaler Ju-
gendbund, Deutscher Orden, Deutsche Schwesternschaft.
Desgleichen führt das D t. - V ö l k. I a h r b u ch 1 9 2 0 unter ■
54 völkischen Bünden und Orden ' eine Reihe Verbände an, die sonst
sich nicht scheuen, jüdisches Gerd zu nehmen und ihre politische Neu¬
tralität nicht laut genug betonen tonnen , so der B ü n d d e u t sch er
Bodenreformer , der Verein für das Deutschtum
im Ausland , die Deutsche K o lo n i a l, g e s e !l l j ch crf t,
ja sogar der „Verband deutscher A' mateurphoto-
graphen ". Ob diese Verbände alle mit ihrer Zustimmung als
völkisch bezeichnet werden, muß man allerdings .bei der bekannten
Wahrcheitsliebe unserer Antisemiten bezweifeln.
Antisemitische Splitterparteien und Parteigründüngsversüche?
Neben dem groß en Sammelbecken d er antisemi ti-
schen Kreise, der D . N. V., versuchte man noch an einzelnen
Stellen abgesonderte antisemitische Parteien ms Leben zu rufen. So
„Nationaldemo- entstand ' kurz nach der' Revolution eine N a t i o n a l d e m o.kr a -
kralifche Pt ." tische Pt ., die unter Führung des aus den Krawallen vor dem
Lt. Molkentin Untersuchungsausschuß berüchtigten Lt. Mollen tsn, des Re g.-
Ra .t Grosse und der Herren Bredereck und Lebius stand und
deren Organ , die „Staat s b ü r g e r - Z t g.", ihre ganze antisemiti¬
sche Vergangenheit an Rüdigkeit weit übertraf . Die Partei schloß sich
vor-'.den Wahlen zur Nat .-Vers. korporativ der Dt. Vp. an, und Herr
Molkentin stand aus der Berliner Kandidatenliste .dieser Partei.
Später entstand Streit zwischen Lebius, der angeblich Republikaner
„Grotzdeutsche ist, und Molkentin-Grosse, die Monarchisten sind, die Partei nahm
Freiheitspt ." d,en' Namen „G roß d e u t s che F r ei h e i t s p a r t e r" an, und .
R . Lebius Herr Lebius erklärte diesen Schritt für unberechtigt und tahxsofocL
von neuem die „Nationaldemokratische VolksP ä"rtei"
. auf. Nun liegen beide Parteien miteinander nach alter antissmiti-
scker Sitte im heftigen Streit , nur in einem sind sie einig, in einer
mederträchtigen Judenhetze. . .
Th . Fritsch Auch Herr Th . Frits ch- L ei p zi g ist neuerdings unter die
; / ' * _ 15 —

Parteigründer gegangen/und wirbt fürdie Gründüng einer „rein <


deutschen" Partei, ' die er „D e u t s che Erneuerungsp t." Dt. Eweuerungs-
nennen möchte , doch scheint er wenig Glück damit zu haben, nur die p
Konkurrenz im eigenen Lager beschäftigt sich mit ihm, und er muß
sich von Herrn L e b i u s. ins Stammbuch schreiben lassen , er ge¬
ilö re §u beit L e itte .n', di e n i cht w i s sen w a s si e w o l l en.
Das Dorado antisemitischer - Partei .gr ü n d e r e.i '
aber ist gegenwärtig Mü .nchen .' Dort entstand neuerdings unter
der Aegide des Dt. - Volk. Schutz - und Trutzbundes/ eine pogrom¬
antisemitische „National - sozialistische Arbeiter-
p-ar t ei ", und kurze Zeit darauf der berüchtigte„B a y e r is che Bayerischer
O r d n u n g s b l 0 ck", der ausdrücklich seine völkischen Grund - Ordnungsblock
lagen und Ziele betont und das treibende Element bei der
I u d en a u st r ei b u n g s p o l i t i k des Herrn v. Kahr zu /
bilden scheint . Daß auch die „B a yerische K ön i gs.P a r t ei" „Bayerische
stramm in Antisemitismus macht, ist selbstverständlich '
. Hat Körngsparter
sie doch zum Leiter ihres Blattes sich keinen anderen ausersehen , als -
den berüchtigten AntisemitenF. S ch xo e n g h am er - H e i m d a l.
Ihr Gr ün d un gsaufruf -, erklärt zwar heuchlerisch , sie wollten
fei ne I u de n v erfo l g u ng e n heraufbeschwören , aber nur, um A
sofort fortzufahren: . . a b e r w i r wo llen die jüdische
' Vorherrschaft brechen . . .", spricht von wesensfremdem
Geist , Sittenverderbnis , asiatischer Brutalität,
' Fremdvolk und so fort. Am Schlüsse aber fragt er gemacht -harmlos: '
- „W er w a g t es , uns d es h a lb ein es wü .sten Ant isemi '- ^
t i s m u s. z u b es chu l d i.g en ?" Die politisch geschulten Wähler
werden wissen , wessen sie sich von diesen Leuten zu gewärtigen haben.
Arbeit, körperliche, und die Juden.
„Die Juden empfinden die körperliche Arbeit als Fluch,"
behaupten die Antisemiten . In einem von der. „Deutschen Erneue¬
rungs-Gemeinde" des Herrn Theodor Fritsch.verbreiteten Flugblatt
ist zu lesen: „Habt ihr je einen Juden an der H 'o b elb ank, auf
dem Schuft er bock, an einer Maschine^ unter den Hafen - . .
a r beite r n gesehen ? Habt ihr je einen Juden mit ehrlichen /
. Sch w i eleji an de n H ün d e n gesehen ? Oder im blauen O
Arbeitskittel? Nein !! Die Juden verachten im Grunde die
körperliche' Arbeit!" Als vor einigen Jahren 'derselbe Theodor
Fritsch dieselben Behauptungen in einem seiner Hammer-Flug-
' blätter stufgestellt hatte, ließ ihm im protestantisch -orthodoxen
„Reichsboten " der evangelische Pastor Karl Kunert (Köln) eine glän¬
zende Abfuhr zuteil werden, die gerade aus einem .solchen Munde
herstammend die beste Widerlegung der Fritschschen Behauptungen
und Fragen darstellt: „Möchte Fritsch doch einmal nach der Pro - '
vinz Posen gehen und Nachfragen , wieviel Handwerker dort
noch vor 30 Jahren unter den Juden sich befanden , H a n d w e rck er,
d i e m i t Treue r e cht s cha f f en e Arbeit trieben und die so
stolz daraus gewesen wären, daß sie ihre Söhne — wie es ja auch
der Talmud verlangt — zu einem Handwerk erzogen hätten, wenn
sie inmitten der Christen nur einigermaßen ihr tägliches Brot zu
. verdienen imstande wären. Ich könnte aus meiner Heimat ihm ohne
^Mühe eine Reihe von Männern nennen, die auch unter ihren christ¬
lichen Nachbarn in h o h er A cht u n g standen , weil sie in ihrem Be¬
rufe sehr gewissenhaft waren. Selbst Fischer könnte ich ihm nennen,
obwohl Fritsch schreibt : „Auch jüdische Fischer sind nirgends in der
— 16 —

Welt bekannt." — In Rußland sollen 75 Prozent , der Juden ein


Handwerk betreiben; ich erinnere nur dn die „S ch in d elju den ",
die in Ostpreußen sehr wohl als Dachdecker bekannt sind; auch in
Galizien ist das Handwerk unter den Juden nicht unbekannt; ja
selbst im westlichen Deutschland begegnete ich in 'der letzten Zeit
jüdischen Handwerkern. Wäre es aber ln Deutschland doch noch nicht/
so weit gekommen, daß die Juden ein Handwerk ergriffen, „f o
li e g t d re S chu ld a n d en C h r i sten ". — Es gibt^ tatsächlich
Die jüdischen lauch jüdische Hafenarbeiter ; in S a l o n i ki gehören die Lastträger,
Lastträger fast ausschließlichder jüdischen Konfession an. Ein Mitarbeiter der
^von Saloniki
„Tgl . R.", Rambo, entwirft von ihnen (3. 8. 16) folgende Schilde-
-rung : „Die M ä n n e r , fast alle Riesen von sechs Mß und dar¬
über, mit breiten Schultern und mächtigen Bärten , Gestalten, bei
deren Anblick den Westeuropäern zum ersten Male klar wird, daß
die alttestamentarischen Erzählungen von Simson und der Kriegs¬
tüchtigkeit der alten Juden . keine bloßen Legenden sind ." '
Erst kürzlich hat Maxim Gorki in seinem Blatte „Nowoja Shisn"
(Neues Leben) darauf hingewiesen, daß in Odessa z. B . die
meisten Lastfuhrleute/Juden sind , und daß 92 Prozent
der im Ansiedlungsrayon lebenden Juden Handwerker oder
(leider!) Bettler seien . In Polen allein fchätzt man die Zahl
Jüd . Arbeiter in der jüdischen Handwerker auf mindestens 4 .0 000 . Ein jüdischer ehe- ' >
Rhein !.- Westfalen maliger Angehöriger der Kruppschen Werke in Essen,Älfred Lieb-
mann, veröffentlichte vor kurzem in rheinisch-westfälischen
.-Blättern unter voller Nennung der Namen eine eingehende Zusam- '
menstellung, aus der hervorgeht, daß eine ganze Anzahl von Juden
in den Kruppschen Hütten und Gruben die schwerste körperliche Ar¬
beit verrichten, und daß es im ganzen- rheimsch-westfälischen Jn-
. ' dustrierevier kaum ein größeres Werk gibt, auf dem nicht Juden in
der Belegschaft oder als Meister werktätig arbeiten. Er verweist
darauf, daß m Duisburg -Laar ein von jüdischen Arbeitern ausge¬
suchtes Speise- und Logierhaus besteht, und daß die Zahl , der dort
in der Schwerindustrie arbeitenden Juden die Tausend übersteigt. In >
. Dortmund ist^ein Jude Jnnungsobermeister , und selbst die Zahl der
jüdischen Bauern ist in oer letzten Zeit gewachsen. Und man frage
Jüd . ArbeiteS erst in Berlin an, wie viele Tausende von jüdischen Arbeitern ge¬
in Berlin
werkschaftlich organisiert sind, so besonders im MetaÄarbeiterver-
bande, im Buchdruckerverbände, im Holzarbeiterverbande usw. In.
jedem. Beruft befindet sich eine beträchtliche Zahl jüdischer Hand¬
werker und Arbeiter. Die- hervorragendsten Tälmudgelehrten waren
Arbeiter, so war der berühmte Rabbi Akiba Holzträger, Hillel Tage- '
löhner. Als besondere Merkwürdigkeit sei noch erwähnt, daß der
in katholischen Kreisen als Hauptpatdvn des Handwerks verehrte
heilige Josef, ein Zim-mermann , seines Zeichens Jude war.
Seit Anfang des Jahres 1919—April 20 lagen in den jüdischen
Arbeitsämtern die Meldungen von etwa 6000 Ostjuden vor, die die
Arbeitsvermittlung in Anspruch nahmen. Diese gliedern sich beruf¬
lich wie folgt:
Landwirtschaft ~ 3,69 %
Industrie und, Handwerk 68,30% -
tandel Berufe
reie und Verkehr 11,13
2,62 <?/„%
Verschiedene Lohnarbeiter ohne Angabe 14,26 %
\ • 100,00 %
— 17 —
Die unter „In du st r i e und Ha ttb ' toex k" gerechneten obi¬
gen 68 0/0 gliedern sich weiter wie folgt: Bekleidungsgewerbe (Schnei¬
der, Mützenmacher. Kürschner) 29 Metallarbeiter (Schlosser,
Klempner, Elektromonteure, Schmiede) 14,80, Nahrungsmittelgewerbe
(Bäcker, Schlächter, Konditor) 10,70, Schuster und Schäftemacher 10,
Holzgewerbe (Tischler, Zimmerer , Schreiner) 4,40, Weber 4, Sattler,
Lederarbeiter 3. Friseure 2,50, Buchdrucker, Schriftsetzer 2,30, Buch¬
binder 2, Maler , Anstreicher 2, Uhrmacher- 2, Fabrikarbeiter 8,20,
/Verschiedene (Drogisten, Tapezierer, Gerber, Glaser, Goldschmiede
ufw.) 5,10 0/0. — Es 'gibt also keine jüdischen Arbeiter ! >
Areo, Graf, Mörder Eisners, s. Jugend. ' '
Armin, „Dr." Otto, Verfasser der Schmähschrift„Die Juden ^im
vHeere ", mit dem antisem. Agitator Roth identisch , s. Drücke¬
berger; Handlungsgehilsenverband, Deutschnat. .
Arndt, E. M.
(geb.> 1769), hat in einer ,im Jahre 1814 erschienenen-Schrift' „Ein r
Blick aus der Zeit auf die Zeit" unter dem Einfluß der damaligen
nationalen Erhebung und des damit verknüpften nationalistischen
Überschwanges sehr scharfe Worte gegen die aus dem Ausland zuge- - .
wanderten Juden , nicht aber gegen die deutschen Juden - gebraucht
und das Verbot der Einwanderung fremder Juden in Deutschland ge-
, fordert. Er ist aber niemals Antisemit gewesen und wird ganz mit
Unrecht seitens der Antisemiten als Schwurzeug^e in Anspruch ge-
, nommen. Das beweist vor allem sein im Jahre .1844 erschienenes
Werk „Versuch in vergleichender Völkergeschichte ", ist -dem er in boll-
Kultur der Menschheit gerecht wurde, die Juden als „Wohltäter unser
aller" und die Bücher des Alten Testaments als ein „Weltbüch",ein
ewiges Lebensbuch für alle Zeiten und Geschlechter " bezeichnete.

I
stem
nisationen .
der

.. Helm II .'/
Bedeutung
dallinMaße, „Ratgeber"
'.
des Judentums
Wilheftns
. .
' und
die
, s. Antisemitische Orga¬
„Auf Vorposten", antisemitische Hetzzeitschrist

II ., f. Krieg, fürSchuld Eam

*
. ;
ntwicklung
Kriege, Wil-
*
*
Bartels , Adolf .
Als einige Jahre vor dem Kriege Herr Adolf Bartels sein
berüchtigtes Buch über H e i n e erscheinen ließ, durch das er gegen
die Errichtung des Heine - Denkmals ' in Hamburg Stim - . " Heine
mung zu machen versuchte, nannte er darin den großen. Dichter einen - ^
„vollkommenen ,,
Lumpen einen S e elen ve rwüster " '
und giftigen Feind des deutschen/Volkes, einen be¬
zahlten . Reklamemacher, einen Revolverjourna¬
list en und Zu cht h a u s ka n d i da t e n". Im Jahre 1915 sagte
er in einem Schmäbartikel über Heine (Deutsches Schrnttum . Heinrich
Heine und kein Ende) : „Einfach, d a s Taktgefühl geböte,
gerade (
jetzt seinen Heines ) Namen in Deutschland
n i ch-t i n >d e n Mund zu nehmen." Noch im Laufe des Krieges aber
' .cH& ct selbst bei Reclam in Leipzig den ersten Band seiner „Welt-
- uvd
li t e r at u r" heraus, die auß dem Titel als ein „F u h r e r d ur ch Der Neelam
'ijy e c ra m s U n r v e r s a l - B i b l i 0 t h e k" bezeichnet wird und Reklamemarur
die in Wirklichkeit nichts anderes als eine Reklame für ^die in dieser **
. Bibliothek aufgenommenen Werke darstellt. Da sich unter diesen na¬
türlich auch die Werke Heines befinden, so mußte Herr Bartels als '
2
bezahlter R e kl a m em a ch er " für Reclam auch dieses emp¬
fehlen. Der „Heinetöter", wie er sich selbst einmal voll Stolz ge-
' nannt hatte, unterzog sich also ohne alle Bedenken der Aufgabe, den
noch nicht ganz getöteten Dichter wieder lebendig zu machen. Hören
wir, wie . er das zustande gebracht hat ! Auf S . 188 des 1, Bandes
seiner „Weltliteratur " schreibt er: „Ein wirklicher Dichter- wenn auch
vor allem ein Virtuose, ist ohne Zweifel Heinrich (Harry) Heine saus
^ Düsseldörf, 1797—1846), der von allen Dichtern des neunzehnten -
Jahrhunderts das meiste Aufsehen zu machen verstanden hat üno heute
als europäische Große gilt : . ." . Nach der Aufzählung der einzelnen,
Werke mit den Nummern -der U.-B . fährt Bartels fort : „Auch wer
ein scharfer Gegner Heinrich Heines ist, wird/ zugeben müssen, ' daß
heute kein ernster Deutscher aus Zeit - und an-
. deren Gründen um das Studium Heines herum¬
kommt ." Es ist fürwahr ein Schauspiel für Götter, wenn man
sieht, wie in dem Konflikt, der in der Seele Adolf BartelI zwischen
detn Heine t ö t er und dem bezahlten Reklamvmacher
entbrannt war , der letztere gesiegt und dazu noch jegliches Takt¬
gefühl in dem tapferen Weimarer Helden,und Geschäftsantisemiten
. - ertötet hat. - •
B . war ursprünglich politisch freisinnig und veröffentlichte genau
so wie sein jetziger GesinnungsgenosseMax .Bewer in seinen jungen
Jahren ein langes Gedicht zum Ruhm des. jüdischen Philosophen
Spinoza . Alle, seine zahlreichen literarhistorischen Werke weisen einen
starken antisemitisch-deutschvölkischen Einschlag aus. Im Kriege be- '
tätigte er sich mit wenig Erfolg auf politischem Gebiet. Im Oktober >
1914 verstieg er sich in einem Kriegsartikel zu der blasphemischen
Behauptung , daß Gott uns am Ende den Krieg gesandt Habe, damit
' unsere Regierenden den N utzen d er Rassenpo li ti k lernen
möchten, der Rassenpolitik um jeden Preis . °
Bayrische Königspartei, antisemitisch , s. Antisem. Splitterparteien.'
- Bayrische Volkspattei und -Antisenritismus , s. Zentrum.
Beta, Ottomar, antisem. Schriftsteller , gegen Judenschnüsfelei .-
Bethmann' Hollweg „Jude", s. Judenschnüffelei . ;
Bismarck. * ■ ’
. Um die Autorität eines Bismarck , für ihre ' Zwecke aus¬
zunutzen, haben die Antisemiten von jeher eine Rede benutzt,
- . welche der 32jährige stockreaktionäre Funker Bismarck 1847 in dem
Omanripatton V erei n i g Leu Land t.a ge gegen b ie I u d e nem a n z i -
- 7p - ' a t i o n gehalten hat. In dieser führte er- aus, daß, wenn er sich
als .Repräsentanten der geheiligten- Majestät des Königs gegenüber
einen .Juden denke, dem er gehorchen solle, er bekennen müsse, daß er
sich tief niedergedrückt und gebeugt fühlen würde usw. Die härte
1Beurteilung von Juden und Judentum , die B. nach seinem eigenen
Geständnisse „mit der Muttexmilch eingesogen", gehörte zu den -
Dogmen, die dem verknöcherten Junkertum -'jener Tage- wie bis in
die Gegenwart hinein, ,als höchste Politische Weisheit galten. *B . hat
vspäter in Versailles, wie Moritz Busch erzählt, bekannt: „Ich habe
im -.Vereinigten Landtag doch m an che. dnmme Redegehört
und (nach einer Pause lächelnd) auch .g e h al t en ."
^ Die Antisemiten würden doch. nur dann mn Recht haben, sich
aus-jene emanzipationsfeindlichen Aeußerungen des Ahg. v' BismarE
zu berufen, wenn dieser später, als er an der Spitze des preußischen
' —19 » ~

S .LaaL'sministeriums --.und der deutschen Regierung stand, zunr . min¬


desten versucht hätte, die infolge der Revolution von 1848 erfolgte
Manzipation , .öerriFuden? wieder rückgängig zu -machen. - Das ist.
aber nicht , geschehen.^ .Seinen beschränkten,'vorurteilsvollen Junker¬
standpunkt. hatte- Bismarck , aufgegeben, und unter seinem Regime "ist
das Gesetz vom - 3. Juli 1839 zustande gekommen,/das alle noch be¬
stehenden, aus .der Verschiedenheit des religiösen Bekenntnisses her¬
geleiteten . Beschränkungen der, bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Rechte? aushob. , In Artikel . III der Reichsverfassung ist dann -die
Gleichberechtigung - der.. Konfessionen mit der verfassungsrechtlichen
Bürgschaft umgeben 'wordem : Die Weltgeschichte leistet sich manch¬
mal einen guten .Witz ; ist es nicht.merkwürdig , daß derselbe Junker
von 1847, dev sich aufs schroffste gegen die Gleichberechtigung der
Juden ausgesprochen hatte, 22 Jahre später ihre Verwirklichung in
der Verfassung durchsetzte?: : • . . -
Die von Bismarck im Jahre 1869 durchgesetzteGleichberechtigung „Gleich¬
bestand freilich nur 'auf dem Papier ; während der ganzen Kanzler¬ berechtigung"
schaft Bismarcks, und auch, unter seinen Nachfolgern herrschte-bis zum
. Ausbruch der Revolution der unwürdige Zustand, daß — entgegen
dem klaren Wortlaut der Gesetze— Juden von einer großen An¬
zahl von Aemtern ausgeschlossen warem daß sie, wie
Mommsen es ' einmal ausgedrückt -hat, . einfach um i h r e sta a ts-
b ü i g er li ch en Re ch re ),g e pr eil t" wurden . ' Höchstens ge¬
taufte n Juden 'öffneten sich die Pforten . zu den höheren Beamten¬
stellen. im Staate . Weder ' Bismarck noch alle -seine Nachfolger, die'
doch in erster Linie berufen -waren , darüber zu wachen, daß die Ver¬
fassung nicht fortgesetzt und systematisch verletzt wurde , haben es ge-
^ wagt , kraft ihres Amtes -dem Antisemitismus in den einzelnen Ver¬
waltungszweigen entgegenzutreten. s
Persönlich war B . lein Antisemit . Wie , Jütte er auch ein
Gesinnungsgenosse ? der Antisemiten sein könnender , der zu hervor- -
ragenden Mitarbeitern an dem deutschen Einheitswerke und - seiner
Ausgestaltung Juden zählte ! . Es seien , nur die Namen Lasker,
B a m b e rge rS' i.'m s an genannt . Bei einer Parlament . Soiree
1881 sprach fick) B . >gegenüber dem. Abg . August Reichensperger mit
Wärme über Simson aus und rühmte den jüdischen Gelehrten als
„einen der aus g-.e z eich ne t st e n , von der reinsten Vater-
l an d s I i e b e .getragenen Vertreter des nationalen Gedankens, als
ein,e die s . G e stütz , in dem stets die lau t e r st e n E m P f i n -
d u n g e n zusammengeströmt - seien. In einem vertrauten Verkehr
stand.B . -mit semem Bankier BI e irchr ö d e r. Bismarck wußte , daß v. Bleichröder
er aus B le ichM d-e r bauen konnte wi e ans einen Fel¬
fen, ebenso auf, dessen Diskretion . Auch in späteren Jahren noch
blieb Bleichröder der Vertrauensmann des Fürsten , auch in politi¬
schen Dingen .- . '
B . war auch ein großer Verehrer Heines . In der Zeit , wo der' Heinr. Heine
Streit um ein Heinedenkmal in Düsseldorf -die Gemüter erregte,
wandte sich die Kaiserin - Elisabeth von Oesterreich an den Fürsten
Bismarck mit der Bitte / seinen Einfluß für die Errichtung des Denk- :
mals .geltend zu machen.. Die klerikale Mehrheit hes Düsseldorfer.
Stadtrats " hatte das Denkmal abgelehnt , und ein Mitglied dieser.
Mehrheit übersandte , dem .Fürsten Bismarck eine anonym verfaßte
Denkschrift, worin das ablehnende Votum eingehend --begründet , wer- ,
den .-sollte. .. Unter, anderem wurde Heine , darin beschuldigt,, daß- er -;
2*
— 20 ' —

' von dem, Hohenzollern-Aar gesagt Habel , es möchten, ihm, - der- allzu¬
viel :zusammengerafft- habe, die Nägel ?beschnitten; werden . •Dazu
meinte Bismarck gegenüber Rottenburg : „Hatdenn Heine so unrecht
gehabt? Können wir leugnen, }bd^ i)er iRecgtitel
Großen auf Schlesien nicht einwandfrei war ?" Ferner klagte man
Heine dasür an, daß er Napoleon. I . verherrlicht habe. „Ich kann
es ihm nicht verargen," bemerkte her Kanzler.; „I ch hätte,
wä -re ich an seiner Stelle g ew e s en , ka u m anders
g eh and elt - ' Hätte es mir , wenn -ich wie Heine als Jude ge¬
boren wäre, gefallen können, daß man um ,8 Uhr abends die Tore
der -Judenstadt abgefperrt, überhaupt -die Juden unter die schwersten
Ausnahmegesetze gestellt hat ? Ein Heiye müßte naturgemäß in dem
. Manne, der die französische Gesetzgebung in die Rheinlande braMe^
die Ausnahmegesetze insgesamt aufhob, einenI Erlöser wön marter¬
vollem Drucke preisen." Zum Schlüsse der Besprechung äußerte der
Fürst : „Und vergessen die Herren denn ganz>° daß^Heine-einLieder-
dichter war, n eb en/d em n ur n o ch Goethe g en ann t w er¬
den darf, und daß das Lied eine spezifisch deutsche Dichtungs¬
form ist?" . B . fand es durchaus gerechtfertigt, daß Heine "ein Denk?-
mal in Deutschland erhielte. - ' -7 ^
' ' B . ist wiederholt von den Antisemiten auf ' das schärfste ange¬
griffen worden. Karl Pa a s ch („Eine jüdisch-deutsche Gesandtschäft
und ihre Helfer") meint höhnisch, daß nicht der Reichskanzler, son¬
dern Herr v. Bl 'eichröder in unserm ' Auswärtigen Amte herrschet
Daß .Fürst ' Bismarck-jü d i sch e r A b kü n f t sei, könüe man „nicht
direkt Nachweisen " ; aber manche Taten rufen immer wieder den Ge¬
danken wach: „Sollte es möglich feirt^ daß B i s m a r ck ei n g e -
heimer Iu d e ist — daß der in ihm wuchernde Keim des Talmud
die kernige deutsche Natur überwuchert hat ?" (!!!) Theodor Frits ch
rückte nach dem Sturz des Kanzlers von ihm ab.
Bleichröder, Seine Beziehungenzu derü Fürsten Bismarck, s. d. ,
Blut, Blutaberglauben, BlütfetischismüD , s. Rasseütheorien, Ritual - .
mord. .• V - ' . '' ,. 'VV. . ’ . ~
„Blutsdeutsche Gelder", s. Rassentheorien.
Böckel, Dr ., erster antisem. Reichstagsabg.,^s. Antisemitismus.
Bolschewismus. ^ ^
Der phantäsievolle Herr Lebius hat in seiner „SLaaLsburgerztg."
die' Gleichung: Bh ts chewismu s — Alljüh e nh ü rnZaufgestellt^
und' seitdem ist diese Gleichung zu einer Art Dogma' bei den Anti¬
semiten erhoben.worden. Der Korrespondent des „GWe ", P i t t e r -
W i l s 0 n , antwortete auf die Frage Mas - ist Bolschewismus?" :
„Bo ls .ch ew i s m u s ^nst hie Ent ei gn un g ah l er chrrst-
! i chem' N a t i 0 n e n durch die I u d e n a l l>eh ^W e l t , und ztvar
. derartig , daß kein- Kapital mehr für die Zukunft in den Händen-ddr
Christen bleibt. Alle Juden halten vereinigt die aanzeWeltinihrer
Hand -und-regieren, wie es ihnen beliebt " Der gute.Mann hat wohl r
seine Informationen von dem „geistigen" Vater der Weisen"aus Zion,
erhalten . Die Tatsache, daß einige wenige-Leute, hie -früher dem Ju¬
dentum angehört haben, aber längst alle Verbindungen mit diesem
gelöst hatten/ wie. Trotzki, Radek usw., an derSpitze her >Bewegung in
Wßland stehen, genügte den alldeutschen uM aWseUfischen ^Hetzern,
um die besondere russische.Abart des Kommunismus ^hen Bolschewis¬
mus, zu einer ^äll jü di s chen B e-weWnF zu Hetnpelm und auch
21 —

für uitfer Vaterland/allerliü düstere Zukunftsbilder zu entrollen, daß


,,auchim Innern Europas semitische Art die Führung übernehmen"
würde, daß diese-BÄvegung nur eine jüdische Aktion sei zur Er !-
ri chtun g d er - §ü'disch en ^Weltherrschaft usw . >''
Was ist nicht alles über den „A l l j u d e n" T r otzk i zusammen¬ Trotzki
gelogen worden. Der antisemitisch-klerikale ^,Leo" behauptete, er
gebärde sich als „der verheißene Erlöser der Welt" und meinte^ ,-als
Jude könne-,er schon das Zeug zu einer Art Anti chr i st haben".
Immer und immer wieder -nennen die Antisemiten den Oberführer
Lenin
L e p -i n einen Juden , der / doch in Wirklichkeit einer adligen Fa¬
milie entstammt - und Sohn eines Gymnasialdirektors namens
Uljanow ist. M. Go rki hat zuerst der Welt Pas wahre Gesicht des B. Marinr GorN
enthüllt, indem er nachwies, daß. gerade in dieser Bewegung die Juden
am wenigstens vertreten seien, wenn man von einigen Führern ab¬
sehe, die früher dem Judentum angehört haben. Solche Feststellungen
Md aber unseren Antisemiten unangenehm- und sie werden von ihnen
verächtlich beiseite, geschoben . Der B . ist tatsächlich ein ebenso .ge¬
schworener Feind der/ jüdischen wie der christlichen Religion, er führt
in Rußland einen systematischen !Vernichtungskampf gegen die jüdischen
Gemeindeinstitutionen, insbesondere gegen das Rabbinat , er hat die
Kultusvorstände und Babbinatskollegien ausgelüst, die jüdischen Zei¬
tungsorgane verboten und -hat .fast aus sämtlichen jüdischen Gemein¬
den ;Rußlands eine wahre Massenflucht der Wohlhabenden wie der
Aermsten herbeigeführt^ Die „allmächtigen" jüdischen Bolschewisten-
sichrer in Rußland haben nichts getan, um die fortwährenden P o -
g r.o ut e zu unterdrücken. .In Wirklichkeit herrschen in den .entschei¬
denden Instanzen der Sowjetregierungen in -Rußland Vertreter der
„Schwarzen, Hundert", ,der--,echt- russischen Leute", .die. Todfeinde der
Juden ,und die/Gesinnungsgenossen unserer Antisemiten, die mit den¬
selben Lügen und Fälschungen arbeiten wie diese und mit ihnen Hand
in Hand wirken. Die Schwindelberichte der „Weisen von Zion" und
andere pogromhetzerische Fälschungen gehen , von den „Schwarzen
Hundert" aus , die sich jetzt auch „ christliche Sozialisten" nennen und
deren Machwerke von den deutschen pogromhetzerischen antisemitischen
Organisationen in deutschen Uebersetzungen verbreitet werden. Nach
der „Köln. Ztg." haben sich nn den Plünderungen , Brandstiftungen
und mörderischen Ueberfällen. wie sie namentlich zu Beginn der Be¬ K
wegung in Rußland an der Tagesordnung waren, nicht wenige Mit --
glieder des Ade l s und' sogar F ü r st e n bet eilig t, die in den
Wirren der Revolution ihr Hab und Gut eingebüßt haben.
Die begüterten Juden und der jüdische Mittelstand in Rußland
sind politisch. Mit verschwindenden Ausnahmen , Anhänger der K a -
dettenpartei. Das jüdische Proletariat aber gehört fast aus-
. schließlich den>M e n s che w i ki . den entschiedenstenGegnern der
Bolschewisten, an ' "Selbst , iw alldeutschen Blättern ist von dem Balten
v. 'Frehtag -Löringhofen, dem Admiral Graf Baudissin u. a. darauf
hmgeWiesen worden, daß der russische B . sich auf dem russischen
Messianismus und . auf der Slawophilie aufbaut, im russischen Volke
die Anschauung, nähre, dieses sei das „a u s e r w ä h l t e V o l k", und
alles, nur nicht international sei.
Trotzdem aber hat man gerade in alldeutschen und. antisemitischen
Meisen. dieMoMewistengefahr auf das ungeheuerlichsteaufgebauscht.
. IN jedem ; kom/nunistischen Puts ch. ixt;1Deutschland würde ein Werk
des B/ undMes internationalen Judentums gesehen. Was wurde
nicht allesüber den Zusammenhang der Münchener Ereignisse .mit
— 32 —

SLnrB. zusämmengefaselt , weil einige der' dortigen lFüMr .aus dem


Judentum hervotgegangen waren, die aber längst nichts mehr -mit
diesem zu Lun hatten . Flugs wurden auch die nichtjüdischen Führer,
wie Sontheimer , Lipp usw., zu Juden gestempelt--und alle ihra Taten
wurden dem. Judentum zur Last gelegt. Karl ' Liebknecht, Rosa
Laxenburg usw. waren ' keine Bolschewisten- und wenn so viel von -
dem „russischen Judengeld " gesprochen wurde, mit Mm bie spartaki-
stische Bewegung in Deutschland unterstützt, worden sein sollte, , so
trifft die. Bezeichnung. „Judengeld " höchstens, in dem . Falle zu. daß
es/vorwiegend Geld war , das man jüdischen Grüßkapitalisten und
Banken in Petersburg und anderen russischen Städten geraubt hatte.
Die Gefahr des B .- war ' der Popanz, mit dem .-.man furchtsame Ge¬
müter bei uns in Schrecken versetzte? Man gründete Bereinigungen
gegen diese angebliche Gefahr und brachte Millionen auf, zu: denen
auch wyhlhabende Juden beisteuerten. -/ Diese Gelder aber' wurden
fast ausschließlich zur antisemitischen^Propaganda .-bei uns . benutzt.
Gerade der Kapp - Put sch (st kn) hat die .Beziehungen ..zwischen
dem Antisemitismus und dem angeblichen»Kamps gegen den .B ..-mit-
- aller Deutlichkeit enthüllt. . - . .'
Bosse, früherer Kultusminister, gegen den Antisemitismus, st d. -
Bredereck , früherer Rechtsanwalt und ckonservat .-aNtisemitischer Ägi-
tator , s. Kapp-Putsch. ' --
Bruhn, Wilh„ antisem. Führer, s. Deutschnat . "Bolksp., Ritualmord-
,. lügen, Antisemtusmus.
Brunner, .Constantin, über den Anteil der Juden am Fortschritt, der
, Kultur , s. Kultur . S . außerdem Antisemitismus , Zionismus.
Bund der Landwirte, s. A g r a r d e m .a g o g i e. '

Eiaro , Prof ., Stickstofferzeugüng aus det Luft,/s . . Krieg und Land-


.. Wirtschaft
. '. / .'
Ehamberlarn, Houston Steward. v
"„Vieles wußte der Mann , doch alles verstand .er erbärmlich."
- Dieses Wort des altgriechischen Dichters ist .wie . geschaffen für. den
Engländer Chamberlain , der sich bei uns . als praeeeptor Germaniae
auftat, durch seine schillernden Phrasen vielen Tausenden aus den
sog. gebildeten Schichten die Köpfe benebelt' und sich< gleichzeitig als
Vorkämpfer des Antisemitismus ., produziert .hat. Was Ch.s Haupt-
gebiet, die Rassenfrage, betrifft, der ja in erster. Lime .sein .Hauptwerk/
„Die Grundlagen des 19.?Jhrh ." gewidmet ist,, so sind. alle,wirklichen
Forscher in diesem Zweige der Wissenschaft , darin einig, daß er einer
der b luti g ste n Di l et tant en, ein ärger Wirrkopf und Phan¬
tast ist. Bringt er es doch fertig, womöglich Noch aüst^ in und der¬
selben Seite , mit apodiktischer Sicherheit das direkte Gegenteil-dessen
zu behaupten, was -er ebenso apodiktisch ...als unumstößliche Wahrheit
hingestellt hatte. Das eine Mal ist Jesus , ein Wer/oder gar Ger¬
mane, dann wieder ein Jude . Den Erwerbssinn bei den Ariern nennt
er ein „ gewisses Hochgeartetes Streben nach Besitz", wahrend er bei
Semiten „gräßlichsten Zinswucher" usw. findet. ' Dabei ist er schon
- längst als ein arger Plagiator entlarvt worden. /Seine eigentliche
Kunst . besteht/darin , daß er das,, was . ex. bei. . andern .gelesen hat,
vergrößert und vergröbert. Ob bei derartigen Verzerrungen abtzr
gar oft der größte Unsinn herauskommt, das sicht"ihn-./nicht .im -ge-'
längsten an. Dm Hauptsache, daß er den irgendwo, ausgelesenen Ge-
23 —

danken in eine schöne Form , kleidet und daß er, wo es sich um Ger¬
manen .handelt, bis in den Himmel hinein lobt, dort aber, wo Juden
in Frage kommen, bis in die tiesste Hölle hinab verdammt . — Er
ist wiederholt als Fälscher entlarvt worden, unbekümmert darum
brachte er seine Fälschungen von neuem wieder vor.
Im Kriege produzierte er sich auch, als Politiker und .insbeson¬
dere als Vorkämpfer für die Vaterlandspartei . Als politischer
Schriftsteller verrät er dieselbe stupende Unkenntnis von Politischen
Dingen und Verhältnissen wie als „Rassenphilosoph" diejenige von
den^ wissenschaftlichen Disziplinen und Forschungsmethoden, bedient
er sich derselben unanständigen Mittel bei der Bekämpfung seines Geg¬
ners . Den deutschen Reichstag nennt er eine „Schwatzbude" , eine
„Auslese der Enghirnigen und Hohlredenden", „die Schule des Ekels"
und belegt dessen^unerträglich triviale Gestalt" mit weiteren gehässi¬
gen Beschimpfungen. Als sich Wilhelm II ., der ja auch zu seinen
Bewunderern gehörte, auf-der Höhe seiner Macht befand, verhimmelte
' er ihn in der widerlichsten Weise. So sagte er einmal von ihm: „Er
ist üb erh a upt d er erste Kaiser ", ein andermal : ' „Die Re¬
gierung Wilhelms II . trägt hen Charakter eines/ a u f gehen d e n
Morgens ." In einem seiner Kriegsaufsätze erinnerte er an das
Wort W.s II . über den Großen Kurfürsten, daß Deutschland zu einer
festgeschlossenen -Nation wurde, verdanke die .Welt in erster Reihe dem
„gewaltigen Seherblick" dieses Mannes , und fügte hinzu: „V o n
Wilhelm II . wird man einst ähnliches sagen ." Der
Kaiser verlieh ihm das Eiserne Kreuz am schwarzweißen Bande. Als
sich der Stern des Exkaisers bedenklich zum Sinken neigte, hatte auch
er an ihm verschiedenes auszusetzen. In einem seiner Kriegsausfatze
schrieb Ch.: „Deutschland kämpft fürs Christentum :"
Das sagte derselbe Mann , der in seinen übrigen Schriften ' das
Christentum als „jüdische Erfindung " usw. auf das bitterste ge¬
schmäht hatte, Geradezu widerlich waren die Huldigungen- diegibt er
seinem Adopkivvaterlande widmete, wie die nachstehende: „Es
keine einzige Aufgabe, die so wichtig wäre wie diese, die d e u t s che
Sprache der Welt aufzuzwingen" . . „
Die Menschen
müssen einsehen lernen, daß, w e r n i cht D e.u tschkönne , i n g e-
w i s s e m Sinne e i n P a r i a s e i."
Als er in einer anderen Kriegsschrift die „Frkf. Ztg." des Lan¬
desverrats bezichtigt hatte, wurde er wegen Beleidigung zu 150C M.
Geldstrafe verurteilt . Seitdem schweigt er in allen Tonarten . Rach
einer Reklamenotiz seines Verlegers sind noch vor Kriegsende
8(30'000 Exemplare seiner Werke, in Deutschland abgesetzt worden, es
wird also noch geraume Zeit bauern , bis all das Gift, das dieser
kritiklose Schwätzer in die Seelen so vieler, geträufelt hat, ganz aus
unserem Volkskörper entfernt sein wird . .
Centralverein deutscher Staatsbürger jüd. Gl ., s. Verein zur- Abwehr
des Ant., Alliance Jsraalite.
Christentum und .Antisemitismus : C h r i st e n f e i n d's cha s t desA .',
s. Rassentheörie, Zentrum . -
„Christus ein Arier ", ja sogar ein „Deutscher", s. Rassentheorien.
Elätz, tzeinr ., Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes , s. Mdeutsche.
CrLmieüx, srz. Minister , von den Antisemiten verleumdet , s. Alliance
. Jsraölite.
Aavid , Br., soziald? Führer, kein Jude, s. Judenschnüffelei.
Delitzsch, Prof. Br. Franz, s. Religion und Sittlichkeit , Eide und Ge¬
lübde bei den Juden. ‘ '/ \ c
Deutsche Demokratische Partei und Antisemitismus.
Mit ' keinem anderen Argument haben die vereinigten Reaktio¬
näre aller Schattierungen Heftiger gegen die D. D. P. agitiert, als
mit der angeblichenV er j ü d u n g dieser Partei/ Wie in den seligen
Zeiten Ahlwardts der . „Judenlioeralismus", so wurde. nun die
„Judendemokratie " als der Ausbund aller „völkischen " Verworfen¬
heit hingestellt . Zahllos sind die antisemitischen Schmähartikel'gegen
die „go'loene Internationale ", gegen die „demokra¬
tische Judenpresse "' und wie die völkischen Schlagworte alle-
lauten. . Einer ehrlichen Untersuchung gegenüber halten alle b;efe
Fragen natürlich nicht staüd. Wie es sich für eine demokratische , aup
der liberalen Grundaüffassung der Freiheit des Einzelmenschen ba-"
sterende Partei von selbst versteht , v erurteilt d i e D.-D. P.
die Zurücksetz ung eines Staatsbürgers seines
Glaubens und Herkommens wegen auf das ent - '
s'ch reden st e, tritt für die Gleichberechtigung -aller Konfessionen
.. tote aller Stände ein, und ist so der heftigste Gegner der auf Entrechtüng
der Juden hinzielenden wüsten antisemitischen Hetze . Das muß sie,
will, sie ihren Grundsätzen treu bleiben, ^Lun, nichtn 'ur der schö¬
nen Augen der Juden , ihrer Stimmest bei den
Wahl en o d e r i h r es G el d es w e g e n, sondern in l o gi sche r
Verfolgung ihres p o liL i sch eit Grundgedankens , d er G e r e ch-7
tigkeit und Würde des Einz elmenschen . wegen. Wenn
ihr infolgedessen ein Teil der jüdischen Deutschen Treue mit Treue
vergilt, in ihrem Dienst arbeitet für das Wohl^des gesamten deut¬
schen Volkes , für Gerechtigkeit und Fortschritt, wenn Juden in demo- .
kratischen Zeitungen schrerben , als demokratische Abgeordnete , wirken,
bei den' Wahlen demokratisch wählen, so ist däs nur eine Selbstver¬
ständlichkeit . Sollten sie etwa unter dem alten Regimed i e Partei
des Herrn Bruhn oder Liebermann oder die Par - -
. tei des Trvo lipro grämms,w ühlen Ist ? ' es' nicht eine
Wü rdelosigkeit s o n d e r g lei chen, wenn noch heuteI u d e n
der D. N. V. a n g e h ö r en , die die Entscheidung , ob ihr .Juden
überhaupt angehören dürfen, ei n I a h r l a n g^i n d er S chw eb e
ließ, und deren Landesverbände sie, wie z. B. in Mecklenburg,
Die D D B prinzipiell aüsschlossen. Was es mit dem Gerede von der D . D . P.
Mne Judenpartei als Judenpartei überhaupt aus sich hat , beweisen am besten die Z ah -
len der National v.e r sa m m l u n g s w a h l en. Von den.
ungefähr .600 000 A n g e hö r i g eit , die die j ü d i s che Re¬
ligionsgemeinschaft in Deutschland zählt- waren im ganzen höchstens
600 000 wahlberechtigt . ^ Davon gehen noch ab .die in Elsaß-
Lothringen und«den östlichen Landesteilen Wohnhaften , wo die Polen
das Wählen aufs höchste erschwerten , ja teilweise gerade den Juden
unmöglich machten , ferner die auf die nach Ansicht der Antisemiten^
ja ebenfalls völlig verjudeten Sozialdemokraten Leider Richtungen
gefallenen Stimmen,, die nicht unerhebliche .Zähl jüdisch
stimmen, die im Rheinland und Bayern — dort hatte das o rll h o -
hoxe I U'd en tum ausdrücklich seine- W ah lp ar o l e für das
Zeittrunt ausgegeben— so verbleibt nicht mehr allzuviel für die
Demokraten , die bei der, Wahl die. stattliche Zähl von fast 5^ Millio¬
nen Stimmen auf sich vereinigten. Dabei muß man sich noch.erinnern,?
— 25 —

daß außerdem die Dt . BP., für die ja auch Geh. Rt . Rießer kandi¬
dierte , eine erhebliche Anzahl jüdischer Stimmen erhalten haben mag>
und sogar die D. N. V. in Schlesien mit der Kandidatur Friedländer
und durch den Mund ihres Landesvorsitzenden Semmler um die
Juden geworben hat, wie ja auch Geh. Rt . Marx in Berlin trotz
seiner jüdischen Herkunft in der D. N. B. eine Rolle spielt. W e wenig
ehrlich die Antisemiten in ihrer Hetze sind, bewiesen zum Ueberfluß Antisemitischer
die vielen gefälschten Flugblätter und Anzeigen, die die der Fluabkktt-
D. N. V. sehr nahestehendeAnzeigenfirma E. P o P p e , B erli n, und schivindel
andere Stellen in die Zeitungen einzuschmuggeln versuchten. Mit (E. Poppe)
der Unterschrift „Eu,re jüdischen Mitbürger" oder ähnlich
wurden angebliche Aufrufe für d i e D. D. P . verbreitet,
die so dumm und niederträchtig waren, daß die Fälschung ,auf den
ersten Blick zu erkennen war , denn von allem anderen abgesehen,
wird wohl niemand den ' Juden bte. Borniertheit zutrauen,
eine Partei , durch die sie, wie die Antisemiten immer behaupten, die
Herrschaft über das zu 99 Prozent nichtjüdische Deutschland erringen
wollen, als „Partei d e s I u d e n t u m s" zu diskreditieren, oder
wie in dem von der „Dt. Wacht" gefälschten Aufruf ,an die 'Arbeiter
zu schreiben: „W'ir I u.d e n sind jetzt eu re Herren ! Ar¬
beiter . seid st o l z . u n s e r e Knechte und Diener zu
sein ! Wirbezah l enalles !" Gewiß zählt die D. D. P . unter
ihren Führern ' Juden , aber neben Haas und .Waldstein stehen die
große Zahl aufrechter christlicher Demokraten/ und die große Führer¬
reihe von Richter, Rickert, v. Forckenbeck bis zu Naumann , Petersen;
Frhr . v. Richthofen, Gertrud Bäumer kennzeichnet zur Genüge die Un¬
wahrheit des antisemitischen Schwindels von der Verjudung und
jüdischer Führung in der D, D. P . .
„Deutsche Handelswacht ", s. . Handlungsgehilsenverband , Deutsch-
nationaler.
Deutsche Bolkspartei und Antisemitismus.
Der äußere und innere Zusammenbruch des alten -Deutschland
mußte mit Naturnotwendigkeit die alte „Reichsgründungspartei ", die
N aj i o n a l l i b e r a l e n , in Stücke schlagen, zumal die Gegensätze
in ihr schon seit Langem nur noch künstlich von Fall zu Fall hatten
überbrückt werden können. Während die sortschritüich gesinnten
Teile -unter Fri e d b e r g s , S chi ffe rs und der Junglibe-
r a l e n Führung sich an der Gründung der Deutschen D .e mo -
kr a t i s che n P a r t e u beteiligten, gingen .die alldeutsch-altliberal-
schwerindustriellen Bestandteile mit Paul Fuhrmann, J .-Rt.
Claß - Mainz und den .rheinisch-westfälischen Generalsekretären
zum großen Teil zu der D. N. B. Der Rest der Partei unter
Dr . Stresemann und Geh . Rt . Rießer verblieb als Dt.
V p. selbständig, nachdem die Verhandlungen mit der D. D. P . ge¬
scheitert waren, nach Herrn St . aus prinzipiellen Gründen , während
die andere Seite, besonders Geh. .Rt . Friedberg , dem persönlichen
Ehrgeiz St .s die Schuld an ' der Erfolglosigkeit der Verhandlungen
zuschrieb. Die neue Partei , die sich zur Rechten rechnet und doch
l i b e r a l e n -Charakter für sich beansprucht, nimmt zum Antlse-
m i t i s m u s ei ne etwa s absonderlich e S tell -u n g ein.
Bei den Wahlen verband sie fast in allen Bezirken ihre Listen mit
denen der D. N. V., soweit sie nicht sogar mit ihr gemeinsame Listen
aufstellte oder deren. Liste ohne Gegenleistung unterstützte. Im
Arnsberger Bezirk nahm sie sogar den Erzantisemiten
— 26 —

. lumm au f t h r e ei gen e Liste und v e r .h a l f ihm so zu


ei n em M a n d a ti Mit der neugegründeten antisemitischen „Natio-
naldemokratischen Partei" ging sie ein Kartell ein und setzte , deren
Führer, den berüchtigten Ltn. Molkentin, an vierter Stelle auf
ihre Berliner Liste. Das Berliner Blatt, das im wesentlichen als
„Tal . Rdsch." ihr Organ anzusehen ist, die ',Agl. Rdsch ." — Herr R ipp l er /ist
antisemitisch
hervorragendes Mitglied dyrDt . BP. — läßt sich von keinem Dt.-nat.
Blatt an Antisemitismus'übertreffen und hetzte im Wahlkampf'und
bei jeder anderen Gelegenheit in unverantwortlichster Meise. Trotz¬
dem das Programm der Dt. Vp. „v oll e G l e i chb er e cht i g u n gs
alle ^ deutschen Bürger . / . ohne Rücksicht auf . . .
Konfessi o n" fordert, fehlt es keineswegs an an t nse m i t i sch en
S tröm u n gen in -ihr, z.^B. G en er als ekr. V r. F r en tze l-
Berlin agitiert aufs kräftigste mit den Schlagworten der „Berju-
dung"..der Regierung, der D. D. P. und dör.Sozialdemokratie . Noch
deutlicher wagte sich der Antisemitismus an anderen Stellen der Partei
Bayern ans Licht. JnvBahern wurde auf einem Vertretettag zu Beginn
des Jahres 1920 beantragt, >,e s dürfe kein Iü d e mehr in
die Parteiaufgenommen werden ", der Antrag siel zwar,
aber daß er in einer Partei, der ein Enkel Gabriel Rießers an her¬
vorragender Stelle angehört, überhaupt' gestellt werden durfte,
besagt genug. Die Ortsgruppe der .Dt. Vp. Berl .in-
H o h en s ch öü Hausen erließ ' zu derselben Zeit eine Er¬
klärung, zu der sie von dem Führ er d er Par t ei vr.
Stresemann Stresemann ermächtigt zu sein behauptete, in der es wörtlich Hieß:
„In der Bekämpfung und Zurückdrängung des j ü d i s chen Ein¬
flusses, ber utt s er V a t er lan 'd in d en A b gr und g e b r a cht
hat, stehen beide Rechtsparteien auf ein und demselben Stand¬
punkt und fechten gemeinsam ? Natürlich' wurde St ', sofort über
diese Angelegenheit interpelliert, und es war leider, nicht m ö glich
eine 1 1a r e Antwort von ihm zu erhalten, ' Er . äußerte sich nicht
darüber, .ob tatsächlich diese Erklärung v o n i hm a u to r i s rer t
wäre, sondern er ließ nur in der parteioffiziösen„Nat.-Lib. Korr."
erklären: „Unsere Stellungnahme zum Antisemitismus ist durch die
„Grundsätze der Dt. Vp." bindend gegeben . In dem Abschnitt über
Volkstum und Familie heißt es: . . .," und dann folgt ein Teil dieser
Grundsätze , .Ueberhai;pt ist die S .t e l l un gn ah me S t.s . z um
A n t iserttitismus .se h r u nklä r. Während, er im Wahl¬
kampf in B e r l i n und H a n n o v er versteckt -antisemitische Töne
durchaus nicht verschmähte , erklärte er 1919 in einer Versamlung itt
Osnabrück : „D e it g rün d sätzl i ch en Antis em iti sm us in
seiner einseitigen S t e l l u.n g z u r S chü ld f ra gtz u n d
seine ' Auswüchse kann eitle liberale Partei nicht vertreten",
und veröffentlichte zu Beginn 1920' eine Erklärung, die Dt.: Vp.
lehne es ab, einen grundsätzlichen Antisemitismus zu treiben. Ein¬
heitlicher ist die Stellungnahme'anderer Führer der Dt. Vp. wie
Geh . Rt . Kahl und Vr.- H einz e, der als Vors, der Nat.-Der.-
Fraktion erklärt hat, daß „ die Dt. Vp. den Antisemitismus in jeder
Form ablehnt und bekämpft ". : V
Deutschnationale Volkspartei und Antisemitismus . '.
Hatte schon bei den ersten Wahlen nach der Revolution der
Antisemktisanus das - beliebteste Agitatiottsmittel der D. N. V.,
dieses Sammelbeckens chauvinistisch -völkischer, reaktionär-antisemiti¬
scher Kreise, gebildet, so verstärkte sich das seither fortgesetzt^in "er-
— 27 —

schreckendster - Weise. Die geistig bedeutenden politischen Führer der . .^ ^


Parte'. v. D e lbrück Graf P o sad o w sky. Dtzri ng er und derE°m°ß,gt°Fahr»
eigentliche Vater desD?N. V.-Gedankens v. Kardorff wurden von
Leuten wie R. Kunze, R . Sülle .', v. Grase , Traub u . a. m.
vollständig.an .die Wand gedrückt ,und der diplomatische Partei¬
vorsitzende Herr Hergt hielt es für geraten , alles zu tun, um die
antisemitischen Machthaber in der Partei nicht gegen sich aufzu-
bringen . Zwar vor. der Nationalversammlungswahl ließ man sich
die. großen Wahlzuschüsse des Herrnv. Weinberg und der Frei¬
frau. v. Rothschild gern gefallen, trotzdem es ja verruchtes Stimmen - u. Geld-
„jüdisches Geld ", war, in . Oberschiesten stellte man sogar den fang bei Juden
Generaldirektor F r i e d l ä n de r als leibhaften dt.-nat. Kandidaten
aus und der BreslauerD. N. V.-Führer Prf. S em ml e r bemühte
sich sehr um die Stimmen der jüdischen Mitbürger für seine Partei,
aber im übrigen, bestritt man fast die>ganze Agitation, mit den
wüstesten : antisemitischen Phrasen . Hin mnd wieder hielt man es
allerdings- auch später noch für notwendig , s ein a n t i sein i t i -
s.che s Ge sä ch.t z u v er schl eiern, so z. B. wenn der Partei¬
sekretär Krüger in einer Debatte gegen Aba. Böhme in Osterburg er¬
klärteske iner werdam m e Den Äu ii ( e mi 11 sm us so
wie die D 'e u t schn a t i o n a len, sie wollten absolut nichts da¬
von wissen(lt. Berichtb. Dt. Bauernbd . 20. 11^ 20). oder wenn der
Hergt
vielgewandte HerrHe rgt an das hervorragende Mtgl. derD. N. B.,
den jüdischen Konsul Marx, einen Bettelbrief schrieb , der im wesent¬
lichen.besagte , die jüdischen Parteimitblieder sollten nur.brav für die
Partei, zahlen, dann würde ihnen \n ihr auch nichts passieren . Herr
tz.;schlägt. als Diplomat in dieser Frage überhaupt jeden
Schmockrekord . . Er schreibt besagten Brief und spricht ungefähr
. gleichzeitig auf dem Pommerschen Landesparteitag der D. N.' B.
(27: IX. 19) von der „a n t i sem i t i sche n We! l e", die „den
kommenden Wählkampf für die D. N. V. ganz be¬
deut enb erle i chtern" werde,, er drückt Mitte Juni 1919 auf
dem ersten Reichsparteitag die Annahme einer^Entschließung Kar-
dorff zur Volkstumsfrage durch , in der das ^Wort „I u d e ■nicht
vorkommt , und aus seinen speziellen Wunsch wird am 1. VIII. 19 auf
dem Mittelschlesischen Landesverbandstag derselbe Antrag,durch einen
direkten Angriff gegen das Judentum verschärft , angenommen . Die¬
ses diplomatische Doppelspiel konnte fhn trotz allem nicht vor.dem
Zorn der antisemitischen Heißsporne in der Partei schützen , die'auch
' ihn .als Ju.denkn .echt hinstellen.und auf seine Beseitigung drängen.
Gegen deren Macht aber ist in der Partei nicht anzukämpfen . Das
„Berjudung" der
erfuhr besonders El . v. Delbrück, der nach einer mit größter Führer
Heftigkeit geführten Hetze wegen Unzuverlässigkeit in der„völkischen"
Frage von seiner.Organisation in Thüringen in denkbar beleidigend¬
ster Form desavouiert und nicht wieder ausgestellt wurde . Aber nicht
nur gegen ihn, der als Schwiegerväterdes Inden Manu Stern bei
den Antisemiten besonders verhaßt ist, läuft man Sturm, auch gegen
Frl . v. Gierk e, die Tochter einer Jüdin, D ü rin g er , Graf
P o sa do w s ki). die als. jmd e n v e r si pp t hingestellt werden,
ja sogar gegenF rl . M a r g. B eh m , weil sie „feii 6 Jahren mit
' einer Jüdin zusammenwohnt ". Auch das Herausdrängen des Mg',
v. Kard ors f aüs der D. N. V. nach seiner ^Niederlage gegen Grf.
Westarp ist im wesentlichen das Werk der Anhänger des Wulle -Kunze-
Kreises , der es ihm-nicht verzeihen kann, daß-ex. sich gegen den Anti¬
semitismus ausgesprochen hat. Stimmte doch die „D t. Z t." einen
::28
wahren Jübelgesang deswegen an, und -rief begeistert aus >,vivant
sequentes"-' Nachdem nun V. Kardorff , Arendt und von
D ew i tz erledigt sind) G r f. P o sa d o ws kY eine' Kandidatur nicht
•; n angenommen hat, werden die°Herren ihren Willen •ja wohl bald
Die tatsächlichen haben und die stramm antisemitischen A Lg. Kä u sf m a n it , L a -
" U9rcr v err enz , B r uh n , tz aslo ff werden mit Grf . Westarp,
tzelfferi ch,' Wu lle , Kunze , v. Ramin e: tutti Qüiahti
unter sich sein. Daß es für einen Gegner der -antisemitischenVer-
, hetzung unmöglich ist, dieser rein antisemitischen Partei seine Stimme
Zu geben, wenn er nicht aller Selbstachtung char ist, ergibt sich schon
' ' aus dem Parteiprogramm^ das den Judenpäfsus. des' alten Tivoli-
* Programms er he bl i ch v er ^schä r ft enthält, aus' der, ganzen
Agitation in Presse und Versammlungen , aus den zahllosen Landes-
- Parteitagsbeschlüssen , die den völligen Ausschluß,der Juden aus der'
Partei fordern, oder,wie M e ckl e n b u r g' für ihr)Gebiet, program-
. matisch festgelegt haben. Schon die Namen der tatsächlichen Führer
kennzeichnen den antisemitischen Charakter der D. N.i V.>aufs deut¬
lichste. Standen nicht die Brüh n und Wern e r - H er s f e.l.d ,
' Lattmann und vr . Werner - Butzbach , Herzog und
'' ^ Mumm und alle die anderen auf.den Kandidatenlisten der Partei'
und spielten in den Fraktionen und der Partei eine große Rolle- dazu
die neuen Männer Dr. Ka ü fflm a n n / der erklärte, ,,A-n)t i se m i t"
sei ein Ehr e n n a m e, und Lav er r en z , der ständige Redner, auf '
dt.-völkischen Versammlungen , Wulle, dessen„Dt<Zt." jeden Rekord
in Antisemitismus schlägt und sein Intimus , !der Knüppel-
Kunze, dessen „Dt. Wochenblatt " Schuld an blutigen Ausschrei¬
tungen gegen,die Juden trägt. - Namentlich die, beiden letzteren reisen
auch, fortgesetzt im . Lande herum und vergiften, wo sie hinkommen,
:) ' die politische Atmosphäre mit ihren maßlosen antisemitischen Hetze-
' reien. Würdig treten ihnen zwei altbewährte ehemalige dt.-kons.
v. Gräfe Abg. zur Seite,, der Talmijunker v. G r ä f e und G r f. W esta r p,
Grf. Westarp der tatsächliche Diktator der D. N. V. Besonders'dieser scheint vyllig
vergeffen zu haben, daß er im W a h l ka m P f u m B o m st e i n st
u m d i e j ü dischen Wähl e r sti mm en i n stä n di g b e t -
, . t el t e. Seitdem Herr Pu'dor ihn im „Dt. Volksrat" angegriffen und
„des Judstizentums" beschuldigt hat, benutzt,,er in der »Kreüzzt? ,
deren Leitartikler er ist, jede Gelegenheit , sich bei den „Völkischen"
lieb Kind zu machen . . f
Deutschvölkische Gemeinschaften , s. Antisemitische Organisationen. •.
Dinter, Dr.) Verfasser des widerlichen Rasseromans „Die Sünde
. wider das Blut" und des gehässigen antisemitischen 'Flugblattes '
„Lichtstrahlen'aus dem-Talmud", s. Presse, Rassesttheorien , Religion
und' Sittlichkeit der Juden, Wilhelm II . ' ' 7 '' . -
Drückeberger . .
Aus der antisemitischen Rüstkammer wird als beliebte' Waffe,
immer wieder die Behauptung hervorgeholt , daß' die Juden im
-d Kriege nicht ihre Pflicht getan, sondern, sich Vorst Frontdienst.ge¬
drückt hätten. „Ueberalt grinst ihrGesicht, )nur im Schützen¬
graben nicht." Die Schreibstuben, ' die Etappe, die Garnisonen und
. . besonders die Kriegsgesellschaften (siehe diese) hätten' von ihnen ge¬
wimmelt. Diese Drückebergerei habe.zu der;bekannten parlamen¬
tarischen Aktion der Beteiligung^der Juden am- Kriegsdienste ge¬
führt, die Proteste der Juden, die das' Ergebnis zu befürchten
hätten, und ihr Einfluß hätten die Bekanntgabe der Üntersuchungs-
. . ■— 29 - -

resültate aher verhinidert. Zn Wahrheit ist diese im Hinblick auf den


konfessionellen Frieden und die Entrüstung auch in^ christlichen Kreisen,
nicht zuletzt, denen der Beamten , unterblieben.
Gleichwohl versucht der antisemitische Agitator R o t h unter dem „Armins " Schrift
„Die Juden im
Pseudonym Otto / Armin .in einer Schmähschrift „Die Juden im Heer"
Heere" auf Grund des ihm unrechtmäßigerweise ^zugänglich ge¬
machten" Materials obiger Erhebungen „statistisch" den Nachweis
der -jüdischen Drückebergerei zu führen, jUnd auf seiner Broschüre
fußen die Meisten .Angaben antisemitischer Zeitungen und Redner.
Verschwiegen wird dabei, daß das (unprstfbare!) Material aus dem
Jahre ' 1916 stammt, und jedermann weiß, wie sich in den beiden
letzten Kriegsjahren die Verhältnisse geändert haben. .
Nach dieser Broschüre waren Anfang 1917 insgesamt 62 272 Ju¬
den >im Kriegsdienst, davon beim Feldheer 27 515 ; nur 11 Prozent
der jüdischen Bevölkerung seien eingezogen gewesen, statt 20 Prozent
der „deutschen". G en a u e Erh eb un gen in den jüdtschen
Geme i n d en haben dagegen ergeben, daß bei einer Ziffer von
540 000 deutschen Juden übe r 100 000, also etwa 20 Prozent woow Juden,
im Kriegsdienst,
haben beispiels¬ davon
Kri egs .dienft geleistet haben. An der Front üver 70%
weise aus der Provinz Ostpreußen 74,3 Prozent der einberusenen an der Front
Juden gestanden. Als „typisches Beispiel " wird von antisemitischer
Seite mitgeteilt , in einem Jnf .-Regt . an der Ostfront wären unter
2200 Mann nur 9 Juden gewesen, und bei anderen Truppenteilen
hatten die - Verhältnisse ähnlich gelegen ; solche Vorkommnisse sind
aber sehr einfach damit zu erklären, daß diese Truppen sich aus Ge¬
genden rekrutiert hatten , in denen wenig 'Juden wohnten . Die Zahl
der Kr i e g'sf r er 'w i l li gen aus jüdischen Kreisen wird mit über
21 Prozent 21°/o Kriegs - '
errechnet / Daß die jüdischen Soldaten ihre Pflicht freiwillige aus
getan- erhellt .aus der großen Zahl ihrer Dekorierten : 896 erhielten jüdischen Kreisen
das EK. I . und gegen 19 000 das EK. II . Wenn Fritsch in seinem
„Hündbuch der Judenfrage " keck behauptet, daß „wenn ein Jude
überhaupt die Uniform anzog , ihm das EK. so gut wie sicher"
war , so ist das eine Infamie , denn alle Kenner wissen, wie schwer es
' den Juden gemacht wurde- dekoriert zu werden . Und doch teilte ein
Oberstleutnant mit, daß unter den allerersten, die bei ihnr -das EK. Auszeichnungen
erhielten , 6 Juden gewesen sind. War das etwa ein Zeichen von
Feigheit ? Oder haben es ' vielleicht mehr als 2000 Juden dem
Mangel an Mut zu danken, wenn sie zu Offizieren , befördert worden
find, eine ganze Anzahl -von ihnen auch im F l i e g e r ko 'r p s ) wo
sie sich, wie Lt. F r a n k l , durch ihre Lustfiege die höchste mili¬
tärische Auszeichnung , den Orden xivur le merite erstritten ! Wenn
demgegenüber zwecks Herabsetzung des Verhaltens jüdischer Offiziere
von . antisemitischer Seite hervorgehoben wird , daß bis 1. November
1916 mehr als 36 Prozent aller aktiven Offiziere gefallen waren,
von jüdischest. Ossizieren aber nur 9 Prozent , so hat' das 'seine ein¬
fache .Erklärung darin, daß . die größten Verluste die ersten' Kriegs-
monätegebracht / haben, wo . es noch keine jüdischen Offiziere gab.
Die vorhandenen SanitätsOffiziere jüdischen Glaubens waren
infolge ihres Berufes natürlich vielfach mehr .geschützt und nicht in
der vordersten Linie . .
. . Wenn Juden - 'vielfach Verwendung hinter der Fron t
fanden , ^— notabene durch ihre ch.r i stli che n Vorgesetzten dazu
bestimmt !/ —^ so geschah dies / weil ihre körperliche Tauglich-
kei t geringer war , eine Eigenschaft, die sie als vorwiegende Stadt-
!i ' . ' " _i . qn — ' ^ / >
1;/ • Oy - '
J bewohner mit den christlichen Städtern gegenüber..-der Landbe-
j - völkerung teilen. ^ Ebenso. . erklärt .sich, Ihre ?Beschäftigung in dem
^ . Schreibstuben Schreibst üben mit ihrer geistigen Befähigung,- denn emen Kuh-
s-. , Hirten konnte man hierzu schwerlich kommandieren. Aehnlich lagen
5 Rettmnierte die . Verhältnisse bei den Reklamierten , und Um 'ahckörnm-
f , . liHen, hier entschied nicht die Konfession, sondern der B.e r u f.
- - Erließ doch gegenüber den zunehmenden Denunziationen der: stellv.
kommandierende General des II . Armeekorps- ,Frhr . -v. Vietinghofs,
!! den niemand als Philosemiten ansprechen durfte, eine Bekannt-
k machung, in der es hieß: ^
„Das Vaterland ist nicht nur an der Front , .sondern auch, im
> Lande zu verteidigen!. Wenn auch das stellvertretende ^General-?
kommando das größte Interesse daran -har, auch den letzten kriegs- .
verwendungsfähigen Mann an die Front zu bringen, hat es genau
H ebenso die Pflicht, die Betriebe im Lande aufrechtzuerhalten. -Es ist
,, - deshalb gebeten, die fortgesetzten anonymen Anschuldigungen wegen
!! ^ angeblicher Bevorzugungen bei der Frage der ZNpstEung zum^
j; ' ,. Heeresdienst zu rmterla
.ssen und lieber dahin zu wirke
:?, daß die Ueber-
- ' ' zeugung im Volke Platz greift, daß, soweit es in menschlicker Macht
- steht, alles geschieht, um gerecht abzuwägen, an welcher Stelle, die.
jf Kräfte jedes einzelnen dem Vaterlande am zweckmäßigsten nutzbrin-
!' . gend zu verwerten find-" . ' ' •;
Weit größer als die Zahb ^reklamserter Juden -ist zweifellos die-
!!- von christlichen Arbeitern und Angestellten, gewesen, und nicht'
Landwirte'^ -zuletzt auch die der " a n d w i r t Die letztere ging schließlich selbst
n einem Manne wie Bruhn über die' Hutschnur, der in einem Artikel' ,
|! - „Heim- und Garnisonkrieger" in der Wahrheit " vom 10.' November
/ . 1918 schrieb: ' ' ^ .
g. „Zur Steuer der .Wahrheit muß gesägt werden, daß anß diesem
jj Gebiete auch auf dem Lande gesündigt wird/.Es' ist auffällig, .?daß
Z -' die Gutsbesitzer samt und sonders zu Hause find; Herren, die in
Friedenszeiten besonderen Wert- darauf legten, daß ihr Militär scher
>r / Rang zur Geltung kam, haben nach kürzer. Kriegszeit gefunden, daß..
!! sie zu Hause nützlicher seien als ^im Felde. Vielfach entließ man '
! die Wirtschafts-Inspektoren, damit die Unabkömmlichkeit des Guts-
ls befitzers dargetan wurde. Es soll zugegeben werden, baß die Sicher-
-- stellung der Ernährung unseres Volkes auch eine Iriegswirtschaitl che
Notwendigkeit ist. . Aber die Reklamationen im der -Landwirtschaft
Z sind doch zu umfangreich genehmigt; haß die. mit ', den' La^drats-
- . ämtern in guten Beziehungen stehenden.Bauern hierbei auch beteiligt
- ' sind, soll ebenfalls^nicht unerwähnt bleiben. Es ist also dringend
!! ' ' Abkehr von dem bisherigen -System der Reklamationen -geboten,"
^ Davon wissen die Antisemiten heute nichts mehr, sie hacken nur
Ij auf die Juden . Gewiß hat es unter diesen gar manchen Drückeberger
ji gegeben, aber nicht wenige haben sich auch unter den christlichen
j! Drückeberger im Soldaten gefunden, desgleichen im O f f i z.i e r ko r p s.- In Bukarest
'/ OfMerrorps sollen nach unserer Besetzung Rumäniens , wie der Äb 'g. vr . Müller-
jl Meiningen feststellte, 3700 Offiziere „herumgelaufen" -und in War-
Z . schau soll es nicht anders gewesen sein. Die konservative Halb-
!! Monatsschrift „Das neue Deutschland" (Dez. 1918) hat ausdrücklich
jj festgestellt, „daß eine Unzahl von Offizieren sich in bem Augenblick zu
- drücken begannen, in dem sie sich das Eiserne Kreuz/I . B . auf .die-
-j Brust heften konnten! In diesem Augenblick wurden sie--schwächlich
j! und krärülich, hatten Kuren und Bäder oder-mindestens das .ruhigere
v ' . . . . - — 31 — ^^
Leben' der Etappe notwendig. So etwas wurde noch mit leisem,
beinahe gütigem^Lächeln kolportiert, als ob der Berichtende erklären
.wollte: ein Dummkopf, wer es anders macht, wenn er in. die gleiche.
Lage kommt."
, Gleichwohl Wirt es keinem Einsichtigen einfallen, hieraus all¬
gemeine Schlüsse auf die Haltung der Offiziere im Kriege zu ziehen.
Nur den Antisemiten bleibt das Vorbehalten — sofern ein Jude in
Frage kommt. Dann heißt es sofort: Die Juden sind Drückeberger.
Ja , man versteigt sich sogar in dieser unehrlichen Kampsesweise zu
der Behauptung , daß .das -/Beispiel der jüdischen Drückebergerei
schließlich von den deutschen Soldaten immer häufiger nachgeahmt
würde und so zur Zerrüttung des' Kampfwillens führte. So erwies
sich das jüdische Element im deutschen Heere wieder einmal als Fer¬
ment derDekomposition ."
Daß die Krieger jüdischen Glaubens im Felde ihren Mann ge¬
standen haben, ist ihnen oft genug von hoher Stelle bestätigt worden, General r>. Stein
und
und' selbst General ö. Stein , der heute jn der .Deutschnationalen Geheimrat Kahl
Volkspartei eine maßgebende Rolle spielt, hat s. Zt. als Kriegs¬ über die jüdischen
minister im Hinblick zu der oben erwähnten Statistik in einem Soldaten
Schreiben an den Abg. Geheimrat Cassel ausdrücklich erklärt, daß das
Verhalten der jüdischen- Soldaten und Mitbürger während des Krie¬
ges ckeine Veranlassung zu der Anordnung seiner Vorgänger gegeben
haben und damit nicht in Beziehung gebracht werden könne. Ebenso
wü-rde eine nicht minder hervorragende^Persönlichkeit, Herr Geh. Rat
Prost Kahl von der Berliner Universität, einer der Mitbegründer der
Deutschen Vplkspartei, der Haltung der Juden im Kriege kürzlich
in einer Versammlungsrede gegenüber der Anzapfung eines anti¬
semitischen Studenten gerecht, indem er in seinem Schlußwort be¬
merkte, daß er schon als Kriegsteilnehmer von 1870/71 von zahl¬
reich en Iu den so . viel Beweise von wahrhafter Vater¬
land s l i e b e und bewunderungswürdigem Heroismus ^empfangen
habe, daß er sich nie und - nimmer entschließen könnte, einen Juden
anders als ' nach seiner Rechtschaffenheit.und Ehrbarkeit, seinem
Pflichtbewußtsein,, seiner Tüchtigkeit und seiner sittlichen Führung
im allgemeinen zu beurteilen".
Ehrlich , Prof ., Verdienst um die ärztliche Wissenschaft, s. Krieg.
Ei ^e und Gelübde bei den Juden.
Zu den hartnäckigsten Lügen und Fälschungen, die von antisemi¬
tischer Seite immer und immer wieder vorgebracht werden, gehört
die Behauptung , daß die--Juden angeblich zur E n t b i n d u n g von
a lle .n ihr e n Eiden und Schwüren alljährlich am Ver-
söhnungstaae in der Synagoge ein Gebet (das Kol - nidre) Kol-nidre
sprechen sollen. In Fritschs Hdb. wird auch in der neuesten Auflage
die von antisemitischer Seite vorgenommene Fälschungvder Ueber¬
setzung des Kol-nidre-Gebets unverändert nach den früheren Auf¬
lagen wieder zum Abdruck' gebracht, ganz unbekümmert darum , daß
diese Uebersetzung schon. längst als Fälschung erwiesen worden ist.
Schon Pros . Delitzsch-hat unwiderleglich dargetan , daß in der anti¬ Prof . Frz . Delitzsch
semitischen Uebersetzung gerade die wesentlichen Worte, auf die es
hier gerade ankommt, nicht übersetzt sind, und daß es sich hier aus¬
drücklich um Gelübde handelt, die man aus freiem Willen vor sich
-selbst abgelebt hat, also um „eidlich übernommene und hinterdrein
als s ün dl ich oder unausführbaranerkannte Selb st -
\

— 32 — :; ;
verpflichLungen mit Ausnahme gerichtlicher Eide und mit
Wissen' des Nächsten eidlich übernommener Verpflichtungen gegen
diesen" ; trotzdem bleiben die Antisemiten dabei, daß danach der Jude
vor Gericht einen Meineid schwören könne, da es ihm seine religiöse\
Ueberzeugung erlaube. Es nützt nichts, daß immer und immer wieder
darauf bingewiesen wird^ daß die jüdische Religion keine anderen
Vorschriften in dieser Hinsicht kennt, als sie im 4. Buche Moses,
,Kap. .30, Vers 2 ff.) niedergelegt sind. In einer der "judenfeindlichen
' Veröffentlichungen der letzten Zeit heißt es: „ Me berufene Fach¬
männer nachgewiesen haben, begünstigt die jüdische Religion eine
laxe Auffassung des Eides durch das Kn l - n i d r e - G e b e t , das
am ' Vorabend des Versöhnungstages in der Synagoge mit großer
Feierlichkeit verrichtet wird. Ganz besonders i st e s er -
laubt . Andersgläubigen gegenüber einen fäl¬
schen Eid zu schwören" /
Diese „berufenen Fachmänner " der jüngsten Zeit sind ein Herr
Hellwig und .ein Herr Schütze , die in dem von Prof . Hans
Groß in Graz . herausgegebenen „Ar chiv für Krimi nal¬
anthropologie ", einer nach dem^anderen, zwei Studien über
das Thema veröffentlichten. Der eine von ihnen zitierte das viel-
berufene „Kol-nidre-Gebe'L" in der bei .Fritsch Vorgefundenen be-
w u ß t g ef ä l s ch4e n F' a s s u n g und knüpfte daran die Aufforde¬
rung, „daß vom jüdischer Seite die in Betracht kommenden Quellen
nicht länger verheimlicht oder versch lei ert . w er¬
den mögen, damit die Prüfung ruhig und sachlich geführt wer- -
den könne". Prof Groß fügte von seiner Seite die Bekräftigung
hinzu, daß die jüdische Religion allerdings ihren Bekennern durch die
Lösung von -Gelübden in bezug auf den Eid ein „Kaut¬
sch ukgewissen" mache . ' ^ .
Binjamin Segel hat in einer eingehjenden Abhandlung
^Schwüre und Gelübde, deren Heiligkeit und deren Auf¬
lösung nach jüdischer Lehre" (Zeitschrift „Ost und West" , 1919) diese '
ungerechtfertigten Ausführungen auf das trefftndste widerlegt. Es
ist ja selbstverständliche daß die Lehren der Mischen Religion hin¬
sichtlich der Heiligkeit des Eides hinter denen keiner anderen Reli¬
gionsgenpeinschaftzurückstehen/
Gerade heute sollte man sich in arisch-deutschvölkischen Kreisen da¬
vor hüten, verächtlich auf den Judeneid herab^usehen. Wie. oft hat
man es in dem Weltkriege erleben müssen, daß Spionage, .Wort¬
bruch, Irreführung und Verrat , die doch gewöhnlich die Verletzung
eines Eides in sich begreifen, gerade von nichtjüdischer Seite ge¬
priesen wurden, wenn der Zweck das- Mittel heiligen sollte. Ein
politisch rechtsstehender Offizier hat in der „Post" darzutun versucht,
warum die. Offiziere des alten Regimes) der neuen .Regierung den
Eid geschworen hätten, ohne dadurch in/einen Gewissenskonfliktzu
kommen. Dieser Herr rühmte sich geradezu damit, d en Eid mit
den Händen in den Hosentaschen in seiner „ g o t.t -
losen" F o r m. g e l e i st e t z uh a b e n. Er erklärte ferner, daß,
wenn die Offiziere vörgezogen hätten, ihn nicht zu leisten, dann
viele Kameraden in eine Motlage geraten wären, und er sagte ge¬
radezu heraus, der Eid schließe nicht aus , „daß wir nach wie
vor treu zu unserem Kais er h a l t en ". Der K a p p -
Putsch hat uns gezeigt, eine wie unglaubliche Laxheit, ja geradezu
verbrecherisch zu nennende Leichtfertigkeit in dieser Hinsicht in einem' >
großen Teil der Offizierskreise herrscht, die. dazu noch ein besonders i
— 33 —

feines Ehrgefühl für sich in Anspruch nehmen. (S . Moltke, Kapp-


Putsch.) - ^ ' ;
Deutsche.Geschichte
", Verfasser Heinr. Clatz, Vörs. des Alld. , >
Verb., s. Alldeutsche.
Einstein, Prost Qr ., s. Ostjuden.
Eisner , Kurt, s. „Jüdenher ^schaft" .
Er^anzipaLion der Juden , s. Bismarck.
„Ferment der Dekomposition", s. Mommsen.
Frchte.
. Theod. Fritsch druckt in feinem Hdb. . einen Ausfall Fichtes ge¬
gen die Juden ab, .der in einer 1793 erschienenen Abhandlung des
Philosophen enthalten ist. Es' heißt dort, die Juden bildeten einen
Staat im Staate, der „auf- den Haß des ganzen menschlichen
Geschlechts aufgebaut ist", und Fichte versteigt sich zu cher Aeußerung:
„In einem Staate , wo der unumschränkte König mir meine väter¬
liche Hütte nicht nehmen darf und wo ich gegen den allmächtigen v
Minister mein Recht. erhalte, plhndert mich der erste Jude , dem es
gefällt, stiMestraft aus "' Man wird aus jener Zeit schwerlich auch
nur die Spur eines Beweises für diesen Satz finden können. Aber
- Fritsch hat wieder einmal unehrlich operiert. Mitten in diesem
Ausfall gegen die Juden finden sich folgende Sätze, die in Fritschs
Hd,b. ausgelassen worden sind:
- . „Fern sei von diesen Blattern der Gifthauch der Intoleranz,
wie er es von meinem Herzen ist! Derjenige Jude , der über die
festen, man möchte sag'en, uNübersteiglichenVerschanzungen, die vor
rhm liegen, -zur allgemeinen Gerechtigkeits-, Menschen- und Wahr¬
heitsliebe hindurchdringt , ist ein Held und ein Heiliger . . . Zwinge
keinen Juden wider seinen Willen . Wenn du gestern gegessen hast,
und hungerst Mieder, und hast nur auf heute Brot , so gib's dem
Juden , der neben dir hungert, wenn er gestern nicht gegessen hat,
.und du .tust sehr wohl daran ."
Um jenen Ausfall gegen die Juden richtig zu verstehen, muß
man in Erwägung ziehen, daß Fichte in seiner Schrift die Frage auf¬
wirst, ob ein Staat berechtigt sei, die Bildung eines Staates im
Staate zu verhindern, und daß er von der unrichtigen Voraussetzung
. ausging, chaß die Juden dies erstrebten. Als Beweis für solche
Staaten im Staat führt er drei an : D i e I u d e n, d a s M i l i Lä r
(„ein beinah ebenso fürchterlicher Staat ", . S . 191 ff.), den Adel.
/Namentlich , gegen, den^ letzten geht Fichte aufs schärfste vor. Die
, heftigen Ausfälle Fichtes gegen Militär und' Adel hat Fritsch wohl¬
weislich verschwiegen. Wenn sich die Antisemiten ferner darauf be¬
rufen, daß.Fichte den Juden gern Menschenrechte , aber keine Bürger-
rechte zugestehen wollte, so können wir uns auf denselben Fichte vom
Jahre 1793 berufen, der in demselben Buche schreibt:. „Ich behaupte, \
baß jede s Am tim Staate nckch überwiegenden Verdien -
st e n .besetzt werden müsse." Ferner auf den Fichte, der 12 Jahre später
(Die Grundlagen des gegenwärtigen Zeitalters 1804 bis 1805) schr.eb:
„Der Staat muß allen den gleichen Zugang zu den vorhandenen -
Quellen der Bildung für dieselbe gestatten und. als Verweser der ^
Zwecke der menschlichen Gattung , verschaffen. Dies ist nur möglich
durch Errichtung absoluter Gleichheit, der persönlichen, sowie der
bürgerlichen Freiheit aller in Ansehung des Rechtes und der Rechte." . /
—: Wie können es die Antisemiten überhaupt wagen,, einen Mann ^
- ', s
. ■; ' ' ' 34 — . ,- .
Wie Fichte für sich in Anspruch zu nehmen, der in seinem „Vermächt¬
nis " mit glühenden Worten für „Freiheit , gegründet < uf
'Gleichheit "' alles dessen, ' was Menschenantlitz .
trägt ",e- 'mgetreten ist? :
Flieger, jüdische . -
Der, Abg. Lattmann sagte im Reichstage: ' „Zeigen Sie mir
doch einmal einen jüdischen Flieger !!"' Im - Kriege, hg.ben
auch zahlreiche jüdische Flieger ihr Leben für /Deutschland
geopfert. Es seien nur genannt Lt. d. Res. Josef Zürndörfer
aus Regensburg, Kriegsfreiwilliger Jakob Lichtenstein aus Neustadt
a. d. Pinne , Arthur Chäsanowitz. der, obwohl russ. Jude , sein Leben
der Sache Deutschlands weihte, Lt. Aronheim, Lt. und Flugzeug¬
führer Siegfried Wittkowsky aus Ansbachs Lt. Kurt Königsberger
aus Fürth , die Zöglinge der Israelitischen Erziehungsanstalt Dahlem:
Paul Goldmann und Edgar Hirsch, Lt>d. Res. W i l h e l m Frank l,
Ritter des Ordens Pour le Marite , Fliegerleutnant Max Holzinger,
Lt. d. Res. Simon Pinzcower aus Beuthen O>-S .,. Oberarzt d. Res.
Dr . meä . Hermann Jaffa aus Santomischel, der Flieger ' wurde, um
seinem Tatendränge genügen zu können^ Fliegerleutnant Max Pap¬
penheimer, der in- einem Fahre 228 mal gegen ' den Feind flog und
100 Batterien ' einschoß, und viele andere! Ben dieser Gelegenheit
sei auch des Luftschiffers Paul S p i e g e l - Ehemnitz Erwähnung
getan, der bei Kriegsbeginn im ' Alter von 62 . J ahren als Frei¬
williger ins 1. bayer., Luftschiff.-Bat . eintrat und sich durch seine
UnerschrockenheitAuszeichnungen .und Beförderungen errang . Das
widerlegt wohl zur Genüge die von .den Antisemiten vorgebrachte
Behauptung , daß sich wohl viele Juden in,der Fliegertruppe be-
- fanden, weil die Staffeln hinter der/Front lagen, daß aber keiner
von ihnen wirklich geflogen habe. ' Nicht ohne Interesse dürfte es
auch sein, daß der bekannte Flagzeugkonstrukteur R um P l er nach
der „Staatsb . Ztg."jüdischer Abstammung .sein soll.
Frank, Pros. Adolß Stickstofferzeugung aus der Luftz s. Krieg und
.Landwirtschaft. - ' . -
Frank, vr . Ludwig, s. Sozialistische Parteien. /
Frauenbewegung. , ^
Die moderne Frauenbewegung ist seit jeher den Reaktionären
und Antisemiten ein T^orn im Auge gewesen und sie glaubten ihr
nicht ,besser beikommen zu können, als daß sie sie als verjudet und
ihre Hauptfüyrerinnen als Jüdinnen hinstellten. Der neuerdings auch
als ' Pogromhetzer bekannt gewordene Heidelberger Pr .vatdozent
Dr . R u 9 e, hat vor mehreren Jahren behauptet, daß .die- mpderne
Frauenbewegung nur von -„ hysterischen sterilen Frauenbund Jüdin¬
nen" geleitet werde. . Die hervorragendsten Führerinnen in dieser
Bewegung sind aber rein christlicher Herkunft, wie Anita A u g s -
p u r g., Lydia Gustava H e y m a n .n , Minna C a u er (die ur¬
sprünglich nicht Krakauer hieß, wie von antisemitischer' Seite be-
' hauptet wird ; ..sie ist die Tochter eines evang. Pfarrers ), Maria
S t ritt, Maria L i s chn e w s ka (keineswegs eine polnische Jüdin;
sie ist die Tochter eines preußischen Majors ), Helene Lange, Gertrud.
" Bäumer , Frl . Dr . Stöcker u. ' a. Die beiden erstgenannten Damen,
von denen Frl . Heymann einer echt christlichen Hamburger Groß-
kausmannsfamilie ent,stammt,, verfielen auf . 'ein seltsames Mittel,
um - der von antisemitischer Seite aus ständig erfolgenden An¬
zweiflung ihrer christlichen Herkunft zu begegnen. Sie . verösfent-
}

' . ■' ■. ■' — 35 —' . .


V
Ixc^icn im Jahre 1912 gemeinsam einen Protest gegen das rituelle'
tzch ächten, in dem es auch an sonstigen antisemitischen Spitzen nicht'
'fehlte/ Aber selbst das hat den beiden nichts geholfen. Sie gelten
den Antisemiten nach wie vor als Jüdinnen, Besonders gehässig
hat sich gegenüber der „verjudeten" Frauenbewegung stets Herr
Th. Fritsch erwiesen . Im Jahre 1916 verbreitete er die Schwindel¬
nachricht, in Berlin und Frankfurt a. M. hgbe sich ein Frauen -?,
b und gebildet/der auf die Jugenderziehung Einfluß üben wolle im
Sinne einer Unterdrückung der kriegerischen In¬
sti n kt e. Der n e u e B un d„ an dessen Spitze einige .a n g e- f
se h e n e I sr a elitin neu stehen sollten, werde von^England
aus unterstützt . - Nicht ein Wort war an dem Schwindel wahr. . Bei
den Konservativen bestand zwar auch eine Frauenorganisation, der
^D e u ts ch- ev an g e li s che L r a u en b u n d", Dieser durste sich
jedoch nicht recht mausig machen . Nachdem aber die Revolution den
Frauen über Nacht das Wahlrecht gebracht hatte, machten auch die .-
Reaktionäre gute Miene zum bösen Spiel. Sie stellten Füh'.erinnen
. der konservativen ,Frauenbewegung bei den Wahlen für die National¬
versammlung an aussichtsreichen Stellen auß und so wurden denn"'
auch aus dieser Seite drei Frauen gewählt! vr . ^Käthe Schirmacker.
Frl . v. Gierke und Frl . Margarete Behm. Viel zu sagen haben
aber, die Damen -nicht in ihrer-Partei ; die beiden letztgenannten
Damen sind auch.wiederholt von antisemitischer Seite angegriffen .
worden, und ' zwar die erste, weil sie HaLj-üdin, die zweite, weil
sie die Freundin einer Jüdin ist.
Freimaurer und Judentunn
.- . Eines der unsinnigsten Märchen, das von antisemitischer Seite
-verbreitet wird,- Ist das über das ang'bliche Zusammenwirken des
. internationalen Freimaurertums und 'des Judentums. Selbstver¬
ständlich besteht nicht der geringste Zusammenhang zwischen den Ju¬
den und -den Freimaurerlogen. Das Märchen ist.um so unsinniger^
'/weil die 'deutschen Logen bis auf eine, die von Settegast begründete,
überhaupt keine Juden aufnehmen und so geradezu eine antisem'.ti-
. sche Tendenz bekunden , wenn sie sich auch von Angriffen gegen die
Juden fernhalten. Nun besteht auch eine jüdische Loge in Deutsch¬
land,' die.-G ro ß l oge für Deutschland U . O. B. B. (United Großloge
Order Vnei Brith), eine Filiale der in Amerika gegründeten Loge Deutschland
U. O. B. B.; 'di^se ist aber keine jüdische Geheimgesellschaft , sondern u. O. B.B.
hat genau denselben Charakter wie die nichtjüd'schen Logen in
Deutschland . Ws der Fürst-Salm-Horstmar, im Jahre 19*18 im
Preußischen Herrenhause schwere Anschuldigungen gegen das „Jüdi-
. sche int e r n a t i o n a l e F r e i m a u r er t u m" als Anstifter
.*'des Krieges erhob, ist ihm sofort süuch aus den Reihen der deutschen
Freimaurer, und zwar in dem Hauptorgan der Alldeutschexi , sehr ener-
-'gisch entgegengetreten worden. Der alldeutsche deulschösterreichische
Abgeordnete vr . Wicht l hat ein Buch .,We l t fr e i m a u r er ei , Dr. Wichic ? Wett-
W e ft revolution , Welt r ep u b l i k" heraüsgegeben , in dem sreirnaureret rgrv.
aste die über das Zusammenwirken von Freimaurerei und Juden ,
verbreiteten Märchen sorgfältig zusammengetragen werden.' Er be¬
hauptet dort u. a. allen Ernstes^ daß die E r xno r d u n g d e s ö st er¬
reich ischen .T h ron so l g er s vom „Grand Orient de France"
ün Paris bereits ixn Jahre 1912 beschlossen und nur a u s M a n g e l
an Mördern nicht sofort ausgeführt worden sei. Beweis: die
P r o p He z ei u n g :d.er M a d a m e S a v i g n y , bas ist die.unter
' 36 - /
dem Namen Madyme de Thsbes bei den Damen der Pariser hö'ch-
aristokratischen Cösellschaft rühmlichst bekannte Pariser Wahrsagerin-
welche die Ermordung 'des. Thronfolgers bereits im/Dezember'1912
, für das Jahr 1913 voraussagte, und als diese ihre Ankündigung/sich
nicht erfüllte, das Eintreffen um ein Jahr chrolöngidrt 'e.-/^AlK<-'dann/
schließlich der österreichische Thronfolger wirklich ermordet wurde —
natürlich auf Befehl des „Obersten Rates der serbischem Frei¬
maurer" —, stellte es sich heraus, daß 'dieser Oberste Rat genau vier
Wochen vor der .Ermordung Franz Ferdinands von dem D e u t-
sch.en Großloge .ntaa in - Frankfurt a. M. anerkannt worden
war, was gleichbedeutend mit einer Rück en de cku n g für die
Mörder und deren Helfershelfer war. Das Fürchterlichste aber ist>
daß 'damals an der Spitze der deutschen Freimaurer „ er hochehr¬
würdigste Großmeister—- Ko h n stand. Dieser Herr Kohn-in Frank¬
furt a. M. enistammt aber einer durchaus christlichen Familie. Na-
mentlich in Westfalen gibt es ja eine Anzahl von Familien dieses.
Namens/die ihre Zugehörigkeit zum Christentum seit Jahrhunderten
- Nachweisen kömten. , » ■
' . / In Rußland hat man sogar'innige Beziehungen zwischen dem
.internationales Freimaurertum und 'den Zionisten entdeckt , die aüf
dem ersten Zionistentongreß in Basel^zusammen schreckliche Plane zur
' Erlangung der jüdischen Weltherrschaft gefaßt Haben sollen. .
Friedrich , Kaiser Fr. HI. gegen den Antisemitismus , s. d. ^ / ,
Fritsch, Theodor.
. kr gefährlichsten und skrupellosesten antisemitischen
Hetzer ist Herr Theodor Fritsch in Leipzig, der Herausgeber des^
„Hammer", des „Handbuchs der Judenfrage" (28. Auflage 1919),
der Hammerflugblätter und der Hammer-Schriften,- darunter der
Broschüre„Jüdische Selbstbekenntnisse " (Nr. 19), die m wesentlichen
nur eine Zusammenstellung der in seinem.Handbuch enthaltenen un¬
günstigen Aeußerungen von Juden über das Judentum darstellt und ,
i die er erst unter dem Pseudonym ' Theodor Kämpfer und dann ano-
nym heräusgab. Andere Pseudonyme von ihm sind Fr .tz Thor (der
SwltMm altgermanischje Gott Thor mit dem Hammer!) und F. RoderM
Stoltheim, unter dem er u. a. ' die bekannte Schmähschrift„Das
Rätsel des jüdischen Erfolges" herausgegeben hat. (Durch Buch-
, staben-Umstellung ergibt sich aus dem Namen „F . Roderich-
Stoltheim" der Name „Theodor Fritsch".) Frhr . v. Wangenheim
hat einst, Fri'tsch als „B a n n er t r ü g er ei n e s v er ed e l t en
A n t i se m i t.i s m u s" gefeiert, sowie insbesondere seinen „r.eli-
g lösen Ern st" anerkannt. Wie es ' um den „veredelten Anti¬
semitismus" dieses Mannes bestellt, ist, weiß hinlänglich jeder, der^
sich in seinen Schriften umgetan'' hat. Er versichert/.daß er' nur.
„verbürgte Tatsachen " berichte und reiht die. schmählichsten Lügen,
Verleumdungen und' Beschimpfungen gegen die Juden aneinander.
/ Und was es mit seinem„religiösen Ernst" auf sich hat, ersieht man
‘ aus seinem erbärmlichen Pamphlet „Meiü B e weis m a t e r i gl
gegen Jwhwe "/über das Pros. vr . R ad e ein viel zu mildes
Urteil gefällt hat, wenn er/ es dahin' kennZeichnete :„ Die Schrift ist
das Pamphlet eines d u r ch fei n e S a cht en n t n i s g et r üb¬
ten, aber d u r chF an a t i sm us .Verb l ün d e t e n M a n n e s/"
. -Der Gott der alttestamentarischen Religion wird/' darin als »die
Personifikation des b ö sen P 'ri nzi p s", „der Geist des Hasses und
der Rache", „der Schützer des Unrechts", ein, Gott, »der geireülich
übervorteilen und entwenden, hilft", „der Verleitungzum
Diebstahl ' übt", als . „Menschenhasser , Menschenschlächter und
Menschenmörder" bezeichnet. Ferner liest man . dort Schmä¬
hungen "gegen ' den alttestamentlichen Gott, wie '„ der wilde Haß
dieses grausamen Verwüsters / „überall, wo Geldverdienst und Be¬
trug ist, da ist Jahwe dabei'/ „Jahwe ist der getreue Helfer und Mit¬
mörder bei der Abwürgung der Völker", Jahwe ist „ein Geist der
Tücke und Bosheit ", ' ein armseliger „Rechen-, und- Ellengott", ein
„Gott der Aasgeier und Ungeziefer" . In dem deswegen gegen"F.
wegen Gotteslästerung angestrengten Prozeß wurde dieser fr ei ge- ‘
sprochen, und zwar aus das Obergutachten des GeheimraLs K i t t e l-
Leipzig hin, daß der von dem Angeklagten gelästerte Gott .Jahwe,
nicht der von der Judenschaft Deutschlands heute verehrte Gott sei.
Geh.-Rat Prof . .vr . König - Bonn hat . in einer besonderen Schrift Prof. Geh.-Rat
Or. König
äuf das überzeugendste das Unhaltbare des Standpunkts des Geh.-
Rat Kittel dargetan . Obwohl der letztere in seinem Gutachten Fr.
als einenMann bezeichnet hatte, dem die moralische Z u rech-
n u ng s .f äh i g ke i t a b g eh e / nutzt Fr . dieses Gutachten. zu Re¬
klamezwecken in der widerlichsten Weise aüs> indem er u. a. wider
besseres Wissen behauptet, Geh.-Rat Kittel habe sich- in dem Prozeß
den von/ihm erbrachten Beweisen^ angeschtossen . ^ Mit besonderer
.Vorliebe spielt er .sich auf"den Talmudkundigen hinaus , obwohl ihm
wiederholt .nachgewiesen worden ist. daß er nicht drei Worte Hebräisch
zu lesen vermag ; was eraus seiner angeblichen Talmudkenntnis her¬
aus vorbringt , ist nichts weiter als das Wiederkäuen der längst wioer-
legten Lügen und Fälschungen der Rohlmg und Konsorten. Was
ihn von den 'übrigen antisemitischen Hetzern seines Schlages unter¬
scheidet, ist, daß er manchmal die Wahrheit sagt, so hat.-er gelegentlich
zugegeben, daß. Lord Northcliffe nicht.jüdischer Abkunft sei und aus
Frankfurt a. M . stamme, daß Pros . Grätz nicht den Ausspruch, ge¬
prägt habe: „Die Revolution ist der Stern Judas ", daß. Kurt Eisner
nichr früher Kosmanowski geheißen-habe und aus Galizien stamme
usw. In lichten Augenblicken gibt Fr . sogar die wichtigsten anti¬
semitischen„Dogmen" preis , wie z. B. dasjenige über ,das angebliche
Ueberwießen des' jüdischen Reichtums; derartige „Wahrheits "anwand-
lungen gehen aber an ihm sehr rasch vorüber. .
Frymann, Danieh Pseudonym für Heinr. Claß, Vors, des Alld. Verb.,
. s. Alldeutsche. /
„Geheimmsse ^der Weisen von Zion." > '
. 7- .Das im Verlage des' Verbandes „Auf Vorposten" erschienene
Werk .„D i e G eh eimniss e d er Weise n vo n Zion ", her¬
ausgegeben von Gottfried zur Beek, stellt eine der p l u m pst e it , u n-
s in ui g ste n , ö d est en und blöde st en F als chu n g e n dar,
die jemals das Licht,der Welt erblickt haben.'
./ 'Die „Weisen..von Zion" sollen die geheimen Vertreter der zwölf
jüdischen Stämme sein,. die sich nach der antisemiLischen Legende zu
bestimmten Zeiten versammeln, um über die Errichtung des
i r d i s che n M e s s i a s r e i che s und der Weltherrschaft
d e s J u d ö nt u m s zu beraten. Nach der Zeitschrift. „Aus Vor¬
posten" (S . 35) verraten uns die „Berichte der Weisen von Zion",
/,welche Mittel die Juden benuhen, um dieses Ziel zu -erreichen, das
/durch den Umsturz in Rußland uni ) in MitteleuroPa
u he r Erwarten nahe gerückt zu. sein scheint. Das Endziele ist
38 —

nicht allein die .wirtschaftliche' Macht, welche die Juden zum großen
Teil , bereits in Händen haben, sondern auch die politische Machte
die dazu benutzt werden soll das Christentum und andere Formen
des Gottesglaubens zu vernichten und den mosaisch-talmudischen
Glauben zur Weltreligion zu erheben". ^
Im Jahre 1897 fand bekanntlich in Basel der e r ste Z io n i st e n--
ko n g r e ß statt, auf dem das Programm des Zionismus festgelegt
und ferner , beschlossen wurde, für das jüdische Volk. die Schaffung
einer rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina anzustreb'en und zllr. .
Durchführung des zionistischen Programms ' einen Nationalfonds zu
gründen. In Verbindung damit sollen in Basel nach, der-lügnerischen
Behauptung der Antisemiten in größter Heimlichker^ die „ tzLeisen vost
Zion" zusammen mit den Vertretern der jüdischen Logen getagt
und in 24 Geheimsitzungenein urNfangreiches Programm festgelegt
Haben, das nun in dem in Rede stehenden Werke wörtlich zur Ver-
öffentlichllng gelangt, wo es volle 74 Seiten in Quartfoxm ^t füllt,
- So manchem, der sich in der antisemitischen Schmähliteratur
auch nur ein bißchen umgetan hat, werden beim Lesen sofört Re¬
miniszenzen an andere Veröffentlichungen ausgestiegen sein. ^ Ung,
in der Tat steht-das, was in den „Sitzungsberichten" beispielsweise'
über die Macht dM Goldes und der Presse, über die angeblich von
den Juden betriebene Verschuldung der Staaten und ./der Fürsten,
über die chnen zur Last gelegte Zerstörung des Gottesglaubens usw.
Goedscbe-ReLcsisfe
„Auf r em Inden- gesagt wird, genau so in dem Kapitel „A u f dem I u d e n ki r ch-
kirchhof in Prag" h o,f i it P r a g" des Schundromans „B i a .r r .i tz", den der falsche.
Zeuge im Waldeck-Proz ^ß und ^ Krenzzeitunasredaktnuy Milb "lm'
G o e d s che unter deA Pseudonym ,.J o h n Re t tl i f f e" zu Ende
der sechziger Jahre des vor. Jahrh . verösfentlicht hat . In . dem
Goedscheschen Schund- ünd Schauerroman nennen sich die Vertreter
der zwölf Stämme „Die Wissende n " und „Di e W i s s e n de n
d e s g e h e i m e n B u n d e s" ; der Zusammenhang mit den „W ei¬
sen w o n Z i o n" lieat also ganz klar ^ntag-'. Be'' l^ o^dschof'-»^ pt
. Man das Weltherrschaftsprogramm ausführlich entwickelt;, jedenfalls
kann Man den Zusammenhang zwischen den-„Wissenden, des geheimen
Bundes " bei Goedsche -Retcliffe und den „Meisen von Zion" des Herrn
G. zur Beek deutlich genug erkennen. . \ / ‘ : ;
Man fyat es hier offensichtlich : mit der F ä l-s chu n g ein e s
russischen Spitzels zu tun, der das, was er über die angeb-
' lichen Geheimverhandlungen der „Weisen von Zion" . berichtet, aus
verschiedenen gegen die Juden -und Freimaurer gerichteten älterem,
haüptsächlick) französischen Quellen entnommen hat . Seine ' Haupt-
guelle muß aus den . sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts-
^stammen, denn es ist in dem Bericht über die 17. Sitzung von einem
seitens der Juden und Freimaurer geplanten A n s chl a g auf den
V.'a t rk a n die Rede, der den Zweck verfolgen soll, den Papst der
weltlichen Herrschaft zu berauben. .Da/der Papst diese Herrschaft be-'
reitsim Jahre 1870 verlor , ist also ein solcher Plan nach dieser. Zeit
. geaenstandslos geworden. Jedenfalls zeugt die Tatsache, daß der
. Fälscher einen ' solchen Plan in seinen „Geheimbericht" - mitüber-
nommen bat . noch ganz besonders von seiner,bodenlosen Dummheit
unl)^Verblödung. . / . - ••' : / -•
Der Schwindel-Bericht- des russischen Spitzels ist in Rußland
höchstwahrscheinlich ' von den Auftraggebern, des Spitzels .in dem
Sinne überarbeitet worden, um den im Jahre vorher, im ' Jahre
1896,. zur Regierung , gekommenen Zaren Nikolaus II/ .in mutokrati-
•; ' , _ ■— 39 —
schein Sinne zu beeinflussen. . Man beachte das^ -was oben in den
Auszügen aus den „Geheimnissen der Weisen von Zion" aus der
ersten Sitzung , wiedergegeben wurde und namentlich die Stelle, an'
der .von einer Persönlichkeit die-Rebe ist, „die von Jugend auf zur
-Selbstherrschaft erzogen wurde". Diese schamlose russische
Spitzelfälschung, die dem geistig beschränkten jungen Zaren die
Meinung beibringen sollte, daß die Gewalt allein maßgebend sei, daß
die große Volksmasse blind, blöde, ohne' Verstand und ohne Urteil sei,
daß das Hauptziel der Juden , Zionisten und- Freimaurer auf Macht
und Hinterlist, Weltherrschaft', Schreckensherrschaft und Terror ge¬
richtet sei, wird also hier in der Veröffentlichung des Herrn G. zur
Beek .als wirklicher Beschluß der -angeblich aus Anlaß des ersten
Basler Zionistenkongresses abgehaltenen - geheimen Sitzungen der
Zionisten und Freimaurer äusgegeben. Dem Schundromanschreiber
Goedsche -Retrlisfe steht der mildernde Umstand zur Seite, daß er die
tollen Pläne über die angeblich erstrebte jüdische Weltherr¬
schaft.'in einen Roman .einfügt und ihnen eine romanhafte Form ver¬
leiht dieselben- Milderüngsgründe stehen aber nicht im geringsten
Herrn G. zur Beek,zur Seite , der die Fälschungen eines russischen
Spitzels über die „Geheimnisse der Weisen^von Zion" als wirkliche
Sitzungsberichte des ersten Basler Zionisten^kongresses. von 1897 aus-
gibt und der nicht wenige geistig Arme zu der Meinung verleitet hat,
daß tatsächlich damals 'in Basel so verderbliche und gemeingefährl.che
Beschlüsse gefaßt worden sind. Nicht die Juden sind den Deutschen,
gefährlich, wohl aber^die Leute, die jede Dummheit, jede Fälschung
und Lüge, die von moralisch und intellektuell brüchig„gewordenen
Elementen über die Juden aufgebracht und Verbreiter"wird, für bare
Münze. nehmen.
Geiselmord in München, s. Pogrome.
Geistliche und Antisemitismus.
„Liebe deinen Nächsten'wie dich selbst." Dieser biblische Grund¬
satz hindert manche e van g e l i s che Geistli ch-e nicht, st.ch aktiv
an der Judenhetze nicht nur zu beteiligen, sondern sogar eine Mrende
Rolle zu übernehmen, und das, obwohl es nicht wenige Antisemiten,
gibt, die vom Ehristengott nichts mehr wissen wollen und sich dem
Wotankultus hingeben. Die . Traub, Mumm .. Maurenbrecher,
Pfannkuche und andere kleinen Geister zeigen sich' Nicht als Jünger
Jesu , sondern als Jünger Stöckers; Kanzel und andere kirchliche
Einrichtungen werden von ihnen zur äntisem. Agitation mißbraucht.
Es würde zu weit führen, Proben aus den judenfeindlichen Er-
güsien leider nicht weniger ev. Geistlichen hier wiederzugeben. Um so.
'wohltuender betührtdie aufgeklä rte Stellungnahme einer großen'
Zahl ' anderer Amtsbrüder gegenüber den ^Angehörigen der jüd. Re¬
ligion. In einem Rundschreiben des hessischen Oberkon-
sistöriums vom Jahre 1F90 heißt eLu . a.: „Die antisemi¬
tische Bewegung sch ließt ernste Gefahren für den
F r i e d e n d e r B eiv ö l ke r u n g i n s i ch. — Wir können unter
keinen Umstünden .für das, was eine g e mre i n s a m e. S chu l d
gan z e r Volk § kl a s s eund .
wofür diese, sofern sie wirklich
Christen sind, Buße zu tun und Besserung zu suchen haben, die jü-
^ dijchen Staatsbürger, - in deren Reihen es doch wahrlich an Beispielen
wirklicher Milde und Guttätigkeit, an >Mustern pietätvollen Fa-
mMensinns nicht fehlt, und zwar diese ohne Unterschied allein ver¬
antwortlich machen. — Wir müssen es aber auch als eine verhäng-
_ ; , - ; • ■ ■ — 40 —
nisvolle Mißleityng 8er dunklen Instinkte bes deutschen Christen-
Voltes Ansehen, wem; man da, wo es gilt, vor 'allem die eigenen
Fehler einzusehen, die Unzufriedenheit der Massen .aus angebliche
Urheber ihrer ' Drangsale hinlenkt, die es nur zum -Teil und sicherlich
nicht ohne erhebliche Mitschuld der christlichen Bevölkerung selbst' sind.
Wir halten darum die Beteiligung an antisemitischen Ag Latio-
nen — für nicht vereinbar mit den Christenpflichten und Amtspflich-
- ten eines Geistlichen." . .
Unvergessen, wird Pfarrer Immanuel Heyn bleiben , der un-
- ' ermüdliche Kämpfer gegen Intoleranz und Ungerechtigkeit. Die
gleichen Wege wandeln bekannte Geistliche wie Graue-Berlm/Möring-
- Breslau , Jde -Großalmerode u. a. m. Aufsehen erregt hat' eine Pre-
Pfarrer Grimm digt des hervorragenden Frankfurter Kanzelredners Pfarrer G r iM m
irr Frankfurta. M. und die Juden ", in der er den israelitischen Mitbürgern volle 1
Gerechtigkeit widerfahren ließ und seine tief empfundenen Darlegun - V
gen mit den schönen- Worten schloß: ' . / 1
„Haben wir Christen vergessen, daß das Judentum , die jüdische j
> ' Religion die Mutter der christlichen Religion ist, -daß unser Herr 1
Jesus Christus aus dem jüdischen Volke stammt und sein jüd'sches I
; ' Volk lieb gehabt hat, daß wir in unserem Bibelbuch ein Altes Testa- 1
ment haben. Das Religionsbuch der Juden mit seinen-herrlichen |j
Psalmen , mit seinen wunderbaren Prophetenworten , mit seinen zehn
Geboten! Haben wir das alles vergessen? Und dann - steht nicht im.
Mittelpunkt unserer Religion der Glaube an den Mott , der aller
Menschen Vater ist, ,und an die Brüderschaft aller Menschen? Haben
wir schon einmal die Juden von diesem Standort ' aus betrachtet?
„Haben wir nicht alle ei n e u ' Vater ? ' Hat uns nicht e'n Gott ge- 8
schassen? Warum verachten wir denn einer dey andern ?"
Im katholischen Klerus fehlt -'es zwar nicht an gele- !
' . . ■ gentlichen antisemitischen Ergüssen — insbesondere läuft der Pader-
' borner „Leo", von einem Jesuiten geleitet, manchem Hetzblatt den
Rang ab —, im allgemeinen aber legt man sich dort Zurückhaltung
auf, wohl eingedenk der scharfen Angriffe, die sich gerade der Ka¬
tholizismus seitens der Antisemiten zu versehen hat, die nächst, den
Juden die Wurzel allen Uebels in „Rom" suchen. Gleichwohl ha¬
ben verschiedene,bekannte Kirchenfürsten Gelegenheit genommen, den
Judenfeinden einen Spiegel vorzuhalten . So sagte der ungar.
Kardinal -Erzbischof tzaanald in einem Hirtenbriefe? -
. ' „Der Antisemitismus, um das Kind beim rechten Na-
: men zu nennen, wo er wütet und in Feindseligkeit oder gar in
-blutdürstige Demonstrationen gegen die Judenschaft ausbricht, for¬
dert billig die Verdammung durch jeden anständigen
Priester heraus ." > ,
Fürstbischof Ebenso hat sich der verstorben^ Breslauer Fürstbischof Dr . Ko pp
Or. Kopp 'mehrfach gegen antisemitische Betätigung katholischer Geistlicher ge- /
wandt, immer wieder zum Frieden - gechahnt und §s gegenüber dM .
Juden niemals an . Wohlwollen, Toleranz und-Gerechtigkeit fehlen
lassen; auch der Blutbeschuldigung, die er .als „freventstche Unwahr¬
heit" bezeichnete, ist er wiederholt entgegengetreten. Auch der süd¬
deutsche Klerus nimmt eine ähnliche Stellung ein. Nicht uninteressant
ist -der Artikel eines angesehenen katlM. -Geistlichen im „Bad . Beob."
. über,die bayerische Revolution , in dem er von den meisten jüdischen
Mitbürgern sagt: „Sie verurteilen mit uns das schnöde Verhalten-
aller Radikalen, der Inden wie. der Nichtjuden. Cie bedauern noch
mehr als wir das vordringliche Wesen mancher Sfammesgenossen beim
_— 41 —

Machen der Revolution ." Sie sagen mit Recht: Wenn einer von
uns Juden vor Kurt Eisner hinträte und ihn bäte, er möge um seiner
jüdischen Mitbürger willen seine angemaßte Regierung aufgeben, so
würde Herr Eisner ruhi ^ erklären, er gehöre gar nicht zu ihnen, er
sei alles mögliche, nur nrcht gläubiges Jude oder Jude , der sich mit
ihnen in Gemeinschaft.fühle." Aer . Schreiber richtet dann an die
Zentrumspresse die folgende sehr' beherzigenswerte Mahnung : „Man -
führe 'deshalb den WaHlkaMpf gegen die jüdischen und. nichtjüdischen
Radikalen, nicht aber gegen die Juden als Juden . Denn es ist ein
Unterschied zwlschen Juden und Juden , so gut wie zwischen Christen
und Christen." . - - '
Gelübde, s. Eide Md Gelübde bei den Juden.
„Germania^ und Antisemitismus, s. Zentrum.
' Geschäftsantisemitismus.
.Von dem- Geschäftsantisemitismus. der ja für viele Anhänger
und' besonders Verkünder der antisemitischen „Weltanschauung"
einen wesentlichen Teil ^ ihres Programms darstellt. gab derEr-
, p r e s s u n g s p r o z e ß, der 1909 in Berlin gegen den Mitarbeiter
der Bruhnschen /,Wahrheit" Dahsel verhandelt wurde und der mit
der Verurteilung des Angeklagten zu 1)<. I a h r e n Gefängnis"
u n bv 8 Jahren E h r v e r l u st schloß, sowie der Prozeß, der im
- Anschluß daran gegen den Verleger der „W a h r h e i t" Wilh.
- Brüh n wegen Erpressungsversuchsgeführt wurde, ein beredtes Zeug¬
nis ab. Bruhn wurde zwar freigesprochen, aber er hatte nicht die
geringste Veranlassung, hocherhobenen Hauptes von dannen zu gehen;'
! Presse Praktiken
niedrigen
- die aller Parteien war einmütig in der die
des Geschäftsantisemitismus, Verurteilung
Blatt betreibt. Die „Staatsbürgers ." riß im Jahre 1919 die Scho-
der
er in seinem

r kolade einer sehr bekannten Konditorei, deren Inhaber Christ ist, zu¬
gunsten eines in jüdischem Bdsitz befindlichen Geschäfts herab — -
Grund : der Jude inserierte in dem Blatte , der Christ aber nicht. Als
ein sehr smarter Geschäftsantifemit ^ erwies sich auch Herr Adolf BartelS
Barte l's -im Falle Heine-Reclam. Ihn übertrifft aber noch bei Bewer
weitem der antisemitische Barde Max B e w e r - Laubegast. Er , der
einst ein schaurig-schönes Gedicht zum Ruhme Baruch Spinozas ver¬
faßt hatte, schrieb dann die gemeinen Texte zu den berüchtigten anti¬
semitischen G l ö ß s che n B i l d e r b o g e n. Beim Erscheinen des Glötzscho
^Bilderbogen
i Bilderbogens „Deutscher Totentanz ", ^ er, selbstverständlichunter den
üblichen Angriffen auf die Juden , eine dreiste Verhöhnung der
protestantischen Kirche enthielt , ging auch die „Köln.
Volksztg." aus das entschiedenste gegen dieses Machwerk' vor. Das
katholische Blatt schrieb: Als Verfasser des Textes zum Bilderbogen
sei ihm der Schriftsteller Max, B ew e r genannt worden. Derselbe
sei katholisch getauft. Aber seine eigentliche Konfession sei der Ge¬
schäft s an t"i se miti s mu s. . '
-Der Geschäftsantisemitismus in erster Linie trieb Bewer zu der
Veröffentlichung seiner Broschüre „Wilhelm II . u n d A lex-
a n d e r III ." (4. Aufl. Dresden 1892), in der er auf das unglaub¬
lichste den Kaiser, zugunsten des Zaren herabgesetzt hat . Er schreibt
. dort : „Der Gedanke, daß Wilhelm II . durch fortgesetzte „Ju¬
chä i n - E i n s p r itz u n g^e n" in . . dieselbe seelische, politische und
ökonomische Lähmung versetzt werden könnte, wie sein unglücklicher
- Vater , liegt in Petersburg als Revanche für die Andeutungen . , .
ziemlich nahe,^ daß sehr wohl auch"Alexander III . den nihilistischen
Judentod seines^Vorgängers erleiden könne." Derselbe Bewer hat
während des Krieges aus dem Großen Hauptquartier überschweng¬
lich-byzantinische"Berichte für dep „Berl . Lok.-Anz." geschrieben, m
'deren einem er von dem „k ü n st l e r t'f ch sch ö n auf g e b a u t e it
Kaiserhaup t" spricht, das neben den Patriarchalischen Häuptetn
' Karls des Großen und Barbarossas ewig seinen jun g - g erm ani^
sch e n Typus in der deutschen Kaiser- Geschichte bewahren wird ")
Derselbe zartbesaitete Dichter veröffentlichte dann anläßlich der Ent¬
thronung des Kaisers . einen Spruch „F ü r st Vit - A b s chi e d", in
dem es heißt: „Selbst manchem Sozi tat es leidV- Um Einen, der
uns oft erfreut, —. Um Serenissimus! . .
Glötzsche Bilderbogen, s. Geschäftsantisemitisnchs. ,
Gobineau, Vater der ^modernen Rassentheorien, s. Rassentheorien. -
Goedsche— John Retcliffe. > ,.,Auf de m Judenkirchhof , im
Prag ." - - ^
Der aus. dem Waldeck-Prozeß als ' falscher Zeuge unrühmlich
bekanntgewordene ehemalige.„ KreuzzeiLungs" -Redakteur G o e d s che
hat auch eine Anzahl von „Zeitromanen " verfaßt, die man aber rich¬
tiger als -Schundromane zu charakterisieren hat, und diese unter dem .
Pseudonym „John Retcliffe" veröffentlicht. Einer von -diesen, der .
Ende ,der 60er Jahre unter dem Titel ^„B i ad ritz " erschienen ist,
enthält ein besonderes, Kapitel „Ausdem Judenkirchhof in
P r a g", in dem der Verlauf ' eines erdichteten „Sanhedrin " im
Jahre 1860 geschildert wird, das glle hundert Jahre einmal dort,
an dem Grabe des -Rabbi Simeon Ben Jehuda in ' der Nacht statt¬
finden soll. Nach dem Roman ' hatten sich' dort dreizehn Vertreter
eingefunden. Die 13 Männer , der Oberste der „Wissenden" und die
Vertreter der 12/Stämme Israels , .entwickeln nun ein Programm,
.das die Aufrichtung der jüdischen Weltherrschaft zum
Zweck haben soll. Das unsinnige Zeug., das die Reden der Ver¬
treter der 12 Stämme enthalten, setzt,aber ,doch eine genaue Kennt¬
nis der jüdischen Religion, jüdischer Bräuche usw> voraus , so paß
-man -einem so inferioren Geiste, wie Goedsche es war, -nicht ohne
weiteres, zutrauen kann, daß er .alles das, was er dort vorbringt,
aus eigenem erfunden hat. Er hat wohl sicher eines oder mehrere
der damals schon verbreiteten . Pamphlete gegen Juden und Frei¬
maurer und andere Geheimgesellschaftenals Unterlage benutzt und'
chch danach 'das, was ihm in den Kram paßte, zurechtgestutzt .* .
Dieses Goedschesche Romankapitel „Auf diem Juden ki r ch-
. Hof in Prag" hat nun in der antisemitischen/Hetzliteratur da-,
durch eine besondere Bedeutung erlangt , daß. auf seiner Grundlage
eine große Anz a'h l v o n an ti s em i tischen 'F äl s chun- .
g e n aufgebaut worden sind, die alle darauf hinauslaufen , leicht--
gläubigen und kritiklosen Gemütern das Märchen von der geplanten
W e l Lh e r r s cha f t der I u den -einzureden. In der jün asten
Zeit sind "zwei Sonderausgaben des in Rede stehenden Kapitels
aus . dem Goedscheschen Roman veranstaltet worben; -die eine davon
ist m dem bekannten antisemitischen Verlage von Karl Rohm in
Lorch (Württemberg) zun) Preise von 20 Pf . unter ,dem Titel „Was
ist jüdischer- Geist? von John . Retcliffe ', in verkürzter Form er- .
schienen. ' / . " -, ^
Die zweite Veröffentlichung rührt von dem vstkannten
K n ü p p e l - K u n z e her; 'dieser hat das ganze Göedschescbe Kapitel.'
ohne alle Kürzungen in einer besonderen Broschüre zum Preise?von
— 43 —

1 M. in seinem Verlage „Deutsches Wochenblatt" , Berlin -Friedenau,


unter dem Titel „D as G ehesmnis der j ü d i sch en Welt-
h e r r sch a f t" herausgegeben. Die beiden antisemitischen Verleger
haben durch die Neuherausgabe des Goedscheschen Kapitels ein sehr
verdienstvolles Werb getan;' ihre Veröffentlichungen ermöglichen es
einem jeden, .überall dort,- wo ihm in antisemitischen Flugblättern,
Broschüren oder Zeitschriften das Märchen von der jüdischen. Welt¬
herrschaft und den' Mitteln , durch die sie begründet werden soll, be¬
gegnet,' sestzustellen, Pb die Sache aus Goedsche stammt. In den
allermeisteü' Füllen ist dies sicher der' Fall. -Rabbiner-
So ist diebekannte „G r o ß - R a b bAn er - Rede" die, die „An- " GroßRede"
tisem. Korr.", das einstige Zentralorgan der deutschen Antisemiten,
im Jahre 1891 mit der besonderen Widmung „den Mitgliedern des
u
! Verems zur ' Abwehr des Antisemitismus als Angebinde" veröffent-
z licht hat, fast wörtlich aus diesem Kapitel entnommen. Trotzdem
! dieser Schwindel alsbald aufgedeckt wurde, wird die „Groß-Rabbiner-
I; .Rede" heute noch von den Antisemiten in Flugblättern usw. massen-
1 Haft verbreitet. ' ° ' - ' ' - "
. Im Jahre 1891 richtete der jungtschechische Abgeordnete B r e z -
! n o.w f f;t im österreichischenAbgeordnetenhaus eine Anfrage an „Ein Rabbiner
! den Kriegsminister,-weshalb die Schrift „Ein Rabbiner über . . ber die Gojim"
r d i e G oj i m" beschlagnahmt worden sei. Er las diese Schrift vor, u
die somit auf diese Weise an die Oeffentlichkeitgelangte. Der unter
dem Pseudonym- „Wilhelm Meister" verborgene antisemitische
Pamphletist veröffentlichte in seiner Schandschrift ,Ludas Schuld¬
buch" Auszüge daraus nach der „Wiener Deutschen Zeitung" vom
15. März 1901. Dieselben Auszüge brachte auch die völkische Wochen¬
schrift für Deutsch-Oesterreichs „Michel wach auf l" im März
v. I . zum Abdruck, und danach hat sie G. zur Beek dem Beiwerk
! eingefügt, das er seiner Veröffentlichung des gefälschten russischen „Die Weisen
r Spitzelberichts „Die ' Geh 'eimnisse der Weisen Don j von Zion"
! Z i o n" auf S . 31 ff. vorausschickt . Die Veröffentlichungen bei
Wilhelm Meister und bei G. zur Beek stimmen wörtlich miteinander
! überein. Vergleicht 'man nun den Text der Schrift „ Ein Rabbiner
r über die Gojim" m'ii dem Goedscheschen Kapitel „Auf dem Juden- V-
kircbhof in Prag ", so findet ' man sofort, daß jene nur aus diesem'
entnommen sein kann.
| . Nun bemerkt G. zur B e e k beim Abdruck der Auszüge aus der
Schrift „Ein Rabbiner usw.", diese Auszüge ließen darauf schließen,
. „daß ihr Verfasser an den Sitzungen der W eise n v o n Z i o n
(die anläßlich/ des 1897 in Basel abgehaltenen 1. Zionistenkongrefles
stattgefünden haben sollen) teilgenommen oder den Inhalt ihrer
Berichte gekannt/hat ". Der deutsche/Herausgeber der Schwindel¬
berichte „Die Weisen von Zion" erbringt mit seiner Behauptung,
ohne es im geringsten zu ahnen, einen z w tat genden B e w e t s
dafür , daß auch, die aus dem Russischen übersetzten „W ei s eit , von
Z i o n" e i n e F Ll.s chung d arstellen. Er hat-vollkommen recht,
wenn er auf die- Uebereinstimmungen zwischen der Schrift „Ein
Rabbiner usw." und' den „Weisen von Zion" hinweist, und sein
Hinweis entbindeb uns "von der Notwendigkeit,' den näheren Nach¬
weis nach, dieser Richtung hin zu führen- Aber der Schluß, den er
aus der Üebereinstimmung zieht, ist- vollkommen falsch, wie jeder
vernünftig und. logisch^Denkende zugeben muß. - Der antisemitische
. „Rabbiner " hat seine Weisheit aus dem zu Ende der 60er Jahre
erschienenen Goedscheschen Roman geschöpft , er .verdankt sie also
keineswegs den „Weises von Zion", deren angebliche Zusammen -/
kunft erst 1897^in Basel stattgefunden haben soll; es bleiben mithin.
\ nur die beiden Annahmen ,übrig, daß der' russische Spitzel und seine
^ Helfershelfer bei 'der Abfassung der „Wersen von Zion" ihre Weis-,
heit entweder aus Goedsche entnommen oder eine aus den »30er.
Jahren-des vor. Jahrhunderts stammende gemeinsame ältere Quelle
> , benutzt, haben. Verschiedene Momente sprechen für die letztere An¬
nahme; höchstwahrscheinlichhandelte es.sich um eine noch unbekannte
' französische Quelle; Goedsche stammte ' ja aus Düsseldorf , Her Ge-
burtsstadt Heines, er -war. des Französischen mächtig und hat für
seinen' Schundroman sicherlich viele französische Quellen benutzt.
Man kann jedenfalls HerrnG. zur Beek. aufrichtig dafür dankbar
E ?' sein, daß Tr in so Hohem Maße zu der Erbringung des. Nachweises'
Leigetragen hat, daß die „Weisen vHn Zron " eine Fäl-
' sch'ung dar stell en. ' '
„Jungjüdrscher Wilh . M e i st e-r druckt vor den Auszügen aus der Schrift. -,Ein
Rabviner auf dem Rabbiner über die Gojim " einen Auszug aus der Rede ab, die eim
^n^«embe?a" j u n gj ü di s ch er R ab bin er auf dem Judenkongreß in Lem -
Lerg im Jahre 1912 gehalten,haben soll- und er bemerkt , in der
Ueberleitung zu dem darauffolgenden - Stück nachstehendes .: „Wahr¬
scheinlich ist das derselbe R a/M i n er, der jene aufschlußreiche
Broschüre über die „Gojim " geschrieben hat, die am 14. 'Marz 19.01;
auf Antrag des Abg. Breznowski Gegenstand einer- Verhandlung im/,
österreichischen Abgeordnetenhause war." Nein, es war nicht derselbe
Rabbiner ; sondern die Uebereinstimmungen zwischen beiden Elabora¬
ten erklären sich sehr einfach Hamit, ' daß alle beide Fälschungen dar¬
stellen, die auf das Goedschesche Romankapitel als Quelle zurückzu-
führem sind. Üebrigens ist^schon längst der Nachweis , dafür erbracht
worden , daß die angebliche ' Lemberger Rede eines' jungjüdischen
' Rabbiners aus Goedsche stammt . > 7•
Deren Fälscher hat in die Rede noch/einige besonders scharfe,
-- gegen die ka t h o l i s che Kirche gerichtete Angriffe hineingebrächt,
wie die folgenden : „Der Hauptfeind der Juden ist die.ka t h o lisch e
Kirche. Deshalb haben wir aüf diesen Baum-den Geist der Frei¬
heit und Disziplinlosigkeit gepflanzt . ... Wir haben auch den Kampf
: , und. die Uneinigkeit zwischen den verschiedenen -christlichen
' Konfessio¬
nen großgezogen . In erster Linie werden wir mit der größten Er-,
^ bitte'rung gegen den k-a t h ol ?i sche n Kl e ru s .kämpfen . Wir
werden gegen ihn Spott, Verwünschungen und Skandalgeschichten
aus ihrem Leben schleudern - um sie chem Abscheu der Welt auszü-
liefern; wir werden uns der Sch ule bemächtigen , die Kirche , wird
ihren Einfluß verlieren , wenn sie arm. wird, und ihr Reichtum wird
.* . die Beute Israels werden ." / ^ ••
‘ Inter- Es ist ein sehr interessanter Beleg fürdie Jnternatio-
natronattsmus nalität des An t i s emitismus, daß diese. „Rede" auch - in
die französische antisemitische Presse gewandert ist und daß sie von
dort' nach einem Berichte der.„Kranes ck ^diar et Erance de demaiii?
.wieder ihren Weg nach Deutschland 'zurückgefunden
'hat. In einer
Uebersetzung aus diesem französischen Blatte veröffentlicht sie der
!>. Klimsch katholische Geistliche
. Dr. Robert Klim sch in seiner antisemitischen
„Die Juden" Hetzbroschüre „D i e I u d .e n", die, mi t dem I m p r i ür a t u r
des Fürstbischo f s v ön Regen sb u r g (!) versehen , im Ver¬
lage von G. I . M a n z in,Regensburg erschienen ist. Für den.Geist,
in dem diese in katholischen Kreisen viel verbreitete ' Hetzschrift
,ge-
. halten ist, spricht die Bemerkung
, die Dr. Klimsch der „Rede"-auf
S. 51 anfügt: „ Wir wissen nicht, ob jeder Satz so. gesprochen worden
ist, wie er hier -wiedergegeben ist, ctI l e in selb st w,e n n di e
g am%e 91e d e nur e i n e E r f i n d u n g w ä r e, d er I n h a l t
,ent sp r ä chL t r o tzd ein d e n. T a t sa chen." Und solche Perfide
und nichtswürdige Unterstellungen gehen unter ^der Autorität der »
bischöflichen Approbation in die Welt!
Auch das vielverbreitete , in Paderb o r n erscheinende katho-'
^ lische SonntagsblaLL„Leo " brachte am 22. Februar 1920 Stücke „Leo" ,
aus . dieser Lemberger„Jungrabbiner-Rede" zum Abdruck und es
-widmete ihrer .Zurückweisung , einen 3 Spalten langen Artikel
„Ni cht Jud en haß , sondern Christenschutz !", der die
gehässigsten Schmähungen gegen die Juden enthielt.
Vor der Lemberger„Rede" -druckt Wilh. Meister eine Aeußerung
ab, die ein Or. Moritz Kohn schon „ lange vor dem Kriege" ge- Dr. Moritz Kohu
tan haben soll, in der namentlich von der angeblichen Beherrschung *
des Geldmarkts und der Presse durch die Juden , die Rede' ist und
die schließt : „Der jüdische Geist hat die Welt erobert."' Auch hier
handelt es sich um eine aus dem Goedscheschen Romankapitel be¬
ruhende antisemitische Fälschung . Sie erschien zuerst im „Hammer" ' -
des Herrn Theodor Fritsch vom 1. Juni 1912(Nr. 239) auf S. 281,
und Herr Fritsch ist nicht in der Lage, die Quelle anzugeben , aus
der er,sie geschöpft hat. In der Hamwerschrift Nr. 19 „I ü di sche
Selbstbekenntnisse ", die Fritsch zuerst unter einem seiner
Pseudonyme Theodor Kämpfer herausgegehen hat, die jetzt aber
anonym .erscheint und im wesentlichen nur eine Zusammenstellung,
der in Fritschs Hdb. verstreut dargebotenen herabsetzenden Aeuße-
rungen von Juden über das Judentum darbietet, führt Fritsch am- .
Schlüsse auf S. 30 einige Stellen an,, über die ihm nähere Quellen¬
angaben erwünscht wären; darunter befindet sichguchdie angeb¬
liche Aeußerung.des mysteriösen Dr. Kohn. >
Herr Wilhelm Meister hat vollkommen recht, wenn er die hier WUh . Meister
besprochenen angeblich , für das Streben der Juden nach der Welt- Schuwduch"
Herrschaft zeugenden Stellen in dem Kapitel „Alljudaan" (S. 101) Welih «-rrschast
. als „rom anh a ft klingen d" bezeichnet , und zwar we't mehr KSudaan"
recht, als er es sich beim Niederschreiben dieser Charakterisierung " ^ ^
'vorgestellt/hat: es sind durchweg antisemitische Fälschungen und sie
ftfe mmen w t r ft i ch aus ein e'm Roman, aus dem Schund¬
roman C'hren-Goedsche -Retcliffes. Und hauptsächlich auf diese Fäl¬
schungen haut-Herr W. M. in den' Kapiteln „Alljudaan" und „Dch
Weissagung " seiner Schandschrist„Judas Schuldbuch " seine windige
Theorie von/ der wurch die Juden mit Hilfe des Goldes und
der Presse -erstrebten Weltherrschaft auf. Nach den Reklame-
Waschzetteln , die d.er Deutsche Volksverlag in München für das Buch
verbreitet hat, soll sich hinter_dem PseudonymW. M. der Name
eines hob en S t a a ts b e a m t etr verbergen. Sollte es nicht
: jnöglich fern, den Namen dieses Ehrenmannes zu ermitteln? Ein
Mensch , der mit derartigen Fälschungen operiert, um das. Volk mit
dem antisemitischen Gift zu infizieren, verdient es wahrlich , mit '
Schimpf und Schande aus seinem Staatsamte gejaat zu werden!
Auf das in Rede stehende Kapitel des Goedscheschen Romans baut
sich.auch die Lüge auf,wie Th. Fritsch 1919 in seinem' „Hammer"
verbreitet hat. der Z i o n ist en ko n gr eß v o n 19 0 9 habe seinen
-' Mitchiedern den Auftrag?gegeben , durch vernunftwidrige Maßnahmen
.das öffentliche Leben des^.Staates zu verwirren,-um die Völker in sich
. Uneinig zu machen und -dadurch die Ausrichtung der jüdi-
sch en O b er h e r rs chu f t . zu erleichtern .
Auf dieselbe Quelle geht
auch die. von der Zeitschrift „Deutsch!. . Erneuerung " (JanFl8 'i ver¬
breitete Fälschung zurück, ein angeblich-im Jahre 1913' begründöte
.-,N eu e -Inte . rn a ti o n ale B an k en al li anz ^in P a ri s"
habe einen Aufruf erlassen, nach dem die Stunde , für die Hochfinanz-
geschlagen habe, öffentlich ihre Gesetze der Welt zu diktieren
Goethe. »
Was würde man , wohl von mnem Menschen sagen,.' der Gvethes
berühmten Osterspaziergang im „Faust" zum Beweise dafür anführen
wollte, daß der Dichter ein Feind des Naturgenusses und der Freude
an der erwachenden Natur im Frühling gewesen sei? Man würde
es mit 'vollem Recht als wahnsinniges Unterfangen hinstellen, die
Verse, die Goethe dort Wagner sprechen läßt : „Man -sieht sich leicht an
Wald und Feldern satt, — Des Vogels Fittich werd' ich nie be- -
neiden usw.", und die bestimmt sind, durch den krassen Gegensatz die-
Verherrlichung des jungen Frühlings um so kräftiger hervortreten
zu. lassen, .in 'dem amzegebenenSinne .deuten zu wollen. Genau- das¬
selbe tun aber die Antisemiten, die einzelne Verse oder Prosastellen,
in den Werken Goethes aus dem Zusammenhang reißen, um damit
den Dichter .zu ihrem . Gesinnungsgenossen zuistempeln. Sie zitieren
mit Vorliebe aus dem „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern " die Verse:
„Und dieses schlaue Volk sieht einen Weg nur offen,
Solang die Ordnung steht, solang hat's nichts zn hoffen. '
. . . . Sie haben einen Glauben, ' ' '
Der sie berechtigt, die Fremden zu berauben.

Der Jude liebt das Geld and fürchtet'die Gefahr. *-


Er weiß mit leichter Müll und ohne viel zu wagen., ' '
^ - Durch Handel und durch Zins, Geld aus dem Land zu tragen."
Diese Verse drücken keineswegs die Ansicht Goethes aus, der
Di chter legt sie vielmehr dem Judenhasser Ham an, dem Minister des
Königs Ahasverus, in den Mund, damit dieser.dadurch bestimmt wer¬
den soll, alle Juden im persischen Reiche zu vernichten . Was der
König erwidert, wird natürlich unterschlagen ; er sagt: ^ : !
„Ich weiß das nur .zu gut, Mein Freund, ich bin nicht blind;
Doch das tun andere mehr, die unbeschnitten sind."
Mit demselben Unrecht versucht man 'insbesondere aus drei .aus
dem Zusammenhang gerissenen Stellen in „W i.lh elm M e i sters
Wand erj ähren" 2 ( . Buch, 2. Kap. ünd 3. Buch, 9. u. 11. Kap.)
die Judenfeindschaft Goethes zu beweisen. Eine Stelle im 13. Buche
-von „Dichtung und Wahrheit" hat Ehamb^ rlain vpr 20 Jahren um¬
gefälscht in „Duldsamkeit gegen die Juden bedroht
d i e b u rgerliche Berfas su n g". Trotzdem dem Fälscher nach¬
gewiesen wurde, daß an der betr. Stelle das genaue Gegenteil dessen
steht, was . er behauptet, hat CH. seine Fälschung in . „Deutschl. Ern ."
und in einer besonderen Flugschrift während des Krieges von neuem
wieder auf das Tapet gebracht. Gerade irn 13. Buche von „D.
bekennt sich ja Goethe ausdrücklich'als Anhänger des Humanismus
und damit der Judenemanzipation . Es ist geradezu lächerlich, .be¬
haupten zu wollen, daß unser größter Dichter ein Judenfeind ge¬
wesen sei, er, der stets auf das entschiedenste die Toleranz in Glau¬
benssachen vertrat und der einst über Lessings.„Nathan " folgenden
Ausspruch niedergeschrieben hat: „Möge doch die bekannte Erzähluüg,
— 47 —

glücklich dargestellt, das deutsche Publikum aus ewige Zeiten erinnern , .


daß es nicht nur berufen Mrd , um gu jtf)aiteti, sondern auch um zu .
\ Hörem und zu vernehmen,! M ö g e z u g l e i ch d a s darin aus¬
gesprochene göttliche Duldungs - und Schonungs-
gef üh l der N ation,h eil i g un d w ert blerben Der
vertraute Genosse seiner letzten Jahre , F . W. Riemer, hat ausdrück-'
/ li'ch bekundet, daß G. „ke i n seiner als Natur - und Geschichtsforscher
unwürdiges Vorurteil gegen sie (die Juden ) haben konnte", und
er . selbst sagt ja in seiner Schrift „Meine Religion" ausdrücklich:
„Aber ich ' h as s e d ie ' Iu d en ni cht. Was sich m meiner
früheren Iu gend als Abscheu gegen die Juden in mir
regte, war mehr S che u vor dem Rätselhaften, vor dem Un¬
schönen. Meine V e r a chLu n g , die sich wohl zu regen pflegte, war
mehr der Reflex der mich umgebenden christlichen Männer und
Frauen . Erst später, als ' ich viele geistbegabte, feinfühlige Männer
dieses Stammes kennen lernte, gesell Le sich. Ä cht u n g zu der
Bewunderung, die ich für das bibekschöpferische Volk hege und
für den Dichter, der das Hohe Liebeslied gesungen." DaßG . über¬
haupt antisemitische.Regungen fernlagen, geht ja schon'daraus hervor,
. daß er/S pino z a neben Shakespeare und Linus als den Geist be¬
zeichnet hat, der den seinen am stärksten beeinflußt habe. Die Anti¬
semiten haben G. wiederholst direkt als Jupenabkömmling hingestellt;
Eugen Dühring will bei ihm „h e b r ä i s che Regunge n" sestge-
stellt haben, und in alldeutschen Kreisen ist man überhaupt auf den
„Kosmopoliten" und Gegner des Nationalitätenhasses G. sehr schlecht
• zu sprechen.
Gpldjtein, vr . Mo itz.
^ Der Zionist Dr . Moritz Goldstein hatte im ' „Kunstwart"
- (März 1912^) mit einem Artikel ^Deutscher Parnaß " eine Aussprachest
über die Judensräge in Deutschland eröffnet. Dieser Artikel Gold¬
steins stellt jetzt eine der schärfsten Waffen der Antisemiten im Kampfe.
gegen 'die deutschen Juden dar ;' allüberall begegnet .man Sätzen aus
^dern Artikel G.s wie. den folgenden: „Wir Juden verwalten den
geistigen Besitz eines.Volkes , das uns die Berechtigung .und die Fähig¬
keit dazu abspricht . .. . Niemand bezweifelt ftrt Ernst die Macht, die
die Juden in der Presse.besitzen" usw. Bezeichnend für Herrn G. ist
es ja auch, daß er in seinem Anil ^l Herrn Chamberlain „wahrheits - .
liebend^ nennt und daß er ihn - wenn, auch unter Mißbilligung
seiner gehässigen Angriffe gegen das Judentum — zu den „besten
Geistern" zählt. Herr Avenariüs selbst -bemerkte am .Schluß der
„Aussprache": „Die ungeheuerliche Tatsache (der .angeblichen jüdischen
Geistesherrschaft), die Anden ebenso wie Nichtjuden' das Blut auf-
regen muß, fordert unerbittlich zu Maßregeln auf. 'Dieser Konflikt
mutz aus irgendeine Weise.,gelöst werden.". Einer Widerlegung der
- x maßlosen Verzerrungen und Uebertreibungen. die die Ausführungen
der beiden Herren enthalten, bedarf es wahrlich nicht; es genügt, das
1wiederzugeben , was Ottomar Beta, also ein Antisemit, zur Kenn¬
zeichnung des Herrn Dr . Moritz Goldstein und des Milieus , aus dem
seine überheblichen Deklamationen entstanden sind, in der „Tgl . Rund¬
schau" (1.- 10. 12) ausgeführt hat : , „Die Vorstellung, unseren geistigen
Besitz verwalten zu müssen, kann doch nur dem Cafe Größen-
w a h n. entsprossen sein, wo Jung -Juda sich an P h a n t a 's m e n.
.berauscht. In Zigarettendünsten scheint ihm die Morgenröte der jü¬
dischen.Weltherrschaft am/Himmel emporzudämmern ."
. - — 48 — , / :V ' ■‘-":
Gorki, Maxim, Bekämtzfer des Antisemitismus in seiner Zeitung
„Nowoja Shisn" (Neues .Leben), s. Bolschewismus, Inter¬
nationalismus.
. Gochein, Reichsministera. D., Vorsitzender des Vereins zur Abwehr ,
des Antis., s. d.; seine Schrift : ,Mie wir den Krieg verloren",
s. Schuld am Kriege.
v. Graefe, der Talmi-Junker, s. Deutschnat. Volksp. ^ '
Grimm, Pfarrer in Frankfurt a. M^, gegen den Antisemitismus... s.
Geistliche und Ant . -
Grotzdeutsche Freiheitspartei, s. Antisemitische Splitterparteien.
Großindustrielleals Kriegsgewinnler, j. Kriegsgewinnler.
Großloge für Deutschland U. O. B . B ., s. Freimaurer..
, „ Grotzrabbiner -Rede," antisemitische Fälschung, s. Goedsche.

9aber , Prof., Erfinder der Stickstofferzeugung aus der Luft, s. Krieg


Äund Landwirtschaft.
Handlungsgehilfenverbaind , Deutsch-naüonaler. '
Der i. I . 1893 gegründete Verband hat sich von je als ein will¬
fähriges Werkzeug des Antis e m itismus erwiesen, seine Führer v
? spielten — auch heute noch — eine große Rolle in
_ . So Herr S cha ck, dessen eigenartige Liebesaffären dieser Bewegung,
ihn als Schützer
deutscher Moral besonders befähigten,' so Herr Bechly, -und vor allem /
Rdth Herr R o t h , ^ine der Größen der Deutsch-Völkler. der sich gern Herr /
Häuptmann titulieren läßt, und .auch untere den Pseudonymen -
„Dr ." Friedrich und Otto Armin schreibt. Angeblich politisch meu-
Die politische tral , ist noch gelegentlich der letzten Leipziger Tagung des Verbandes
„NeuttalttäL" des betont worden, daß er viele seiner Mitglieder der deutschnationalen
D. H. B. -Sache zugeführt habe. Mit dieser politischen Neutralität vereinbart
sich jedenfalls auch ein Paragraph seiner Statuten , wonach I u d e n
^ keinerlei Mitgl .iedsrechte erwerben können.
Diese „Neutralität " zeigt sich auch im Verhalten gegenüber den
Parteien . . So war der D. tz. V. überall dort zu- erblicken, woesgalt^
^ den Kampf gegen di e Linke zu führen. Vor allem wurde schon
. früher kräftig geschimpft auf die „freisinnigen Volksbeglücker , die
aus Rücksicht auf ihre innige Verwandtschaft mit den bekannten
hosenverkaufenden Jünglingen für neue. Gesetzesvorschläge nicht
haben wären ". Eng liiert ist' man ' mit der S chw e r i n d u st r r e
— wohl unter tatkräftiger Mitwirkung des Herrn Roth, der früher.
Geschäftsführer eines ihrer Verbände im Rheinland - war . Ebenso
verbrüdert ist der D. tz. V. mit dem Bund der Landwirte, was s. Zt.
auf einer Versammlung in Minhen offenbart wurde. : Dort war/
\ nämlich ein Herr Carl Bosenius -Düisburg als Mitglied des D. HrV . -
und Angestelltender Schwerindustrie erschienen. Er sang ein Loblied :
. auf den B . d. L. und auf das „Kartell der schaffenden Arbeit". ' Der
Bundesdirektor Dr . Diedrich Hahn schlug in die entgegengestreckte
' Hand ein mit den Worten: „Wir gehen mit den Angestellten einig,
# wir, müssen uns gemeinsam mit ihnen gegen das Großkapital und ,
gegen die Verjudung wehren." - . . -
Eine rückschrittliche Haltung nimmt der D. H. V. auch in der
Frmrenfraae^ Frauen frage ein . So äußerte sich
das 'Verbandsorgan , / es
müsse, im Kampfe gegen die „ hergelaufenen. Fremdlinge " erreicht .
. ' werden, daß jüdische Geschäfte trotz höchster Gehältsversprechungen.
nur noch Mädchen (!), aber keinen deutschen Handlungsgehilfen mehr
bekommen", bet diese ,,es mit ihrer Ehre nicht vereinbar Halter:,
. einem Juden um Geld zu dienen ". Im Jahre 191? hat der Verband
eine Eingabe an den Reichstag gerichtet, worin dieser ausgesordert
wird, beizeiten Sorge zu tragen, daß jede Verdrängung männlicher
. Beamter durch weibliche Kräfte vermieden, vor allen Dingen eine
amtliche Unterstellung der Männer unter Frauen
-ausgeschlossen .und den heimkehrenden Kriegern die Anstellikngs- und
Erwerbsmöglichkeit- nicht durch weibliche Konkurrenz unterbunden
oder verschlechtert wird. '' ' _ ’ ’
. * Die niedrige Kampsesweise des D. H. V. und seines Organs
„Deutsche Handelswacht" hat- auch die Behörden beschäftigst Im HanÄblswachL"
-amtlichen Beirat für Ärbeiterstatistik wurde erklärt, die Bekämpfung
Andersdenkender und Herabsetzung' anderer Verbände durch . Ver¬
leumdungen scheine das Prinzip des D. H. V. zu sein. Geh. Ob.-
Reg.-Rät 'Neumann bemerkte sogar, hie Kampfesweise sei so, daß sie
.'entschieden niedriger gehängt werden müsse. . Sogar bei den antisem.
Freunden -stieß die Tonart des Verbandes ab, und der Abg. Zimmer- ' *-
mann gab ihnen zu verstehen, daß die Herren sich an die Kritik An-
-dersdenkender trotz allen- potenzierten Selbstbewußtseins schon ge¬
wöhnen müßten. . \
' Wie es mit den Anschauungen über geschäftliche M or al —
über die sittliche besagt ja der' Fall Schack genug — in diesem Ver- .
- band bestellt ist, .kennzeichnet ein vor dem Weltkriege erschienener Ar¬
tikel , in einer von . ihm herausgegebenen Zeitschrift „Der Deutsche
Kaufmann im Auslände". Die deutschen Exporteure werden darin
. aufgefordert, nach dem Muster belgischer Firmen , zwecks Täuschung 1
der^Zollbehörden — also zur Eigenen Bereicherung — Unter*
v a I uLie r u n g e n zu. begehen, also zu'einer gröblichen Verletzung l-
der in der deutschen Industrie maßgebenden Anschauungen über Ge-
.wissenhaftigkeit und Ehrbarkeit, angeregt. Wenn das e:n „jüdisches"
Blatt geschrieben hätte ! — — — :
" Heim- Dr., über agrarische Kriegsgewinnler , s. Kriegsgewinnler,
' Kriegsgesellschaften; als Antisemit, ^ Zentrum.
, rreitschke.
, Heinr., s. Bartels, Bismarck
Herne
Hemze, Or ., Führer der Deutschen Volkspartei gegen den Antisemitis- -
mus . s. Deutsche Volkspartei.
Helsferich^ s. Deutschnat. Volksp.; „Jude ", st Judenschnnffelei.
'Herder.
Die Antisemiten hasten es sogar sertigbekommen, H e r d e r,
einen der größten Humanitätsapostel aller Zeiten, als einen der
' Ihrigen -nüszugeben. Sie Lun das unter Berufung auf eine Stelle aus /

dessen„Ideen usw.", an der H. sagt, „daß die Juden von jeher lieber
unter anderes: Nationen lebten", „daß es (das jüdische Volk) nie zur
Mise einer politischen Kultur auf eigenem Boden, mithin auch nicht
zum wahren Gefühl der .Ehre und Freiheit gelangt". ' „Das Volk
' Gottes ist eine parasitische Pflanze auf den Stämmen anderer Nat 'w- '
neu usw." Im denselben „Ideen " bespricht Herder nun die L'cht- - ' -
und Schattenseiten des Judentums . Die in ' Rede ..stehende Stelle
schildert die Schattenseiten n a chd e n damalig e n Zustänhen,
• aber die Zukunft, die ihm vorschwebte und von der die Antisemiten
schweigen, ^ natürlich ! denn ün 'dieser Zukunft Herderscher Prophetie '
hat /der Antisemitismus keiner: Raum — ist geschildert in folgenden
Horten : „Es wird eine Mt kommen, da man in Europa nicht mehr
4
fragen wird, wer Jude wder -Christ sei, denn auch -der Jude wird
nach europäischen Gesetzen leben und zum Besten des Staates bei¬
tragen . Nur eine barbarische Verfassung hat ihn daran hindern .oder
seine Fähigkeit schädlich machen können."' ^ .
Herder erkannte sehr gut, haß jener von ihm oben gerügte -Feh¬
ler der Juden auf Konto ihrer -Behandlung seitens der Christen zu
setzen sE (s. Ädrastea, lieber die Bekehrung- der Juden ): „Me Ge¬
setze, die den Juden ärger als Vieh achten, ihm nicht über den Weg
trauen und "ihn damit täglich, ja stündlich ehrlos -schelten: sie zeugen
von der fortwährenden Barbarei des Staates , der aus barbarischen
Zeiten solche Gesetze,duldet. . . . Daher ist es der Europäer Pflicht,
die Schulden ihrer Vorfahren zu vergüten, und die durch sie ehrlos
wurden , der Ehre wiederum fähig und wert zu machen,"
Wie könnte gerade Herder Antisemit/gewesen sein, der einst zur
Verherrlichung Israels folgende Worte niedergeschrieben .hat:
„Israel w^är und ist das ausgezeichnetste Volk der
Erde; in seinem Ursprung und Fortleben bis auf den heutigen
Tag ; in seinem Glück und Unglück,. in -Fehlern und Vorzügen,
in seiner Niedrigkeit und Hoheit so einzig, so sonderbar, daß ich. die
Geschichte , die Art , die Existenz dieses Volkes-für den ausgemachtesten
Beweis der Wunder uüdi Schriften halte, die wir . von ihm haben
und wissen." Welche Verehrung Herder für seinen großen jüdischen
Zeitgenossen Moses M end elssohn empfand , ist bekannt. ..Schon-
als Jüngling begeisterte er sich für dessen „PHädon" und trat 1769
^mi^ ihm in direkten brieflichen Verkehr, der viele Jahre dauerte .und
einen durchaus herzlichen Charakter trug.
HergL, Führer der Deutschnat. Volkspartei, s, Deutschnat. Volksp.
Hoffmann v. Fallerslebern
Unter- den' 1840—41 erschienenen „ Unpolitischen Liedern" Hein¬
rich Hoffmanns v. Fallersleben,/des Dichters der deutschen National¬
hymne, befindet sich ein einziges, das ganz aus . dem Nahmen der
übrigen hinausfällt und in dem man auf den ersten Blick eine, anti¬
semitische Spitze zu finden meint. Das Gedicht gehört jedenfalls nicht
zu den besten des Dichters Und es rechtfertigt höchstens den merk¬
würdigen Titel der Liedersammlung .„Unpolitische Lieder" für Ge¬
dichte, die durchweg politische Dinge 'behandeln .: »Dieses '„An Israel"
betitelte Gedicht bezieht sich aber offenbar gar micht auf das emanzi¬
pierte Judentum , sondern hat noch die GhetLozuständeW Äuge. Das
beweisen namentlich die Schluhverse des -Gedichtes:
„Willst du nicht deine Knechtschaft ' hassen, ' .
Nie ziehst du durch der Freiheit Tor ." . . ^
Bekanntlich ist ja der- Dichter wegen seiner „UnpolitischenLieder"
gemaßregelt und seines/Amtes als Professor' der Germanistik in
Breslau enthoben worden. H. v. F . war aber eher-alles andere^ nur
kein Äntisemit. Sein einziger heute , noch lebender Sohn, der be¬
kannte Landschaftsmaler Professor Hofsmann, shrach einst seine tiefste
Entrüstung darüber aus, daß das Lied „Deutschland, Deutschland über
alles" von den I nt i s e.m i t e n z u i h r e m S .ch'l a cht r u f er ¬
koren worden ist. Wenn es irgendeinen Menschen gegeben habe,
dem Brutalität und Rassenhaß zuwider waren, so sei es sein Vater
gewesen. Gerade unter den Juden habe er seine hilfreichsten und
treuesten Freunde gehabt, und nun werde über seinem Grab ein
Lied, das er zu Deutschlands 'Ehre gesungen, zu -Zwecken verwendet,
die der Dichter sicherlich:sür eine S cha n d e Deut sch l a n d s ge-

/
<■' ■ — 51 —
/ ■ . * ■
halten hätte. Antisemitische Gesinnung stand doch einem Dichter wie
tz. v. F. vollständig fern, der Verse niederg-schneben hat, wie die
' nachstehenden : -
■>ii Sich untereinander verstümmeln und morden,
^ . Ist eine Wissenschaft geworden , .
'r Wodurch man gelanat zu G ^fr ’ und Ruhm;
Das ist mir ein schönes Christentum! -
Du bist ein D eutsche r! Das lteb ich seh^.
Und bist auchM ensch , das gefällt mir noch mehr.

J acob, Dr., Rabbiner irr Dortmund, gegen den Antisemitismus, s. b.


Jaeobsen, Rechtsanw ^ in Hamburg, antis. Agitator, s. Alldeutsche,
p. Jagow, ehemal . Poüzeipräs . von Berlins s. Kapp-Putsch. >
v. Jagow, ehemaliger - Staatssekretär des Ausw., s. Schuld am Kriege.
-JnternaLionalismus,.„jüdischer " und antisemitischer.
> Einer der häufigsten Vorwürfe, der dem Judentum von den
-Antisemiten gemacht wird, ist der des Internationalismus. „Das
internationale Judentum, sitzt am Webstuhl ^ des Todes aller Völker",
schreiben die „Deutschvölk . Bl.". . Wenn das Judentum wirklich
international würe^ pnd über einflußreiche internationale Be-
' ziehungdn verfügte, wäre es in Wirklichkeit in der Lage, am Web¬
stuhl des Lebens aller Völker zu arbeiten. Dann Hätte auch
unsere Diplomatie aus diesen Beziehungen Nutzen ziehen können,
wie einst Bismarck die internationalen Beziehungen seines Bankiers
v: Bleichröder im Interesse seiner auswärtigen Politik trefflich aus-
zunlltzen verstand. Wir hätten auch sicherlich einen anderen Frieden
als den Schmachfrieden ,von Versailles erhalten, wenn die Juden nur
einen Teil des Einflusses auf das Ausland besäßen , der ihnen an-
gedichtet wird. Hätten sich doch mix die Deutschen , die in großen
Scharen nach dem Auslande ausgewanderb sind, die vor .Jahr¬
hunderten aus ihrem deutschen Vaterlande vertriebenen Juden zum
Muster genommen , die bis-heute treu an der deutschen Sprache fest-
gehalten haben. Die v.ielgeschmähte Alliance Israeli te (s. d.) ist nichts
weiter als ein Wohltätigkeftsverein.
Mit weit mehr Recht aber kann man von einer antisemitischen
tnternationale
chutz
.
sprechen
- und Trutzbundes
Das Hauptorgan „Deutschvölkisc
des
", die „Deutschvölh Bl ." und die durch
^ihre besondere Gehässigkeit ausgezeichnete antisemitische Zeitschrift
„A u f V o r p Hsten" veröffentlichMl gleichzeitig nach der russischen„Prisyrv ",
Zeitschrift„P r i s y w" (Der Ruf) Mn angeblichesj ü kmsches Ge - antis . Zeitschrift
russ.
/ hei mb o ku m en t, das beim Zusammenstoß mit den bolschew' sti-
schen Regimentern an der esklandischen Grenze am 9. Dezember des
vorig. Jahres in der Tasche des gefallenen Bataillonskommandeurs , des
. 11. Schützenregiments S u n-der gefunden worden sein soll und aus
d^m kühne Schlüsse über die Tätigkeit und heimliche Organisierung
der Juden in Rußland sowie über den angeblichen Zusammen-
w i.s m u s ge-^
h a n g z w i schen I u d ep t u m u n d B o l s cheAufruf,
zogen werden/ Der in jiddischer Sprache verfaßte der „a n
die Nbteilllngsvorsteher des Internationalen
Verb an des . der Israeliten" gerichtet sein soll, ist
• aber i d entisch mit einem von russisch - antise-
m i t i s cheT Seite g e f ä l ßcht e n Auf r u f , den M a xi m
. Gor kr b er e i t s i m Jahre 1918 in , der von -ihm Maxim Gorki
herausgegebenen Zeitung „N o w oj a S h i sn" (Neü^s Leben) als
4*
' ' ^ /- 52 v '/ :'
• , •' ' i .. ■'' . ■ .■ " ■ ■ ' . ■' , .. " ■-■' . '■
F a l s chu n g d er r u s s i s chen „chx i stl i chen So z i ä l i ste n"
(so nennen sich ' in Rußlano die Antisemiten) n ä chg e w i e s e n h ak.
Der Aufsatz , in dem Gorki diesen Nachwejs erbringt/ist in deutscher -
Uebersetzung im Oktoberheft-1918 der „Süddeutschen Mönatshefte"
(also eines des Philosemitismus keineswegs verdächtigenBlattes) .
erschienen . , ^ , v- -.
' Wie ninnnt es sich angesichts einer so plumpen Fälschung, die
nach zwei Jayren von den Verbündeten russischen ^und deutschen Anti¬
semiten wieder aufgewärmt. wird, aus, wenn die „Deutschvölk . Bl ."
sich über den angeblich ; neuen Aufruf iw der angegebenen Weise ent¬
rüsten und wenn HerM Alfred R o t h , das bekannte Vorstandsmit¬
glied . des deütschnationalen Handlungsgehilsenverbandes , öffentlich i
behauptet, daß dieser „jüdische, Geheimbefehl der P e t e r s b ü r g e r
Abt eil u n g der A lli a n c e i fr a 6 bi Le' uni v 6 r s e l l e"
klipp und tlar den Weg aufzeige, pen »A l l j u d a d i e V ö l ke r
~ und zunächst vornehmlich die N u ss en un d D e u Ls che n —
treiben will , um sie gegenüber den jüdischen Herrschafts - -
gelüsten widerstandslos zu Machen". Weder bei der durch Gorki
entlarvten Fälschung noch in ihrer jetzt erfolgten Wiederaufnahme
durch die russische ' Zeitschrift „Pri,shw", die „Deutschvölk . Bl ." 'und
die Zeitschrift„Auf Vorpostem ist von der „Alliance isratzlite uni¬
verselle" die Rede, Herr Roth dichtet dieser aber kühn das Schänd¬
stück an. Der Fall zeigt, 'daß die wahrhaft deutschen Antisemiten
bei ihrer Geistesarmut daragf/ 1angewiesen sind, Anleihen • bei ^
den russischen Antisemiten zu . machen. Auch der ' elende
Druqront französische Antisemit Eduard Drumont gilt .'ihnen - ja als btz -. ,
sondere Autorität, trotzdem dieser einer der ärgsten Revolver¬
journalisten und einer der schlimmsten Erpresser gewesen ist. . Und
Alljuda, diese Leute ziehen gegen Alljuda) Alljudaan und gegen die angebliche
Alljudacm
Internationale des Judentums zu Felde. Diese gibt es nicht, wohl
aber gibt es eine a n Ins e m i t is ch6 F n t e r n a t i o n all e?
die aus Rußland stammende plumpe Fälsch üng, die Veröffentlichung
der „G e h e i m b e r i cht e d e r W e i s en v o n Z i o n" (s. d. m.
Goedsche ) . ist ein weiterer schlagendem Beweis für die I n t er-
nativnarrtä 't des An tif emitism r( s! '
„Judenherrschast ", „Judenregierung". \
Mit einer fürwahr einzig dastehenden Skrupellosigkeit wird im¬
mer und immer wieder von antisemitischer , alldeutscher unddeutsch- v
nationaler Seite das alte, längst als Lüge widerlegte Märchen vorge¬
bracht, daß auch bei dieser Revolution die Juden in allererster Reihe
ProzentrechnungNutzen aus ihr gezogen hätten. Wogar die „Kreuzztg." hat mehrfach
mit der. Lüge gekrebst , daß 8 0 .v o m .1 0 0 d er Ind e n- in d er
den t.f ch en R e gi ent n g sitzen. <Mie will das Junkerblatt die
Richtigkeit dieser Behauptung, die einen der berüchtigtsten Vertreter
' Margen ches Radauantisemitismus, dien bekannten „Organisator" Marten, '
'zum Urheber hat, dartun? Von den Mitgliedern der deutschen Reichs¬
regierung und der preußischen Staatsregierung ist kein einziges-jüdi- :
scher Abstammung; Leute wie Preuß/ Landsberg, Hirsch , die diesen
Körperschaften früher an gehört haben, gereichten ihnen sicherlich nicht,
zur Unzierde. In Sachsen war dererste Ministerpräsident nach der %
Revolution, Br . G ra dna u e r , Jude, er war aber ein Minister¬
präsident von G na den äe ^r R e ch ke<n ; er wurde in der Kammer
mit einer Mehrheit von drei Stimmen gestählt und hätte niemals
dieses Amt erhalten, wenn nicht die Deütschnationalen in ihrer
Mehrheit, für ihn eingetreten wären? Und wenn- auch seit Wer Revo-
. . —
#53 — ^ ^ '
■/ : :v
lution eine Reihe von StaätsämLern in ' die. Hände von solchen-Iw -'
den -gelangt sind, die sich besonders dafür eigneten, wahrend inan
früher . die Juden systematischx von allen solchen Aemtern ausge¬ .
schlossen hat, so wird es der „Kreuzztg." doch sehr schwerfallen
, nach-
befind- :
. züweisen, daß der Prozentsatz -der in öffentlichen Stellungen
, lichen Juden auch nur im ' entferntesten an die von ihr angegebene wie,
■Zahl heranreicht. Es ist ja ost genug schon dargetan worden,einem
es/kam, daß die Juden nach dem Ausbruch der Revolution in
Verhältnis , das weit über ihr VerhalLnis zur Zahl der übrigen Be¬ - „.
t
völkerung hnrausgeht , in leitende und führende Stellungen berufen
würden. Wenn man sie früher grundsätzlich zurückgedrangt und in die
Dpstositivn gedrängt hat, so kamen sieüelbstverständlich bei «der Neuord¬
nung der Dinge in einem erheblichen Umfange als Führer in Betracht.
Es ist gewiß auch von jüdischer Seite auf das höchste bedauert worden,
. daß bei dem merkwürdigen Verlauf , den die Revolution in Bayern Kurt Erkner usw.
./genommen hat, die Eis n er , L an d a u er , Müh s am diese , Toller
usw. /eine so große Rolle spielen konnten. Wer aber hat Leute
. p , Führern gemacht? N i cht Jude n , sondern Christen sind es
gewesen. Daß die hier erwähnten Juden sich als besonders, geschickte, nie¬
kluge,-einsichtige und weitsichtige Politiker erwiesen hätten, ' wirdihrem
mand beim besten Willen behaupten können^ die Schuld an
Fiasko trifft aber nicht ihre einstigen Glaubensgenossen — die Be¬
treffenden hatten sich schon längst vom Judentum losgesagt' —/son¬
dern ^vielmehr die nichtjüdischen Kreise,weil die sie in -die verantwortlichen
sie ihnen , als Juden eine. .. . -
Stellungen gewählt hatten, vielleicht ein
besondere Eignung dafür zugetraut hatten . Hat doch svgar
Bismarck einmal im Preußischen Abgeordnetenhause (30. 1. 72) .
erklärt, . daß er die Jude n in h o h e.m Gra d e z ur F üh rung '
po litis cher Geschäfte für befähigt halte . Die deutsch-
'
nationalen Mitglieder ^ der sächsischen Kammer befanden sich also
keineswegs in schlechter , ,
Gesellschaft wenn sie, offenbar von ähnlichen
Erwägungen ausgehend, einem Juden zur Ministerprüsidentschaftver-
halfen. Und wenn das Volk verschiedentlich bei dem Ausbruchfind, der
Revolution Männern, , die aus jüdischen Kreisen hervorgegangen
Führerrollen anvertrüut hat, so har es genau dasselbe getan, wie einst
dre Konservativen, die dem Juden Stahl eine so wichtige und ton¬
angebende Stellung nn .ihrer Parrei zugewiesen haben, daß noch, heute
die von ihm ausgestellten Grundsätze für sie maßgebend -sind. Welcher Leopold Stahl
Unterschiedbesteht also zwischen dem Falle Leopold Stahlsder neuen und
Preuß
dem.Falle des Prof . P r e u ß , des Vaters der Verfassüng. lassen,
deutschen Republik? Doch nur der, daß der eine sich hat taufen ' .
der andere wicht, sowie, daß der eine sein Talent in den Dienst der
konservativen Sache gestellt hat, während derrandere sich und seine
politischen Gaben in der selbstlosesten Weise den Parteien gewidmet
hat , die nach dem durch die reaktionäre Mißwirtschaft herbeigeführten
Zusammenbruch unseres armen Vaterlandes die Neuordnung unseres
Staatswesens übernommen haben. Einem Fräulein v. G i e rVer- ke,
die dieselben jüdischen Ahnen aufznweisen hat wid ihr naher
^wandter , Bernhard 'Dernbürg, sieht man gnädigst diesen Ge¬
burtsfehler ' nach, weil , sie für die konservative und deutschnationale
' Sache tätig ist; diesem aber' nicht, weil er Demokrat und Gegner der. der
Deutschnationalen äst. Gibt es Wohl noch eine andere Partei , in aus-
der/Grundsatz „Wenn zwei, dasselbe tun, usw." eine stärkere und
aepräatere Vertretung gefunden hat als bei den Deutstznationalen
>und Antisemit^ ? .
Im Januar 1920 hat es der bekannte Graf R e v e \tt l o w als
eine außerordentliche Schwäche des -Geistes und des Charakters bei
den Deutschen bezeichnet, daß sich 99 Prozent von Ihnen durch e i n
Prozent Juden regieren lassen. Um diese antisemitische Theorie .auf-
rechterhalten zu können, hat also der alldeutsch-antisemitische Kämpe/
dem deutschen Volke Charakter und . Nationalgefühl in hohem Maße
abgesprochen. Wie stiyrmt das aber zu der anderen Theorie der All--
deutschen und Antisemiten,' daß das. deutsche Volk das von Gott auser-
wählte Volk, das „Salz der Exde" sei?. Bald . so,, bald so! Wie's-
trifft und wie man es/braucht . Um des alldeutsch-antisemitischen
Imperialismus willen verhimmelt man das deutsche Volk in ge¬
radezu grotesker Weise; aus ^Gründen der inneren Politik aber zieht
man es zur Rechtfertigung lles Antisemitismus in.- widerlich-r Weise
in den Schmutz. Vor dem Kriege hat der alldeutsch-antisemitische
Schriftsteller Rudolf Paulsem das Gefasel von der Judenherrschaft
ganz vortrefflich widerlegt, indem sr /im Hamburger „Allg.
„Weltherrschaft ' Beobachter" (1914, Nr. 16) schrieb: „Wenn aber wirklich wahr ist,
daß die I u d e n d i e WelL behe r r s che n , d a li n s o l l t e n
wir uns schämen. Denn das wärenicht nur D um mH ei t,
sondern R a s s e l o s i g ke i t. Da schlage jeder .Deutsche an seine
Brust und sage: mea culpa , mea maxima culpä ! Denn wie sollten
sie uns beherrschen, wenn wir uns nicht beherrschen ließen. Ist aber
ihre Herrschaft wirklich, dann gilt es, den Befreiungskrieg
anfangen, aber? v o n i nneit Heraus und nicht mit dem Wahl-
spruch: H aut d i e ' I u d e n ! Was wäre schließlich ein
Volk' w e r t, das an e i n e in P r ö z e n t I u d e n z u g r u b e
ctc h t !" — Was würden wohl bente Hr Antisemiten . Atlde'^ schennund.
Deutschvölki scheu mit einem ' ihrer Gesinnungsgenossen au stellen, der
es sich herausnehmen 'wollte, ihnen in - gleicher.ungeschminkterWeise
die Wahrheit zu sagen?
Juden im Kriegsdienst(100 000) und an" der Front (70 Proz.)/ st
DrPeberger . ' ' , "/
„Judenkrieg " Bethmann Hollwegs.. s./ Schuld am Kriege.
„JudenparLeien". Die Deutsche DemokratischePartei und die sozia- .
listischen Parteien sind keine Judenparteien . S . Deutsche Demo-'
kratische. Partei und sozialistische Parteien.
JuderLschnüffelei
. > .
Wer alles in Deutschland ist nicht schon von den Antisemiten:
als Jude öder Judensprößling . ausgegeben worden? ' Nicht einmal
der K a i s e r Karl d e r Große, der erste deutsche Kaiser, ent¬
ging diesem Schicksal, das auch dem letz t e n Ka i s e r ,, selbst nach
seiner Abdankung, beschieden sein sollte./ .Sogar F ü r st B r s m a r .ck
wurde beschuldigt, jüdisches Blut in den Adern - zu haben. Vom
heutigen Politikern wurden zu Unrecht u. a. zu >^'nden " gestempelt:
der frühere Reichskanzler v. Beth m a n n tz oll w e g, der bol-/
schewistische Präsident Rußlands L e mim , ein Vollblutrusse, Sir
Edward Grev, die Sozialdemokraten Dr . David, d ssm Nr ^der
evangelischer Pfarrer ist, K a u t s ky , der einer Prager katholischen,
deutschböhmischenFamilie entstammt . und in einem katholischen
Kloster erzogen wurde, Df . Süd e ku m , Wolfgang tz e i n e, >w.
Q u a r ck, Karl L i e b kn e cht. Dieser entstammt väterlicherseits'
einer urchristlichen Familie , die sich zu den Nachkommen M.artin
Luthers rechnen darf, - und mütterlicherseits ^einer Familie Reh/ die
■i ebenfalls reinchristlich ist. Der Urheber des Landauer Putsches-^Or.
H a a s ist kein >Jüde; ' er ist fanatischer Alldeutscher und' früherer
Korpsstudent . Als tze.lsferich wahrend des Krieges den.ÄlldeuL -, ^
scheu und Antisemiten weniger genehm war, galt er diesen als .Jude,
. seitdem er aber ihr ' Gesinnungsgenosse , geworden ist, halten sie ihn
für einen echten Germanensprößling . So wandeln sich die Ansichten
über. die Zugehörigkeit zum Judentum. lieber E n v e^r B ganz ey , den
Saloniker „Juden", rümpften die Alldeutschen zu Anfang ge¬
hörig die Nasen, als es' aber"gerade diesem Manne gelungen war, '
durchzusetzen , daß die Türkei in den. Krieg piif seiten Deutschlands
trat, erhöben ihn dieselben Leute in den Himmel. Einst galt der-
Schauspieler Ferdinand B»o n n, . der als Sohn eines ehemaligen
. Thurn und Taxisschen Domänenpräsidenten mit dem Judentum-
nichts zu.tun hat, als die Hoffnung der Antisemiten und Alldeutschen,
der ihnen eine „echte deutsche . Kunst" bringen sollte; als er 1919
feisten Kaiserfilm herausgab, ist dem er selbst die Rolle des Exkaisers
spielte, war er sofort der Jude Bonn. Das Bismarck-Denkmal in
Hamburg konnte nach antisemitisch -deutschvölkischer Auffassung mir
das Werk eines echten Germanen sein, als der Schöpfer des Denkmals, , avan¬
Hugo Le de rer, darachMng, sein Heine-Denkmal zu schaffen
cierte er auf der. Stelle zum „Juden". Ungezählt ist die Schar der
'Dichter., Schriftsteller , Künstler usw., die trotz ihrer echt geManischen
^oder arischen'Abstammung'den Antisemiten für Juden gelten. Nur
' einige Namen: Gabriele d'A n n un zi o . Kurt Aram , Ave-
n a r i u-s 7 Hermaün B ah r , Clemens Brentano, Herrn.
E ssi g ^ G o e t h e, Walther H a s en cl ev er , Gerh. Haupt -
vmanit* Bernhard Kellerm ann Herrn / . Kienzl, Prof . Josef
Ko h l ix, Heinrich Laut en sa ck,. Lessi n g, Heinr . Lilien -
, f e i n-, Paul ^L i n'd a u , M ei e r - G r äse, Paul M ehieß y er heim
idie Familie des Künstlers stammt aus Schweden und früher
Mejerhjelm)., Alex. M o i^ssi , B o er r ies v. Münchhausen,
■ Nie tz sche, S chi lle r, Bernard Shaw , Rich. Strauß,
Wal ! o t (der Erbauer des Reichstaasgebäudes ), Frank Wede-
' ki n d, Z o l a usw. usw. Die urchristlichen Familien v.. M a cke.n -
s en / v. R am ke und v. tz a n sem a n p -wurden lediglich aus dem
Grunde zu jüdischen gestempelt , weil man an ihnen alttestamentarische
' Porriarnen wie Abraham. Israel und David begegnet . Mit Vorliebe
machen die Antisemiten Attentäter '
zu Juden, wie N ob i l i n g,
. den Urheber des ' Attentats "gegen , das ' Niederwald- Denkmal -
R h ei n s d o r f s , den Mörder des Körrigs Georg von Griechenland, . Wie .
und P r i n ki p, den. Mörder des Erzherzogs Franz Ferdinand
stimmt das aber damit, daß die Antisemiten auf der anderen Seite das
Fehlen der Juden in der Mordstatistik damit erklären, ein Jude
sei zu feige, um einen wirklichen Mord zu begehen ? Herr Phil.
Staufs hat -
freilich den einst vielgennannten und vielgesuchten Raub¬
mörder S t e r n i ckel als einen Juden ausg?geben. Th. Marie- Fritsch
bekam es fertig, hinter dem Träger des Pseudonyms
'Madelaine,. unter dem die stark erotische Lyrik einer Frau v. Putt-
kamer, geborene Günther, veröffentlicht worden war, . den ver¬
storbenen' Dichter S am u e l L u b linsk i. zu vermuten, und er
verharrte eigerisinnig sogar dann bei seiner erfundenen Behauptung,
als .-die Dichterin selbst ihr Inkognito gelüftet hatte. Das „Mindel-
heimer Anzeigebl ." behauptete im Juli 1918, daß der frühere deutsch¬
feindliche rumänische Minister 'Take Ion esc u in Wirklichkeit
Jtzig Jona s heiße und berief sich dabei auf das „Berl. Tgbl." als
' Quelle! Nach dem,Hammer" sollC a r u \ o einst Cohn,geheißen haben,
aus Galizien stammen imd dort Kantor einer ' Synagogengemeinde' ge- >
wesen sein. Wolfgang Menzel Lezeichnete einst sämtliche Dichter ' des
„jungen Deutschland" alsJuden ,^in Wirklichkeit befand sich unter '
diesen kein einziger Jude . Der ,-.Hamm er" brachte -1916 folgende
Erklärung . des Namens V e n i z e' l o s V. ^ Benizelos. Dieses
Benizelos in zwei Worte geschrieben, würde B e n I z e l o s ergeben.
Jzelos sei aber nichts anderes, ' als ein in der neugriechischen
Sprache verdorbenes I sr a e l o s , so daß man von Benizelos über
Ben 'Jzelos hinüber zu Ben Jsraelos gehange. Dieses Ben Jsraelos
bedeute aber genau dasselbe wie das eügAsche.D^Jsraeli . so daß dem¬
nach der englische und der griechische Staatsmann denselben Namen'
trügen . Der fromme „Reichsbote" brachte einst' das Märchen auf,
daß der englische Arzt Mackenzie, der s. Z. den Kaiser Friedrich .
behandelt hatte, aus Kurnik in der Provinz '-Posen stamme und ur¬
sprünglich M cr ckow er geheißenhabe DerSenu -Goiha >s o.)pezeichued,
J
die Großindustciellen-Familie S ke n e , die in Wirklichkeit eine alt-
schottische Familie ist, als jüdisch, weil Skene n s' L öhn bedeute.
Die schon mehr pathologisch zu nennMde Judenschnüffelei der
Antisemiten hat einst der bekannte Wisemrtische Schriftsteller
Ottomar Beta Ottomar Be t'a in einer Erklärung , Morin er sich gegen die Be¬
hauptung eines antisemitischen Blattes , daß er Jude ' sei/verwahrt,
folgendermaßen -verspottet: „Schließlich setzt sich der Erbärmlichkeits¬
wähn bei ,uns immer mehr fest, daß jeder, 'der ein bißchen mehr kann,
als bis fünf zählen, oder ein bißchen mehr Lut, als sein Bier , trinken-
und seinen Kohl bauen, schon deshalb u n d e u Ls ch und als I u d e n- '
a b kö m m l i n g verdächtig sei." Wenn man weiß, daß schließlich
so waschechte Antisemiten wie. Stock er , . 'Li e b e r m a n n v o n
Sonnenberg , Ahlwardt , Mäx - Bewer , Th. Fritsch,
Or . ' L u e g e r , Sch ö n er e r und A. H. .W o l f von eigenen Partei - /
genossen als ' v e r j u d e t hingestellt wurden, so darf man sich gar
nicht darüber wundern, daß jeder, der diesen/ Herrschaften nicht ge¬
fällt, &on ihnen sofort zum Juden -oder zum ' Jüdenabkömmling ge-
stempelt wird. - ^
„JudenzusaMmeNfassuttgsgesetz ", s. Rassentheorien. » . /
Jugend, antisemitische Verseuchung der —,
. Wohl das schwerste von allen Verbrechen, die die antisemitischen-
Brunnenvergifter an unserem deutschen Volke begehen, ist die Ver¬
seuchung 'der Jugend , die sie mit besonderem Fanalismus betreiben^
Jn schamloser Weise benutzen sie die Empfänglichkeit jugendlicher.
Seelen , um ihnen das Gift d e s R a s s e n h as s e s und v ö I ki -
scheu Dünkels einzuimpfen und .sie für ihre verbrecherischen
Zwecke zu -mißbrauchen. Leider leistet ihnen dabei ein T e i l 'd e r
Leh re rs cha ft Helsershelserdienstein einem geradezu erschrecken-
Antisemitische den Maße, gehören doch Prf . W e r,n er - B u tzb ach , Prf . W o l f f -
Lehrträste D ü s s el d o r f ., Prf . K r a e g e / S ^udienrat L a n -g ein amt - Gö t-
t i n gen ü. a. m. zu den schlimmsten antisemitischen Hetzern, Ja , so¬
gar/der berüchtigte Knüppel - Kunze durfte , trotzdem er bere.ts
jeif längerer Zeit aus dem Schuldienst, geschieden ist, noch nach dev<
Revolution an einem Gymnasium -in Berlin -Schöneberg^ Reli .-
g i o n s - Unterricht erteilen. Mä ' kann stch^die Verwüstung, die- die
bodenlos gemeine aiMemitische ' Hetze in den jugendlichen Gemütern -
anrichtet, leicht vorstellen, wenn man bedenkt, daß gerade diese Kreise
von 'dem lichtscheuen Gesindel mit Vorliebe, dazu mißbraucht werden,
d i-e s chamlosen po gromhetzeri s chen Zettel wornög-
— 57

lich nach Ls über all anzu kleben , wenn man sich>erinnert,


wie in Berlin die Vruhn , Wulle und Konsorten die Irgend sogar
aus 'die Straße hetzten, als es aalt-, dem parlamentarischen
Untersuchungsausschuß die Arbeit unmöguch zu machen. Leider .ge¬ Warrdervogel
lang es den Antisemiten , dre W a n d e r-v o g>elb e w e gzu u n g und
' einen' T e i l d e r Freideutsche n mit ihren Phrasen ködern,'
und so zwei hoffnungsvolle Zweige der deutschen Jugendbewegung
zu korrumpieren. Nach der Revolution versuchte man einen großen Teutschnationaler
Schlag. Man , rief den „D e u i schnationa len Jugend- Jugendbund
b u n d" ins -Leben, der unter der Maske parteipo l 11ischer
N e u t r a l i t ä t die Jugend ^sür die anLisemitisch - chauvinist ' schen R . Wulle
Zwecke' einfangen sollte, za Herr Wulte, den es gar sehr nach der
N a chfo lgo VI hl m a rD ts al§ „praeceptor -Cermaniae"
Deutschnationale
gelüstete, gedachte sogar in seiner „D entschnationalenJu- Jugendgemeinsch.
g en d g e,m e i n sch a f t" sich ein willfähriges .Werkzeug ' für seine
autisemitischrreaktionären Pläne zu schaffen und berief rm Jahre 1919
einen ' „D e u t s che n I u g e n d t a g" nach Potsdam , der allerdings
seinen Zweck nicht-recht erfüllte/denn seither herrscht heftiger Streit die
zwischen „Jugendbund " und „Jugendgemeinschüft" . Die Reden, Dr.
von P r f. R ö tye , Pr f. P qu! o r -ft e.r . W u l l e , Prf
S chä fer , Traub u . a. damals in Potsdam gehalten wurden,
strotzten von antisemitischem Unflat und leider auch das , was von den
wirklichen Vertretern der Jugend vorgebracht wurde, zeugte von einer
verheerenden Wirkung der antisemitischen Vergiftung in den Kreisen
der Jugendlichen . Nur zu deutlich sprechen dafür die Attentate der GrafArco
Mordbüben Grf. Are o auf den aus dem Judentum hervorgegange¬ von v. Hirschfeld
nen Kurt Eisner und - Ottwig v. Hirschfeld auf den
Wülles „DL. Zt." und ähnlichen Schandblättern wider besseres Wissen
und trotz wiederholter dokumentarischer Gegenbeweise gern als Gewalttätigkeiten
„Juden" verschrienen Erzberger, sowie die Gewalttaten der
Wi tze n ha u sener Ko lon i alsch ü le r und die fortgesetzten
Versammlungssprengungen durch jugendliche antisemitische Rowdys
in Hildes heim und an änderen Orten . . Sah man doch auch
während des Kapp - Putsches unter den hakenkreuzgezier ^en Auf¬ Kapp-Putsch
rührern , die Berlin zu terrorisieren versuchten, eine ganze Anzahl
offenbar noch nich .t 'der Schule entwachsene Herr¬
chen bis an die Milchzähne bewaffnet stolz mit Gewehr und Stahl¬
helm einherstolzieren. Noch schlimmer liegende Verhältnisse in der
S t u d e n se n s cha.f L. Voller Angst, ihre soziale und wirtschaftliche Studenten
„Führerstellung " zu verlieren , warfen sich die Studierenden scharen¬
weise in die Arme des Antisemitismus , der schon vor der Revolution
im V. D. St ., den Korps und einer großen Anzahl anderer Ver¬
bindungen , aber auch in dem Dt . V ö l I. Stu d entenv erb and
seine hervorragendsten Pflegstätt ?n gefunden hatte. In, Greifs- Gießen
und M c/r bürg , H a irn oder und G ö t t i n g e n
w a l d und Rostock, natürlich auch in B e r l i n und besonders in
München, dem Wirkungsbereich des berüchtigten canck. MI.
K. Braßl er, Lobte der Rasienhaß sich in erschreckenderW. ise aus.
Fast überall versuchte, man , unter Außerachtlassung der Reichsver¬ ns
fassung, den d e u Ls ch en S Luden t ebt j üd i s chen ' G l a u b e An
/die a ka d e m i s che> G l e i chb e r e cht i g u n g z u r a u b e n. Dresden
der ' T e chn i s che n Hoch sichu l e i n D r e s o e n ging man sogar
so. weit,' zwar A u s l ä n d e r n i cht j ü d i s che r tz e r ku n f t als
le ichüer e lh ti g t anerkennen, deutsche Prozentnorm S ka at s an g e-
ö r i-g e j ü b t f chen G l a u bens aber der unter-
' . — 58 ■ — ■

werfen zu wollen. An der Tech n i s che n ^ H'o'chs ch'u l e D u


Karlsruhe K a r l s r uhe unternahmen - die antisemitischen Musensöhne es so-'
gar, einen dorthin berufenen j ü dis che n H o ch sch u ll e h r e r aüf-
zufordexn^ dem ' Ruf nicht Folge zu leisten, widrigenfalls er -di'e
„Fo l g en z u Lr a g en " haben würde.' Leider lassen die/Ku lt ü s -
m in ist er i e n in R eich w ie Ei n z e l st aate n es. an/ .der not- -
wendigen Entschiedenheitin der Bekämpfung der äntisemitischen Pest
in Schule und Hochschule häufig in bedauerlichem Maße fehlen, denn
die des Rückhaltes an L eh r .er - un d ' P ro f effo ren-
s cha f 5 sicheren jungen Leute kümmern sich e b e n sowe n i g um
Ministerialerlasse wie ein Teil der Jugendbildner, -der ilmner ' noch an
den Schulen des 'demokratischen, republikanischen-Deutschlands lehren,
darf ' und dessen bezeichnendste Vertreter der ehemalige Abg. Prf.
Werner-Butzbach oder etwa Frl . Jan e n e t t e an der Britzer zweiten
Gemeindeschule sind, die vor ihren Zöglingenü n d e r S chu l st u n d^e
auf die I u d e n , 'die „e ine f r e m d-e Ras s e" sind) schimpft, und'
-sie zwar nicht gerade totfchlngen, , aber alle aus
Deutschland h e r a u s j a g e n w i l.l. Die Gefahr, die- derlei
stets mit den heftigsten Angriffen auf die Verfassung und Regierung,
gepaarte Hetzereien für unsere Jugend und unser Vaterland bilden,
liegt zu klarüuf der Hand, als 'daß Parteien wie Regierung länger
achtlos daran vorübergehen könnten. - \
Kahl, Pros . Br ., gegen den Antisemitismus , s. Deutsche Völkspartei;
über die jüdischen Soldaten s. Drückeberger. . , .l - -
Kapp-Putsch und AntisemiLismus. V '
Die Kutilinarier , die den K^t p p - P u t sch , die größte
Köpenickiade aller Zeiten, in -Szene gesetzt hatten, . sind dütchweg
Arier oder sie halten sich wenigstens für solche, mit der'^einzigen Aus¬
nahme des, aus. Ungarn ' gebürtigen einstigen Juden und. Schwind-'
lers Tr e b iLsch L in co ln ; der nach seiner- Taufe es sogar zum
Geistlichen in England und zum englischen Unterhausmitglied , dann
aber zupr englischen Spion -und Gefängnisinsassen gebracht hatte.
Das letzte aber hinderte die Alldeutschen^ insbesondere die/ „Deutsche
Ztg." und . später die Kappleute nicht daran , ihm ,ihre besondere Liebe
und Verehrung entgegenzubringen. .Da nach dem antisemitischen?
Dogma ein getaufter Jude Jude bleibt, war also, auch das Juden¬
tum bei dem Kapp-Putsch beteiligt, und zwar ungefähr in demselben
Prozentsatz wie bei der Revolution von 191ß, nach der antisemitischen
Theorie tragen also die Juden ,genau so die Schuld am Kapp-Putsch
wie an der Revolution . Es fehlt auch nichts an Andeutungen, nach
dieser Richtung in der alldeutsch-antisemitischen Presse. So ' schreibt
die „Deutsche Ztg." : „Das Furchtbare ist nur ^ daß diese poli 'ti-
s che.n K i n d e r letzten Endes die Geschäfte der Demokratie' und.
des Judentums besorgt haben."
Die antisemitische Geschichtsklitterung ist also bereits auf dem
besten Wege dazu, den Kapp-Putsch zu einem Werk der Alliance
Jsraelite zu stempeln. Daran -wird -sie nicht im geringsten die. Tat¬
sache hindern, daß unter den Spießgesellen Kapps sich eine' Anzahl
von Antisemiten reinsten Wassers befand, wie der ehemalige Rechts-
Bredereck anwali Bredereck, den die ihm befreundete Bruhniche „Wahrheit"
v. Jagow als ein h armloses Gemüt
Traub nicht etwa im Sinne des Klubs
Schiele der Harmlosen — bezeichnet hat, der ehemalige Berliner Polizei¬
präsident v. Jagow, das Ueber-Chamäleon Traub, der Volks-
— 99 * —

Wirtschaftliche Scharlatan Schiele u . a. ^ Die einzige Regierungs-


Handlung der Kappleute von einiger Bedeutung war die Verordnung/
daß das Mehhidas die alte- Regierung für die Juden zu' Ostern Re¬
serviert Hatte,5 beschlagnahmt und an die Arbeiter verteilt werden
sollte. Die Kappregierung hatte sich vor dem Erlaß di"ser^ Verord- Die Mazze-
nung nicht mit der Reichsgetreidestellein Verbindung gesetzt— oder Verordnung
auch nicht setzen' können, weil sie doch von dieser nicht anerkannt
wordsw wäre — sonst hätte sie erfahren, daß das Mazzemehl aus .die
Brotkarten angerechnet wurde und daß es längst verteilt war.
; . Zu dem Putsche Ware es überhaupt nicht gekommen, wenn nicht
vorher zu diesem Zwecke unter den. Truppen der Reichswehr und
^namentlich üntev den Offizieren eine, eifrige antisemitische Propa¬
ganda betrieben worden wäre. Weil sie ihre Zeit gekommen glaub¬
ten, trugen die Reichswehrleute ihre antisemitische Gesinnung in er¬
höhtem Maße zur Schap, ihre Helme zierte das Hakenkreuz,Offi-
-ziere hielten judenfeindliche Straßenreden , man verbreitete in voller
Ausrüstung zu Fuß und in Militärautos aufreizende Flugblätter
gegen die „Judenregierrmg " sowie ädnliwe Machwerke des „Volks¬
bundes" und' des Trutzbundes, und Uebergr^ ffe, ja . Mißhandlungen -
gegenüber Juden , waren keine Seltenheit , Äks die 'militärischen .Eid¬
brecher ihr Spiel ' verloren geben mußten, erklärten sie sich auf einmal
bereit, gegen den Bolschewismus kämpfen zu wollen. Es wurde na¬
mentlich in Berlin eine starke antibolschewistische Propaganda ent-
falLet, an der hauptsächlich Offiziere in Zivil beteiligt waren und.die
die Unentbehrlichkeit dieser Leute dartun sdllte. Manche dieser Red¬
ner aber verherrlichten den B . und die Räterepublik ; zum größten
Erstaunen erfuhr, man dann aus Mitteilungen des neuernannten
Militäroberbefehlshabers General v. S e e ckt , daß es diesen Straßen-
rednern mit . der bolschew'stischen Agitation wirklich Ernst war , da
unter . einem Teil - der Offiziere eine „w a h n s,i n n i g e D e s p e -
radopolitik : Lieber mit dem - Botsch -ewism us"
herrsche. ' - . . ^
iDiv Offiziere, die sich dem politischen Abenteurer Kapp zur Ver¬
fügung gestellthatten , waren ^. nachdem der Putsch mißglückt ist, gern
wieder bereit, der alten Regierung die Treue zu .halten .. Diejenigen
aber, die ihre Eidespslicht aufs gröblichste^verletzt und sich damit zu ,
ehrlosen Schuften degradiert haben, vertreten durchweg eine Ge¬
sinnung, die sich mit den Anschauungen jener , deckt, die den Juden als
einen minderwertigen Menschen u. d ebenso . den von diesen ge¬
leisieten Eid als minderwertig ansehen. Der neue OberkommaN-
dierende..der deutschen Truppen , General v. Seeckt, hat öffentlich
aufs schärfste die „u n v er a n tw o r tli che und b l öd si n n i ge
Tat " des Generals v. Luttwitz verurteilt und dabei ver¬
schiedene Momente ' angeführt , die nach seiner Meinung die an dem
Putsch beteiligten Offiziere entlasten sollten. Merkwürduerweise
überging der General die Frage des Einbruchs, dessen sich
diese Offiziere gegenüber der Verfassung schuldig gemacht haben,
vollständig mit Stillschweigen. General v. Lüttwitz hatte 6 Monate
vor dem Putsch dem damaligen Kriegsminister Reinhardt erklärt:
■ „S i e h a b.e n mein e n ß t Ö.v S i e können sich u n b e -
* ding t aui f m e i ne T r e u e v e r l a s s e n !" Und da -wagen es
Blätter wie hie „Deutsche Tgsztg." und sogar der fromm-christliche
„Reichsbotü>" ,' den Eidbruch des Lüttwitz und seiner Kumpane zu be¬
schönigen! Die ' „Deutsche Tgsztg." meint : „Es ist uns aber auch
zweifelhaft ', ob man übövhaupt von „Hochverrat" und von
„Ei dbr-u ch" sprechen kann!" Zwischen den Lehren des Talmud,.
der auf das strengste den -Juden die Heiligkeit,und Unverletzlichkeit.des
Eides einschärft,' und den sophistischen Theorien . der,,Deutschen
Tgsztg." und des „Reichsboten", die in diesem.Falle einen Eidbruch
der schuldigen Offiziere bestreiten wollen, besteht>ein Gegensatz, dem
fast so groß ist wie der zwischen Himmel und Hölle. / / '/ .. ; /
Karl der Große „Jude"., s. Judenschnüffelei . . 7 -
Kautsky , kein Jude, s. Judenschnüffelei. , ' .
Klimsch, Br. Robert, kath. Geistlicher
, Verfasser der aniisem. Schmäh¬
schrift „Die Juden ", s. Goedsche.
Klötzel
. . . ' ' / / .-.V. / / •,;/// / /
.. v Unter , der Ueberschrift „Das große(Hassen" hatte der Zionist,
Chaskel Zwi - Klötzel in der Münchener Monatsschrift „Janus "'
(1912/13, Heft 2) einM Artikel veröffentlicht, in dem er behauptete^,
daß dem Antisemitismus , dem Judenhaß , auf jüdischer Seite ein
großes Hassen alles Nichtjüdischen gegenüberstehe/und den er im wei¬
teren zu einer wahren Haßorgie gegen alles Nichtjüdischeausgestäl-
tete. Diese hysterisch aufgeregten Deklamationen , ..waren natürlich
Wasser auf die Mühlen unserer Antisemiten aller Grade. H)a Wir
sich davon eine große Zugkraft versprach, sorgte man nach Kräften
dafür, daß / sie nicht in Vergessenheit- gerieten. / Narnentlich Herr
Theodor Fritsch ließest fich angelegen sein, aus ihnen gehörigKd-
Pital zu schlagen. Das ersieht man schon daraus , daß/er in .feinem
Hdb: an zwei Stellen/S . 607' bis 609, und S . 22 und 23, große Stücke
aus dem Artikel zum Abdruck bringt , die zum Teil wörtlich überein¬
stimmen. Diese Wiederholung verfolgt natürlich/den Zweck, die der
antisemitischen Hetzpropaganda trefflich zu Hilfe kommenden Aus¬
lassungen Zwi-Klötzels den Lesern und Benutzern des Ddb. ganz be- '
sonders einzuschärfen.' Und Herr Fritsch.hat seinen Zweck vollständig
erreicht. In einer großen Zahl der von den Antisemiten verbreiteten
Flugblätter , Broschüren, Zeitungsartikel usw.- begegnet man immer
und immer wieder dem „großen -jüdischem Hassen" des Herrn Klötzel.
In dem Schandbuche Wilh. Meisters „Judas Schuldbuch" wird dieser
unter Verschweigung seines Namens fälschlich als Rabbiner bezeichnt,
K. ist dies aber nicht. Er war zur Zeit der Abfassung des Artikels/ein .
junger, etwa zwanzigjähriger Elementarlehrer . Infolge seiner/Mnt-
gleisung sind damals alle jüdischen Richtungen ausdrücklich vom ihm
abgerückt,' insbesondere auch-seine Parteigenossen, die Zionisten, durch
eine Erklärung ihres ' Parteivorstandes -in ihrem Parteiorgan, - der
„Jüdischen Rundschau". - Im übrigen war die Münchener .Monats-
schrift „Janus ", in der damals der Klötzelsche Aufsatz erschienen /ist,
kein jü .d i s che s Bla t t. ' ^
Knauer
, Josef.- Eisenbahnpionier
, Pogromhetzer,sVReichswehr
, Po¬
grom. ' < - . ' /
Kol-nidre/s. EDe und Gelübde bei den Juden. •. /
„Kölnische BolLszeitung
" und Antisemitismus , s. Zentrum.
König, Geh. R. Prof. Br. Ed... über Fritschs Pamphlet/ Mein Be¬
weismaterial gegen Jahwe ".' . ' .
Konitzer Mord, s. Ritualmortzlügen
. \. *- ';
Kovp, Fürstbischof, gegen den Antisemitismus', s.' Geistliche u.; Antis,
Krieg. D i e Iuden im Krie g e. ^ ^ '
Wie viele Dokumente können zum Beweise dafür 'beigebrachk
werden- daß die Juden im Kriege als Soldaten ihre Pflicht inwollstbm
— 61 —

Mäße' ersüM haben. Emen ' wie ' jämmerlichen Eindruck machen dem¬
gegenüber die -bekannten .Beschuldigungen antisemitischer Hetzer über
Drückebergerei der Juden usw. Wie unsäglich traurig mußte es aber .
einen -berühren, wenn man 'lesen mutzte, daß in Ros enheim in
Bayern ein H e I b e n f r i e d h ö f eingerichtet wurde, und daß dem .
im Kriege gefallenen jüdischen Kaufmann Maier im Jahre 1917 die
Beisetzung in diesem Verweigert worden ist.
i Der konservativ gerichtete St a a tHrechLsleh rer Pr o.]. Prof. Zorn
Zorn stellte in „Westermanns Monatsheften " (April 1918) folgendes
fest: >,Das deutsche Judentum hat seine vakerlandi - .
sche Pflicht voll erfüllt. Die Heldengräber jüdischer Sol¬
daten und die Eisernen Kreuze, die die .Brust von solchen schmücken,
sind' dessenechr e n d e s Z e u g n i s? Diese Pflichterfüllung ist selbst¬
verständlich und auch/von den deutschen Juden als selbstverständlich
betrachtet worden. Wir müssen. d ar a u s die Folgerungen
der Gerechtigkeit ziehen. Es gibt schlechte Juden ; es gibt
auch schlechte Christend Jede Schlechtigkeit im Handel und Wandel
muß aufs schärfste bekämpft werden/ aber eine Verallgemeine¬
rt n g lediglich gus Gründen" eines r e l i g i ös e n o d e r R a s s en¬
geg en -satz es mutz abgelehnt werden."
' Herr Cham berlain stellte 1915 in -seinem Kriegsaussatz Charnberlaw
„England ", in . dem er behauptete, daß die Engländer
r ein ere G erm an en als viele Deutsche, den englischen Juden,
die sich als wütende englische Nationalisten gebärdeten, als
rü h m l ich e s und nachahmenswertes B e i s p i e l die d e u t sch e n
J u d e n gegenüber und er schrieb: „Man werfe nicht den Einfluß der
Juden (irr England ) .ein, der zwar gerade in der am Ruder befind¬
lichen Regierung Englands 'besonders §groß ist. Deutschland
zählt- aber z e h nm a l so v i e l,J u,d en und w o s i n d f i e j e tz t?
Wie wag geputzt von der gewaltigen Erhebung ; als „Juden"
nicht mehr auffindbar , denn sie tun ihre Pflicht
als D e u ts che v o r d etn F ein d e od er da h eim ."
: Es sollte doch dafür gesorgt, werden, daß solche Urteile unver¬
gessen bleiben. .Jawohl , die deutschen-Juden haben Ihre Pflicht er¬
füllt/im Fehde sowohl wie daheim iin ' der .Kriegsfürsorge und Wohl¬
tätigkeitspflege, in der Industrie , im Handel, in der Technik und In
der ' Wissenschaft . Die Juden spielen nun einmal infolge von UU-
ständen,.an denen sie nicht die Schuld tragen , in unserem Bank- und
Finanzwesen eine große Rolle, sie haben auch hier ihre Pflicht im
vollsten. Maße erfüllt. .. Der antisemitische. Geh. Oberregierungsrat, regierungsrat
Geh. Ober¬
Fritz steht, sich gezwungen, in seiner bekannten Broschüre „Die Ost¬ Fritz
judenfrage" das Eingeständnis zu machen: . . Wir vier danken
es .vielleicht nicht zum wenigsten den Juden. .
daß die schwere
Prüfung dieses Völkerbrandes ‘ uns - nri t G e l d m i LLe ln g e-
rü -stet fand ."' Wie wäre auch .der . glänzende Erfolg der Kriegs¬
anleihen ohne, die Juden möglich gewesen? - Und wenn während des
Krieges der ^damalige Staatssekretär - des Reichsschatzamtes - Dr.
Hel ff er ich mit Recht als das „allergrößte Phänomen " „die
An pass u ng d er d euLsch en V o lkswir ts ch aft an die /
durch den .Krieg gänzlich veränderten Vorbedingungen des wirt¬
schaftlichen Lebens und die durch den Krieg geschaffenen Bedürfnisse"
bezeichnet hat , so darf , einen Teil dieses Verdienstes der in dem wirt¬
schaftlichen Organismus . Deutschlands wirkende jüdische kaufmännische
Wagemut und Erfindergeist auch für sich beanspruchen. Walther Wattüer
Rä t h enn ü hat sich durch die Organisierung unserer Rohstoffe und ' Rathenan
im Anschluß daran unserer ganzen Kriegswirtschaft hervorragende
Baüin Verdienste erworben, ebenso der Düsseldorfer Großkaufmann M e y e r
durch die Schaffung der. Kriegsgetreidegesellschaft und B ?a l l i n durch .
die Begründung der Zentraleinkaufsgenossenschaft . Auch in der In¬
dustrie haben die.Juden ,im Kriege ihren Mann gestanden, vor allem
in der chemisch e n Industrie . - Die Lösung des Problems der Nutz¬
barmachung des Luftstickstoffes ist die größte Errungenschaft der
schweren Kriegszeit. Daß unsere Lan dwirt sch aft so lange durch¬
halten, die Kpiegsindust r i e trotz des Fehlens früher unent¬
behrlicher Rohstoffe genügend Munition Herstellen konnte, hatten wir .
Prof . Haber der genialen^. Erfindung des aus dem^ Judentum hervorgegäng^neN
hervorragenden Forschers am Kaiser-Mlhelm -Jnstitüt Prof . H a b e r
Stickstoff- zu verdanken. Durch seine..EHfindrmg der S t i cksto ffer z e u k
srzeugu, -g aus
der'Lust gung aus der Luft . ist .die Hungersnot, die sonst' schon nach
dem. zweiten Kriegsjahr gedroht hätte, glücklich von Deutsch¬
land abgewendet worden.' Und was die genügende' Herstellung von
Munition , des wichtigsten Erfordernisses -für den -Krieg; anlangt , so
hat ein der Kriegsindustrie sehr nahestehender Politiker , der frei-
konservative Abg. V o r st e r , im Abgeordnetenhause Ausdrücklich er»^
klärt : „O h n e d a s neue S t i ck st o f f v er f a h r e n d e s«P r o st
Hab er wäre der Krieg schon in 8 Monaten zu ün > '
seren U n g u n st en e n t s chi e d e n g e w e s e n." In . der Luft- '
-Prof. Frank
. Pros . Caro
stickstofffräge haben sich auch die jüdischen Professoren Frank und Caro
hervorragende Verdienste um das Vaterland erworben. In der Tat
waren ja zu Beginn des Krieges die Hoffnungen unserer Gegner in
erster Reihe darauf gerichtet, daß durch Abschneiden der Salpeter - -
zufuhr Deutschland in kürzester Frist zur Beendigung des Krieges ge¬
zwungen sein werde. Die in unserem Lande überhaupt , verfügbaren
Salpetervorräte betrugen damals rund 60 000 Tonnen, und in den
mit uns verbündeten Staaten waren überhaupt nicht Vorräte an Sal¬
peter vorbänden. Der aus dem Judentum hervoräeoana ^ e Prof.
Pros .' Zuntz
Zuntz erfand ein Verfahren, wodurch eine außerordentliche Ersparnis
an Nahrsto,fen herbeigeführt wurde, lind wenn die a r z r t r cye
Wissenschaft im Kriege geradezu Hervorragendes^ geleistet hast,
Prof . Ehrlich so ist ^dies in erster Reihe das Verdienst' dreier -jüdischer Forscher,
X . Pros . Neisfer Hhrlich , Neisfer und v. Wassermanm Das Haüptver-
Pros. Knst des letztgenannten Gelehrten beruht in der Bekämpfung des
v . Wassermann Wundstarrkrampfes und -der Organisierung der verschiedenen Schuß- '
impfungen der Ärmee^ . '
Die deutschen Juden , die im Kriege ihre volle Schuldigkeit getan
haben, dürfen mit dem Prof . Zorn verlangen, .daß ihnen,seitens 'ihrer
christlichen Mitbürger in vollstem Maße Gerechtigkeit zuteil werde
und daß gleich ihm die gehässigen antisemitischen' Schmähungen und
Verleumdungen von allen anständig, gesinnten Deutschen verurteilt
,und bekämpft werden.
Kriegsdienst und Indem . *
Die angebliche Unbrauchbarkeit der Juden für den Heeresdienst,
ist seit Jahrzehnten behauptet worden, nur um damit ihre Zurück- .
setzung bei Beförderungen usw. zu bemänteln. Nun ist es ja richtig,
daß infolge der Inzucht und des .Ghettolebens,der körperliche Ausbau .-
Zurückbleiben mußte, was übrigens die Israeliten 'mehr oder minder
mit allen Stadtbewohnern gemeinsam .haben, aber es Ist -unbestreit¬
bare .Tatsache, daß jüdische Soldaten stets ihre^ Pflicht- getün-rhabest,
im Frieden wie im Kri eg e. Schon in den B efr »ei u n gs-
v ■ ' — 63 —
kriegen traten 561 Juden (5% Prozent , der in wehrfähigem Alter' den
befindlichen) freiwillig ins Heer, eine ganze Anzahl wurde wegen ^ ^ ö fl '
Tapferkeit vorm Feinde zu Offizieren befördert . Der Jude Sieg-
' mund Pleßner aus' Pleß bekam beim Abschied den Hauptmannsrang.
Wenb Purg -wurde sogar aktiver Major . Eine Reihe von Juden er- j
hielt Auszeichnungen, Eiserne Kreuze und andere Orden . Der Jude
Simon Kremser, aus ' Berlin erhielt den Orden Pour le merite . Ja,
eine Jüdin Louise Grafemus machte den Feldzug als Freiwillige mit
"und wurde zweimal verwundet; sie erwarb sich das Eiserne Kreuz!
-7 Am Feldzug von-1.8 6 6 waren gegen 1100 jüdische Krieger be- 1866 und 1870/71
tmligt, am D e u t s ch- F r a n z o.s ischen Kriege 1870/71 waren
es gegen 7000, von denen '500 getötet oder verwundet wurden.- 363
(davon ein Drittel Aerzte) erhielten das damals als hohe Auszeich¬
nung geltende Eiserne Kreuz. lieber die Teilnahme der Juden am
Welt kr i e g e ist zu Zwecken der Abwehr .Näheres im Kapitel dieses
Buches „Drückeberger" gesagt.
. Wenn das V o r u r t.e i l gegen die- militärische Tätigkeit der -
Juden nicht schwinden wollte, so ist das -aus die kü n st licheSchü-
r u n g durch, das sich zum eigenen Schaden hermetisch abschließende
O.f fi z.i erk o rps und die r e cht s st e h en d en , a n t i s emi -
t i sch angehauchten K r e i s e 'zurückzuführen. In anderen Län - '
d e r n dachte man freier, dort brachten es Juden bis zu den - TS .
höchsten militärischen Stellen . In . der ö st e rr e i chi s ch- u st g a r.i - ^ in^ esieneich -"
s che n.Armee gab es 1909: 1 Feldmarschalleutnant (Generalleutnant ), umgarn, Italien,
3 Generalmajore , 10 Obersten, einschließlich eines Linienschiffs¬ Frankreich
kapitäns, 11-Oberstleutnants , 17^Majore und. Hunderte von Subaltern-
' Offizieren- . Auch im letzten Kriege standen sie ihren Mann . Es sei
nur erinnert an eine' der letzten Verhandlungen des alten ungarischen
Parlaments im Sommer 1918, in , welcher Graf Tisza erklärte, in
seinem Regiment hätten „zwei jüdische;, bis zur Tollkühnheit tapfere
Offiziere gedient, d^e die glänzendsten Eigenschaften des ungarischen
Soldaten repräsentierten ". Der Honveh-Minister Baron Szurmayr,
der an der Verteidigung der Karpathen hervorragenden ' Anteil hatte,
bestätigte' das durch sofortigen Zwischenruf: „ Auch unter meinem Kom¬
mando haben sich zahlreiche jüdische Offiziere und Soldaten glänzend
bewährt." Am Jsonzo liegen Hunderte von Massengräbern, die aus¬
schließlich mit jüdischen Soldaten gefüllt, find. — In
Italien gab es vor . dem Kriege über 500 aktive Offiziere
jüdischen Glaubens, Guiseppe Ottolenghi,, Erzieher des jetzigen Königs,
wurde' kommandierend er General und zweimal Kriegsminister. ,Aehn-
lich lagen die Dinge in Frankreich, wo im W^ltkribge jüdische
Offiziere wegen ihrer hervorragenden Taten oft im offiziellen Bulletin
..gelobt wurden, selbst. unter den Divisionsgeneralen fanden sich einige
Juden . . Nur in einem einzigen europäischen Staate gab es den
gleichen Zustand wie -bei uns — in Rußlan d. Das besagt genug!
Freilich haben aufgeklärte Geister auch in Deutschland die mili¬
tärische Brauchbarkeit der Juden anerkannt und sich gegen jede Zu¬
rücksetzung verwandt, leider vergeblich. Bereits im Jahre 1847 er¬ Graf v . Iorck
klärte Graf v. D.o r ck im Preußischen .Landtage: „Der Staat ruht, für die Juden
meiner Ueberzeugung nach,- auf dem sittlichen Prinzip , aber nicht auf
dem.religiösen. Er ist basiert auf dem Prinzip der- Gerechtigkeit und
darum will ich meinen jüdischest Mitbürgern jedes Recht gewähren,
dessen die christlichen Untertanen teilhaftig sind. Wenn es sich nun'
aber -darum handelt , daß der Jude gar nicht zum .Offizier vorge-
schlggen werden darf, so ist das ein Makel, der auf ihm hastet. Wenn
: 64 —T
in den großen Kriegsjahren nicht einige, sondern verhältnismäßigviele
Juden sich zu Offizieren geeignet zeigten und es wirklich geworden
find, so muß ich daraus schließen, daß, wer im Kriege Offizier werden
- konnte,-auch die Möglichkeit haben muß, es im Frieden zu werden/
und daß also das Recht ihm bleiben muß, was er früher mit j >eit
christlichen Untertanen teilte und dessen er sich sehr würdig erwiesen
hat." ,
- ' Wie die Verhältnisse bei uns lagen, schilderte kürzlich etwas
Das Vorurteil drastisch in den „Mitteilungen d. V. z. A. d. Ä ." her aktive.Haupt-
, mann .K. Schnitt : „Nun erst der Empfang jüdischer Rekruten und
Einjähriger ! Die Aufregung des gestrengen Kompagniechefs! Die
„Freude" des Rekrutenofsiziers, die naturgemäß auf die gefügigen
Ausbildungskräfte übertragen wurde! „Marte nur , mein Jungchen,
dir wollen wir die Hammelbeine schon langziehen!" So war esS
großenteils die Frucht einer bedauerlichenVerhetzung, wenn Menscheü,
welche ihre Pflicht tun wollten wie andere und auch taten, mit solch
traurigen Vorurteilen empfangen wurden.. Das Ergebnis war zum
Teil ungerechte Behandlung, Zurücksetzung hei Beförderungen/ oft so-/
. ;s gar Vereitelung jeglichen Fortkommens/ Was die älteren Offiziere
den jüngeren vorbereten, war für diese natürlich das Evangelium , ob¬
wohl manche die Ungerechtigkeit dieses Vorgehens einsahen."
\ Gegen dieses Unrecht haben in den Friedensjahren des öfteren
christliche. Abgeordnete der Linken, wie Virchow,. Rickert, Go^bein,
V Kanzow u. a. m., energisch Front gemacht, aus dem Munde der Vm-
tröter der Heeresverwaltung' bekam inan aber höchstens nur Aus¬
flüchte und Redensarten zu- hören. Der frühere Kriegsnlinister von
Kriegsminister H e e r in ge n bemerkte sogar , daß den jüdischen E nj .-Freiw ., wenn,
?..HeAnaen gegen er ihnen ülich nicht die Befähigung zum Vorgesetzten absprach, die
jud. Ernj.-Frerw. „ achtunggebietende Persönlichkeit vor der Front " fehle. Dagegen
war sein Nachfolger, v.' Einem, der sich sehr entschieden gegen den/
Antisemitismus in der Armee wandte, wenige Monate nach seiner
7 . - Rede Minister a. D.! / -
So darf man sich nicht wundern, daß es. mit geringen Ausnahmen
in Bayern bei uns außer im Sanitätskorps nicht einen einzigen jüdi-
schenReserve-Osfiüer gab,nur derTaufschein brachte mit eineur Schlage
die Eignung . Erst die im Weltkriege eingetretene „eiserne Notwen¬
digkeit" brachte einen Umschwung in dieser Anschauung; aber selbst
da stießen, namentlich bei den aktiven Regimentern , Otfizieraspfran-
ten jüdischen Glaubens trotz anerkannter Tüchtigkeit auf die größten -
Schwierigkeiten, und wenn sie dennoch die Achselstücke erhielten, so. ist
. das ein schlagender Beweis für.' die soldatischen Tugenden, der Juden . .
Konse attnes ^ ogar von konservativer Seite würde in einer Hauptausschuß-
ELngesMndnis , fitzung des Reichstages unumwunden anerkannt, daß<man . durchaus
auf dem Standpunkt stehe, den tüchtigen Juden zum Reserve-Offizier
zuzulassen und selbstverständlich ihn als Kameraden völlig, gleichwertig
zu behandeln. Man habe diesen Standpunkt - früher nicht vertreten,
i . aber man habe in jenen Kreisen die Erfahrung gemacht, daß j ü d i -
sche Reserve - Offiziere sehr Tüchtiges geleistet.
. . hätten . .. . . ^
Alle diese erhärteten Tatsachen sind den antisemitischen Agitatoren
zweifellos bekannt; wenn sie trotzdem dauernd von der militärischen
Unbrauchbarkeit und Feigheit der Juden sprechen, so geschieht dies
wider besseres Wissen und zu Zwecken der Verleumdung und Ver¬
hetzung, zur Störung des inneren Friedens , um, wie beim >Kapp- ,
Putsch, im trüben fischen zu können. ' / ..

*
— 65 ‘ .

Kriegsfreiwillige, jüdische, s. Drückeberger.


Kriegsgesellschasten.
Ms wir rin August 1914 in hen Krieg zogen, waren wir militä¬
risch sebr wohl vorbereitet, .aber es fehlte an einer wirtjchast-
. I i che tt R ü st u ng . Diese in aller Eile ' geschaffen zu haben, ist das
hohe Verdienst des jüdischen Generaldirektors der- A. E. G.. Walther
Rath enau, dem darum von den höchsten Stellen im Reiche ehrende ^ Vater*der^
Anerkennung gezollt wurde. Daß sie .tiefe.nschneidende Wir- Zwangswirtschaft
kungen ausübte und vor allem ' den Kleinhandel — natürlich auch
.den in jüdischen Händen befindlichen — zum großes Teil lahmlegte,
war .unvermeidlich. Es ist also ein Hirngespinst, wenn von anti¬
semitischer' Seite behauptet wird, die Kriegswirtschaft sei von den
Juden geschaffen worden, um das deutsche ' E r w e r b s l e b e n
zu versklaven, oder wenn der . unter dem Pseudonym
.„Wilhelm Meister" schreibende antisemitische Tintenheld in seiner Wrkh , Meister .
berüchtigten Broschüre „Judas Schuldbuch" schreibt, an dem Tage,
an dem Rathenau vom Kriegsminister empfangen wurde, habe „Juda '
endgültig seinen Sieg über ,die deutsche Wirtschaft errungen". Zuzu-
geben ist, daß von den Kriegsgesellschasten , namentlich bei der bureau-
kratischen Handhabung ihrer Geschäfts gelegentlich schwere Feh - ,
l e r .gemacht worden sind, aber jeder Einsichtige-muß zugeben, daß -
7 bei der Blockade sowie dem Mangel an Rohstoffen und der unzu¬
reichenden-Erzeugung von Nahrungsmitteln Deutschland weiteher
unterlegen wäre , wenn nicht die Ideen Nathenaus
i n d i e T a L um g es e tzLw o r d en w ären Wie ! segensreich im
großen ganzen, diese Zwangsbewirtschäftung^ aewirkt hat, kann man
z. B . daraus ersehen, daß nach Freigabe des Leders die Preise sofort
zu. ungemessener Höhe emporgeschnellt sind. Die Befürwortung der
,„ f r e i e n Wirtscha .f t ", wie sie von antisemitischer Seite — auch
von Herrn Kapp und seinen Leuten — betrieben wird, ist daher nichts
als em A g i t a t i o n s m i t t e l.
Daß man selbst in antisemitischen Kreisen s. Zt . — heute möchte Antis-mitisches
mast das nicht ,mehr wahr haben — die Verdienste der Kriegsgesell-
schäften anerkannt hat, geht aus einer Darlegung des bekannten all- ß- ^
deutsch-antisemitischen Schriftstellers Kurt .von Strantz hervor,
, der im „Reichsboten" sagte: /,Eö muß anerkannt werden,.daß Beamte
wie .Private , die sich in den Dienst dieser Kriegsgesellschaften gestellt
haben, geradezu Hervorragendes geleistet haben, und daß m. E. trotz
gelegentlicher Fehler , die stets Vorkommen werden, wir eigentlich,ein
Höchstmaß geschicktester Nrganisatiyn erreicht haben, das man im An¬
fang des Krieges kaum -erhoffen durfte. Ich selbst habe anfänglich
- .über die hohen Kosten dieser Kriegsgesellschastengeklagt, habe mich
aber bei einer Gesellschaft überzeugen' müssen, daß das Verhältnis
keineswegs ein ungünstiges ist. Ich meine die Kriegsgetreide-Ges'll-
schaft, top die Handelsünkosten sich nur aus. 97 Pf - für die Tonne stellen, X
' die durchschnittlich für 250 M. zu bewerten ist. Dies ist kaufmännisch
. eich durchaus gutes Verhältnis ."
. Begründer dieser von Herrn K. v. Strantz so rühmend hervor¬
gehobenen Kriegsgetreideorganisation war bekamitlich der Mische
. Getreidehändler B . Meyer-Düsseldorf, der dann später zum off'zi/llen
Lebensmitteldiktator der Türkei/avanciert ist. Das vernichtendste
Urteil über das Kesseltreiben gegen die Kriegsgesellschaftenhat aber
wohl ein so sachkundiger, Mann wie .der bayerische Zentrumsabg.
, Dr . Heim gefällt/ der in einer*Versammlung des christliche Bauern- Or. Heim über die
Vereins in München nach einem Bericht der R." erklärter „Die Z. E. G.

> - \\
ganze Anti-Z.-E.-G.-Literatur stammt erstens von naiven Leuten,
zweitens von Schiebern, ^./drittens von unehrlichen Elementen,' die
wissen , daß sich die Z. E. G. nicht verteidigen?kann. Die Z. E. ®..
ist notwendig, aber nicht fehlerlos." Der' „Reichst.", der oft genüg
in das Geschrei über die „jüdischen Kriegszentralen " miteingestimMt
hat, schrieb damals hierzu: „Das Urteil Heims über die Z. E. G.
wird man unterschreiben können.". .
" ^ Zu den hier gegeißelten„unehrlichen Elementen" gehörten nicht
in -letzter Linie wucherische A g r)a r i e r , denen die Zwangswirtschaft
Agrarischer ein Dorn im Auge war , weil sie'viel mehr an Gewinn herausschlagen
Gerreidewucher 'wollten , als der Staat mit Rücksicht auf die Allgemeinheit ihnen'
bieten konnte. Daher ihre Abneigung g e.g en die E^r-
fass un g der Pro d uktion und Hinterziehung , um, die. Er¬
zeugnisse zu rmmensen Preisen „hintenherum" an ^Schieber und
Hamsterer loszuschlagen . Ihre schützende Hand hielten hierüber be¬
zeichnenderweise antisemitische Organe vom 'Schlage der „D e.u t s ch.
Ztg ."„ die in einem Artikel vom 10. Mai 1919 höhnend auf die
Wertlosigkeit der amtlichen Erfassung der .Getreidebestände hinwies
und bemerkte , ..alle papierne Statistik, auf welcher das Rechenexempel
unserer öffentlichen Verteilung aufgebaut ist, ist falsch. Derv i e r t e
Teil d e r E r n t e .w i r d g e.sto h l e n , ehe si e vo m F e l d e
ko m m t. Auch d a f ü r müssen wir dankbar s e i n. Es
ist das eine gesunde Korrektur an den unmöglichen Verordnungen
über die' VersorNiNb der landarbei.tenden Bevölkerung ." Also die
systematische Hinterziehung von Lebensmitteln , die offensichtliche Be-
gaunerung des Staates ist nicht etwa etwas Verabscheuenswertes , son-
j ' dern etwas Nachahmenswertes , wofür man „ dankbar
sein soll " . .
Um>die im Volke übel vermerkte Haltung der' -Landwirtschaft
/ mit dem Mcüitel christlicher Liebe zuzudecken , wurde bon agrarischer
-und antisemitischer Seite die Abneigung gegen die
Kr i egs g es e l l scha f t en mit allen Mitteln g e s chü r t und ins-
. besondere deren „V erj u d un g" als die Wurzel alles.Uebels hinge-'
stellt. Schon die verlangte Statistik über die Inders im Heere sollte
den Beweis erbringen, daß die Israeliten „den Krieg, mehr von der
ungefährlichen Seite des Lebensmi ^ Lelhandels kennen lernten", wie
sich die „Deutsche Ztg.". auszudrückenbeliebte , und-, daß. die Kriegs-
gesellschaften ihnen eine höchst willkommene Gelegenheit für „Druck-
Posten" lieferten. Darum wird man auch,nicht müde, immer wie¬
der das Kapitel von den Juden in den Kriegsgesellschaften seitens.
der antisemitischen Presse anzuschneiden , wobei man sich nicht scheut,
zu Unwahrheiten und Fälschungen seine Zuflucht zu.nehmen/ Wurde'
doch von dieser. Seite ohne Beibringung eines Beweisesu. a. dreist
behauptet, d aß 8 0 , j a 9 0 Pr o z ent d er An g este l lten in
- den Kriegsgesellschaften j ü d i sche r H er kun st . seien!
Demgegenüber weist Or.. Walter Leiser/in einem in her Zeit-
Statistik über die-sHrift „Im deutschen. Reich" veröffentlichten Artikel „Juden ' und
Judenind.Kriegs- Kriegsgesellschaften — -eine Statistik " an der Hand amtlichen Qüellen-
. gesellschasten Materials nach, daß die , G e s a m t z a h l d e r a n ll e i t e n d e r
Stelle der Kri e g s g es e lls ch af t en b efin d li ch en jü-
disch .en Mitarbeiter auf 11 -,5 Prozent zu veranschla¬
gen sei. Es heißt-dort u. a.: /,Das amtliche , während des Krieges
nur zum vertraulichen Gebrauch bestimmte Verzeichnis der 'gesamten
Kriegsorganisationen nach dem Stande vom 1. Februar 1918 weist
insgesamt.258 Reichsämter, Kriegsgesellschaften, Ausschüsse
, Verbände,
Kommissariate, Zweigstellen
, Gutachterausschüsse usw.. auf.. '/^
7

.
, ^ Die Zahl der leitenden Persönlichkeiten, «denen zum Teil meh- ^ er¬
^re ?'StePn --znaleich ^unterstehen, .der Komm.fiare , Vorstände , T
koren, Geschäftsführer, Prokuristen usw,, beträgt insgesamt 563. Von
diesen 563 Personen, die das gesamte 'Kriegswirtschaftsnetz'Statistik beherr¬
schen und geistig durchsetzen , find nach einer peinlich genauen
454 — 80,7 Prozent unzweifelhaft Christen, 54 — 9,6 Prozent Juden.
Von weiteren 55 Personen — 9,7 Prozent hat sich mit Sicherheit nicht zu¬
ermitteln lassen, welcher Konfession sie angehören. Es ist damitPro¬
nächst festgestellt , daß die Zahl oer -Juden zwischen 9,6 und 19,3
zent .— Minimal - und Maximalgrenze — beträgt. Nimmt man an,
daß, von den 55 Konfessionsfraglichen der ermittelte Maximalprozent¬
saß von 19,3 Prozent — 11 Personen ebenfalls Juden find, so würde
die Gesamtzahl' der an leitender Stelle-b der Kriegsgesellschaftenbe¬
findlichen .jüdischen Mitarbeiter auf 54 11 — 65 — 11,5 Prozent
zir veranschlagen sein. Dieser, Berechnung ist absichtlich die jüdische
j
HöchststrozentMserzugrunde' gelegt worden, Um, jeden Anschein man- .
gelnder' Objektivität zu vermeiden."
.Dieser einwandfreien Statistik haben die,,Deütsch-völk. Blätter"
-
nichts als die alte falsche Beryaltnisrechnung entgegenzustellen^ver-
mocht,/ daß den .Juden , dem Bevölkerungsverhältnis , entsprechend,
mb er nur ein Prozent zustehen würde- und daß
auch diese für Juda
sicher.günstig gemeinte Aufrechnung immer noch beweise, daß elfmal
1mehr Juden in detz Kriegsgejellschaftenwirkten und wirken, als nor¬
malerweise zulässig erscheinen müsse. Dem Antisemitenblatt ist jedoch—
absichtlich,oder unabsichtlich? — ein grundlegender stat' stischer Rechen¬ Be¬
fehler unterlaufen . Es zieht seinen Schluß auf Grund ' des
tz öl ker un g s v er h ä l t n i ss e s ü b er h a
ü p t , anstatt der B e-
.
t e i l i g u n g s z i ff er der I u den . a m Hände l. D' ese be-
trägt — bedingt durch die jahrhundertelange Fernhaltung von anderen
Erwerbszwei^en — etwa 10,5 Prozent , in Berlin , das' als Sitz der
Zentralen besonders in ^Frage kommt,, sogar 14.5 Prozent , so daß .,
..die Anstellung,von Juden in der Leitung d^r Kriegsgesellschaften sich
ungefähr in -dem gleichen Rahmen hält und keineswegs eme Bevor¬
zugung därstellt. .
. '.. Schließlich darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Be¬
rufung von Juden hurch die schwerlich philosemitischeRegierung .
wahruch nicht aus schonender Rücksichtnahme erfolgte, sondern wegen
ihrer Eignung für die in .Frage kommenden organisator .schen
"Zwecke und lediglich aus G r ü n d e n des Staatsin terösse s.
Kriegsgewinnler.
' '' Nach äntisemitischer Darstellung ist .der Schieber- und Ketten¬
handel' in der Hauptsache ein Werk der Hebräer, wenn man auch
„ gnädigst zugesteht, daß auch unsaubere Elemente aus anderen Kreisen
beteiligt waren, aber diese seien durch das jüdische Beispiel ange¬
spornt worden. . .Ziffernmäßig vermag man diese Behauptung freilich
nicht ..zu belegen. Gewiß haben manche Juden im Kriege große
- Summen verdient, 'aber die antisemitische Presse hütet sich wohl-
. weislich,:der Kriegsgewinne der G i o ß im dustriellen und der
' Gro .tzgrundbesitzer. Erwähnung zu ' tun . Sind aber die
Krup p , Thy ssen , Stinnes , Kirdorf . Körting usw . . Knegsgewirme
der Grovmdustrie
vielleicht Juden ? Hat doch der erste literarische Berater der Groß-
' -Industrie , Steinmann -Bucher, schon nach dem zweien Krimsiahre
". ^ >
Wentlich erklärt, die Industrie habe „ Geschmack am Kriege gefunden förm¬
Selbst ein führendes antisemitisches Blatt Hat angesichts dies s
lichen Wettrennens aller Kreise, die Kriegskonjunktur nach Kräften
5*
>

zu Persönlicher Bereicherung auszunutzen , -dieBehäuptüng von einem


spezifisch jüdischen Krregswucher nichtmehr aufrechterhgltenköstnen,
und von einem „Judentum aller Konfessionen " gesprochen, das. sich
> Mi.dem.Tanz um^das goldene Kalb beteilige. Auch der^konsMWW ^l
antisemitische„Reichsbote " hat .des öfteren Gelegenheit genommen/
gegen den Wuchergeist in Erzeuger- und' KonsumentenkrePnzn
eifern, und der damalige Staatskommissar des RöichsernahrÜngs-
amtes, spätere Reichskanzler Michaelis/erklärte im Reichstage : „Wr
sind Sünder allzumal, Konsumenten und Produzenten." -
Wer im Glashause sitzt , soll nicht mit Steinen werfen. Die An-
würfe gegen die jüdischen Haüptnutznießer des Krieges kommen-be-
9 sonders
, aus Kreisen, die politisch den A g r.a r i er n sehr nÄhe
stehen. Es sei darum an, die von dem/ bekannten, ' wahrlich nicht'
philosemitischen bayerischen Äbg. Dr. Heim unterm . 2. Septemher
Zeugnis vr .Heims 1916 an die „ WahrheiL " des Herrn Bruhn gerichLete Zuschrift MnL
nert,. in der von ihm 50 ostelbische Großgrundbesitzer öffeMic^ iän
den Pranger gestelltwurden,/bie ftie..&efdjlagn ’ä§mte/-©erfte/ eifTTdä)
unterschlagen haben. Er kennzeichnete damals das „patriotische"
Verhalten dieser Leute sehr zutreffend in folgender.Weise:' „Es', sind-
dieselben Leute, die da.meinen, daß -es niemand etwas angeh't, -was
' sie in .der Tasche haben,, und' die deshalb gegen die- Erbschaftssteuer
- find, weil es sonst nach ihrem Tode herauskäme , was .sie ü.
nicht versteuert haben." — Oder war das Mitglied des .Deutschen
Landwirtjchaftsrates/dasin ösfentlicherSitzungdes Reichstages Van
den Pranger gestellt wurde, weil es durch frühzeitiges'Herausnehmen
von noch unreifen Kartoffeln über 150 000 M. verdient hat, -eyva
' ein Jude? Oder. etwa Herr von Oldenburg-Januschau, deh schon im
Jahre 1916, wo der'! Erzeugerpreis-für Kartoffeln.noch anf .4—6M.
. festgesetzt war, einen Wucherpreis von 8—10 M. verlangte und nach-
- her blutige Tränen weinte, daß er seine Kartoffeln an den.Berliner
- . Magistrat zu billig verkauft, habe? Hat die Landwirtschaft-und ins¬
besondere der Großgrundbesitz . sich nicht ebenfalls am Kr'iegswuche .r
beteiligt? Der Hauptagitator des Hundes der Landwirte,, Franz
von Bodelschwingh , hat schon 1Y15 ausdrücklich
Großgrundbesitz in erster Linie „durch den Krieg- gut verdient hat^5.
Wenn das nicht.der Fall gewesen wäre,würde- auch eineso hervor-
ragende Persönlichkeit in der konservativen Partei, wie der ver- ^
storbene Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses, -Graf von
Schwerin-Löwitz,.sich.schwerlich veranlaßt gesehenhaben/rn einem
Artikel des „Tag" „die. Verallgemeinerung des Vorwurfs der wüche>
rischen Ausbeutung gegen ganze Erwerbsstände als verwerflich " .zu
' bezeichnen . . ' ' ^ ; .. ■
■, . • Sehr treffend/und ungeschminkt hat der feinsinnige -evangelische
Pfarrer Grimm ^in Frankfurt a. M. in . einer Predigt am
10. Sonntag nach Trinitatis die Verbältnisse aekemizeichnet ) .ind ein
er seine Darlegungen mit folgenden Worten,schloßt ^ '
. „Liebe Gemeinde , ich will mit . dem,, was ' ich sagte,- nicht be-
haupten, daß die Juden schuldlose Engel sind. Das haben die Juden
. selber nie von sich behauptet.. Ich will auch zMeben, daß ein .zechmie
i n m a n ch en Fällen v er sta n d en Hab e n, d ü r ch.S chi .e-
b nn g e.n immense Reichtumer zu erwerben und hier und dort durch
Drückebergereien , falsche ärztliche.Atteste und/ dergleichen ihr Vater-
' land zu. schädigen .-. .Aber-, sind dieselben/haarscharf dieselberr/Enl-
gleisungen nicht auch bei 'ArWichen-Deutschen 'poHÜömMe ^ .?//WW
etwa keine christlichen Ärückeberger,keine WrstlichmV SchieÄP' und.

x
/ — 69 _ — _

Wucherer.gegeben ? : Sind, etwa die christlichen Landbewohner , die


- ÄP 'Mdischen BlUeichhakdler ' bei nächtlicher Dunkelheit , die Waren
alle unter
züschiehen,/besser als dieser? Ach, liebe Freunde, wir stehen alle
derselben Verdammnis, ob Juden oder Christen, wir tragen
deüselben .'Stempel. Mir sind alle abgestempelt als seelisch erkrankt,
als mammonistisch durchseucht . Mir müssen alle wieder' gesund
werden^ alle!" — . - . r
Krregspresseamt , antisemitisch , s. Northclifse . .
Kriegswucher , s. Wucher.
Ktrminalilät der Inden.
> ' 'Her Anteil der Juden an Verbrechen und Vergehen ist im äll-
gemeinen derselbe wie der der sozialen Schichten, denen - sie
angeboren. ^-Eine ' spezifisch jüdische ^Kriminalität gibt es für die Prof.
Krimrnälstätistik nicht; -diese muß vielmehr, wie Prof. Franz, Franz v . Liszt
,v/ L i sz t sich in einem über- diesen Gegenstand gehaltenendes Vorträge
- aüf. der Generalversammlung des Vereins zur, Abwehr Anti¬
semitismus (Ä06) resümiert hat, sagen, es handelt sich im wesent¬
lichen um eine Berufs kriminalität. Religion und Rasse haben
mit' dem sozialen Leben-und den Formen des gefchästlichen Kampfes
nichts zu schaffen, .ganz .abgesehen davon, daß in den Kulturstaaten
l vdn rernen/ unvermischten Rassen überhaupt, nicht mehr^die Rede
sein kann. Selbst die .„Staatsb .-Ztg." (1907 Nr. 275) hat. aner¬
kannt,- daß „im Durchschnitt aller Straftaten die Juden keine star- /
kere-Neigung zu Verbrechen ausweisen als ,der Deutsche ", und sogar7
das bemerkenswerte -Eingeständnis gemacht daß auch aus der .Kri¬
minalstatistik nicht : hervorgehe , „daß unser deutsches Volk
b'ess er ist 'als das jüdische ",- sondern nur, „daß. es an d e r s ist". ;
i. ' 7 . Die 'Gesamtkriminalität der Inden wird in derallgemeinen Statistik ganz
wesentlich— und zwür zu ihren UngunstenM-der der Kategorie- Be-^
urteilung beeinflußt durch ihre hohe Ziffer in
Staat, öffentliche Ordnung und Re-
Merbrechen' und Vergehen gegen„Staatsverbrechen
litzioü". Sieht man sich diese " jedoch näher an,
so^süchet.mün, daß die relativ hohe Ziffer verursacht wird durch
Besträf.ungeü wegen. Vergehens gegen- das Gesetz über die Sonn-
LÄ'g s r u h e. und. den, L achen schl u ß. Diese Bagatellsachen
schrauben die Gesamtkriminalität der Inden ganz über Gebühr
in die
. -Höhe und erwecken - dadurch ganz falsche VorstellungenHüber den Ge-
. sämtcharakter der jüdischen Kriminalität '. Es ist übrigens in den
/ letzternFähreü eine AbnahMe^der Verurteilungen jüdischer Gewerbe-
>treibender eingetreten, während öie Zahl der Verurteilungen von
Christen konstant geblieben ist.. Bei der Gruppedie „V erbrechen
irn d T er gehen gegen die Person ", die .schwersten De¬
likte umfaßt, bleibt.die Kriminalitätsziffer der Juden weit 'Delikten,, hinter
.jener der Christen zurück . Bei einer großen Anzahl von
im denen die Juden früher prozentual stärker beteiligt waren
als die
Christen/' bat sich dieses Verhältnis in das gerade Gegenteil umge- Sittlichkeit
wänidelt . Das ist namentlich bei den Vergehen und Verbrechen gegen
. die Sittlichkeit der Fall. ' .
' //In der^dritten Kategorie: „Verbrechen und Vergehen gegen das
Term ö 9 en " sind die eigentlichen Ge schä f t s v er g ehe n ent- Dr. Paul Nathan
in einer'
.häMn.//Dr , Paul ' N ath a n hatin .objektiver Äeise Schrift :' „Die Krimina-
litat Ker' Juden in Deutschland " dargelegt, daß.
- die Hohe Zähl der Bestrafungen von Juden mit deren starker Be-
.- 70 ,—
ieilrgung. am ^Handel " zusammenhängt . Die Verurteilungen^vyn^
Juden wegenbetrügerischen Bankerotts haben sich von.dem Jahr --
Zehnt. 1882—1891 bis zu dem-Jahrzehnt 1892—1901 um 25 Prozent
verringert; von 1902;—1905 sind die absoluten Zahlen von- 8 MK
auf 0 gefallen. Auch die Fälle des einfachen Bankerotts haben sich
' von 1902—1905 um 43 Prozent, also beinahe um die Hälfte , ver-
mindert. An den auf diese Kategorie - entfallenden Delikten sind, ja
in hervorragendem. Maße Angehörige der. Geschäftswelt beteiligt.
Man sollte also ehrlicherweise immer nur ' Angehörigee i mes Be¬
rufes, also jüdische Händler mit christlichen Händlern, jüdische Hand -,
werker mit christlichen Handwerkern miteinander vergleichen, , abep
nicht einfach wahllos Inden und Christen. Die Kriminalitätder
Juden ist jedenfalls in der letzten Zeit ^der Kriminalität der . Ge-
samtheit immer ähnlicher geworben . (Vgl. , die im Vorwort. *dr-
wähnte besondere Schrift über dre wirtschaftl . Lage, soziale. Gliede¬
rung und die Kriminalstatistik der Juden.) ''V,". ' V.
Kultur, Anteil der Juden, insbesondere der deutschen -Juden, ach
Fortschritt der Kultur. y - ' - -y -y
Constant. Brunner Constantin Brunner schreibt in seinem Buche „Der Judenhaß
und die Juden",' Seite-183:.„Wenn es heute noch möglich wäre, Mß
die.Emanzipation zurückgenommen werden könnte, so könnte das
nicht deswegen geschehen, '-weil den Juden die Teilnahmefähigkeit ari¬
dem allgemeinen Kulturleben abgeht. Sie machen nur ein Prozent'
, unserer Gesamtbevölkerung aüsi ^ es wäre immer noch normal,
wenn die übrigen Deutschen Hundertmal mehr geleistet hätten als
die von jüdischer Abstammung . Ich denke, d er h un .be r tste Teil
der geleisteten Gesamtarbeit lckßt sich diesen z ü <
sprechen sie ; - haben ihn geleistet , trotzdem sie dabei gestört wurden
und immer,noch gestört werden- - die volle Freiheit der Persönlich¬
keit haben sie noch nicht errungen und haben noch genüg zu
schaffen
mit der Durchführung der Emanzipation."- Die Tatsache ' läßt sich
‘ nun einmal nicht aus der Welt
- Weltgeschichte eingetreten sind, schaffen , daß, seitdem die Juden in die.
ihr Anteil am Fortschritt, der .Kultur
immer bedeutend größer gewesen ist, als er -ihrer Stärke unb Zahl
entsprach . Dem. Judentum und/ dem Griechentum verdankt- die
Menschheit die größten Fortschritte; dem Judentum verdankt das
Christentum seine Heilige Schrift, dem Judentum, nicht dem Hellenen -/
tum, verdankhMe Menschheit die Lehre, daß alle Menschen das
gleiche Recht zu beanspruchen haben. Ist es nicht tragisch zu
daß man gerade dem Schöpfer des gleichen Rechts für alle nennen;
am
längsten dieses Recht verweigert hät und es noch verweigert?.
Daß die Juden für bie■ •beutfcf
)e Kultur toeit.
dertsten Teil geleistet haben, kann nicht dem geringsten Zweifel unter¬
liegen. Daß das Judentum in Deutschland zersetzend,gewirkt habe^
wie einst das konservative Tivoliprogramm behauptet hat, eine' Be-
. hauptung, die ja jetzt wieder durch die Deutschnät . Volksp. ausgienoni-
, men worden ist, hat in einem lichten Augenblicke selbst die „Kteüzztg.^
(29^9. 10) bestritten. Sie erkannte unumwunden an, daß sich. lm
Judentum doch „ so viel positiv Gutes und Anerken¬
nenswertes entwickelt hat, daß. der ' Behauptung,über jüdi¬
sche Einfluß auf unser Volksleben sei z ers etz.en d / sich
n t cht ohne Einschränkunga u f r e cht er h a l t e n läßt. S t' a a t.s-
treu e> Ge sr n n un g, geschäftliche 'Solidität, religiöser Ernst, sto.-
sitive Leistungen in WissensHaft,un .dKNim st lassest
7- 71 —

sich den Huden im allgemeinen n i ch^ a b spreche


n." Die „rei¬
ein Wut¬
nen" Antisemiten' erhoben zwar ob dieses Eingeständnisses
geheul, die „KreuzzLg ." aber blieb fest, und selbst die „Deutsche,
." mit der
TMtg ." konnte nicht umhin, , die Auffassung der. „Kreuzztg es sich hiexbei nur
Einschränkung als berechtigt anzüerkennen, daßutsche Geist nicht
, um die Juden handeln könne, „auf die der de
ist^. Heute lassen sich freilich beide Blätter
ohne. Einfluß -geblieben
mcht gern an diese Eingeständnisse erinnern . , , daß die Juden sich
Den Beweis für die Behauptung Bismarcks aus-
. durch besondere Befähigung und Intelligenz fürnurStaatsgeschäfte im Auslande er¬
.zeichnen, konnten vor der Revolution Judensich chatten taufen lassen.
bringen und in Deutschland nur , wenn sie Juden
Um nur einige Namen zu . nennen , waren ' die- englischen der englischen
D'Jsraeli , Sir John Fisher , der frühere erste Lord
ernannt,
Admiralität , Sir Rufus Jsaac , später zum Lord Reading gewachsen , ebenso
u. a. den ihnen übertragenen Aemtern vortrefflich
, der einstige
- der einstige italienische Kriegsrninister General Ossolenghi Luzzati. In
italienische Ministerpräsident Sonnino , der Minister niemals zum
Preußen hätte es der Jude Schlesinger ohne Taufe können; erst
Staatsrechtslehre :: an . der Universität Berlin bringen in den
als er sich taufen ließ und seinen jüdischen Familiennamen
-umwandelte , kam er mit der größten Leichtigkeit in
Nämen Stahl der hervor-
diese Stellung ; ?jä, es war ihm sogar möglich , zu einer
zu gelangen. Als
. ragendsten Führerstellen der konservativen Parteidie,Parteigrundsätze,
solcher formulierte er das Parteiprogramm und die Erbin der
die heute noch für die Deutschnationäle Bolkspartei , sind. Wenn
alten Konservativen Partei , im wesentlichen maßgebend
Jurist Martin Eduard v. Simson
der hervorragende Königsberger schwerlich so weit
sich nicht hätte taufen lassen, so hätte er es wohl
gebracht, daß man ihn später den „geborenen Präsidenten " hätte
Professur in
nennen können. Erst ,die Taufe ermöglichte ihm ja .die zuerst auf
ihn
.Königsberg und damit die öffentliche Laufbahn, die ihn dann zum
den-Prästdentenstuhl in der Paulskirche brachte und machte.
-ersten Präsidenten des Reichstages und des Reichsgerichts waren leider nur in
" Die Juden , die sich nicht, hatten taufen lassen,
Befähigung und Intelligenz für Stäatsge-
der Lage, ihre besondere haben sie wahrlich
schäfte im Parlament geltend zu machen, und da
ihren Mann gestanden: Gabriel Rießer, Johann, Max. Jacoby , Eduard
Hirsch, Paul
/ Läsker, Ludwig Bamberger , Leopold Sonnemann, zu einer ordent¬
Singer , Eduard Bernstein u. ä. Da ein Jude selten
von hervor¬
lichen Professur gelangen konnte, errang , sich eine Reiheim Auslande
ragenden 7 jüdischen Gelehrten aus ' Deutschland erst
- Weltruf , wie die Orientalisten Jul . Oppert und Salomon Munk in
in Altstrelitz
Paris ; der gekannte Sprachgelehrte Daniel Sanders ; -die Univer¬
brächte es nie zu einer Professur an einer Universität , Ludwig
sitätsprofessoren - Theodor' >Benfey, Hehmann Steinthal.Ausnahmen
Friedländer und einige andere bieten wenige rühmliche In der Philo¬
* unter den jüdischen Sprachgelehrten in Deutschland. und Hermann
sophiesei nur an die Namen Spinoza , Mendelssohn
zu einer or-
Cohen erinnert ; von Historikern brachte es Jacob Caro Natur¬
. Von berühmten jüdischen
/ » dentlichen Professur in Breslau Paul Ascherson, Fer¬
wissenschaftlern seien nur .erwähnt die Botaniker Äd . Frank,
dinand Cohn, N. Pringsheim , die Chemiker Georg Lunge, Ad. von
Viktor Meyer, der mütterlicherseits von Juden abstammende
^ter, Fritz Haber, Millstätter , der Phh-
Baeyer , Ladenburg, Darmstä
sike/ Heinrich Hertz, die Mathematiker "Moritz Kantor , Leop.
Krontzcker,
Einstein, von -Medizinern Jacob Henle, Hermann , Munck, Ludwig
- Traube , Hermann Senator , Klemperer, Mendel, Oppenheim,
Liebreich, Paul Ehrlich, Neisser, Aug. v. Wassermann, von Remik, Rechts-
lehrern Lewin Goldschmidt, Joh . Fr . Behrend, Heinr. Dernburg,
Hermann Staub , der jeder Universität oder dem Reichsgericht sicher
' zur Zierde gereicht chatte und als Berliner
. Staatsrechtslehrern und Nationalökonomen Rechtsanwalt' starb, vom
Paul .Laband, . Löning,
Friedberg, Preuß , Jastrow , Glaser, der spätere österr. Justizmin .ster.
Auch auf dem Gebiet der Künste Haben es die Juden in
zu Leistungen gebracht, deren Anteil an der kulturellen Deutschland,
unseres Vaterlandes sehr,' sehr erheblich über 1 Prozent Entwicklung
Es seien nur genannt auf dem Gebiete der Baukunst hinäusgcht.
auf dem der Malerei Max Liebermann, Josef Israels Alfr. Messel,,
, Hans . von
Maröes , Leffer Ury, Max Slevogt und Struck,, auf dem Gebiet, - der
Musik Meyerbeer, Offenbach, Ignatz Brüll , Felix
Mendelssohn.
Bartholdy , Anton Rubinstein, Karl Goldmark, Joseph
Schauspielkunst Sonnenthal , Barnay , Bogumil Davrson, Joachim, 'der'
Em. R'e' cher,
Rud. Schildkraut, Max Hohl , Lautenburg, Max Reinhardt . Aus
großen Zahl der Dichter und Schriftsteller nur einige Namen : Heinr.
Heine, Ludwig Börne, Berth . Auerbach, I . I . David , Jakobs Wasser
mann , Georg Hermann , H. v. Hofmannsthal , Jul ^ Rodenberg, -M - ,
Nordau, Theod. tzexzl. Jül .
' Geiger. Auf dem Gebiete der Stettenheim , Fritz Mauthner , Ludw g
Technik und technischen^Industrie zeich-:
neten sich außer einer Anzahl der-p^on erwähnten Chemiker
Juden aus : Joseph Popper (elektrische Kraftübertragung und, folgende.
.Luft-,
druckleitungen), David Schwarr und A. Berson (Luftschiffahrt) ,. Sieg-
. fried Marcus (Erfinder des Benzin autoinöbils ), Friedr .
Marx (Er¬
finder der Zellulose), die beiden Rathenäu ) Ludw. und Isidor Löwe;
von hervorragenden jüdischen Forschungsreisenden sind zu ,
Emin Pascha (Ed. Schnitzer), H. Burchardt, H. Vambery. Nicht nennen:
vergessen seien die hervorragenden Verdienste, die sich Juden als zu.
^ Förderer von Kunst und Wissenschaft sowie der' allgemeinen
fahrt erworben haben; es sei nur an die Namen James SimonWohl¬
Arnhold, Baronin Cohn v. Oppenheim, Charles L Hallgarten , usw. Ed.
- erinnert . Das Senckenbergs che Institut in Frankfurt am
Main , an dem Professor Ehrlich seine epochemachende
Entdeckung
gemacht und das den Ansporn gegeben hat zu der Errichtung der
neuen Forschungsinstitute in Berlin -Dahlem unter dem
des früheren Kaisers, ist durch die hochherzige Stiftung des Protektorate
des Frankfurter Bankhauses S p e y e r ins Leben gerufen. ' Inhabers
Die neuen
Forschungsinstitute verdanken ihre Entstehung zum großen Teile der
Freigebigkeit jüdischer Donatoren . ' Unter oen -bei der offiz' ellen
Gründungsversammlung in der Dresse^ namentlich , aufgeführten
19 Hauptstiftern befanden sich 8 I u d e n und 3 Mitglieder
Ziante kinaneo , die jüdischer. Abstammung^sind. Insgesamt sind der
diesen, Zweck 11 Millionen Mark aufgebracht -worden. für
^ )
Kunze, Richard, der „Knüppel-Kunze", s. Deutschnat. Volksp.,
Ritual-
mordlügen. ' -
Kupfer, Meta, Wucherprozeß
, s. Wucher.
. .öandbünLe, s. Agrärdemagogie.
Landwirte als Drückeberger
, s. Drückeberger.
Landwirtschaft und die Juden (s. Arbeit).
.',^ >abt ihr je einen Juden pflügen oder graben gesehen?" fragt
ein ' antisemitisches Flugblatt . Daß die Juden sich so wenig in der
Landwirtschaft betätigen, ist einzig und allein die Schuld »der Ge¬
setzgebung früherer Zeiten, die die Juden von diesem Arbeitsgebiet /
^direkt ausschloß. Noch Friedrich ' der Große verbot ihnen das Woh¬
nen auf dem glatten Lande, Im alten Palästina waren die Juden
fast ausschließlich' Ackerbauer und Viehzüchter. König Saul
. war aus dem Bauernstände hervorgegangen,/David der Sohn eines
Ackerbürgers aus Bethlehem, der Prophet Elias holte seinen großen
Schüler Elischa vom Pfluge und von den Rindern seines Vaters
hinweg. Die jüdische Gesetzgebung war dckrauf berechnet, den Acker¬
bau in jeder Weise zu fördern- während sie der Ausübung des
Handels in Wielen Hinsichten hinderlich war. An
die Ackerbaugesetzgebung schließen sich die Verordnungen , welche die
sozialen Verhältnisse des Volkes regelten, wie die Bestimmungen
über die Erlaffe und Jubeljahre , über Feldabgaben und das Zins --
verbot. Der Ackerbau bildete die Hauptbeschäftigung der Juden bis
. zum Untergänge des Staates und weit darüber hinaus . Eine große
Reihe von Talmudträktaten handelt nur von den Bestimmungen
über den Landbau, und Männer aus den verschiedenstenJahr¬
hunderten tragen die nachdrücklichsten Lehren über die Bedeutsam¬
keit desselben uor . Da erst in alleglüngster Zeit Palästina von der
.wissenschaftlichenForschung, als die - Urheimat der wichtigsten
Getreidefrucht, des W e i z e n s , festgestellt worden ist. -können nur '
die Juden diesen in Kultur genommen haben.
' Die bedeutendste landwirtschaftliche Autorität der Konserva- ,
„ Liven. Oekonomierat Dr . H o e s ch. Gat 1916^ in der „Kreuzztg." dar¬
auf hingewiesen, daß infolge der S. t i ck st offge w i n n u n g a u s.
d e r L u f t jetzt der deutschen Landwirtschaftdie Mittel in die Hand
' gegeben seien/ „statt der 70 Millionen Menschen ein 150 M'll'onen-
' volk'aus eigener Krckft zu ernähren ". Der ehemalige kons. Reichstags¬
abgeordnete A r n st a d t führte in Uebereinstimmung damit im „Tag"
aus , daß „dank deuts chen Erfind un gsgeistes" unsere ^
Landwirtschaft trotz der Schwierigkeiten auf Jahre hinaus die deutsche
Bevölkerung werde ernähren könnew . ^ ie Deutschen, deren
Erfiichungsgeist dieses wichtige Problem gelöst haben, sind b t e b r e t
Juden Haber , Frank und Car os S . Krieg (Juden im
Kriege.) . - '
Lemberger Pogrom, s. Pogrome.
Lebius, Herausgeber . der ^antisem. „Staatsbürgerztg " . s. Alldeutsche,
Antisem. Splitterparteien , Raffentheorien, Schuld der Juden.
Lehrer, ., antisemitische, s. Jugend -.
Lenin, der Führer der ruff. Bolschewisten,. s. Bolschewismus.
„Leo", kath. Sonntagsblatt in Padexhorn, treibt antisem. Hetzpropa¬
ganda, s.. Goedsche , 'Zentrum . ^
Lkebermann v Sonnenberg , s. Antisemitismus.
Liebestätigkeit der Juden.
„Stets braucht der Jude Hilfe, doch helfen will es nicht." So ^>
ergreifend singt der Barde völkisch - reiner Dichtung, Max Bewer, in
einem witzig sein sollenden Gedicht, das den schönen Titel führt „Wenn
alle Menschen Juden wären". Der zitierte Vers stellt wohl die ärgste
: Uebertreibung des judenhetzerischenGedichtes dar. Man sehe doch
einmal die S p e n d e r liste n für die verschiedensten Zweige-' der
Kriegsfürsorge nach, welche Kreise dort am meisten vertreten- finbt
Die Namen von arischen Kriegsverdienern, insbesondere auch konser¬
vativen Großgrundbesitzern, -wird man da am wenigsten finden. Hier ■
„überwiegt" in der Tat 'das „semitische " dientent. Und in ^
diesem Punkte -haben die Juden -ganz bedeutend- mehr geleistet als .
dem Satze vvn 1 Prozent , den sie rn 'der deutschen Bevölkerung dar-F^
stellen, entspricht. Wenn , es sich um Heischen von Gaben für wohl¬
tätige Zwecke handelt, weist niemand auf diesen geringen Prozent - . v
satz hin. Es ist daher empörend, wenn Chamberlain in seinem
Goethebuch (S . 66^ ) behauptet , daß die Worte , die Goethe in
seinem „Jahrmarktsfest " dem Judenfeinde Hanmn in den Mund legt: '
„Sie haben einen Glauben, der sie berechtiget, die .Fremden zu be- -
rauben ", die wirkliche Meinung Goethes darstellen sollen. '
M.i t l e i d für die Unterdrückten und o p f e r w i l l i g e Hin¬
gabe für 'die in Not und Elend befindlichen Mitmenschen, gleich¬
viel welchen Glaubens sie sind, war von jeher ein charakteristischer
Zug der Juden, ' der gerade in den^Vorschriften ihrer Rel'gion fest
begründet ist. Das unbedachte und böse Mort Dingelstedts, das .die
Antisemiten so oft im Munde führen: „Wohin ihr faßt, ihr werdet
Juden fassen" hat nur für ein Gebiet seine Berechtigung, und .dies
in vollstem Umfange trotz des geringen Bevölkernlgönuteites der
Juden : für , das Gebiet der Liebestätigkeit mnd der Kürsorge für den
Nächsten. I * f•
Liebknecht, Dr . Karl, kein Jude , s. Judenschnüsfelei. ; . ' :y ".
LÄrdait, Paul , kein Jude , s. Judenschnüffelei. ' a
v. Liszt, berühmter Strasrechts ^ hrer, über die Kriminalität , der
Juden , s? d. ' ^ ' y .-
Ludendorfs gegen,die deutsche Aüslandspolitik, s. Schuld am Krieges:
Luther. ' . . - .'
Aus Martin Luthers Sckristen, und Zwar aüs d°^en seiner svä- '
teren Zeit , werden in Fritschs Hdb. einige Stellen angeführt, die dessen
Judengegnerschast dartun Men . L. hat oftmals rn sernen Schcisren
und Reden Gelegenheit genommen, sich über die Juden anszusprechen. '
Als Kind seiner Zeit war er auch voll von ihren Vorurteilen , und so
darf es nicht wundernehmen,', daß- sich manches' kräftige-Wart genen -
die Juden vorfindet. Es ist auch richtig, daß er gegen die Juden die
Vorwürfe erhob, sie trieben Wucher, sie fluchten Den- Ehr .iwu uiio
bewiesen ihnen alle Tücke und anderes ' mehr. Ka noch schärfere Nr- ^.
teile sprach er über die Juden aus . Aber diese entstammen seinerr
Greisenalter, wo er durch viel^ Umstände verbittert war , wahrend . r
als reifer Mann von wierzig Jahren nur achtungsvoll von den Juden
sprach. Er war jedenfalls kein Antisemit im heutiäen Sinne ! Das (
, konnte er nicht,sein, er, dessen ganzes Leben und dessen ganze Lehre
vom Alten und Neuen Testament ausging . Gerade die genaue Kennt¬
nis des Alten Testaments diktierte ihm goldene Aussprüche über die
Inden , die jede andere Gesinnung atmen, nur nicht Judenhaß und '
Judenfeindschaft! So sagt L. einmal : „Es sind aber die Juden des,
Geblüts halber die Edelsten auf Erden, und so man eine edle Geburt.
malen wollte^ so müßte man die Juden nehmen, um ihres Berufs
und Erwählung willen." . ' ^ y .y
Beziehen sich diese überschwenglichen Worte auch nur auf die l '
Juden oes Altep Testaments, so beweisen, seine Werke und Tischreden,
daß er auch für die Juden seiner Zeit ein warmes Herz und für ' ihre
t — 75 . .

Fehler- ein geschichtliches , Verständnis batte. „Wir haben das Volk


(die Juden ) lieh", -sagt er in seinen ,-Tischreden". „Es hat fürtrefsliche
Männer gehabt, " - Er sah, wie elend es den Juden ging und wre sie
unterdrückte und gequält wurden. Deshalb riet er: „Wir. sollten'
die Juden nrcht so unfreundlich behandeln ."
Wenn er .den Juden - vorwirft , daß sie Wucher treiben, so beklagt .' .
erx.-es andererseits, daß. sie von jedem, ehrlichen Handwerk und Ge- v
werbe ausgeschlossen seien. Gerade der Dr . Martin Luther, der 1517. H
seine Thesen -an die Schloßkirche zu. Wittenberg schlug, dachte günstig
über die Juden . -JELahre 1523 — damals war Luther 40 Jahre
alt !-— ließ er in Mittenberg ein Büch erscheinen, in dem er sich gegen
die? Judenhasser in den kräftigsten Ausdrücken wendete. Der Titel,
des Büches lautet : „Daß .Iesus Ehristus ein geborener
, I u.d e sey." In diesem-Buch heißt es u. a.: .
. ^ „Unsere Narren/die Papisten, :Bischöfe, Sophisten und Mönchs .
. '^ ./Üie ' gruben Esels haben bisher also mit den Juden ver¬
fahren,, .daß, wer ein guter Christ gewesen/hätte wohl mögen ein
../Jude werden.- Und. wenn ich ein Jude , gewesen wäre uno hätte
-solche Tölpel und Knebel den Christenglauben regieren und lehren
...gesehen/ so wäre i ch eher ^eine Sau geworden , als'
: ,e t n C Hr i st. Denn sie haberii mit den Juden gehandelt, als wären
.. es Hunde und nicht Menschen . . . Darum wäre mein Bi ^t und
-mein - Rat , -daß man säuberlich mit ihnen umgehe und aus der
Schrift sie unterrichtet. Will man ihnen ,helfen, so muß man christ¬
licher Liebe Gesetz an ihnen, übech sie freundlich annehmen, mit
lassen werben und arbeiten,' damit sie Ursache und Raum gewinnen^
bei uns und um uns zu sein."
--/ Zu seiner späteren Sinnesänderung über die Juden trugen na- ^
mentlich Mißerfolge, bei, die ihm bei verschiedenen Bekehrungsver-
süchen widerfahren waren . Es ist aber nicht wahr,, was neuerdings
die antisemitische. Geschichtsklitterung behauptet, daß der Unwille über
den Wu che r ber aub en , der auch zu dem Bauernaufstände bei-
getrageü haben soll/bas Urteil des Reformators über das Volk.Israel,
ungünstig,beeinflußt habe. . Den Wucher, und zwar in seiner abschep- Wucher,
lichsten Form , hatte der Reformator schon vorher an ganz anderer
-Stelle .sich breitmachen sehen. Mit seinen Thesen ,gegen den Ablaß- i
Handel wollte er nicht nur den Nestel treffen, den Ablaßkräme'-, sondern
auch den. reichen Fug q e r in Augsburg, der eine förmliche Ablaßbank
.gegründet hatte und mit dem Vertriebe der Sündenvergebungen und. ^ / .
Seligkeitsversprechungen das glänzendste Geschäft machte. Die Fugger-
schen' Kaufleute zogen mit den Ablaßpredigern geschäftseifrig in den
Bistümern umher, den Schatz der Gnade gegen Barzahlung zu ver¬
kaufen Der Ausplünderung des ..deutschen Volkes durch die römischen
Ablaßwucherer und ihre Kompagnons gus den deutschen reichen
.Kaufhäusern galt sein erster öffentlicher Vorstoß. So oft Luther Ge¬
legenheit, batte, sich gegen den Wucher wenden zu müssen, stets traf '
er auf. christlich-deutschen Wucher, daher auch seine Abneigung gegen
den Handelsstand im allgemeinen . ,
ÄN arten , Wilhelm, „Organisator ", s. ,Jludenherrschaft".
Mazze-Verardnung der „ Kappregierun'g" . s. Kapp-Putsch.
. Meier-Gräfe, Kunsthistoriker, kein Jude,s . Judenschnüffelei. .
'/Meister , Wilh.. Pseudonym des unbekannten Verfasiers der antisem.
Schmähschrift „ Judas Schuldbuch", s. Goedsche , Klötzel. Rathenaw.
- Kriegsgesellschasten . Th . Mommsen, Schuld der Juden , Wilhelms
7',, :.;,;.
\

- / 7 — 76 • 7 .
, - -. _ . \
• ' MeyerLeer ü . Rich . Wagner , s. Wagner . '
Milliardäre , amerikanische , keine Juden , s.- Reichtum der Juden . - -
Moltke . . ' ^
Als 32jähriger Leutnant hatte der spätere GeneralfeldmarschM
Gras Moltke eine Schrift „ Darstellung der inneren Verhältnisse usw : .
, Polens " veröffentlicht , von der er später erklärte , er habe : sie nur
' „aus den schon damals erschienenen gr öß er en
d. Werken zusammengetragen ", er . „erinnere sich7 dieser
.^ , . Jugendarbeit nicht weiter und lege gar keinen Werji . auf . dieselbe "' .
Moltke betrieb damals die Schriftstellerei als Nebenerwerb , weil er
' ' kein Privatvermögen besaß und weil sein kärgliches Leutnantsgehalt.
nicht ausreichte , um die . Kosten seines Lebensunterhalts zu melken:
7 In - seiner Schrift wurden u . a . die polnischen Juden sehr ungünstig
beurteilt . Als im Jahre 1884 .die Zeitschrift „Vom Fels ' zum
- Meer " einen Abdruck dieser Schrift brachte, ^fehlten die auf die Juden
- bezüglichen Stellen ; Moltke hatte sie eigenhändig ßeMriche^
Das hinderte natürlich nicht die Antisemiten, . zu behaupten, ? der
' Herausgeber der Zeitschrift , der „j ü dis ch e" Pro s e s.s o r K ür s ch --
n er — dieser entstammte einer durchaus christlichen Familie ^
habe die Streichung der in Rede stehenden Stellen ohne Vorwijsen
' Moltkes vorgenommen . Eine der gestrichenen Stellen lautet : >,Zü
allen Zeiten hielten die Juden , einen Eidschwur in . bezug auf "einen
' Christen nicht für bindend . Aus der Streitigkeit eines der Ihrigen
mit einem Christen machten sie . stets eine Angelegenheit der Nation ."
V . Bezüglich des ersten Punktes hat sich Moltke eben später überzeuW
-daß ihn .seine Quellen über den jüdischen Eid falsch informiert hatten;
und bezüglich des zweiten Punktes wußte er ' damals nicht , daß . .'in
Polen noch die ganze jühische Gemeinde , für die Handlungen jedes
einzelnen Mitgliedes solidarisch haftbar , war . In Preußen ist ja diese
Solidarhaft erst 1797 aögefc ^ afft . lüöi :£)eTt. $Set .-.fpater .en .@610061x56^ 611
hat M . mehr als einmal,bewiesen , daß ihm antisemitische Neigungen
gänzlich ^ fernlagen . 1890 stimmte er im Herrenhause gegen einen
Antrag Pfeil , der eilte antisemitische Tendenz offenbarte . . Irr Zu¬
schriften an Rabbiner usw . betonte er miederholt auf .das schärfste
die Notwendigkeit des einträchtigen Zusammentöirfett^
a l l er Konfessionen, und in seinen „Trostgedanken " (Ges . Werke
Bd . I ) sagt er : „Das Gewissen predigt die Moral in der Brust von
\ , Christen und Juden, von Heiden und Milden ." Es ist daher
im höchsten Grade unehrlich und verdammenswert , wenn gerade die
.heutigen Antisemiten die herabsetzenden Stellen über die - polnischen
• Juden in der Schrift Moltkes , die der Verfasser aus anderen Werken
. abgeschrieben hat , verallgemeinern . ' und -es .so hinstellen , altz habe
, dieser damit nur die deutschen Juden gemeint . Besonders verwerflich
aber ist es , M . als AutoAtät dafür anzuführen , daß der Eidschwür
eines . Juden in bezug auf einen Christen nach jüdischer Lehre furchen
ersteren nicht bindend sei ^ 7' .
^ Mommsen
> Theodor. ; ' . - :7
Aus Mommsens „Römischer Geschichte " (Band III , 7 . Auf ?.,
S . 549 ) zitieren Antisemiten mit Vorliebe ' folgende .. Stelle:
„Auch in der alten ' Welt war -7 .das Judentum dm
'wirksames F erm ent d es Ko stnop -o li tiSMus :7ÜW
der nationalen Dekomposition :" ' Das Wort „Ferment"
✓ \ 7 bedeutet keineswegs , wie die Antisemiten meinen , © iffftD ; 7[pnf )ertt
Gärungsstoff ; es gibt auch Gärungsstoffe wohltätiger ' Natur,wie
— 77 —

die Hefe usw. Hätten . sich in der Zeit vor dem . Weltkriege, die
Juden als stark genug erwiesen, um als ein solches wohltätiges
Ferment des KosMopölitismus dienen zri können, so wäre uns
dieser unselige Krieg mit seinen entsetzlichenFolgen wohl erspart
geblieben.. Leider aber überschätzt man. den Einfluß der Juden in x
dieser Hinsicht ganz bedeutend; die entgegenstehenden Kräfte, der
Militarismus , der Nationalismus und nicht an letzter Stelle ,der
internationale Antisemitismus , sind viel stärker und kräftiger.
Mommsen hat sich in der Folge sicherlich davon überzeugt, daß^ er
den Einfluß' des Judentums in der abgegebenen Richtung ganz be¬
deutend überschätzt hatte, und er hat daher in späteren Auflagen ,die
in - Rede stehende Stelle fortgelassen. Die ehrwürdige Gestalt
Mommsens steht jedenfalls zu hoch undxerhaben dm als -daß man den
giftigen , antisemitischen Verdächtigungen (f. Wilh: Meister, S . 122)
-irgendw.ie Raum geben könnte, er habe diese Stelle aus Rücksicht-
Äapme auf die Juden , unterdrückt.. Mommsen hat aus ^seiner ent¬
schiedensten Gegnerschaft' gegen den Antisemitismus nie ein Hehl
gemacht. Als . Entgegnung Vgegenüber Treitschke veröffentlichte er
eine Schrift: „Auch ein Wort über unk Judentum ", die sich nament¬
lich auch. gegen Stöcker wandte unWin bei; er diesem sowie dem
großen- Heere der antisemitischen Volksversammlungsredner,. die die
SKlagwarte des 'Herrn Hvspredigers in agitatorische Kleinmünze ,
um-prägten^ folgendes zu,bedenken gab: '
- - ->>Ein -gewisses A b s chi e i f e n der Stämme ane i n -
an .d er , die Herstellung einer deutschen Nationalität , welche keiner
.bestimmten Landsmannschaft entspricht, ist durch die Verhältnisse
unb .e.d i n g t . g e b o t en und die- großen Städte , Berlin voran , -
deren natürliche Träger . Daß die"I ud en in dieser Richtung seit
Generationen w i rr sam eingre 1fen, halte ich ke i n e s w.e g s
.für ein Unglück, und bin der Ansicht, daß die Vorsehung weit
besser.als H er rt ö cker begriffen hat, warum dem germa-
- n i.s.che n Metall f ü r s e i n e A u s g e st a l t 'u n g e i n i g e
P r o z e nt I s r a el b e i z u setz e n w a.r e n." . >
. Hier hat doch Mommsen auch deutlich genug zum 'Ausdruck ge¬
brächt, -wie seine ■Worte über die 'Juden als wirksames Ferment des
Kosmopolitismus usm auszufassen .sind. Er blieb bis an sein
' Lebensende ein scharfer Gegner des Antisemitismus . - Er war^ bis
zu seinem Tode "Mitglied des „ Vereins zur Abwehr des Antisemi¬
tismus " und hat 1894 in einem Interview (f. Hermann Bahr , Der
AntisemitisMus'.S 26 ff ) u.a. folgendes ertlärr :,.Canaille bleibt Canaille,
und der Antisemitismus ,ist die. Gesinnung der Canaille. Er ist .wie
eine, schauerliche Epidemie, wie die Cholera — man kann ihn weder
' erklären noch heilen. Man muß geduldig warten , bis sich das Gift
von selber austobt und seine Kraft verliert . Und das kann doch
jetzt . n i ch.t m eh r s o s e r'n sein. Endlich Muß sich die Pest.
;a doch einmal erschöpfen, und über Ahlwardt hinaus , noch weiter,
kann sie doch nicht mehr steigen. Vielleicht kommt jetzt langsam
iM Wendung zur allmählichen Besserung, Befreiung und Gesundung.'
Vielleicht verschwindet der Wahn, der so viele Gemüter betört und
unsere' ganze Kuktur um hundert Jahre zurückgeworfen hat.. Aber -
. alle Gründ e.-und ' die besten. Argumente ' helfen da nichts. Wer
Gründem und Argumenten zugänglich ist, der kann ja überhaupt gar
Nicht. Antisemit sein. Wer aber nur seinem wilden Hasse gegen
' Wtzunch'-.Freiheit ünd .Menschlichkeit folgt, den werden Beweise nicht
'VeMrem . ^Deri. .AMsemiLisrnüs 'ist. nicht, zu widerlegen, wie keine
Krankheit widerlegen ist. Man muß geduldig warten , bis dH
im Grunde doch gesunde Natur des Volkes sich von selber aüfräfft
und den Paulen Stoff aus ^sich, wirft .
Das Wiedererstarken der antisemitischen Welle nach dem'. Kriege
hat leider gezeigt/ daß die Auffassung Mommsens über den/Anti¬
semitismus und die in ihm sich geltend machenden' schädlichen Kräfte -.
. viel zu optimistisch gewesen ist. r. ^ , .
Montefiore , Moses . A. -
Nach einer von den Antisemiten immer und immer wieder vor¬
gebrachten Lüge soll der bekannte edle jüdische Philanthrop -Moses
Mon t .efior e auf dem 1840 ' in Kraka u abgehaltenen Sanhe¬
drin (!) gesagt haben: „Solange wir nicht die Zeitungen?der ganzen
Welt in Händen hüben, um 'die Völker zu täuschen und zu betäuben, x
bleibt unsere Herrschaft- ein Hirngespinst." Als .Quelle -.wird, das""
Buch des Majors " Osman Bey s ( . d.), eines zum Christentum
übergetretenen Hochstaplers und Betrügers ' namens Millinger, ^„Die'
Eroberung der Welt -durch die Juden " -genannt . In dem Buche von .
Osman Bey steht aber ausdrücklich: der N a m e „des Mannes von
überwiegendem Geist", der dHen Ausspruch auf 'der israelitischen
Ratsversammlung in Krakau im Jahre 1840 getan hat, „f e i l e i ¬
der unbekannt ". ' v - -- - / -- - ;
Seit dem in Paris ' 1807 abgeh alteneu Sanhedrin ' hat überhaupt
keine jüdische Versammlung stattgefunden, die diesen Namen geführt
hat. Die Bezeichnung„ Sanhedrin " ist also, ebenso wie die Identi¬
fizierung des .„Mannes von überwiegendem Geist" mit Montefiore
. eine Erfindung '-der Herren Fritsch und Konsorten. Es .steht auch
fest, daß Sir Moses Montefiore 1840 überhaupt nicht in. Krakau, son¬
dern in Aegypten und in der Türkei gewesen ist. Wie sich die Anti¬
semiten gegenüber derartigen, Feststellungen verhalten, zeigt folgen de
Bemerkung der „Kreuzztg." vom 10. Febr . 1891: „Nehmen wir aber ’
auch an, daß Sir Moses Montefiore das nicht gesagt hat, so zeigt die .
Erfahrung der letzten Jahrzehnte doch, -d a ß eres g e s a g t haben
kö n n t e !" Das ist eine echt christliche und echt konservative Kampfes-
. weise. Der als überaus „zuverlässig" bekannte „Semi -Gothä" stM
die Aeußerung M.s als unzweifelhaft hin und bchauptet, /daß ' die
Familie aus Deutschland stamme, wo sie den Namen B l n m b^e r g
geführt habe. In Wirklichkeit' ist aber- die Familie M.- arw Livorno
nach England ^ausgewandert . , •
Münzer , Kurt. .
. Ein Beweis dafür, bis zu welchen Verirrungen sich sensations- .
lüsterne Schriftsteller versteigen können, ist der im Jahre 1908 ^er¬
schienene Roman . „Der Weg na ch Zion" von . Kurt . Mün .ze r . /
Dieser Roman ist die denkbar widerwärtigste Ausgeburt einer.'mark-
i faulen, krankhaften Phantasie , ein We'rk. in dem fast nur verbuhlte,
sittenlose, degenerierte Menschen ihr Wesen treiben ; den eigentlichen
„Stoff" bildet die Liebe zwischen Bruder und Schwester, die schlie߬
lich zum vollendeten Inzest führt . . Der Autor, der .im Alter VW
28 Jahren diesen 600 Seiten langen Knäuel von Scheußlichkeiten
in die Bücherwelt gesetzt hat, faßt die Lebensanschaüung eines seiner
jüdischen Helden in die 'lapidaren Sätze zusammen: • ,
- „Nicht bloß wir Juden sind jo entartet und am Ende einer aus¬
gesogenen, aufgebrauchten Kultur . Alle Rassen von Eüropa visl/
leicht haben wir sie infiziert, haben wir/ihr Blut verdorben/ P ü b e r¬
haupt ist ja alles heute verjudet. Unsere Sinne sind/in
allen lebendig, u ns e r G e i st r e g i e r t d i e Welt . ' Wir sind die
Herren. Denn Ms heute Macht hat . ist unseres Geistes Kind. Man
mag uns hassen, uns fortjagen,,mögen unsere Feinde nur über unsere
Körperschwächetriumphieren . VHr sind nicht mehr äuszutreiben.
Wir haben uns eingefressen in die Völker, die Rassen -durchsetzt , ver-
schündet, die Kraft gebrochen, alles mürbe, faul und morsch gemacht -
mit unserer abgestandenen Kultur . Unser Gei st i st n i chLm e h r
am s zurotten !" V '
Man kann sich denken, 'daß die antisemitische Presse 'solche und
ähnliche, für sie kostbare Stilblüten mit Hellem Entzücken gepflückt und
für ihre Leser zum Strauß gesammelt hat. Bald nach dstm Erschei¬
nen des Romans führte ein christlichsozialer Redner in Wien jn einer
Rede übep das Machwerk folgendes aus : „In dem Romane wird die
Blutschaüde verherrlicht, typisch' ist aber das freimütige Bekenntnis,
das einer der Helden ablegt, wie weit .es die Juden gebracht haben,
daß sie alle Völker und Rassen,vergiftet haben. Diese Worte sollen
uns ' eine Mahnung für alle Zeiten sein- der Jude soll uns nicht um¬
sonst geMrnt haben, wir wollen uns einig zusammenschlietzen ."
In diesem Sinne wird der Romün auch heute noch von den
Antisemiten weidlich ausgebeutet. Herr Th. Fritsch ruft in seinem
-.Hdb. (S . 641) emphatisch aus : „Und die Juden Münzer und Chaskel
Zwi-Klötzel waren ehrlich genug, ihren Haß zu 'bekennen und zu ge¬
stehen, daß es auf unsere Vernichtung abgesehen ist." E ? ist überaus
traurig - mit ansehen zu müssen, wie für die Jugendsünden über¬
spannter und sensaLionslüsterner jüdischer Schriftsteller das ' gesamte
Judentum tzerantwortlich gemacht wird . '
Musik, „Judentum in der M."., s. Rich. Wagner.

^Nächstenliebe. s
.. Die Antisemiten und leider auch nicht wenige, die es weit von
sich weisen, für Antisemiten zu gelten, behaupten immer und immer
wieder, die Moral des Alten Testaments kenne nicht das Gebot der
Nächste n l i eh e , und darin bestehe ja nach ihnen ein sehr wesent-
Mcher Fortschritt der Lehre des Neuen Testaments gegenüber dem^Al-
ten, daß jenes im Gegensatz zu diesem der Welt die,Lehre ,Mebe deinen
- Nächsten wie dich selbst" gebracht habe: Es gibt kaum eine größere
Ungerechtigkeit,, als sie in einer derartigen Behauptung enthalten ist.
Wer sich die Mühe .nimmt , in den Evangelien tue .Stellen nachzu¬
lesen, die das Gebot der christlichen Nächstenliebe verkünden, der fin¬
det, daß dieses Gebot dort nicht als etwas Neues gelehrt, sondern aus¬
drücklich als eine Lehre des . Alten Testaments bezeichnet wird.
Das Gebot der christlichen Nächstenliebe ist nichts anderes als die
Wiederholung der im 3. Buch Moses 19,18 enthaltenen Vorschr'ft
„Du sollst liehen deinen Nächsten wie dich selbst" , und man begeht also
dem Juden und seiner Religwn gegenüber em bitteres Unrecht, wenn
man die Lehre von der christlichen Nächstenliebe als einen bedeutenden
Fortschritt gegenüberderaUteftamentlichenMoraldarstellt (s.Religion ).
Nathan, vr . Paul , s. Kriminalität der Juden , Ostjuden.
Nationaldemokratische Vfllkspal^tei, s. Antisemitische Splitterparteien.
, s. Krieg.
Neisser, Prof ., Verdienst um die ärztliche Wissenschaft
Rortbcliffe, Lord. T ;.
^Jn dem' Degenerschen Zeitgenossen-Lexikon „Wer ist's ?" wirb
richtig mitgeteilt, daß der bekannte englische Zeitungsbesitzer Lord
. ; — 80 L — , . . -- '

, North cliffe , der einen so unheilvollen Einfluß auf den-Verlauf


des Krieges ausgeübt hat^von Hause aus den Namen Charles William
Harmsworth führt- 'daß er 1865 in einem Vororte von Dublin ge-
» boren ist und daß seine beiden Eltern — sein Vater ist als Advokat
. < in Dublin gestorben— irischer Herkunft waren . Im, ',Semi -Gotha"
begegnet man zuerst der Fälschung, daß Lord Northcl.ffe der Nach-
/ ' komme eines aus Frankfurt a. M. in London eingewanderten Juden
- Stern sei. Wie sich später cherausgestellt hat, liegt in diesem Faste,eine
' Verwechslung der beiden- ähnlich klingenden Namen"Harmsworth und
- Wandswdrth vor. Für einen „Genealogen" ist -aber eine solche Ver¬
wechslung ein starkes Stück. Tatsächlich ist 'vor etnm 100 Jahren
ein Angehöriger der Frankfurter Familie Stern — es handelt sich
- um 'das in Frankfurt alteingesessene, hochangesehene Bankhaus Jacob
Sr H. Stern — nach London übergesiedelt. Einer seiner Nachkommen,
Sir Sidney, wurde im Jahre - 1895 als Peer von England zum Lord
-Wandsworth ernannt . Er ist schon vor längerer Zeit gestorben und
hat sich niemals in -deutschfeindlichem Sinne betätigt . Aus der
Das anttsemit . ' trüben Quelle des „ Semi - Gotha " schöpfte das von der Auslandsstelle
Kriegspresseamt des verflossenen deutschen Kriegspresseamt ^ herausgegebene h alb -
amtliche „ H and buch d er Au sl an 'd.sp re s s e". Irr dein
Abschnitt, der die „Times " behandelt, finden sich über die Persönliche
' fett des Besitzers, nachdem die Geschichte , die Organisation und die'
politische Bedeutung der Zeitung in sehr sachkundiger Weise behan-
s delt worden ist/folgende Angaben: „Eigentlicher Besitzer jetzt-
der rücksichtslose, gewalttätige Zeitungskönig ^LoNo ^rthcliffe
(Alfred Harmsworth ), yon Geburt Ire — letz tdn E nd es von^
der Frankfurter Jsraelitenfamilie Stern ab,-
stammend Das (?)." antisemitisch verseuchte Kriegspresseamt.HÄ
ferner in verschiedenenMitteilungen , die es an die 'deutsche Presse
gelangen ließ,, ohne Angabe eines .Fragezeichens direkt den Lord
Northcliffe als einen Juden , und als Angehörigen 'der Frankfurter
' Familie bezeichnet. Man darf sich nun nicht wundern, wenn seitdem
allüberall in antisemitischen Zeitungen, Zeitschriften. Flugblättern,
Broschüren usw., gestützt auf die Autorität des „Semi -Kürschner" ünd^
Äes Kriegspresseamts, das Märchen Northclifse-Stern vorgebracht
wurde; aber selbst^ein Mann wie Theodor Fritsch gibt in diesem
Falle wenigstens einmal der Wahrheit die Ehre. In seinem Hdb.
versieht er eine Stelle auf S . 231, an der er den Lord Northcliffe
erwähnt , mit folgender Anmerkung: „Für die Behauptung , daß er
der Nachkomme eines Juden Stern aus Frankfurt a. M. sei, fehlen
die Beweise. Vielleicht liegt hier eine Verwechselung mit ^Lord
' Wandsworth vor." Später freilich auf S . 553 liest man : „Einen
wesentlichen Anteil daran (an der deutschen Revolution) haben .die
' Hunderte von Millionen englischen Geldes gehabt, die v.'on d e m
englischen I u d e n . d e u t s che r Herkunft Lord North -
cliffe so genial verwandt worden sind." An 'dieser Stelle bemüht
sich Fritsch, den Nachweis zu erbringen^ -daß die Juden die Revolution
in Deutschland verschuldet hätten , und der hauptsächljchste , ja eigent¬
lich einzige Beweis, den er dafür anführt , ist die Wühlarbeit North-
eliffes, bei dem er also in bezug auf sein Bewejsthema dessen angeb¬
liche deutsch-jüdische Abkunft nicht entbehren . kann. . Hatte Fritsch .
- hier der Wahrheit 'die Ehre gegeben, so hätte er^damit seine ganze
* Beweisführung zerstört, und so beläßt er es eben bei der Northcliffe-
Lüge. Echt antisemitisch!
' . *
»: ■' ' - S
EsWere als Drückeberger / s. Drückeberger . '
Organisationen , antisewitische , s. Antisemitische Organisationen .,
Osman Bey, „Major". .
- " In dem vom,antisemitischen Verlage, von Karl Rohm in Lorch
' (Württemberg) he'rausgegebenen „Le u cht t u r m" ist in Fortsetzun¬
gen eine Schrift des „Majors Osman B ey ., die Ero b erung
o e.r.D e l t durch d i e I u d e n „(in Paris ,im Jahre 1887/erschie¬
nen)" veröffeütlicht worden,.die voll der perfidesten und gehässigsten
Angriffe gegen die Juden ist. Es heißt dort:
Der Jude ist dem EnglänDer, was. dem Jäger der Hund; der
eine stöbert'das .Wild auf, dch: andere legt auf ,dasselbe an. Aber
nur bis dahin ist der Vergleich exakt, denn der Jude zerfleischt
- und verzehrt unterwegs seine Beute, statt sie unangetastet zu über¬
bringen; der englische Jäger kann sich glücklich schätzen , wenn er,
den Zähnen seines Hundes noch die Federn zu entreißen vermag.
Wer war dieser angebliche türkische Major Osman Bey? Hinter
diesem volltönenden Namen verbirgt sich die Persönlichkeit eures
internationalen Hochstaplers und Betrügers, eines
gerichtsnotorischen Sch w i n d l e r s niedrigster Sorte, der
vor 30 bis 50 Jahren viel von sich reden gemacht hat. Er war
jüdischer Herkunft und hieß in Wirklichkeit Millinger.
Nach echter Renegatenart gefiel er sich vornehmlich in Schmähungen
und Herabsetzungen des Judentums ; so verfaßte er die Schand-
schristen „Der MordinDamasku §'V „D er Kampf gegen
I u d äZ Geldmach t"> „Die Eroberung der Welt durch
die Juden" usw ., die zu den schamlosesten Erzeugnissen der
"hiitifemittf ^ en * § 0^ 1*6™!^ gehören. Wegen zahlreicher Be¬
trügereien und Hochstapeleien wurde er aus Italien aus-
. gewiesen. 1894 gab er in Bern ein Buch über den Tod
Alexanders Hl. und A l e x anders IL heraus. Darin suchte
er den Nachweis zu leisten/ daß .es die JudeG und die
' i s r a eli ti .sche Alliance gewesen seien/ welche, wie . sie
/ einst die französische Revolution hervorgerusen hätten, auch in
Rußland, die Revolution herbe'.führen wollten und zu diesem
Zwecke ' die .Nihilistenverschwörungen anstisteten. So hätten sie dem
Tod Alexanders Ü . verschuldet, und Alexander III . zu Tode ge¬
hetzt. ' Au chd em d eu ts ch en Kaiser Wilh el m II . w.ür d en
sie ein böses Ende bereiten . Zudem prophezeite
Osman Bey unter dessen Regierung dasHerein-
brechen der Revolution.
Diese Prophezeiung des Majors Osman Bey alias Millinger
bat sich tatsächlich nach 14 Jahren erfüllt. Es ist überaus interessant
sestzustellen , daß alles das, was heute unsere Antisemiten über die
angebliche Schuld der Juden an der Entthronung Kaiser Wilhelms II.
und an dem Ausbruch der Revolutiyn zetern, ihnen bereits vor
vierzehn Jahren >pon einem betrügerischen jüdischen Renegaten vor-
. gesagt worden ist. Osman Bey war ein Busenfreund des aus dem
Prozeß Leckert- v Lützow, dem Prozeß v . Tausch, dem Lantener
Knabenmordprozeß und dem Ahlwardtschen Judenflintenprozeß sehr
1. unrühmlich bekanntgewordenen Polizeispitzels und Hochstaplers
Normann- SchuUann, des einstigen Vertrauten des Hofpredigers
Stöcker. Aus der Schweiz ging Osman Bey nach Wien, von wo
er nach Verübung zahlreicher Betrügereien wieder flüchtig wurde.
82 —

Ostjuden. c .
Es kann keinem Zweffel.unterliegen/daß bei den überaus schwie¬ /
rigen, ja trostlosen Verhältnissen, in die det unglückliche Ausgang
des 5krieges unser Vaterland gebracht hat, durch , die
aus -dem Osten, bei der neben den Balten , Letten, den .aus Zuwanderung
und Polen vertriebenen oder ausgewanderten ehemaligen Rußland
deutsches
Reichsangehörigen die Ostjuden ein erhebliches Kontingent
unsere Schwierigkeiten noch beträchtlich erhöht werden.darstellen, Diesen
Schwierigkeiten hak Ae .deutsche Reichsregierung nach Möglichkeit -da¬
durch zu begegnen gesucht, daß sie sich, wie sie in ihrem . bekannten
Erlaß über die Ostjudensrage vom 1. . November vorigen Jahres .be¬
kanntgab, mit j ü d i s che n H i l s s^o r g a n i s a t i o n e n in Ver- -
bindung gesetzt hat, die eine unermüdliche und aufopferungsvolle Tä¬
tigkeit entfalten, um den -in Deutschland zugewanderten Ostjuden
Wohnungs- ^ nd Arbeitsgelegenheit in
durch nicht hie Interessen der übrigen der Weise zu schaffen, daß da¬
notleidenden Bevölkerung un¬
seres Vaterlandes beeinträchtigt cherden, und die sich vor allen
Dingen
gestrebt zeigen, diesen Ostjuden die Auswanderung nach den westlich
gelegenen Ländern zu ermöglichen^ in denen sie' Unterkunft und Ar¬
beitsgelegenheit zu erlangen hoffen. ' Auf keinen Fall .aber kann/wie
sich alle rechtlich -denkenden und menschlich
empfindenden- L^ute sagen
müssen,, eine A u s w e i s u n g dieser Unglücklichen in Betracht
men/ die hauptsächlichdurch /die barbarische Pogrompropaganda kom¬
beinahe bis zum Wahnsinn überspannten polnischen-Nationalismus des
zum Aufgeben ihrer bisherigen Heimat veranlaßt ^worden sind,
man nicht, wie der frühere Minister "-des Innern , Hein e, da
einst
sehr zutreffend in der 'preußischen Landesoersammtung ' erklärt
„bewußt Leute i n d i e H ü n d e von H e n ke r s kn e chthat,' en
fallen lassen darf ". - ' .
Eine solche, den Grundsätzen der politischen Moral und der -
Billigkeit entsprechende Handlungsweise der deutschen Regierung . ist
aber ganz -Md gar nicht nach dem Geschmack.der
deutschvölkisWn und antisemitischen Hetzer, xdie nun> alldeutschen,
nachdem
ihre alten Ladenhüter, alle bie 'gegen bie Juden gerichteten
und Verleumdungen die sie trotz deren so oft erfolgten Lügen
bündigsten
Widerlegung immer und -immer w.ieder auftischen, ganz erheblich äb-
geblaßt sind, nun " in der Ostjudenfrage - ein besonders wirksames
Mittel gefunden zu haben glauben, um der antisemitischen Hetze neue
Nahrung zuführen zu können. So bildet diese Frage imb -die angeb¬
lich durch sie unserem Väterlande und unserem Volke drohende
fahr eine ständige Rubrik in der reaktionären Presse, und man Ge¬
be¬
gegnet dort täglich den ungereimtesten Darstellungen, Uebertreibun-
gen und Verzerrungen in der Behandlung - dieser
Am meisten zu bedauern ist, daß hie gegen die Ostjuden Angelegenheit.
antisemitische Hetze der reaktionären Blätter , Vereinigungen,gerichtete Parla¬
mentarier usw. auf manche sonst dem Antisemitismus nicht zugäng¬
lichen Kreise, ja, sogar einige liberale Stadtvertretuugen ,
nicht
Einfluß geblieben ist, und daß auch linksstehende Zeitungen sichohne
ihr . habest ins Bockshorn jagen lassen. Man darf allerdings ' von
nicht
verkennen, -daß namentlich bie großen und größeren Sta ^tgemeinden,
die ohnehin durch die herrschende Wohnungs- und
schwer betroffen werden, .infolge der Zuwanderung aus Ernährüngsnöt
in eine noch schwierigere Lage geraten ; ^ i.e .Zahl Her - dem Osten
zuwandernden
Ostjuden ist aber nicht im entferntesten so gryß,^ wie .immer ünÄ
immer wieder behauptet wird. '. .
Der Sache der Ostjuden.ist, ein tapferer und unerschrockener Prof. vr. Einstein
Vorkämpfer in der Person des 'berühmten Professors Dr. Albert ;erich-
c
E üi ste i n erstanden . Dieser-trat der gegen die Ostjuden
/ tetendemagogischen Agitation und namentl.chd:r in der
ÖeffenLlichkeit verbreiteten währheitswidrigenPehauptung auf das'
entschiedenste entgegen , daß 70 000 Russen , d. h. Ostjude n-,
allein rn . Berlin leben , und daß diese Ostjuden Schieber,
Schleichhändler - Bolschewisten oder arbeitsscheue Elemente seien. Er
führte in bezug auf diesen Punkt sehr zutreffendu. a. folgendes aus: /
„Wohl mag es richtigesein, daß in Berlin 70 000 Russen wöh- /
nen; von ihnen bilden jedoch nach den Angaben sachverständiger .
Beurteiler die Juden nur ernen geringen Bruchteil;
die überwiegende Mehrheit ist d e u t s che r A b sta m m u n g. *
- Seit dem Friedensschlüß sind-nach maßgebender Schätzung nicht
-. mehr a l s .15 000 Juden aus de m Osten zugewan - ^
d er4. Diese sind fast ausnahmslos durch die furchtbaren Zustände Zu-
in Polen zur Flucht gezwungen worden und wollen hi?r eine
. fluchtsstätte finden, bis ihnen die Möglichkeit zurWeiter-
^ Wanderung gegeben wird."
Prof. Einstein betonte sodann, daß- durch die geforderten Ma߬
nahmen gegen die Ostjuden'ausschließlich jene Armen und Unglück¬ . -
lichen getroffen würden; die in den letzten Monaten unter Unmensch
-
lichen Entbehrungen den Weg nach Deutschland gefundenhaben und
-hier Arbeit suchen , und weist daraus hin, „wi^. schwer durch die ge¬
wünschte Behandlung der Ostjuden - die politische und Wirt - '
fchafLlich e- S t el lung Deutschlands beeinträchtigt wird".
Auch vr . Paul Nathan bezeichnet die a n tisemitischen rhan ^
Dr<
Schätzungen , die von 80 000 z u g ew änderten O stj u d en '
sprechen , als a b so l u t f a l .s ch: „In Berlin dürften nach sachlicher
Schätzung . 10- bis 12000 Juden zugewandert sein und in ganz
-Deutschland vielleicht 15 000, im höchsten Falle .20 000 Juden. Pie .
große Anzahl der zugewanderten Ostjuden besteht aus Schneidern,
Schuhmachern , Mützenmachern , Lodzer Fabrikarbeitern aus Webe¬
reien und Spinnereien, die ihr Brot erarbeiten wollen, und die nicht
in Deutschland zu bleiben gedenken , sondern die zu ihren Verwandten
nach den Vereinigten Staaten wollen, sobald nur die Grenzen ge-
_ öffnet sind." ‘ ° - - v
ADie , überaus maßlose und wütende Agitation der antisemitischen,.
deutschvölkischen und reaktionären Kreise gegen die Ostjuden verfolgt
* ^
natürlich bestimmte Zwecke . Man schmäht zwar die. ausländischen '.
Juden, meint aber in Wirklichkeit die inländischen Juden. Deswegen
haben alle diejenigen, Kreise , denen an der Bekämpfung des Anti¬
semitismus bei uns gelegen ist, alle Veranlassung / der Hetze gegen
die Ostjuden, diesen gequältesten Teil der Menschheit , mit aller Ent- '
schiedenheit entgetzenzutreten und sich , dem tapferen Vorgehen der
Herren Prof. Einstein und vr . Nathan gegen dieses unwürdige und
. feige Gebaren der"' antisemitischen Hetzapostel anzuschli .ßen. Diese
Hetzer rechnen sehr schlau damit, daß, wenn sie die Leidenschaft wei¬
terer urteilsloser Volkskreise gegen die Ostjuden entfesselt -haben, sie
diese dann mit Leichtigkeit auf die inländischen Juden werden lenken- wer-
. und damit wieder neuen Wind für die antisemitische Agitation
' den erhalten können. Aus' diesem Gründe verdient die verwerfliche
Verfolgung der ostjüdischen Flüchtlinge, die sich jetzt in Deutschland
breitmacht, dieselbe entschiedene ' und scharfe Zurückweisung , wiejeg-
~ liche antisemitische Hetze überhaupt . ' . ' ' -
Pogrome und Pogromhetze . "
- Eine unauslöschliche Schande hat für. immer der Zarismus und
das über alle Begriffe korrupte Beamtentum des verflossenen zarischen.
Regiments aus sich gehäuft durch die Judenpogrome, die vor
und nach der ersten russischen Revolution in vielen Orten des weiten
russischen Reiches in Kischinew , Homel, Bialystok, Elrsabethgrad usw.
namentlich in den Jahren 1903—1906 auf Geheiß von. Petersburg
. her veranstaltet wurden, um die Unzufriedenheit der Müssen auf die
Tolstoi 'über armen -unschuldigen jüdischen Opfer zu lenken . Ein solches
JuLenpogroine würdiges 'System war wirklich reis zum Untergänge. Tvlstoisluch- .hat
im Jahre 1906 die Schuld der herrschenden Kreise in Rußland in einer
geradezu klassischen Schilderung sestgelegt, in der er n4- a. sagt:' '
' ^ „Wenn du e Provinz g o u Verne u r e w oll e n , d a n n
sinden Metzeleien staLt ; w en n si e ni cht wo llen,
d a n n g i b L es k e i n e M e tze l ei en . . . . Wenn der Gouverneur
• '• einer Stadt die Metzeleien ersparen will, dann schreibt er. dem Po¬
lizeichef: „Sie sind verantwortlich für die Aufrechterhaltung der Ord¬
nung in Ihrer Stadt ." Der Polizeichef versteht die ForMl , nnd es 1
. *gibt keine Massaker. Im anderen Falle telegraphiert der Gouver-
' .neur an den Polizeichef: . „,V e r hindern - S i e nicht die
' Aeutzerung d^es nationalen Gefühls ?'
Während des Krieges und nach dem Kriege wurde die unselige
Pogrompolitik in Rußland fortgesetzt, die' eine erschreckende Minde- .
rung der Zahl der russischen Juden herbeigeführt hat. Es wurde 'so
I schlimm, daß selbst der berüchtigte P u r i s chki e w i Ls ch, der ,
,, Häuptling der „ Schwarzen Hundert", im Jahre 1916 dringend davor
^ warnte , alle Schuld an der schlimmen Lage, in die Rußland durch.
den Krieg geraten ^war , auf die Juden als bequeme Prügelknaben^
abzuwälzen. Das sollte-man sich' auch in Deutschland merken. Ja
selbst unter dem Bolschewistenregiment,kam es wiederholt zu Pogro¬
men. Die bolschewistische Regierung tat wenig oder gar.'nichts, um
sie zu verhindern ;^bedarf es eines schlagenden Beweises dafür, daß
Bolschewismus und Judentum nicht identisch sind? Auch in Polen
und Rumänien veranstaltete man nach erprobtem russischen Muster
' Pogrom in Lembg.mehrere Pogrome. §Der schmachvollste war der, der im November
1918 in Lemberg durch polnische irreguläre Truppen , die sogen.
Legionäre unter Führung ihrer Offiziere, veran¬
staltet wurde. Alles war bis in das kleinste Detail wohl organisiert,
worüber man sich am allermeisten .wundern .muß , da ja die „polni-?
sche Wirtschaft" geradezu sprichwörtlich geworden ist. Die Polen vdr-
. suchten nachher, die Schuld auf Verbrecherbanden ' abzuwälzen. Ge¬
wiß waren auch Verbrecher unter den Pogromisten, aber diese Ver¬
brecher „kämpften" gemeinsam mit den polnischen.Legionären , die
stolz den polnischen Adler auf ihren Kappen trugen , und sie schafften
' mit diesen gemeinsam alle jene beweglichen Habseligkeiten der ge¬
töteten oder zu Tode gequälten jüdischen Opfer, die sie nicht für sich
' ' behalten konnten, auf riesigen militärischen Lastautomobilen in das
Depot, der polnischen Legionäre.- Leute der sogenannten polnischen
•\ ■. Intelligenz, ' sahen diesem . tierischen "Treiben mit Schmunzeln zu,
fielen sich gegenseitig in die Arme, um sich gegenseitig zü der endlich
erlangten Freiheit zu gratulieren . Die Polen haben durch die vdu '
ihnen verübten Pogrome wahrlich ein sehr unzulängliches Zeugnis'
ihrer , politischen und moralischen Reife erbracht.
- Auch in Deutschland bemühte sich die, antisemitische, Hetzpropa¬
ganda, die hier nach dem Kriege in fanatischer Weise entfesselt wurde/
85 —

Um die Schuld am Kriege von- den wirklich Schuldigen abzuwälzen,


' Judenpogrome. in 'Szene zu setzen . An der Pogromhetze waren
insbesondere der in Berlin begründete„De u t s che Volksb und" Knauer.
> und in diesem namentlich ein ehemaliger- Pionier Knauer und
! ' ein Forstdirektor" Beyer in Wilmersdorf beteiligt,. und man
wollte für sie auch Truppen der Reichswehr gewinnen.- Als Pogrom- Or. Pudor
Hetzer taten sich besonders,Dr. Heinrich Pudor -. ünd der Heidel¬
berger Privatdozent Dr. Arnold Runge hervor. Der letztere ver¬ Dr. Runge^
langte in einer öffentlichen Rede, anan sollte den Juden, wenn sie
, nicht. freiwillig Deutschland verlassen wollten, mit D o l ch u n d
Messer an ' den Hals gehen. Auch in der „Deutschen Ztg."
wurden den Juden gegenüber schlagende Argumente, Anwendung von
~ Gewalt, und Lynchjustiz empfohlen . Als alle diese Hetzereien glück¬
licherweise keinen Erfolg hatten, versuchte man es mit dem unglaub¬
lich albernen Phantom eines j ü d i schetk Pogro nt s g ege n
CH r ist en-^rnd man wollte den Münchener G ei s elm o.r d , Münchener
Geiselmord
zu dessen Opfern doch auch der greise jüdische Maler Berger gehörte,
zu -einem solchen stempeln. Hoffentlich bleibt unserem unglücklichen
- Vaterlande auch weiterhin die . Kulturschande von Judenpogromen
erspart. . 1*' '
Poppe, E., konservativ -antisemitische Anzeigenfirma , verbreitet ge- ;
- fälschte Anzeigen- unD Anschläge , daß oie Deutscl.e Demokratische
Partei eine-Judenpartei sei, s.. Deutsche Demokratische Partei.
Presse. „V er j u d u n g der P r e sse". ' ^
. Der bündlerische Agitator Hauptmann a. D. Pauli hat im
- Jahre 1913 in einer Provinzialversammlung des B. d. L. in Minden
(Wests .) die Behauptung aufgestellt , daß-.von den etwa 5 000 Po¬
ll i ti sch en Tageszeit u n g en Deutschlands '„3 5 0 0 sich in
j ü.d i f e n H ü n d eit b esi n-d e n oder in jüdischen Diensten
stehen^ Inzwischen muß aber die „Verjudung " der deutschen Presse
- noch weiter fortgeschritten sein, denn Br . D i n t e behauptet in der vr . Dinter
„Deutschen Ztg.", „daß die unserer Art fremden Juden bereits
.m eh r also0 v. H. d er g es am t e n d e u t-fch en Presse b e-
h er r schen ., in der fei n Wort geschrieben werden kann, das die
Belange des- Deutschtums gegen das Judentum vertritt". In Wirk¬
lichkeit behauptet also hier Herr Dinter mit seinem Ausschließlich¬
keits-Superlativ, daß die Juden' b erei ts vollständig, also mit 100
- v. H,, die deutsche Presse beherrschent Und>der Vorsitzende des All¬
deutschen Verbandes, Herr Heinrich Claß, ruft in seiner Schrift„Wenn
ich der Kaiser war'", die er unter dem Decknamen Daniel Frymann
. herausgegeben hat, aus: „Wer hat den Mut, z u b e ftr ei t a n , daß
. '' unser ganzes politisches Leben unter j \ü disch e in Einfl u ß
'stebt?; Gibt es eine intensivere Einwirkung, als die durch die
< P re s«se Der . Gymnasialoberlehrer Prof. Br . Heinrich Wolf-
Düsseldorf versichert uns im „Deutschen Volkswart" (Jan . 1917):
„92 Prozent unserer deutschen Tageszeitungen sind-mittelbar oder
unmittelbar von Un d e u t s chen ä b h ä n gi g ; sie' werden in deut¬
scher Sprache für Deutsche von Undeutschen in undeutschem Geiste
'geschrieben ." -1' . '
v . Man hat in solchen groteskett Aenßerungen den Niederschlag der.
verstiegenen zionistischen Behauptungen, wie der des Herrn Moritz
Go ld st ei n im „Kunstwort " 1912: „W i-r I ud eit verwalten
d e n geistigen Besitz .eines Volkes, das uns die Berech¬
tigung und die Fähigkeit dazu abspricht", zu erblicken . Wie steht es
• — 86 — -

aber in Wirklichkeit mit d^r „Verjudung " der deutschen Presse? . Da


einige im Besitz von jüdrjchen Verlegern befindliche liberale Blätter
der Reichshauptstadt mnd vielleicht noch zwei oder drei größere Blät¬
ter im Reiche verhältnismäßig große Auflagen Haben, wird der Ein¬
fluß dieses halben Dutzend liberaler Blätter ins Maßlose übertrieben.
-Dabei bekunden diese Blätter gerade in der Judenfrage eine auf¬
fällige Zurückhaltung, trotzdem wird behauptet, daß sie ausschließlich
die Interessen des Judentums vertreten . Bei der „Köln. Ztg." aber,
die im Besitz von Katholiken ist, sagt,niemand , daß sie nur die katho¬
lischen Interessen wahrnehme. Niemand denkt auch daran , daß es
ganze Provinzen und eine Menge von Kleinstaaten gibt, die sich einer
blühenden eigenen Presse erfreuen, auf die Boeder einzelne Juden,
noch etwa gar das Judentum selbst auch nur den geringsten Einfluß
haben. In Schleswig-Holstein, rn Westpreußen, in der - Provinz
Sachsen, in Rheinland -Westfalen, in Hannover, iw Mecklenburg, Ol¬
denburg, Volksstaat Sachsen, Baden, Bayern , Württemberg und den
thüringischen Kleinstaaten existiert nicht ein einziges Blatt , das einen
jüdischen Verleger hat , es ist auoh fraglich, ob auch nur ein einziger
jüdischer Redakteur an ihnen , beschäftrgt ist. Auch in den übrigen
Provinzen sind nur verhältnismäßig wenige Blätter im Besitz von
Juden . Das gilt insbesondere auch von der großen Menge der sogen,
parteilosen Blätter und der Generalanzeiger, von denen vielleicht
zwei jüdische Besitzer aufweisen. Auf der. anderen Seite aber stellt
doch die konservative, agrarische und Bündlerpresie sowie die Kreis¬
blatt - und Amtsblattpresse eine bedeutende publizistische Macht dar.
Will man etwa auch die „Deutsche Tgsztg." sowie ihre zahlreichen
Ableger als verjudet hinstellen') und zwar aus dem Grunde , weil der
Direktor ihres Verlages^ Herr Konrad Te l g e , mit einer Jüdin ver¬
heiratet ist? Und welchen großen Einfluß haben erst im Kriege und
nach dem Kriege der alldeutsche Klüngel und die Schwerindustriellen
auf die deutsche Presse gewonnen? Mit vielen .Millionen ' sind die
Pressefonds dieser Kreise ausgestattet worden, und wie sie arbeiten,
zeigt der Ankauf der .„Deutschen Ztg.", des „Berl . Lok.-Anz ", der
„Meser-Ztg." in BrDien durch sie, sowie der steigende Einfluß ,, den
sie auf einen großen Teil der Provinzpresse ausüben. Bekanntlich ist
ja auch von dieser Seite eine „A us l an d s an z e i g e.n ^- Ge¬
sellschaft ",die
' ^,A l a" gegründet worden, die nebenher auch dem
„jüdischen Jnseratenmonopöl " des Hauses Mosse den Garaus machen
soll. Das Bestehen zahlreicher leistungsfähiger -christlicher Jnseraten-
firmen, wie Daube & Co., Haasenstein K- Voaler, Invaliden dank,
Schickler & Co., beweist aber, daß von einem solchen Monopol gaK
nicht die Rede sein kann.' "
Und steht etwa die ausgesprochen protestantische Presse, deren
zahlreiche Sonntaasblätter , die .Traktätchenliteratur usw. unter jüdi¬
schem Einfluß ? Oder die Zentrumspresse, die doch eine Xkeindswegs
zu unterschätzendeMacht darstellt? Man bedenke, daß das Pader-
chvrner katholische Sonntagsblatt , „Leo" allein in einer Auflage von
über 400 000 Exemplaren verbreitet ist. Und dieses Blatt chetät'gt sich
oft genug in der wüstesten Judenhetze! ' Und ist die sozialdemokrati¬
sche Presse verjudet? ^
In dem „Hand ffu ch deuts che r Z e i t u n g e n 1917">.das
auf Veranlassung des Rittmeisters a. D. Oskar Michel heraus-
gegeben worden ist, werden im ganzen 2938 deutsche Zeitungen ver--
zeickmet . Der politischen P a .r t 'e i r i cht u n g nach sind 214 konser¬
vativ, 61 freikonservativ, 214 „national ", 216^nationalliberal , 400 ge-
■ • . — 8? -7--.

hören zum Zentrum , 277 sind volksparteilich, 79 sozialdemokratisch, t


23 polnisch, 4 dänisch, 1450; parteilos . E t w er d i e Hälfte en
a l l e r in De u Ls chl and ' ' erscheinenden Zeitung
sind also - politisch farblos.
Soweit angegeben, beträgt die kleinste Auflage der Zeitungen.
150, die größte 270 0O0. Eine Auflage über ' 100 000 ist bei 19 Blät¬
tern verze'ichrlet. .Diese 19 Zeitungen repräsentieren eine Auflage
von. ,3 026 000, \ . Daran partizipieren die volksparteilichen mid
1 110 000, die „nationalen " mit 595 000, ein nationalliberales Blatt-
mit 120 000, die Zentrumsblätter mit 274 000, ein polnisches Blatt
mit . 128 000, die parteilosen Blätter mit 979 000. Wie will man an¬
gesichts dieser Zahlen das Märchen von der „Allmacht der Juden¬
presse""noch aufrechterhalten? Wird man wirklich behaupten wollen,
daß die 214 konservativen, die 400 Zentrumsblätter , die 214 nationalen
sich in jüdischen Händen befinden? Und in wieviel Fällen mag
wohl
- in den 1450 Parteilosen Blättern jüdisches.Kapital beteiligt sein?
Der Studienrat Br . Lange m an n behauptet in seiner Schrift
'„Der deutsche Züsammenb.ruch und die Juden " (1919): „Die ge-
s t e Pr e s s e d e r En t e n t e l ä n der ist in d e n H ä n d e n
d e r Juden selbst -^ - in R uß l and . - Die „N o w o j e Wr em j a"
ist ein Judenblatt !" Wer da weiß, eine wie gyhässige-anti¬
semitische Hetze gerade das ^genannte, russische Blatt stets betrieben
hat, wird die letzte Behauptung des -Herrn Langemann - unsäglich ko¬
misch finden. Worauf gründet der Herr aber -seine Behauptung? Lord Northeliffe
Weil die Londoner „Times " ^finanziell an der „Nowoje Wremja" Be- be¬ I
teiligt fein soll. Nun soll Lord .Northcliffe nach antisemitischer
hauptung von Geburt . Jude sein — hie längst erfolgte bündige Wider¬
legung dieses Märchens ficht einen echten Antisemiten nicht im ge¬
ringsten an — ergo ist außer der „Times " auch-die „N. W." verjudet
und die gesamte Presse der Ententeländer in den Händen der Juden!
* Herr Br . Pud o r hat ja einst sogar die- „T g l. R u n d s cha u"
. als ein „d e n t s ch- j ü d i s che s" Blatt bezeichnet.und Herr Bartels
definierte das Wesen der „I u .d e n Pres s e" dahin : „Wir nennen
nämlich I nd e n b ! ä t t e r alle die, die Philosemitisch sind, oder unter
der sehr verbreiteten' K ran khe .it d e r I u d e it furcht leiden
und in jüdischem, d. h. radikalem und sensationellem
Geist geleitet werden."
/ Die antisemitische „Staatsbürgerztg ." ist radikal und die „Wahr¬
heit" des Herrn Bruhn ist 'ein Sensationsblatt ; beide müssen also
nach der köstlichen Definition des -Herrn Bartels als Juden-
blütter angesprochen werden. Aber selbst wenn man den Maßstab
des Herrn Bartels an die deutsche Presse- legen würde, käme man
' immer noch nicht zu dem vom Herrn Dinter errechneten Satze von
90 Prozent oder dem des. Herrn Wolf von 92 Prozent . Am meisten
muß man sich darüber verwundern , daß beide Herren in der Lage
sind, so genaue Ziffern anzugeben. Oder hat Herr Wolf eine noch
genauere Ziffer ermittelt ? Etwa 92,3257 . . . Prozent ? ' Im Inter¬
esse der Sache wäre es doch überaus wünschenswert , wenn
beide Herren
angeben wollten, auf Grund welcher Berechnungen sie die von ihnen
angegebenen Prozentsätze ermittelt haben. . <
Preutz, Prof., s. „Judenherrschaft ".
Prrsyw („Den Ruf"), rusi. antis. Zeitschr., s. Internationalismus.
Prozentrechnung , s. „Judenherrschaft ".
Pudor, Br . 'Heinrich, Pogromhetzen , .s. Pogrome. . . . •
H.

* ' — 88 ■ —

• v 9- ? abükner-Erklarung von 1893:- Erklärung sämtlicher^ Rabbiner


Deutschlands der die Dl Schrift als die Grundlage für die Lehre-,
' , des Judentums und über den Talmud , s. Religion u. Sittlichkeit
> der Juden . ;:
Rabbiner, Ein, über die Gojim, antisemitische Fälschung, s. Goedsche.
Rabbiner, jungjüdischer , auf dem Jüdenkongreß in Lemberg,. s
. Goedsche . . :
Rassentheorien . Moderner Rassenwahnsinn.
Die Wiege der modernen Rassentheorienist in Frankreich zu suchen^
Ludwig XIV. begünstigte im Interesse der absoluten Monarchie die in
dieser, Zeit in französischen Gelehrtenkreisen aufgekommene, übrigens
- damals sofort von Leibniz mit schlagenden Gründen widerregte.
> Theorie, die Franken seren ein gallischer Stamm gewesen, nach .
Germanien gewandert und später •als ' Befreier ihrer Brüder vom
römischen Joch zurückgekehrt. Die Kreise des damaligen französischen >
- . Hochadels aber stellten eine andere Theorie auf. Sie behaupteten
die germanische Abkunft des französischen Adels, dessen altes'
Recht der - Fehde, Privatjustiz und Selbsthilfe , gegen den König sie >
warm verteidigten, und stellten die keltische und romanische Masse des ^
NichtadM als minderwertig dar . Das war der Boden, dem später
Godmeau die Raffentheorien des Grafen G o b i n e a u entwuchsen. Gobmeau
hat selbst erklärt, daß er sein, vierbändiges Werk „Versuch über die.
Ungleichheit der Menschenrassen" , in dem seine Anhänger das Evan-
- . gelium des modernen Rassenglaubens — oder besser Maat : Rassen- .
aberglaubens — erblicken, hauptsächlich aus politischen Motiven ge¬
schrieben habe, und zwar um die ihm verhaßte Theorie der bürger¬
lichen Gleichheit und Freiheit zu bekämpfen und seine e gene feudal-
klerikale Weltanschauung zu 'stützen. In . Frankreich , hat man seinen
wirren Ideen nicht die geringste Beachtung' geschenkt; in Deutsch-
> land aber hat sich eine Gab in eau - Gesellschaft begründet,
die die sämtlichen Werke ihres Apostels in deutschen Übersetzungen -
herausgegeben hat. Es ist allgemein bekannt,, wie stark Gobineau
^ ^ auf Richard Wagner eingewirkt hat ; Richard Wagners Schwiegersohn
ist der zweite Hauptvertreter der modernen Rassentheorien in Deutsch-
Charnberlain land , der Engländer Houston Stewart E da m b e r l a i h ,der Verfasser
des vielgelesenen zweibändigen Werkes: „Die Grundlagen des
7 XIX . Jahrhunderts ", der darin die Engländer als besonders reine
Germanen bezeichnet. Ein Franzose und ein Engländer , Gobineau
und Chamberlain , sind also die Vertreter des heutigen Rassenglaubens)
^ der gerade in Deutschland die meisten Anhänger gefunden hat. Ein
. begeisterter Verehrer Gobineaus und Chamberläins war der Fürst
. Philipp Eulenburg , und durch diesen ist Kaiser Wilhelm II . für die
modernen Rassentheorien gewonnen worden. Mit Gobineaus prahlen-
/ dem Mort : „ An euch — den Deutschen — hängt die Zukunft der
Welt" und Chamberlains kühner Prophezeiung : „Auf die Germanem .
kommt es an. ob die Welt im allgemeinen Rass.enbrei untergehen
- soll oder nicht", haben die deutschen Nachbeter dieser .Nassenirrlehre.
die nationalen Leidenschaftenbis zur Siedehitze aufgetzeitscht . Nicht
. die Juden haben Deutschland in den Krieg getrieben, sondern, die¬
jenigen Leute, die ^die dünkelhaften Phrasen von der Unübertreff-
'.Lichk 'eiL der germanischen Raffe gepredigt' haben,,und, unser armes Volk
' muß jetzt für den Raffenhochmut dieser Fanatiker büßen. /
Man hat bisher den politischen Zielen, die die Vertreter -der
Raffenrheorien in ersterLmie verfolgen, und den Gefahren ^die unserem
^öffentlichen Leben von dieser Seite her droben., zu wenig Be^
Pachtung geschenkt . Gleich dem französischen - Adel des 18. Jahr¬
hunderts und gleich demxGrafen Gobineau huldigten ganz besonders
die Sklavenhalter der amerikanischen Südstaaten den Rasse¬
theorien . Sie stellten' eigens Gelehrte an, denen die Aufgabe oblag,.
zu beweisen, daß der Negex kein Mensch oder ein minderer Mensch
sei als die Weißen und daß die-Sklaverei daher nach dem von Aristo¬
teles im Interesse ider Sklavenhaltung proklamierten Rechte des Mäch-
. tigeren und Ueberlegenen gerechtfertigt sei. Zu derselben Zeit fanden
auch in England die Rassentheorien die Zustimmung vieler, weil sie
ein überaus , bequemes Mittel darstellten, die Unterdrückung der
keltischen, also als minderwertig angesehenen Iren zu rechtfertigen.
. Und ans genau denselben Gründen sind die Antisemiten und nament-
ljich die Vertreter der „vornehyren" Richtung des Antisemitismus
Anhänger der ' Rassentheorien. . Alle .ihre Weltanschauungsphrasen
und all der ideologische Kram., den sie Vorbringen, verfolgen doch nur
den. einen Zweck, die ö ko n o m isch en f ntnd l agen zu ver¬
hüllen, auf denen sich ihr Antisemitismus in Wirklichkeit aufbaut.
Genau so stellen im Interesse aller derjenigen, die die Vorrechte des .
Adels gegenüber dem Bürgertum und. andere mittelalterliche Ein¬
richtungen konservieren wollen und die sich daher Konservative
nennen , sowie derjenigen, die den breiten Schichten unseres Volkes
die politische. Gleichberechtigung nicht gewähren.' wollen, die Rassen-
' theorien ein überaus willkommenes Mittel dar , um - die Aufrecht-
erhaltung ihrer .politischen und wirtschaftlichen Vorrechte zu ver¬
fechten. -
Nun begreift man es auch, wenn die .,.Kreuzztg." 1918 über Chamber-
lain erklärLe, ein Schriftsteller von dessen Gedankenreichtum und Ge-
- -dankentiefe würde „einen geradezu beherrschenden Einfluß in der
Publizistik ausüben, wenn er nicht den Raffengedanken verträte,
^ der unserer leider noch immer in so hohem Maße un?er jüdischem
Einfluß -stehenden Presse tabu ist". Nun haben wir den Schlüssel
dafür , daß Chamberlains Schriften in mehr als 800 000 Exemplaren
Verbreitung gefunden haben und weshalb er ^sich so viele Verehrer
' in den lediglich durch das Vorrecht.der vornehmen Geburt ausgezeichne-
. ^ ten Kreisen Deutschlands erworben hat. In diesen gerät man in Ent¬
zücken, wenn man folgende Schilderung seines germanisches Schön¬
heitsideals liest: „Große strahlende .Himmelsauge^r, goldenes Haar,
me Riesengestalt, Ebenmaß der -Muskulatur , der längliche Schädel
'(den ein ewig schlagendes, von Sehnsucht gequältes Gehirn aus der
^
NKreislinie des tierischen Wohlbehagens nach vorn hinaushämmert ),
^ das hohe Antlitz,, von einem gesteigerten Seelenleben zum Sitze
seines Ausdrucks geformt usw." Und auf ebensolchen Beifall hat in
diesen 'Kreisen Ehamberlain zu rechnen. wenn er schreibt: '„Körper¬
lich und seelisch ragen die Arier unter. allen Menschen empor; darum
sind sie von Rechts wegen (wie -der Stagirit sAristotelesj sich aus¬
drückt) , die Herren der Welt"
Jeder Rassentheoretiker verherrlicht seine eigene Raffe, d. h. diq-
- jenige, ider er anzugehören sich einbildet; die antisemitischen Raffen-
forscher treiben eine richtige.Schwarzweißmalerei : auf der einen Seite
\ bei den edlen Germanen ist -alles Ltcht, auf der anderen Seite , bei
der' „inferioren " Raffe, den Semiten , alles dunkel. Man versteigi
sich zu den kühnsten Behauptungen , für die selbstverständlichdie
Be-
.weise fehlen, so z. B . daß die Anfänge der Kultur der germanischen
r ' Raffe zu verdanken seien, daff Christus, David und Saul Arier ge-
wesen seien ujw. Th.' Fritsch bekommt es sogar- fertig, iw seinem'
S. 272, von den beiden Brüdern Esau und.Jakob, die beide.
denselben Vater und dieselbe Mutter.chatten, den ersten zum Arier,
, - den zweiten aber zum Semiten zu stempeln. Ein G^lehrtet. der
' alldeutschen„Deutschen Ztg." hat ja auch Segestes. den Schwieger¬
vater Hermanns des Befreiers, zum Juden gemacht . Er bedachte
dabei wohl nicht, daß er damit der Gattin des großen Germanen¬
helden, Thusnelda,, den Rang einer Jüdin oder zum mindesten den
einer Halbjüdin zuweise . Einer der Gelehrten des. „Hammer", der
sich hinter dem Pseudonym Wek'a verbirgt, stellt die Theorie aus:-
„Der Arier kann un 'edel sein — aber dann ist er ' ver¬
kommen oder abnorm^ und der Nicht a r i er. kann . ö.ot
* nehm sein - - doch das ist nicht die Regel." Man begreift'es, daß
Herr Heinrich Claß, der unter, der halbjüdischeü Verkleidung
Daniel Frymann sein bekanntes Buch „Wenn ich. der Kaiser wär''^
in die .Welt gesetzt hat, darob in diesem bekümmert ausruft: „Was
soll aus der M.en s chh e i t werden, wenn die Deutsch en v er -
xderb' e n ?" ' Herr Max'Be wer kommt auch' nach einer tiefgrün-
^ digen Untersuchung zu einer feinen Unterscheillungzwischen ^ jüdischem
und deutschem ,Reichtum: „Der jüdische Rer cht u m beruht auf
Schacherei und Wucherei , der-deutsche Reichtum aus
W er ktätigkei L." ' \ . ; , :
, In ein System lassen sich die modernen Rassentheorien beim
. besten Willen nicht bringen, das bekäme auch der intelligenteste
Arier von, der reinsten Kultur nicht fertig. Da- jeder „Rassen-
gelehrte", seiner Divinationsgabeund Intuition folgend, die kühn¬
sten Thesen in <die Welt setzt , ohne,sich.viel'-um die Welt der Tat¬
sachen oder der Beweise zu bekümmern , so kommt ein ganz aller-
. liebster Kuddelmuddel heraus, wobei uns nur diejenigen leid chun,
die das alles glauben sollen. Man darf sich aM nicht Wundern , daß
der eine der-Forscher Dinge.als besondere Merkmale der Semiten an-
' fleht, die bei den anderen als spezifische Kennzeichen der Germanen
zu gelten,haben, oder gar, daß ein und derselbe Forscher aus der
^ ' einen Seite seines Werkes das genaue Gegenteil von-dem behauptet.,
was er einige Seiten vorher gesägt hat, wie dies so oft Cham berlam
in seinen „Grundlagen" tut, der beispielsweise das eine- Mal be¬
hauptet, daß dem Juden das Dogma in unserem Sinne,
^ fremd sei, dann in einem anderen Abschnitt -, daß.die Juden ge¬
bar en eD og m at i ker wären, und dann wieder zur Abwechslung,
sie die g eb o r ene n F r ei d en ker nennt.. Das geniert aber
große Geister nicht. Andere Rassenth ^oreLiker leisten'sich mcht minder
schöne Sachen. Einer von ihnen— M . Strudbert lautet sein ger¬
manisches Pseudonym— will nur noch zum Gen i u s der R a.sse
^ b e t en und bei diesem,schwören . Er schreibt im, „Hammer" : -„Sei
rassetreu, sei rassestolz
. Wenn' du beten willst, so.bete zum G e n i u s
deiner Rasse. Wenn,du.s chw ö r en mußt, so schw ö r e bei deiner
Rasse, und überlasse es anderen, , beim Barte des Propheten zu
^ schwören ." . - . r- '
* vr. Dinter Herr Max Dinter' gibt diesem Gebet in dem Vorwort zu seflnem
widerlichen Rasseroman.„Di e Sünde wider das B l u t" einen
- noch brünstigeren Ausdruck : „R.a sse»i s5 alles ! . . . .' Alles, ?was
ich bin, fühle, denke , will, .was aus mir geworden ist, wird und
werden kann, verdanke ich ein zig .und allein meiner
Rasse . Die Rasse ist nebst meiner Religion das Höchste ^und
H eili gste , was ich besitze . . Ja , m ein e Religio .n be,sitze
— si — ,
i^ch n u r d u r ch m eine Ras se, denn nur meine Rasse ift es, die
mir. meine Religion möglich macht und mir das tiesinnerliche Ver¬
ständnis für sie'erschließt ! R äs se ü n d R e l i g i o n sind eins ."
' Auf ider Frankfurter Tagung des Deutschbundes im Jahre 1912
wurde beschlossen ^ „Es ist. . . der Rasseninhalt des -deutschen Volkes, .
insbesondere sein germanischer Raffenbestandteil , als volksörganisches Blut
Massiv erhalten und seinem Verfall entgegenzuwirken, .. Im
einzelnen ist die V er m i schu n g von Deutschen mit Nicht-
ariern als eine Versündigung gegen unser höchstes
G u t > u ms er d e u t sche s Blut , zu vermeiden ."
, ,,Rassenforscher " haben festgestcllt(!). daß den Semiten ein Schamgefühl
Schamgefühlmach arischen Begriffen fremd ist ", behauptet ein
„Raffegelehrtet " in der Zeitschrift„Deutschlands Erneuerung", dem
Organ der Herren Prof. Dr. Dietrich Schäfer, Reinhold Seeberg,.
Chamberlain, Kapp, Schiele u. Gen,, und ein anderer „Gelehrter"
dieses Kreises , der sein antisemitisches -Gift unter^dem Pseudonym
Wilhelm Meister in der Schmähschrift„Judas Schuldbüch " ver-
- spritzt, höhnt im Anschluß daran: ./Einen tzam , der seines Vaters
Scham entblößt/rden haben wir nicht!" Die Bibel erzählt uns doch
\ aber, daß S em seines Vaters Scham zudeckte . und von diesem Sem
^führen idie Semiten ihren . Namen. Also stehen die Semiten
^ einem Sem näher als einem Ham. In Lezug auf Moral und Ge¬
sinnung dürfen diesen jedenfalls die Herren Wilhelm Meister und
Genossen mit weit mebr Recht für sich in Anspruch nehmen als den ein
aufrichtiges Schamgefühl offenbarenden Sem. Die .D e u t sch-
n a Lion al e V o l ksp a rL ei , zu 'der sich diese Männer rechnen,
, hat in ihrem P r ogramm von 1919 erklärt, daß siej e g l i che.n .
Rassen - u n d^Ko n f e ssi o n s h a ß verabscheue. Es g'bt
aber offenbar nicht wenige Mitglieder der Partei, die das Programm
genau so achtem wie Genüral v. Lüttwitz den Eid, den er auf die
Verfassung geschworen hak.
- Es ist? ein Denkfehler ohnegleichen , wenn man die Begriffe
„Rasse " und „Volk" gleichsetzen will. Nicht naturwissenschaft¬
liche, sondern Kult urb e griffe sind für die europäischen Völker
entscheidend . _ .
' Einem von der Nornen-Gemeinde ins Leben gerufenen„D e u t -
schen Volksbund " , der sich gern zu einem „allgemeinen
b l u t s d e u t schen deutsch g er manischen Volksbund"
erweitern möchte , erscheint es als das wichtigste , daß da? jüdische
Vermögen- schleunigsti so l i er t’ werde; daher seine Forderung: Blutsdeutsche
„Vor allem müssen üNe 6lutsdeutsche,n Gelder dem Bann¬ Gelder
kreise jeglicher Internationale entzogen werden; die Art des
G el dv e r keh r s muß eine d e u t sche werden." Nun ist also
auch das Geld in den Bannkreis der germanischen Raffetheorien.ge¬
zogen'worden; ein jeder Jude hüte sich also, blutsdeutsches jGeld in
Empfang zu nehmen, und ein jeder echte Ariogermane hat von nun
an blutsjüdische ? Geld zu meiden wie die Pest.- ..
Ein besonders fanatischer österreichischer Raffenfex,. Franz
ioa i f er, , der überall fernitische S ch lei chgr' fte und semi¬
tisch e Krebszellen erblickt, will sogar einen besonderen Raffe-
typus' des „Kot er tu ms" entdeckt haben,, den er in folgender an¬ Kötertypus
ziehender Meise schildert : .
: „Der v o l l en d e t e Ko t er t y p u s ist für mich ein n e g r o i -
X r S,em i t e mit sl.a i sch- d e u t sche m B e i schl a g e. Wenn
er' noch obendrein s chö n g e i sti g e r S chr i f t ste l l er ist, dann

-- ■ x ' . . ■ ■ ' .
kann man wohl von einM E ra kö t e,t sprechen. Driesmans (gegen
den H. polemisiert) wöge nur 'den Senü -Kürschner aufschlagech dort
wird er auch Namen finden. -Eine Zelle schreibL semitisch, die andere
arisch, und das Ganze ist eine Kloake." ~ • -r:'
Ein Rassentheoretiker, der offenbar der Schule Dinters angehott
— Klaus Krach t ist sein Name — hat in einer besonderen Bro-
Judenzufarnmen - schüre
fassungsgesetz" neuerdings den^ Entwurf eines „ I u d e n z u s a mgmen -
fas s u n g s g e s.e tze s" veröffentlicht, in dem er so gnädig ist,^jedem
die „D e u t s chb l ü t i g ke i L" zuzubilligen, der seit-drei Generativ
neu -die Judenreinheit seiner Vorfahren Nachweisen kann.. Die wich¬
tigsten Bestimmungen sind in Art . 9 des Entwurfes enthalten ; -sie
/ - betreffen „E he und Geschl e.chtsv e r ke h r ". ' Danach sind
„Ehen zwischen Deutschen und Juden verboten. Geschlechtsverkehr,
zwischen Deutschen und Juden ist beiderseits strafbare Ein d e u t-
s che s M ad che n , das von eineür Juden geschlechtlich berührt ist, -
gilt im Sinne dieses Gesetzes als J ü d i n." Das R. St '. G. B . soll.
mehrere dementsprechende Abänderungen erfahren, u. a. soll ein
8 176a bestimmen: ,,Mit Z u cht h a u s wird bestraft der unter Kennt-
nis der Rassenverschiedenheit vorgenommene Geschlechtsverkehr
zwischen Deutschen und Juden für beide Teile. Ist der eine Teil für:
die Ausführung des Verbrechens nicht verantwortlich zu' machen, sö
bleibt er straffrei." — Die letzte Bestimmung ist offenbar für . den
Fall eines wohl vom Verfasser erwarteten ‘P o groms getroffen, für
den selbstverständlichdie Teilnehmer , die sich nach russischem Muster
an der/Schändung von jüdischen Mädchen und Frauen Vergnügen
wollen, nicht bestraft werden dürfen. Sollte es sich nicht empfehlen,
einen Absatz, der ^für splche Fälle nur die „Judenweibchen" straffällig
macht, einzufügen, sonst droht Herrn K. die GefaHr,. daß-seine An¬
hänger ihn .als „Judenschützer" bald vom tarpejischen Felsen des anti¬
semitischen^ Kapitols herabstürzen. . , - -'
Der „ Rassenforscher " Dr . Otto Ä m m o n fordert, daß nur Man¬
schen mit 19 cm Kopflänge das aktive und. Passive^Wahlrecht zuge¬
standen werden soll; sein französischer Kollege L a p o.u g e hat .den
Vorschlag gemacht, besonders hervorragende Rassenmenschen.'z.u
Zu .chtzw ecken zu -gebrauchen. ' Bei uns hat Chamberlain als
erster die Forderung erhoben, alle rassische Erneuerung müsse, den
Instinkten des .Tierzüchters folgen. In seiner Schrift. „Wehr . und
Gegenwehr" (S 35) sagter ausdrücklich:- „Ich folge dem großen eng¬
lischen Naturforscher (Darwin ) ' in den Pferdestall und auf wen
Hühnerhos und zum -K u n 'st g ä r t n er und sage: daß es chier
etwas gibt, was dem Worte Rasse Inhalt verleiht, ist unstreitig in
jedem Menschen offenbar." . . " :'4 : . ■y
Den Vogel hat aber von allen Rassetheoretikernder bekannte Max
Max Bervet B e w e r abgeschossen , der ein Mich über ' den „D e u t s c|; en
C h r i st u s" herausgegeben hat. -Dort wird die A b st a m m it n g
C h r i sti von d c ir t sch e m B l u tj haarscharf „bewiesen" : 1500
Jahre vor Christi Geburt, sind Deutsche, nach. Galiläa gegangen unw
haben sich dort niedergelassen.. Zur Zeit von Christi Geburt täten
Christus viele Deutsche unter den Römern Kriegsdienst. So wurde' also ein
ein Deutscher! Deutscher der Vater Christi. Die Mutter ist Jüdin , aber,das B l u t
Christi ist destilliert reindeutsch. '
Ja , Bewer ist .sogar
in der Lage,zu beweisen, daß Christus r h e i n i s-ch- w e st f ä l i f ch eit
U r | p r u n g s ist: die Leibwache des Pilatus stammte' aus : Niedch--
deutschland. Die Ahnen Christi sind nach Bewer natürlich' nicht' ich
Hause David, sondern unter Odin und den nordischen Königsheldest
'
v 93 : ; , •• — —- , .
zu suchen. Freilich mußte '.Christus selber erst schwer ringen , um den
TöMl - b.J ). ba§; 3 ü b i:f e in ihm, zu ^überwinden. Aber end-
. lich ist das Deutsche allmächtig: „De utsches .Blut in seinerein¬
fachen Kraft- ist.i m m e r g ü t , in die o r g a n i s che P o t e n z e r -
h o b e ii , w i r d e s g ö t t l i ch." C h r i st u s ist sogar e i ngefllhr-
^l .i cher 48er, denn er zeigte schon' eine Vorliebe für die damals er- .
strebten b e u t sch e n F a r b e n : „In der Fremde bezwingt er das
' schwarzselige Judentum mit seinems Blut . Und indem er im Gold
der Zukunft "als Richter und Sieger leuchtet, kündigt .er prophetisch
die Farben seiner wahren Heimat an : Schw arz - rot - gold ."
(Welch großen Schmerz muß es Herrn Bewer bereitet haben, daß ge¬
rade antisemitische Gesinnungsgenossen von ihm die schwarz-rot-
goldene Fahne mit dem Schmühwort „Judenfahne " belegt haben.).
. Selbstverständlichv waren nach Herrn Bewer auch die Propheten
Deutsche und die Makkabäer Teutonen ; alles, alles ist deutsch/nur der
' Teufel nicht, der ist antideutsch, also jüdisch. Und diesen Rassenwahn¬
witz bezeichneten die „Deutschsozialen^Blätter ", die oft genug den
christlichen Charakter ihrer Partei betont haben, als höhere Offen¬
barung eines begnadeten Menschen: „W a h r h e kt e n , wie die¬
jenigen im Kapitel-Christus, erkennen nur Seher und Dichter,
. Menschen m ich innerem Au ge ."
• Die nur nach- vom pathologischen Standpunkte aus zu betrach¬
tenden Phantastereien Bewers zeigen, zu welcher erschreckenden Höhe
der Unfug des Rassenschwindels,bereits ' gelangt ist. Ein in Agram
erscheinendes kroatisches- Blatt hat aus Christus einen Serben ge¬
macht/ein englischer Methodist dagegen aus -ihm einen Engländer.
In einer Stadt Südamerikas sah ein Reisender in einer Kirche zur .
/ Weihnachtszeit zwei Weihnachtskrippen, in der einen lag ein weißes,
v in ser anderen en schwarzes Jesuskind. Unsere Rassentheoretiker sind
teils auf dem besten Wege, zu denselben kindlichen und kindischen An¬
schauungen zu gelangen, die in den zuletzt angeführten Beispielen Chriftenlums-
ihren Ausdruck gefunden haben; 'teils aber hat sich bei ihnen eine semdschaft
geradezu fanatische F e i n d s'cha f t gegen das Ehr ist e n t u m
- und ein um so lächerlicherer W o t a n ku l tu s entwickelt. Wotankuttus
i. Der .„ Hammer ", die „Ostara " , der „Heimdall ", die
„Narrten " , die Monatsschrift für deutsche Wiedergeburt „Neues
Leben ", von Dr. Ernst Hunkel, alles Zeitschriften auf streng völ¬
kisch-antisemitischer Grundlage - l e b e n ja, abgesehen von ihrer wider¬
lichen antisemitischen Hetze, fast nur vom Haß gegen das
, Christ e n t u m und folgen !der Parole / die einer ihrer Hauptwort-
führer , Arthur v. Wallpach, in der Zeitschrift „Deutscher Glaube,
Blätter deutscher.Gemeinschaft" in die poetische Form gekleidet hat:
/ „Moses und den Papst zu Rom , überwinde beide.
Bahn dir deinen Weg zu Gott als ein deutscher Heide !"
/. Ueberall lassen jetzt die^Antisemiten den gesamten germanischen
Götterhimmel aüfmarschieren, ' und sie knüpfen daran die ärgsten
Beschimpfungen gegen das Judentum und die jüdische sowie die
christliche.Religion . " . ' .
In der „Staatsbürgerztg ." (1. 2. 20) gab deren Herausgeber,
Rüdplf Lebius, bekannt , weshalb er nicht zu Jehova betet, .der
für Ihn der Fudengott und der Christengott zugleich ist, sondern zu
W o t a n. Er schreibt: „Und doch sage ick) Wotan und nicht Jehova
.oder .Zebaoth . Für einen Gott , der sich unter allen Völkern der
Erdd . gerade die' Juden zu seinem Volk auswäßlt und mit ihnen
. — 94- -
gar einen , Vertrag machte , habe ich nicht viel übrig . Ich bleibe
lieber bei meinem Wotan , von dem - ich annehme , daß er auf
deutscher Seite steht ." . v , V-^ -
Die Verwirrung , die die RasseNtheorLen in vielen unklaren köpfen
angerichtet haben , hat ihr redliches Teil dazu beigetragen , daß den
Kriegshetzern das Feld geebnet wurde ; der innere Krieg aber , den wirjetzt
nach dem äußeren Kriege erleben müssen , ist in vielen Beziehlmgßn noch
viel schlimmer als dieser . Auch hier sind es wieder die Rassenfexe,
. die gewaltig ins Feuer blasen und die namentlich der Judenhetze durch
ihre „ wissenschaftlichen " "Theorien /immer neue Nahrung zusühren
wollen . -? - ,

Rathenau (Walther) und seine „30v Juden". .


- ^ Walther Rathenau hat in der Weihnächtsnümmer der \
„Neuen Freien Presse " vom Jahre 1910 im Rahmen einer volkswirt¬
schaftlichen ^Untersuchung über die treibenden Kräfte des Welthandels
und der internationalen Gütererzeugung den Satz geschrieben:
„Dreihundert Männer, von denen jeder jeden . kennt , lei¬
ten die wirtschaftlichen Geschicke des Kontinents und suchen sich
Nachfolger aus .ihrer Umgebung ." Dem Verfasser ist es nicht iw ent¬
ferntesten eingefallen , diese- 300 Männer als Juden, auszugeben;
es lag ihm in erster Linie daran , darzutun , daß bei dem . R esen-
anwachsen von Industrie und Handel -überall Männer von umfassen¬
dem Weitblick und großen geschäftlichen Erfahrungen die tretenden.
Kräfte gewesen sind, die selbstverständlich auch beizeiten dafür Sorge
getragen haben , daß ihr erfolgreiches Werk nach lhrem Ausscheiden
' -i ' auch von tüchtigen Männern weitergeführt wird . Was hat aber die
antisemitische Verdrehungskunst aus dieser Aeußerung Rathenaus
von den WO Mänr ^ern gemacht ? -Die deutschvölkisch-antlsemit 'sche
Presse konstruiert zunächst das Bestehen einer „geheimnis¬
voll e m Ne b e n re g i e r u n g" , „ eines internationalen/
Weltbundes " , der die ' Fischzüge des börsianischen Großkap ' tals
organisiert . Im „Hammer " des Herrn Fritsch würde feierlich der - -
. . sichert: „ Es handelt ^ sich hier also nicht um ein Wahngebilde , sondern
um eine sehr konkrete Grüße " . Dieser Welt bund von ,
dem Rathenau etwas verstehen müsse, da er ihm selbst angehöre , „hat
seine strengen Ordnungen und Gesetze, und es gelangt niemänd hin¬
ein , der nicht gewisse V orb ed in g u n gen »erfüllt , die wir hier
nicht näher kennzeichnen dürfen " . Herrn Ür . R o e s i cke vom Bund
der Landwirte gebührt das Verdienst , auf . der GeneralversamniHing
des Bundes im Jahre 1913 zuerst unter Berufung auf diese Aeußerün 'g
Walther Rathenaüs auf . die Zwingherrschaft des internatiö-
nalen Großkapitals aufmerksam gemacht ' zu haben . Es daü - .
erte gar nicht zu lange , so, genierte man sich auch nicht , zu sagen , daß
diese dreihundert Männer und ihre Nachfolger d r e i hu n *
dert Juden seien : Me weit man .sich im Laufe einiger ,wen ' ger
^ , Jahre von der rgirklichen Fassung der Aeußerung entfernt haß zeigt
die nachstehende Form , die 1917 in der „Südd . kons.,.Korresp ?' ' zu '
lesen war : „Wie sagte doch unser jüdischer Mi .tbürgert
Walther Rathenau .: wenn ein Dutzend unserer Gro߬
bankiers und Großkapitalisten die Hand aus den Beutel legt,steht,die
europäische Volkswirtschaft still." Dabei ist Herr Adam Ro e d er,
m der . Herausgeber dieser Korrespondenz , ein Mann , der erüst genommen
Edas lverden will und der dies in den meisten Fällen auch wirklich ver-
" buch" dient . In dem Lügenbuche von Wilh . Meister „ Judas Schuldbüch"

i
Mrd der Äeußerung' sogar ein besonderes Kapitel „Die Lügenfabrik
und die. Dreihundert " gewidmet und Herr G. zur 'Beek bringt in
seinen Vorbemerkungen zu den „Sitzungsberichten der Weisen von
. Zion","jener frechen und plumpen Fälschung eines russischen Spitzels,
H^rrn Rathenau sogar mit diesen angeblich zionistisch-freimaurerischen . .
„Weisen" rn Verbindung , l— lieber W. Rathenaus Verdienste um die
Organisation unserer Kriegswirtschaft s. Kriegsgesellschaften. ^
Reichswehr und Antisemitismus.
Die schon vor dem Kriege bestehende Abneigung der Offiziere ge¬
gen die Juden ist nach der Revolution von den antisemitischen
Hetzaposteln ausgenutzt worden, um sich in ihnen willfährige Hand- ''
langer für die. eigenen Zwecke zu schaffen. Ihr . menschlich begreiflicher
, Miß m u t über die Wendung der Dinge, das Schwinden ihrer über-, . ,
ragenden Stellung ' und die Ungewißheit über ihre/infolge der
in den Friedensbedingungen verlangten Heeresverminderung höchst
ü n s i che r e Z u ku n s t macht die Offiziere nur zu leicht geneigt,
' ihr 'Ohr den Einflüsterungen zu schenken , die die Juden als Wurzel /
allen Uebels hiristellten. So konnte, nicht nur unbehindert, sondern .
' direkt g eför d ert, eine starke, antisemitische Agitation in der
Reichswehr einsetzen, geschürt durch verlArmderische Flugblätter und
.Broschüren niedrigster Art , die z. T . unter Mißbrauch der Dienst¬
gewalt verbreitet wurden. Von republikanischer Gesinnung war keine'
Spur zu sehen, linksstehende Blätter wurden in ' den Kasernen und
Lagern verboten, reaktionäre. Organe durften dagegen-gehalten wer-
den, und Pie Soldatenzeitüngenergingen sich in Anpöbelungen der
Juden . In ' gleicher Richtung bewegte sich der „A u f kl ä r u n g s - .
dien st", -zu dem antisemitische agents proyocäteurs kommandiert x.
würden, wieder Eisenbahnpionier Knauer, der direkt zu Pogro - ' Knauer
men aufforderte, was ihn aber nach seiner durch den Verein zur Ab- y
wehr deD Antisemit ismüs h erb eigeführten Kaltstellung nicht hinderte,
seine Dienste dem Bureau dieses Vereins gegen eine Entschädigung'
von 5000 M. zur Abfassung von Flugblättern und Broschüren gigen
" die Pogromhetze an^ubieten! Welche Stimmung im Offiz'erkorps
herrschte, illustriert eine Mitteilung in der Leipziger Zeitschrift „Der
Drache" vom 10, Dez. 1919> wonach in einer Kompagnie eines dor- x
. Ligen Zeitfreiw.-Reg. gelegentlich einer geselligen Zusammenkunft sich>
fast alle' Offiziere ganz offen für eine Teilnahme ' an Pogromen und
' Judenverfolgungen aussprachen, wenn so etwas .— hoffentlich recht
.
: bald — in 'Deutschlandf'tattfindan sollte. Der -9d^ t ionalbund Nationalbund
deutscher Offiziere schließt grundsätzlich„Angehörige der jü- Deutscher Offiziere
dischen Rasse" als Mitglieder aus und treibt in seinem Bundesorgan
wüste. antisemitische und antirepublikanische Demagogie. An zahl-
reichen antisemitischen Ausschreitungen in Versammlungen und auf x,
der Straße waren ' Offiziere und Mannschaften der Reichswehr aller- ' «
orten beteiligt. J -g deutschvölkischen Versammlungen, die- besonders
der die Hetze unter den Soldaten betreibende .^ chutz - und Trittz-
b u n d" veranstaltete, stellten meistens Angehörige der.. Reichswehr ein
Parkes Kontingent. Auch die H eimkehrer wurden in den lieber- .
gangslagern von Flugblättern dieses Verbandes überschüttet, um sie ^ ,
- durch Entstellungen und Verdrehungen für die Zwecke des Antisemi¬
tismus einzufangen, In mqnchen Lagern hielten Offiziere selber der¬
artige Hetzreden gelegentlich von Vorträgen „zwecks politischer Unter- *
Weisung". ' In verschiedenen Fürsorge - und Soldätenver-
b än d 'en herrscht eine jüdenfeindliche Richtung vor, so im „ V er -'
, ' — 96 —.
b a n d n a.t i o n a l g e si n n t e r S o l d a t e n", der-die„Sammlung
aller nationaldeutsch empfindender Elemente deutschrassiger Ab¬
stammung zur Abwehr internationaler Bestrebungen " bezweckt,
gleichwohl aber bei,Juden Geld sammeln ließl
Durch die„völkische " Werbetätigkeit war der Boden wohlvorbereitet,
auf dem die Putschisten der Märziden zu ernten hofften. Auch j e tzt
/ noch herrscht diese Gesinnung in einem großen Teil der Reichswehr,
in erster Reihe der Offiziere, und' besonders -in den Formationen der
Zeitfreiwilligen, deren schleunigste Aufhebung eine dringende
Notwendigkeit ist. .
Notwendige . Der frühere Meichswehrminister Roste fand wohl gelegentlich
Säuberung im Parlament eir^ kräftiges Wort gegen dieses Treiben , in der
Praxis schritt er, behindert durch, die ihn umgebenden Offiziere
alten Systems, nur Men und ungenügend ein.^ Eine Reichs-
, w e h r mit vorwiegend a n t i se m i t i s cher G es i n n u n gi
. tönri niemals die Stütze einer republikan ischeu
Regierung w erd e n. Die angekündigte Entpolitisierung der
Armee muß strengstens dnrchgeführt werden, neben einer wirklichen
Ausklärungsarbeit muß eine gründliche Säuberung von allen
ungeeigneten-Elementen vorgenommen. werden, zu' der aber ein
„eiserner Besen" erforderlich ist. '
Reichtum der Juden. V
f „Der Mammonsgeist brächt" uns zu Fall. ' '
x Gebt nie dem fr em d en Geist mehr Räumt"
' fingt der deütjchvölnjche Dichter Walter Schultz vom Bruyll Nun,
der Krieg und sein unglücklicher Ausgang hat gezeigt, daß der
Mammonsgeist in christtichen Kreisen nicht minder stark vertreten
ist als in jüdischen ^ Kreisen. . Der Schriftsteller Arthur- Bonus,
der früher konservativ , war, hat ja dw Konwrvativen ausdrücklich
als eine GeldsackparLe i bezeichnet . Man unterscheidet aller¬
dings in antisemitischen Kreisen sehr sein zwischen dem christlichen
und dem jüdischen Reichtum. So kann man in dem bekannten
Buche Max Bewers vom „Deutschest Christus" lesen:' „Der jüdische-
Reichtum beruht auf Schacherei und .W uche r ei , der deutsche
Reichtum auf W e r kt ä Li.gkei t." Neuerdings macht man sogar
Unterscheidungen zwischen jüdischen und „blutsdeutschen"
Geldern.
Am meisten wird jetzt mit der lügnerischen ^BehauPtung ge- ■
krebst
, daß die Juden sich in Deutschland fast des gesamten National¬
vermögens bemächtigt hätten. Das Unsinnige eines solchen Geredes
wird sofort einem jeden klar, der sich vergegenwärtigt , daß das im -
Großgrundbesitz, in der Schwerindustrie und in vielen anderen In¬
dustrien investierte Kapital sich fast ausschließlich in nichtjüd scheu.
Händen befindet. Dem Märchen, daß die. Juden alles Geld be-
Th. Fritsch über säßen, ist kein g eringerer als Theodor Fritsch noch vor nicht langer
nichliüdischen 3eit auf das wirksamste entgegengetreten . Er schrieb am 15. 11. 18,
Reichtum als er einmal einen lichten Augenblick hatte, in seinem „ Hammer ": .
' „Es ist zwar Tatsache , daß. in jüdischen Händen große Reichtümer
zusammengeballt sind und daß sie. durch die spekulative , Art der
' ^ Verwendung besonders ins Auge springen und einen starken Einfluß
auf unser wirtschaftliches Leben, ausüben, aber so weit, ist es noch
lange nicht, daß der größte Teil des nationalen Besitzes in jüdischen.
Händen wäre. Es sei nur auf ein Beispiel hingewiesen , um zu
zeigen, welche irrigen Vorstellungen über die. im .öffentlichen Leben ^
' — 97 —
wirkenden Geldmächte bestehen . Viele betrachten die Gro߬
ban ken',. deren Aktien sich allerdings -vorwiegend in jüdischem
Besitz befinden ^ als so machtvolle Finanz - Institute , d atz
dagegen nichts anderes Aufkommen könnte. Wie
irrig -das ist,. ergibt sich ' aus folgenden Zahlen: Das Stammkapital i
aller deutschen bzw. jüdischen Großbanken zusammen genommen '
beläuft sich auf r u n d 4 5 0D M i l l i o n en Mark 4 ( )4 Milli- .
ardep). .Die deutschen Gemeinde -Sparkassen aber verfügten bereits
vor dem Kriege über ein Einlage-Kapital' v o n 19 % M i l l i - v
arde n, das - sich bis 1 9 18 a u f 2 8 M i l li ard en erhöht
hat. Soviel Reichtum besitzen , allein die kleinen deutschen Sparer,
.denn die wohlhabenden jüdljchen Streife dürsten ihre Gelder schwerlich
auf die deutschen -Sparkassen tragen. .. >
^ Nimmt man nun den erheblichen Besitzen deutschen Landgütern, In -'
dustrie-Anlagen, städtischem Hausbesitz, .Privatkapital usw. hinzu, so
" ergibt sich— jelbst-wenn man. mct 0er teilwe.sen Schuldbelastung des -
Realbefitzes Rechnet— do ch ein s o g ew a ltiger reind eut-
s cher B er mö g ensstan d Daß er si chv o r dem jüdischen
Reichtum man ' zp verstecken braucht .".
< Die. antisemitischen Gesinnungsgenossen des Herrn/Fritsch aber ,
behaupten, daß Alljudaan den Krieg hauptsächllch deswegen ange- ^ -
zettelt habe, um sich in den .Besitz.des gesamten deutschen National-
. Vermögens zu setzen und daß ihm dieser Zweck fast restlos gelungen
sei Herr Fritsch hat freilich auch dunkle Augenblicke und diese sind .
leider die vorherrschenden . In einem solchen verfaßte er das Flug¬
blatt Nr. 17 der ,,K Ern.-G." „Arbeit und Kapital", das sich ins- -
besondere mit den jüdischen„G e l df ü r st em" beschäftigt . .Dort
. spricht er von den großenR ei ch tum e rn , die die Börsenmagnaten
„d u r ch Va l ks a u splünderung i m, ?rotze n S t i l e", er¬
worben haben, insbesondere die „Rothschild/Bleichröder , Erlanger,
Ephrnsü. Oppenheim , Warschauer , Schwabach , Goldberger und wie
sie alle heißen". Dem Riesenvermögen dieser Großfinanziersg"gen- -
. über seien„die Reichtümer der,Krautjunker° und ,Schlotbarone " ge- - -
wissermaßen . nur B e t t e l p f en n i g e." -— Ob^das wohl auch' die
Meinung der Kruppschen Erben, der Thyssen . Stinnes, der großen -
. oberschlesischen Kohlenmagnaten usw. sein mag? So mancher als
.steinreich verschriene jüdische„Geldfürst " würde sich gar nicht ärgern- '
wenn er' in. den Besitz derartiger Bettelpfennige* gelangte. '
- , Wie lächerlich die Behauptung vom internationalen jüdischen
Kapitalismus ist, z^igt ja sckone'n Hinweis auf die amerikani Die - .. amerika-
schen Mil I i a r d ä r e, die Rockefeller, ^Carnegie, Morgan, Ar- m^ en Mrlliüdare
mour, %oxtrVanderbilt, Gould, >Astor, CchMäb und wie sie alle '
heißen mögen. Unter ihnen befindet- sichkei n einziger I u de.
Die amerikanischen Trustmagnaten, von denen man leider sagen
muß, daß sie den Geldmarkt beherrschen , sind also keine Juden. Auch
- \ ht England ist das Bank- und Industriekapital vorwiegend in nicht- .
jüdischen' Händen. Es .hat also noch seine sehr weiten Wege, bis
sich die Juden in den Besitz sämtlicher Kapitalien der Welt gesetzt
' haben werden, ein Ziel,"das nach den' Antisemiten schon nahezu' er¬
reicht sein soll. , " \ :'
:/ Reklamierte , s. Drückeberger . ^
Religion und Sittlichkeit ber Judey.
Die Antisemiten behaupten, ihr Kampf' gegen/ die Juden sei , .
kein Religions-, sondern ein Rassenkampf . Wie kommt es aber, daß .
'■/V r " ■ ■ ;%- • ' - ' • '
" / • \ ' . _ 7
sie dünn immer und immer- wieder die, langst widerleg Lerst 'lügnerischen
Behauptungen.gegen die^Bibel und den Talmud ausgraben, falsch^
übersetzte und uns dem Zusammenhang gerissene Bibel- und Talmud-',
' Rabbiner- stellen anführen? In 'überzeugender , klarer und würdiger Form
Erklärung haben bereits im Jahre ' 1893 sä m t l i che R ab bin er Deutsch-
län d s eine Erk l är u n g. veröffentlicht , in^ der die über . das~
Schrifttum und die Sittenlehre des- Judentums vorgebrachten Lügen'
widerlegt,werden und' die im wesentüchen folgendes besagt:
/ ' Die.H ei lig e Sch sti f t , welche Gemeingut der ganzen ge¬
sitteten Welt geworden ist,-bildet die G r.u n d l a g e f ür d i .e Le h r e
d es .In d,en t u m s. Außer der Heiligen Schrift, welche die' .„schrift¬
Talmud liche Lehre" heißt,, besitzt das Judentum noch eine Religionsqüelle , den
Talmud, der, st>eÜ er Ursprünglich nicht, niedergeschrieben wurde,' di^
„m ündlich e L e h re " genannt wird.- Eine andere religions-
.. ' . gesetzliche mündliche Lehre, gibt es für das Judentum . >
- ' Der Talmud baut seinen Lehrinhalt auf' Grund des biblischen
' Wortes auf und gibt allem Raum/was den menschlichen Geist und
. das menschliche Gemüt beschäftigt . ,. st ^
• . . ' Seiner Form nach isö der Talmud -mit ' r/ / ' . /'.■/
der Aufzeichnung der
"^ Verhandlungeneiner gesetzgebenden Körperschaft , in welcher eine
, ' Vorlage mit.ihren Motiven zur Diskussion steht, insofern' zu ver-
. . st gleichen , als er die von m^hr als ^2000 namhaft gemachten Gesetzes-
^ lehrern während vieler Jahrhunderte in den-Lehrhäusern gepfloge-
^ nen Verhandlungen aufzeichnet , die verschiedenen,oft widerstreitenden
! Meinungen nebeneinander,stellt , jede Ansicht , die zu.Worte ,kam, jede
. Auffassung, .die geäußert wurde, - in der ganzen Lebendigkeit der
, Diskussion wiedergibt,. und zwar ohne dabei immer zu einer end-
güttigen Entscheidung zu gelangen.' Der Tattnud enthält somit
überaus zahlreiche Aussprüche , welche,als die Meinungen einzelner
' ' - niemals eine bindende Kraft erlangt haben. Die 'Sutt enleh re/
. st . . des Talmuds beruht auf der .Bibel und erblickt in ' folgenden
u Aussprüchen der Heiligen Schrift: „Im Ebenbilde Gottes hat er den
Menschen geschaffen ", „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst",' „Liebet'
- den Fremdling", „Liebe ihn wie dich selbst" das Gebot'der ällge-
.- meinsten/ auf alle Menschen, ' Juden und /Nichtjuden , sich erstrecken-,
den N ä ch st.en l i eb
Im Geiste des Prophetenwortes: „Fördert das , Wohl der Stadt,
in' die Ich euch geführt habe" (Jerem. 29,?> wird im Talmud der
Grundsatz ausgestellt)und, von allen Gesetzeslehrern einmütig, zum
' Gesetz erhoben: „Das Staats gesetzt ha t i m sta a t s b ü r-
- g erlichen Leben üerbindl i che Kr a sck ". Es ist demge-
^ mäß religionsgesetzlichePflicht, mit der Treue gegen die. Religion
Gehorsam gegen die Gesetze des Staates zu verbinden. / _•-/ , ' .
Die später aus . dem Talmud ' und der nachtalmud ischen Lite-
/ ^ ratur entstandenen Auszüge, wie Jäd Daschasaka des R. Moses ben
Schulchan Aruch Maimon, Schul ch an A r u ch des R.. Joseph Karo und andere Zu¬
sammenstellungen, . haben niemals für sich allein, sondern,stets nur/
dann als maßgebend für die Entscheidmig gegolten, wenn ste. d.urch
^ .das. Zurückgehen auf die Quellest ihre,Bestätigung erhalten.' 'Die
Bezeichnung.„A ku m" bedeutet „Anbeter der Sterne und Stern-..
! - " bilder" und ist selbstverständlich Glicht auf die Bekenner der' mono-
, theistischen Religionen-anzuwenden . ' . .
Vereinzelte gegen „Akum" gerichtete . Aussprüche'in Talmud,
- SchulchanAruch undänderest Schriftensind alsder Ausfluß stinest
'st durch die Zeitverhältnissehervorgerüsenen / Stimmung und olt^Äte
t.
-Oi -y .: ;.' ; * — 99 ~ ; ./ ^

. ^der .Notwehr ' zu, betrachten; sie waren nur gegen diejenigen Heiden.
-gerichtet, welche Ehre, Leben' und -Eigentum ^des Nächsten nicht
schonten. Derartige Aussprüche haben, wie schon feit Jahrhunderten
die Gesetzeslehrer ausdrücklich erklären^ für d äs Juden tum
keine Geltung. ' ^
.. Allgemein anerkannt und auch in Zeiten der Verfolgung festge¬
halten, ist der Ausspruch des Talmuds^ „Die Frommen aller Volker
sind der ewigen Seligkeit teilhaftig." .
Die S i tt e'n l ehre d es In d e n t u m s erkennt keinen' Aus- --
- , spruch und keine Anschauung an, die dem Nichtju.den gegenüber.etwas
, Erlaubt , was dem Juden gegenüber verboten ist. Die Sittenlehre des
-Judentums , die 'seinen Bekennern heilig ist. die in den Schulen ge¬
lehrt und von den Kanzeln 'verkündet wirch gebietet:
' . jedem Menschen das Ebenbild Gottes zu^achten, in Handel
und Wandel strengste Wahrhaftigkeit gegen jedermann zu betätigen,
jedes Gelübde und Versprechen, welches irgendeinem. Menschen, sei
er Jude oder Nichtjude, geleistet wurde, als unauflöslich und - un-
verbrüchlich treu zu erfüllen,. Nächstenliebe gegen jedermann ohne
' Unterschied der Abstammung und des Glaubens zu üben^ die Gesetze
-des Vaterlandes in treuer. Hingebung "zu befolgen, das Wohl des
.Vaterlandes mit allen Kräften zu fördern und' an der geistlichem und.
sittlichen Vervollkommnung der. Menschheit mitzuarbeiten ."
In dieser^meisterhaften .Erklärung mit ihrer wahrhaft klassisch
zu nennenden Kürze ist doch alles gesagt, was nur zur Entkräf¬
tung der gegen die jüdische Religion und. den Talmud erhobenen
^ antisemitischen Schmähungen vorgebracht werden konnte. Leider
hat sie keinen Eindruck auf die Antisemiten gemacht; wie sollte man
V ; das auch -von Leuten erwarten , denen die Lüge ein Lebenselement
'und denen jede Sachlichkeit fremd ist. Immer und immer wie- ,
' ' der liest man Verleumdungen wie die folgenden: „Die im Talmud
. und Sch u Ich an Aruch enthaltenen Religionsg -setze der Juden
. sind uns i t t li ch, verbrecherisch , gemein - und staats-
- gefährlich, denn sie erlauben nicht nur Lug und Trug sowie
'Meuchelmord an einem .Christen, sondern schreiben sie in
- bestimmten Fällen ^sogar. vor .' Sie gestatten den Ehebruch,mit
einer Christin und bezeichnen die Christen selber als Tiere, die autzer-
. halb des Gesetzes-stellen. Die Juden sind Verbrecher von Re - ,
' l i g ichn s w e g e ir usw. usw. In Wirklichkeit verpflichtet gerade
der Talmud die Juden zu st r eu g sie r R e d I ichkeit, W a hr-
h ä f ti g keit und A u fr i cht .i g k ei t gegen alle Nichtjuden, und
zwar gegenMichijuden noch mehr als gegen Juden,
. weil durch jede Unredlichkeit gegen einen Nichtjuden nicht bloß die
Sittenlehre des Judentums verletzt, sondern auch der Name Gottes
entweiht wird. ; :'
' . Herr Dr . Dinter , der ehem eilige Direktor der Vertriebsstelle des Dr. Dinter
Verbandes deutscher Bühnenschriftsteller und 'der Verfasser- des wider¬
lichen ÜHd an die niedrigsten Instinkte appellierenden Romans .„Die
. Sünde wider das Blut ", eines erbärmlichen Schmökers, der selbst
v in äntisemitischen Kreisen vielfaches Kopsschütteln hervoraerufen ,hat,
hat vor einiger Zeit im „Hammer" einen Artikel veröffentlicht in
dem er eine Reihe der einst von R o h l i n g und seinen Spie߬ Rohling
gesellen vorgebrachten' Lügen und Verleumdungen über den Talmud'
usw. 'von neuem .aufgewärmt und in dem er, um den Schein einer
besonders tiefgründigen Gelehrsamkeit hervorzurufen, sogar^mehrere
Stellen des Schulchan Aruch \\m Grundtext abgedruckt' hat. Ein
^ ^. ■ ■ ' ' . 7* ' *
Sonderabdruck des Artikels ist untet dem Titel „Lach t st rah len
. . a us / dem Talmud, Ofener Brief cm; den • Landesrabbiner von
; - Sachsen-Weimar- Eisenäch" als Flugschrift sowie als Flugblatt her-
- . ' 7ausgegebenworden , das auch der völkischen. Tügespresse, u. a. der
^ ■
' „ Deutschen Zeitung ", beigelegt..worden ist. Auch in Flugblättern .' des
„Deutschvölkischen Bundes ^ und der „Deutschen Ernöuerungs^
gemeinde" 'des Herrn Theodor Fritsch sind diese und ähnliche Lügen
_ über die angeblichen G.ehylmschriftender Juden verbreitet/wor 'den.
Prof. vr. Strack Geh. Rat Professor Dl '. Strack,einer der chestenKenner des
' ; Talmuch chat inglänzender Beweisführung dargetan , daßvr . Din-
/ ter kein Wort , des von ihm angeführten T chx.Le/s
v e r st e h1‘_ Diese Feststellung reicht zur Charakterisierung des neue-
Franz Delitzsch , sten Talmud -„ Gelehrten" . vollständig aus . Franz D e l i tzs ch hat.
- in seiner bekannten Schrift „Rohlings Talwudjude " (0. Auflage^'1881)'
d i e. t aln ^udi s che A f t e rw e i s h eil dev u nm i/s s e n d e n
j Ge s e l l e n , die das Albernste und Schmutzigste, was Judenhasser
. ;, früherer Jahrhunderte aus dem Talmud cheräuslasen, von neuem
wieder aufs Tapet, gebracht haben, und. von denen einer immer dem
/ / änderen nächschreibt, a u s d a s g r ü.n d l i ch st/e w id e r l e gl . Um
^ nur ein"Beispiel anzuführen, wird im Talmud die dort vorgebrachte?
Aeußerung, in der die Sklaven auf eine Stufe mit den Tieren M
- stellt werden, ausdrücklich verworfen. Wie könnte das auch anders'
• sein, da gerade die jüdische 'Religion die' erste. Religion der/Welft
< gewesen ist, die. drei"Lehre von der N ä ch st e n li e b e in ihrem voll¬
sten Umfange, una zwar genau in der Weise, wie 'sie/auch heute als/
Lehre des Christentums verkündet wird, aufgestellt hat / Der Talmud
%enthält dieselbe Ethik, wie sie Christus und die Apostel gelehrt haben;
" ' der Talmud enthält die .Lehre des g l e ichen Recht s f ü r "a l l e,
die überhaupt die Menschheit dem Judentum verdankt. Ist es schon
tieftraurlg , daß man /gerade den Entdeckern der Lehre,, daß/alle'
- ^ Menschen gleich sind, die Gleichberechtigung , so lange verweigert hat.
und noch verweigert, so ist es noch viel ,trauriger , daß am an gerade
/ sie als „Verbrecher von Religions wegen" schmäht. (S . auch/Eide,
und Gelübde bei den Inden ".) . / • - / / .. /
" ~ Eine ganz vortreffliche Widerlegung^ der gerade in. der neuesten
^ Zeit/ gegen den Talmuds sowie die Religions- und Sittenlehre/der.
^ ' Rabbiner Juden vorgebrachten Lugen findet inan im „Antisemitenspiegel"
sßafaätifmib * (2*Aufl. 1900) und in der Schrift des Bremer Rabbiners Di*. Nosenack
. GerechNskew - „Wahrheit und ' Gerechtigkeit" auf S 18- 29. /// '- .
. „Rembrandt'als Erzieher", von Dr. L a n g b e h n[// ’ ■ '/ .,.'
Dieses bekannte Werk- war bis- zu seiner 7. Auflage in juden-
freundlichem Srnne gehalten. Th. Fritsch teilt nun mit, daß vr.
Langbehn .sich auf Grund eines eingehenden schriftlichen. Meinungs¬
austausches mit ihm veranlaßt gesehen hätten seinem Buche einen,
antisemitisch gehaltenen .Nachtrag hinzu'zufügen, in dem er sich in
vielen Stellen eng an- seine, Fritschs, briefliche/ Darlegungen ange¬
lehnt hätte. Und in der Tat 'atmet dieser Nachtrag ganz den Fritsch-
schen „Geist", dessen Verranntheit , Verbohrtheit / und Fanatismus.
- Logisches Denken' war überhaupt nicht, die stärkste Seite ' . des Ver-
fassers von „„Rembr . als Erz.", Er .war eine .leicht zu beeinflussende
- und leichtgläubige Natur . Sein unsinniger Vergleich, ein, Jude könne.
/ so wenig zu einem' Deutschen werdest/ wie pie Pflaume zu einem
- Äpfel werden kann/ ist ein -echtes FrftschschesMistesPrddükt chrd/ist/vstn
>diesem bereits früher angewandt worden.// .Ebestso/hat 'sich-Dr .chL.
— 101 • —

, von Fr . darüber „ausklären" lassen, daß. „jeder' echte-Jrche gegen .


.Christus wie gegen Schiller bezeichnenderweise eine angeborene AntjM
pathie"' hege. - Geradezu genial ist die Antithese des „Rembrandt-
- Deutschen ", daß' wie früher Minister und Maitressen ' Hand in Hand'
gingen(Wöllner und die Gräfin Lichtenau ), jetzt Professor,und Juden
' , Hand in Hand gehen' (Dubois-Reymond und .Paul Lindau). Beide
Paare wirken nach' ihm als fäulniserregend 'e Keime, unh die deutsche
. -Jugend würde für jetzt ihres Weges zu ziehen haben zwischen dem .
-Professor und dem Juden,? wie Dürers Ritter zwischen Tod und
" and so heiß die. „deutsche Wiedergeburt"
Teufel. ..'Der „idealgesinnte
' . erstrebende Mann hat sich bei seinem^kündigen" Führer Fritsch da¬
für zu bedanken, daß er Bei seinem ersten schüchternen Versuch , sich
aus dem Gebiet.der Judenschnüffelei zu betätigen, ein klägliches Fiasko'
erlitten hat. Paul -Lindau, der Sohn eines Magdeburger evangeli¬
schen Pastors, war kein Jude,-sondern entstammte einer urchristlichen
" - Familie. V ;: r . ';/ ■ /' ; " -. -
Revolution und die Juden.
Daß der Prof. Dr . Heinrich Graetz-Breslau den ihm zugeschrie-
denen Ausspruch : „D i e R.e v o l u t i o n i st d er S t er n I u d a s"
' nicht getan hat, gibt jetzt sogar.Herr Theod. Fritsch zu. Er tut dies
in' seinem Hdb-,in. einer Anmerkung auf S 328, die folgendermaßen
lautet: „Das -Wort ist irrtümlich dem jüd. Prof. Graetz in seiner.
,Geschichte des Judentums^ zugeschrieben worden. Es findet sich
- bei Prof/. Ad. Wahrmund ohne nähere Quellenangabe.angeführt^"
- -Wir fügen dem hinzu, daß es sich um . dessen Schrift „Das Gesetz
• des Nomadentüms" handelt, wo man .den Ansdruck auf S . 7 ohne
• jede Bezugnahme;auf Prof. Graetz vorsindet. -Wer hat nun die'in
Rede stehende Fälschung verübt?' ~ -;
. , j ;-; Sächlich hat^freilich das Zugeständnis Fritschs, daß der in Rede
> stehende-Ausspruch fälschlich dem Prof. Graetz-' zugeschrieben wird,
nur wenig zu besagen , denn Fritsch bleibt dabei, baß der Satz ein '
jüdisches Losungswort sei, und er - schlachtete ihn gehörig nach der
~* Richtung aus, daß er alle Revolutionen, die jemals in der Welt vor-
. 'gekommen "sind, -als das Werk der. Inders hinstellt. Ohne Zweifel
tragen ja auch wohl an allen den häufigen Umwälzungen , die sich
'in den amerikanischen Zentralstaaten, in -den Negerrepubliken ufw.
ereignet haben, nur die Juden die Schuld. r -
In der „Pölit.-Änthropolog. Monatsschr ." 1919, Heft 3, liest
, . man in einem Artikel „Die genasführten Völker" von Dr. Schmidt-
; - Gibichenfels aus S . 98: D i e R e v oXut i o n war -immer, wie ein
- Jude (in den ^ rebives israölittzs 1865.) selbst zugestanden hat,
, „der Stern I u d a s". Danach ist also der fälschlich dem Prof.
Graetz zugeschriebene Ausdruck fr a n z ö si^s ch.e s Gewächs, das
' n a ch Den t\ ch Ist n d i m;p o r t rer t wo rd e n - i sst Schon
: wieder also.ein wichtiger Beweis für die' -I n t er Nationalität
d es Antisemitismus l . Die' ,^ rchives israelites" sind
^ • sicher / auch die Quelle' für viele andere Fälschungen , die heute noch
"' . von unseren Antisemiten- verbreitet werden; von diesem franzö¬
sischen Antisemitenblatte wurden ja auch^ die Lügen über Crömieux
// ^Mdb die Alliance JsräAite in die' Welt gesetzt .' . ^
. / Der jüdische ' Renegat und Hochstapler Millinger, der unter
desti hochtrabenden Namen „Major Osman Best" eine Reihe der
gehässigsten Schmähschriften , hat-in
-gegen. die/_Juden .veröffentlichte
- . einer Ende der 90er. Jahre •erschienenen Schrift über ben Tod
Alexanders III . und Alexanders II. die Behauptung ausgestellt, daß'
-es^ die -Juden / und d-ie israel i -t s che A lliane e gewesen
seien, selche, wie sie einst die französische Revolution chervürgerüfen
hätten, auch in Rußland die Revolution herbeiführen wollten und
zu diesem Zwecke die Nihilistenverschwörungen anstifteten. Vielleicht
sind die Herren Fritsch und Konsorten erst durch d-esen traurigen
Helden auf den Gedanken gebracht worden, die Juden als Urheber
der deutschen Revolution von" 1918 chinzustellen, denn kurz vor -dieser'
Revolution hatte Herr Fritsch noch eine ganz anderem Ansicht über
die Ursachen und Quellen einer ' solchen Volkserhebung. (£t ’ schrieb
■ darüber in seinem >,Hammer" vom 18. 2. 18: „U.e b e r ä l l , wo
die Itevolution ausbricht, ist schlecht r e g i e r :t worden.
Ohne ernsten Vorwand , o h n e U r s a che z u t i 'e s e r M n z u-
f r i e d'e n heit läßt sich kei n V ö l k zum U m st u r z a u f -
st a che l n — auch d u r ch kü n st l i che An r ei zung n i cht."
Fritsch hat sich hier . offenbar durch G o e t h e beeinflussen lassen,
der ja Staatsminister gewesen ist, mithin etwas von der Regierungs-
' kunst verstanden hat uhd der sich am CA. Januar
berühmten Revölutionsgespräche mit .Eckermann 1824 in seinem
folgendermaßen
über die Ursachen einer Revolution ausgelassen hat : „Äuch war ich
- vollkommen überzeugt, >daß irgendeine.' große R e v o l u t i ouji e
Schuld d e s Volke s i st, s o n d e r n der R e g i e r ir n g.
Revolutionen sind g a n z u n m ö glich , sobald die Negierungen
fortwährend gerecht und . fortwährend , wach sind, so daß sie ihnen
durch, zeitgemäße Verbesserungen entgegenkommen und sich nicht so-'
lange sträuben, bis das Notwendige von ' unten her erzwungen.wird."
Und bei einer anderen Gelegenheit hat Goethe gesagt, daß „ ie revo¬
lutionären Aufstände der unteren Klassen eine .Folge der - Un -
ger -echtigkeit d er Groß en sind ." -
. Wer war es denn, der zuer st in Deutsch l an d mit d er
R e v o l .u t i o n gedroht h a t ? N i chL di e I u d en w a r e n
es, sondern das parteiossizielle'Organ der s ä chs i s che n K o n s e r -
v a t i v e n , das „V a t e r l a n d", das im Jahre 1602, als es stch
darum handelte, die Getreidezölle' zu erhöhen und der Bund der
Landwirte den ' exorbitanten M a x i m a l z oll . v o n 10 Mark
durchsetzen wollte, für den Fall der . Verweigerung eine „Vereidigung
der zur Verzweiflung getriebenen Landbevölkerung mit dem Prole¬
tariat der Städte " in sichere'Aussicht stellte und prophezeite: „D a n n
. wer .de n di e Th r o Ue. zu 's am m en kr ach e w und es wird -
ein Chaos h e t \x sch e n , bis a u s -"B l u t u nd Brau d
gr -e u e l v o l l e r V e r w ü.st u n g sich langsam wieder geordnete
Zuständei herauswinden . können." Und -sürd" die -Herren General
v. Gebsattel und Franz .v. Bodelschwi n g h, die -mitten
im Kriege dem- damaligen Reichskanzler . v. Bethmann Hollweg
gegenüber die R e v o l u t i o n a n die Wand g e m a l I haben,
Juden ? Beide sind ebenso stramm antisemitisch, wie alldeutsch
.gesinnt. ' , ' V - . - - -;
\ . Im Jahre 1914 veröffentlichte Tim/ Klein, der während des
. Krieges -auch der- Redaktion der- alldeutsch-antisemitischen „Deut - '
scheu Z t g." angehört hat, ein sehr interessantes Buch
Jahr 184«,. in dem er auch mancherlei wichtiges Material übed das
ich er die
Anteilnahmed er I u d eü and er fr e i h e i't l ich e n B e -,
wegung dieses Jahres , mitteilt . Man ^findet dort aber nicht
./ das .geringste darüber, daß die Juden -irgendwie sich als. Anstifter
oder gar als die Hauptanstister der Bewegung betätigt hättbn:
Diese Mär ist ja von.den reaktionären Parteien in den Nachfolgen
- .
den Jahren der Reaktion eigens zu agitatorischen Zwecken aufgebracht
worden . ' Aus-dem- Tim Kleinschen Buche geht i m Ge g en teil
hervor, daß di e.J üben in v i el en Teile n D e u t s chlan d-s, zw.
w ei t ' en tfern L, hie Anstifter der , Bewegung
stein , i.hr.e 'Opfe r g ew esten ,si n d. In Baden wie in.
Po ^sen haben die aufrührerischen Bauern sich in. erster Linie gn dem . . '
Ei g en tum ' d er I ü den vergriffen In/Mannheim '
mußte sich ein Komitee z um. Sch u tze der Juden bilden, -
dem die, bekanntesten freiheitlichen -Politiker , wiC Dr. Hecker, Karl-e '
Mathey , Fr. B ass ermann usw . angehörten . Der König
Friedrich Wilhelm IV. afe ;% at in beit S ^ ^ge§öert^ te^ an seinen
vertrauten Freund Josias von Bunsen , in den Gesprächen mit seinen
Ministern un'd im Kreise seiner Potsdamer Offiziere gegen„Fran¬ > ^
zosen , P o I en u n t) ba § auslä nd i sche G esi n de l" ge-
>oütet , das sein treues Volk verführt habe. Erchabnber bei keiner,
dieser Ge leg en he rt ena u ch.n ur mit später einer Silbecher
Juden Erwähnung getan. Erst viel . ist ihm einge-
redet worden, .-daß die-Revolution das Werk der Juden gewesen sei. . ' > -
Im Frankfurter Parlament waren es ja, gerade die beiden Juden
Gabriel Rieß ^r und Eduard Simson, die Nus das ent¬
schiedenste gegen,jeden gewalttätigen Umsturz Stellung nahmen an
. Tim
Klein beantwortet daher , die Frage, wer der eigentliche .Schuldige -
..'dem blutigen Aufstande war, mit vollem'Recht dahin: „Der Ausbruch
'des Aufstandes ist nicht das Werk internationaler Verschwörer
. A uch
die Jüd en . sind zum Sündenbock ungeeignet. Denn Sündenbock
Ber- ^
sie.'taten nichts mehr und nichts Schlimmeres als die anderen , die so-
liner Bürger auch." Uns ist selten eine Parallele begegnet
schlagend und treffend ' wäre, die man hier zwischen den beiden.Re-,
volutionen von 1848 und.1918 in bezug auf die angebliche Schuld"
der Inden.ziehen kann . Wer waren die Hauptleidtragenden im Jahre
1.916? DchJudechünd vor alltzsn jüdische Geschäfte . Fn Berlin haben
die Warenhäuser von Wertheim , Tietz Md Jandorf durch Plünde- /
rungen einen Schäden von mehr als '10 Millionen. Mark erlitten
..
' Auch in vielen anderen deutschen Städten wurden vorwiegend die
' Geschäfte yon Juden geplündert ; die benachbarten christlichen Geschäfte
wurden zumeist unbehelligt gelassen . So also haben die Juden Weltherrschaft
ihre Aktion zur Errichtung , der jüdischen Weltherrschaft eingeleitetl.'
.Ja, aber das Judengeld aus Rußsand ! Die Bezeichnung mag insofern
zutreffen , als dieses Geld hauptsächlich jüdischen Banken und Groß- Ka- ' 7
käpitalisten in Rußland abgenommen worden ist. Der jüdische
pitalist, den'die Antisemiten am meisten hassen, ist sicher ein Gegner"
? ^ '. *- - . . "
der Revolution
Die „Deutsch . Handelsw .", die^Zeitschrift des.Deutschnät . Hand-
. lüngsgehilfen -Verb.,' .führt in ihrem Leitartikel . „Revolution"
vom 14. Okt. 1919 aus: „Re v o'l u t io ne n sind .En twicklungs-
die in jedem Gesellschaftsorganismus im Ver-^ .
erscheinüngen, -
lauf seiner Geschichte von Zeit zu Zeit m i t n a t ü r l i che r F o l -
g er i cht i gkei t w üeder kehre n . . .' Die Sozial demokratie T
HM die Arbeiterschaft für die Revolution nicht in der
richtigen Weise
erzogen . Hätte die Sozialdemokratie dieses Erziehungsideal , das
schon Lässalle ihr gesteckt hatte, erreicht , dann würde die Revolution
-heute anders aussehen . Die Sozialdemokratie hat nicht die Revolution ,
auf dem Gewissen , vielmehr die Art und Weise dieser Revolution ."— .
Die Juden haben die.Revolution erst recht nicht auf dem Gewissen.
— 104, / '/
Wtualmordlügen.
V Ein Judenfeind der Gegenwart , Max B e w e r . schreibt :. ,Ach
. bitte daran festzuhalten , daß es ein medizinisches Gesetz gibt, nach
welchem der BluLbed a r s der J,u den zu erklären ist.
sie Ritualmorde , so begehen sie die Morde nicht aus Fanatismus, Begehen
\ nicht aus Irrsinn,- sondern'mit-dem klarsten Bewußtsein - ,
^ " . kältesten Raffinement und dem.'-
. — Die Juden haben nun den festen Glauben ,.
daß durch das Blut derjenigen Völker , unter denen sie dauernd leben^
ihr -Blut, und zwar schon allein durch den bloßen Verkehr , verün-->
r Äeinigt chierde . Um sich nun von Zeit zu Zeit zu reinigen, genießen
sie nach dem Gesetz der Jsopathie ganz minimale
Dosen des fremden^
Blutes, das sie sich in seiner spezifisch wirkenden Reinheit durchs
'> . ' Ki n de r mo r d verschaffen ." Das Mahnsinnige der Blutbeschuldi¬
gung tzegen die Juden liegt^darin, daß man gerade
. giösen Mmeinschaft die Verwendung von Blut zu rituellen derjenigen reli- i
Zwecken
nachsagt , der gerade durch ihr" Religionsgesetz jeglichsr Blutgenuß,
selbst der.des Blutes von Tieren, auf das allerstrengste
untersagt ist. i
' Die Mutbeschuldigung ist ja über tausend Jahreg e g en di e christ-
/liche Kirche und christliche Sekten,erhoben - worden , bevor sie gegen- '
. . über den Juden am Ende des zwölften Jahrhunderts zuerst
tauchte . Die Christen des zweiten nnd dritten Jahrhunderts hatten. auf¬
unter der Blutbeschuldigung schwer zu.leiden. . Die
Verteidigung der
Kirchenväter könnte heute wörtlich vpn den Juden wiederholt
Die. oben-wiedergegebenen werden.
.Auslastungen Bewers. zeigen,, daß die V
Antisemiten auch heute noch nicht auf das Blutmärchen - Zwecke
ihrer gemeingefährlichen Agitation verzichten wollen. Erst am ', zum
als smuötmoxb * 24. 9. 19 veröffentlichte der bekannte Knüppel - Kun z e in ^sei
' Hetzer• nem„D. Mochenbl ." einsn Alarmartikel unter der Ueberschrift e-- '
der ein se l,t sa m er B l n tmorb der einenL eiche n,.W.l f un d
in Hamburg zum Gegenstand hatte, Das Perfide des^Vorgehens^
Künzes bestand darin, daß er an der
- ' Ritualmordbeschuldigung fest-
' hielt., obwohl er in dem in Rede sttzhendsn - Artikel selbst von der d
Feststellung des Gutachtens 'der Sachverständigen Kenntnis gab,..wo-^ »;
nach der Tod der betr. Person nicht durchs Verbluten , sondern durch^
' Zertrümmerung des Knochenscbäd "ldachs und die dadurch hervorge-
rufene Vernichtung der Gehirnsubstanz hervorgerufen worden war. . '
.^ ^ Wieviel Unheil ist nicht schon durch die unsinnige Blutbeschuldigung-
-herbeigeführt worden, von dem Tode des Knaben Simon in Trient
_ (1475) angefangen , bis zu demK'ew"r Mord im Jahre 1911. der den ■
jbekannten . aufsehenerregenden Beilis-Prozeß im Gefolge.gehabt hat.-/
• In der neuesten Zeit erregten besonderes Aufsehen -d^e' Fälle von -
^ , / Tisza-Eßlar (1882), Skurez in Mestprenßen (1884)/
- "\ Xanten(1891), Volna (1899) und Könitz(1900). . \ Korfu vv
(1891), '
Der letzte Fall, der die Ermordung des Gymnasiasten W'mter
^ ' . betraf, hat den meisten Staub aufgewirbelt , und. er ist auch mehrfach
in den Parlamenten zur Erörterung 'gelangt. Der Mord blich un- >
aufgeklärt , die Untersuchung hatte' aber für'die der Beteiligung an
der'Tat verdächtigte Familie des Schlächtermeisters Lewy in Komtz
.das Ergebnis , daß sich Ziese von dem-gegen sie erhobenen Verdacht
' - vollständig reinigen konnte . Verhängnisvoller wurde die/Affäre für ...
Wilhelm Bruhn den Verleger , der ..Stggtshnrgerztg
Wildolm V r n h N', der 1902
undder KoMtzer ^ s e chs Monaten G e f än g n i s verurteilt ^wurde, weil er aus
JttorD Anlaß des Konitzer MordesB eh o^r de n nnd Beamte der P a r -- ,
t ei l i chkei t z u g un sten d er I u d en und verschiedene Juden
/> ;/ - direkt der Beteiligung an der Ermordung Winters
beschuldigt hatte.
' ■ V' " . . ; . ' ■■■ .'■ ' ' ■\ ' . < 1. ;
' Ein Redakteur der ,MaaLsbürgerztg .", vr . Bötticher, erhielt wegen
-des gleichen Delikts" 11yhr Gefängnis. . > >
. Bezeichnend war auch, daß Kr im i n a l kom m i ssar Wehn
/ im Lause des Prozesses aussagte, er sei als A.ntisemit nach
K o n i tz gekommen^ habe aber dort a ufgehört es zu sein. —
Die Antisemiten- können keine wissenschaftliche Autorität für die
; Existenz eines Ritualmordes anführen^ keinen historisch sicheren Fall
nennen, der einen Juden als Ritüalmörder . seststellt. Wsthl aber .
r stehen sie einem' erdrückenden "Beweismaterial g e g e n dm Blu-t-
beschuldrgung gegenüber. Die von ihnen .für ihre Behauptungen
. ; zitierten Autoritäten sind sämtlich mit Unrecht zitiert worden, außer ^ ^
Roh lin g , der aber als Fälscher gebrändmarkt ist.
Riester , vr . I ., Führer der Deutschen Volkspartei , s. Deutsche Volks-
■; V Partei. . ' - -- ' :
; ©*• fiir ^ ^e^bor Fritsch, s. d. -
/ Rohling, der Talmudsälscher , s. Religionu. Sittlichkeit - der Juden. .
- . Rosenack , Dr ., Rabbiner : Schrift ,.Wahrheit u. Gerechtigkeit ", f. Re-
--.^ ligion u. Sittlichkeit der Juden . ,
Rotü, Alfred, früherer Schriftleiter -der ,.tzandelswacht", antisemiti- _
,
x scher Agitator . S . Alldeutsche, Antisemitismus , Deutschnat. Hand¬
lungsgehilfenverband , Drückeberger- Internationalismus.
Rothschilds Friedensbitte an Wilhelrn II ., s. Schuld am Kriege.
Runge, Dr. Privatdozent im Heidelberg , Pogromhetzer , s. Pogrom.

Echächten.
Die rituelle Schlachtmethode der Juden ,"das Schächten, ist seit ^
langem den Antisemiten ein Dorn im Auge, indessen sind alle ihre
Anfeindungen Und parlamentarischen Vorstöße (zuletzt i. I . 1917
durch den Abg. Werner-Gießen) erfolglos geblieben. Natürlich eisern
sie dabei nicht gegen eine jüdische Religionseinrichtung, sondern
spielen sich als Tierschützer auf und bezeichnen das Schächten als eine
' Quälerei — als ob das iy den Schlachthäusern eingeführte Verfahren
mit der Schußmaske eine „humane" Tötüngsart seil 357 Gutachten
hervorragender Autoritäten und Fachmänner besagen das Gegenteil
und sind' sich darin einig, daß ein^ erfahren ähnlich dem Schächten die Schächten beste
beste Schlachtmethode darstelle. Hat doch aus diesem Grunde auch Schlachtmethode
die frühere Militärverwaltung diese Tötüngsart in den Proviant-
äNitern ^und Konservenfabriken angewandt ! . In der „Post" vom
Jahre 1895 stand eine offiziöse Mitteilung , die besagte: „Auf Grund
sehr , sorgfältiger Versuche und nach Einholung zahlreicher fach-
. m änni s ch er G uta ch ten ist die Mili t ärv erw a ltun g- zu walimra ließ äe'
'der UeberzeUgung gelangt, daß die in den meisten Schlachthäusern Schächtmethode
anwenden
, angewandte Methode des Schlachtens unter Benutzung des Stirn¬
schlages, der Maskenbonterolle oder der Schuß maske infolge der
' unvollkommenen Blutung die Haltbarkeit des Fleisches
b e ö.i n t r ä cht i g e und deshalb, namentlich für die Herstellung
von Konserven nicht"zweckmäßig sei. Eine der Methode des S chä ch-
tens ähnliche Handhabe . beim Schlachten dagegen gilt für
wes ent li ch v o r^ e i l Hafter, weil die Blutung eine voll¬
kommene und die Haltbarkeit des Fleisches infolgedessen eine wesent¬
lich größere ist, o h n e daß die Im t er ess est der Hu m an i tat
dadurch.in irgendeiner Weise geschädigt werden"
Y ;. • ' — 106 — >. ^ / .
. Eine . ähnliche Erklärung -gab ., im Reichstage 1897 Gen.-Maj.
Frh . ' v. Gemmingen ab,^ und. der Zentrumsführer Dr . Lieber be- • ;
richtete i. I . 1899 über ein dahingehendes^ Gutachten de): Kgl., De- .-
da? Schächten^ putation für . das Medizinalwesen im Reichstag : „.Die Ermittelungen, ' .
' die ich anstellen konnte, haben ergeben, daß das Gutachten -dex König¬
lichen Deputation für das Medizinalwesen die Frage sowohl von der
technischen"und hygienischen, als . auch von 'der Humanitären Seite .
^sehr eing^ end würdigt und zn dem bekannten Ergebnis kommhdaß
- das Schächten u n t e r j,e b e m -G esichtsp u .n kt e den -
- Vorzug verdiene , so schnell und sicher töte und das Fleisch so. halt - '
_ bar und so schmackhaft mache, daß es von keiner anderen Schlachtart .
übertroffen werde; nur müsse man sich gegenwärtig halten ;, daß das- ,
Schlachten stets ein sehr 'widerwärtiges .Schauspiel ist." — (£3 er*,,-
übrigt nur , hinzuzufügen, daß die „Wissenschaftliche ' Deputation für.
das Medizinalwesen" sich s. Zt . zusammensetzte aus ' den Herren Mi-, -
, . nisterial-Direktdr Wirkl. .Geh. Öberregierungsrät . I )r .,v . Bartsch;'-den
Geh. Obermedizinalräten Dr . Pistor, Dr . -Skrzeczka. Prof . Dr . Kirch- V’
rtei*. und Dr . Förster,, worträ'gend en Räten ^un Kultusministerium, !;
: und aus den Geh. Medizinalräten Virchow, Olshausen, v. Bardeleben, - '
' ; V-. Bergmann , ' v. Lepden, GerhardfIMy , Rubener, Moeli und
- Fischer, sämtlich Professoren an der Berliner Universität. .. . ' '
Weil das Gutachten dieser wissenschaftlichen Autoritäten den-An-
. tisemiten nicht in den Kram paßt, wird es. in den Schriften gegen das
Schächten einfach totgeschwiegen'. Dagegen zitieren sie mitt Vorliebe
/ , eine Broschüre ,-Das betäubüngslose Schächten, der Tiere" von Dr.
^EsernitisÄe Schwartz, der als „Gutachter" Frauenärzte , Bürgermeister und;
^ en SchlachLhofdirektoren
. aufmarschieren läßt ^deren „Urteil" /sich meist aus '
. / einen kurzen Satz beschränkt und deren Namen „auf Wunsch einiger '
. ' . . Herren" nicht-angegeben werden. Anonyme -Gewährsmänner gegen- '
über Koryphäender Wissenschaft— so sieht antisemitische-Beweis - /
. . führung aus ! "Daß das Gutachten der Wissenschaftlichen Deputation
keineswegs veraltet ist, beweist der Umstand, daß der 28. BezirkstW
'Die Fleischer- ^ Provinzialvereins
Brandenburg . des Deutschen Fleischerverban-
Meister gegttl die des, an dem 150- Innungen .teilnähmen , einstimmig „das Töten der.
Schußmaske Schlachttiere durch Schußapparat mißbilligte " und es als „eine allen
Erfahrungen hohnsprechende Tötungsart " bezeichnete. . . V ' •.
- Schamgefühl
: Schamlose Behauptung der Antisemiten
, daß den Se¬
miten ein Schamgefühl nach arischen Begriffen fremd sei., s. Rassen-. :
- . ■ ~ Lheorien. ' . ’ : ' ‘ r
Schiele
, kons
.-antisem
. Schriftsteller
u/ Agitator, s. KaPP
-Putsch
. ^'
Schopenhauer . ' ">
" Schopenhauer war ein Gegner aller monotheistischen Religionen:
n'ach dem pessimistischen Grundzuge seiner...Philosophie war ihm das .
Judentum unsympathischer als das Christentum,..weil jenes sich mehr
auf einer" optimistischen.Grundlage aufbaut, dieses auf einer mehr
pessimistischen. Aus diesem Gesichtspunkt heraus sind die scharfen
Angriffe gegen die Juden und das Judentum anzusehen, denen man
an verschiedenenStellen bei Och. begegnet.' Aber auch das -Christen¬
tum verschonte der Philosoph nicht, der .ja -bei seiner cholerischen Na¬
tur sich gar zu gern in heftigen und .maßlos übertriebenen Angriffen
erging. Kann über ein Mann Antisemit gewesen sein, der Männer
wie David Ash e r. und Julius F r a u e n st ä d t zu Freunden harte
(dieser ist allerdings später,zum Christentum übergetretens und beide
107 —

zu seinen Testaments-Vollstreckern ernannte ? Auch, wurde er nicht . '


die Abfassung seines Testaments einem Juden übertragen haben, dem '
*Dr . Martin ' Em den, mit dem er täglich freundschaftlichverkehrte
Und den er/mit Andenken bedachte. In einem Briefe , an F ^anen-
städt (26. 9. 51) rügte es Sch. auf das schärfste, daß auf . dem Ber-
. liner .Denkmal Friedrichs d. Gr . unter den Linden von Rauch unter'
.den hervorragenden Zeitgenossen des Königs Moses^ Mendelssohn ,
fehlen Er schreibt: „Auch Moses M e n d e1 3 f o h n sollte darauf
stehen: der König ließ ihn Mer kommen,. sich mit ihm zu unter¬
halten. ' Aber sie haben's' gemacht wie der pommersche Leutnant , der
den Mendelssohn nicht in hie Oper ließ. t Gehen Sie um >Mitter¬
nacht hin zum „Mann von Erz und Stein " und fragen Sie ihn,
7wer seinem Freunde keine Stelle gegönnt hat und schuld ist an dem
/ ko I o s s a l en Ab d er i t enst r eich ? — - Da nickt er mit dem
Kopfe, und/eine dumpfe, hohle Stimme spricht: die Schäker." (Sch.'
hat ' es ja mit Wieck and/ ein Unglück genannt, als ern Deutscher
geboren zu sein; das sei eine Nation , „welche in politischen und . -
finanziellen Angelegenheiten Mangel an. wahrer Ehrenhaftigkeit be-
. wiesen' hat." .In seiner maßlosen Verbitterung hat Sch/ niemanden
und nichts verschont, also auch die Juden nicht, ein Antisemit ist
er .'aber darum doch nicht gewesen. ' , /
SchiilEaw Aruch^ s. Religion. ' -
Schuld der Juden . /
Herr Lebiüs, der Herausgeber ,der „Staatsbürgerztg .", hat im Lebius
Jahre 1916 eine Broschüre „Schriftreform" veröffentlicht, in der er
sich als Lateinschriftler bekannte und den bhsen I ü d-e n den Vor-
-würf/machte , daß die machLege Bewegung zu gunsten der
d e u t s che n , S chr i f L -von ihnen herkomme.. Ferner machte er
dort dem Hauptführer der Lateinschr^stler, dem Kommerzienrat
S o e n n e cke n , den Vorwurf , dieser sei an dem-Fiasko der Latein¬
schriftbewegung%schuld, weil- er — -mit einer Jüdin ver¬
heiratet sei , was übrigens gar nicht wahr ist. Andere Anti-
sernitM, die um so begeisterte Anhänger der deutschen Schrift sind,
machen im Gegensatz 'zu .Lebius hinwiederum die Juden für - die
Agitation ,für die Lateinschrift verantwortlich. Im Hammer" des
,Herrn Fritsch hat . sogar vor einigen Jahren ein Antisemit allen
Ernstes den Juden zum Vorwurf gewacht, daß sich durch ihre Schuld
das Klima bei uns .verschlechtert hahe: Diese grotesken Fälle be¬
leuchten das Thema der Schuld der Juden hinlänglich nach allen
Seiten . Für einen Antisemiten ist der Jude immer der Schuldige, v
wenn es sich um eine Sache handelt, die Von ihm aus irgendeinem
/ Grunde unangenehm empfunden wird. Er sagt stets mit ' dem
Patriarchen : „Tut nichts, der/Jude wird Verbrannt," und für seinen
.kleinen, gänzlich auf den Judenhaß eingestellten Geist heißt es iwmer
Üei allen Gelegenheiten und bei allen Dingen „Oü^rolier: 1s juif !' '
(Wo ist der Jude ?) Für ihn sind die Reichstagswahlen von 1912,
die der Reaktion eine vernichtende Niederlage eingetragen haben, die
Judenwahlen , der Vertrag ' von ' Versailles ein . Jud'enfrieden, die
Juden tragen die Schuld an dem Kriege, an dem Zusammenbruch und
an der Revolutidn . In seiner vollständigen Kritiklosigkeith^ deüAnti-
^semit bei jedem Mißstande stets die greifbare Ursache-in, den Juden
zür/tzand / Für die Tüchtigkeit- der Juden spricht es unbedingt, daß
, ihnen die maßlosen Uebertreibungen der Judenhasser, die ihrer
kleinen/Zahl ' eine so maßlose Bedeutung und einen, so ungeheuren
Einfluß zusprechen, nicht^zu Kopfe gestiegen sind/ und daß der über¬
hebliche Geists/ den aus -dem so vielfach von den Antisemiten aus<
geschlachteten Satze: „Wir Juden verwalten den geistigen Besitz eines
Volkes" usw. spricht, ans den Kreis einiger Stmnmgäste des „Cafe-
Größenwahn" üeschränkt/geLliebenist. , ^ . . .//.
d -Der Beweisführung, daß -die.Juden die einzige Schuld.^an allen
Dingen, vor altem an dem' ungeheuren -Unglück tragen / das uns jetzt
heimgesucht hat, , hat ein höherer S t a a t s b e.a m t er, der/sich
W. Meister, hinter dem Pseudonym ,W i l Helm
Judas Schuld- phlet- ,,J u Meist e r verbirgt, ein' Pam¬
buch" d ä s S chu l d b u ch" gewidmet, das alle die/ längst
widerlegten, immer und immer wieder von den Antisemiten vor-
. gebrachten Lügen, Verleumdungen und Fälschungen zusammenbäuft /
und/ .alle Dinge - von dem unglaublich niedrigen und verwerflichen
Standpunkt auck ansieht, daß die° Juden überall ihre Hand im -Spiele
haben und daß sie bei ihrer angeblichen Feindschaft gegen unser'
Vaterland alles zu , unserem Nachteil zu wenden- wissen.- . Es ist
traurig , daß solche Elemente wie der Verfasser dieser Schmähschrift
an dem Wiederaufbau unserer durch den Krieg zertrümmerten Volks¬
wirtschaft in leitenden Beamtenstellungen tätig sein dürfen; ihr ver-
' derblicher Einfluß Muß ja vieles von dem Guten, was die/ neue
deutsche- Republik zu schaffen vermag, wieder zunichte machen. ,/ Däs
.elende Machwerk trägt als Motto die Verse Solons : ' '
' . „Ihr Hai euch selber euer Lock geschaffen , /.
So gebt^den Göttern nicht die Schuld daran ! / /
^ • - ; Dummheit und Feigheit bieten selbst die/Waffem
' / Daß freche Niedertracht sie knechten kann!" ' .
/ . ' Der -Mann , der . ein- solches Motto " gewühlt hat, hat nicht im
^ entferntesten geahnt, daß diese Verse ' für das Lügengewebe, däs er
sich zurecht gelegt hat, und. für öenen Ausdehnung in seinem Sichne
ganz und gar nicht zutreffend sind. Sie haben aber' vollaufihre Be¬
rechtigung, wenn man sie gegenüber ' der unglaublich niedrigen, -chrf
Dummheit und Feigheit beruhenden Theorie der 'MtifMften/üott
der -angeblichen Schuld der Juden anwendet. -
In einem vor den .Wahlen zur Nationalversammlung von anti¬
semitischer Seite massenhaft verbreiteten Flugblatte „Von der
Hohenzollern- zur ' Judenherrschaft" wurde behauptet, daß / jüdische
Herrsch- und Geldsucht und - d e u t s che L ä sf i g feit uns in chen
Abgrund geführt hätten . Das ' war doch gegenüber den sonstigen^an¬
tisemitischen Behauptungen, daß die/Juden aus sch li e.ß li ch das.
Unglück Deutschlands, verschuldet haben, .als ein kleiner Fortschritt
apf dem Wege der Selbsterkenntnis zu -bezeichnen, indem ; doch auch
den nichtjüdischen Deutschen ein Teil .au der Schuld zugesprochen
wurde. Leider aber haben-die Antisemiten bald .wieder diesen Weg der
Selbsterkenntnis verlassen. Stets sind es ja die Juden gewesen,/die
man . zu Sündenböcken zu .stempeln .versucht hat und die man
.für alle die Nöte ' der Zeit, für die -Missetaten und politischen Fehl- -
, schlüge der jeweiligen Machthaber verantwortlich gemacht/ hat. Zum
Sündenbock aber,läßt sich nur ein Wehrloser machen. Die' Jüden .aber,
sind, nicht wehrlos und sie dürfen sich nicht wehrlos mächeu. Den ge-^
recht denkenden.Nichtjudem aber liegt es ob, sie in ihrem Kampfe gegen
die Lüge. Verleumdung, Dummheit und Feigheit .der Antisömiten.
- zu unterstützen. . .. ./ - ' \ \
— 109 —

Schuld am Kriege.
•. Die antisemitische Behauptung, daß die Juden .die Schuld
am W e I t kx.i ege tragen , / ist' so-absurd, daß man sie eigentlich
vNrW.zu widerlegen brauchte. Hätten die Antisemiten vielleecht ' L^ i
.einem glücklichen Ausgange des Krieges die gleiche Behauptung auf¬
gestellt:und. 'die Juden als indirekte Mehrer des -Reiches gefeiert?
Sicherlich nicht. Denn als noch alles leidlich stand, erklärte Anfang
1917 der Äbg. -Wi l.d g rube auf einer Tagung der w'estprmß scheu
Konservativen , daß das siegreiche D u rch h alL -en auf militärischem
untz.wirtschaftlichem -Gebiete-als du B e r d i en sü ei n z i g u n d
al lein d e.r kan ser v a.t i v 6n W el Lanis ch!a u un g anzü-
sehdn sei! Was kosinte es für unsere Dentimvöltler Begaerueres
. geben, als alles Unheil den Juden in die Schuhe zu schieben , zumal
man dadurch Gelegenheit finden konnte/ , die-Schuld von den eigenen
. Reihen, in denen sich vornehmlich die , Kriegshetzer fanden, aus
au d er e Krdi se ab z u w ä l z en. Der von den Alldeutschen als
'„S t a hlba d" gefeierte , zur Befriedigung ihrerExpan si on s-
w ün s che propagierte Weltkrieg' wurde nach dem Fehlschlage mit Der „Judenkrieg"
einem Male zu einem „I u d en kr i.e g" gestempelt , Herrw. Be t.h'h- Dervrnann
m an n Ho l lweg habe den Krieg als Judenkrieg geführt, einen Hollrvegs.
umgekehrten Kreuzzug , für Emanzipation und Befreiung, der Juden
(Wilh. Meister in „Judas Schuldbuch "). . Dieser den Altdeutschen
.Verhaßte Kanzler soll eine M a r i o nette in den Händen, Judas'
/gewesen sein, wobei!er auch jüdischer Abstammung verdächtigt wird,
dev Einfluß der „H,of j^wd en" auf den Kaiser-wird als ein unheil¬
voller' hingestellt. Wie. gering- in Wirklichkeit der .politische Einfluß
von Juden aus Wi l'h el m II . gewesen ist, geht schon daraus hervor, Ballin
daß B a l l i n im Jahre 1916 den Kaiser v edg e b l i ch zu einer
V.erst cindi g u n g m i t E stgl a n d - beschwor , die erobtzrungs-
lüstigen und siegesgewissen ! Generale hatten die Oberhand. .''Ballin/
wollte' also Frieden und. keinen Krieg. Genau so war es auf der
Gegenseite . Der' Chef des englischen ' Bankhauses R o t h schi l d ,
Bäron Alfred., s. Zt. ein intimer Freund Eduards VII/ .. -der vom
einem' eventuellen Kriege für seine Firma rei-chen Verdienst erhoffen¬
konnte, schrieb am 1> August 1914 einen Brief an Wilhelm.II . mit
folgendem Wortlaut: - ' • ;
/ „Sr . kaiserl. Majestät dem' deutschen Kaiser, Berlin. Ich bin' Friedens Rothschilds
bitte
mir bewußt, daß Euere Majestät-jeden Nerv zugunsten des Friedens an Wilhelm . II.
' .anstrengen - und weil ich dies weiß, und weil ich immer ein Be¬
wunderer der Politik Euerer Majestät war, wage ich Euere Ma-^
jestät in diesem kritischen Augenblicke anzureden, da die' Segnungen
' des^Friedens und'' die Schrecken des Krieges wie das Zünglein
xeiner Wage balanzieren. Wollen Euere Majestät mir. daher einen
Vorschlag senden, den ich. sofort meinen Freunden vorlegen könnte ■'
geeignet^wäre, sowohl in Petersburg wie in Wien günstig ^
asifgenvrnwen zu werden, unterstützt von meinen Freunden? Ich
wage ernstlich zu hoffen , daß Euere Majestät mir gütigst antworten
werden." . '
, :•.Die Kriegshetzer der ..Entente saßen ganz anderswo. Waren
L lo y d G eo'rg :e;.’ G!r e y , Poi n e a r e . Elemenc e ä u,
-G r oßsü r st N i c.o l a i Nie o l a j e w i t s ch viellei cht I u- Arische
d e-u ? Ebensoweui 'g, wie der jüdischer Abstammung bezichtigte Kriegshetzer
Zeitungskönig N o r t h.cl i f f. Ehristlich- deutscfted Abstammung
aber war einer;der schlimmsten Aufpeitscher , war Lord C r o m er,
dessewAhne .Baring, Sohn eines Pastors/ äuL Bremen-eingewandert
— 110 —

war iirüb später.ein großes einflußreiches Bankhaus gegründet hatte.


Dieser beutfche Stäryrnling war es, der'als einer der einflußreichsten '
britischen Staatsmänner viele Jahre vor dem Weltkriege Unablässig
zum Kriege gegen Deutschland öffentlich , gehetzt
,,der jede seiner Reden
gleich dem altrömischen Cato mit einer Aufforderung:zur Vernich¬
tung Deutschlands , geschlossen und der auch einen weitgehenden Ein-,
fluß auf 'die Finanzpolitik dieses englischen Bankhau>es äu.sgeübt
hat.. Es war bei Ausbruch des Weltkrieges ein öffentliches Ge¬
heimnis, daß das Bankhaus Gebrüder Baring, seitdem es in Süd- •
amerika mit dem deutschen Wettbewerb schwer zu kämpfen hatte, un¬
ablässig auf Rache gegen Deutschland gesonnen hat. . •
In der deutschen Diplomatie, deren sprichwörtliche Un¬
geschicklichkeit viel zu den Ärmchen des Weltkrieges bei getragen häh
saß kein Judeeb ^ sowenig in der Rei chs r e g i er u mg und .
im Generalstab. Nun wird in „Judas Schuldbuch " behauptet,
„Zudenwahl
" 1912 der Krieg, fei schon 1912' durch die „I u d en .w a h l", die das An¬
schwellen der Sozialdemokratie unter israelitischer^>ilfe brachte , ver¬
loren gewesen . Ja , warum hat man denn von völkischer Seite, wenn
man- das wußte, nicht dringend vom Kriege ab geraten,- '
anstatt sich im Juli und August in tollstem Kriegstaumel zu über-
schlagen? Solche Mätzchen könnennur bei politisch Unerfahrenenvet- '
- fangen. Jedör Einsichtlge weiß, daß die Wurzel alles Nebels die von
Wilhelm II . (siehe diesen
) inaugurierte„H a n s D a m P f i n alle n
der deutschenG a ssen" - P o l i t i k bildete, die uns überall Gegner schuf - der äbev. '
AuslandSpolitik unsere Chauvinisten zujubelten. Was während seiner. Regierung
Deutschland die Feindschaft nahezu des gesamten Auslandes einge-
^ tragen hat, hat einer der Führer der Alldeutschen , - G en exa l -
leuLrnan t Keim, in nicht zu .Verbietender Klarheit ausein¬
andergesetzt : „Unsere Einmischung in den Frieden von Shimonoseki
. \ hat uns seinerzeit die Feindschaft Japans eingetragen. . Die Ein¬
mischung in-den Bürenkrieg hat uns die Feindschaft.Englands ein-' ' '
getragen und eine spätere.Aktion die Feindschaft der Buren. Süd-
westafrika heißt jetzt „Bothaland" nach demselben Herrn Botha, für
den seinerzeit das gefühlvolle deutsche Volk nicht genug schwärmen-
' könnte." 7— Selbst dem Blindesten aber wird der Star gestochen,
V - . wenn er die vom Auswärtigen Amte veröffentlichtenD o ku -?
m en t e über die V or g ej chi chLe d es^Kri e g e s mit ihren famo- -
sen Marginalien von höchster Hand liest, die, gepaart mit Im
feriorität, uns jene Ueberhebung oartun- der die Hauptschuld an denr
unglücklichen Kriege zuzuschreiben ist. *
; ... Das muß selbst ein auch für die Antisemiten völlig einwand-
- freier Zeuge zugeben-— General L u"d en d orsf, der in seinen
' „Kriegserinnerungen " sagt: . ,
' „In unserem immer mehr, nach außen gerichteten , den Schein
' über die Wirklichkeit stellenden Leben überschätzten wir nach
1870/71 unsere Stärke und unterschätzten die gegen uns arbeiten-
^ den Kräfte. Wir dehnten uns über die Erde aus. ohne in .Europa/
Ludendorff eben- nestzustehen . - . . Wir konnten den Frieden nur durch klare , krüft - . ,
- erhalten. ,Sie äußerke sich unerwartet und schroff Die
volle Politik
• politit / Völker, die uns feindlich gesinnt waren, benutzten das, , um sich
. gegen uns zusammenzuschließen ; auch die/die bisher uneins waren,
einigten sich gegen uns. Andererseits zeigten wir uns unsicher und
^ , schwankend , das brachte uns ebenfalls keine Freunde."
. Daß die Kriegsschuld nicht bei den Juden, sondern in der gesam-
im weltpolitischen ;Konstellation zu suchen ist, , bestätigt auch der
frühere Staatssekretär v. I a g o.w , der in seiner Schrift „Ursache
und Ausbruch des Weltkrieges " bemerkt: . " / / - schen Gegensatz
. „Die Ursache ' der Katastrophe war der Gegensatz her slawi-
schen gegen die germanische Welt. ' Englischer Neid, und 'Macht- -
V Wille und vor allem französischer Rachedrang dienten als polni¬
scher Sprengstoff , um die Katastrophe des slawischen Bergsturzes•
. ■ zu beschleunigen . . . Die ferneren allgemeinen Ursachen des großen
: ^ -Weltbrandes liegen in einer jahrzehntelangen Zuspitzung der euro- '
- päischen.Lage, dem Ans chw eil e n d e s M a t ionalismus,
dem teils territorialen, teils wirtschaftlich - im perna - . . -
' listischen Ausb r ei tun ^gsb edürfnis aller national er- - , '
- stärkten Völker, in dem allgemeinen Wettrüsten , dem der einzelne /
^fich schwer entziehen konnte, das aber eine Spaunung über ganz
. ' Europa breitete." V
Eine Fülle von dokumentarischem Material zu dieser Frage
, enthält ’auch das in 2. und vermehrter Auflage erschienene Buch Gvihein
" des Abg. Georg G o t-Hei n „Wie wir den Krieg verloren", dessen „Wie wir den .
' gründliche Studien dartnn, wo.die wirklich Schuldigen zu suchen sind. . e0 tJerloren ;
Semi- Gotha und Semi-Kürschner .^ >
Unter"dem HauMitel „S em r - G o t h a" ist im Kysfhäuser - ^
Verlage- 1911 ein „Historisch -genealoges Taschenbuch des gesamten
Ad e l s j e h u d üis ch en .Urs Pr um gs " erschienen, , das 1913 eine
zweite Auslage erlebt hat; den Haupttitel „S em i - Kü r schn er "'^
. führt ein 1913 von dem bekannten Antisemiten Philipp St aufs
.herausgegebenes„L i t er a vis ches- Lexikon der . Schriftsteller , ' V
Dichter, Bankiers, Geldleute, Aerzte, Schauspieler , Künstler, Musiker,
. Offiziere,.Rechtsanwälte , Revolutionäre, Frauenrechtlerinnen , Sozial- . .
. .. demokraten ufw/ jüdisch er .Rasse und Versippung, die v- .
von 1813—1913 in Deutschland tätig oder bekannt waren". Es han¬
delt sich in beiden Fällen um Machwerke schlimmster Art. lieber den
„Semi-Gotha" hat ein bekannter Genealoge , der Leipziger Archivar * -•
v. Arnswaldt, das folgende vernichtende Urteil abgegeben :. ' '
„Das Buch sollte ein.Warpungssignal-vorstellen , es ist aber eine". \
'S ka Ttba I ch ton i k all,er ge m er n st er . Sorte geworden.
-xDies Buch ist dazu,angetaü/unsere schon an sich stark an gefeindete
genealogische Wissenschaft ganz dem G e-spö t t e d e r S p öltter
auszusetzen , -Die Verfasser haben, von antisemitischer Tendenz ge-
- trieben/ ein wirres Durcheinander von altjüdischen und altchristlichen,
- .Familien' in dem Buche vereinigt. Ihre Quellen beschränken sich zum
.; Teil auf'Zeitungsnotizen und Werke, die der Historiker nur mit großer
/ Vorsicht'benutzt und nicht als glaubhafte Quellen zitieren kann, z. B. .
Veh'ses Geschichte ,der europäischen Höfe. Die wichtigsten Daten und
„die vollständigen Genealogien ' fehlen überhaupt, durchweg ; eine wissen- >
schastliche Nachprüfung ist infolgedessen in den meisten Füllen kaum '
1 möglich Wo in einch Familie alttestamentliche Vornamen^ orkom-
men, was namentlich in reformierten Gegenden ganz gebräuchlich
war, wird sofort kritiklos die Familie dem jüdischen Adel zugerechnet ." ,
Sogar die „Kteuzztg ^" schloß sich disser scharfen Verurteilung an,
indem sie(26. 6. 12) schrieb : „Aus diese Weise wird durch ein solches.
Werk nur UnlM-, aber keichNutzen gestiftet . Auch die Art, in der das
' Buch geschrieben ist,-berechtigt zu der Vermutung, daß damit.un t er
dem Deckmantel d er. Wis se ns cha st nur an ti s e mi-
' t xf che H etzer ei en beabsichtigt werden, die aber in dieser Form
- durchaus verfehlt sind." — Es wurde sestgestellt , daß vost den 12ö0
• — 112 ^ — - -

adligen Familien, ,die jüdischen Ursprungs sein sollen, über 1Q0 ganz st
'mit Unrecht in dem Buche Aufnahme gefunden haben; der Genealoge-
Kekuls v. Stradonitz warf dem Herausgeber „K r i t i kl o si g ke i t,-
U nw i f f en sch a f tN chke i t u n d Br um nenve,rgiftu n g"
vor.' . ^ i. - .; •
v Bei: einem Prozeß, den der Landrat a. D. Sigismund von T ^ e s -^
kow in Friedrichsfelde bei Berlin ^ gegen .den „Semi -Gotha" an- ^
strengte, stellte es sich Heraus/ daß der —
leger des Werkes, ein f r ü h e r e r H a u s bvorgeschobene— Ver - ^
ursche war , während
als eigentlicher' Urheber ein ' Herr Wilhelm Pick l von Witte n--
b e-r g aus Oesterreich in Frage kam. Der Prozeß führte in erster
" Instanz zum Freispruch des „Verlegers", der offenbar von gar nichts st^
wußte, während der Herausgeber,auf Grund , des § 186 StGB , wegen .
der Behauptung beleidigender, aber nicht erweislich,wahrer Tatsachen
zn200 M. Geldstrafe verurteikhwurde. DasOb e r l a n d e s g e r i' cht
Jena hat aber diese Begründung als rechtsirrtstmlich verworfen und
den Beklagten ühne weiteres allein deswegen/verurteilt , weil s cho n /
in d er bloßen Ausnah me d er F am i li e i n d em' i
„S e m i - G o t h a" e i n e B eie i big ung liege , da ja in der -Ein- . -
leitung - ausdrücklich alle v o n I u d e n a llst a m M e n den
Menschen a l s mo r a l i s ch m i n d e r w e r t i g h in g e st eilt
wurden. Hiernach seien also die Mitglieder aller aufgenommenen- >
Familien gleichmäßig nach z 185 'StGB , beleidigt, mögen sie tatsäch¬
lich von Juden abstammen oder nicht..
Die zweite Auflage enthält zwar eine Unmenge von Berichtigung- .
gen, am Charakter des Pamphlets , das sich ja im wesentlichen auf, . -
. alten, antisemitischen. Winkelblättern ' entstammenden Zeitungsaus -
. schnitten und sonstigem unkontrollierbaren Klatsch aufbaut, hat sich . \
.aller. nicht das geringste geändert. Wenn sogar ein' Organ vom
Range der ^ Wahrheit" an ihr allerlei auszusetzen hat — das Blatt
rügt nicht nur , daß die Angaben gewisser christlicher wib jüdischer
Schriftsteller ohne weiteres als „sichere Öuellen" angenommen
den sind, sondern tadelt auch die vielen bloßen Vermutungen wor- und
-

Fragezeichen so ist damit die neue .Ausgabe hinlänglich gekenn¬
zeichnet. - ' st - , ' ' ' .
- Daß der „S e m i - Kü r sch n er " des ' Herrn Phil . Staufs/ auf. >
derselhen niedrigen Stufe steht, wie der >,Semi -Gotha", hat ihm im'
Jahre 1914 ausdrücklich auch ein Gericht, und -zwar das . a r-
b u r g e r S ch'ö f f e n g e r i ch t, .bezeilgt, das in einem von-M seinem
Herausgeber angestrengten Beleidigüngsprozesse feststeltte, daß die Be- st
hauptung , es „st e h e a ü f ein llm b e d a.u e rns werk e n ge i -
stigen Niveau" und sei ein•■© eit e'niftüd ;:,8’u b em „Semi * ’;st
Goth a " — besonders in der-übe r a u s 's ch nnu tzi g e n Art seines ;i;
Vorgehens — keineswegs über das berechtigte Maß hinausgebe/ Bon ? -
dem „Geist", der in diesem Konglomerat von Dichtung und Wahrheit st
herrscht^ nur eine kleine Probe . Bei dem Dichter G.eollg H err - i .
mann heißt es: . . in seinem auch' von deutschen Eseln .
gepriesenen Roman .„Jettchen Hebert ". Das geht selbst dech
ebenfalls den wüstesten,RadMantisemitismus pflegenden Organ des . /,
. „ Verbandes gegen' Ueberhebung des Judentums ",., dem Blatte „Auf
Vorposten", über, die Hutschnur. Es .bemerkt' unwirsch dazur „S o l-che . ...
Wer tunt eile wir k en u n gün sti g." Dasselbe Blatt stellt . '
ferner ausdrücklich fest, daß der .„Semi <Kürschner" i n ste i n e m ^
blinden H a ß g e^g en d a s I u d en t u m leg li che Objek¬
tivität vermissen läßt . . Angesichts des vernichtenden, gerade'
von dieser Seite abgegebenen Werturteils ist jede weitere. Bemerkung
über das ' traurige Machwerk'des Hervn Philipp Staufs überflüssig.
(Semi -Jmperator , st. Wilhelm Ll.) .
Sittlichkeit der Juden , s. Religion.
Soziatrstikche .
Parteien und Antisemitismus f
Ebenso verlogen wie das antisemitische Gerede von^ der „ver-
^jüdeten" D. D. P . ist der .Vorwurf, den man den s o z i a l i st i-scheu
Parteien bezüglich ihrer Beziehungen'- zum Judentum macht. Die
Lehren ihrer wissenschaftlichen und organisatorischen Begründer
M a r x und L assall e ha.hen mit deren jüdischem Herkommen auch
nicht das geringste zu tun ; wie ja' auch ihre Vorläufer , d.e sozialistl-
- scheu Utopisten sowie ihre Konkurrenten ,F o u r n i e.r und Baku- -
n i n, Nichtjuden waren/ In der Zahl ihrer geistigen Führer stehen
neben Marx und Lassalle, Singer mich Frank , Arons und manchen
anderen eine unvergleichlich größere Zahl von Männern , die mit dem
Judentum nichts ge»nelu-haben, E n g e l s und I . B . v. Schwe i che r,
v. Voll m a r und A u e^r KB e b e l und L i e bin e ch t,' und' die
- große Schar' hervorragender Gewerk s cha f t s f ü h r er . Daß
unten der in der 'Zeit des alten Regimes beliebten sozialen wie/ 'ge-
Mschaftlichen . Aechtung die Juden ' sich zahlreich zu einer Partei
' schlugen, die gleich ihnen bedrückt und verfolgt wurde, ist eine natur-
- n o t wen di ge Fol ge des damals , herrschenden Systems, ebenso
daß sie nach dem Siege des Volksstaates üben den Obrigkeitsstaat
. jetzt^ erhältnisrnäßig ' zahlreich, an 'Stellen treten, die ihnen bisher
. ' vöMg verschlossen waren und deren Besetzung ein' Reservatrecht der
herrschenden.Kaste bildete. An dem gesunden Sinn und der politischen
' Schulung der deutschen Arbeiterschaft, die ja den Kern .der . soz' alisti- -'
' scheu' Parteien bildet, scheiterte auch der perfide Versuch unserer anti-
^ semitischen- HeIer^, die ihre eigene Schuld an den gegenwärtigen
. traurigen Zuständen , auf die Juden abzuwälzen und die Arbeiier-
massen zu Pogromen ..aufzustacheln versuchten. Die infame Flug-
blatthetze, die vor keiner .Fälschung zurückschreckte , veranlagte einch Erklärung oon
D - Führern
' Reihe hervorragender Führer und Aba. der S . P . D., e i ri e s cha r f e S . Pgeaen den
-Erklärung gegen die antisemitischen Vol .ksver¬ Anttsemitismus
führ e r zu veröffentlichen, die neben dem damaliaen Aba., übinen,
Reichskanzler H. Müll er / O. Br aun, jetzt preußischer Minister-
. Präsident, Fr a u B o h m - S chu ch. E. E r rsist. Fra u I u cha e z,
Kall Lö b e/Molkenbuhr , Wels , Wissell u. a. unter-
, zeichneten. Zwar , erlagen auch v er ei n z e lt Sozialdemokraten der
antisemitischen Psychose, aber die Partei entledigte sich ihrer wwrt,
' ' wie die Beispiele des famosen Soldatenrats ® I r ocho f des Herrn Soüaldemo , Antisemitische
traten
Kloth, der jetzt in der „Dt ., Taztg." schreibt, und des Käppi sten aus der Partei
W inni g beweisen, die alle sofort a us der P ar tei ausge¬ ausgeschlossen
schlossen. wurden . -Der' Haß der antisemitischen Reaktionäre
' gegen 'di.e Partei ist beareirNch d^nn obgch^hen von do.nr. Wd ^rst^^v,
beit ibre Hetze in den/sozialistischen Kreisen findet, ist es natürlich
für diese Herren sehr weinlich, daß von den z w e i R e i chs t a g § -
a b a e p r d n e t e n , dre im Krieae fielen, der Sozial i st e n f n h r c r
^Dst Fi ?ank der eine war , Kri egsfreiwillig —-
er troü seiner ■, Dr. Frank
Iabre — und zu ' den Schwernerl "üten Aba Davidsohn <
.V. zählte , der zweimal erheblich verwundet wurde . Das , paßt- natür-
- lich nicht zu dem Gerede von' der jüdischen Drückeberaerei. Daß bte^
/von 'den Antisemiten als Juden verketzerten Aba. 7)r . David,
Q u a r ck, B los, G e y e r und wie sie sonst alle heißen, keinen
T r opf en j ü b i {ches Blut in den Adern haben,' ist/ebenso
bekannt, wie es .unwahrscheinlich 'ist, daß die gewissenlosen . Hetzer
aufhören sollten, mit diesen Ladenhütern hausieren zu gehen. Noch
heftiger.als die S. P. D7 wird dse U. S . P . D. wegen ihrer jüdischen
Führer Cwh n , R o se n f e l d^ W e y l angegriffen . Die
herrschenden Mächte Haben sich diese Rute, selbst gebunden undfrüher/ dür¬
fen nicht klagen , wenn Juden jetzt dort stehen, wo selbst sie hinge-/
..drängt haben. Das Judentum ist für diese Leute, sie übrigens'sa st"'
- a l l e i h r e B ez i eh u n g en. £iti h m s e i t ladien ge m gel ö st
h ab e it , nicht verantwortlich . Daß ded.D e uts chb ö h m e , im
Klo ste r e rzoge n e Ka u ts ky, in der gesamten antisemitischen
Presse nur der „ts .chechische Jude" heißt , illustriert nur die
Wahrheitsliebe dieser Blätter ebenso deutlich wie die Lüge von
K. L i eb kn e cht s j ü d t f cher A b sta m m u n g. xNatürlich wer- '
den die sämtlichen Kommunistenführer Deutschlands , ibie die Bolsche¬
wistenführer Rußlands, ebenfalls dem Judentum. an die Rockschöße
gehängt, trotzdem sie teils mit ihm nie etwas' zu tun hatten, teils
sich'schon lange von. ihm. losgesagt hatten. ' .. ./ ' .
Spanier, vr . M., s. Zionismus. ^ / .
Stahl, Leopold , s. ),Judenherrschaft ". ' "7 ^ -7 '
Stein v., General , über, die jüdischen Soldaten, s. Drückeberger.
, . Stickstofferzeugung aus der Luft, s. Krieg u. Landwirtschaft ., . /
Stöcker , s. Antisemitismus . 77 -7 7-7 -
Strack , Prof. Dr.. s, Religion. ' . .7-7:.>
Stresewann , Führer der Deutschen Volksp. u. des Antisemitismus,
i s. Deutsche . Volkspartei. . ;'7 . - ‘ 7. ;-.'/
Studentenü. Antisemitismus , s. Jugend.
Sürchenbock , der jüdische/s . Revolution ./ . ' ' . ' 77-7'
„tägliche Rundschau" antisemitisch, s. Deuts che.Volkspartei,
Talmud , s. Religion^ '
Tolstoi über Judenpogrome , s. Pogrome. ' . ' ' ' '
v. Treitschke.
Als eine der .gewichtigsten Autoritäten gilt den Antisemiten
Historiker Heinr. v. Treitschke und. namentlich dessen Ausspruch: „Dder ie
Juden sind ums e r U n g l ü ck". T . war in
exzessiv, seine bekannte. Vorliebe zu Superlativeü seinen Urteilen sehr
.führte ihn oft zu
Treitschke über maßlosen Uebertreibungen, die er später oft genug bereuen mußte.
Bismarck ' Ein Mann , der wegen-seiner, maßlosen' Bismarck-Verehrung und -Ver¬
himmelung von Eugen Dühring als „Berliner Professor der Bis^
marckie" verspottet wurde, hat im .Jahre 1862 folgendes»Urteil über
Bismarck gefällt: .„Höre ich einen so f.l a ch en/Junke -r wie
d i e s e n Bismarck von dem „Eisen uUd Blut " prahlen , weil -er
Deutschland unterjochen will, s o schein t mir d i e G em e i n he i t
n u r d ur ch d i e L ä che r l ich ke i t ü b er boten ." In
Vör-
-lesungen T ?s über Politik finden wir den Satz: „Wenn wir ein un-
s a u b e re s A n t i s e m i t e n t u m emporkommen sehen, so
die gemäßigten Parteien/die Schuld." Die antisemitischen tragen
Flugblatt¬
verfertiger Und. Broschürenschreiber^ werden sich hüten, auch' -dieses
Urteil abzudrucken. Zu dew Freunden T .s gehörte der Naturforscher
Alphons O p P e n h e i m , ein Jude . , Als dieser. 1877 starb, schrieb
T . einem anderen Freunde : „Ein liebevolleres Herz habe ich unter
v ii5 — — ' ■■; ■.. ■. '/ ■ - ; / ■ )
Männern nie gesunde^, mir geht mit ihm ein Stück Leben ver¬
, er: „Selten ist mir ein.
loren." In einem Nachruf auf O. schrieb
. 'Wann begegnet , der f ö ganz frei von Selbstsucht, so ganz' ,
Hingebung an andere war." — Es war T.s Unglück , daß er den Irr - ^
tum nicht einsehen konnte", den er damit beging, daß er an die Va- . ,
terlands/iebe der deutschen Juden- einen anderen Maßstab anlegte als . ' . 7;
v an die der übrigen Deutscher :. ' , " ‘ 'V
Dem rheinischen(katholischen ) Schriftsteller Joseph' Schratten-
Holz, dem Herausgeber einer Anthologie über Juden und Juden- \ Jr. /
tum, übersandte er eine Reihe von Exzerpten aus seinen Schriften, ^ '
worin^es heißt: „Es wäre sündlich , zu.-vergessen , daß sehr viele Ju - " ,
- den, getaufte-und ungetaufte, Felix Mendelssohn , Veit,
— deutsche Man- -
J R i etzer u. a. — um der Lebenden zu geschweigen ,
“ ner wären im besten Sinne des Wortes. — Unser Zeitungswesen ' ' , j
/ verdankt jüdischen ^Talenten sehr viel. — H e ün es unsterbliche Treitschke über
.' W e r ke sind wahrhaftig nicht; ene internationalen Witze, um derent- Heine >
willen er io 86,u1p.yöto vrainient pariLisn genannt wurde, sondern
. -die schlichtweg deutsch empfundenen Gedichte : so die Lorelei, dies echte
, 7Kind" deutscher Romantik, so jene, herrlichen Verse: „Schon tausend ^
Jahr -in Graeciä", die noch immer alles zusammensassen , was die
' Deutschen seit Winckelmanns Tagen über die Schönheit der hellenischen ^
Welt- gesungen und gesagt hatten/ — Heute haben die wirklich be- . ^ "
deutenden, und gefunden Talente -unter unseren jüdischen Künstlern^ - /
- und Gelehrten längst eingesehen , daß sie nur auf den Bahnen deut- .
' scheu Geistes Großes erreichen ^können. Ünd sie handeln danach. — ’• .
Unsere Sorglosigkeit und Schwerfälligkeit könnte von den wirtschaft-
'lichen Tugenden des jüdischen Stammes manches lernen/' In einer ,
seiner Schriften nennt T. Heine einen „Genius ", was ihm wohl
Herr 'Bartels nie verzeihen wird. Viel Staat können also die Anti- ? '
semiten mit T. nicht machen.
der „Alljude", ,s. Bolschewismus . ' •
Äerband gegen die Ueberhebung des Judentums, s. Antisemitische
- - ^ Organisationen. . ^ ^ ^
Verein zur Abwehr des Antisemitismus . - x
^lm .14. Dezember 1890 ist unter Führung des Rechtslehrers
Prof. Rudolf v. Gneist und des Aba. Rickert. von Männern ver¬
schiedener Parteirichtungen , darunter oem Äbg. Vr. Barth, Geh. Rat
.Prof. Wilhelm Förster, Prof . Erich Schmidt, Pros . Albrecht. .
Weber, . >Kommerzienrat Isidor Löwe, Charles L. Hall¬
gar t eit , ein Verein ins Leben gerufen worden, der die Abwehr des /
• Antisemitismus zum Zwecke hatte. Ende Januar 1891 wurde^ ein
. von 535 Männern chr ist licher Konfession , die im politischen"und
/kommunalen Leben,^in Wissenschaft , Kunst und Literatur, in Handel
1und Industrie eine hervorragende Rolle spielten, Unterzeichneter
’ A u f r u f veröffentlicht , ' der das verderbliche und unchristliche
Treiben der Antisemiten auf^ das entschiedenste verurteilte, es vor
allem als eine E h r en s a che für das deutsche Volk und vor¬
nehmlich für die 'Ehr i ste n bezeichnet ^ demselben baldigst ein Ende
zu machen,-und zum Beitritt ,zu dem neubegründeten Verein zur
Abwehr des Antisemitismus aufforderte.
j . Der Verein mit dein .Sitze in Berlin und' einem Zweigbureau
in . Frankfurt a. M. zählte bald viele/Tartsende von Mitgliedern s
aller Bekenntnisse aus allen Teilen. Deutschlands . Der erste Vor-
sitzende, Abg. v. G st e i st, .starb 1895, an Hin
R i ck er t , der 1902 stark' Sein Nachfolger wurdee ' Stelle trat Mg?
. B ar t h. Seit dem Jahre 1904 steht an der der Abg^/Theodor
Spitze,des Vereins .
äußerndem engeren Vorstande ein erweiterter Vorstand (jetzt
schuß) non etwa 80 Mitgliedern , in dem Aus¬
Christen und Juden vertretest
sind. Im Juni 1909. starb der Vorsttzende,;Dr .; Barth ;
wurde .ster ' jetzige Reichsminister a. D. G o t h e in . sein Nachfolger^
hören dem engeren Vorstande an : Abg. Gothein, Seitdem ge¬
Geh. Reg.-Rät
Professor Wilhelm Foerster, Abg. Dr . Südekum, Abg.
Bollert- Dr . Paul Hathan -Berlin , Justizrat Justizrät Di?
Y Dr . E. Bärwald -Frankfurt a.- M. und BankiervrAbrv . Gehrke, R -Ä,
S . Marburg-
Hamburg. ..Im Ausschuß sitzen zahlreiche angesehene
darunter auch eine Anzahl bekannter evangel. Geistlichem. Persönlichkeiten- '
- ' ',
Ende des Jahres 1909 erwarb der. Vereist' dw
rechte. >I )ie Tätigkeit des Vereins ist in dem Korporations¬
v klärung gewidmet.. ' 'Eine umfassende Agitation Hauptsache / der Auf¬
entwickelt er durch
die Verbreitung von Flugschriften und Broschüren,
spiegels" nsw. Eine ganz hervorragende Stellung des „Antisewiten-
in dem Aktions¬
programm des Vereins nehmen aber, die monatlich zweimal
erschei¬
nenden „M i t t e i l u n g e n .aus ,dem Verein zur Abwehr
semitismus " ein und die damit im Zusammenhang des Anti¬
respondenz. für Redaktionen, die in Hunderten, von stehende Kor¬
die Zeitungen versandt wird? Der Verein - betrachtetExemplaren an
es als eine?
Ehrenpflicht, den sich in ihren Rechten, verletzt fühlenden
Mitbürgern , zur Seite zu stehest, und prüft jüdischen
die. aus ' diesen
stammenden Beschwerden, um Abhilfe zu schaffen. Er läßt Kreisen
angelegen sein, alles auf dje Gesetzgebungund ^ es sich
liche Material zu sammeln, was den VerteidigernVerwaltung ' bezüg¬
, der staatsbürger¬
lichen Gleichberechtigung in den Parlamenten , in
und in .der Presse wertvolle Dienste' leistet. Bei Versammlungen
„ der Verein jederzeit in Tätigkeit getreten, wo. esden Wahlen Ist
sich um die Be--'
kämpfung der Antisemiten aller? Schattierungen
ohne. Rücksicht aus die besondere^Parteistellung derhandelt.-. Er hat
bemüht, die Agitation seiner- Gesinnungsgenossen literarischKandidaten sich
stützen und ihnen auch nach Maßgabe seiner zu unter - >
hilfen zu dem Kampfe zur Verfügung gestellt finanziellen Kräfte Bei¬
, Y .' . •
Centralverein , Mit dem C en tr alv er estn d e utscher SLa ats
deutscherStaatsb. j ü d is ch e n G l a b ür ger
ü b en s , der zum Teil auf änderest
iüdisch. Glaubens m it anderem Mitteln Wegen und
dieselben Ziele verfolgt , arbeitet er . harmonisch.
zusammen. Seit seinem fast 30jähxigen Bestehen hat der Verein
- Abwehr- des Antisemitismus mit bescheidenen zür
..Mitteln , seine. Ausgabe
zu erfüllen gesucht. -. Je . mehr , der Verein' unterstützt
Mitglieder er gewinnt, um so erfolgreicher wird er den wird, je? mehr
die Gleichberechtigungder ? jüdischen 'Mitbürger Kampf für.
^führen können.. ?
Vergehenu. Verbrechen bei den Judest, s. -Kriminalität ,b$t ^
Inderm^
> Wagner , Richard.
In seiner Pariser Zeit hat Richard Wagner, als ' er auf
? ^ ' stützung des Juden Meyerbeer angewiesen die' Unter-
war und diesen mit den
überschwenglichsten Lobeserhebungen überschüttete, einen Aufsatz
' „Meyerbeer und die Stellung seiner Kunst inwer über
' . Geschichte der dra - '
malischen Musik" veröffentlicht, der in der Selbstbiographie?
N W und nicht erwähnt .wird und der auch von Wagners"
Myerbeer den Wagner-Verehrern tot-
geschwiegen , wird. Dort heißt es u. a .: „ Meyerbeer war so. d e u t sch,
^ daß er tfolb in die Fußtapsen seiner a lte n d en t sch en ; Vor-
)fa hr e n geriet; diese zogen mit der vollen Kraft des Nordens über
die Alpen und eroberten sich das schöne Italien ." . . . „Mit deut¬
scher G i*ü ndli chke i t und italienischer Schönheit ' ausgerüstet,
warf sich Meyerbeer in -Pen. ftanzösischen Enthusiasmus. . . er hat
Deutsch gelernt, hat das:Italienische durchgemacht und fing nun Frau- '
zösisch an." . . . „Er hat sein d e u t s ches Erbtei gewahrt , diev
Naivität der Empfindung, die Keuschheit der Erfindung Die jung-
. fraulich verschämten Zuge tiefen Gern üt e s sind die Poesie, das
Genie Meyerbeers, ' er hat ein unbeflecktes Gewissen , ein liebenswür¬
diges Bewußtsein bewahrt. : . ^ eitbent• Meyerbeer. in seinen
/ Opern die Religiosität verherrlicht hat, sei es nicht mehr nötig, große
gelehrte und ritualmäßige Messen und- Oratorien zu schreiben ; wir.
' haben „durch diesen Sohn Dent s chl an d s erfahren,wie auch
auf der Bühne Religion gepredigt-werden kann".
^ Im Jahre 1869.aber erschien.die Schmähschrift Magners „Das
V I u d e nt u m i n d er M u si k",xin der namentlich Mendelssohns
und Meyerbeers Kunst als ü >d i stch" bekämpft'wirds und- die ge¬
hörig von den Antisemiten in ihrer .Hetzpropaganda gegen die Juden
ausgebeutet wird. . Den Namen Meyerbeers verschweigtW. bezeich¬
nenderweise in der Schrift, er nennt? ihn nur „ einen weit und b-reit
berühmten jüdischen Tonsetzer unserer Tage" und sagt über ihn u. a.r
/
■'f ':'Die „ Krankheit der Langeweile ist nicht durch Kunstgenüsse zu
! , heilen, denn sie kann absichtlich gar .nicht zerstreut, sondern nur durch
eine andere Form der Langeweile über sich selbst getäuscht werden.
Die Besorgung dieser Täuschung hatmun jener-berühmte Opernkom-
' 1pönist zu seinerkü nst l er i s chen Leben s a u s gäbe gemacht. . .
'Genug, daß er es, wie wir aus dem Erfolge ersehen,vollkommen ver¬
stand, zu täuschen . . . . Dieser täuschende Komponist geht 'sogar so
' weit, daß' er sich selbst täuscht. . Ueberhaupt ist das Kaltlassende,
wirklich Lächerliche ., das B e zeichnende des Judentum s
für diejenige.Kundgebung desselben, in welcher der berühmte Kob
- ponist sich uns in bezug auf die Musik zeigt."
Die Gegenüberstellung dieser beiden Stellen zeigt uns den
echten RichardW. Sein Schwiegersohn Chamberlain hat ganz recht,
wenn ex ihn folgendermaßen charakterisiert hat: „Wagner schwört
. heute bei F e u er b.ach und morgen bei,Schopenhauer,
. er äst heute R e P ud l i kn n er und morgen G o t t esgn a d e' n -
' t u m v>er f e cht e> r , heute rührt die Entartung .der Menschheit , von
s. der Nahrung her, morgen von der'Rassenvermischung ." Dagegen hat
Chamberlain,-der sich ja in der ausgiebigsten .Weise als Reklameches.
des Hauses Wahnfried betätigt hat, keineswegs auf allgemeine Zu-
( . stimmung zu rechnen, wenn er fortsährt: „Und d o ch i st er d er-
sel b e, und was er der Menschheit zu sagen hat.—: über das Wesen
. der Kunst, über eine künstlerische Kultur, über das Verhältnis zwischen
Kunst und Religion usw. —„ bleibt unverändert, gleichviel aus. wel¬
chen Materialien er den Unterbau gezimmert hat."
^ Es entbehrt nicht des Humors, daß man gegenüberW. den Spieß
. umgedreht. und seine' Musik selb " bezeichnet hat, wie
„jüdisch
dies Gust. F r e y.t a g in einem Aufsätze„Wagners Judentum in der
Musik" tat. — .Mit der' -antisemitischen Bewegung in Deutschland
• wollteW. nicht das geringste zu tun haben; er -rückte in einem Briefe
an den Direktor-AngeloN e u m a n n ,rder. selbst ein Jude war und
. chch jahrzehntelang-als der Unermüdlichste Herold des-Wagnerschen
Ruhmes betätigt hatte, aus das entschiedenste von ihr ab. Es Ist jeden-
^ US — ' ' ^ ■
falls überaus merkwürdig, daß-W. trotz seiner ausgesprochensten Feinds
schuft gegen das Judentum gerade unter -den Juden ' seine ' treuesten,
und begeistertsten Anhänger gefunden- hat ; als der beste Dolmetscher
seiner Kunst galt ihm stets der Judö Hermann Levi, dem er auch
die' Leitung des „Rings der Nibelungen" und des „Parsifal " an-
vertraute . ^ ^ -
WandervvgeHBewegung , s. Jugend. . ^
Wassermann , v., Professor, Verdienste um die ärztliche Wissenschaft,
■\ s-. Krieg, ' ' . 'V /
Weltherrschaft , jüdische.
Das antisemitische Märchen, daß die. .Juden , die Weltherrschaft
erstreben, gründet sich in der. Hauptsache- auf das Kapitel „Aus dem
Judenkirchhof Ln Prag " 'des Go^dsche-Retcliffeschen... Romans
. „Biarritz" (s. Goedsche ) und auf die vielen antisemitischen Fälschun¬
gen,. die auf seiner Grundlage von nichtswürdigen und skrupellosen
Fälschern in^die Welt gesetzt worden sind. Wie sollen die Juden
bei ihrer geangen Anzahl und bei- ihrer Zersplitterung das Kunst¬
stück fertig, bekommen- das selbst dem mächtigen Deutschland mit
seiner gewaltigen Militärischem Organisation nicht gelungen ist? Der
alldeutsch-konservaLiv -antisemitisch-deuLschvölkische /Klüngel samt feiftcr
Presse ist es doch gewesen, der uns durch seine p Han La st i s che n
W e.l t h e r r s cha f t s t r a u m e und wilden Eroberungsgelüste in
den schrecklichen Krieg Hineingetrieben hat. Im Jahre 1916 ver¬
öffentlichten die „Alld. >Bl ." an leitender Stelle einen Art 'keh des
antisemitisch-alldeutschen Hetzers Philipp S t a u s f '„Natürliche
Rechte der Völker", in 'dem es hieß: „Der .Krieg wäre i n ke i n e r
Weise weniger sittlich berechtigt , wenn wir ichn
selbe r b e g o n n en Hätten in der A b s i cht , den L e b en s-
rautit des d e uts ch en V o l ke s sei n e m i n n e r en K r ä s t e-,
wa chstum en tsprechend -z u erw eitern ." Und die be¬
kannte grimmige Gegnerin des „Sündenbabels "'^.-Berlitz'/ Frau .Mariei'
D i ers, schrieb zu derselben Zeit in der „Tgl . Rundschau" in ein er
Betrachtung über^ „Das Vaterlandsgefühl - der Deutschen" : „Wir
stehen stör der T a t s a che., -die. nur noch Schwäch l i n g e und'
L ü g ue r b estrei t e n , daß D e uts chl a n d auf der Welt- die
St 'ätt .e der kountrend en Ku lt u r ist." Die weltherrschafts-
besseisterte Dame hat hier nur nachgeplappert, was vor . ihr schon,
viele alldeutsch-antisemitische Phantasten immer und immer w eder
gepredigt haben. Und diese Leute wagen es. heute, den Juden den
lächerlichen Vorwurf zu machen, daß sie die' Weltherrschaft erstreben.
(S . Alliance Jsräölite , Lord Ndrthcliffe, Presse, Revolution .) . " )
Werner-Butzbach (früher Gießen), Prof ., s. Antisemitismus.
Westarp, Graf, -ons.- antisemitischerFührer, ' s. Deutschnat., Volksp.
Wichtl, Dr., „Weltsreimaurerei usw.", s. Freimaurer,. . , ;
Wilhelm H. und die Juden. i
W. Meister In dem. elenden Pamphlet . „Judas Schüldbüch" von W. Meister
„Judas
Schuld buch" liest man in dem Kapitel, das dem- letzten deutschen Kaiser .gewidmet
ist: ..Es ist auch ein Irrtum, daß . der Kaiser nur d a s O p für
' , ' '■' /.
%
f a .l scher R a t g d b e.r gewesen sei. . . .. . Er hätte einen solchen
^ Einfluß (von Ratgebern) nicht geduldet." -Kurz dar.arU heißt es nach
einem echt antisemitischen Saltomortale : „Es liegt Mp der Hand, 'daß
• der Kaiser . . . ein/Opfer der Byzantiner und damit (!) Judas wer¬
den m ü ß t e. . Es ist kein Wunder- daß . ;; . die Gedankenwelt
. ' - -- 119

des. Kaisers immer mehr ' in das international -pazifistische alljüdische.


Fahrwasser geriet. . . . Es folgt .dann eine lange . Listeder jüdischen
angeblichen R a t g e b e r des Kaisers, in der natürlich auch Nichtjuden .
verzeichnet stehen, wie Herr v. Gwinner, und einige Juden , von denen
^ bei den Antisemiten noch niemals die' Rede davon .war , .daß der Kaiser/
; ihren politischen Rat eingeholt hätte, wie ein Herr Lewin, der Renu-
stallbesitzerv. Weinberg u. .a. Am Schluffe des langen Kapitels- ist t.
/ zu lesen: „Die . Juden waren seine Mitgenießer , in jedem Belang.
Sie gaben > ihpr Haschisch , sparten nicht mit Weihrauch und Myrrhen
. und stahlen ihm. hierbei Szepter und die von Naumännern und an¬
deren Helfershelfern „entpersönlichte" Krone. Nachdem sie ihm aber
das letzte genommen und ihm nichts mehr abzunehmen war, schick¬ \
ten sie ihn Hen Weg , den schließlich." Das alle gehen
•' m üs s en , b i e fr chm i t I u d a einl affen . ist alles sehr
. hübsch-gesagt, einen logischen Zusammenhang vermag ' man darin
-aber beim besten Willen nicht zu entdecken/ Und derartiges blödes
.Gewäsch eines angeblich höheren Beamten wird Am den „gebildeten"
- Antisemiten gierig verschlungen. Das "ganze antisemitische Gerede
von den jüdischen „Ratgebern " des Kaisers in Politischen Dingen —
nach einigen besonders rabiaten Antisemiten soll er nur bei Juden
sich, politischen Rat eingeholt Haben — wird doch durch die einzige.
Tatsache auf das bündigste widerlegt, daß es vor dem Kriege diesen
jüdischen „Ratgebern " nicht gelungen ist, beim Kaiser durchzusetzen,
daß auch nur ein Jude zum Reserveoffizier' befördert wurde. Und ' Balltn
was" hat wer „liebe^ Bällin bei ihm erreicht? Hat der Monarch auf
dessen verständigen Mat in der unseligen II -Boot-Affäre gehört? Der
Kaiser hat gewiß mit Juden verkehrt, das tat er aber, nur , weil er
gerade rn wiesen Kreisen weit f mehr auf finanzielle Unterstützung für
Pie Ausführung gewisser Lieblinasideen zu rechnen hatte als bei,Jun¬
kern und Generälen . Hütte er nur einen .der in der Finanz, ,im Handel
und in der Industrie tätigen jüdischen Männer , die als seine Rat-
. - geber immer und immer wieder genannt^ werden, ernstlich um Rat
gefragt, so hätte er sich gewiß nicht in diesen unseligen Krieg treiben
.lassen und er säße heute noch auf dem Throne. Man ist ja auf anti¬
semitischer Seite schließlich so weit gegangen, daß man ein ganzes
Buch mit unglaublich blödem Inhalt , den S e m i - I m p e r a t o r Seryi-Jmperator
- dem „Nachweise" widmete, . daß Wilhelm II . ein „urmütter-
sei.' Alle
^ s e i t s j u d sti z g e p s r oP-f t e r H o 'h.e n z o l l e r " entsprangen
' die alldeutsch-antisemitischen Anwürfe gegen ihn
ja dem Aerger ^darüber, daß der mächtigste Mann Deutschlands, den
. der Fürst Philipp Eulenburg für den Rassen-Humbug eines Gobineau
und Chamberlain gewonnen hälfe., nicht die Entschlußkraft .fand, und
nicht, die staatlichen Widerstände zu- beseitigen vermochte, um diesen
' verrückten, Ideen irgendwie zur Verwirklichung zu verhelfen. Daß
Wilhelm II . ^ e-it seines Lebens den antisemitischen Velleitäten ange¬
hangen hat,. wie sie der Durchschnitts-Gardeleutnant , der Regierungs - ,
-referendar und die Generalstochter pflegen,'zeigt sein Telegramm an
«den Zaren aus dem Jahre .1895, worin er die von den Juden
unter¬
stützten Sozialisten und die ultramontanen Katholiken des Reichs¬
tages hängen lassen will, sowie seine Briefe an den K.a i s e r F r a n z
I o,se p h-vom 3. April 1890, wo er von der ,,v o M Juden B l e i ch-
. röd er inszenie .rt en Entr ev u e mit Wind tHorst" spricht.
Rach einem .Kommentar, / den der .bekannte alldeutsche Bismarck-
Historiker Prof , ^ i g enbrod t, wohl auf Grund persönlicher Ein¬
sichtnahme in den bisher noch nicht veröffentlichten dritten Band der

/
„Ged. u, Eriun ." in - er /M Z." (191st, Nr . 62) . hierzu gab, hat,
Wilhelm II . sich dem Altreichskanzler gegenüber noch drast' scher aus-
gedrückt: „Mas hat mein Ministerpräsident .mi t Jude n und
Jesuiten zu Lmn ?" - ' ^ ' c
' Nach seiner Entthronung hat W. II . wieder seinen antisemiti¬
schen Neigungen die,Zügel,schießen lassen. Die von Stefan
Großmann
herausgegebene Berliner Zeitschrift ^.,Das Tagebuch" berichtet im Fe¬
bruar 1920 aus einem Briefe aus,Am er o it g en , daß dev Ex-Kmserv
sich lebhaft für Dinters Zeitroman „D i e S ü n^d e w i d e r d a s
B l u t" interessiert-habe. Er . habe sich eingehend mit seiner Umge¬
bung über das Buch unterhalten und zü seinem Prediger geäußert:
„So ist es, wie Dinter es in seinem Roman schildert. Nicht
d e u Ls che Volk hat mich . v e r r a Le n , so n dorn d , i e Idas- u-
d e n und I u d e n g e n o s s e it." Wenn ein Mann, ^der über die
währen Ursachen unseres Zusammenbrüchs und ' unseres Unglücks
besser unterrichtet sein mutz, als irgendeine andere Person in Deutsch-
-
land^ ein derartiges ungerechtes Urteil abgibt, so beweist er damit
nur , wes Geistes Kind er ist. , . , ', . ^
WmdLhorst gegetr den Antisemitismus , s. -d. ' - ' /
Wotankultus, s. Rassentheorien. ' .
Wucher
. - ^ ^
In älteren Aufgaben der Lutberschen Bibelübersetzung findet
man die Stelle Pauli 1. Kor. 14, 11 in folgender Form : „So ich
nun nicht weiß der Stimme Deutung , werde ich undeuLsch
dem, der da redet usw." Schlägt man nun die Stelle In .einer sein der
neueren Ausgaben degt Lutherschen
man dort das Wort „ undeutsch" Bibelübersetzung nach, so findet
durch , „u n d e u t l i ch" ersetzt.
Unser heutiger Sprachgebrauch kennt nicht mehr die. Bedeutung von
„undeutsch" in dem angeführten Sinne . Wenn nun an dieser
dem Bedeutungswandel zuliebe die entsprechende. Aenderung Stelle vor-
genommen worden ist, so- hätten die Herausgeber der Lutherschen
Bibelübersetzung genau so die Stelle 5,'Mos. ,19, 20,- die vom Zins -
n e h m e n handelt, Dem jetzigem Sprachgebrauch entsprechend untV.
ändern müssen. Die Stelle , lautetz dort wörtlich: ^ „Du sollst an'
deinem Bruder nicht tp u ch^e r n , weder mnt Geld," noch mit Speise,
damit man w u che r n kann. An dem Fremden magst du w u che r n,
aber nicht an deinem Bruder . Es ..sei ganz davon abgesehen,^
daß das Wort „Fremder " hier nur den im Auslände wohnenden
Fremden , nicht aber den im Lande lebenden bezeichnet; das wichtigste
ist, daß das Wort „wuchern" von Luther noch in seiner allgemeinen
Bedeutung - „Zins nehmen" angewendet- wurde . Genau diese Be¬
deutung hat das im hebräischen Urtext stehende Wort nesckeek Das
kanonische Recht der katholischen Kirche über das Verbot des Zins¬
nehmens ist' ja direkt dem mosaischen Recht entnommen, und gerade
unter der kirchlichen Anschauung, nach der Zins zu nehmen unerlaubt
war , entwickelte ja das Wort „Wucher" seine jetzige üble Bedeutung:
(Die ursprüngliche Bedeutung von Wucher' ist „Nachkomme".! Wenn,'
vdie Herausgeber der Bibelübersetzung Luthers , die ja in Tausenden
und aber Tausenden von Exemplaren überall unter derDrotestantischen
Bevölkerung verbreitet ist. schon längst, , wie es sich gehörte, an dör
in Betracht' kommenden Stelle 5, Mos 19, 20 das Wort „wuchern"
etwa durch „Zins nehmen" oder „Gewinn nehmen" ersetzt hätten,
so könnte es nicht Vorkommen, daß unsere Antisemiten unter Be-
rufung auf die genannte Stelle die unwahre Behauptung aufstellen-
j —/121 ' —
daß nach dem mosaischen Gesetz der Wucher bei den Juden nur
den Juden gegenüber verboten gewesen sei, daß also die jüdische
Religion den Wucher gegenüber .einem Christen gestatte. Der un¬
gebildete Antisemit hat ja gewöhnlich keine Ahnung von dem
. Bedeutungswandel der Wörter unserer Sprache ; ihm kommt auch
'nicht beim Lesen der Bidet oder von einzelnen Bibelstellen der >
Gedanke^ daß es sich dabei um Uebersetzungen handelt , sondern er
hält zumeist den ibm vorliegenden Text der Lutherschen Uebersetznng
- für das wirklich überlieferte Wort Gottes . Und der „gebildete"
Antisemit ist in den meisten Fällen noch leichtgläubiger, und er
geht gewöhnlich noch leichtfertiger zu Werke, sonst wäre er ja kein *'
Antisemit ^ _
Es ist u n w a h r , daß die Juden von jeher den Wucher betrieben
haben. Bis zur Zeit der Kreuzzüge hören wir in dieser Beziehung
Leine Anklage gegen sie. Erst als das spätere Mittelalter den Juden
vom Grundbesitz, Pom ehrbaren Handel und allen' anständigen Ge¬
werben ausschloß, wendeten sie. sich deirr Wucher und Schacher zu, um 4
ihr Leben zu fristen. Das Verleihen großer Geldsummen an die Vor¬
nehmen war für die Juden ein unentbehrliches Geschäft; wenn sie
dabei hohe Wucherzinsen nahmen, so ist dies zwar nichd'zu rechtferti¬
gen, aber aus der beständigen Gefahr, ihr Kapital zu verlieren, und
aus de ns.hohen Steuern - zu erklären. Wiederholt ^wurden durch ein¬
fachen Gewaltakt die bei Juden gemachten Anleihen für erloschen
erklärt. Die' Fürsten entwickelten mit der' Zeit ein raffiniert durch¬
dachtes System, den Im den das O d i um de s -W u ch er tr e i -
, b ens zu überlassen, den Vorteil der Wucherfrüchte aber selbst
- nach Belieben eiuzuheimsen. Sie sahen die Juden als <^ ache .an,
die verpfändet und ausgebeutet werden durfte.
. ^U.berhaupt wurde trotz des kanonischen Zinsverbots im Mittel¬
alter auch seitens der .Christen in großem Umfange Wucher getrieben.
Als der heilige Beruh a r d von Clairvaux im Jahre 1146
während des zweiten Kreuzzuges von der Verfolgung der Juden ab-
chahnte, wies "er darauf hin, daß die chr i stl i che n Wucherer,
'die man . eigentlich gar nicht Christen nennen könne, es noch,
schlimmer trieben , als die Juden.
^ Der sozialdemokratische Abg. San d s b e r g fällte 1917 im -
Reichstage ein erheblich milderes Urteil über die ^ eU^ a^^ l!te d^ ft^
licher Kreise am Wucher als der hl. Bernhard , indem er gegenüber
. .. dem antisemitischen Abg. Bruhn das bekannte Wort Prägte, daß der
Wucher eine i n t erk o ns e s s i o nelle Erscheinung ist.
Gerade der Krieg hat uns ja mit aller Deutlichkeit bewiesen, wie sehr'
rechtder Coupletrefrain einer alten Posse hat : - V
-T/, ;v >,Ob Chr4stian oder Jtzig, ' -
/ 4 Geschäft bringt ^ mal so.mit sich."
Wie vielem Fälle von L e b en s m i t t e l w u ch er könnten ge- '
. rade von Leuten aus den feudalsten Kreisen hier angeführt 'w.rdein
' Unvergessen ist ja der im Jahre 1917 verhandelte Wucherprozeß gegen
die Frau M e t a K u p f e r aus Leipzig, gegen deren arische W- Meta Kupfer '
, stammung nicht das geringste eingewandt werden kann. Unter den
.Hintermännern der Frau K. befanden sich auch einige jüdische. Kauf-
/ leute, viel viel größer aber war die Zahl der „Einleger" und „Ein- Kriegswucher
. Negerinnen", die gus arischen Kreisen stammten. Da waren vor -
allem mehrere Mitglieder der hannoverschen Großiudüstr'.ellenfamilie
Körting, zu der auch der bekannte Führer der Alldeutschen, Geh.
; Kommerzienrat Berthold K ö r t i n g , gehört. Von den adeligen
Teilnehmern seien nur .'die folgenden genannt: Fräu Helene
v. Knob l a uch, Frau Anna v.-S t rgntz , Frl . Marthcrv. T r es-
ckow, Frau .Waldowv^. W a hl / Frau Kunigundev. Wich L, Frau"
Edith v. Z aw a d sky, Rittmeister
- ä. .D. v. Z e ch, Baron Karl
v. Z e ch, Gräfin Ludmilla v? Z epp eli n , v. Ko Pp en f e l s.s /
Mulle, R., Direktor der , .Deutschen Ztg.", s. Deutschnat. Volksp
. /
' .'v . • ' ' ' - . . .■ •
Aentrum (Christliche Volkspartei , Bayrische Volkspartei
) und Anti¬
semitismus. '
Die Stellung der Etz r istlich stn V P., wie der offizielle Name

u it d G e r e cht i g kei t , infolge deren ja auch Liste k.ei n es -


w e g s u n er h e b li che Z a h l o r t h od oxer I / u d en d em
Z e.nvt r u m a n g eh ö r en bzw. dessen Kandidaten Wählen. Be¬
fanden sich doch auch die Katholik en, die ja das Gros des' Zen-
trums bilden, und die Juden dem alten Regime gegenüber häufig
E derselb en bedrängten Stellung .^Die . Partei als
^klarung ^ geg . solche lehnt auchcheut die Judenhetze energisch ab , wie , die
Erklärung
d. Antisemitismus des Abg. I t scher t auf einer Versammlung des
Zentralvereins 1918s
. deutliche beweist , der erklärte: „Die Zent rumspar Lei lehnt
. grundsätzlich un d -pro -gram m ä ß i g> den Antisemi-
' t i sm u s ab ." Desgleichen verurteilte/ auf .dem Zentrums-
Pros : Schreiber- parte i t a g 1920 der Univ.-Prof.
Münster Schrei b e r - Münster die anti<
semitische Hetze aufs schärfste als nng e re cht , nrp^ orali s ch
und besonders . als ch ri sie n t ums fern d l i ch und
wies in vorbildlicher-Weise- rtacfj , wie Grundsätze und Ge- '
schichte des Zentrums' eine Unterstützung antisemitischer Treibereien
natu r n o Lw endig a u s s chl i echeit. Noch eine dritte Partei/,
amtliche Erklärung über/ die Stellung der Partei , aus dem Be¬
ginn 1920 liegt wor. Der Centralverein dt. Staatsb. jüd. Glaubens lud
Vertreter der Parteien zu einer Versammlung über „Antisemitismüs
und Arbeiterschaft " ein. Das Zentrum- v er zi ch1e t e stuf Estt- -
sendung eines Vertreters mit der ausdrücklichenB egr ü n d u n g,
das Zentrum nehme f o en t s chreden die Gegnerschaft gegen den
Antisemitismus ein, daß d i es . nicht . er st betont li ) er d em
Antisemitische m ü.sse. Trotz dieser am allgemeinen , auch innegeh alterten^ Ableh¬
Entgleisungen nung des Antisemitismus erfolgen hin und wieder.antisemitische Vor¬
„Germania" stöße auch'aus Zentrumskreisen . So konnte sts die „Germania" sich
im Juli 1919 nicht versagen,'die I u d e n für den B o l s che w i s -
m u s verantwortlich zu machen, in einem'Artikel, der nicht anti¬
semitischer im' „Reichsboten " oder der „Dt. Ztg.", hätte stehen können,
Mln . Volksztg ." und die
„Köln. Volksztg." benutzte den Helfferich -Zwischensall im
Untersuchungsausschuß, ,um ganz im Ton der „Tgl. Rdsch ." gegen die
jüdischen Mitglieder des Ausschusses zu Felde zu ziehen. Eine"
Sonderstellung'nimmt auch der .von Ludwig Koch. S . I ./ ge- ,
„Leo" leitete „Leo " in Paderborn ein, gegen den sogar die Zemrums-
fraktion (1919) anläßlich eines wüsten antisemitischen Hetzartikels
-,J ud en v er f o l g un ge n u n d C h r i st ent u m" durch Gröber,
Spahn und Prälat Mausbach,' allerdings.leider vergeblich , Schritte
unternahm. Erst am ersten Fastensonntag 1920. veröffentlichte der'
„Leo" wieder einen unglaublich verlogenen Hetzartikel„N i ch%I vuf
den ha tz, so n d er n C h r i ste n.schu tz", den die gesamte anti-
semitische Winkelpresse begeistert abdrückte. - Uuf derselben Stufe stehen
die Angriffe' deL Abg. Heß auf das Judentum , dessen Einfluß auf Abg. Heß
Literatur und Kunst moralschädigend' wirke. Auch in derkathol .schen
Provinzialpresse sind antisemitische Ausfälle mitunter zu finden, so Provinzpresse
namentlich in der „S chl e si s che it Volkszt g/ ' , - dem -„M ös - '
„acher Volksblatt" und besonders den bayerischen Zen¬
trumsblättern . Ueberhaupt nimmt Bayern und die nunmehr vom
Zentrum abgespaltene „Bache rische V P." in der antisemitischen Bayrische Vp.
F rage eine Sonderstellung
ich -Sozialen
ein en
Luegerjch
. den die sich CH ri
in Oesterreich annähert . Alt rdinas erklärte der
st¬
Ür. Heim
Führer dieser Partei , yx . tz e im , kürz nach ihrer Gründung , die Be¬
hauptung , die „ P a rhei h a b e ,d i e Jude hj/e tze als ei n e
i hr er Grün dtendenzen erklärt , als ' „g lat t e n
Schwind e l", und sein „Regensburger Anzeiger" schrieb gleich-
.zeitig: „Die Bayerische Volkspartei kennt keine n Unterschied zwi¬
schen Deutschen: und Bayern j ü dis che n Glaubens und .Deutschen
und Bayern *christlichen Glaubens . Für die Bayerische Volks-
Partei spielt auch die Rassenzugehörigkeit keine R o l l e."
Ihr Auftreten in der jüngsten Zeit aber, die maßlosen Verdächtigungen
der Juden als Schieber,,„ as Gerede von „B e.r l i n e r Juden-
zw er gen ", von „N e u j e rn pa l e m an der Spree ", seine
Hetze^ gegen hie Ostjuden und die schlechterdings nicht zu überbietende
a n t i sem i t i s che H 'etzs s e i n e s „R e g e n s b u r g e r An z." '
lehren, wih wenig Glauben seine schönen Worte verdienen. Auch das
ganze Verhalten des der Bayer . Vpt. nahestehenden Ministerpräsi¬
denten- v. K a h r , der sich v ö l l 'i g ^un t e r das D i kt a t des
Dt . Sch utz.- und Trutzb u n'd es begeben hat mit den / .
Auslände r a ü s w e i s.u n g e n. fällt nös!"i auf Va^ antisemitische
Sünhenregister des Abg. tze im und seiner Freunde Speck , Held
u. a. nt :, deren Vorbild der verstorbene Jpden - und Prenßenfresser
Or . i'iir . Sigl und :sein „Bayrisches Vaterland " zu sein scheinen.
Zionismus.
ih -Theodor Fritsch hat .im Jahre 1919 an den damaligen Reichs¬
wehrminister N o s t e in bezug auf eine von diesem gegen die anti¬
semitische Propaganda im Heere gerichtete Rede einen Brief ^er.chtet,
in dem es u. a. hieß: „Zu einer Ablehnung des Judentums nötigt
Uns vor allem aber der Umstand, daß die Hebräer —- nach ihren eige¬
nen- Eingeständnissen — sich bis auf den heutigen Tag als eine b e --
sondere Nation fühlen , die jede Verschmelzung mit anderen
Völkern ablehnb und ihren eigenen nationalen 'Sltten und Gesetzen-
untersteht." . Diesen Ausführungen ließ vr . M . S p a ni er - Magde¬ vr. M. Spanier
burg folgende Widerlegung zuteil werden: -
< „Nicht die deutschen Juden in ihrer großen Mehrheit, sondern die
Zionisten in winziger Minderheit bekennen sich zum j ü d i s che n
'Nationalismus. Uns ist dieser Begriff eine Verschrobenheit,
eine Utopie. Nach der Zerstörung Jerusalems (70), nachdem die Ju¬
den sich über alle Länder verbreitet haben, gibt es kein jüdisches Volk,
keine jüdische Nation mehr. - Um ganz, klar zu sein, bemerken wir, daß
wir unter „Volk" die Gesamtheit aller Staatsangehörigen, ' unter
„Nation " die Gesamtheit von' Individuen begreifen,- die einem beson¬
deren^Staate angehören. Die Juden bilden lediglich eine Glaubens-
oder Religionsgenossenschaft . Dem Begriff Judentum , inhärieren nur
religiös e —- nicht Politische— Momente. Wir Juden wollen Deut¬
sche-sein-und uns von anderen Deutschen nur durch die Religion unter-
124 -7 ; . *
scheiden . Die Judennot hat den Zionismus geboren, , und es ist voll--
^ auf berechtigt, , den verfolgten und heimatlosen Juden eine öffentlich-
- rechtliche Heimstätte " zu schaffen und dazu beispielsweise Palästina
- / als Stätte jüdischer Besiedlung ' auszuersehen- -- aber die Geschichte be¬
lehrt uns, daß der Gedanke einer n a t i o n a l eit W i e d er g eb u r t '
des jüdisch en Vo lk eZ zu verwerfen.ist." - V ;
Dr. /Spanier hat hier, in wenigen klaren.Sätzen die ablehnende
- ' -Stellung der großen. Mehrheit der deutschen Juden -gegenüber.dein '
. 7 Zionismus treffend zum Ausdruck gebracht . Die schlimmste Seite der
zionistischen Bewegung ist, daß sie'junge unbedachte Köpfe , wie die
Herren Klötzel und Goldsteinu. a.', zu anmaßenden und überheblichen
^Aeußerungen verleitet/hat, die dann von antisemitischer Seite ganz
gehörig gegen die deutschen - Juden ausgeschlachtet werden.'. Welchen'
n, «frtfeTtn • * Jubel löste es beispielsweise im antisemitischen Lager aus, als int
‘ ® Jahre 1918 ein zionistischer Heißsporn , Dr. Jakob Klatzkin, in
- / ' -einem jüdischen Studentenverbande in Basel einen VFrLrag hielte in
dem er die strengstd Scheidung der Juden von ihrem
'„Wirtsvolk" schon als Ausfluß des gegenseitigen>R er n l i'ch-
. kei t s g e.f ü h l^s-forderte und noch des weiteren ausführte: „Wir sind
^ ‘// n i cht D.eu t s che, Franzosen usw, und Juden obendrein, unser Jude- .
< .sein ist nicht Ueberbau eines Deutschseins usw,, wie es ihm nicht Unter- -
' bau ist; diese Seins schließen sich gegenseitig aus. Wir sindI u^d en
' o h n e B i n d e str i ch, weil ohne Abstrich,
- Juden ohne
und ohne Vorbehalt; wir sind s chl e chj h i n W e-s'enVerklauselung
sfrem de,.
sind ein F r em d v o l k i n e u r er M i t t e nn d w o l l en e s auch
? , / bleiben. Eine unüb erb rückbchre Kluft gähnt zwischen
^ euch und uns; fg: em d ist uns euer Geist, euer Mythos und Sage,
" ^ euer nationales Erbgut; fremd sind uns eure U eb er l i ef er u n-
gen , Sjtten und .B rauche,' eure religiösen und nationalen' .
A '
Heiligtümer . , eure Sonn - und Feiert age sie — sind’ uns
/ 1 grauenhaft e E r^i n n er u n g en an die mit Vorliebe an diesen
. Weihetagen von euren Vätern an den unseren verübten Schandtaten ;'
„ fremd sind uns. eure nationalen Gedenktage •.,. . . E ü r e L a n d e s-
. ■. grenzen g i enzfett ni cht unser V o lb ab, und eure. Grenz-
streiLigkeiten sind nicht die unsrigen; über sie hinaus 'besteht unsere Ein-
' - heit, ülldr alle Bedingungen und Scheidungen eures Patriotismus '
hinweg." . . " "• ' K
. . Jeden wahren Freund her völligen Gleichberechtigung .-der Juden
mit den übrigen Staatsbürgern müß es mit aufrichtiger Betrübnis ^
erfüllen, wenn er aus einer solchen Rede ersehen müß, wie' sehr die
zionistische Bewegung.in gewisseü Kreisen des Judentums starren Hoch¬
mut und verknöcherte Selbstgefälligkeit hervorgerufen hat. Diese Fa->
' natiker des jüdischen Nationalismus sind leider mit Erfolg bei den
alldeutschen Nassentheoretikern und Antisemiten in die Schule ge- '
: gangen, und es ist überaus bezeichnend , daß ihnen gerade von dieser/ . j
■ . ' . Seite her wiederholt das begeistertste Lob gespendet -worden . ' -
. ' ‘ ,,Nationalwahn ist. ein furchtbarer Name" und „Der Nationalruhm äst ist
X ein täuschender Verführer" —diesebeiden klassischen Sätze aus-Herders
— ... „Briefen zur Beförderung der. Humanität"- gelten genau so für die
-- alldeutschen wie für die jüdischen Nationalisten.,
Als einer der schärfsten Gegner der Zionisten hat sich in jüngster -
Sonstant . Brunner Zeit der. philosophische Schriftsteller
Constantin B r u n n e r bekundet >.
der ihnen in seinem großangelegten und geistvollen Werke.„Der Juden- x
haß und die Juden" u. a^ folgende Sätze ins Stammbuch geschrieben
hat: „Neben dem Judenhaß muß hier jedoch auch noch derZ i o n i s - .
mMs betrachtet werden,' das z w e i t e P f e r d va M Ü n glü cks^
Wa gen und wohl das st'ä r ! e r e i m Z i e h.em , wodurch Deutsche
jüdischer Abstammung aus dem.-Gefühle ihres Deutschtums heraus¬
gebracht werden. (S . 101.) . . . Der- Zioni sM us und d.er J u¬
denhaß h än g en aber a 'uf .s engste zu sa mmen wie Wir- .
kung und Ursache. Der -Zionismus ist die verkehrte' Reaktivität der
Juden , der H e r ein fall der I u de n auf d^e kk r a s s en-
theor eti s che n ^J -u d enha ß"— solcher Juden , die nicht einsehen
können, dast es mit der Emanzipation langsam- geht" und unmöglich
' ohne Rückfälle vorangehen kann. . (S . 110.) . . . Man kann es bei
Z o l li chä n „Das Rassenproblem" Nachlesen , wie der Zionismus'
-den' Chamberlain zum Lehrmeister nimmt und dessen unsinnwüsteste
Offenbarungen nachlallt. . . .Oer Zionismus führt nicht
stach Zivn / sond ern 5ins Ghetto, .
wenn auch, nicht
korporaliter, so doch mentaliter ; ins Ghetto ohne.Mauern , in die Ab¬
sonderung nach Leben-und Lebensgefühl. Wie konnten Deutsche jüdi¬
scher Abstammung von einer jüdischen Nation zu reden , beginnen
und aus der bösesten. Verleumdung den Traum ihres größten Un¬
sinns machen! (S . 112.) . .. . Di e I >u d en ei n e Nation!
Der Oesterreicher Herzl hat sie gewiß verwechselt mit den nach na¬
tionaler Selbständigkeit ringenden österreichischest Völkern, und .an¬
dere haben Zionsehnsucht der frommgläubigen ..Juden mit .politischem
Heimweh, mit politischem Zionismus verwechselt/die doch aber nichts
. miteinander gemein , haben (S . 113.) . . . wie es unter diesen
Zionisten bereits unleidliche Chauvinisten gibt, deren zionistsche Be¬
tätigungen . gegen die Nichtzionisten manchmal nicht besser sind als
Äntisemitismus . . . . Der Zionismus ist die Traufe Regens
Antisemitismus und die Zionisten sind den Juden gefährlicher als
die' Antisemiten.. Indem die Zionisten den gefährlichsten aller Fehler
begehen, die Juden zu isolieren, und ihnen den lächerlichsten Na¬
tionalismus , den anchionalen und antinatiönälen Traumnationalis-
mus aufzureden, bringen sie'tatsächlich die Juden zu dem, weswegen
die Antisemiten sie nur verleumdeten. (S . 114.) . . ." Die kleinste und
uMdealste Auffassung aber, dünkt mich^ haben die Antisemiten und t
die Zionisten, welche beide darin übereinstimmen, die ' Juden eine
Nation zu nennen und sie nach Palästina zllrückzuwünsch en. Die \ . '
I u d e n ein e N a t i o n u n d n a ch Palästin a! Nicht einmal
' Germanen,, die doch Wohl eher Nationen .bilden, könnten in ihre Ur¬
heimat 'zurückkehren. - . ,
Zorn, Pros .: „Das deutsche Judentum hat seine vaterländische Pflicht
-/voll erfüllte s. Krieg (die Juden im. Kriege). '
, Zuntz, Prof ., wichtige Kriegsentdeckung, s. Krieg.
Zusammenbruch.

. • :Chercliez le full " heißt es bei den Antisemiten auch hinsichtlich
der Schuld an unserem Zusammenbruch: Die -Juden sind es natür¬
lich gewesen, welche die Front zermürbt , den berüchtigten „Dolchstoß
von hinten" geführt haben. Mit Verlaub — waren denn die Pazi- Ihristl .PazifiMen
fizisten, deren Agitation und Schriften viel angefeindet worden sind,
samt und sonders Juden ? Vielleicht der frühere Kruppsche Direktor
Br. Muehlon , oder Prof.-Fr. W. Förster , oder Fritz von Unruh, der
Generülstahs-Hauptmänn v. Beerfelde, etwa Fürst Lichnowskyu, a. tri,?
Nein, die Schuld lag viel, viel tiefer, in den ganzen Verhältnissen.
Schon am 1. Okt. 1914 schrieb selbst ein Th. Fritsch in seinem
„Hümmer", dcch„da bei uns am .deutschen Geiste und an der deut-
— ise — ^ ■'

scheu Seele furchtbar gefrevelt worden^ es ein Wunder wäre, wenn


das Schicksal solchen Frevel ungesühnt ließe^. Ebenso erschien in der
gleichen Zeitschrift vom August 1919 ein Artikel „Reichtum und Rassen-
. Mischung als Ursachen, des Verfalls", in . dem der. ungenannte Ver- jf
fasfer sagt: „DieW urz el d es Uebels liegt .nicht im,Ju-
d e n tum, sondern in 'der ungesund schnellen Entwicklung' der letzten
70 Jahre ." * Daß man ob dieser Ketzerei Herrn Fritsch im antijemi- I
tischen Lager nicht gesteinigt hat, darf wundernehtnen. < ^ -
Als Zeugnis dafür, daß nicht die Juden die Schuld am Zusam¬
menbruch getragen Haben, sondern eine Reihe ganz^ anderer Mo-
mente, insbesondere die Zuspitzung der Lage an 'den Fronten , wollen j
wir hier die maßgebendsten! Faktoren selber sprechen lassen: H i n - j
Hindenburg und denburg und Luden dorff. Nach den „Kriegserinnerungen"- :
,Ludenvorffm?er des letzteren legte d^r Generalfelomarschall am 3. Okt. 1918 in einer / ' '
.Zusammen ru ) Sitzung des Reichskabinetts eine Darstellung vor, in der es u. a. -
. > heißt: „Jnfo/ge des Zusammenbruchs der mazedonischen Front , der
. / 'dadurch, notwendig gewordenen Schwächung ^unserer Westreservön
. und infolge der Unmöglichkeit, die in den Schlachten der letzten Tage.
eingetretenen sehr .erheblichen Verluste ; zu ergänzen,' besteht. nach |
-" menschlichem Ermessen I ai ne Auss i cht m e hr -, dem F e in d e - ^
^ . . den Frieden aufzN zwin gen ." Und in seinen eigenen „Er- ' v ' ;
innerungen " spricht der Feldmarschall nach dem 5..Okt. 1918 von „ der-
Ermattung in der Spannkraft der Truppen , dem Niedergang ...in der
' Zahl 'der Kämpfer und dem wiederholten Einbruch des Feindes "/
' , wer zum -Rückzug auf kürzere Linienzwang . Der Kampf würde, wie
Ludendorff selber (S . 586 seiner Memoiren)' zugeben muß, .,mit
u n g e n ü ge n den . Mit t e l n vier Jahre lang geführt" —7- wer ' ,
aber trug hieran die Schuld, die Juden oder die militärischen
; l Stellen , die einen Krieg vorzubereiten und durchzuführen hattem
In dieser Hinsicht sind die schwersten Fehler gemacht worden
nach allen Seiten hin ! Gebenwir ^wieder einwandfreiem christlichen
Zeugen das Mort . So . gibt Hin den bürg als Grund furchen " ' . '
verhängnisvollen, vielleicht den Krieg entscheidenden Aüsgang der.,
Marneschlacht an : „ ungenügendes Eingreifen von sei-
S't e n d e r O. .H. L. in die Bewegungen der .Armeen und vielleicht
. auch m a n g e l n d e s E m p s i n d e n b e i e i n z e l n e n B es eb l s- '
be Hörden ". Die — wahren Gründe für unseren Zusammenbruch -
Generalv. Gleich erkennt General v. Glei ch in seiner sehr beachtenswerten Schrift
rü^ eÄri ^ unaen" a^ e Armee 'und ihre Verirrungen " Leipzig , C. F . ,Köhler , '
m , ö der u. a. ausführt, wir hätten vor.allem für einen ZweifrontLukr eg- ..
. mit,einem weit größeren -schlagkräftigen Heere bei Kriegsbeginn da-! "
' . stehen müssen, anstatt später nur .ganz m a n g e l h ä f t a u s gech i l- '
" . deten Nachschub ins Feld zu schicken . Ueberdies habe dcks oft
' - ungeeignete Au s.b i l d u n g s pe r s o n a f; durch völligv ver-
, • kehrte Behandlung Erbitterung hervorgerufen. Die . K r i e.g s -
Müdigkeit führt der Verfasser auf die wesentlich verschlechtert
' Bedingungen des' Lebens im Kriege zurück und erwähnt dabei, daß •
aus taktischen Gründen die, Presse die zu ne .h m en d e Ber¬
sch l e cht e ru n g d er Ar me e in Abrede stellen müßte ! Und noch'
. einen anderen wesentlichen Grund für unsere Niederlageführttzerrch
. v. Gleich ins Feld : „Ueberrascheüd schnell ist. jetzt vergessen worden,! . > .
daß auch für uns , mochte unser Heer an der Westfront dastehen, wie -
es wollte- die P ar t i e n a ch d em Z u s a m m en b r wch un ser er
' Verbündeten unrettbar verlor e,n war ." Des wei-.
teren berührt' der Verfasser die Unterschätzung der miliätrischen
■r r — 127

Fähigkeiten dest gegnerischen Soldaten, das' Besserwissen der höheren


Stäbe, die sich den Einwendungen erprobter Frontofsiziere verschlossen,
die Mißachtung des Technischen , das anfängliche Fehlen' von Tanks— . .
die, uns ursprünglich mrgeboten, aber zurückgewiesen worden waren! —
; die Inferiorität unserer.Feldartillerie rrnd-die frühere Zurücksetzung
unserer schweren(Fuß-)Artillerie. Auch die Trupp ensührung schneidet
in der Broschüre nicht sonderlich gut ab; ,ebenso wendet sich.der-Ver- ^
fasser gegen die Ernennung gewisser Heerführer, namentlich des'
' Kronprinzen. Nachdem-dann noch General v. Gleich nächzuweisen
-' versucht,-daß wir mit" unseren immer schlechter werdenden Truppen
'angesichts bei* Uebermacht der Gegner erliegen mußten, weil,ohne -
Rücksicht auf den Ausgang einzelner Schlachten oder auch einzelner
'' %Operationen bei langer Dauer einetz Krieges die Wagschale mit Na-
^ turnotwendigkeit immer mehr zügunsteü der höheren Bevölkerungs-
ziffer neigen wird, schließt er seine Darlegungen mit folgenden/
Worten: * / / ■"""■ " ' , ' _
' . „Nicht gerechtfertigt war die. starke Selbstüberhebung , mit 'der
wir in den Krieg zogen. - Der Weltkrieg war die Fortsetzung unserer
. nachbismarckischen WeltpoMik , die ihre Ziele nicht der wirklichen
' Macht entsprechend zu beschränken wußte./ Sie bemühte sich , mög¬
lichst überall eine deutsche Karte ins Spiel zu bringen.. Sie übersah
~ dabei,' 'daß die Zahl der Trümpfe eine geringe ist. .Wir mußten sie
. / 31t früh ausspielen, und mit den verbleibenden schlechten Karten; -
konnten wir höchstens das Ende des Spieles verzögern. Der
Weltkrieg aber war f ü r uns Verl 0 reu , n och ehe. er
b e g 0 n n en. h a t t e." . (
, -Di .e Un Ler s chä tz,un g unserer Gegner , eigene.
' .S el bst ü b er h e bu n g/ bei ^schwersten Mängeln unsere r
- Tr up p enführ u.n g haben also den Z u s amm en b r u ch
v er s chu l 'd et , nicht zuletzt der mit. völlig unzulänglichen Mitteln / '
// ' unternommene II - B o 0 t krieg der ." den Transport der amerika¬
nischen Armee und damit die . riesige Uebermacht der Gegner nicht
verhindern konnte.? Die schließliche D i r ekt i 0n s l o s igkeit' der
H e er e s.l ei Lu n g , der,,Nervenzusammenbruch " Ludendorffs mußte
' . nach alledem zur.: Katastrophe führen. Um der Le'gendenbildung ent-
.. gegenzutreten , sei darauf hingewiesen , daß am 28. September 1918
"Oberst Heye den Führern der- Reichstaasfraktionen im Auftrag/der .verlangen Friedens¬
der
.> .Obersten Heeresleitung mitteilte, daß sofort e i n W a f f en sti l l * O . H.-L.
' sta n d geschlossen werden.müßte, da d i e Front n Ich t m eh r
- z u h a l t en sei, daß^ ferner am 29. September Ludendorff
selber diese Erklärung in dringendster Form- wiederholte und am
1. Oktober' Hindenb ü r g erklärte/ auch unter Opferung von
Elsaß-Lothringen und der deutsch -polnischen Landesteile m ü ß t e -
-■ F r i e den g e m acht ' werden. . . .
Sogar die An t i sem i t e n selVer haben ' früher die Schuld
am Zusammenbruch nicht den Juden in 'die Schuhe geschoben ! Antisemiten üb-r
Von einer „tragischen Schuld Lud endorffs" spricht selbst die wahre Schulv
der. Generalstabschef der alldeutschen Hetzpresse , Pros. Frhr . v./Li e - a.Zusammenbruch
big. Ein hochangesehenes konservatives Wochenblatt „Das/neue
Deutschland " .erklärt den' Fall Ludendorff mit Recht als den Angel-
' Punkt unserer Niederlage: „Erst ein Illusionismus bis zNr
Bewußtlosigkeit gnd
. . . -— nachhev . als die Illusionen
7 als Seifenblasen erkannt wurdest, hilflosester a l l er schwär - „
zester P essi m i s m u s , ein Hinschmeißen des Möglichen mit.dem
- Unmöglichen ." In „Deutschlands Erneuerung" ^sprach Prof, von
L i eb i g von den Ursachen'der schlechten Stimmung an der Front^ ' /.
die die Katastrophe , mitverschuldet habein Er führt u. a. an die
„häufig fehlerhafte und s chlechte B ehand ^lun g d er Mann¬
schaft en ". Ferner hätten „s ch wer e S ch^ l d h ö h e r e O f
si ziere „und ganze Armee -/Ob erkotnman dos auf 'sich,
geladen, die<tz e e r eseinri cht un g en u n d' B ef eh ls g .
Walt mißbrauchten , um sich persönliche Vorteile -
und Bequemlichkeiten ?zu verschaffen ". Selbst dsr ' HauptschriftleiterV >
dieses Blattes, J3r. Erich Kühn, früher ein. fanatischer Lobredner der ^
Obersten Heeresleitung , tadelt die Ue b er sp a n n u n g d es S u b-,
o r d i n a t i o n s g e d a n ken s in -unserem Militarismus'' „Dieser - '
kannte lediglich die Formel: du sollst! also mußt du wollen, dann
kannst du auch. Die natürlichen Grundlagen des Wollensund Kön-
nens hat dieser!Militarismus"mißachtet , ja verachtet." Der d eütsch-
natio 'n a l e Hand l un g s g eh i lf e n - Fü h r er L ' am b ach
bringt in seiner Broschüre„Die Ursachen des Zusammenbruchs "
, falls unzählige Einzelbeispiele dieser A uswüchs e d es M i l ieben- ta- .
. rismus, des rüden Verhaltens vieler Offiziere, die ihre Sol¬
dat en w i e Verbrecher b eh a n!d es t e n, die' andererseits
„sich nicht scheuten , sich auf Kosten der Marmschaften einen guten Tag
zu machen", unter denen „eine schamlose Selbstsuch t Platz ^
gegriffen hatte, die sie in ihrer Brutalität nicht einmal, verhüllen .
- mochte ". Durch. Millionen solcher Vorkommnisse sei eine S t im - .
m u n g gezüchtet worden,' die „letzten Endes Deuts chl a n d zu - .
B öden g e w o rf en hat ". In einer schwachen Stunde hat auch
der bekannte„Knüppel-Kunze" den Weg zur Wahrheit gefunden und'
in s ei n er S chr i f t „Die S chu i di gen" ebenfalls die tiefe
D emor äli si erun g un seres Offi ' zi erk orps
' insbesondere darin zum Ausdrück kam, .„daß viele Vo rbeklagt , die
g es e tz'ke
die,Macht, die ihr Dienstgrad ihnen verlieh, zur Erlangung p er - ^
s ö n'li ch er Vorteile, benutzten". Das ' habe „schließlich - zu
grenzenloser Verbitterung geführt". ^ -
Aus alledem erhellt zur Evidenz, daß die Juden an der größten- -
Katastrophe , dle je die. Well gesehen , kein Verschulden trifft, sondern ?•
daß die Front crn d er Front selbst zermürbt worden ist! /

ick von Möller & Borel G . M ' b<H ., Berlin SW 68.

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