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Herausgegeben
vom
Berlin 1920
Herausgegeben
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Berlin 1920
i.
Geleitwort.
- „W oXXt e G o.t t , d a ß das n u r d i e ,S pt a che d es
P .ö bels wäre 1" Diesen Ausruf , den der Held Fön Lessings
Schauspiel „Die Juden " schmerzlich bewegt angesichts der antisemi¬
tischen Schmähungen . und Beschimpfungen eines verbrecherischen
Räubers und Wegelagerers tut, wird/jetzt so manchem - auf die Hip¬
pen kommen, wenn er sehen muß, daß bei det gegenwärtigen anti¬
semitischen Hetze namentlich Leute aus den .sogen, gebildeten Schich¬
ten sich in besonders gehässigen und ungerechtfertigten , Angriffen
gegen die Juden ergehen.^ Es kennzeichnet Merhciupt :die neue anti¬
semitische Bewegung , die man während des Krieges und nach dem
Kriege entfacht hat, um die Schuld an dem Unheil , das unser armes §,
Vaterland betroffen hat, von . den, wirklich Schuldigen auf die Juden
als Sündenbock abzulenkeu, daß an ihr vorwiegend die sogen, ge¬
bildeten Kreise beteiligt - sind. Es rächt sich heute, daß man bei uns
.seit jeher besonders daraus .äusgegangen ist, gegenüber der wissen¬
schaftlichen Bildung , die man den besser-situierten Schichten des Bür-
.gertums zuteil werden ließ , die Politische Bildung ganz ungebührlich
zurückzustellen. Darum tut jetzt Aufklärung über - alle die von anti¬
semitischer Seite vorgebrachten Beschuldigungen und Vorwürfe iw.
allen Kreisen der Bevölkerung dringend not . . Aus diesem Gesichts¬
punkt heraus ist die vorliegende Schrift entstanden. Bei der Fülle
des Materials und. weil die Zeit drängte — das Buch sollte noch
in der Wahlbe.wegung für die Reichstagswahlen nützliche Dienste
leisten —, konnten nicht» alle l)ier in Betracht kommenden Fragen
erschöpfend behandelt werden , trotzdem -wird der Leser darin vieles
finden, , was ihn in die Lage setzt, den antisemitischen Angriffen,
Schmähungen und Verleumdungen sofort wirksam entgegenzutreten.
Wer weiteres literarisches Rüstzeug im Kampfe gegen den Anti¬
semitismus wünscht, dem seien noch die folgenden . Schriften beson¬
ders empfohlen, die von unserem ^Verein bezogen werden können:
A n t i s e m i t e n - S P i e g e l , 3. Ausgabe (1911), die nament¬
lich eingehend die politische Seite des Antisemitismus be-
handelt . - ' /'
Antisemite n - S P i ege l, 2 . Ausgabe (190Ö), in der be¬
sonders die gegen die Religion und die Sittlichkeit der Ju¬
den, gegen den Talmud usw. erhobenen Angriffe -ausführlich
widerlegt werden, . . V ]
Her politische Antisemitismus von 1907— 1911.
Der Juden Anteil -am Fortschritt der Kultur . ‘
Die Juden im Heere.
Die wirtschastl/ Lage, soziale Gliederung und Kriminalstatistik'
der Juden . ' .
Die Agrardemagogie ' in Deutschland.
Die polit . Mittelstandsbewegung in Deutschland.
Der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband . .
' Die deutschen Juden im Weltkriege, von Karl H i l m a r.
' - Die Juden und die>Gebildeten unserer Tage, von Dr . Julius
Simon.
Agrardemagogie.
Die im Bund der Landwirte , den Landbünden / Bund
der Landwirte
und übrigen agrarischen . Organisationen verkörperte Landbund
Agrardemagogie erblickt seit jeher in dem Antisemitismus
eines ihrer . stärksten Zugmittel . Schon in der Versammlung des
Jahres 1893', in der die Auflösung des .„Deutschen Bauernbundes " ,
und seine Fusionierung mit dem neugegründeten ,Munde der Land¬
wirte " beschlossen wüvde, proklamierte Herr von Ploetz als poli¬
tischen Leitsatz den „Kampf gegen die zersetzenden Mächte des Frei¬
sinns, des Ju d e n t u m s und der Sozialdemokratie ". ^ Und in der
nächsten Generalversammlung (Februar 1894) wurde einstimmig be¬
schlössen, daß jedes Mitglied einer der christlichen Konfessionen
'angehören müsse .. Seit dieser Zeit ist kaum eine Generalversamm¬
lung öörübergegangen, ^ in der nicht geradezu fanatische Hetzreden
gegen die Juden gehalten worden sind. Für das antisemitische Bei¬
werk hatte in der ersten Zeit vor allen Herr Liebermann von
> Sonnenb erg zu sorgen/dann ersetzte ihn nach dieser Richtung
Herr Dr . Hahn. ' -
-Auf der Bündlerparade von 1910 bezeichnete Prof . Dr . Suchs¬ S -'chsland, Pros.,
land - Halle als Referent- über die Reichserbschaftssteuerdie Par¬ Rerchserbschafts-
steuer
teien der Linken als die „B esti en d er N a t iw n" und meinte, die
liberalen Parteien träten deshalb für die Besteuerung des
Erbes der Deszendenten ein, weil die Kapitalisten, um der Steuer
zu entgehen, den Kindern schon bei Lebzeiten einen Teil ihres spä-
' teren Erbes in bar auszahlen würden. An dieser Mobilisierung der
Kapitalien habe aber die Börse ein begreifliches Interesse, und
„das w ä h r e Gesicht der Besteuerung des Kindes- und Gatten¬
erbteils hat also als Hauptkennzeicheneine krumme Nase ". Und
der gesamte Liberalismus falle „vor dieser wohlausgebildeten Nase
auf o i e K n i e". Der Vorsitzende, Herr v. Wangenheim,
richtete an den Redner Worte des Dankes, denen er die Bemerkung
/hinzufügte , der Bund könne sich nur freuen, „daß es doch noch einige
* Professoren, von denen der Referent ein' Exemplar ist, in Deutsch¬
land gibt, die wir für uns haben". Der Buntd liebt es zwar, mit
„wissenschaftlichen- Autoritäten " zu prunken, in Wirklichkeit ist aber
Dr . Suchsland kein Universitätsprofessor und auch nicht Sachver¬
ständiger in Steuer - oder sonstigen wirtschaftlichen Fragen ; er ist
vielmehr Gymnasial-Oberlehrer in . Halle.
Einen sehr stärken antisemitischen Einschlag wies auch die letzte
Generalversammlung (1920) auf . Der Nachfolger des Dr . Hahn im
, Direktorium des Bundes der Landwirtg , Regierungsrat Dr . von
,V olkmann, gab folgende angebliche Aeußerung eines Land¬
arbeiters zum besten: „Während wir armes Volk mit Gefrierfleisch ab¬
gespeist werden, schwelgen die Juden und die Schieber im
Ueberslutz." Ein anderer Redner schob die ' Schuld an der jetzigen
schlimmen Läge darauf , daß ,-der deutsche Geist einmal diese gelbe
1*
\
1
' - ■ ■- .4 ? - ' ;
Wncherb ln in e , die aus Asien herstammt, auf seinen' Acker ver¬
pflanzt hat, so daß rnan heute Berlin kurzweg als -Neu - Jeru¬
salem bezeichnet".' Der Redner feierte demgegenüber den „G e i st
v o n P o t s d a m".v Nun, es gibt nicht wernge Bündler , und zwar
. gerade solche, die so recht vom Geiste von Potsdam erfüllt sind, die
die „gelbe Wucherblume" sehr wohl zu schätzen wissen, wenn sie nur .
einen recht kräftigen metallischen Beiklang hat.. Als Schluß- und
Paradepferd erschien im Zirkus Bnsch gewöhnlich.Herr v. O l d e n -
b u r g - Januschau aus der Bildfläche, er enttäuschte aber das. letzte.
Mal seine Hörer gewaltig durch einevrecht larmoyante Rede.
Als vor 27 Jahren der Bund aus der Taufe' gehoben wurde,
-sprach ein Mann , der sich um xbie. deutsche Landwirtschaft«ungleich
größere Verdienste erworben hat als der -gesamte B . d. L. währeno
seines 25jährigen Bestehens, über den äußeren -Verlauf , der Grün¬
dungsversammlung sich sehr abfällig äus . Er verurteilte das
,cherbe , h äßliche Ges chrei" und noch mehr „die allzu durch¬
sichtige Unwah r h a f t i g ke rt ". Die Führer, , „waschechte
Agrarier ", hätten sich „in bemerkenswerter Weise den T o n von
Demagogen Versammlungen angewöhnt ". So Max
Eyth, der Begründer der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft,
. die durch systematische wirtschaftliche Belehrung der .Landwirte über
\ die Fortschritte der Agrikulturchemie zur Förderung der landwirt¬
schaftlichen Produktion tausendmal mehr , beigetragen hak, als der
B . d. L., der seine Hauptaufgabe in der Entfesselung einer wüsten
Jnteressenpolitik und einer noch wütenderen antisemitischen Hetze
erblickt. — Eine ausführliche Darstellung der agrardemagogischen
Agitation enthält der „A n t i-s e m i t e n s p i e g e l" (3. Aufl.)
S . 68 ff. vnd die besondere Schrift von Curt. Bürger Die „ ,Agrar¬
demagogie in Deutschland". ' - ' . -
In der jüngsten Zeit macht den Großagrariern des V. d. L.
die Entwicklung, welche die von ihnen heimlich geschürte und finan¬
zierte Bauernbunhbewegung insbesondere im Süden und Südwesten
Deutschlands genommen hat und die eche innige Wesensverwandtschaft
mit der Tonart und Taktik' des B o l s che w i s m u s zeigt, lebhafte
Sorge . In Bayern hat . der Bauernbund unter -Führung eines so
gerissenen Demagogen wie Gandorfer alle Phasen der revo¬
lutionären Entwicklung bis Amn. blutigen Hyperradiknlismus der
Räteregierung mit Begeisterung .mitgemacht. Aus Baden,
Württemberg und insbesondere Hessen liegen positive An-
. zeichen dafür vor, daß dort von skrupellosen- antisemitischen Dema¬
gogen fieberhaft auf eine ähnliche Radikalisierung der ländlichen
Bevölkerung hingearbeit^t wird. Jedenfalls unterscheidet sich ihre °
politische' Wühlarbeit in nichts mehr vom der von Spartakus . Der'
_ . badiscke Minister des Innern , Remmele. bat sogar von einem .
Bauernschaf? „Bolschewismus in der Bauernschaft" gesprochen . In.
Württemberg hat ;ehi Führer des Bauernbundes offen ausgesprochen:
„Die Bauern hoffen, wenn es nicht anders geht (d. ch. wenn -die
Zwangswirtschaft nicht beseitigt wird), auch das Schießen zu er¬
lernen / In Hessen haben die Bauernbündler die -Viehkataster
und Eierlisten verbrannt '.' Die treibende Kraft dieser aufrührerischen
Bewegung ist-der B. d. L., der sich in Hessen als „HessischerB a u e r n-
b u n d" etabliert hat ; hinter ihm steht wieder -b'er
„Deutschvölkische Gauverband Hessen" mit Herrn Prof . Werner-
Butzbach an der Spitzel In einem von diesem erlassenen Aufrüf
wird „der von Tag zu Tag^r-apid zunehmende Antisemitismus in dör -
" — D — ;
arbeitenden Bevölkerung als Lichtblick " gefeiert. Losung für die
nächsten^Wahlen müsse sein: „Kein Jude darf gewählt werden." In
Preußen hat der wütende Kampf der von den Hintermännern des
B . .d. . L. in einzelnen Provinzen gegründeten „L a n d b ü n d e"
gegeü die älteren bestehenden Organisationen schließlich dazu ge¬
führt , daß sich das Organ des (katholischen) Rheinischen Bauern¬
vereins . „Der Rheinische Bauer ", genötigt sah, die Landwirte sehr
energisch vor dieser Kampfmethode zu warnen , die „dem System der
Bol s che w i ste n und der Spartaciden entspricht".
Agrarische Kriegsgewinnler, s. Kriegsgesellschaften , Kriegsgewinnler
AhlwarÄt, s. Antisemitismus. .
Alldeutsche , Alldeutscher Verband und Antisemitismus.
„Aber die Alldeutschen sind die einzigen in Deutschland, die ein
r e im e s G e w i s s e n haben," versicherte uns Herr Claß, der Vor¬
sitzende des Alldeutschen Perbandes , bald nach dem Zusammenbruch
unseres Vaterlandes . Wenn damals nicht alles so niedergeschmettert
gewesen wäre durch den jähen Sturz in das Unglück, hätte ein schallen- ,
des Gelächter sich von der Maas bis an die Memel erheben müssen. -
Die Alldeutschen und ein reines Gewissen; sie die einzigen obendrein,
die ein solches haben sollen! Sie haben niemals zum Kriege ge¬
hetzt, keine annexionistischen Forderungen .erhoben und niemals ge- »
gen einen Verständigungssrieden Front gemacht! Daß sie zum
Kriege gehetzt,haben, ist ihnen sogar von der „Deutschen Tagesztg.",
1dem Organ ihres Gesinnungsgenossen, des Grafen Reventlow, at¬
testiert worden. Als nämlich der Alldeutsche Verband auf seiner im
Jahre 1918 in Hannover abgehaltenen Tagung eine Erklärung er-,
lassen hatte, in der er die gegen ihn , erhobenen Vorwürfe und ins¬
besondere die „Verleumdung", daß er jemals zum Kriege gehetzt
habe, „mit Verachtung" zurückwies, machte ihm das in Rede stehenhe
Blatt einen dicken Strich durch die Rechnung, indem es durchblickeN
ließ, daß d'en .Konservativen kein solcher Vorwurf gemacht werden
könne, wohl aber den Alldeutschen. Eine solche Zensur verdient es,
für Immer festgenagelt zu werden. . " •-
Herr Claß nannte den Md . Verband auf derselben Tagung in
Hannover mit gewohnter Bescheidenheit eine Stoßtruppe des
n a t i o n a l e n Gedankens; wenn er statt Stoßtruppe Anstoß-
truppe gesagt hätte, wäre ^ er der Wahrheit . nähergekommen/ Am
-widerlichsten, und unaufrichtigsten ist aber das Verhalten des Md.
Verbandes gegenüber dem Antisemitismus. Heute gehört
er -ja zu den. Kerntruppen des rass enm äßi g en A n t i s e m i -
ti sm us . Vor dem Kriege war er noch bestrebt, über seine Stellung
zum Antisemitismus ein gewisses Halbdunkel zu breiten. In dem
alldeutschen„W e r ^b^e - un d Merkbüchlein" (
1901 ), worin Ziele
und Aufgaben des Verbandes zusammengestellt waren, war sogar
ausdrücklich vermerkt, daß es nich .t zu den Ausgaben des Verbandes
gehöre, zu der Judenfrage Stellung zu .nehmen:' „Die so oft zum
Ausdruck gebrachte gegenteilige Ansicht," heißt es da, „ist irrig . Der-
Alldeutsche Verband ist vielmehr bemüht, völlige Neutrali¬
tät zu üben, unbeschadet der persönlichen- Ansicht jedes einzelnen."
Auf den Verbandstagen , auf denen zwar jeder nach Belieben sich durch
antisemitische Mätzchen einen- billigen rednerischen Beifall hplen
durste, ist man einer- offiziellen Stellungnahme zum Antisemitismus
ebenfalls immer aus dem Wege gegangen. . Wie sehr der Partei- '
politische Antisemitismus indes davon überzeugt war, daß er im
^ — 6 -7- '
Alldeutschen verbände eine gesinnungsverwandte politische Gruppe
erblicken durfte, zeitzt ja schon, die Tatsache, daß Herr Lieber-
m a n n v o n S o n n 'e n ber g .und die beiden Grafen .R event -
low, der frühere verstorbene deutschvölkische Reichstagsabgeordnete,
wie ' der jetzige Redakteur der „Deutschen Taaesztg .", einst stets zu
den Hauptrednern auf den offiziellen Veranstaltungen des Verbandes
gehörten. v' ^ '
Während, des Krieges kam der Antisemitismus im Alld. Ver¬
bände zu einer immer üppigeren Blüte . Im Jahre .191b brachten
die Bl .", das Organ des Verbandes, das Kunststück fertig,,
gleichzeitig vom Antisemitismus abzurücken und antisemitisch zu
hetzen. Auf S . 298 veröffentlichten sie ein Anerkennungsschreiben
des Herrn Br . H^o p f e n - Starnberg , in dem aufgezählt wurde,'
welche Verdienste der Alldeutsche Verband sich unter anderm auch
durch rechtzeitiges Bremsen gegenüber alldeutschen'Ultras / erworben
habe, und in dem es dann wörtlich hieß: „Ferner hat der Ver¬
band den neuen Wotankult und den Antisemitismus ent¬
schieden als Arbeitsfeld ab ge lehnt ." In der Nummer
vom 18. Sept . desselben Jahres aber veröffentlichten die' „Alld. Bl ."
scharfe antisemitische Angriffe gegen Dr . D e r nburg und a^aen
den Verfasser der Schrift „J’accuse ", Br . Greiling. Noch 1917 schrieb
^ein Herr Br . Friedrich in der alldeutsch-antisemitischen. Zeit¬
schrift „D e'u t sch l. E r n." (Nr . 4)c
„Es ist zu beklagen , daß von jüdischer Seite heute
beständig und ganz grundlos gegen die Alldeutschen ge-
kämpft wird . Man m ^ int den Antisemitismus erfolg¬
reich zu bekämpfen, indem man den nationalen Ge¬
danken bekämpft. Man macht sich nicht klar, >daß man damit
das Gegenteil erreicht. Der A l l d eutsche Verb a n d hat seinen
Bestrebungen den weitesten Rahmen gesteckt und in keiner
Weise eine Bekäm pfung d es Judentums beab -sich -
tigt. Aber indem man von jüdischer Seite sich in zunehmendem
Maße gegen ihn . ereifert und in ganz grundloser Werse gegen ihn
vorgeht, nötigt man ihn natürlich, sich gegen die jüdischen Angriffe
zu verteidigen. Es liegt uns natürlich fern, hierZeinen/allgemeinen
Vorwurf gegen alle Juden aüszusprechen. Es gibt Juden, ^ die
eifrig national gesinnt sind, und auch im A l l d e u t s che n V er -
band selbst fehlen sie nicht, sie verurteilen scharf die Haltung der
jüdischen Mehrheit. Aber es ist notwendig, auf jenen Punkt die
Finger zu legen, notwendig im Interesse des Judentums selbst." :
Um diese Auslassung voll würdigen zu kennen, muß man wissen^
Alfred Roth daß dieser Br . Friedrich identisch ist mit Herrn Alfred Roth
in Hamburg, dem Vorstandsmitglied des Deutschnationalen tzand-
lunAgehilfenverbandes , einem Manne , der sich, wie auch sein
Pamphlet „Die Juden im Heere" zeigt, -stets in der skrupellosesten
und gewissenlosesten antisemitischen Hetzpropaganda ganz besonders
hervorgetan hat und der vor den gröbsten Lügen, Erfindungen und
Fälschungen nicht zurückschreckt , wenn es gilt, seine' schon mehr patho¬
logisch zu nennende JudenfeindschafLzu bekunden. Den Doktortitel
in seinem Pseudonym hat sich Herr Roth-Friedrich kraft eigener
Machtvollkommenheit beigelegt. Eine noch kläglichere-Rolle hat in
Heinr C7aß, Vors,
diesem unwürdigen Doppelspieh das den ärgsten Hohn auf deutsche
d. Alld. Verb. Gesinnungstüchtigkeit und Treue darstellt, Herr Elaß, der Vor-
' sitzende des AlldeutschenVerbandes, gespielt. Zu derselben Zeit, in
der er noch der nytionalliberalen Partei angehörte und als Vor-
1sitzender des Alldeutschen-Verbandes den Antisemitismus in der all-
-deutschen Bewegung ablehnte, hat er unter dem Pseudonym „Ein- Einhart.
, I) a r L." seine „D e utsche Gesch i cht e", und unter dem Pseudo- „Dtsch .Geschichte"
nym „D a nie l F r y m a n n" seine Schmähschrift „W e n n ich
d er Kai s er w ar '" veröffentlicht. Beide Bücher wimmeln von "Kaiser wär' !"
dhn schärfsten und gehässigsten antisemitischen Angriffen. In dem^
ersten liest nnay u. a. die gänzlich unbegründete und ungerechtfertigte^
■Behauptung : -,Die Sozialdemokratie wäre ganz gewiß ohne
. ihre j ü d i sch eu Führer , ohne die Zusammenhänge mit dem Juden¬
tum und seinen. Geldmitteln nie so schnell groß geworden", und es *
werden dann alle übrigen antisemitischen Ladenhüter fein säuberlich
Ausammengestellt :' Die Juden scharren alle Reichtümer der Welt zu¬
sammen, sie sind ein Volk von Wucherern, di^ nur ein Ziel kennen,
dWl deutschen Landmann und Geschäftsmann auszuplündern ; der.
zersetzende jüdische Geist im öffentlichen Leben vergiftet die deutsche "
Volksseele usw. usw. In der Schrift „Wenn ich der Kaiser wär.^"
wird die angebliche Macht des Judentruns in den grellsten Farben
geschildert. Alles sei dem Judentum untertan , das ganze politische
Leben stehe unter .jüdischem Einfluß, fast die ganze deutsche Presse '
sei in jüdischem Besitz. Zwischen-den heutigen Regierenden und dem
Volke stehe als Mittler der Jude , der nichts durchlasse, was ihm
nicht gefalle. . ,
Wahrend des Krieges hat sich die Zahl der Mitglieder des All¬
deutschen Verbandes verdoppelt. Als der Verband sich dann zu
einer der Hauptstätten der antisemitischen Hetze entwickelt hatte, be-,
'kannte sich Herr Claß endlich öffentlich als Verfasser der beiden
Schriften von Einhart und Daniel Frymann . Aber selbst auf dem
am 31. August und 1. Sept . 1019 abgehaltenen letzten Verbandstage
des Alldeutschen Verbandes nahm man von einer formellen Aende-
rurig der Satzungen in der Judenfrage Abstand und man begnügte
sich mit einer authentischen Interpretation des Vorsitzenden, wie dieser
Paragraph zu verstehen sei, nämlich dahin, daß I u d e n in den Ver¬
band nicht ausgenommen werden dürfen. .
. Im übrigen feierte gerade auf' diesem Verbandstage der Anti¬
semitismus seine wüstesten Orgien . Ein Vortrags des R.-A. Ja¬
cob seih - Hamburg, der auch auf dem einige Wochen vorher ab-
gehaltenen Parteitage der Deutschnat. Volksp. zu den lautesten Ru¬
fern einer Verschärfung des Judenparagraphen im Programm der
D. N. V. gehört hatte, bildete dann eine weitere Ergänzung der
Interpretation des Herrn Claß. Herr Jacobsen sagte in seinem Jacobson . .
Vortrage u. a., nach dem S chu l cha n A r u ch, der bis heute gül¬
tigen Zusammenfassung der jüdischen Gesetze und Religionsvor-
schriften, „d ü n kt sich das- Judentum allein als ein Volk von
Men scheu , dem zu dienen sein Stammesgott Jahwe menschen¬
ähnliche Gestalten schuf, weil er nicht wollte, daß die Menschen,
d. h. Juden , v o n T i e r en ' b e d i e n t würde n ". Die nach¬
folgenden Redner, Franz v. B o d e l s chw i n g h . das deutsch¬
völkische Vorstandsmitglied W i e g e r s h a u s - Elberfeld, der Ge¬
schäftsführer des „Deutschen Schutz- und. Trutzbundes", Alfred Ro t h,
und Prof . Paul Förster, der einstige antisemitische Vertreter Neu-
Stettins im Reichstage, machten krampfhafte Versuche, dieselbe Höhe
der Gesittung und des Anstandes zu erreichen, es gelang ihnen aber
nicht, Herrn . Jacobsen den Rekord streitig zu machen.
Daß es heilte noch Juden geben sollte, die es mit ihrer Ehre
und Würde für vereinbar halten, dem Alldeutschen Verbände anzu- .
" "gehören, ist doch ganz undenkbar. Ist es aber nach alledem nicht
^ der Gipfelpunkt des Grotesken,.wenp der Herausgeber der „Staats-
Lebius bürgerztg.", Rudolf Lebius, in einer von ihm ' im Laufe des Krieges
^ veröffentlichten Broschüre „Schriftreform" schreibt, e r h a b e „hin¬
kte r ie K ul iss e n der alldeutschen Bewegung ge¬
leuchtet - und dort die „blauweiße Judenfahne"
" entdeckt"! . V '
Alliance JsraLlite
-Unwerselle.
Der im Jahre 1660 in Paris gegründete Verein A. I . U. . hat
laut Artikel I seiner Statuten folgenden Zweck: 1. Ueberall für die
Gleichstellung und den moralischen Fortschritt der
Juden zu wirken; 2. Denjenigen,, welche in ihrer Eigenschaft" als
Juden leiden, eine wirksame Hilfe angedeihen zu . lassen; 3. jeder
" Schrift ihre Unterstützung zu gewähreü, welche geeignet ist, diese
Resultate herbeizuführen. Alles, was sonst über die Tätigkeit , des
' Vereins, der im wesentlichen also ein Erziehungsinstitut.
ist und in Halbzivilisierten Ländern durch Errichtung . von gut-
geleiteten Schulen die Angehörigen der jüdischen Glaube^ sgemein-
schaft kulturell zu heben und ihnen westeuropäische Bildung zu ver¬
mitteln sucht, von antisemitischer Seite züsammengeredet und ge¬
schrieben worden ist, ist weiter nichts als Fabel oder böswillige Ver¬
leumdung. Den politischen,' sozialen und nationalen Kämpsev hät
die Alliance satzungsgemäß vollkommen fernzustehen. Zu 'den hart¬
näckig immer wieder auftauchenden antisemitischen Lügen 1gehört
CrSmieux ein angeblich,er Aufruf Crömieux ',, des „Begrün¬
ders" der Alliance, der als Ziel festsetzte , daß „die jüdische Lehre
' eines Tages die ganze Welt "erfülle", und die Zuversicht ausdrückte,'
. daß „der Tag nicht fern sei,, wo die Reichtümer der Erde ausschlie߬
lich den Juden gehören werden". Dieser angebliche Ausruf, der
sich am Schluß namentlich gegen die Katholiken wendet, ist erdichtet
und erlogen. Ein französisches antisemitischesBlatt behauptete, nach¬
dem man die Fälschung bewiesen hatte, den von ihm gebrachten Auf-
ruf aus den Akten des Ministeriums des Innern abgedruckt zu haben. .
Der Minister Waldock - Rou s s e a u teilte aber unter dem
23. , Juni 1884 mit , daß ein derartiger Aufruf sich nicht, bei' den
Ministerialakten befindet. Trotzdem fahren die deutschen Antisemiten
fort, den Aufruf für ihre unsauberen Zwecke auszubeuten. In der
deutschen antisemitischen Presse kehrt auch häufig -die lügnerische
Ausstreuung wieder, daß der jüdische Franzose Crem i e u x, der
übrigens an der Gründung der Alliance in ' keiner Weise beteiligt
war , wenn er auch später an - ihre Spitze trat , im Japre 1871 eine
Million Franks auf den Kopf K'a iserWil Helms I , ge- -
setzt habe. Die Tochter Crömieux' hat »vergebens in einer öffent¬
lichen Erklärung ''gegen diese Verunglimpfung des Andenkens ihres
Vaters , für die auch nicht der Schatten eines Beweises vorgebrächt
werden konnte, Front gemacht. Schon im Jahre 1871 wurde das
Märchen verbreitet, daß damals in ' Lyon die Abgeordneten der
1 Freimaurerlogen und die sogen. Internationalen
den Beschluß gefaßt hätten,- je 1 Million Franks für .die Köpfe
Wilhelms I ./. Bismarcks und Moltkes auszusetzen. Es handelt sich'
. hier offenbar um eine der vielen Schwindelnachrichten, die von den
Gegnern der Freimaurer ausgeheckt worden sind. '
Leider hat der keineswegs sehr glücklich gewählte. Name für das
ßu §\ä)liefcl\ ä)l ^ ^Ttcmitäl
,e -äSerf der A. I . U. dazu beträchtlich bei-
Y l
,— 9 —
getragen, daß sich die Verleumdung festsetzen konnte, die Juden ver¬
suchten hier durch internationale Vereinigung die Weltherrschaft an Weltherrschaft
sich zu reißen. Wie wenig .international dre Juden dachten, zeigt
die Tatsache, 'daß es nach 1870 außerordentlch schwierig war , deutsche
und französische Juden zur Fortsetzung dieses Kulturwerkes zusam-
menzuhaltenj, daß später die englischen, die österreichischen und die
deutschen Juden besondere Hilfsvereine gegründet haben, um die
Orientpolitik ihrer Länder berücksichtigen zu können.
Während des Krieges hätte im Jahre 1915 das „Oonsistoirs
Central des Israelites de France " an die Juden der neutralen
Länder einen Aufruf gerichtet, worin es diese ausforderte, die Sache
des V i e r v e r b a n d e s zu fördern. Dieser Ausruf ist von dem
Sekretär der A. I . U. Bigart unter dem Mißbrauch des Namens
der letzteren versandt worden. Daraufhin erhoben das Zentral¬
komitee und die Freie Organisation der A. I . Ü. in Deutschland
voller Entrüstung den schärfsten Widerspruch dagegen , daß
der Sekretär der A. I . II. — entgegen Ihrer Satzung und unter
völliger Verkennung ihrer Aufgabe -als reine Wohltätrgkeitsorgani-
sation — die ihr als solcher obliegende Neutralität verletzt
hat/ und sie haben ' sofort alle Beziehungen zur A. I . U.
gelöst. Trotzdem behauptete im vorigen Jahre die alldeutsche anti¬
semitische „Dt . Ztg ." von 10 (namentlich aufgeführten) „Ver-
bä ttb en der de u t scheu Juden ", unter denen sie auch den
Verein zur Abwehr d^s Antisemitismus nannte , obwohl doch dieser
Verein von christlichen Deutschen begründet worden ist/ daß sie
„alle . der . großen Zentrale in Paris , A. I . H„ der
(
%ll. isr . univ. Weltbund der Judenfchaft), unterständen". ^ Da¬
durch sei es .„jetzt offenbar , daß wir nicht nur in sklavische
, Abhängigkeit von der Entente, sondern vielmehr auch der
Judenschast geraten " seien. Das Münckener Antisemitenblatt,
der „Beob." fügte dieser Schwindelnachricht oie unsinnige Behaup¬
tung hinzu, „der jüdische Zentralverein stehe in Verbin- Centtalverein dt.
>düng mit der A. I . U., sei nur ein Ableger von ihr und erhalte Staatsb . jüd. Gl.
von ihr sogar mäteriel l e Zuschüss e". Dabei ist es doch
, . allgemein bekannt, daß der „C.-V. dt. Staatsb . jüd. Gl." eine voll¬
ständig selbständige Organisation ist, ausschließlich zur Ver¬
tretung der politischen und wirtschaftlichen Interessen der deutschen
Juden bestimmt, und daß er nicht einmal organisatorische oder per¬
sönliche Beziehungen zu der deutschen Konferenz-Gemeinschaft der
„A. I . II/ ' unterhält ., (S . Internationalismus .)
In dem Anhang zu seiner Broschüre „Jüdische Selbstbekenntnisse"
wünscht -Fritsch nähere Quellenangabe über die Cremieux zugeschrie¬
benen Aeußerungen: „Alles hängt von der Belehrung durch die Presse
/ ab. Suchen/wir uns dieser zu' bemächtigen, dann werden wir alle
in der Hand haben." „Wir haben es zu arg gemacht, es wird uns
teuer zu stehen kommen." Selbstverständlich hat Cremieux die beiden
^ Aeußerungen nicht getan. Wichtig wäre es unbedingt, wenn festge-
Dellt werden könnte, wer die Fälschung verübt hat. Die erste der
- beiden Stellen findet sich in der^ u München 1912 erschienenen Schrift
des katholischen Schriftstellers Dt. Eberle : „Großmacht Presse, Ent¬
hüllungen für Zeitungsgläubige , Forderungen für Männer ", vr.
Eberle hat also die Pflicht, seine Quelle anzugeben.
, Alljüdisch.
, Alljudaan
Alljuda
In einer schwachen Stunde soll einst Herr Vr . H. R i p p l ej,
der Chefredakteur der ankisemitisch-deutschvolksparteilichen „Tägl.
10 —
Rundschau", das Schlagwort „alljüdisch" geprägt baden, das
sofort von alle)! Antisemiten , Alldeutschen und Deutschvölklern mit
Jubel aufAenommen wurde. Herr Walter Liek hat dann in der -
Schandschnft „Der Anteil des Judentums an dem Zusammenbruch
Deutschlands", die zuerst in der Zeitschrift „Deutsch!. Erneuerung " :
(Januar 1919)' erschienen ist, die unglaublich albernen Bezeichnungen
„Alljuda" und „Alljudaan" erfunden. Die Leute, die das Märchen
verbreiten, daß das Judentum nach der Weltherrschaft s ( . d.)
streben, glauben selber nicht daram Schon die Existenz des Zionis - .
mus zeigt, daß es nicht möglich ist-/ eine geschlossene Organisation
, des Judentums zustande zu bringen. Und nun gar erst eine Organi-
.sation des Judentums der gesamten Welt zur Erringung der Welt¬
herrschaft! Mit weit mehr Recht aber ' kann man von einem All-
Antisemitismus und von einer „antisemitischen Weltseele" reden
(s. BolschewisMils, Goedsche , Internationalismus, ' Weltherrschaft) .
Antisemitismus. r^
Cottftantitt
Brunner Die Antisemiten bezeichnet Constantin Brunn exDer ( Juden¬
haß Und die Juden , S . 16) als bejammernswerte Leute, die an den
Juden verrückt geworden sind, die sich ebensowenig wie andere Ver¬
rückte ihre Wahnideen ausreden lassen uyd nach dem Spezialismus
der Verrückten für alles,nur ihren einen Grunds nur das eine Uebel
sehen: „Der Antisemitismus ist in der Tat eine Verrücktheit 'wie
Tollwut (mit Ausbrüchen vyn Zeit zu Zeit) und auch ansteckend wie
Tollwut." " An einer anderen Stelle (S . 151) sagt er: „Die A. sind
keine Art von politischer Partei , sind überhaupt keine Art ^ sondern ,
Entartung, und zwar eine gesellschaftliche . Sie sind gar nicht/
politisch. Eine po litis ch-e Partei bilden sie nicht —
dazu sind sie .zu dumm, wenn auch nur im ^Verstände, nicht in der
Einbildung . Sie sind die D ü m m st e n i .m Lande, die sich selber
alß die Klügsten betrachten . . . M , gibt an den Juden irrsinnig ge-
' wordene, richtige Irrsinnige , nicht Irrende , die der Aufklärung fähig
sind und von ihren Meinungen zurückgebracht werden können — nein,
gänzlich unbelehrbare, gegen alle Vernunftgründe sich..absperrende !
und antobende Irrsinnige . Irrsinn i g e., m i t Nah r un g s-
Verweigerung . . ." .
Ganz in Uebereinstimmung mit Brunner sagt Ernst T h r a -
so lt , der- Herausgeber der katholischen Zeitschrift „Das heilige
Rabbiner Feuer " (Juni 1914): „Der l an d l äu f i g e An tisemitis m us
Dr. Jocbb ist teilweise toll g e w o r d e n." Der Dortmunder Rabbiner
Dr .- Jacob schreibt in einer Eingabr an '. das Provinzialschul¬
kollegium in Münster in Sachen des Gefängnispfarrers und Reli-
. ' gionslehrers Schmidt-Dortmund , der .im Religionsunterricht an dem ,
dortigen Realgymnasium eine antisemitische Hetzpropaganda betrieben
hatte : „Wir müssen nachdrücklich dagegen Einspruch erheben, daß etwa
üer Antisemitismus irgendwie als eine achtbare und relativ berech--/
tigte Parteistellung ' anerkannt wird . Alle anderen Parteien be¬
kämpfen Ansichten oder Einrichtungen, die Antisemiten sinh die ein¬
zige „Partei ", die Personen, und zwar l. e d i g l i ch wegen
ihrer A b st a m irt u n g , v x r f o l g t u n d .b e s chi m"p f t und
obendrein die bodenlosp Anmaßung besitzt, sich als beson¬
der s p at r i o t i s ch ü nd d e u t sA cthi sz u g e b e n. . . Der
Antisemitismus ist nicht etwa nur als parteilich oder unpatriotisch
oder undeutsch, sondern schlechthin als unsittlich zu brand-
marken." Selbst ,der frühere Preußische Kultusminister Bosse . ein
Jugendfreund Stöckers, kam doch von seinem fromm christlichen
Standpunkte aus zu einer Verurteilung des Antisemitismus:
.. . In dem ganzen antisemitischen Treiben fehlt das Beste,
nämlich die Gerechtigkeit und wirklich erbarmende
Men s che n l i .e b e gegen d i e. J u d e n. Die politische E m a n -
z i P a t i o n der Juden ist n i cht r ü ckg ä n g i g zu mache n."
Der große Zentrumsführer Windt h ö r st bezeichnete es im Preußi - . Windrhorst
scheu Abgeordnetenhause (20. 11. 80) /als grün 'd verkehrt und
„
g r u n d v er l e tze n d, daß man , Äenn ein einzelner Jude oder
eine Mehrzahl von .Juden , ein Teil derselben etwas<getan hat, -dies'
verallgemeinert und generell hinstellt, als ob es
die ganze Judenschaft träfe", und er fügte hinzu: „Wenn man Kla¬
gen über einzelne oder über einen Teil hat, so soll man die einzelnen
und diesen Teil konkret fassen, aber niemals die Sache generell hin-
^ stellen und die ganze Judenschaft verletzen, unter der es tzie.aller-
ehren wer testen Menschen gibt ' ." Der bekannte Roman¬
schriftsteller Gerhard v. Amyntor hat im Jahre 1881 auf die
Ungerechtigkeit hingewiesen , die darin liegt, daß man bei 7
einem Juden , dK sich eines Vergehens oder Verbrechens schuldig ge¬
macht habe, die Religion anführe, Lei einem Christen aber nicht; wenn'
man sage: „Ein hausierender Jude in Oberschlesien hat eine Pferde¬
decke entwendet", warum sage man nicht: „Ein hausierender Christ
in Berlin hat gestohlen"?
' ® aff e r Friedri ch nannte den Antisemitismus „die KarserFriedrichM.
Schmach des Jahrhunderts ", Theodor Mommsen die „ \
Mißgeburt des nationalen Gefühls", der österreichische Bauern-
Lefreier Hans Kudlich eine „ Ern red ri gung und schwere
Schädigung des Deutschtu m ^s". Prof . Theobald Ziegler
„die g r o ß eSchandefür u n s D e u t s che", Peter R o s e g g e r
„eine' A b s che u l i chke i t , die. sittlich, aufklärend, bekämpft wer¬
den muß", Karl S chu r z „das dümmste Wo r urteil / die
blind e st e Lei d e n s cha f t", Tolstoi ein „ gewissenloses
Treiben, um die Wut der ungebildeten Masse gegen eine Min¬
derheit zu erregen", der Sprachforscher Max Müller das „ Nu¬
tz-eil in der Gesellschaft,und am Staate ".
Alle, die. hier wiedergegeöenen ' Aeußerungen hervorragender
Männer *geben wohl ein erschöpfendes Bild von dem wahren Wesen
des Antisemitismus ; zu erwähnen wäre noch die einem reden Anti¬
semiten eigene Inkonsequenz, von der beispielsweise der ehe¬
malige Kmser -Wilhelm II ., der sich ja kürzlich in einer im Anschluß
an den Schundroman Dinters „Die Sünde wider das Blut " ge¬
machten Aeußerung antisemitisch betätigt hat, sehr bezeichnende Pro¬
ben abgelegt hat/ Er hat an das Krankenlager seiner Gattin einen
jüdischen Arzt berufen und hat die Wahrnehmung seiner ver-
mögensrechtlichen Ansprüche- bei der Auseinandersetzung mit dem
preußischen Staate einem jüdischen Rechtsanwalt an?
vertraut , .. *
. Adolf Bartel s hat gewiß nicht recht, wenn er behauptet, daß
keine Partei im Grunde anständiger sei als die
antisemitische, ebensowenig Theodor Fritsch, wenn er in
einem 1919 an den damaligen Reichswehrminister Noske gerichteten
Briefe von der a n t i s e m i t i s che n Bewegung rühmt , daß sie,
„von den e d e l ste n Ideale n getragen, nichts anderes erstrebt
als eine F ö r d e r u n g d e-r m e n s chl i che n G e m e i n s cha f t".
— 12 ^— ' ^
Der p o l i t i s che An t i s e ttt t kr s m u s in Deutschland, der
ja nach den obemwiedergegebenen treffenden Worten des vr . Jacob-
Dortmund eigentlich nicht das Recht ^beanspruchen darf, als eine
politische Parteirichtung bezeichnet zu werden, ist jetzt 40 Jahre alt;
er datiert von ' dem bekannten, durch Dr . Bernhard Förster rin
Jahre 1880 hervorgerufenen Petitions st Nr m. An die Spitze'
Stöcker
der Pewegung stellte sich der Hofprediger ' Stöcker, der bereits.
vorher /durch seine Hetzreden die „Berliner Bewegung " ins Leben .
gerufen hatte und sich selbst gern den „Vater des politischen Anti¬
semitismus in Deutschland" nennen hörte. In Marburg wurde 1887
Dr. Böcket Dr . Böckel als erster antisemitischer Abgeordneter in den Reichs¬
. Hessen, ~ tag gewählt ; Hess en ist also das Stammland des politischen. Anti¬
das Stammland
des semitismus und blieb seine stärkste Stütze bis zu den Nationalver-
Antisemitismus sammlungswahlen im Jahre 1919. Während die Provinz . Hessen-
Nassau im Reichstage in der Legislaturperiode 11907 — 1912 noch
durch sieben antisemitische Abgeordnete vertreten war , wurde 1919
sowohl in dieser Provinz als auch im Großherzogtum Hessen kein ein¬
ziger Antisemit gewählt . Ebenso kläglich war das Fiasko der Anti¬
semiten bei den Wahlen zur Hess. Volkskammer im Jahre 1919 , wo
sie nur 5 Abgeordnete aufbrachten, während sie bis dahin dort die
Mehrheit besessen hatten . Nachdem alle die antisemitischen Gruppen
und - Grüppchen bei der Umwandlung der konservativen Partei zur
Deutschnationalen Voltspartei im Jahre 1918 in dieser Aufnahme ge¬
funden hatten , gehören sie. jetzt der Geschichtean, alle die antisemiti¬
schen Parteigruppen mit ihren wiederholten 'Trennungen und Ver¬
einigungen :, die antisemitische Volkspartei , die deutschsoziale Reform-
Partei, der Deutsche Volksbund , die ' christlich- soziale Partei , die .
Wirtschaftliche Vereinigung . Den größten Wahlersolg als rein anti¬
semitische Organisation errangen die Antisemiten bei den Wahlen
zum Reichstage im Jahre 1893, wo sie 263 861 Stimmen erhielten .
Liebermann und 16 Mandate errangen ; später ging ja dre^Deutschsoziale Partei
r>. Sonnenberg des Herrn Liebermann v. Sonnenberg in - der Wirtschaftlichen Ver¬
einigung , der sogen. Kraut- und Rübenpartei , auf, die auch Nicht-
antisemiten umfaßte . lieber die politische und insbesondere auch die .
parlamentarische Tätigkeit der Antisemiten seit 1880 bis 1911 enthält
der „Antisemitenspiegel ^. (3. Aufl . 1911) auf S . 27—62 eine ein - -
/ gehende Darstellung , wo auch das - Wesen und die hetzerische Tätig¬
keit der hervorrggendstdn antisemitischen Parteiführer : S t ö cker,
Ahlwardt L i e b e r m a n n v. S o n n e n b e r g , ;D;r. Böcke I, ' A h l w a r d t, -
Bruhn
Pros . Werner- Prof . Paul . Förster, Wilhelm ' Bruhn, Graf Pückler , Zim-
Butzbach m ermann, Ludwig Werner, Prof . Wer 'n er - Butzbach
(früher Werner -Gießen genannt ), Schack , Pfarrer n . D . Krösel.
Lat t m a n n, Alfred R o t h usw. ausführlich geschildert wird . In
der Brofchüre „Der politische Antisemitismus von 1907— 1911", vdn
Lorenz Curtius , München 1911, wird mit noch größerer Ausführ¬
lichkeit .diese Periode des Antisemitismus ' geschildert. Von , diesen
einstigen „Größen" der Antisemiten betätigen ^sich nur noch einige
wenige in hervorragendem Maße in der antisemitischen Hetzpropa¬
ganda, . Wilhelm B r u h n, ' der ' Verleger der „Wahrheit ", dem es
npch 1919 gelungen ist, in Frankfurt a. O . einen Sitz in der Nat .-Vers.
Roth zu erlangen , Prof . W e r n e r - Butzbach und Alfred Roth, dev einstige
J Schriftleiter der „Händelswacht " des Deutschnationalen Handlungs¬
gehilfenverbandes , der jetzt ganz besonders für den Antisemitismus
in alldeutschen Und deutschvölkischenKreisen Propaganda macht. Aus
der Tätigkeit des politischen Antisemitismus von 1911— 1918, die
. , % . ■ -13 —
ja nun ' auch der Geschichte angehört, -wäre höchstens noch zu^erwäh¬
nen, daß die „reinen " Antisemiten des Reichstages, soweit sie nicht
der.. Wirtschaftl. Vereinigung angehörten, sich im Jahre 1916 mit
den Mitgliedern der ehemaligen Reichspartei, der Wirtschaftlichen
Bereinigung, dem Grasen Posadowsky usw. zu einem parlamentari¬
schen Zweckverband , der „Deutschen Fraktion ", einer neuen
Kraut - . und Rübenpckrtei, zusammengetan hatten. . Der aus dem
Judentum hervorgegangene . Di\ 9t r e rf b4 genoß hier also das
zweifelhafte Vergnügen, mit den' Herren Werner und Bruhn in einer
Fraktion zusammenzusitzen.
Antisemitische Organisationjem
Schon vor dem Kriege war die Zahl der. antisemitischen Orga¬
nisationen eine ziemlich große gewesen. Machtgelüste, Eitelkeit der
Führer , aber auch der Wunsch, das wahre Gesicht zu verbergen, ließen
'Immer neue Bereiniguügen , /Bünde, Parteien , oder wie der Name
sonst lauten mochte, entstehen. Neben den^ eigentlichen Parteien Aeltere
spielte der D t. V o 'lksb un d der Herren v Mosch, vr . Böeckel, Organisationen
Ür . P . Fo erster, der D e'ut schb un d und der Reich sh ämmer-
b und Th . Frltscbs eine nicht unerhebliche Rolle in Lser antisemiti¬
schen Hetzpropaganda, daneben unter unpolitischer Maske der V. D.
St , De u t s chn a Li o n a le Handl u n gsgehil f e n ver¬
band, B . d. L., die D t. M i t t e l st a n d s v e r e i n i g u n g
u. a. m. Besonders tat sich auch der 1912 von Grs. E. v. Re¬
de n t l o w , Fr . B l ey , K.' v. Stranz u . a. alldeutsch-agrarischen Verband gegen
Vorkämpfern begründete „V erb ent d geg en , dt e Ueb er¬ die Ueberhebung
heb u n g des Juden tu m s" hervor, der sich einen eigenen Ver- des Judentums
,lag „A u f, V o r p d st e n" und eine gleichnamige Zeitschrift beilegte: „Auf Vorposten"
War schon vor dem Kriege, die Kampfesart dieses Kreises selbst für
Antisemiten unerhört skrupellös/so wurde alles Vorhergegangene noch
weit übertrumpft durch die neuerdings erfolgte Veröffentlichung der
grotesken Fälschung „D i e G e h e i m n i s s e der W e i s e n v o n
Zion ". Nach dem Zusammenbruch, in den die antisemitisch-
chauvinistischer Kriegshetzer und - Verlängerer uns hinemgeführt
hatten, bemHen sich die Schuldigen, den Unwillen des Volkes von
sich abzulenken und fanden als bequemsten- Sündenbock natürlich die
Juden , die an allem schuld waren. Zur besseren Organisierung- der
Judenhetze taten sich die verschiedensten neuen Verbände auf. Ein Neue
n e u'e r D t. V o l ks b und erstand unter - der Aegide des Herrn Organisationen
Jos . Knau er, .die ehemalige Dt . - V ö l k. Pt ., die in der wesens¬
verwandten D. N. V. aufgegangen war , behauptete als Dt . - Volk.
B d. ein gewiss^ Sonderdasein, und verschmolz sich später mit dem
Reichshammerbd. und dem neugegründeten extrem-pogromhetzerischen
Dt . Schutz und Trutzbu n d zu einem D t. - V ö l k. Schutz¬
en d T r u tzb u n d (Reichsbammerbund). Herr Wilh^ Marten , der
berüchtigte Hetzer des „Arb eiters chu tzb un d e s", begründete
gar einen „Weltbund der Währheitsfreunde ", und H. Pudor -Leipzig
forderte für seinen „Dt . Volksrat, Einheit völkischer Verbände" das
oberste Richteramt über die Reinheit ' der völkischen Bewegung. Da¬
neben firmierte man noch,als Zentrale für Volksaufklärung, Deutsch-
sozialer Bund und unter zahllosen anderen Namen.' . Besonders an¬
gelegen ließ man sich die Gründung antisemitischer Berufs - und Stan-
desvereinigungen sein. Neben dem in antisemitischer Hinsicht durch¬
aus zuverlässigen Dt . Nat. Jugendbd . entstand noch ein besonderer
Dt . - Volk . Ju gend v erb and und ein „Dt . - Volk . Stu-
14
den .tenring ", ein „B undDt . - völ k. I uristen ", ein „D t.-
V ö l k. Schrift st>e l h erverban d"' .unter Leitung des ant^
semitischen Literatürhapstes Bartels , ja sogar eine Dt .-Völk. Alpenver¬
einsgruppe hat sich in München aufgetan. Daneben sammelt Herr
Wulle seine völkischen Getreuen von der „Dt . Zt." im „Deut¬
schen Herold ", und im E. Behrschen Verl., Leipzig, treiben Un¬
genannte eine Pogrompropggandg sondergleichen- als „V ereini -
gung für Wahrheit, ' Volks . aufk lärüng und Vo lks-
gesundung
Di .-Völk. Arbeits! ^Dt.-Völk.
". Nicht uninteressant -ist es auch, daß sich in .den
gemcinftfafien ii,
Arbeitsgemeinschaften oft auch Verbände beteiligen, die bei
„neutrale ^ Ver- -anderen Gelegenheiten sich nicht so osf en als
s bKnde -antisemitisch zu e r ke n n e n g e ö e n.. So umfaßt -die Er -^
surter Dt.-Völk. Arb.-Gem,. Deutschbund, Deutsch e Phi los o -
phische G eseI l,sch aft , Fi ch te - G e s e l l s ch af t , Allg e¬
meiner Deutscher Sprachverein, ^ D e nt s chn a.t i o-
n al er Hand lü n g,s geh ilfen - V erb and, Reichshammer¬
bund (einschl. des Deutschen Schutz- . und Trutzbundes und. des
Deutschvölkischen Bundes), A l ld e u t sch er Verband , Weh r -
verein , D e u t s che r O stma r ke n - V e r e i n , Jungdeut -.
scher Bund , Wandervogel (
Aelteren -Gruppe und Seminar-
Gruppe), Fahrende Gesellen, Treubund des aufsteigenden Lebens,
Deutscher Mädchen-Wanderbund, Deuts chnationaler Ju-
gendbund, Deutscher Orden, Deutsche Schwesternschaft.
Desgleichen führt das D t. - V ö l k. I a h r b u ch 1 9 2 0 unter ■
54 völkischen Bünden und Orden ' eine Reihe Verbände an, die sonst
sich nicht scheuen, jüdisches Gerd zu nehmen und ihre politische Neu¬
tralität nicht laut genug betonen tonnen , so der B ü n d d e u t sch er
Bodenreformer , der Verein für das Deutschtum
im Ausland , die Deutsche K o lo n i a l, g e s e !l l j ch crf t,
ja sogar der „Verband deutscher A' mateurphoto-
graphen ". Ob diese Verbände alle mit ihrer Zustimmung als
völkisch bezeichnet werden, muß man allerdings .bei der bekannten
Wahrcheitsliebe unserer Antisemiten bezweifeln.
Antisemitische Splitterparteien und Parteigründüngsversüche?
Neben dem groß en Sammelbecken d er antisemi ti-
schen Kreise, der D . N. V., versuchte man noch an einzelnen
Stellen abgesonderte antisemitische Parteien ms Leben zu rufen. So
„Nationaldemo- entstand ' kurz nach der' Revolution eine N a t i o n a l d e m o.kr a -
kralifche Pt ." tische Pt ., die unter Führung des aus den Krawallen vor dem
Lt. Molkentin Untersuchungsausschuß berüchtigten Lt. Mollen tsn, des Re g.-
Ra .t Grosse und der Herren Bredereck und Lebius stand und
deren Organ , die „Staat s b ü r g e r - Z t g.", ihre ganze antisemiti¬
sche Vergangenheit an Rüdigkeit weit übertraf . Die Partei schloß sich
vor-'.den Wahlen zur Nat .-Vers. korporativ der Dt. Vp. an, und Herr
Molkentin stand aus der Berliner Kandidatenliste .dieser Partei.
Später entstand Streit zwischen Lebius, der angeblich Republikaner
„Grotzdeutsche ist, und Molkentin-Grosse, die Monarchisten sind, die Partei nahm
Freiheitspt ." d,en' Namen „G roß d e u t s che F r ei h e i t s p a r t e r" an, und .
R . Lebius Herr Lebius erklärte diesen Schritt für unberechtigt und tahxsofocL
von neuem die „Nationaldemokratische VolksP ä"rtei"
. auf. Nun liegen beide Parteien miteinander nach alter antissmiti-
scker Sitte im heftigen Streit , nur in einem sind sie einig, in einer
mederträchtigen Judenhetze. . .
Th . Fritsch Auch Herr Th . Frits ch- L ei p zi g ist neuerdings unter die
; / ' * _ 15 —
I
stem
nisationen .
der
.. Helm II .'/
Bedeutung
dallinMaße, „Ratgeber"
'.
des Judentums
Wilheftns
. .
' und
die
, s. Antisemitische Orga¬
„Auf Vorposten", antisemitische Hetzzeitschrist
*
. ;
ntwicklung
Kriege, Wil-
*
*
Bartels , Adolf .
Als einige Jahre vor dem Kriege Herr Adolf Bartels sein
berüchtigtes Buch über H e i n e erscheinen ließ, durch das er gegen
die Errichtung des Heine - Denkmals ' in Hamburg Stim - . " Heine
mung zu machen versuchte, nannte er darin den großen. Dichter einen - ^
„vollkommenen ,,
Lumpen einen S e elen ve rwüster " '
und giftigen Feind des deutschen/Volkes, einen be¬
zahlten . Reklamemacher, einen Revolverjourna¬
list en und Zu cht h a u s ka n d i da t e n". Im Jahre 1915 sagte
er in einem Schmäbartikel über Heine (Deutsches Schrnttum . Heinrich
Heine und kein Ende) : „Einfach, d a s Taktgefühl geböte,
gerade (
jetzt seinen Heines ) Namen in Deutschland
n i ch-t i n >d e n Mund zu nehmen." Noch im Laufe des Krieges aber
' .cH& ct selbst bei Reclam in Leipzig den ersten Band seiner „Welt-
- uvd
li t e r at u r" heraus, die auß dem Titel als ein „F u h r e r d ur ch Der Neelam
'ijy e c ra m s U n r v e r s a l - B i b l i 0 t h e k" bezeichnet wird und Reklamemarur
die in Wirklichkeit nichts anderes als eine Reklame für ^die in dieser **
. Bibliothek aufgenommenen Werke darstellt. Da sich unter diesen na¬
türlich auch die Werke Heines befinden, so mußte Herr Bartels als '
2
bezahlter R e kl a m em a ch er " für Reclam auch dieses emp¬
fehlen. Der „Heinetöter", wie er sich selbst einmal voll Stolz ge-
' nannt hatte, unterzog sich also ohne alle Bedenken der Aufgabe, den
noch nicht ganz getöteten Dichter wieder lebendig zu machen. Hören
wir, wie . er das zustande gebracht hat ! Auf S . 188 des 1, Bandes
seiner „Weltliteratur " schreibt er: „Ein wirklicher Dichter- wenn auch
vor allem ein Virtuose, ist ohne Zweifel Heinrich (Harry) Heine saus
^ Düsseldörf, 1797—1846), der von allen Dichtern des neunzehnten -
Jahrhunderts das meiste Aufsehen zu machen verstanden hat üno heute
als europäische Große gilt : . ." . Nach der Aufzählung der einzelnen,
Werke mit den Nummern -der U.-B . fährt Bartels fort : „Auch wer
ein scharfer Gegner Heinrich Heines ist, wird/ zugeben müssen, ' daß
heute kein ernster Deutscher aus Zeit - und an-
. deren Gründen um das Studium Heines herum¬
kommt ." Es ist fürwahr ein Schauspiel für Götter, wenn man
sieht, wie in dem Konflikt, der in der Seele Adolf BartelI zwischen
detn Heine t ö t er und dem bezahlten Reklamvmacher
entbrannt war , der letztere gesiegt und dazu noch jegliches Takt¬
gefühl in dem tapferen Weimarer Helden,und Geschäftsantisemiten
. - ertötet hat. - •
B . war ursprünglich politisch freisinnig und veröffentlichte genau
so wie sein jetziger GesinnungsgenosseMax .Bewer in seinen jungen
Jahren ein langes Gedicht zum Ruhm des. jüdischen Philosophen
Spinoza . Alle, seine zahlreichen literarhistorischen Werke weisen einen
starken antisemitisch-deutschvölkischen Einschlag aus. Im Kriege be- '
tätigte er sich mit wenig Erfolg auf politischem Gebiet. Im Oktober >
1914 verstieg er sich in einem Kriegsartikel zu der blasphemischen
Behauptung , daß Gott uns am Ende den Krieg gesandt Habe, damit
' unsere Regierenden den N utzen d er Rassenpo li ti k lernen
möchten, der Rassenpolitik um jeden Preis . °
Bayrische Königspartei, antisemitisch , s. Antisem. Splitterparteien.'
- Bayrische Volkspattei und -Antisenritismus , s. Zentrum.
Beta, Ottomar, antisem. Schriftsteller , gegen Judenschnüsfelei .-
Bethmann' Hollweg „Jude", s. Judenschnüffelei . ;
Bismarck. * ■ ’
. Um die Autorität eines Bismarck , für ihre ' Zwecke aus¬
zunutzen, haben die Antisemiten von jeher eine Rede benutzt,
- . welche der 32jährige stockreaktionäre Funker Bismarck 1847 in dem
Omanripatton V erei n i g Leu Land t.a ge gegen b ie I u d e nem a n z i -
- 7p - ' a t i o n gehalten hat. In dieser führte er- aus, daß, wenn er sich
als .Repräsentanten der geheiligten- Majestät des Königs gegenüber
einen .Juden denke, dem er gehorchen solle, er bekennen müsse, daß er
sich tief niedergedrückt und gebeugt fühlen würde usw. Die härte
1Beurteilung von Juden und Judentum , die B. nach seinem eigenen
Geständnisse „mit der Muttexmilch eingesogen", gehörte zu den -
Dogmen, die dem verknöcherten Junkertum -'jener Tage- wie bis in
die Gegenwart hinein, ,als höchste Politische Weisheit galten. *B . hat
vspäter in Versailles, wie Moritz Busch erzählt, bekannt: „Ich habe
im -.Vereinigten Landtag doch m an che. dnmme Redegehört
und (nach einer Pause lächelnd) auch .g e h al t en ."
^ Die Antisemiten würden doch. nur dann mn Recht haben, sich
aus-jene emanzipationsfeindlichen Aeußerungen des Ahg. v' BismarE
zu berufen, wenn dieser später, als er an der Spitze des preußischen
' —19 » ~
' von dem, Hohenzollern-Aar gesagt Habel , es möchten, ihm, - der- allzu¬
viel :zusammengerafft- habe, die Nägel ?beschnitten; werden . •Dazu
meinte Bismarck gegenüber Rottenburg : „Hatdenn Heine so unrecht
gehabt? Können wir leugnen, }bd^ i)er iRecgtitel
Großen auf Schlesien nicht einwandfrei war ?" Ferner klagte man
Heine dasür an, daß er Napoleon. I . verherrlicht habe. „Ich kann
es ihm nicht verargen," bemerkte her Kanzler.; „I ch hätte,
wä -re ich an seiner Stelle g ew e s en , ka u m anders
g eh and elt - ' Hätte es mir , wenn -ich wie Heine als Jude ge¬
boren wäre, gefallen können, daß man um ,8 Uhr abends die Tore
der -Judenstadt abgefperrt, überhaupt -die Juden unter die schwersten
Ausnahmegesetze gestellt hat ? Ein Heiye müßte naturgemäß in dem
. Manne, der die französische Gesetzgebung in die Rheinlande braMe^
die Ausnahmegesetze insgesamt aufhob, einenI Erlöser wön marter¬
vollem Drucke preisen." Zum Schlüsse der Besprechung äußerte der
Fürst : „Und vergessen die Herren denn ganz>° daß^Heine-einLieder-
dichter war, n eb en/d em n ur n o ch Goethe g en ann t w er¬
den darf, und daß das Lied eine spezifisch deutsche Dichtungs¬
form ist?" . B . fand es durchaus gerechtfertigt, daß Heine "ein Denk?-
mal in Deutschland erhielte. - ' -7 ^
' ' B . ist wiederholt von den Antisemiten auf ' das schärfste ange¬
griffen worden. Karl Pa a s ch („Eine jüdisch-deutsche Gesandtschäft
und ihre Helfer") meint höhnisch, daß nicht der Reichskanzler, son¬
dern Herr v. Bl 'eichröder in unserm ' Auswärtigen Amte herrschet
Daß .Fürst ' Bismarck-jü d i sch e r A b kü n f t sei, könüe man „nicht
direkt Nachweisen " ; aber manche Taten rufen immer wieder den Ge¬
danken wach: „Sollte es möglich feirt^ daß B i s m a r ck ei n g e -
heimer Iu d e ist — daß der in ihm wuchernde Keim des Talmud
die kernige deutsche Natur überwuchert hat ?" (!!!) Theodor Frits ch
rückte nach dem Sturz des Kanzlers von ihm ab.
Bleichröder, Seine Beziehungenzu derü Fürsten Bismarck, s. d. ,
Blut, Blutaberglauben, BlütfetischismüD , s. Rasseütheorien, Ritual - .
mord. .• V - ' . '' ,. 'VV. . ’ . ~
„Blutsdeutsche Gelder", s. Rassentheorien.
Böckel, Dr ., erster antisem. Reichstagsabg.,^s. Antisemitismus.
Bolschewismus. ^ ^
Der phantäsievolle Herr Lebius hat in seiner „SLaaLsburgerztg."
die' Gleichung: Bh ts chewismu s — Alljüh e nh ü rnZaufgestellt^
und' seitdem ist diese Gleichung zu einer Art Dogma' bei den Anti¬
semiten erhoben.worden. Der Korrespondent des „GWe ", P i t t e r -
W i l s 0 n , antwortete auf die Frage Mas - ist Bolschewismus?" :
„Bo ls .ch ew i s m u s ^nst hie Ent ei gn un g ah l er chrrst-
! i chem' N a t i 0 n e n durch die I u d e n a l l>eh ^W e l t , und ztvar
. derartig , daß kein- Kapital mehr für die Zukunft in den Händen-ddr
Christen bleibt. Alle Juden halten vereinigt die aanzeWeltinihrer
Hand -und-regieren, wie es ihnen beliebt " Der gute.Mann hat wohl r
seine Informationen von dem „geistigen" Vater der Weisen"aus Zion,
erhalten . Die Tatsache, daß einige wenige-Leute, hie -früher dem Ju¬
dentum angehört haben, aber längst alle Verbindungen mit diesem
gelöst hatten/ wie. Trotzki, Radek usw., an derSpitze her >Bewegung in
Wßland stehen, genügte den alldeutschen uM aWseUfischen ^Hetzern,
um die besondere russische.Abart des Kommunismus ^hen Bolschewis¬
mus, zu einer ^äll jü di s chen B e-weWnF zu Hetnpelm und auch
21 —
danken in eine schöne Form , kleidet und daß er, wo es sich um Ger¬
manen .handelt, bis in den Himmel hinein lobt, dort aber, wo Juden
in Frage kommen, bis in die tiesste Hölle hinab verdammt . — Er
ist wiederholt als Fälscher entlarvt worden, unbekümmert darum
brachte er seine Fälschungen von neuem wieder vor.
Im Kriege produzierte er sich auch, als Politiker und .insbeson¬
dere als Vorkämpfer für die Vaterlandspartei . Als politischer
Schriftsteller verrät er dieselbe stupende Unkenntnis von Politischen
Dingen und Verhältnissen wie als „Rassenphilosoph" diejenige von
den^ wissenschaftlichen Disziplinen und Forschungsmethoden, bedient
er sich derselben unanständigen Mittel bei der Bekämpfung seines Geg¬
ners . Den deutschen Reichstag nennt er eine „Schwatzbude" , eine
„Auslese der Enghirnigen und Hohlredenden", „die Schule des Ekels"
und belegt dessen^unerträglich triviale Gestalt" mit weiteren gehässi¬
gen Beschimpfungen. Als sich Wilhelm II ., der ja auch zu seinen
Bewunderern gehörte, auf-der Höhe seiner Macht befand, verhimmelte
' er ihn in der widerlichsten Weise. So sagte er einmal von ihm: „Er
ist üb erh a upt d er erste Kaiser ", ein andermal : ' „Die Re¬
gierung Wilhelms II . trägt hen Charakter eines/ a u f gehen d e n
Morgens ." In einem seiner Kriegsaufsätze erinnerte er an das
Wort W.s II . über den Großen Kurfürsten, daß Deutschland zu einer
festgeschlossenen -Nation wurde, verdanke die .Welt in erster Reihe dem
„gewaltigen Seherblick" dieses Mannes , und fügte hinzu: „V o n
Wilhelm II . wird man einst ähnliches sagen ." Der
Kaiser verlieh ihm das Eiserne Kreuz am schwarzweißen Bande. Als
sich der Stern des Exkaisers bedenklich zum Sinken neigte, hatte auch
er an ihm verschiedenes auszusetzen. In einem seiner Kriegsausfatze
schrieb Ch.: „Deutschland kämpft fürs Christentum :"
Das sagte derselbe Mann , der in seinen übrigen Schriften ' das
Christentum als „jüdische Erfindung " usw. auf das bitterste ge¬
schmäht hatte, Geradezu widerlich waren die Huldigungen- diegibt er
seinem Adopkivvaterlande widmete, wie die nachstehende: „Es
keine einzige Aufgabe, die so wichtig wäre wie diese, die d e u t s che
Sprache der Welt aufzuzwingen" . . „
Die Menschen
müssen einsehen lernen, daß, w e r n i cht D e.u tschkönne , i n g e-
w i s s e m Sinne e i n P a r i a s e i."
Als er in einer anderen Kriegsschrift die „Frkf. Ztg." des Lan¬
desverrats bezichtigt hatte, wurde er wegen Beleidigung zu 150C M.
Geldstrafe verurteilt . Seitdem schweigt er in allen Tonarten . Rach
einer Reklamenotiz seines Verlegers sind noch vor Kriegsende
8(30'000 Exemplare seiner Werke, in Deutschland abgesetzt worden, es
wird also noch geraume Zeit bauern , bis all das Gift, das dieser
kritiklose Schwätzer in die Seelen so vieler, geträufelt hat, ganz aus
unserem Volkskörper entfernt sein wird . .
Centralverein deutscher Staatsbürger jüd. Gl ., s. Verein zur- Abwehr
des Ant., Alliance Jsraalite.
Christentum und .Antisemitismus : C h r i st e n f e i n d's cha s t desA .',
s. Rassentheörie, Zentrum . -
„Christus ein Arier ", ja sogar ein „Deutscher", s. Rassentheorien.
Elätz, tzeinr ., Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes , s. Mdeutsche.
CrLmieüx, srz. Minister , von den Antisemiten verleumdet , s. Alliance
. Jsraölite.
Aavid , Br., soziald? Führer, kein Jude, s. Judenschnüffelei.
Delitzsch, Prof. Br. Franz, s. Religion und Sittlichkeit , Eide und Ge¬
lübde bei den Juden. ‘ '/ \ c
Deutsche Demokratische Partei und Antisemitismus.
Mit ' keinem anderen Argument haben die vereinigten Reaktio¬
näre aller Schattierungen Heftiger gegen die D. D. P. agitiert, als
mit der angeblichenV er j ü d u n g dieser Partei/ Wie in den seligen
Zeiten Ahlwardts der . „Judenlioeralismus", so wurde. nun die
„Judendemokratie " als der Ausbund aller „völkischen " Verworfen¬
heit hingestellt . Zahllos sind die antisemitischen Schmähartikel'gegen
die „go'loene Internationale ", gegen die „demokra¬
tische Judenpresse "' und wie die völkischen Schlagworte alle-
lauten. . Einer ehrlichen Untersuchung gegenüber halten alle b;efe
Fragen natürlich nicht staüd. Wie es sich für eine demokratische , aup
der liberalen Grundaüffassung der Freiheit des Einzelmenschen ba-"
sterende Partei von selbst versteht , v erurteilt d i e D.-D. P.
die Zurücksetz ung eines Staatsbürgers seines
Glaubens und Herkommens wegen auf das ent - '
s'ch reden st e, tritt für die Gleichberechtigung -aller Konfessionen
.. tote aller Stände ein, und ist so der heftigste Gegner der auf Entrechtüng
der Juden hinzielenden wüsten antisemitischen Hetze . Das muß sie,
will, sie ihren Grundsätzen treu bleiben, ^Lun, nichtn 'ur der schö¬
nen Augen der Juden , ihrer Stimmest bei den
Wahl en o d e r i h r es G el d es w e g e n, sondern in l o gi sche r
Verfolgung ihres p o liL i sch eit Grundgedankens , d er G e r e ch-7
tigkeit und Würde des Einz elmenschen . wegen. Wenn
ihr infolgedessen ein Teil der jüdischen Deutschen Treue mit Treue
vergilt, in ihrem Dienst arbeitet für das Wohl^des gesamten deut¬
schen Volkes , für Gerechtigkeit und Fortschritt, wenn Juden in demo- .
kratischen Zeitungen schrerben , als demokratische Abgeordnete , wirken,
bei den' Wahlen demokratisch wählen, so ist däs nur eine Selbstver¬
ständlichkeit . Sollten sie etwa unter dem alten Regimed i e Partei
des Herrn Bruhn oder Liebermann oder die Par - -
. tei des Trvo lipro grämms,w ühlen Ist ? ' es' nicht eine
Wü rdelosigkeit s o n d e r g lei chen, wenn noch heuteI u d e n
der D. N. V. a n g e h ö r en , die die Entscheidung , ob ihr .Juden
überhaupt angehören dürfen, ei n I a h r l a n g^i n d er S chw eb e
ließ, und deren Landesverbände sie, wie z. B. in Mecklenburg,
Die D D B prinzipiell aüsschlossen. Was es mit dem Gerede von der D . D . P.
Mne Judenpartei als Judenpartei überhaupt aus sich hat , beweisen am besten die Z ah -
len der National v.e r sa m m l u n g s w a h l en. Von den.
ungefähr .600 000 A n g e hö r i g eit , die die j ü d i s che Re¬
ligionsgemeinschaft in Deutschland zählt- waren im ganzen höchstens
600 000 wahlberechtigt . ^ Davon gehen noch ab .die in Elsaß-
Lothringen und«den östlichen Landesteilen Wohnhaften , wo die Polen
das Wählen aufs höchste erschwerten , ja teilweise gerade den Juden
unmöglich machten , ferner die auf die nach Ansicht der Antisemiten^
ja ebenfalls völlig verjudeten Sozialdemokraten Leider Richtungen
gefallenen Stimmen,, die nicht unerhebliche .Zähl jüdisch
stimmen, die im Rheinland und Bayern — dort hatte das o rll h o -
hoxe I U'd en tum ausdrücklich seine- W ah lp ar o l e für das
Zeittrunt ausgegeben— so verbleibt nicht mehr allzuviel für die
Demokraten , die bei der, Wahl die. stattliche Zähl von fast 5^ Millio¬
nen Stimmen auf sich vereinigten. Dabei muß man sich noch.erinnern,?
— 25 —
daß außerdem die Dt . BP., für die ja auch Geh. Rt . Rießer kandi¬
dierte , eine erhebliche Anzahl jüdischer Stimmen erhalten haben mag>
und sogar die D. N. V. in Schlesien mit der Kandidatur Friedländer
und durch den Mund ihres Landesvorsitzenden Semmler um die
Juden geworben hat, wie ja auch Geh. Rt . Marx in Berlin trotz
seiner jüdischen Herkunft in der D. N. B. eine Rolle spielt. W e wenig
ehrlich die Antisemiten in ihrer Hetze sind, bewiesen zum Ueberfluß Antisemitischer
die vielen gefälschten Flugblätter und Anzeigen, die die der Fluabkktt-
D. N. V. sehr nahestehendeAnzeigenfirma E. P o P p e , B erli n, und schivindel
andere Stellen in die Zeitungen einzuschmuggeln versuchten. Mit (E. Poppe)
der Unterschrift „Eu,re jüdischen Mitbürger" oder ähnlich
wurden angebliche Aufrufe für d i e D. D. P . verbreitet,
die so dumm und niederträchtig waren, daß die Fälschung ,auf den
ersten Blick zu erkennen war , denn von allem anderen abgesehen,
wird wohl niemand den ' Juden bte. Borniertheit zutrauen,
eine Partei , durch die sie, wie die Antisemiten immer behaupten, die
Herrschaft über das zu 99 Prozent nichtjüdische Deutschland erringen
wollen, als „Partei d e s I u d e n t u m s" zu diskreditieren, oder
wie in dem von der „Dt. Wacht" gefälschten Aufruf ,an die 'Arbeiter
zu schreiben: „W'ir I u.d e n sind jetzt eu re Herren ! Ar¬
beiter . seid st o l z . u n s e r e Knechte und Diener zu
sein ! Wirbezah l enalles !" Gewiß zählt die D. D. P . unter
ihren Führern ' Juden , aber neben Haas und .Waldstein stehen die
große Zahl aufrechter christlicher Demokraten/ und die große Führer¬
reihe von Richter, Rickert, v. Forckenbeck bis zu Naumann , Petersen;
Frhr . v. Richthofen, Gertrud Bäumer kennzeichnet zur Genüge die Un¬
wahrheit des antisemitischen Schwindels von der Verjudung und
jüdischer Führung in der D, D. P . .
„Deutsche Handelswacht ", s. . Handlungsgehilsenverband , Deutsch-
nationaler.
Deutsche Bolkspartei und Antisemitismus.
Der äußere und innere Zusammenbruch des alten -Deutschland
mußte mit Naturnotwendigkeit die alte „Reichsgründungspartei ", die
N aj i o n a l l i b e r a l e n , in Stücke schlagen, zumal die Gegensätze
in ihr schon seit Langem nur noch künstlich von Fall zu Fall hatten
überbrückt werden können. Während die sortschritüich gesinnten
Teile -unter Fri e d b e r g s , S chi ffe rs und der Junglibe-
r a l e n Führung sich an der Gründung der Deutschen D .e mo -
kr a t i s che n P a r t e u beteiligten, gingen .die alldeutsch-altliberal-
schwerindustriellen Bestandteile mit Paul Fuhrmann, J .-Rt.
Claß - Mainz und den .rheinisch-westfälischen Generalsekretären
zum großen Teil zu der D. N. B. Der Rest der Partei unter
Dr . Stresemann und Geh . Rt . Rießer verblieb als Dt.
V p. selbständig, nachdem die Verhandlungen mit der D. D. P . ge¬
scheitert waren, nach Herrn St . aus prinzipiellen Gründen , während
die andere Seite, besonders Geh. .Rt . Friedberg , dem persönlichen
Ehrgeiz St .s die Schuld an ' der Erfolglosigkeit der Verhandlungen
zuschrieb. Die neue Partei , die sich zur Rechten rechnet und doch
l i b e r a l e n -Charakter für sich beansprucht, nimmt zum Antlse-
m i t i s m u s ei ne etwa s absonderlich e S tell -u n g ein.
Bei den Wahlen verband sie fast in allen Bezirken ihre Listen mit
denen der D. N. V., soweit sie nicht sogar mit ihr gemeinsame Listen
aufstellte oder deren. Liste ohne Gegenleistung unterstützte. Im
Arnsberger Bezirk nahm sie sogar den Erzantisemiten
— 26 —
— 32 — :; ;
verpflichLungen mit Ausnahme gerichtlicher Eide und mit
Wissen' des Nächsten eidlich übernommener Verpflichtungen gegen
diesen" ; trotzdem bleiben die Antisemiten dabei, daß danach der Jude
vor Gericht einen Meineid schwören könne, da es ihm seine religiöse\
Ueberzeugung erlaube. Es nützt nichts, daß immer und immer wieder
darauf bingewiesen wird^ daß die jüdische Religion keine anderen
Vorschriften in dieser Hinsicht kennt, als sie im 4. Buche Moses,
,Kap. .30, Vers 2 ff.) niedergelegt sind. In einer der "judenfeindlichen
' Veröffentlichungen der letzten Zeit heißt es: „ Me berufene Fach¬
männer nachgewiesen haben, begünstigt die jüdische Religion eine
laxe Auffassung des Eides durch das Kn l - n i d r e - G e b e t , das
am ' Vorabend des Versöhnungstages in der Synagoge mit großer
Feierlichkeit verrichtet wird. Ganz besonders i st e s er -
laubt . Andersgläubigen gegenüber einen fäl¬
schen Eid zu schwören" /
Diese „berufenen Fachmänner " der jüngsten Zeit sind ein Herr
Hellwig und .ein Herr Schütze , die in dem von Prof . Hans
Groß in Graz . herausgegebenen „Ar chiv für Krimi nal¬
anthropologie ", einer nach dem^anderen, zwei Studien über
das Thema veröffentlichten. Der eine von ihnen zitierte das viel-
berufene „Kol-nidre-Gebe'L" in der bei .Fritsch Vorgefundenen be-
w u ß t g ef ä l s ch4e n F' a s s u n g und knüpfte daran die Aufforde¬
rung, „daß vom jüdischer Seite die in Betracht kommenden Quellen
nicht länger verheimlicht oder versch lei ert . w er¬
den mögen, damit die Prüfung ruhig und sachlich geführt wer- -
den könne". Prof Groß fügte von seiner Seite die Bekräftigung
hinzu, daß die jüdische Religion allerdings ihren Bekennern durch die
Lösung von -Gelübden in bezug auf den Eid ein „Kaut¬
sch ukgewissen" mache . ' ^ .
Binjamin Segel hat in einer eingehjenden Abhandlung
^Schwüre und Gelübde, deren Heiligkeit und deren Auf¬
lösung nach jüdischer Lehre" (Zeitschrift „Ost und West" , 1919) diese '
ungerechtfertigten Ausführungen auf das trefftndste widerlegt. Es
ist ja selbstverständliche daß die Lehren der Mischen Religion hin¬
sichtlich der Heiligkeit des Eides hinter denen keiner anderen Reli¬
gionsgenpeinschaftzurückstehen/
Gerade heute sollte man sich in arisch-deutschvölkischen Kreisen da¬
vor hüten, verächtlich auf den Judeneid herab^usehen. Wie. oft hat
man es in dem Weltkriege erleben müssen, daß Spionage, .Wort¬
bruch, Irreführung und Verrat , die doch gewöhnlich die Verletzung
eines Eides in sich begreifen, gerade von nichtjüdischer Seite ge¬
priesen wurden, wenn der Zweck das- Mittel heiligen sollte. Ein
politisch rechtsstehender Offizier hat in der „Post" darzutun versucht,
warum die. Offiziere des alten Regimes) der neuen .Regierung den
Eid geschworen hätten, ohne dadurch in/einen Gewissenskonfliktzu
kommen. Dieser Herr rühmte sich geradezu damit, d en Eid mit
den Händen in den Hosentaschen in seiner „ g o t.t -
losen" F o r m. g e l e i st e t z uh a b e n. Er erklärte ferner, daß,
wenn die Offiziere vörgezogen hätten, ihn nicht zu leisten, dann
viele Kameraden in eine Motlage geraten wären, und er sagte ge¬
radezu heraus, der Eid schließe nicht aus , „daß wir nach wie
vor treu zu unserem Kais er h a l t en ". Der K a p p -
Putsch hat uns gezeigt, eine wie unglaubliche Laxheit, ja geradezu
verbrecherisch zu nennende Leichtfertigkeit in dieser Hinsicht in einem' >
großen Teil der Offizierskreise herrscht, die. dazu noch ein besonders i
— 33 —
nicht allein die .wirtschaftliche' Macht, welche die Juden zum großen
Teil , bereits in Händen haben, sondern auch die politische Machte
die dazu benutzt werden soll das Christentum und andere Formen
des Gottesglaubens zu vernichten und den mosaisch-talmudischen
Glauben zur Weltreligion zu erheben". ^
Im Jahre 1897 fand bekanntlich in Basel der e r ste Z io n i st e n--
ko n g r e ß statt, auf dem das Programm des Zionismus festgelegt
und ferner , beschlossen wurde, für das jüdische Volk. die Schaffung
einer rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina anzustreb'en und zllr. .
Durchführung des zionistischen Programms ' einen Nationalfonds zu
gründen. In Verbindung damit sollen in Basel nach, der-lügnerischen
Behauptung der Antisemiten in größter Heimlichker^ die „ tzLeisen vost
Zion" zusammen mit den Vertretern der jüdischen Logen getagt
und in 24 Geheimsitzungenein urNfangreiches Programm festgelegt
Haben, das nun in dem in Rede stehenden Werke wörtlich zur Ver-
öffentlichllng gelangt, wo es volle 74 Seiten in Quartfoxm ^t füllt,
- So manchem, der sich in der antisemitischen Schmähliteratur
auch nur ein bißchen umgetan hat, werden beim Lesen sofört Re¬
miniszenzen an andere Veröffentlichungen ausgestiegen sein. ^ Ung,
in der Tat steht-das, was in den „Sitzungsberichten" beispielsweise'
über die Macht dM Goldes und der Presse, über die angeblich von
den Juden betriebene Verschuldung der Staaten und ./der Fürsten,
über die chnen zur Last gelegte Zerstörung des Gottesglaubens usw.
Goedscbe-ReLcsisfe
„Auf r em Inden- gesagt wird, genau so in dem Kapitel „A u f dem I u d e n ki r ch-
kirchhof in Prag" h o,f i it P r a g" des Schundromans „B i a .r r .i tz", den der falsche.
Zeuge im Waldeck-Proz ^ß und ^ Krenzzeitunasredaktnuy Milb "lm'
G o e d s che unter deA Pseudonym ,.J o h n Re t tl i f f e" zu Ende
der sechziger Jahre des vor. Jahrh . verösfentlicht hat . In . dem
Goedscheschen Schund- ünd Schauerroman nennen sich die Vertreter
der zwölf Stämme „Die Wissende n " und „Di e W i s s e n de n
d e s g e h e i m e n B u n d e s" ; der Zusammenhang mit den „W ei¬
sen w o n Z i o n" lieat also ganz klar ^ntag-'. Be'' l^ o^dschof'-»^ pt
. Man das Weltherrschaftsprogramm ausführlich entwickelt;, jedenfalls
kann Man den Zusammenhang zwischen den-„Wissenden, des geheimen
Bundes " bei Goedsche -Retcliffe und den „Meisen von Zion" des Herrn
G. zur Beek deutlich genug erkennen. . \ / ‘ : ;
Man fyat es hier offensichtlich : mit der F ä l-s chu n g ein e s
russischen Spitzels zu tun, der das, was er über die angeb-
' lichen Geheimverhandlungen der „Weisen von Zion" . berichtet, aus
verschiedenen gegen die Juden -und Freimaurer gerichteten älterem,
haüptsächlick) französischen Quellen entnommen hat . Seine ' Haupt-
guelle muß aus den . sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts-
^stammen, denn es ist in dem Bericht über die 17. Sitzung von einem
seitens der Juden und Freimaurer geplanten A n s chl a g auf den
V.'a t rk a n die Rede, der den Zweck verfolgen soll, den Papst der
weltlichen Herrschaft zu berauben. .Da/der Papst diese Herrschaft be-'
reitsim Jahre 1870 verlor , ist also ein solcher Plan nach dieser. Zeit
. geaenstandslos geworden. Jedenfalls zeugt die Tatsache, daß der
. Fälscher einen ' solchen Plan in seinen „Geheimbericht" - mitüber-
nommen bat . noch ganz besonders von seiner,bodenlosen Dummheit
unl)^Verblödung. . / . - ••' : / -•
Der Schwindel-Bericht- des russischen Spitzels ist in Rußland
höchstwahrscheinlich ' von den Auftraggebern, des Spitzels .in dem
Sinne überarbeitet worden, um den im Jahre vorher, im ' Jahre
1896,. zur Regierung , gekommenen Zaren Nikolaus II/ .in mutokrati-
•; ' , _ ■— 39 —
schein Sinne zu beeinflussen. . Man beachte das^ -was oben in den
Auszügen aus den „Geheimnissen der Weisen von Zion" aus der
ersten Sitzung , wiedergegeben wurde und namentlich die Stelle, an'
der .von einer Persönlichkeit die-Rebe ist, „die von Jugend auf zur
-Selbstherrschaft erzogen wurde". Diese schamlose russische
Spitzelfälschung, die dem geistig beschränkten jungen Zaren die
Meinung beibringen sollte, daß die Gewalt allein maßgebend sei, daß
die große Volksmasse blind, blöde, ohne' Verstand und ohne Urteil sei,
daß das Hauptziel der Juden , Zionisten und- Freimaurer auf Macht
und Hinterlist, Weltherrschaft', Schreckensherrschaft und Terror ge¬
richtet sei, wird also hier in der Veröffentlichung des Herrn G. zur
Beek .als wirklicher Beschluß der -angeblich aus Anlaß des ersten
Basler Zionistenkongresses abgehaltenen - geheimen Sitzungen der
Zionisten und Freimaurer äusgegeben. Dem Schundromanschreiber
Goedsche -Retrlisfe steht der mildernde Umstand zur Seite, daß er die
tollen Pläne über die angeblich erstrebte jüdische Weltherr¬
schaft.'in einen Roman .einfügt und ihnen eine romanhafte Form ver¬
leiht dieselben- Milderüngsgründe stehen aber nicht im geringsten
Herrn G. zur Beek,zur Seite , der die Fälschungen eines russischen
Spitzels über die „Geheimnisse der Weisen^von Zion" als wirkliche
Sitzungsberichte des ersten Basler Zionisten^kongresses. von 1897 aus-
gibt und der nicht wenige geistig Arme zu der Meinung verleitet hat,
daß tatsächlich damals 'in Basel so verderbliche und gemeingefährl.che
Beschlüsse gefaßt worden sind. Nicht die Juden sind den Deutschen,
gefährlich, wohl aber^die Leute, die jede Dummheit, jede Fälschung
und Lüge, die von moralisch und intellektuell brüchig„gewordenen
Elementen über die Juden aufgebracht und Verbreiter"wird, für bare
Münze. nehmen.
Geiselmord in München, s. Pogrome.
Geistliche und Antisemitismus.
„Liebe deinen Nächsten'wie dich selbst." Dieser biblische Grund¬
satz hindert manche e van g e l i s che Geistli ch-e nicht, st.ch aktiv
an der Judenhetze nicht nur zu beteiligen, sondern sogar eine Mrende
Rolle zu übernehmen, und das, obwohl es nicht wenige Antisemiten,
gibt, die vom Ehristengott nichts mehr wissen wollen und sich dem
Wotankultus hingeben. Die . Traub, Mumm .. Maurenbrecher,
Pfannkuche und andere kleinen Geister zeigen sich' Nicht als Jünger
Jesu , sondern als Jünger Stöckers; Kanzel und andere kirchliche
Einrichtungen werden von ihnen zur äntisem. Agitation mißbraucht.
Es würde zu weit führen, Proben aus den judenfeindlichen Er-
güsien leider nicht weniger ev. Geistlichen hier wiederzugeben. Um so.
'wohltuender betührtdie aufgeklä rte Stellungnahme einer großen'
Zahl ' anderer Amtsbrüder gegenüber den ^Angehörigen der jüd. Re¬
ligion. In einem Rundschreiben des hessischen Oberkon-
sistöriums vom Jahre 1F90 heißt eLu . a.: „Die antisemi¬
tische Bewegung sch ließt ernste Gefahren für den
F r i e d e n d e r B eiv ö l ke r u n g i n s i ch. — Wir können unter
keinen Umstünden .für das, was eine g e mre i n s a m e. S chu l d
gan z e r Volk § kl a s s eund .
wofür diese, sofern sie wirklich
Christen sind, Buße zu tun und Besserung zu suchen haben, die jü-
^ dijchen Staatsbürger, - in deren Reihen es doch wahrlich an Beispielen
wirklicher Milde und Guttätigkeit, an >Mustern pietätvollen Fa-
mMensinns nicht fehlt, und zwar diese ohne Unterschied allein ver¬
antwortlich machen. — Wir müssen es aber auch als eine verhäng-
_ ; , - ; • ■ ■ — 40 —
nisvolle Mißleityng 8er dunklen Instinkte bes deutschen Christen-
Voltes Ansehen, wem; man da, wo es gilt, vor 'allem die eigenen
Fehler einzusehen, die Unzufriedenheit der Massen .aus angebliche
Urheber ihrer ' Drangsale hinlenkt, die es nur zum -Teil und sicherlich
nicht ohne erhebliche Mitschuld der christlichen Bevölkerung selbst' sind.
Wir halten darum die Beteiligung an antisemitischen Ag Latio-
nen — für nicht vereinbar mit den Christenpflichten und Amtspflich-
- ten eines Geistlichen." . .
Unvergessen, wird Pfarrer Immanuel Heyn bleiben , der un-
- ' ermüdliche Kämpfer gegen Intoleranz und Ungerechtigkeit. Die
gleichen Wege wandeln bekannte Geistliche wie Graue-Berlm/Möring-
- Breslau , Jde -Großalmerode u. a. m. Aufsehen erregt hat' eine Pre-
Pfarrer Grimm digt des hervorragenden Frankfurter Kanzelredners Pfarrer G r iM m
irr Frankfurta. M. und die Juden ", in der er den israelitischen Mitbürgern volle 1
Gerechtigkeit widerfahren ließ und seine tief empfundenen Darlegun - V
gen mit den schönen- Worten schloß: ' . / 1
„Haben wir Christen vergessen, daß das Judentum , die jüdische j
> ' Religion die Mutter der christlichen Religion ist, -daß unser Herr 1
Jesus Christus aus dem jüdischen Volke stammt und sein jüd'sches I
; ' Volk lieb gehabt hat, daß wir in unserem Bibelbuch ein Altes Testa- 1
ment haben. Das Religionsbuch der Juden mit seinen-herrlichen |j
Psalmen , mit seinen wunderbaren Prophetenworten , mit seinen zehn
Geboten! Haben wir das alles vergessen? Und dann - steht nicht im.
Mittelpunkt unserer Religion der Glaube an den Mott , der aller
Menschen Vater ist, ,und an die Brüderschaft aller Menschen? Haben
wir schon einmal die Juden von diesem Standort ' aus betrachtet?
„Haben wir nicht alle ei n e u ' Vater ? ' Hat uns nicht e'n Gott ge- 8
schassen? Warum verachten wir denn einer dey andern ?"
Im katholischen Klerus fehlt -'es zwar nicht an gele- !
' . . ■ gentlichen antisemitischen Ergüssen — insbesondere läuft der Pader-
' borner „Leo", von einem Jesuiten geleitet, manchem Hetzblatt den
Rang ab —, im allgemeinen aber legt man sich dort Zurückhaltung
auf, wohl eingedenk der scharfen Angriffe, die sich gerade der Ka¬
tholizismus seitens der Antisemiten zu versehen hat, die nächst, den
Juden die Wurzel allen Uebels in „Rom" suchen. Gleichwohl ha¬
ben verschiedene,bekannte Kirchenfürsten Gelegenheit genommen, den
Judenfeinden einen Spiegel vorzuhalten . So sagte der ungar.
Kardinal -Erzbischof tzaanald in einem Hirtenbriefe? -
. ' „Der Antisemitismus, um das Kind beim rechten Na-
: men zu nennen, wo er wütet und in Feindseligkeit oder gar in
-blutdürstige Demonstrationen gegen die Judenschaft ausbricht, for¬
dert billig die Verdammung durch jeden anständigen
Priester heraus ." > ,
Fürstbischof Ebenso hat sich der verstorben^ Breslauer Fürstbischof Dr . Ko pp
Or. Kopp 'mehrfach gegen antisemitische Betätigung katholischer Geistlicher ge- /
wandt, immer wieder zum Frieden - gechahnt und §s gegenüber dM .
Juden niemals an . Wohlwollen, Toleranz und-Gerechtigkeit fehlen
lassen; auch der Blutbeschuldigung, die er .als „freventstche Unwahr¬
heit" bezeichnete, ist er wiederholt entgegengetreten. Auch der süd¬
deutsche Klerus nimmt eine ähnliche Stellung ein. Nicht uninteressant
ist -der Artikel eines angesehenen katlM. -Geistlichen im „Bad . Beob."
. über,die bayerische Revolution , in dem er von den meisten jüdischen
Mitbürgern sagt: „Sie verurteilen mit uns das schnöde Verhalten-
aller Radikalen, der Inden wie. der Nichtjuden. Cie bedauern noch
mehr als wir das vordringliche Wesen mancher Sfammesgenossen beim
_— 41 —
Machen der Revolution ." Sie sagen mit Recht: Wenn einer von
uns Juden vor Kurt Eisner hinträte und ihn bäte, er möge um seiner
jüdischen Mitbürger willen seine angemaßte Regierung aufgeben, so
würde Herr Eisner ruhi ^ erklären, er gehöre gar nicht zu ihnen, er
sei alles mögliche, nur nrcht gläubiges Jude oder Jude , der sich mit
ihnen in Gemeinschaft.fühle." Aer . Schreiber richtet dann an die
Zentrumspresse die folgende sehr' beherzigenswerte Mahnung : „Man -
führe 'deshalb den WaHlkaMpf gegen die jüdischen und. nichtjüdischen
Radikalen, nicht aber gegen die Juden als Juden . Denn es ist ein
Unterschied zwlschen Juden und Juden , so gut wie zwischen Christen
und Christen." . - - '
Gelübde, s. Eide Md Gelübde bei den Juden.
„Germania^ und Antisemitismus, s. Zentrum.
' Geschäftsantisemitismus.
.Von dem- Geschäftsantisemitismus. der ja für viele Anhänger
und' besonders Verkünder der antisemitischen „Weltanschauung"
einen wesentlichen Teil ^ ihres Programms darstellt. gab derEr-
, p r e s s u n g s p r o z e ß, der 1909 in Berlin gegen den Mitarbeiter
der Bruhnschen /,Wahrheit" Dahsel verhandelt wurde und der mit
der Verurteilung des Angeklagten zu 1)<. I a h r e n Gefängnis"
u n bv 8 Jahren E h r v e r l u st schloß, sowie der Prozeß, der im
- Anschluß daran gegen den Verleger der „W a h r h e i t" Wilh.
- Brüh n wegen Erpressungsversuchsgeführt wurde, ein beredtes Zeug¬
nis ab. Bruhn wurde zwar freigesprochen, aber er hatte nicht die
geringste Veranlassung, hocherhobenen Hauptes von dannen zu gehen;'
! Presse Praktiken
niedrigen
- die aller Parteien war einmütig in der die
des Geschäftsantisemitismus, Verurteilung
Blatt betreibt. Die „Staatsbürgers ." riß im Jahre 1919 die Scho-
der
er in seinem
r kolade einer sehr bekannten Konditorei, deren Inhaber Christ ist, zu¬
gunsten eines in jüdischem Bdsitz befindlichen Geschäfts herab — -
Grund : der Jude inserierte in dem Blatte , der Christ aber nicht. Als
ein sehr smarter Geschäftsantifemit ^ erwies sich auch Herr Adolf BartelS
Barte l's -im Falle Heine-Reclam. Ihn übertrifft aber noch bei Bewer
weitem der antisemitische Barde Max B e w e r - Laubegast. Er , der
einst ein schaurig-schönes Gedicht zum Ruhme Baruch Spinozas ver¬
faßt hatte, schrieb dann die gemeinen Texte zu den berüchtigten anti¬
semitischen G l ö ß s che n B i l d e r b o g e n. Beim Erscheinen des Glötzscho
^Bilderbogen
i Bilderbogens „Deutscher Totentanz ", ^ er, selbstverständlichunter den
üblichen Angriffen auf die Juden , eine dreiste Verhöhnung der
protestantischen Kirche enthielt , ging auch die „Köln.
Volksztg." aus das entschiedenste gegen dieses Machwerk' vor. Das
katholische Blatt schrieb: Als Verfasser des Textes zum Bilderbogen
sei ihm der Schriftsteller Max, B ew e r genannt worden. Derselbe
sei katholisch getauft. Aber seine eigentliche Konfession sei der Ge¬
schäft s an t"i se miti s mu s. . '
-Der Geschäftsantisemitismus in erster Linie trieb Bewer zu der
Veröffentlichung seiner Broschüre „Wilhelm II . u n d A lex-
a n d e r III ." (4. Aufl. Dresden 1892), in der er auf das unglaub¬
lichste den Kaiser, zugunsten des Zaren herabgesetzt hat . Er schreibt
. dort : „Der Gedanke, daß Wilhelm II . durch fortgesetzte „Ju¬
chä i n - E i n s p r itz u n g^e n" in . . dieselbe seelische, politische und
ökonomische Lähmung versetzt werden könnte, wie sein unglücklicher
- Vater , liegt in Petersburg als Revanche für die Andeutungen . , .
ziemlich nahe,^ daß sehr wohl auch"Alexander III . den nihilistischen
Judentod seines^Vorgängers erleiden könne." Derselbe Bewer hat
während des Krieges aus dem Großen Hauptquartier überschweng¬
lich-byzantinische"Berichte für dep „Berl . Lok.-Anz." geschrieben, m
'deren einem er von dem „k ü n st l e r t'f ch sch ö n auf g e b a u t e it
Kaiserhaup t" spricht, das neben den Patriarchalischen Häuptetn
' Karls des Großen und Barbarossas ewig seinen jun g - g erm ani^
sch e n Typus in der deutschen Kaiser- Geschichte bewahren wird ")
Derselbe zartbesaitete Dichter veröffentlichte dann anläßlich der Ent¬
thronung des Kaisers . einen Spruch „F ü r st Vit - A b s chi e d", in
dem es heißt: „Selbst manchem Sozi tat es leidV- Um Einen, der
uns oft erfreut, —. Um Serenissimus! . .
Glötzsche Bilderbogen, s. Geschäftsantisemitisnchs. ,
Gobineau, Vater der ^modernen Rassentheorien, s. Rassentheorien. -
Goedsche— John Retcliffe. > ,.,Auf de m Judenkirchhof , im
Prag ." - - ^
Der aus. dem Waldeck-Prozeß als ' falscher Zeuge unrühmlich
bekanntgewordene ehemalige.„ KreuzzeiLungs" -Redakteur G o e d s che
hat auch eine Anzahl von „Zeitromanen " verfaßt, die man aber rich¬
tiger als -Schundromane zu charakterisieren hat, und diese unter dem .
Pseudonym „John Retcliffe" veröffentlicht. Einer von -diesen, der .
Ende ,der 60er Jahre unter dem Titel ^„B i ad ritz " erschienen ist,
enthält ein besonderes, Kapitel „Ausdem Judenkirchhof in
P r a g", in dem der Verlauf ' eines erdichteten „Sanhedrin " im
Jahre 1860 geschildert wird, das glle hundert Jahre einmal dort,
an dem Grabe des -Rabbi Simeon Ben Jehuda in ' der Nacht statt¬
finden soll. Nach dem Roman ' hatten sich' dort dreizehn Vertreter
eingefunden. Die 13 Männer , der Oberste der „Wissenden" und die
Vertreter der 12/Stämme Israels , .entwickeln nun ein Programm,
.das die Aufrichtung der jüdischen Weltherrschaft zum
Zweck haben soll. Das unsinnige Zeug., das die Reden der Ver¬
treter der 12 Stämme enthalten, setzt,aber ,doch eine genaue Kennt¬
nis der jüdischen Religion, jüdischer Bräuche usw> voraus , so paß
-man -einem so inferioren Geiste, wie Goedsche es war, -nicht ohne
weiteres, zutrauen kann, daß er .alles das, was er dort vorbringt,
aus eigenem erfunden hat. Er hat wohl sicher eines oder mehrere
der damals schon verbreiteten . Pamphlete gegen Juden und Frei¬
maurer und andere Geheimgesellschaftenals Unterlage benutzt und'
chch danach 'das, was ihm in den Kram paßte, zurechtgestutzt .* .
Dieses Goedschesche Romankapitel „Auf diem Juden ki r ch-
. Hof in Prag" hat nun in der antisemitischen/Hetzliteratur da-,
durch eine besondere Bedeutung erlangt , daß. auf seiner Grundlage
eine große Anz a'h l v o n an ti s em i tischen 'F äl s chun- .
g e n aufgebaut worden sind, die alle darauf hinauslaufen , leicht--
gläubigen und kritiklosen Gemütern das Märchen von der geplanten
W e l Lh e r r s cha f t der I u den -einzureden. In der jün asten
Zeit sind "zwei Sonderausgaben des in Rede stehenden Kapitels
aus . dem Goedscheschen Roman veranstaltet worben; -die eine davon
ist m dem bekannten antisemitischen Verlage von Karl Rohm in
Lorch (Württemberg) zun) Preise von 20 Pf . unter ,dem Titel „Was
ist jüdischer- Geist? von John . Retcliffe ', in verkürzter Form er- .
schienen. ' / . " -, ^
Die zweite Veröffentlichung rührt von dem vstkannten
K n ü p p e l - K u n z e her; 'dieser hat das ganze Göedschescbe Kapitel.'
ohne alle Kürzungen in einer besonderen Broschüre zum Preise?von
— 43 —
/
<■' ■ — 51 —
/ ■ . * ■
halten hätte. Antisemitische Gesinnung stand doch einem Dichter wie
tz. v. F. vollständig fern, der Verse niederg-schneben hat, wie die
' nachstehenden : -
■>ii Sich untereinander verstümmeln und morden,
^ . Ist eine Wissenschaft geworden , .
'r Wodurch man gelanat zu G ^fr ’ und Ruhm;
Das ist mir ein schönes Christentum! -
Du bist ein D eutsche r! Das lteb ich seh^.
Und bist auchM ensch , das gefällt mir noch mehr.
Mäße' ersüM haben. Emen ' wie ' jämmerlichen Eindruck machen dem¬
gegenüber die -bekannten .Beschuldigungen antisemitischer Hetzer über
Drückebergerei der Juden usw. Wie unsäglich traurig mußte es aber .
einen -berühren, wenn man 'lesen mutzte, daß in Ros enheim in
Bayern ein H e I b e n f r i e d h ö f eingerichtet wurde, und daß dem .
im Kriege gefallenen jüdischen Kaufmann Maier im Jahre 1917 die
Beisetzung in diesem Verweigert worden ist.
i Der konservativ gerichtete St a a tHrechLsleh rer Pr o.]. Prof. Zorn
Zorn stellte in „Westermanns Monatsheften " (April 1918) folgendes
fest: >,Das deutsche Judentum hat seine vakerlandi - .
sche Pflicht voll erfüllt. Die Heldengräber jüdischer Sol¬
daten und die Eisernen Kreuze, die die .Brust von solchen schmücken,
sind' dessenechr e n d e s Z e u g n i s? Diese Pflichterfüllung ist selbst¬
verständlich und auch/von den deutschen Juden als selbstverständlich
betrachtet worden. Wir müssen. d ar a u s die Folgerungen
der Gerechtigkeit ziehen. Es gibt schlechte Juden ; es gibt
auch schlechte Christend Jede Schlechtigkeit im Handel und Wandel
muß aufs schärfste bekämpft werden/ aber eine Verallgemeine¬
rt n g lediglich gus Gründen" eines r e l i g i ös e n o d e r R a s s en¬
geg en -satz es mutz abgelehnt werden."
' Herr Cham berlain stellte 1915 in -seinem Kriegsaussatz Charnberlaw
„England ", in . dem er behauptete, daß die Engländer
r ein ere G erm an en als viele Deutsche, den englischen Juden,
die sich als wütende englische Nationalisten gebärdeten, als
rü h m l ich e s und nachahmenswertes B e i s p i e l die d e u t sch e n
J u d e n gegenüber und er schrieb: „Man werfe nicht den Einfluß der
Juden (irr England ) .ein, der zwar gerade in der am Ruder befind¬
lichen Regierung Englands 'besonders §groß ist. Deutschland
zählt- aber z e h nm a l so v i e l,J u,d en und w o s i n d f i e j e tz t?
Wie wag geputzt von der gewaltigen Erhebung ; als „Juden"
nicht mehr auffindbar , denn sie tun ihre Pflicht
als D e u ts che v o r d etn F ein d e od er da h eim ."
: Es sollte doch dafür gesorgt, werden, daß solche Urteile unver¬
gessen bleiben. .Jawohl , die deutschen-Juden haben Ihre Pflicht er¬
füllt/im Fehde sowohl wie daheim iin ' der .Kriegsfürsorge und Wohl¬
tätigkeitspflege, in der Industrie , im Handel, in der Technik und In
der ' Wissenschaft . Die Juden spielen nun einmal infolge von UU-
ständen,.an denen sie nicht die Schuld tragen , in unserem Bank- und
Finanzwesen eine große Rolle, sie haben auch hier ihre Pflicht im
vollsten. Maße erfüllt. .. Der antisemitische. Geh. Oberregierungsrat, regierungsrat
Geh. Ober¬
Fritz steht, sich gezwungen, in seiner bekannten Broschüre „Die Ost¬ Fritz
judenfrage" das Eingeständnis zu machen: . . Wir vier danken
es .vielleicht nicht zum wenigsten den Juden. .
daß die schwere
Prüfung dieses Völkerbrandes ‘ uns - nri t G e l d m i LLe ln g e-
rü -stet fand ."' Wie wäre auch .der . glänzende Erfolg der Kriegs¬
anleihen ohne, die Juden möglich gewesen? - Und wenn während des
Krieges der ^damalige Staatssekretär - des Reichsschatzamtes - Dr.
Hel ff er ich mit Recht als das „allergrößte Phänomen " „die
An pass u ng d er d euLsch en V o lkswir ts ch aft an die /
durch den .Krieg gänzlich veränderten Vorbedingungen des wirt¬
schaftlichen Lebens und die durch den Krieg geschaffenen Bedürfnisse"
bezeichnet hat , so darf , einen Teil dieses Verdienstes der in dem wirt¬
schaftlichen Organismus . Deutschlands wirkende jüdische kaufmännische
Wagemut und Erfindergeist auch für sich beanspruchen. Walther Wattüer
Rä t h enn ü hat sich durch die Organisierung unserer Rohstoffe und ' Rathenan
im Anschluß daran unserer ganzen Kriegswirtschaft hervorragende
Baüin Verdienste erworben, ebenso der Düsseldorfer Großkaufmann M e y e r
durch die Schaffung der. Kriegsgetreidegesellschaft und B ?a l l i n durch .
die Begründung der Zentraleinkaufsgenossenschaft . Auch in der In¬
dustrie haben die.Juden ,im Kriege ihren Mann gestanden, vor allem
in der chemisch e n Industrie . - Die Lösung des Problems der Nutz¬
barmachung des Luftstickstoffes ist die größte Errungenschaft der
schweren Kriegszeit. Daß unsere Lan dwirt sch aft so lange durch¬
halten, die Kpiegsindust r i e trotz des Fehlens früher unent¬
behrlicher Rohstoffe genügend Munition Herstellen konnte, hatten wir .
Prof . Haber der genialen^. Erfindung des aus dem^ Judentum hervorgegäng^neN
hervorragenden Forschers am Kaiser-Mlhelm -Jnstitüt Prof . H a b e r
Stickstoff- zu verdanken. Durch seine..EHfindrmg der S t i cksto ffer z e u k
srzeugu, -g aus
der'Lust gung aus der Luft . ist .die Hungersnot, die sonst' schon nach
dem. zweiten Kriegsjahr gedroht hätte, glücklich von Deutsch¬
land abgewendet worden.' Und was die genügende' Herstellung von
Munition , des wichtigsten Erfordernisses -für den -Krieg; anlangt , so
hat ein der Kriegsindustrie sehr nahestehender Politiker , der frei-
konservative Abg. V o r st e r , im Abgeordnetenhause Ausdrücklich er»^
klärt : „O h n e d a s neue S t i ck st o f f v er f a h r e n d e s«P r o st
Hab er wäre der Krieg schon in 8 Monaten zu ün > '
seren U n g u n st en e n t s chi e d e n g e w e s e n." In . der Luft- '
-Prof. Frank
. Pros . Caro
stickstofffräge haben sich auch die jüdischen Professoren Frank und Caro
hervorragende Verdienste um das Vaterland erworben. In der Tat
waren ja zu Beginn des Krieges die Hoffnungen unserer Gegner in
erster Reihe darauf gerichtet, daß durch Abschneiden der Salpeter - -
zufuhr Deutschland in kürzester Frist zur Beendigung des Krieges ge¬
zwungen sein werde. Die in unserem Lande überhaupt , verfügbaren
Salpetervorräte betrugen damals rund 60 000 Tonnen, und in den
mit uns verbündeten Staaten waren überhaupt nicht Vorräte an Sal¬
peter vorbänden. Der aus dem Judentum hervoräeoana ^ e Prof.
Pros .' Zuntz
Zuntz erfand ein Verfahren, wodurch eine außerordentliche Ersparnis
an Nahrsto,fen herbeigeführt wurde, lind wenn die a r z r t r cye
Wissenschaft im Kriege geradezu Hervorragendes^ geleistet hast,
Prof . Ehrlich so ist ^dies in erster Reihe das Verdienst' dreier -jüdischer Forscher,
X . Pros . Neisfer Hhrlich , Neisfer und v. Wassermanm Das Haüptver-
Pros. Knst des letztgenannten Gelehrten beruht in der Bekämpfung des
v . Wassermann Wundstarrkrampfes und -der Organisierung der verschiedenen Schuß- '
impfungen der Ärmee^ . '
Die deutschen Juden , die im Kriege ihre volle Schuldigkeit getan
haben, dürfen mit dem Prof . Zorn verlangen, .daß ihnen,seitens 'ihrer
christlichen Mitbürger in vollstem Maße Gerechtigkeit zuteil werde
und daß gleich ihm die gehässigen antisemitischen' Schmähungen und
Verleumdungen von allen anständig, gesinnten Deutschen verurteilt
,und bekämpft werden.
Kriegsdienst und Indem . *
Die angebliche Unbrauchbarkeit der Juden für den Heeresdienst,
ist seit Jahrzehnten behauptet worden, nur um damit ihre Zurück- .
setzung bei Beförderungen usw. zu bemänteln. Nun ist es ja richtig,
daß infolge der Inzucht und des .Ghettolebens,der körperliche Ausbau .-
Zurückbleiben mußte, was übrigens die Israeliten 'mehr oder minder
mit allen Stadtbewohnern gemeinsam .haben, aber es Ist -unbestreit¬
bare .Tatsache, daß jüdische Soldaten stets ihre^ Pflicht- getün-rhabest,
im Frieden wie im Kri eg e. Schon in den B efr »ei u n gs-
v ■ ' — 63 —
kriegen traten 561 Juden (5% Prozent , der in wehrfähigem Alter' den
befindlichen) freiwillig ins Heer, eine ganze Anzahl wurde wegen ^ ^ ö fl '
Tapferkeit vorm Feinde zu Offizieren befördert . Der Jude Sieg-
' mund Pleßner aus' Pleß bekam beim Abschied den Hauptmannsrang.
Wenb Purg -wurde sogar aktiver Major . Eine Reihe von Juden er- j
hielt Auszeichnungen, Eiserne Kreuze und andere Orden . Der Jude
Simon Kremser, aus ' Berlin erhielt den Orden Pour le merite . Ja,
eine Jüdin Louise Grafemus machte den Feldzug als Freiwillige mit
"und wurde zweimal verwundet; sie erwarb sich das Eiserne Kreuz!
-7 Am Feldzug von-1.8 6 6 waren gegen 1100 jüdische Krieger be- 1866 und 1870/71
tmligt, am D e u t s ch- F r a n z o.s ischen Kriege 1870/71 waren
es gegen 7000, von denen '500 getötet oder verwundet wurden.- 363
(davon ein Drittel Aerzte) erhielten das damals als hohe Auszeich¬
nung geltende Eiserne Kreuz. lieber die Teilnahme der Juden am
Welt kr i e g e ist zu Zwecken der Abwehr .Näheres im Kapitel dieses
Buches „Drückeberger" gesagt.
. Wenn das V o r u r t.e i l gegen die- militärische Tätigkeit der -
Juden nicht schwinden wollte, so ist das -aus die kü n st licheSchü-
r u n g durch, das sich zum eigenen Schaden hermetisch abschließende
O.f fi z.i erk o rps und die r e cht s st e h en d en , a n t i s emi -
t i sch angehauchten K r e i s e 'zurückzuführen. In anderen Län - '
d e r n dachte man freier, dort brachten es Juden bis zu den - TS .
höchsten militärischen Stellen . In . der ö st e rr e i chi s ch- u st g a r.i - ^ in^ esieneich -"
s che n.Armee gab es 1909: 1 Feldmarschalleutnant (Generalleutnant ), umgarn, Italien,
3 Generalmajore , 10 Obersten, einschließlich eines Linienschiffs¬ Frankreich
kapitäns, 11-Oberstleutnants , 17^Majore und. Hunderte von Subaltern-
' Offizieren- . Auch im letzten Kriege standen sie ihren Mann . Es sei
nur erinnert an eine' der letzten Verhandlungen des alten ungarischen
Parlaments im Sommer 1918, in , welcher Graf Tisza erklärte, in
seinem Regiment hätten „zwei jüdische;, bis zur Tollkühnheit tapfere
Offiziere gedient, d^e die glänzendsten Eigenschaften des ungarischen
Soldaten repräsentierten ". Der Honveh-Minister Baron Szurmayr,
der an der Verteidigung der Karpathen hervorragenden ' Anteil hatte,
bestätigte' das durch sofortigen Zwischenruf: „ Auch unter meinem Kom¬
mando haben sich zahlreiche jüdische Offiziere und Soldaten glänzend
bewährt." Am Jsonzo liegen Hunderte von Massengräbern, die aus¬
schließlich mit jüdischen Soldaten gefüllt, find. — In
Italien gab es vor . dem Kriege über 500 aktive Offiziere
jüdischen Glaubens, Guiseppe Ottolenghi,, Erzieher des jetzigen Königs,
wurde' kommandierend er General und zweimal Kriegsminister. ,Aehn-
lich lagen die Dinge in Frankreich, wo im W^ltkribge jüdische
Offiziere wegen ihrer hervorragenden Taten oft im offiziellen Bulletin
..gelobt wurden, selbst. unter den Divisionsgeneralen fanden sich einige
Juden . . Nur in einem einzigen europäischen Staate gab es den
gleichen Zustand wie -bei uns — in Rußlan d. Das besagt genug!
Freilich haben aufgeklärte Geister auch in Deutschland die mili¬
tärische Brauchbarkeit der Juden anerkannt und sich gegen jede Zu¬
rücksetzung verwandt, leider vergeblich. Bereits im Jahre 1847 er¬ Graf v . Iorck
klärte Graf v. D.o r ck im Preußischen .Landtage: „Der Staat ruht, für die Juden
meiner Ueberzeugung nach,- auf dem sittlichen Prinzip , aber nicht auf
dem.religiösen. Er ist basiert auf dem Prinzip der- Gerechtigkeit und
darum will ich meinen jüdischest Mitbürgern jedes Recht gewähren,
dessen die christlichen Untertanen teilhaftig sind. Wenn es sich nun'
aber -darum handelt , daß der Jude gar nicht zum .Offizier vorge-
schlggen werden darf, so ist das ein Makel, der auf ihm hastet. Wenn
: 64 —T
in den großen Kriegsjahren nicht einige, sondern verhältnismäßigviele
Juden sich zu Offizieren geeignet zeigten und es wirklich geworden
find, so muß ich daraus schließen, daß, wer im Kriege Offizier werden
- konnte,-auch die Möglichkeit haben muß, es im Frieden zu werden/
und daß also das Recht ihm bleiben muß, was er früher mit j >eit
christlichen Untertanen teilte und dessen er sich sehr würdig erwiesen
hat." ,
- ' Wie die Verhältnisse bei uns lagen, schilderte kürzlich etwas
Das Vorurteil drastisch in den „Mitteilungen d. V. z. A. d. Ä ." her aktive.Haupt-
, mann .K. Schnitt : „Nun erst der Empfang jüdischer Rekruten und
Einjähriger ! Die Aufregung des gestrengen Kompagniechefs! Die
„Freude" des Rekrutenofsiziers, die naturgemäß auf die gefügigen
Ausbildungskräfte übertragen wurde! „Marte nur , mein Jungchen,
dir wollen wir die Hammelbeine schon langziehen!" So war esS
großenteils die Frucht einer bedauerlichenVerhetzung, wenn Menscheü,
welche ihre Pflicht tun wollten wie andere und auch taten, mit solch
traurigen Vorurteilen empfangen wurden.. Das Ergebnis war zum
Teil ungerechte Behandlung, Zurücksetzung hei Beförderungen/ oft so-/
. ;s gar Vereitelung jeglichen Fortkommens/ Was die älteren Offiziere
den jüngeren vorbereten, war für diese natürlich das Evangelium , ob¬
wohl manche die Ungerechtigkeit dieses Vorgehens einsahen."
\ Gegen dieses Unrecht haben in den Friedensjahren des öfteren
christliche. Abgeordnete der Linken, wie Virchow,. Rickert, Go^bein,
V Kanzow u. a. m., energisch Front gemacht, aus dem Munde der Vm-
tröter der Heeresverwaltung' bekam inan aber höchstens nur Aus¬
flüchte und Redensarten zu- hören. Der frühere Kriegsnlinister von
Kriegsminister H e e r in ge n bemerkte sogar , daß den jüdischen E nj .-Freiw ., wenn,
?..HeAnaen gegen er ihnen ülich nicht die Befähigung zum Vorgesetzten absprach, die
jud. Ernj.-Frerw. „ achtunggebietende Persönlichkeit vor der Front " fehle. Dagegen
war sein Nachfolger, v.' Einem, der sich sehr entschieden gegen den/
Antisemitismus in der Armee wandte, wenige Monate nach seiner
7 . - Rede Minister a. D.! / -
So darf man sich nicht wundern, daß es. mit geringen Ausnahmen
in Bayern bei uns außer im Sanitätskorps nicht einen einzigen jüdi-
schenReserve-Osfiüer gab,nur derTaufschein brachte mit eineur Schlage
die Eignung . Erst die im Weltkriege eingetretene „eiserne Notwen¬
digkeit" brachte einen Umschwung in dieser Anschauung; aber selbst
da stießen, namentlich bei den aktiven Regimentern , Otfizieraspfran-
ten jüdischen Glaubens trotz anerkannter Tüchtigkeit auf die größten -
Schwierigkeiten, und wenn sie dennoch die Achselstücke erhielten, so. ist
. das ein schlagender Beweis für.' die soldatischen Tugenden, der Juden . .
Konse attnes ^ ogar von konservativer Seite würde in einer Hauptausschuß-
ELngesMndnis , fitzung des Reichstages unumwunden anerkannt, daß<man . durchaus
auf dem Standpunkt stehe, den tüchtigen Juden zum Reserve-Offizier
zuzulassen und selbstverständlich ihn als Kameraden völlig, gleichwertig
zu behandeln. Man habe diesen Standpunkt - früher nicht vertreten,
i . aber man habe in jenen Kreisen die Erfahrung gemacht, daß j ü d i -
sche Reserve - Offiziere sehr Tüchtiges geleistet.
. . hätten . .. . . ^
Alle diese erhärteten Tatsachen sind den antisemitischen Agitatoren
zweifellos bekannt; wenn sie trotzdem dauernd von der militärischen
Unbrauchbarkeit und Feigheit der Juden sprechen, so geschieht dies
wider besseres Wissen und zu Zwecken der Verleumdung und Ver¬
hetzung, zur Störung des inneren Friedens , um, wie beim >Kapp- ,
Putsch, im trüben fischen zu können. ' / ..
*
— 65 ‘ .
> - \\
ganze Anti-Z.-E.-G.-Literatur stammt erstens von naiven Leuten,
zweitens von Schiebern, ^./drittens von unehrlichen Elementen,' die
wissen , daß sich die Z. E. G. nicht verteidigen?kann. Die Z. E. ®..
ist notwendig, aber nicht fehlerlos." Der' „Reichst.", der oft genüg
in das Geschrei über die „jüdischen Kriegszentralen " miteingestimMt
hat, schrieb damals hierzu: „Das Urteil Heims über die Z. E. G.
wird man unterschreiben können.". .
" ^ Zu den hier gegeißelten„unehrlichen Elementen" gehörten nicht
in -letzter Linie wucherische A g r)a r i e r , denen die Zwangswirtschaft
Agrarischer ein Dorn im Auge war , weil sie'viel mehr an Gewinn herausschlagen
Gerreidewucher 'wollten , als der Staat mit Rücksicht auf die Allgemeinheit ihnen'
bieten konnte. Daher ihre Abneigung g e.g en die E^r-
fass un g der Pro d uktion und Hinterziehung , um, die. Er¬
zeugnisse zu rmmensen Preisen „hintenherum" an ^Schieber und
Hamsterer loszuschlagen . Ihre schützende Hand hielten hierüber be¬
zeichnenderweise antisemitische Organe vom 'Schlage der „D e.u t s ch.
Ztg ."„ die in einem Artikel vom 10. Mai 1919 höhnend auf die
Wertlosigkeit der amtlichen Erfassung der .Getreidebestände hinwies
und bemerkte , ..alle papierne Statistik, auf welcher das Rechenexempel
unserer öffentlichen Verteilung aufgebaut ist, ist falsch. Derv i e r t e
Teil d e r E r n t e .w i r d g e.sto h l e n , ehe si e vo m F e l d e
ko m m t. Auch d a f ü r müssen wir dankbar s e i n. Es
ist das eine gesunde Korrektur an den unmöglichen Verordnungen
über die' VersorNiNb der landarbei.tenden Bevölkerung ." Also die
systematische Hinterziehung von Lebensmitteln , die offensichtliche Be-
gaunerung des Staates ist nicht etwa etwas Verabscheuenswertes , son-
j ' dern etwas Nachahmenswertes , wofür man „ dankbar
sein soll " . .
Um>die im Volke übel vermerkte Haltung der' -Landwirtschaft
/ mit dem Mcüitel christlicher Liebe zuzudecken , wurde bon agrarischer
-und antisemitischer Seite die Abneigung gegen die
Kr i egs g es e l l scha f t en mit allen Mitteln g e s chü r t und ins-
. besondere deren „V erj u d un g" als die Wurzel alles.Uebels hinge-'
stellt. Schon die verlangte Statistik über die Inders im Heere sollte
den Beweis erbringen, daß die Israeliten „den Krieg, mehr von der
ungefährlichen Seite des Lebensmi ^ Lelhandels kennen lernten", wie
sich die „Deutsche Ztg.". auszudrückenbeliebte , und-, daß. die Kriegs-
gesellschaften ihnen eine höchst willkommene Gelegenheit für „Druck-
Posten" lieferten. Darum wird man auch,nicht müde, immer wie¬
der das Kapitel von den Juden in den Kriegsgesellschaften seitens.
der antisemitischen Presse anzuschneiden , wobei man sich nicht scheut,
zu Unwahrheiten und Fälschungen seine Zuflucht zu.nehmen/ Wurde'
doch von dieser. Seite ohne Beibringung eines Beweisesu. a. dreist
behauptet, d aß 8 0 , j a 9 0 Pr o z ent d er An g este l lten in
- den Kriegsgesellschaften j ü d i sche r H er kun st . seien!
Demgegenüber weist Or.. Walter Leiser/in einem in her Zeit-
Statistik über die-sHrift „Im deutschen. Reich" veröffentlichten Artikel „Juden ' und
Judenind.Kriegs- Kriegsgesellschaften — -eine Statistik " an der Hand amtlichen Qüellen-
. gesellschasten Materials nach, daß die , G e s a m t z a h l d e r a n ll e i t e n d e r
Stelle der Kri e g s g es e lls ch af t en b efin d li ch en jü-
disch .en Mitarbeiter auf 11 -,5 Prozent zu veranschla¬
gen sei. Es heißt-dort u. a.: /,Das amtliche , während des Krieges
nur zum vertraulichen Gebrauch bestimmte Verzeichnis der 'gesamten
Kriegsorganisationen nach dem Stande vom 1. Februar 1918 weist
insgesamt.258 Reichsämter, Kriegsgesellschaften, Ausschüsse
, Verbände,
Kommissariate, Zweigstellen
, Gutachterausschüsse usw.. auf.. '/^
7
.
, ^ Die Zahl der leitenden Persönlichkeiten, «denen zum Teil meh- ^ er¬
^re ?'StePn --znaleich ^unterstehen, .der Komm.fiare , Vorstände , T
koren, Geschäftsführer, Prokuristen usw,, beträgt insgesamt 563. Von
diesen 563 Personen, die das gesamte 'Kriegswirtschaftsnetz'Statistik beherr¬
schen und geistig durchsetzen , find nach einer peinlich genauen
454 — 80,7 Prozent unzweifelhaft Christen, 54 — 9,6 Prozent Juden.
Von weiteren 55 Personen — 9,7 Prozent hat sich mit Sicherheit nicht zu¬
ermitteln lassen, welcher Konfession sie angehören. Es ist damitPro¬
nächst festgestellt , daß die Zahl oer -Juden zwischen 9,6 und 19,3
zent .— Minimal - und Maximalgrenze — beträgt. Nimmt man an,
daß, von den 55 Konfessionsfraglichen der ermittelte Maximalprozent¬
saß von 19,3 Prozent — 11 Personen ebenfalls Juden find, so würde
die Gesamtzahl' der an leitender Stelle-b der Kriegsgesellschaftenbe¬
findlichen .jüdischen Mitarbeiter auf 54 11 — 65 — 11,5 Prozent
zir veranschlagen sein. Dieser, Berechnung ist absichtlich die jüdische
j
HöchststrozentMserzugrunde' gelegt worden, Um, jeden Anschein man- .
gelnder' Objektivität zu vermeiden."
.Dieser einwandfreien Statistik haben die,,Deütsch-völk. Blätter"
-
nichts als die alte falsche Beryaltnisrechnung entgegenzustellen^ver-
mocht,/ daß den .Juden , dem Bevölkerungsverhältnis , entsprechend,
mb er nur ein Prozent zustehen würde- und daß
auch diese für Juda
sicher.günstig gemeinte Aufrechnung immer noch beweise, daß elfmal
1mehr Juden in detz Kriegsgejellschaftenwirkten und wirken, als nor¬
malerweise zulässig erscheinen müsse. Dem Antisemitenblatt ist jedoch—
absichtlich,oder unabsichtlich? — ein grundlegender stat' stischer Rechen¬ Be¬
fehler unterlaufen . Es zieht seinen Schluß auf Grund ' des
tz öl ker un g s v er h ä l t n i ss e s ü b er h a
ü p t , anstatt der B e-
.
t e i l i g u n g s z i ff er der I u den . a m Hände l. D' ese be-
trägt — bedingt durch die jahrhundertelange Fernhaltung von anderen
Erwerbszwei^en — etwa 10,5 Prozent , in Berlin , das' als Sitz der
Zentralen besonders in ^Frage kommt,, sogar 14.5 Prozent , so daß .,
..die Anstellung,von Juden in der Leitung d^r Kriegsgesellschaften sich
ungefähr in -dem gleichen Rahmen hält und keineswegs eme Bevor¬
zugung därstellt. .
. '.. Schließlich darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Be¬
rufung von Juden hurch die schwerlich philosemitischeRegierung .
wahruch nicht aus schonender Rücksichtnahme erfolgte, sondern wegen
ihrer Eignung für die in .Frage kommenden organisator .schen
"Zwecke und lediglich aus G r ü n d e n des Staatsin terösse s.
Kriegsgewinnler.
' '' Nach äntisemitischer Darstellung ist .der Schieber- und Ketten¬
handel' in der Hauptsache ein Werk der Hebräer, wenn man auch
„ gnädigst zugesteht, daß auch unsaubere Elemente aus anderen Kreisen
beteiligt waren, aber diese seien durch das jüdische Beispiel ange¬
spornt worden. . .Ziffernmäßig vermag man diese Behauptung freilich
nicht ..zu belegen. Gewiß haben manche Juden im Kriege große
- Summen verdient, 'aber die antisemitische Presse hütet sich wohl-
. weislich,:der Kriegsgewinne der G i o ß im dustriellen und der
' Gro .tzgrundbesitzer. Erwähnung zu ' tun . Sind aber die
Krup p , Thy ssen , Stinnes , Kirdorf . Körting usw . . Knegsgewirme
der Grovmdustrie
vielleicht Juden ? Hat doch der erste literarische Berater der Groß-
' -Industrie , Steinmann -Bucher, schon nach dem zweien Krimsiahre
". ^ >
Wentlich erklärt, die Industrie habe „ Geschmack am Kriege gefunden förm¬
Selbst ein führendes antisemitisches Blatt Hat angesichts dies s
lichen Wettrennens aller Kreise, die Kriegskonjunktur nach Kräften
5*
>
x
/ — 69 _ — _
- / 7 — 76 • 7 .
, - -. _ . \
• ' MeyerLeer ü . Rich . Wagner , s. Wagner . '
Milliardäre , amerikanische , keine Juden , s.- Reichtum der Juden . - -
Moltke . . ' ^
Als 32jähriger Leutnant hatte der spätere GeneralfeldmarschM
Gras Moltke eine Schrift „ Darstellung der inneren Verhältnisse usw : .
, Polens " veröffentlicht , von der er später erklärte , er habe : sie nur
' „aus den schon damals erschienenen gr öß er en
d. Werken zusammengetragen ", er . „erinnere sich7 dieser
.^ , . Jugendarbeit nicht weiter und lege gar keinen Werji . auf . dieselbe "' .
Moltke betrieb damals die Schriftstellerei als Nebenerwerb , weil er
' ' kein Privatvermögen besaß und weil sein kärgliches Leutnantsgehalt.
nicht ausreichte , um die . Kosten seines Lebensunterhalts zu melken:
7 In - seiner Schrift wurden u . a . die polnischen Juden sehr ungünstig
beurteilt . Als im Jahre 1884 .die Zeitschrift „Vom Fels ' zum
- Meer " einen Abdruck dieser Schrift brachte, ^fehlten die auf die Juden
- bezüglichen Stellen ; Moltke hatte sie eigenhändig ßeMriche^
Das hinderte natürlich nicht die Antisemiten, . zu behaupten, ? der
' Herausgeber der Zeitschrift , der „j ü dis ch e" Pro s e s.s o r K ür s ch --
n er — dieser entstammte einer durchaus christlichen Familie ^
habe die Streichung der in Rede stehenden Stellen ohne Vorwijsen
' Moltkes vorgenommen . Eine der gestrichenen Stellen lautet : >,Zü
allen Zeiten hielten die Juden , einen Eidschwur in . bezug auf "einen
' Christen nicht für bindend . Aus der Streitigkeit eines der Ihrigen
mit einem Christen machten sie . stets eine Angelegenheit der Nation ."
V . Bezüglich des ersten Punktes hat sich Moltke eben später überzeuW
-daß ihn .seine Quellen über den jüdischen Eid falsch informiert hatten;
und bezüglich des zweiten Punktes wußte er ' damals nicht , daß . .'in
Polen noch die ganze jühische Gemeinde , für die Handlungen jedes
einzelnen Mitgliedes solidarisch haftbar , war . In Preußen ist ja diese
Solidarhaft erst 1797 aögefc ^ afft . lüöi :£)eTt. $Set .-.fpater .en .@610061x56^ 611
hat M . mehr als einmal,bewiesen , daß ihm antisemitische Neigungen
gänzlich ^ fernlagen . 1890 stimmte er im Herrenhause gegen einen
Antrag Pfeil , der eilte antisemitische Tendenz offenbarte . . Irr Zu¬
schriften an Rabbiner usw . betonte er miederholt auf .das schärfste
die Notwendigkeit des einträchtigen Zusammentöirfett^
a l l er Konfessionen, und in seinen „Trostgedanken " (Ges . Werke
Bd . I ) sagt er : „Das Gewissen predigt die Moral in der Brust von
\ , Christen und Juden, von Heiden und Milden ." Es ist daher
im höchsten Grade unehrlich und verdammenswert , wenn gerade die
.heutigen Antisemiten die herabsetzenden Stellen über die - polnischen
• Juden in der Schrift Moltkes , die der Verfasser aus anderen Werken
. abgeschrieben hat , verallgemeinern . ' und -es .so hinstellen , altz habe
, dieser damit nur die deutschen Juden gemeint . Besonders verwerflich
aber ist es , M . als AutoAtät dafür anzuführen , daß der Eidschwür
eines . Juden in bezug auf einen Christen nach jüdischer Lehre furchen
ersteren nicht bindend sei ^ 7' .
^ Mommsen
> Theodor. ; ' . - :7
Aus Mommsens „Römischer Geschichte " (Band III , 7 . Auf ?.,
S . 549 ) zitieren Antisemiten mit Vorliebe ' folgende .. Stelle:
„Auch in der alten ' Welt war -7 .das Judentum dm
'wirksames F erm ent d es Ko stnop -o li tiSMus :7ÜW
der nationalen Dekomposition :" ' Das Wort „Ferment"
✓ \ 7 bedeutet keineswegs , wie die Antisemiten meinen , © iffftD ; 7[pnf )ertt
Gärungsstoff ; es gibt auch Gärungsstoffe wohltätiger ' Natur,wie
— 77 —
die Hefe usw. Hätten . sich in der Zeit vor dem . Weltkriege, die
Juden als stark genug erwiesen, um als ein solches wohltätiges
Ferment des KosMopölitismus dienen zri können, so wäre uns
dieser unselige Krieg mit seinen entsetzlichenFolgen wohl erspart
geblieben.. Leider aber überschätzt man. den Einfluß der Juden in x
dieser Hinsicht ganz bedeutend; die entgegenstehenden Kräfte, der
Militarismus , der Nationalismus und nicht an letzter Stelle ,der
internationale Antisemitismus , sind viel stärker und kräftiger.
Mommsen hat sich in der Folge sicherlich davon überzeugt, daß^ er
den Einfluß' des Judentums in der abgegebenen Richtung ganz be¬
deutend überschätzt hatte, und er hat daher in späteren Auflagen ,die
in - Rede stehende Stelle fortgelassen. Die ehrwürdige Gestalt
Mommsens steht jedenfalls zu hoch undxerhaben dm als -daß man den
giftigen , antisemitischen Verdächtigungen (f. Wilh: Meister, S . 122)
-irgendw.ie Raum geben könnte, er habe diese Stelle aus Rücksicht-
Äapme auf die Juden , unterdrückt.. Mommsen hat aus ^seiner ent¬
schiedensten Gegnerschaft' gegen den Antisemitismus nie ein Hehl
gemacht. Als . Entgegnung Vgegenüber Treitschke veröffentlichte er
eine Schrift: „Auch ein Wort über unk Judentum ", die sich nament¬
lich auch. gegen Stöcker wandte unWin bei; er diesem sowie dem
großen- Heere der antisemitischen Volksversammlungsredner,. die die
SKlagwarte des 'Herrn Hvspredigers in agitatorische Kleinmünze ,
um-prägten^ folgendes zu,bedenken gab: '
- - ->>Ein -gewisses A b s chi e i f e n der Stämme ane i n -
an .d er , die Herstellung einer deutschen Nationalität , welche keiner
.bestimmten Landsmannschaft entspricht, ist durch die Verhältnisse
unb .e.d i n g t . g e b o t en und die- großen Städte , Berlin voran , -
deren natürliche Träger . Daß die"I ud en in dieser Richtung seit
Generationen w i rr sam eingre 1fen, halte ich ke i n e s w.e g s
.für ein Unglück, und bin der Ansicht, daß die Vorsehung weit
besser.als H er rt ö cker begriffen hat, warum dem germa-
- n i.s.che n Metall f ü r s e i n e A u s g e st a l t 'u n g e i n i g e
P r o z e nt I s r a el b e i z u setz e n w a.r e n." . >
. Hier hat doch Mommsen auch deutlich genug zum 'Ausdruck ge¬
brächt, -wie seine ■Worte über die 'Juden als wirksames Ferment des
Kosmopolitismus usm auszufassen .sind. Er blieb bis an sein
' Lebensende ein scharfer Gegner des Antisemitismus . - Er war^ bis
zu seinem Tode "Mitglied des „ Vereins zur Abwehr des Antisemi¬
tismus " und hat 1894 in einem Interview (f. Hermann Bahr , Der
AntisemitisMus'.S 26 ff ) u.a. folgendes ertlärr :,.Canaille bleibt Canaille,
und der Antisemitismus ,ist die. Gesinnung der Canaille. Er ist .wie
eine, schauerliche Epidemie, wie die Cholera — man kann ihn weder
' erklären noch heilen. Man muß geduldig warten , bis sich das Gift
von selber austobt und seine Kraft verliert . Und das kann doch
jetzt . n i ch.t m eh r s o s e r'n sein. Endlich Muß sich die Pest.
;a doch einmal erschöpfen, und über Ahlwardt hinaus , noch weiter,
kann sie doch nicht mehr steigen. Vielleicht kommt jetzt langsam
iM Wendung zur allmählichen Besserung, Befreiung und Gesundung.'
Vielleicht verschwindet der Wahn, der so viele Gemüter betört und
unsere' ganze Kuktur um hundert Jahre zurückgeworfen hat.. Aber -
. alle Gründ e.-und ' die besten. Argumente ' helfen da nichts. Wer
Gründem und Argumenten zugänglich ist, der kann ja überhaupt gar
Nicht. Antisemit sein. Wer aber nur seinem wilden Hasse gegen
' Wtzunch'-.Freiheit ünd .Menschlichkeit folgt, den werden Beweise nicht
'VeMrem . ^Deri. .AMsemiLisrnüs 'ist. nicht, zu widerlegen, wie keine
Krankheit widerlegen ist. Man muß geduldig warten , bis dH
im Grunde doch gesunde Natur des Volkes sich von selber aüfräfft
und den Paulen Stoff aus ^sich, wirft .
Das Wiedererstarken der antisemitischen Welle nach dem'. Kriege
hat leider gezeigt/ daß die Auffassung Mommsens über den/Anti¬
semitismus und die in ihm sich geltend machenden' schädlichen Kräfte -.
. viel zu optimistisch gewesen ist. r. ^ , .
Montefiore , Moses . A. -
Nach einer von den Antisemiten immer und immer wieder vor¬
gebrachten Lüge soll der bekannte edle jüdische Philanthrop -Moses
Mon t .efior e auf dem 1840 ' in Kraka u abgehaltenen Sanhe¬
drin (!) gesagt haben: „Solange wir nicht die Zeitungen?der ganzen
Welt in Händen hüben, um 'die Völker zu täuschen und zu betäuben, x
bleibt unsere Herrschaft- ein Hirngespinst." Als .Quelle -.wird, das""
Buch des Majors " Osman Bey s ( . d.), eines zum Christentum
übergetretenen Hochstaplers und Betrügers ' namens Millinger, ^„Die'
Eroberung der Welt -durch die Juden " -genannt . In dem Buche von .
Osman Bey steht aber ausdrücklich: der N a m e „des Mannes von
überwiegendem Geist", der dHen Ausspruch auf 'der israelitischen
Ratsversammlung in Krakau im Jahre 1840 getan hat, „f e i l e i ¬
der unbekannt ". ' v - -- - / -- - ;
Seit dem in Paris ' 1807 abgeh alteneu Sanhedrin ' hat überhaupt
keine jüdische Versammlung stattgefunden, die diesen Namen geführt
hat. Die Bezeichnung„ Sanhedrin " ist also, ebenso wie die Identi¬
fizierung des .„Mannes von überwiegendem Geist" mit Montefiore
. eine Erfindung '-der Herren Fritsch und Konsorten. Es .steht auch
fest, daß Sir Moses Montefiore 1840 überhaupt nicht in. Krakau, son¬
dern in Aegypten und in der Türkei gewesen ist. Wie sich die Anti¬
semiten gegenüber derartigen, Feststellungen verhalten, zeigt folgen de
Bemerkung der „Kreuzztg." vom 10. Febr . 1891: „Nehmen wir aber ’
auch an, daß Sir Moses Montefiore das nicht gesagt hat, so zeigt die .
Erfahrung der letzten Jahrzehnte doch, -d a ß eres g e s a g t haben
kö n n t e !" Das ist eine echt christliche und echt konservative Kampfes-
. weise. Der als überaus „zuverlässig" bekannte „Semi -Gothä" stM
die Aeußerung M.s als unzweifelhaft hin und bchauptet, /daß ' die
Familie aus Deutschland stamme, wo sie den Namen B l n m b^e r g
geführt habe. In Wirklichkeit' ist aber- die Familie M.- arw Livorno
nach England ^ausgewandert . , •
Münzer , Kurt. .
. Ein Beweis dafür, bis zu welchen Verirrungen sich sensations- .
lüsterne Schriftsteller versteigen können, ist der im Jahre 1908 ^er¬
schienene Roman . „Der Weg na ch Zion" von . Kurt . Mün .ze r . /
Dieser Roman ist die denkbar widerwärtigste Ausgeburt einer.'mark-
i faulen, krankhaften Phantasie , ein We'rk. in dem fast nur verbuhlte,
sittenlose, degenerierte Menschen ihr Wesen treiben ; den eigentlichen
„Stoff" bildet die Liebe zwischen Bruder und Schwester, die schlie߬
lich zum vollendeten Inzest führt . . Der Autor, der .im Alter VW
28 Jahren diesen 600 Seiten langen Knäuel von Scheußlichkeiten
in die Bücherwelt gesetzt hat, faßt die Lebensanschaüung eines seiner
jüdischen Helden in die 'lapidaren Sätze zusammen: • ,
- „Nicht bloß wir Juden sind jo entartet und am Ende einer aus¬
gesogenen, aufgebrauchten Kultur . Alle Rassen von Eüropa visl/
leicht haben wir sie infiziert, haben wir/ihr Blut verdorben/ P ü b e r¬
haupt ist ja alles heute verjudet. Unsere Sinne sind/in
allen lebendig, u ns e r G e i st r e g i e r t d i e Welt . ' Wir sind die
Herren. Denn Ms heute Macht hat . ist unseres Geistes Kind. Man
mag uns hassen, uns fortjagen,,mögen unsere Feinde nur über unsere
Körperschwächetriumphieren . VHr sind nicht mehr äuszutreiben.
Wir haben uns eingefressen in die Völker, die Rassen -durchsetzt , ver-
schündet, die Kraft gebrochen, alles mürbe, faul und morsch gemacht -
mit unserer abgestandenen Kultur . Unser Gei st i st n i chLm e h r
am s zurotten !" V '
Man kann sich denken, 'daß die antisemitische Presse 'solche und
ähnliche, für sie kostbare Stilblüten mit Hellem Entzücken gepflückt und
für ihre Leser zum Strauß gesammelt hat. Bald nach dstm Erschei¬
nen des Romans führte ein christlichsozialer Redner in Wien jn einer
Rede übep das Machwerk folgendes aus : „In dem Romane wird die
Blutschaüde verherrlicht, typisch' ist aber das freimütige Bekenntnis,
das einer der Helden ablegt, wie weit .es die Juden gebracht haben,
daß sie alle Völker und Rassen,vergiftet haben. Diese Worte sollen
uns ' eine Mahnung für alle Zeiten sein- der Jude soll uns nicht um¬
sonst geMrnt haben, wir wollen uns einig zusammenschlietzen ."
In diesem Sinne wird der Romün auch heute noch von den
Antisemiten weidlich ausgebeutet. Herr Th. Fritsch ruft in seinem
-.Hdb. (S . 641) emphatisch aus : „Und die Juden Münzer und Chaskel
Zwi-Klötzel waren ehrlich genug, ihren Haß zu 'bekennen und zu ge¬
stehen, daß es auf unsere Vernichtung abgesehen ist." E ? ist überaus
traurig - mit ansehen zu müssen, wie für die Jugendsünden über¬
spannter und sensaLionslüsterner jüdischer Schriftsteller das ' gesamte
Judentum tzerantwortlich gemacht wird . '
Musik, „Judentum in der M."., s. Rich. Wagner.
^Nächstenliebe. s
.. Die Antisemiten und leider auch nicht wenige, die es weit von
sich weisen, für Antisemiten zu gelten, behaupten immer und immer
wieder, die Moral des Alten Testaments kenne nicht das Gebot der
Nächste n l i eh e , und darin bestehe ja nach ihnen ein sehr wesent-
Mcher Fortschritt der Lehre des Neuen Testaments gegenüber dem^Al-
ten, daß jenes im Gegensatz zu diesem der Welt die,Lehre ,Mebe deinen
- Nächsten wie dich selbst" gebracht habe: Es gibt kaum eine größere
Ungerechtigkeit,, als sie in einer derartigen Behauptung enthalten ist.
Wer sich die Mühe .nimmt , in den Evangelien tue .Stellen nachzu¬
lesen, die das Gebot der christlichen Nächstenliebe verkünden, der fin¬
det, daß dieses Gebot dort nicht als etwas Neues gelehrt, sondern aus¬
drücklich als eine Lehre des . Alten Testaments bezeichnet wird.
Das Gebot der christlichen Nächstenliebe ist nichts anderes als die
Wiederholung der im 3. Buch Moses 19,18 enthaltenen Vorschr'ft
„Du sollst liehen deinen Nächsten wie dich selbst" , und man begeht also
dem Juden und seiner Religwn gegenüber em bitteres Unrecht, wenn
man die Lehre von der christlichen Nächstenliebe als einen bedeutenden
Fortschritt gegenüberderaUteftamentlichenMoraldarstellt (s.Religion ).
Nathan, vr . Paul , s. Kriminalität der Juden , Ostjuden.
Nationaldemokratische Vfllkspal^tei, s. Antisemitische Splitterparteien.
, s. Krieg.
Neisser, Prof ., Verdienst um die ärztliche Wissenschaft
Rortbcliffe, Lord. T ;.
^Jn dem' Degenerschen Zeitgenossen-Lexikon „Wer ist's ?" wirb
richtig mitgeteilt, daß der bekannte englische Zeitungsbesitzer Lord
. ; — 80 L — , . . -- '
Ostjuden. c .
Es kann keinem Zweffel.unterliegen/daß bei den überaus schwie¬ /
rigen, ja trostlosen Verhältnissen, in die det unglückliche Ausgang
des 5krieges unser Vaterland gebracht hat, durch , die
aus -dem Osten, bei der neben den Balten , Letten, den .aus Zuwanderung
und Polen vertriebenen oder ausgewanderten ehemaligen Rußland
deutsches
Reichsangehörigen die Ostjuden ein erhebliches Kontingent
unsere Schwierigkeiten noch beträchtlich erhöht werden.darstellen, Diesen
Schwierigkeiten hak Ae .deutsche Reichsregierung nach Möglichkeit -da¬
durch zu begegnen gesucht, daß sie sich, wie sie in ihrem . bekannten
Erlaß über die Ostjudensrage vom 1. . November vorigen Jahres .be¬
kanntgab, mit j ü d i s che n H i l s s^o r g a n i s a t i o n e n in Ver- -
bindung gesetzt hat, die eine unermüdliche und aufopferungsvolle Tä¬
tigkeit entfalten, um den -in Deutschland zugewanderten Ostjuden
Wohnungs- ^ nd Arbeitsgelegenheit in
durch nicht hie Interessen der übrigen der Weise zu schaffen, daß da¬
notleidenden Bevölkerung un¬
seres Vaterlandes beeinträchtigt cherden, und die sich vor allen
Dingen
gestrebt zeigen, diesen Ostjuden die Auswanderung nach den westlich
gelegenen Ländern zu ermöglichen^ in denen sie' Unterkunft und Ar¬
beitsgelegenheit zu erlangen hoffen. ' Auf keinen Fall .aber kann/wie
sich alle rechtlich -denkenden und menschlich
empfindenden- L^ute sagen
müssen,, eine A u s w e i s u n g dieser Unglücklichen in Betracht
men/ die hauptsächlichdurch /die barbarische Pogrompropaganda kom¬
beinahe bis zum Wahnsinn überspannten polnischen-Nationalismus des
zum Aufgeben ihrer bisherigen Heimat veranlaßt ^worden sind,
man nicht, wie der frühere Minister "-des Innern , Hein e, da
einst
sehr zutreffend in der 'preußischen Landesoersammtung ' erklärt
„bewußt Leute i n d i e H ü n d e von H e n ke r s kn e chthat,' en
fallen lassen darf ". - ' .
Eine solche, den Grundsätzen der politischen Moral und der -
Billigkeit entsprechende Handlungsweise der deutschen Regierung . ist
aber ganz -Md gar nicht nach dem Geschmack.der
deutschvölkisWn und antisemitischen Hetzer, xdie nun> alldeutschen,
nachdem
ihre alten Ladenhüter, alle bie 'gegen bie Juden gerichteten
und Verleumdungen die sie trotz deren so oft erfolgten Lügen
bündigsten
Widerlegung immer und -immer w.ieder auftischen, ganz erheblich äb-
geblaßt sind, nun " in der Ostjudenfrage - ein besonders wirksames
Mittel gefunden zu haben glauben, um der antisemitischen Hetze neue
Nahrung zuführen zu können. So bildet diese Frage imb -die angeb¬
lich durch sie unserem Väterlande und unserem Volke drohende
fahr eine ständige Rubrik in der reaktionären Presse, und man Ge¬
be¬
gegnet dort täglich den ungereimtesten Darstellungen, Uebertreibun-
gen und Verzerrungen in der Behandlung - dieser
Am meisten zu bedauern ist, daß hie gegen die Ostjuden Angelegenheit.
antisemitische Hetze der reaktionären Blätter , Vereinigungen,gerichtete Parla¬
mentarier usw. auf manche sonst dem Antisemitismus nicht zugäng¬
lichen Kreise, ja, sogar einige liberale Stadtvertretuugen ,
nicht
Einfluß geblieben ist, und daß auch linksstehende Zeitungen sichohne
ihr . habest ins Bockshorn jagen lassen. Man darf allerdings ' von
nicht
verkennen, -daß namentlich bie großen und größeren Sta ^tgemeinden,
die ohnehin durch die herrschende Wohnungs- und
schwer betroffen werden, .infolge der Zuwanderung aus Ernährüngsnöt
in eine noch schwierigere Lage geraten ; ^ i.e .Zahl Her - dem Osten
zuwandernden
Ostjuden ist aber nicht im entferntesten so gryß,^ wie .immer ünÄ
immer wieder behauptet wird. '. .
Der Sache der Ostjuden.ist, ein tapferer und unerschrockener Prof. vr. Einstein
Vorkämpfer in der Person des 'berühmten Professors Dr. Albert ;erich-
c
E üi ste i n erstanden . Dieser-trat der gegen die Ostjuden
/ tetendemagogischen Agitation und namentl.chd:r in der
ÖeffenLlichkeit verbreiteten währheitswidrigenPehauptung auf das'
entschiedenste entgegen , daß 70 000 Russen , d. h. Ostjude n-,
allein rn . Berlin leben , und daß diese Ostjuden Schieber,
Schleichhändler - Bolschewisten oder arbeitsscheue Elemente seien. Er
führte in bezug auf diesen Punkt sehr zutreffendu. a. folgendes aus: /
„Wohl mag es richtigesein, daß in Berlin 70 000 Russen wöh- /
nen; von ihnen bilden jedoch nach den Angaben sachverständiger .
Beurteiler die Juden nur ernen geringen Bruchteil;
die überwiegende Mehrheit ist d e u t s che r A b sta m m u n g. *
- Seit dem Friedensschlüß sind-nach maßgebender Schätzung nicht
-. mehr a l s .15 000 Juden aus de m Osten zugewan - ^
d er4. Diese sind fast ausnahmslos durch die furchtbaren Zustände Zu-
in Polen zur Flucht gezwungen worden und wollen hi?r eine
. fluchtsstätte finden, bis ihnen die Möglichkeit zurWeiter-
^ Wanderung gegeben wird."
Prof. Einstein betonte sodann, daß- durch die geforderten Ma߬
nahmen gegen die Ostjuden'ausschließlich jene Armen und Unglück¬ . -
lichen getroffen würden; die in den letzten Monaten unter Unmensch
-
lichen Entbehrungen den Weg nach Deutschland gefundenhaben und
-hier Arbeit suchen , und weist daraus hin, „wi^. schwer durch die ge¬
wünschte Behandlung der Ostjuden - die politische und Wirt - '
fchafLlich e- S t el lung Deutschlands beeinträchtigt wird".
Auch vr . Paul Nathan bezeichnet die a n tisemitischen rhan ^
Dr<
Schätzungen , die von 80 000 z u g ew änderten O stj u d en '
sprechen , als a b so l u t f a l .s ch: „In Berlin dürften nach sachlicher
Schätzung . 10- bis 12000 Juden zugewandert sein und in ganz
-Deutschland vielleicht 15 000, im höchsten Falle .20 000 Juden. Pie .
große Anzahl der zugewanderten Ostjuden besteht aus Schneidern,
Schuhmachern , Mützenmachern , Lodzer Fabrikarbeitern aus Webe¬
reien und Spinnereien, die ihr Brot erarbeiten wollen, und die nicht
in Deutschland zu bleiben gedenken , sondern die zu ihren Verwandten
nach den Vereinigten Staaten wollen, sobald nur die Grenzen ge-
_ öffnet sind." ‘ ° - - v
ADie , überaus maßlose und wütende Agitation der antisemitischen,.
deutschvölkischen und reaktionären Kreise gegen die Ostjuden verfolgt
* ^
natürlich bestimmte Zwecke . Man schmäht zwar die. ausländischen '.
Juden, meint aber in Wirklichkeit die inländischen Juden. Deswegen
haben alle diejenigen, Kreise , denen an der Bekämpfung des Anti¬
semitismus bei uns gelegen ist, alle Veranlassung / der Hetze gegen
die Ostjuden, diesen gequältesten Teil der Menschheit , mit aller Ent- '
schiedenheit entgetzenzutreten und sich , dem tapferen Vorgehen der
Herren Prof. Einstein und vr . Nathan gegen dieses unwürdige und
. feige Gebaren der"' antisemitischen Hetzapostel anzuschli .ßen. Diese
Hetzer rechnen sehr schlau damit, daß, wenn sie die Leidenschaft wei¬
terer urteilsloser Volkskreise gegen die Ostjuden entfesselt -haben, sie
diese dann mit Leichtigkeit auf die inländischen Juden werden lenken- wer-
. und damit wieder neuen Wind für die antisemitische Agitation
' den erhalten können. Aus' diesem Gründe verdient die verwerfliche
Verfolgung der ostjüdischen Flüchtlinge, die sich jetzt in Deutschland
breitmacht, dieselbe entschiedene ' und scharfe Zurückweisung , wiejeg-
~ liche antisemitische Hetze überhaupt . ' . ' ' -
Pogrome und Pogromhetze . "
- Eine unauslöschliche Schande hat für. immer der Zarismus und
das über alle Begriffe korrupte Beamtentum des verflossenen zarischen.
Regiments aus sich gehäuft durch die Judenpogrome, die vor
und nach der ersten russischen Revolution in vielen Orten des weiten
russischen Reiches in Kischinew , Homel, Bialystok, Elrsabethgrad usw.
namentlich in den Jahren 1903—1906 auf Geheiß von. Petersburg
. her veranstaltet wurden, um die Unzufriedenheit der Müssen auf die
Tolstoi 'über armen -unschuldigen jüdischen Opfer zu lenken . Ein solches
JuLenpogroine würdiges 'System war wirklich reis zum Untergänge. Tvlstoisluch- .hat
im Jahre 1906 die Schuld der herrschenden Kreise in Rußland in einer
geradezu klassischen Schilderung sestgelegt, in der er n4- a. sagt:' '
' ^ „Wenn du e Provinz g o u Verne u r e w oll e n , d a n n
sinden Metzeleien staLt ; w en n si e ni cht wo llen,
d a n n g i b L es k e i n e M e tze l ei en . . . . Wenn der Gouverneur
• '• einer Stadt die Metzeleien ersparen will, dann schreibt er. dem Po¬
lizeichef: „Sie sind verantwortlich für die Aufrechterhaltung der Ord¬
nung in Ihrer Stadt ." Der Polizeichef versteht die ForMl , nnd es 1
. *gibt keine Massaker. Im anderen Falle telegraphiert der Gouver-
' .neur an den Polizeichef: . „,V e r hindern - S i e nicht die
' Aeutzerung d^es nationalen Gefühls ?'
Während des Krieges und nach dem Kriege wurde die unselige
Pogrompolitik in Rußland fortgesetzt, die' eine erschreckende Minde- .
rung der Zahl der russischen Juden herbeigeführt hat. Es wurde 'so
I schlimm, daß selbst der berüchtigte P u r i s chki e w i Ls ch, der ,
,, Häuptling der „ Schwarzen Hundert", im Jahre 1916 dringend davor
^ warnte , alle Schuld an der schlimmen Lage, in die Rußland durch.
den Krieg geraten ^war , auf die Juden als bequeme Prügelknaben^
abzuwälzen. Das sollte-man sich' auch in Deutschland merken. Ja
selbst unter dem Bolschewistenregiment,kam es wiederholt zu Pogro¬
men. Die bolschewistische Regierung tat wenig oder gar.'nichts, um
sie zu verhindern ;^bedarf es eines schlagenden Beweises dafür, daß
Bolschewismus und Judentum nicht identisch sind? Auch in Polen
und Rumänien veranstaltete man nach erprobtem russischen Muster
' Pogrom in Lembg.mehrere Pogrome. §Der schmachvollste war der, der im November
1918 in Lemberg durch polnische irreguläre Truppen , die sogen.
Legionäre unter Führung ihrer Offiziere, veran¬
staltet wurde. Alles war bis in das kleinste Detail wohl organisiert,
worüber man sich am allermeisten .wundern .muß , da ja die „polni-?
sche Wirtschaft" geradezu sprichwörtlich geworden ist. Die Polen vdr-
. suchten nachher, die Schuld auf Verbrecherbanden ' abzuwälzen. Ge¬
wiß waren auch Verbrecher unter den Pogromisten, aber diese Ver¬
brecher „kämpften" gemeinsam mit den polnischen.Legionären , die
stolz den polnischen Adler auf ihren Kappen trugen , und sie schafften
' mit diesen gemeinsam alle jene beweglichen Habseligkeiten der ge¬
töteten oder zu Tode gequälten jüdischen Opfer, die sie nicht für sich
' ' behalten konnten, auf riesigen militärischen Lastautomobilen in das
Depot, der polnischen Legionäre.- Leute der sogenannten polnischen
•\ ■. Intelligenz, ' sahen diesem . tierischen "Treiben mit Schmunzeln zu,
fielen sich gegenseitig in die Arme, um sich gegenseitig zü der endlich
erlangten Freiheit zu gratulieren . Die Polen haben durch die vdu '
ihnen verübten Pogrome wahrlich ein sehr unzulängliches Zeugnis'
ihrer , politischen und moralischen Reife erbracht.
- Auch in Deutschland bemühte sich die, antisemitische, Hetzpropa¬
ganda, die hier nach dem Kriege in fanatischer Weise entfesselt wurde/
85 —
* ' — 88 ■ —
-- ■ x ' . . ■ ■ ' .
kann man wohl von einM E ra kö t e,t sprechen. Driesmans (gegen
den H. polemisiert) wöge nur 'den Senü -Kürschner aufschlagech dort
wird er auch Namen finden. -Eine Zelle schreibL semitisch, die andere
arisch, und das Ganze ist eine Kloake." ~ • -r:'
Ein Rassentheoretiker, der offenbar der Schule Dinters angehott
— Klaus Krach t ist sein Name — hat in einer besonderen Bro-
Judenzufarnmen - schüre
fassungsgesetz" neuerdings den^ Entwurf eines „ I u d e n z u s a mgmen -
fas s u n g s g e s.e tze s" veröffentlicht, in dem er so gnädig ist,^jedem
die „D e u t s chb l ü t i g ke i L" zuzubilligen, der seit-drei Generativ
neu -die Judenreinheit seiner Vorfahren Nachweisen kann.. Die wich¬
tigsten Bestimmungen sind in Art . 9 des Entwurfes enthalten ; -sie
/ - betreffen „E he und Geschl e.chtsv e r ke h r ". ' Danach sind
„Ehen zwischen Deutschen und Juden verboten. Geschlechtsverkehr,
zwischen Deutschen und Juden ist beiderseits strafbare Ein d e u t-
s che s M ad che n , das von eineür Juden geschlechtlich berührt ist, -
gilt im Sinne dieses Gesetzes als J ü d i n." Das R. St '. G. B . soll.
mehrere dementsprechende Abänderungen erfahren, u. a. soll ein
8 176a bestimmen: ,,Mit Z u cht h a u s wird bestraft der unter Kennt-
nis der Rassenverschiedenheit vorgenommene Geschlechtsverkehr
zwischen Deutschen und Juden für beide Teile. Ist der eine Teil für:
die Ausführung des Verbrechens nicht verantwortlich zu' machen, sö
bleibt er straffrei." — Die letzte Bestimmung ist offenbar für . den
Fall eines wohl vom Verfasser erwarteten ‘P o groms getroffen, für
den selbstverständlichdie Teilnehmer , die sich nach russischem Muster
an der/Schändung von jüdischen Mädchen und Frauen Vergnügen
wollen, nicht bestraft werden dürfen. Sollte es sich nicht empfehlen,
einen Absatz, der ^für splche Fälle nur die „Judenweibchen" straffällig
macht, einzufügen, sonst droht Herrn K. die GefaHr,. daß-seine An¬
hänger ihn .als „Judenschützer" bald vom tarpejischen Felsen des anti¬
semitischen^ Kapitols herabstürzen. . , - -'
Der „ Rassenforscher " Dr . Otto Ä m m o n fordert, daß nur Man¬
schen mit 19 cm Kopflänge das aktive und. Passive^Wahlrecht zuge¬
standen werden soll; sein französischer Kollege L a p o.u g e hat .den
Vorschlag gemacht, besonders hervorragende Rassenmenschen.'z.u
Zu .chtzw ecken zu -gebrauchen. ' Bei uns hat Chamberlain als
erster die Forderung erhoben, alle rassische Erneuerung müsse, den
Instinkten des .Tierzüchters folgen. In seiner Schrift. „Wehr . und
Gegenwehr" (S 35) sagter ausdrücklich:- „Ich folge dem großen eng¬
lischen Naturforscher (Darwin ) ' in den Pferdestall und auf wen
Hühnerhos und zum -K u n 'st g ä r t n er und sage: daß es chier
etwas gibt, was dem Worte Rasse Inhalt verleiht, ist unstreitig in
jedem Menschen offenbar." . . " :'4 : . ■y
Den Vogel hat aber von allen Rassetheoretikernder bekannte Max
Max Bervet B e w e r abgeschossen , der ein Mich über ' den „D e u t s c|; en
C h r i st u s" herausgegeben hat. -Dort wird die A b st a m m it n g
C h r i sti von d c ir t sch e m B l u tj haarscharf „bewiesen" : 1500
Jahre vor Christi Geburt, sind Deutsche, nach. Galiläa gegangen unw
haben sich dort niedergelassen.. Zur Zeit von Christi Geburt täten
Christus viele Deutsche unter den Römern Kriegsdienst. So wurde' also ein
ein Deutscher! Deutscher der Vater Christi. Die Mutter ist Jüdin , aber,das B l u t
Christi ist destilliert reindeutsch. '
Ja , Bewer ist .sogar
in der Lage,zu beweisen, daß Christus r h e i n i s-ch- w e st f ä l i f ch eit
U r | p r u n g s ist: die Leibwache des Pilatus stammte' aus : Niedch--
deutschland. Die Ahnen Christi sind nach Bewer natürlich' nicht' ich
Hause David, sondern unter Odin und den nordischen Königsheldest
'
v 93 : ; , •• — —- , .
zu suchen. Freilich mußte '.Christus selber erst schwer ringen , um den
TöMl - b.J ). ba§; 3 ü b i:f e in ihm, zu ^überwinden. Aber end-
. lich ist das Deutsche allmächtig: „De utsches .Blut in seinerein¬
fachen Kraft- ist.i m m e r g ü t , in die o r g a n i s che P o t e n z e r -
h o b e ii , w i r d e s g ö t t l i ch." C h r i st u s ist sogar e i ngefllhr-
^l .i cher 48er, denn er zeigte schon' eine Vorliebe für die damals er- .
strebten b e u t sch e n F a r b e n : „In der Fremde bezwingt er das
' schwarzselige Judentum mit seinems Blut . Und indem er im Gold
der Zukunft "als Richter und Sieger leuchtet, kündigt .er prophetisch
die Farben seiner wahren Heimat an : Schw arz - rot - gold ."
(Welch großen Schmerz muß es Herrn Bewer bereitet haben, daß ge¬
rade antisemitische Gesinnungsgenossen von ihm die schwarz-rot-
goldene Fahne mit dem Schmühwort „Judenfahne " belegt haben.).
. Selbstverständlichv waren nach Herrn Bewer auch die Propheten
Deutsche und die Makkabäer Teutonen ; alles, alles ist deutsch/nur der
' Teufel nicht, der ist antideutsch, also jüdisch. Und diesen Rassenwahn¬
witz bezeichneten die „Deutschsozialen^Blätter ", die oft genug den
christlichen Charakter ihrer Partei betont haben, als höhere Offen¬
barung eines begnadeten Menschen: „W a h r h e kt e n , wie die¬
jenigen im Kapitel-Christus, erkennen nur Seher und Dichter,
. Menschen m ich innerem Au ge ."
• Die nur nach- vom pathologischen Standpunkte aus zu betrach¬
tenden Phantastereien Bewers zeigen, zu welcher erschreckenden Höhe
der Unfug des Rassenschwindels,bereits ' gelangt ist. Ein in Agram
erscheinendes kroatisches- Blatt hat aus Christus einen Serben ge¬
macht/ein englischer Methodist dagegen aus -ihm einen Engländer.
In einer Stadt Südamerikas sah ein Reisender in einer Kirche zur .
/ Weihnachtszeit zwei Weihnachtskrippen, in der einen lag ein weißes,
v in ser anderen en schwarzes Jesuskind. Unsere Rassentheoretiker sind
teils auf dem besten Wege, zu denselben kindlichen und kindischen An¬
schauungen zu gelangen, die in den zuletzt angeführten Beispielen Chriftenlums-
ihren Ausdruck gefunden haben; 'teils aber hat sich bei ihnen eine semdschaft
geradezu fanatische F e i n d s'cha f t gegen das Ehr ist e n t u m
- und ein um so lächerlicherer W o t a n ku l tu s entwickelt. Wotankuttus
i. Der .„ Hammer ", die „Ostara " , der „Heimdall ", die
„Narrten " , die Monatsschrift für deutsche Wiedergeburt „Neues
Leben ", von Dr. Ernst Hunkel, alles Zeitschriften auf streng völ¬
kisch-antisemitischer Grundlage - l e b e n ja, abgesehen von ihrer wider¬
lichen antisemitischen Hetze, fast nur vom Haß gegen das
, Christ e n t u m und folgen !der Parole / die einer ihrer Hauptwort-
führer , Arthur v. Wallpach, in der Zeitschrift „Deutscher Glaube,
Blätter deutscher.Gemeinschaft" in die poetische Form gekleidet hat:
/ „Moses und den Papst zu Rom , überwinde beide.
Bahn dir deinen Weg zu Gott als ein deutscher Heide !"
/. Ueberall lassen jetzt die^Antisemiten den gesamten germanischen
Götterhimmel aüfmarschieren, ' und sie knüpfen daran die ärgsten
Beschimpfungen gegen das Judentum und die jüdische sowie die
christliche.Religion . " . ' .
In der „Staatsbürgerztg ." (1. 2. 20) gab deren Herausgeber,
Rüdplf Lebius, bekannt , weshalb er nicht zu Jehova betet, .der
für Ihn der Fudengott und der Christengott zugleich ist, sondern zu
W o t a n. Er schreibt: „Und doch sage ick) Wotan und nicht Jehova
.oder .Zebaoth . Für einen Gott , der sich unter allen Völkern der
Erdd . gerade die' Juden zu seinem Volk auswäßlt und mit ihnen
. — 94- -
gar einen , Vertrag machte , habe ich nicht viel übrig . Ich bleibe
lieber bei meinem Wotan , von dem - ich annehme , daß er auf
deutscher Seite steht ." . v , V-^ -
Die Verwirrung , die die RasseNtheorLen in vielen unklaren köpfen
angerichtet haben , hat ihr redliches Teil dazu beigetragen , daß den
Kriegshetzern das Feld geebnet wurde ; der innere Krieg aber , den wirjetzt
nach dem äußeren Kriege erleben müssen , ist in vielen Beziehlmgßn noch
viel schlimmer als dieser . Auch hier sind es wieder die Rassenfexe,
. die gewaltig ins Feuer blasen und die namentlich der Judenhetze durch
ihre „ wissenschaftlichen " "Theorien /immer neue Nahrung zusühren
wollen . -? - ,
i
Mrd der Äeußerung' sogar ein besonderes Kapitel „Die Lügenfabrik
und die. Dreihundert " gewidmet und Herr G. zur 'Beek bringt in
seinen Vorbemerkungen zu den „Sitzungsberichten der Weisen von
. Zion","jener frechen und plumpen Fälschung eines russischen Spitzels,
H^rrn Rathenau sogar mit diesen angeblich zionistisch-freimaurerischen . .
„Weisen" rn Verbindung , l— lieber W. Rathenaus Verdienste um die
Organisation unserer Kriegswirtschaft s. Kriegsgesellschaften. ^
Reichswehr und Antisemitismus.
Die schon vor dem Kriege bestehende Abneigung der Offiziere ge¬
gen die Juden ist nach der Revolution von den antisemitischen
Hetzaposteln ausgenutzt worden, um sich in ihnen willfährige Hand- ''
langer für die. eigenen Zwecke zu schaffen. Ihr . menschlich begreiflicher
, Miß m u t über die Wendung der Dinge, das Schwinden ihrer über-, . ,
ragenden Stellung ' und die Ungewißheit über ihre/infolge der
in den Friedensbedingungen verlangten Heeresverminderung höchst
ü n s i che r e Z u ku n s t macht die Offiziere nur zu leicht geneigt,
' ihr 'Ohr den Einflüsterungen zu schenken , die die Juden als Wurzel /
allen Uebels hiristellten. So konnte, nicht nur unbehindert, sondern .
' direkt g eför d ert, eine starke, antisemitische Agitation in der
Reichswehr einsetzen, geschürt durch verlArmderische Flugblätter und
.Broschüren niedrigster Art , die z. T . unter Mißbrauch der Dienst¬
gewalt verbreitet wurden. Von republikanischer Gesinnung war keine'
Spur zu sehen, linksstehende Blätter wurden in ' den Kasernen und
Lagern verboten, reaktionäre. Organe durften dagegen-gehalten wer-
den, und Pie Soldatenzeitüngenergingen sich in Anpöbelungen der
Juden . In ' gleicher Richtung bewegte sich der „A u f kl ä r u n g s - .
dien st", -zu dem antisemitische agents proyocäteurs kommandiert x.
würden, wieder Eisenbahnpionier Knauer, der direkt zu Pogro - ' Knauer
men aufforderte, was ihn aber nach seiner durch den Verein zur Ab- y
wehr deD Antisemit ismüs h erb eigeführten Kaltstellung nicht hinderte,
seine Dienste dem Bureau dieses Vereins gegen eine Entschädigung'
von 5000 M. zur Abfassung von Flugblättern und Broschüren gigen
" die Pogromhetze an^ubieten! Welche Stimmung im Offiz'erkorps
herrschte, illustriert eine Mitteilung in der Leipziger Zeitschrift „Der
Drache" vom 10, Dez. 1919> wonach in einer Kompagnie eines dor- x
. Ligen Zeitfreiw.-Reg. gelegentlich einer geselligen Zusammenkunft sich>
fast alle' Offiziere ganz offen für eine Teilnahme ' an Pogromen und
' Judenverfolgungen aussprachen, wenn so etwas .— hoffentlich recht
.
: bald — in 'Deutschlandf'tattfindan sollte. Der -9d^ t ionalbund Nationalbund
deutscher Offiziere schließt grundsätzlich„Angehörige der jü- Deutscher Offiziere
dischen Rasse" als Mitglieder aus und treibt in seinem Bundesorgan
wüste. antisemitische und antirepublikanische Demagogie. An zahl-
reichen antisemitischen Ausschreitungen in Versammlungen und auf x,
der Straße waren ' Offiziere und Mannschaften der Reichswehr aller- ' «
orten beteiligt. J -g deutschvölkischen Versammlungen, die- besonders
der die Hetze unter den Soldaten betreibende .^ chutz - und Trittz-
b u n d" veranstaltete, stellten meistens Angehörige der.. Reichswehr ein
Parkes Kontingent. Auch die H eimkehrer wurden in den lieber- .
gangslagern von Flugblättern dieses Verbandes überschüttet, um sie ^ ,
- durch Entstellungen und Verdrehungen für die Zwecke des Antisemi¬
tismus einzufangen, In mqnchen Lagern hielten Offiziere selber der¬
artige Hetzreden gelegentlich von Vorträgen „zwecks politischer Unter- *
Weisung". ' In verschiedenen Fürsorge - und Soldätenver-
b än d 'en herrscht eine jüdenfeindliche Richtung vor, so im „ V er -'
, ' — 96 —.
b a n d n a.t i o n a l g e si n n t e r S o l d a t e n", der-die„Sammlung
aller nationaldeutsch empfindender Elemente deutschrassiger Ab¬
stammung zur Abwehr internationaler Bestrebungen " bezweckt,
gleichwohl aber bei,Juden Geld sammeln ließl
Durch die„völkische " Werbetätigkeit war der Boden wohlvorbereitet,
auf dem die Putschisten der Märziden zu ernten hofften. Auch j e tzt
/ noch herrscht diese Gesinnung in einem großen Teil der Reichswehr,
in erster Reihe der Offiziere, und' besonders -in den Formationen der
Zeitfreiwilligen, deren schleunigste Aufhebung eine dringende
Notwendigkeit ist. .
Notwendige . Der frühere Meichswehrminister Roste fand wohl gelegentlich
Säuberung im Parlament eir^ kräftiges Wort gegen dieses Treiben , in der
Praxis schritt er, behindert durch, die ihn umgebenden Offiziere
alten Systems, nur Men und ungenügend ein.^ Eine Reichs-
, w e h r mit vorwiegend a n t i se m i t i s cher G es i n n u n gi
. tönri niemals die Stütze einer republikan ischeu
Regierung w erd e n. Die angekündigte Entpolitisierung der
Armee muß strengstens dnrchgeführt werden, neben einer wirklichen
Ausklärungsarbeit muß eine gründliche Säuberung von allen
ungeeigneten-Elementen vorgenommen. werden, zu' der aber ein
„eiserner Besen" erforderlich ist. '
Reichtum der Juden. V
f „Der Mammonsgeist brächt" uns zu Fall. ' '
x Gebt nie dem fr em d en Geist mehr Räumt"
' fingt der deütjchvölnjche Dichter Walter Schultz vom Bruyll Nun,
der Krieg und sein unglücklicher Ausgang hat gezeigt, daß der
Mammonsgeist in christtichen Kreisen nicht minder stark vertreten
ist als in jüdischen ^ Kreisen. . Der Schriftsteller Arthur- Bonus,
der früher konservativ , war, hat ja dw Konwrvativen ausdrücklich
als eine GeldsackparLe i bezeichnet . Man unterscheidet aller¬
dings in antisemitischen Kreisen sehr sein zwischen dem christlichen
und dem jüdischen Reichtum. So kann man in dem bekannten
Buche Max Bewers vom „Deutschest Christus" lesen:' „Der jüdische-
Reichtum beruht auf Schacherei und .W uche r ei , der deutsche
Reichtum auf W e r kt ä Li.gkei t." Neuerdings macht man sogar
Unterscheidungen zwischen jüdischen und „blutsdeutschen"
Geldern.
Am meisten wird jetzt mit der lügnerischen ^BehauPtung ge- ■
krebst
, daß die Juden sich in Deutschland fast des gesamten National¬
vermögens bemächtigt hätten. Das Unsinnige eines solchen Geredes
wird sofort einem jeden klar, der sich vergegenwärtigt , daß das im -
Großgrundbesitz, in der Schwerindustrie und in vielen anderen In¬
dustrien investierte Kapital sich fast ausschließlich in nichtjüd scheu.
Händen befindet. Dem Märchen, daß die. Juden alles Geld be-
Th. Fritsch über säßen, ist kein g eringerer als Theodor Fritsch noch vor nicht langer
nichliüdischen 3eit auf das wirksamste entgegengetreten . Er schrieb am 15. 11. 18,
Reichtum als er einmal einen lichten Augenblick hatte, in seinem „ Hammer ": .
' „Es ist zwar Tatsache , daß. in jüdischen Händen große Reichtümer
zusammengeballt sind und daß sie. durch die spekulative , Art der
' ^ Verwendung besonders ins Auge springen und einen starken Einfluß
auf unser wirtschaftliches Leben, ausüben, aber so weit, ist es noch
lange nicht, daß der größte Teil des nationalen Besitzes in jüdischen.
Händen wäre. Es sei nur auf ein Beispiel hingewiesen , um zu
zeigen, welche irrigen Vorstellungen über die. im .öffentlichen Leben ^
' — 97 —
wirkenden Geldmächte bestehen . Viele betrachten die Gro߬
ban ken',. deren Aktien sich allerdings -vorwiegend in jüdischem
Besitz befinden ^ als so machtvolle Finanz - Institute , d atz
dagegen nichts anderes Aufkommen könnte. Wie
irrig -das ist,. ergibt sich ' aus folgenden Zahlen: Das Stammkapital i
aller deutschen bzw. jüdischen Großbanken zusammen genommen '
beläuft sich auf r u n d 4 5 0D M i l l i o n en Mark 4 ( )4 Milli- .
ardep). .Die deutschen Gemeinde -Sparkassen aber verfügten bereits
vor dem Kriege über ein Einlage-Kapital' v o n 19 % M i l l i - v
arde n, das - sich bis 1 9 18 a u f 2 8 M i l li ard en erhöht
hat. Soviel Reichtum besitzen , allein die kleinen deutschen Sparer,
.denn die wohlhabenden jüdljchen Streife dürsten ihre Gelder schwerlich
auf die deutschen -Sparkassen tragen. .. >
^ Nimmt man nun den erheblichen Besitzen deutschen Landgütern, In -'
dustrie-Anlagen, städtischem Hausbesitz, .Privatkapital usw. hinzu, so
" ergibt sich— jelbst-wenn man. mct 0er teilwe.sen Schuldbelastung des -
Realbefitzes Rechnet— do ch ein s o g ew a ltiger reind eut-
s cher B er mö g ensstan d Daß er si chv o r dem jüdischen
Reichtum man ' zp verstecken braucht .".
< Die. antisemitischen Gesinnungsgenossen des Herrn/Fritsch aber ,
behaupten, daß Alljudaan den Krieg hauptsächllch deswegen ange- ^ -
zettelt habe, um sich in den .Besitz.des gesamten deutschen National-
. Vermögens zu setzen und daß ihm dieser Zweck fast restlos gelungen
sei Herr Fritsch hat freilich auch dunkle Augenblicke und diese sind .
leider die vorherrschenden . In einem solchen verfaßte er das Flug¬
blatt Nr. 17 der ,,K Ern.-G." „Arbeit und Kapital", das sich ins- -
besondere mit den jüdischen„G e l df ü r st em" beschäftigt . .Dort
. spricht er von den großenR ei ch tum e rn , die die Börsenmagnaten
„d u r ch Va l ks a u splünderung i m, ?rotze n S t i l e", er¬
worben haben, insbesondere die „Rothschild/Bleichröder , Erlanger,
Ephrnsü. Oppenheim , Warschauer , Schwabach , Goldberger und wie
sie alle heißen". Dem Riesenvermögen dieser Großfinanziersg"gen- -
. über seien„die Reichtümer der,Krautjunker° und ,Schlotbarone " ge- - -
wissermaßen . nur B e t t e l p f en n i g e." -— Ob^das wohl auch' die
Meinung der Kruppschen Erben, der Thyssen . Stinnes, der großen -
. oberschlesischen Kohlenmagnaten usw. sein mag? So mancher als
.steinreich verschriene jüdische„Geldfürst " würde sich gar nicht ärgern- '
wenn er' in. den Besitz derartiger Bettelpfennige* gelangte. '
- , Wie lächerlich die Behauptung vom internationalen jüdischen
Kapitalismus ist, z^igt ja sckone'n Hinweis auf die amerikani Die - .. amerika-
schen Mil I i a r d ä r e, die Rockefeller, ^Carnegie, Morgan, Ar- m^ en Mrlliüdare
mour, %oxtrVanderbilt, Gould, >Astor, CchMäb und wie sie alle '
heißen mögen. Unter ihnen befindet- sichkei n einziger I u de.
Die amerikanischen Trustmagnaten, von denen man leider sagen
muß, daß sie den Geldmarkt beherrschen , sind also keine Juden. Auch
- \ ht England ist das Bank- und Industriekapital vorwiegend in nicht- .
jüdischen' Händen. Es .hat also noch seine sehr weiten Wege, bis
sich die Juden in den Besitz sämtlicher Kapitalien der Welt gesetzt
' haben werden, ein Ziel,"das nach den' Antisemiten schon nahezu' er¬
reicht sein soll. , " \ :'
:/ Reklamierte , s. Drückeberger . ^
Religion und Sittlichkeit ber Judey.
Die Antisemiten behaupten, ihr Kampf' gegen/ die Juden sei , .
kein Religions-, sondern ein Rassenkampf . Wie kommt es aber, daß .
'■/V r " ■ ■ ;%- • ' - ' • '
" / • \ ' . _ 7
sie dünn immer und immer- wieder die, langst widerleg Lerst 'lügnerischen
Behauptungen.gegen die^Bibel und den Talmud ausgraben, falsch^
übersetzte und uns dem Zusammenhang gerissene Bibel- und Talmud-',
' Rabbiner- stellen anführen? In 'überzeugender , klarer und würdiger Form
Erklärung haben bereits im Jahre ' 1893 sä m t l i che R ab bin er Deutsch-
län d s eine Erk l är u n g. veröffentlicht , in^ der die über . das~
Schrifttum und die Sittenlehre des- Judentums vorgebrachten Lügen'
widerlegt,werden und' die im wesentüchen folgendes besagt:
/ ' Die.H ei lig e Sch sti f t , welche Gemeingut der ganzen ge¬
sitteten Welt geworden ist,-bildet die G r.u n d l a g e f ür d i .e Le h r e
d es .In d,en t u m s. Außer der Heiligen Schrift, welche die' .„schrift¬
Talmud liche Lehre" heißt,, besitzt das Judentum noch eine Religionsqüelle , den
Talmud, der, st>eÜ er Ursprünglich nicht, niedergeschrieben wurde,' di^
„m ündlich e L e h re " genannt wird.- Eine andere religions-
.. ' . gesetzliche mündliche Lehre, gibt es für das Judentum . >
- ' Der Talmud baut seinen Lehrinhalt auf' Grund des biblischen
' Wortes auf und gibt allem Raum/was den menschlichen Geist und
. das menschliche Gemüt beschäftigt . ,. st ^
• . . ' Seiner Form nach isö der Talmud -mit ' r/ / ' . /'.■/
der Aufzeichnung der
"^ Verhandlungeneiner gesetzgebenden Körperschaft , in welcher eine
, ' Vorlage mit.ihren Motiven zur Diskussion steht, insofern' zu ver-
. . st gleichen , als er die von m^hr als ^2000 namhaft gemachten Gesetzes-
^ lehrern während vieler Jahrhunderte in den-Lehrhäusern gepfloge-
^ nen Verhandlungen aufzeichnet , die verschiedenen,oft widerstreitenden
! Meinungen nebeneinander,stellt , jede Ansicht , die zu.Worte ,kam, jede
. Auffassung, .die geäußert wurde, - in der ganzen Lebendigkeit der
, Diskussion wiedergibt,. und zwar ohne dabei immer zu einer end-
güttigen Entscheidung zu gelangen.' Der Tattnud enthält somit
überaus zahlreiche Aussprüche , welche,als die Meinungen einzelner
' ' - niemals eine bindende Kraft erlangt haben. Die 'Sutt enleh re/
. st . . des Talmuds beruht auf der .Bibel und erblickt in ' folgenden
u Aussprüchen der Heiligen Schrift: „Im Ebenbilde Gottes hat er den
Menschen geschaffen ", „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst",' „Liebet'
- den Fremdling", „Liebe ihn wie dich selbst" das Gebot'der ällge-
.- meinsten/ auf alle Menschen, ' Juden und /Nichtjuden , sich erstrecken-,
den N ä ch st.en l i eb
Im Geiste des Prophetenwortes: „Fördert das , Wohl der Stadt,
in' die Ich euch geführt habe" (Jerem. 29,?> wird im Talmud der
Grundsatz ausgestellt)und, von allen Gesetzeslehrern einmütig, zum
' Gesetz erhoben: „Das Staats gesetzt ha t i m sta a t s b ü r-
- g erlichen Leben üerbindl i che Kr a sck ". Es ist demge-
^ mäß religionsgesetzlichePflicht, mit der Treue gegen die. Religion
Gehorsam gegen die Gesetze des Staates zu verbinden. / _•-/ , ' .
Die später aus . dem Talmud ' und der nachtalmud ischen Lite-
/ ^ ratur entstandenen Auszüge, wie Jäd Daschasaka des R. Moses ben
Schulchan Aruch Maimon, Schul ch an A r u ch des R.. Joseph Karo und andere Zu¬
sammenstellungen, . haben niemals für sich allein, sondern,stets nur/
dann als maßgebend für die Entscheidmig gegolten, wenn ste. d.urch
^ .das. Zurückgehen auf die Quellest ihre,Bestätigung erhalten.' 'Die
Bezeichnung.„A ku m" bedeutet „Anbeter der Sterne und Stern-..
! - " bilder" und ist selbstverständlich Glicht auf die Bekenner der' mono-
, theistischen Religionen-anzuwenden . ' . .
Vereinzelte gegen „Akum" gerichtete . Aussprüche'in Talmud,
- SchulchanAruch undänderest Schriftensind alsder Ausfluß stinest
'st durch die Zeitverhältnissehervorgerüsenen / Stimmung und olt^Äte
t.
-Oi -y .: ;.' ; * — 99 ~ ; ./ ^
. ^der .Notwehr ' zu, betrachten; sie waren nur gegen diejenigen Heiden.
-gerichtet, welche Ehre, Leben' und -Eigentum ^des Nächsten nicht
schonten. Derartige Aussprüche haben, wie schon feit Jahrhunderten
die Gesetzeslehrer ausdrücklich erklären^ für d äs Juden tum
keine Geltung. ' ^
.. Allgemein anerkannt und auch in Zeiten der Verfolgung festge¬
halten, ist der Ausspruch des Talmuds^ „Die Frommen aller Volker
sind der ewigen Seligkeit teilhaftig." .
Die S i tt e'n l ehre d es In d e n t u m s erkennt keinen' Aus- --
- , spruch und keine Anschauung an, die dem Nichtju.den gegenüber.etwas
, Erlaubt , was dem Juden gegenüber verboten ist. Die Sittenlehre des
-Judentums , die 'seinen Bekennern heilig ist. die in den Schulen ge¬
lehrt und von den Kanzeln 'verkündet wirch gebietet:
' . jedem Menschen das Ebenbild Gottes zu^achten, in Handel
und Wandel strengste Wahrhaftigkeit gegen jedermann zu betätigen,
jedes Gelübde und Versprechen, welches irgendeinem. Menschen, sei
er Jude oder Nichtjude, geleistet wurde, als unauflöslich und - un-
verbrüchlich treu zu erfüllen,. Nächstenliebe gegen jedermann ohne
' Unterschied der Abstammung und des Glaubens zu üben^ die Gesetze
-des Vaterlandes in treuer. Hingebung "zu befolgen, das Wohl des
.Vaterlandes mit allen Kräften zu fördern und' an der geistlichem und.
sittlichen Vervollkommnung der. Menschheit mitzuarbeiten ."
In dieser^meisterhaften .Erklärung mit ihrer wahrhaft klassisch
zu nennenden Kürze ist doch alles gesagt, was nur zur Entkräf¬
tung der gegen die jüdische Religion und. den Talmud erhobenen
^ antisemitischen Schmähungen vorgebracht werden konnte. Leider
hat sie keinen Eindruck auf die Antisemiten gemacht; wie sollte man
V ; das auch -von Leuten erwarten , denen die Lüge ein Lebenselement
'und denen jede Sachlichkeit fremd ist. Immer und immer wie- ,
' ' der liest man Verleumdungen wie die folgenden: „Die im Talmud
. und Sch u Ich an Aruch enthaltenen Religionsg -setze der Juden
. sind uns i t t li ch, verbrecherisch , gemein - und staats-
- gefährlich, denn sie erlauben nicht nur Lug und Trug sowie
'Meuchelmord an einem .Christen, sondern schreiben sie in
- bestimmten Fällen ^sogar. vor .' Sie gestatten den Ehebruch,mit
einer Christin und bezeichnen die Christen selber als Tiere, die autzer-
. halb des Gesetzes-stellen. Die Juden sind Verbrecher von Re - ,
' l i g ichn s w e g e ir usw. usw. In Wirklichkeit verpflichtet gerade
der Talmud die Juden zu st r eu g sie r R e d I ichkeit, W a hr-
h ä f ti g keit und A u fr i cht .i g k ei t gegen alle Nichtjuden, und
zwar gegenMichijuden noch mehr als gegen Juden,
. weil durch jede Unredlichkeit gegen einen Nichtjuden nicht bloß die
Sittenlehre des Judentums verletzt, sondern auch der Name Gottes
entweiht wird. ; :'
' . Herr Dr . Dinter , der ehem eilige Direktor der Vertriebsstelle des Dr. Dinter
Verbandes deutscher Bühnenschriftsteller und 'der Verfasser- des wider¬
lichen ÜHd an die niedrigsten Instinkte appellierenden Romans .„Die
. Sünde wider das Blut ", eines erbärmlichen Schmökers, der selbst
v in äntisemitischen Kreisen vielfaches Kopsschütteln hervoraerufen ,hat,
hat vor einiger Zeit im „Hammer" einen Artikel veröffentlicht in
dem er eine Reihe der einst von R o h l i n g und seinen Spie߬ Rohling
gesellen vorgebrachten' Lügen und Verleumdungen über den Talmud'
usw. 'von neuem .aufgewärmt und in dem er, um den Schein einer
besonders tiefgründigen Gelehrsamkeit hervorzurufen, sogar^mehrere
Stellen des Schulchan Aruch \\m Grundtext abgedruckt' hat. Ein
^ ^. ■ ■ ' ' . 7* ' *
Sonderabdruck des Artikels ist untet dem Titel „Lach t st rah len
. . a us / dem Talmud, Ofener Brief cm; den • Landesrabbiner von
; - Sachsen-Weimar- Eisenäch" als Flugschrift sowie als Flugblatt her-
- . ' 7ausgegebenworden , das auch der völkischen. Tügespresse, u. a. der
^ ■
' „ Deutschen Zeitung ", beigelegt..worden ist. Auch in Flugblättern .' des
„Deutschvölkischen Bundes ^ und der „Deutschen Ernöuerungs^
gemeinde" 'des Herrn Theodor Fritsch sind diese und ähnliche Lügen
_ über die angeblichen G.ehylmschriftender Juden verbreitet/wor 'den.
Prof. vr. Strack Geh. Rat Professor Dl '. Strack,einer der chestenKenner des
' ; Talmuch chat inglänzender Beweisführung dargetan , daßvr . Din-
/ ter kein Wort , des von ihm angeführten T chx.Le/s
v e r st e h1‘_ Diese Feststellung reicht zur Charakterisierung des neue-
Franz Delitzsch , sten Talmud -„ Gelehrten" . vollständig aus . Franz D e l i tzs ch hat.
- in seiner bekannten Schrift „Rohlings Talwudjude " (0. Auflage^'1881)'
d i e. t aln ^udi s che A f t e rw e i s h eil dev u nm i/s s e n d e n
j Ge s e l l e n , die das Albernste und Schmutzigste, was Judenhasser
. ;, früherer Jahrhunderte aus dem Talmud cheräuslasen, von neuem
wieder aufs Tapet, gebracht haben, und. von denen einer immer dem
/ / änderen nächschreibt, a u s d a s g r ü.n d l i ch st/e w id e r l e gl . Um
^ nur ein"Beispiel anzuführen, wird im Talmud die dort vorgebrachte?
Aeußerung, in der die Sklaven auf eine Stufe mit den Tieren M
- stellt werden, ausdrücklich verworfen. Wie könnte das auch anders'
• sein, da gerade die jüdische 'Religion die' erste. Religion der/Welft
< gewesen ist, die. drei"Lehre von der N ä ch st e n li e b e in ihrem voll¬
sten Umfange, una zwar genau in der Weise, wie 'sie/auch heute als/
Lehre des Christentums verkündet wird, aufgestellt hat / Der Talmud
%enthält dieselbe Ethik, wie sie Christus und die Apostel gelehrt haben;
" ' der Talmud enthält die .Lehre des g l e ichen Recht s f ü r "a l l e,
die überhaupt die Menschheit dem Judentum verdankt. Ist es schon
tieftraurlg , daß man /gerade den Entdeckern der Lehre,, daß/alle'
- ^ Menschen gleich sind, die Gleichberechtigung , so lange verweigert hat.
und noch verweigert, so ist es noch viel ,trauriger , daß am an gerade
/ sie als „Verbrecher von Religions wegen" schmäht. (S . auch/Eide,
und Gelübde bei den Inden ".) . / • - / / .. /
" ~ Eine ganz vortreffliche Widerlegung^ der gerade in. der neuesten
^ Zeit/ gegen den Talmuds sowie die Religions- und Sittenlehre/der.
^ ' Rabbiner Juden vorgebrachten Lugen findet inan im „Antisemitenspiegel"
sßafaätifmib * (2*Aufl. 1900) und in der Schrift des Bremer Rabbiners Di*. Nosenack
. GerechNskew - „Wahrheit und ' Gerechtigkeit" auf S 18- 29. /// '- .
. „Rembrandt'als Erzieher", von Dr. L a n g b e h n[// ’ ■ '/ .,.'
Dieses bekannte Werk- war bis- zu seiner 7. Auflage in juden-
freundlichem Srnne gehalten. Th. Fritsch teilt nun mit, daß vr.
Langbehn .sich auf Grund eines eingehenden schriftlichen. Meinungs¬
austausches mit ihm veranlaßt gesehen hätten seinem Buche einen,
antisemitisch gehaltenen .Nachtrag hinzu'zufügen, in dem er sich in
vielen Stellen eng an- seine, Fritschs, briefliche/ Darlegungen ange¬
lehnt hätte. Und in der Tat 'atmet dieser Nachtrag ganz den Fritsch-
schen „Geist", dessen Verranntheit , Verbohrtheit / und Fanatismus.
- Logisches Denken' war überhaupt nicht, die stärkste Seite ' . des Ver-
fassers von „„Rembr . als Erz.", Er .war eine .leicht zu beeinflussende
- und leichtgläubige Natur . Sein unsinniger Vergleich, ein, Jude könne.
/ so wenig zu einem' Deutschen werdest/ wie pie Pflaume zu einem
- Äpfel werden kann/ ist ein -echtes FrftschschesMistesPrddükt chrd/ist/vstn
>diesem bereits früher angewandt worden.// .Ebestso/hat 'sich-Dr .chL.
— 101 • —
Echächten.
Die rituelle Schlachtmethode der Juden ,"das Schächten, ist seit ^
langem den Antisemiten ein Dorn im Auge, indessen sind alle ihre
Anfeindungen Und parlamentarischen Vorstöße (zuletzt i. I . 1917
durch den Abg. Werner-Gießen) erfolglos geblieben. Natürlich eisern
sie dabei nicht gegen eine jüdische Religionseinrichtung, sondern
spielen sich als Tierschützer auf und bezeichnen das Schächten als eine
' Quälerei — als ob das iy den Schlachthäusern eingeführte Verfahren
mit der Schußmaske eine „humane" Tötüngsart seil 357 Gutachten
hervorragender Autoritäten und Fachmänner besagen das Gegenteil
und sind' sich darin einig, daß ein^ erfahren ähnlich dem Schächten die Schächten beste
beste Schlachtmethode darstelle. Hat doch aus diesem Grunde auch Schlachtmethode
die frühere Militärverwaltung diese Tötüngsart in den Proviant-
äNitern ^und Konservenfabriken angewandt ! . In der „Post" vom
Jahre 1895 stand eine offiziöse Mitteilung , die besagte: „Auf Grund
sehr , sorgfältiger Versuche und nach Einholung zahlreicher fach-
. m änni s ch er G uta ch ten ist die Mili t ärv erw a ltun g- zu walimra ließ äe'
'der UeberzeUgung gelangt, daß die in den meisten Schlachthäusern Schächtmethode
anwenden
, angewandte Methode des Schlachtens unter Benutzung des Stirn¬
schlages, der Maskenbonterolle oder der Schuß maske infolge der
' unvollkommenen Blutung die Haltbarkeit des Fleisches
b e ö.i n t r ä cht i g e und deshalb, namentlich für die Herstellung
von Konserven nicht"zweckmäßig sei. Eine der Methode des S chä ch-
tens ähnliche Handhabe . beim Schlachten dagegen gilt für
wes ent li ch v o r^ e i l Hafter, weil die Blutung eine voll¬
kommene und die Haltbarkeit des Fleisches infolgedessen eine wesent¬
lich größere ist, o h n e daß die Im t er ess est der Hu m an i tat
dadurch.in irgendeiner Weise geschädigt werden"
Y ;. • ' — 106 — >. ^ / .
. Eine . ähnliche Erklärung -gab ., im Reichstage 1897 Gen.-Maj.
Frh . ' v. Gemmingen ab,^ und. der Zentrumsführer Dr . Lieber be- • ;
richtete i. I . 1899 über ein dahingehendes^ Gutachten de): Kgl., De- .-
da? Schächten^ putation für . das Medizinalwesen im Reichstag : „.Die Ermittelungen, ' .
' die ich anstellen konnte, haben ergeben, daß das Gutachten -dex König¬
lichen Deputation für das Medizinalwesen die Frage sowohl von der
technischen"und hygienischen, als . auch von 'der Humanitären Seite .
^sehr eing^ end würdigt und zn dem bekannten Ergebnis kommhdaß
- das Schächten u n t e r j,e b e m -G esichtsp u .n kt e den -
- Vorzug verdiene , so schnell und sicher töte und das Fleisch so. halt - '
_ bar und so schmackhaft mache, daß es von keiner anderen Schlachtart .
übertroffen werde; nur müsse man sich gegenwärtig halten ;, daß das- ,
Schlachten stets ein sehr 'widerwärtiges .Schauspiel ist." — (£3 er*,,-
übrigt nur , hinzuzufügen, daß die „Wissenschaftliche ' Deputation für.
das Medizinalwesen" sich s. Zt . zusammensetzte aus ' den Herren Mi-, -
, . nisterial-Direktdr Wirkl. .Geh. Öberregierungsrät . I )r .,v . Bartsch;'-den
Geh. Obermedizinalräten Dr . Pistor, Dr . -Skrzeczka. Prof . Dr . Kirch- V’
rtei*. und Dr . Förster,, worträ'gend en Räten ^un Kultusministerium, !;
: und aus den Geh. Medizinalräten Virchow, Olshausen, v. Bardeleben, - '
' ; V-. Bergmann , ' v. Lepden, GerhardfIMy , Rubener, Moeli und
- Fischer, sämtlich Professoren an der Berliner Universität. .. . ' '
Weil das Gutachten dieser wissenschaftlichen Autoritäten den-An-
. tisemiten nicht in den Kram paßt, wird es. in den Schriften gegen das
Schächten einfach totgeschwiegen'. Dagegen zitieren sie mitt Vorliebe
/ , eine Broschüre ,-Das betäubüngslose Schächten, der Tiere" von Dr.
^EsernitisÄe Schwartz, der als „Gutachter" Frauenärzte , Bürgermeister und;
^ en SchlachLhofdirektoren
. aufmarschieren läßt ^deren „Urteil" /sich meist aus '
. / einen kurzen Satz beschränkt und deren Namen „auf Wunsch einiger '
. ' . . Herren" nicht-angegeben werden. Anonyme -Gewährsmänner gegen- '
über Koryphäender Wissenschaft— so sieht antisemitische-Beweis - /
. . führung aus ! "Daß das Gutachten der Wissenschaftlichen Deputation
keineswegs veraltet ist, beweist der Umstand, daß der 28. BezirkstW
'Die Fleischer- ^ Provinzialvereins
Brandenburg . des Deutschen Fleischerverban-
Meister gegttl die des, an dem 150- Innungen .teilnähmen , einstimmig „das Töten der.
Schußmaske Schlachttiere durch Schußapparat mißbilligte " und es als „eine allen
Erfahrungen hohnsprechende Tötungsart " bezeichnete. . . V ' •.
- Schamgefühl
: Schamlose Behauptung der Antisemiten
, daß den Se¬
miten ein Schamgefühl nach arischen Begriffen fremd sei., s. Rassen-. :
- . ■ ~ Lheorien. ' . ’ : ' ‘ r
Schiele
, kons
.-antisem
. Schriftsteller
u/ Agitator, s. KaPP
-Putsch
. ^'
Schopenhauer . ' ">
" Schopenhauer war ein Gegner aller monotheistischen Religionen:
n'ach dem pessimistischen Grundzuge seiner...Philosophie war ihm das .
Judentum unsympathischer als das Christentum,..weil jenes sich mehr
auf einer" optimistischen.Grundlage aufbaut, dieses auf einer mehr
pessimistischen. Aus diesem Gesichtspunkt heraus sind die scharfen
Angriffe gegen die Juden und das Judentum anzusehen, denen man
an verschiedenenStellen bei Och. begegnet.' Aber auch das -Christen¬
tum verschonte der Philosoph nicht, der .ja -bei seiner cholerischen Na¬
tur sich gar zu gern in heftigen und .maßlos übertriebenen Angriffen
erging. Kann über ein Mann Antisemit gewesen sein, der Männer
wie David Ash e r. und Julius F r a u e n st ä d t zu Freunden harte
(dieser ist allerdings später,zum Christentum übergetretens und beide
107 —
Schuld am Kriege.
•. Die antisemitische Behauptung, daß die Juden .die Schuld
am W e I t kx.i ege tragen , / ist' so-absurd, daß man sie eigentlich
vNrW.zu widerlegen brauchte. Hätten die Antisemiten vielleecht ' L^ i
.einem glücklichen Ausgange des Krieges die gleiche Behauptung auf¬
gestellt:und. 'die Juden als indirekte Mehrer des -Reiches gefeiert?
Sicherlich nicht. Denn als noch alles leidlich stand, erklärte Anfang
1917 der Äbg. -Wi l.d g rube auf einer Tagung der w'estprmß scheu
Konservativen , daß das siegreiche D u rch h alL -en auf militärischem
untz.wirtschaftlichem -Gebiete-als du B e r d i en sü ei n z i g u n d
al lein d e.r kan ser v a.t i v 6n W el Lanis ch!a u un g anzü-
sehdn sei! Was kosinte es für unsere Dentimvöltler Begaerueres
. geben, als alles Unheil den Juden in die Schuhe zu schieben , zumal
man dadurch Gelegenheit finden konnte/ , die-Schuld von den eigenen
. Reihen, in denen sich vornehmlich die , Kriegshetzer fanden, aus
au d er e Krdi se ab z u w ä l z en. Der von den Alldeutschen als
'„S t a hlba d" gefeierte , zur Befriedigung ihrerExpan si on s-
w ün s che propagierte Weltkrieg' wurde nach dem Fehlschlage mit Der „Judenkrieg"
einem Male zu einem „I u d en kr i.e g" gestempelt , Herrw. Be t.h'h- Dervrnann
m an n Ho l lweg habe den Krieg als Judenkrieg geführt, einen Hollrvegs.
umgekehrten Kreuzzug , für Emanzipation und Befreiung, der Juden
(Wilh. Meister in „Judas Schuldbuch "). . Dieser den Altdeutschen
.Verhaßte Kanzler soll eine M a r i o nette in den Händen, Judas'
/gewesen sein, wobei!er auch jüdischer Abstammung verdächtigt wird,
dev Einfluß der „H,of j^wd en" auf den Kaiser-wird als ein unheil¬
voller' hingestellt. Wie. gering- in Wirklichkeit der .politische Einfluß
von Juden aus Wi l'h el m II . gewesen ist, geht schon daraus hervor, Ballin
daß B a l l i n im Jahre 1916 den Kaiser v edg e b l i ch zu einer
V.erst cindi g u n g m i t E stgl a n d - beschwor , die erobtzrungs-
lüstigen und siegesgewissen ! Generale hatten die Oberhand. .''Ballin/
wollte' also Frieden und. keinen Krieg. Genau so war es auf der
Gegenseite . Der' Chef des englischen ' Bankhauses R o t h schi l d ,
Bäron Alfred., s. Zt. ein intimer Freund Eduards VII/ .. -der vom
einem' eventuellen Kriege für seine Firma rei-chen Verdienst erhoffen¬
konnte, schrieb am 1> August 1914 einen Brief an Wilhelm.II . mit
folgendem Wortlaut: - ' • ;
/ „Sr . kaiserl. Majestät dem' deutschen Kaiser, Berlin. Ich bin' Friedens Rothschilds
bitte
mir bewußt, daß Euere Majestät-jeden Nerv zugunsten des Friedens an Wilhelm . II.
' .anstrengen - und weil ich dies weiß, und weil ich immer ein Be¬
wunderer der Politik Euerer Majestät war, wage ich Euere Ma-^
jestät in diesem kritischen Augenblicke anzureden, da die' Segnungen
' des^Friedens und'' die Schrecken des Krieges wie das Zünglein
xeiner Wage balanzieren. Wollen Euere Majestät mir. daher einen
Vorschlag senden, den ich. sofort meinen Freunden vorlegen könnte ■'
geeignet^wäre, sowohl in Petersburg wie in Wien günstig ^
asifgenvrnwen zu werden, unterstützt von meinen Freunden? Ich
wage ernstlich zu hoffen , daß Euere Majestät mir gütigst antworten
werden." . '
, :•.Die Kriegshetzer der ..Entente saßen ganz anderswo. Waren
L lo y d G eo'rg :e;.’ G!r e y , Poi n e a r e . Elemenc e ä u,
-G r oßsü r st N i c.o l a i Nie o l a j e w i t s ch viellei cht I u- Arische
d e-u ? Ebensoweui 'g, wie der jüdischer Abstammung bezichtigte Kriegshetzer
Zeitungskönig N o r t h.cl i f f. Ehristlich- deutscfted Abstammung
aber war einer;der schlimmsten Aufpeitscher , war Lord C r o m er,
dessewAhne .Baring, Sohn eines Pastors/ äuL Bremen-eingewandert
— 110 —
adligen Familien, ,die jüdischen Ursprungs sein sollen, über 1Q0 ganz st
'mit Unrecht in dem Buche Aufnahme gefunden haben; der Genealoge-
Kekuls v. Stradonitz warf dem Herausgeber „K r i t i kl o si g ke i t,-
U nw i f f en sch a f tN chke i t u n d Br um nenve,rgiftu n g"
vor.' . ^ i. - .; •
v Bei: einem Prozeß, den der Landrat a. D. Sigismund von T ^ e s -^
kow in Friedrichsfelde bei Berlin ^ gegen .den „Semi -Gotha" an- ^
strengte, stellte es sich Heraus/ daß der —
leger des Werkes, ein f r ü h e r e r H a u s bvorgeschobene— Ver - ^
ursche war , während
als eigentlicher' Urheber ein ' Herr Wilhelm Pick l von Witte n--
b e-r g aus Oesterreich in Frage kam. Der Prozeß führte in erster
" Instanz zum Freispruch des „Verlegers", der offenbar von gar nichts st^
wußte, während der Herausgeber,auf Grund , des § 186 StGB , wegen .
der Behauptung beleidigender, aber nicht erweislich,wahrer Tatsachen
zn200 M. Geldstrafe verurteikhwurde. DasOb e r l a n d e s g e r i' cht
Jena hat aber diese Begründung als rechtsirrtstmlich verworfen und
den Beklagten ühne weiteres allein deswegen/verurteilt , weil s cho n /
in d er bloßen Ausnah me d er F am i li e i n d em' i
„S e m i - G o t h a" e i n e B eie i big ung liege , da ja in der -Ein- . -
leitung - ausdrücklich alle v o n I u d e n a llst a m M e n den
Menschen a l s mo r a l i s ch m i n d e r w e r t i g h in g e st eilt
wurden. Hiernach seien also die Mitglieder aller aufgenommenen- >
Familien gleichmäßig nach z 185 'StGB , beleidigt, mögen sie tatsäch¬
lich von Juden abstammen oder nicht..
Die zweite Auflage enthält zwar eine Unmenge von Berichtigung- .
gen, am Charakter des Pamphlets , das sich ja im wesentlichen auf, . -
. alten, antisemitischen. Winkelblättern ' entstammenden Zeitungsaus -
. schnitten und sonstigem unkontrollierbaren Klatsch aufbaut, hat sich . \
.aller. nicht das geringste geändert. Wenn sogar ein' Organ vom
Range der ^ Wahrheit" an ihr allerlei auszusetzen hat — das Blatt
rügt nicht nur , daß die Angaben gewisser christlicher wib jüdischer
Schriftsteller ohne weiteres als „sichere Öuellen" angenommen
den sind, sondern tadelt auch die vielen bloßen Vermutungen wor- und
-
•
Fragezeichen so ist damit die neue .Ausgabe hinlänglich gekenn¬
zeichnet. - ' st - , ' ' ' .
- Daß der „S e m i - Kü r sch n er " des ' Herrn Phil . Staufs/ auf. >
derselhen niedrigen Stufe steht, wie der >,Semi -Gotha", hat ihm im'
Jahre 1914 ausdrücklich auch ein Gericht, und -zwar das . a r-
b u r g e r S ch'ö f f e n g e r i ch t, .bezeilgt, das in einem von-M seinem
Herausgeber angestrengten Beleidigüngsprozesse feststeltte, daß die Be- st
hauptung , es „st e h e a ü f ein llm b e d a.u e rns werk e n ge i -
stigen Niveau" und sei ein•■© eit e'niftüd ;:,8’u b em „Semi * ’;st
Goth a " — besonders in der-übe r a u s 's ch nnu tzi g e n Art seines ;i;
Vorgehens — keineswegs über das berechtigte Maß hinausgebe/ Bon ? -
dem „Geist", der in diesem Konglomerat von Dichtung und Wahrheit st
herrscht^ nur eine kleine Probe . Bei dem Dichter G.eollg H err - i .
mann heißt es: . . in seinem auch' von deutschen Eseln .
gepriesenen Roman .„Jettchen Hebert ". Das geht selbst dech
ebenfalls den wüstesten,RadMantisemitismus pflegenden Organ des . /,
. „ Verbandes gegen' Ueberhebung des Judentums ",., dem Blatte „Auf
Vorposten", über, die Hutschnur. Es .bemerkt' unwirsch dazur „S o l-che . ...
Wer tunt eile wir k en u n gün sti g." Dasselbe Blatt stellt . '
ferner ausdrücklich fest, daß der .„Semi <Kürschner" i n ste i n e m ^
blinden H a ß g e^g en d a s I u d en t u m leg li che Objek¬
tivität vermissen läßt . . Angesichts des vernichtenden, gerade'
von dieser Seite abgegebenen Werturteils ist jede weitere. Bemerkung
über das ' traurige Machwerk'des Hervn Philipp Staufs überflüssig.
(Semi -Jmperator , st. Wilhelm Ll.) .
Sittlichkeit der Juden , s. Religion.
Soziatrstikche .
Parteien und Antisemitismus f
Ebenso verlogen wie das antisemitische Gerede von^ der „ver-
^jüdeten" D. D. P . ist der .Vorwurf, den man den s o z i a l i st i-scheu
Parteien bezüglich ihrer Beziehungen'- zum Judentum macht. Die
Lehren ihrer wissenschaftlichen und organisatorischen Begründer
M a r x und L assall e ha.hen mit deren jüdischem Herkommen auch
nicht das geringste zu tun ; wie ja' auch ihre Vorläufer , d.e sozialistl-
- scheu Utopisten sowie ihre Konkurrenten ,F o u r n i e.r und Baku- -
n i n, Nichtjuden waren/ In der Zahl ihrer geistigen Führer stehen
neben Marx und Lassalle, Singer mich Frank , Arons und manchen
anderen eine unvergleichlich größere Zahl von Männern , die mit dem
Judentum nichts ge»nelu-haben, E n g e l s und I . B . v. Schwe i che r,
v. Voll m a r und A u e^r KB e b e l und L i e bin e ch t,' und' die
- große Schar' hervorragender Gewerk s cha f t s f ü h r er . Daß
unten der in der 'Zeit des alten Regimes beliebten sozialen wie/ 'ge-
Mschaftlichen . Aechtung die Juden ' sich zahlreich zu einer Partei
' schlugen, die gleich ihnen bedrückt und verfolgt wurde, ist eine natur-
- n o t wen di ge Fol ge des damals , herrschenden Systems, ebenso
daß sie nach dem Siege des Volksstaates üben den Obrigkeitsstaat
. jetzt^ erhältnisrnäßig ' zahlreich, an 'Stellen treten, die ihnen bisher
. ' vöMg verschlossen waren und deren Besetzung ein' Reservatrecht der
herrschenden.Kaste bildete. An dem gesunden Sinn und der politischen
' Schulung der deutschen Arbeiterschaft, die ja den Kern .der . soz' alisti- -'
' scheu' Parteien bildet, scheiterte auch der perfide Versuch unserer anti-
^ semitischen- HeIer^, die ihre eigene Schuld an den gegenwärtigen
. traurigen Zuständen , auf die Juden abzuwälzen und die Arbeiier-
massen zu Pogromen ..aufzustacheln versuchten. Die infame Flug-
blatthetze, die vor keiner .Fälschung zurückschreckte , veranlagte einch Erklärung oon
D - Führern
' Reihe hervorragender Führer und Aba. der S . P . D., e i ri e s cha r f e S . Pgeaen den
-Erklärung gegen die antisemitischen Vol .ksver¬ Anttsemitismus
führ e r zu veröffentlichen, die neben dem damaliaen Aba., übinen,
Reichskanzler H. Müll er / O. Br aun, jetzt preußischer Minister-
. Präsident, Fr a u B o h m - S chu ch. E. E r rsist. Fra u I u cha e z,
Kall Lö b e/Molkenbuhr , Wels , Wissell u. a. unter-
, zeichneten. Zwar , erlagen auch v er ei n z e lt Sozialdemokraten der
antisemitischen Psychose, aber die Partei entledigte sich ihrer wwrt,
' ' wie die Beispiele des famosen Soldatenrats ® I r ocho f des Herrn Soüaldemo , Antisemitische
traten
Kloth, der jetzt in der „Dt ., Taztg." schreibt, und des Käppi sten aus der Partei
W inni g beweisen, die alle sofort a us der P ar tei ausge¬ ausgeschlossen
schlossen. wurden . -Der' Haß der antisemitischen Reaktionäre
' gegen 'di.e Partei ist beareirNch d^nn obgch^hen von do.nr. Wd ^rst^^v,
beit ibre Hetze in den/sozialistischen Kreisen findet, ist es natürlich
für diese Herren sehr weinlich, daß von den z w e i R e i chs t a g § -
a b a e p r d n e t e n , dre im Krieae fielen, der Sozial i st e n f n h r c r
^Dst Fi ?ank der eine war , Kri egsfreiwillig —-
er troü seiner ■, Dr. Frank
Iabre — und zu ' den Schwernerl "üten Aba Davidsohn <
.V. zählte , der zweimal erheblich verwundet wurde . Das , paßt- natür-
- lich nicht zu dem Gerede von' der jüdischen Drückeberaerei. Daß bte^
/von 'den Antisemiten als Juden verketzerten Aba. 7)r . David,
Q u a r ck, B los, G e y e r und wie sie sonst alle heißen, keinen
T r opf en j ü b i {ches Blut in den Adern haben,' ist/ebenso
bekannt, wie es .unwahrscheinlich 'ist, daß die gewissenlosen . Hetzer
aufhören sollten, mit diesen Ladenhütern hausieren zu gehen. Noch
heftiger.als die S. P. D7 wird dse U. S . P . D. wegen ihrer jüdischen
Führer Cwh n , R o se n f e l d^ W e y l angegriffen . Die
herrschenden Mächte Haben sich diese Rute, selbst gebunden undfrüher/ dür¬
fen nicht klagen , wenn Juden jetzt dort stehen, wo selbst sie hinge-/
..drängt haben. Das Judentum ist für diese Leute, sie übrigens'sa st"'
- a l l e i h r e B ez i eh u n g en. £iti h m s e i t ladien ge m gel ö st
h ab e it , nicht verantwortlich . Daß ded.D e uts chb ö h m e , im
Klo ste r e rzoge n e Ka u ts ky, in der gesamten antisemitischen
Presse nur der „ts .chechische Jude" heißt , illustriert nur die
Wahrheitsliebe dieser Blätter ebenso deutlich wie die Lüge von
K. L i eb kn e cht s j ü d t f cher A b sta m m u n g. xNatürlich wer- '
den die sämtlichen Kommunistenführer Deutschlands , ibie die Bolsche¬
wistenführer Rußlands, ebenfalls dem Judentum. an die Rockschöße
gehängt, trotzdem sie teils mit ihm nie etwas' zu tun hatten, teils
sich'schon lange von. ihm. losgesagt hatten. ' .. ./ ' .
Spanier, vr . M., s. Zionismus. ^ / .
Stahl, Leopold , s. ),Judenherrschaft ". ' "7 ^ -7 '
Stein v., General , über, die jüdischen Soldaten, s. Drückeberger.
, . Stickstofferzeugung aus der Luft, s. Krieg u. Landwirtschaft ., . /
Stöcker , s. Antisemitismus . 77 -7 7-7 -
Strack , Prof. Dr.. s, Religion. ' . .7-7:.>
Stresewann , Führer der Deutschen Volksp. u. des Antisemitismus,
i s. Deutsche . Volkspartei. . ;'7 . - ‘ 7. ;-.'/
Studentenü. Antisemitismus , s. Jugend.
Sürchenbock , der jüdische/s . Revolution ./ . ' ' . ' 77-7'
„tägliche Rundschau" antisemitisch, s. Deuts che.Volkspartei,
Talmud , s. Religion^ '
Tolstoi über Judenpogrome , s. Pogrome. ' . ' ' ' '
v. Treitschke.
Als eine der .gewichtigsten Autoritäten gilt den Antisemiten
Historiker Heinr. v. Treitschke und. namentlich dessen Ausspruch: „Dder ie
Juden sind ums e r U n g l ü ck". T . war in
exzessiv, seine bekannte. Vorliebe zu Superlativeü seinen Urteilen sehr
.führte ihn oft zu
Treitschke über maßlosen Uebertreibungen, die er später oft genug bereuen mußte.
Bismarck ' Ein Mann , der wegen-seiner, maßlosen' Bismarck-Verehrung und -Ver¬
himmelung von Eugen Dühring als „Berliner Professor der Bis^
marckie" verspottet wurde, hat im .Jahre 1862 folgendes»Urteil über
Bismarck gefällt: .„Höre ich einen so f.l a ch en/Junke -r wie
d i e s e n Bismarck von dem „Eisen uUd Blut " prahlen , weil -er
Deutschland unterjochen will, s o schein t mir d i e G em e i n he i t
n u r d ur ch d i e L ä che r l ich ke i t ü b er boten ." In
Vör-
-lesungen T ?s über Politik finden wir den Satz: „Wenn wir ein un-
s a u b e re s A n t i s e m i t e n t u m emporkommen sehen, so
die gemäßigten Parteien/die Schuld." Die antisemitischen tragen
Flugblatt¬
verfertiger Und. Broschürenschreiber^ werden sich hüten, auch' -dieses
Urteil abzudrucken. Zu dew Freunden T .s gehörte der Naturforscher
Alphons O p P e n h e i m , ein Jude . , Als dieser. 1877 starb, schrieb
T . einem anderen Freunde : „Ein liebevolleres Herz habe ich unter
v ii5 — — ' ■■; ■.. ■. '/ ■ - ; / ■ )
Männern nie gesunde^, mir geht mit ihm ein Stück Leben ver¬
, er: „Selten ist mir ein.
loren." In einem Nachruf auf O. schrieb
. 'Wann begegnet , der f ö ganz frei von Selbstsucht, so ganz' ,
Hingebung an andere war." — Es war T.s Unglück , daß er den Irr - ^
tum nicht einsehen konnte", den er damit beging, daß er an die Va- . ,
terlands/iebe der deutschen Juden- einen anderen Maßstab anlegte als . ' . 7;
v an die der übrigen Deutscher :. ' , " ‘ 'V
Dem rheinischen(katholischen ) Schriftsteller Joseph' Schratten-
Holz, dem Herausgeber einer Anthologie über Juden und Juden- \ Jr. /
tum, übersandte er eine Reihe von Exzerpten aus seinen Schriften, ^ '
worin^es heißt: „Es wäre sündlich , zu.-vergessen , daß sehr viele Ju - " ,
- den, getaufte-und ungetaufte, Felix Mendelssohn , Veit,
— deutsche Man- -
J R i etzer u. a. — um der Lebenden zu geschweigen ,
“ ner wären im besten Sinne des Wortes. — Unser Zeitungswesen ' ' , j
/ verdankt jüdischen ^Talenten sehr viel. — H e ün es unsterbliche Treitschke über
.' W e r ke sind wahrhaftig nicht; ene internationalen Witze, um derent- Heine >
willen er io 86,u1p.yöto vrainient pariLisn genannt wurde, sondern
. -die schlichtweg deutsch empfundenen Gedichte : so die Lorelei, dies echte
, 7Kind" deutscher Romantik, so jene, herrlichen Verse: „Schon tausend ^
Jahr -in Graeciä", die noch immer alles zusammensassen , was die
' Deutschen seit Winckelmanns Tagen über die Schönheit der hellenischen ^
Welt- gesungen und gesagt hatten/ — Heute haben die wirklich be- . ^ "
deutenden, und gefunden Talente -unter unseren jüdischen Künstlern^ - /
- und Gelehrten längst eingesehen , daß sie nur auf den Bahnen deut- .
' scheu Geistes Großes erreichen ^können. Ünd sie handeln danach. — ’• .
Unsere Sorglosigkeit und Schwerfälligkeit könnte von den wirtschaft-
'lichen Tugenden des jüdischen Stammes manches lernen/' In einer ,
seiner Schriften nennt T. Heine einen „Genius ", was ihm wohl
Herr 'Bartels nie verzeihen wird. Viel Staat können also die Anti- ? '
semiten mit T. nicht machen.
der „Alljude", ,s. Bolschewismus . ' •
Äerband gegen die Ueberhebung des Judentums, s. Antisemitische
- - ^ Organisationen. . ^ ^ ^
Verein zur Abwehr des Antisemitismus . - x
^lm .14. Dezember 1890 ist unter Führung des Rechtslehrers
Prof. Rudolf v. Gneist und des Aba. Rickert. von Männern ver¬
schiedener Parteirichtungen , darunter oem Äbg. Vr. Barth, Geh. Rat
.Prof. Wilhelm Förster, Prof . Erich Schmidt, Pros . Albrecht. .
Weber, . >Kommerzienrat Isidor Löwe, Charles L. Hall¬
gar t eit , ein Verein ins Leben gerufen worden, der die Abwehr des /
• Antisemitismus zum Zwecke hatte. Ende Januar 1891 wurde^ ein
. von 535 Männern chr ist licher Konfession , die im politischen"und
/kommunalen Leben,^in Wissenschaft , Kunst und Literatur, in Handel
1und Industrie eine hervorragende Rolle spielten, Unterzeichneter
’ A u f r u f veröffentlicht , ' der das verderbliche und unchristliche
Treiben der Antisemiten auf^ das entschiedenste verurteilte, es vor
allem als eine E h r en s a che für das deutsche Volk und vor¬
nehmlich für die 'Ehr i ste n bezeichnet ^ demselben baldigst ein Ende
zu machen,-und zum Beitritt ,zu dem neubegründeten Verein zur
Abwehr des Antisemitismus aufforderte.
j . Der Verein mit dein .Sitze in Berlin und' einem Zweigbureau
in . Frankfurt a. M. zählte bald viele/Tartsende von Mitgliedern s
aller Bekenntnisse aus allen Teilen. Deutschlands . Der erste Vor-
sitzende, Abg. v. G st e i st, .starb 1895, an Hin
R i ck er t , der 1902 stark' Sein Nachfolger wurdee ' Stelle trat Mg?
. B ar t h. Seit dem Jahre 1904 steht an der der Abg^/Theodor
Spitze,des Vereins .
äußerndem engeren Vorstande ein erweiterter Vorstand (jetzt
schuß) non etwa 80 Mitgliedern , in dem Aus¬
Christen und Juden vertretest
sind. Im Juni 1909. starb der Vorsttzende,;Dr .; Barth ;
wurde .ster ' jetzige Reichsminister a. D. G o t h e in . sein Nachfolger^
hören dem engeren Vorstande an : Abg. Gothein, Seitdem ge¬
Geh. Reg.-Rät
Professor Wilhelm Foerster, Abg. Dr . Südekum, Abg.
Bollert- Dr . Paul Hathan -Berlin , Justizrat Justizrät Di?
Y Dr . E. Bärwald -Frankfurt a.- M. und BankiervrAbrv . Gehrke, R -Ä,
S . Marburg-
Hamburg. ..Im Ausschuß sitzen zahlreiche angesehene
darunter auch eine Anzahl bekannter evangel. Geistlichem. Persönlichkeiten- '
- ' ',
Ende des Jahres 1909 erwarb der. Vereist' dw
rechte. >I )ie Tätigkeit des Vereins ist in dem Korporations¬
v klärung gewidmet.. ' 'Eine umfassende Agitation Hauptsache / der Auf¬
entwickelt er durch
die Verbreitung von Flugschriften und Broschüren,
spiegels" nsw. Eine ganz hervorragende Stellung des „Antisewiten-
in dem Aktions¬
programm des Vereins nehmen aber, die monatlich zweimal
erschei¬
nenden „M i t t e i l u n g e n .aus ,dem Verein zur Abwehr
semitismus " ein und die damit im Zusammenhang des Anti¬
respondenz. für Redaktionen, die in Hunderten, von stehende Kor¬
die Zeitungen versandt wird? Der Verein - betrachtetExemplaren an
es als eine?
Ehrenpflicht, den sich in ihren Rechten, verletzt fühlenden
Mitbürgern , zur Seite zu stehest, und prüft jüdischen
die. aus ' diesen
stammenden Beschwerden, um Abhilfe zu schaffen. Er läßt Kreisen
angelegen sein, alles auf dje Gesetzgebungund ^ es sich
liche Material zu sammeln, was den VerteidigernVerwaltung ' bezüg¬
, der staatsbürger¬
lichen Gleichberechtigung in den Parlamenten , in
und in .der Presse wertvolle Dienste' leistet. Bei Versammlungen
„ der Verein jederzeit in Tätigkeit getreten, wo. esden Wahlen Ist
sich um die Be--'
kämpfung der Antisemiten aller? Schattierungen
ohne. Rücksicht aus die besondere^Parteistellung derhandelt.-. Er hat
bemüht, die Agitation seiner- Gesinnungsgenossen literarischKandidaten sich
stützen und ihnen auch nach Maßgabe seiner zu unter - >
hilfen zu dem Kampfe zur Verfügung gestellt finanziellen Kräfte Bei¬
, Y .' . •
Centralverein , Mit dem C en tr alv er estn d e utscher SLa ats
deutscherStaatsb. j ü d is ch e n G l a b ür ger
ü b en s , der zum Teil auf änderest
iüdisch. Glaubens m it anderem Mitteln Wegen und
dieselben Ziele verfolgt , arbeitet er . harmonisch.
zusammen. Seit seinem fast 30jähxigen Bestehen hat der Verein
- Abwehr- des Antisemitismus mit bescheidenen zür
..Mitteln , seine. Ausgabe
zu erfüllen gesucht. -. Je . mehr , der Verein' unterstützt
Mitglieder er gewinnt, um so erfolgreicher wird er den wird, je? mehr
die Gleichberechtigungder ? jüdischen 'Mitbürger Kampf für.
^führen können.. ?
Vergehenu. Verbrechen bei den Judest, s. -Kriminalität ,b$t ^
Inderm^
> Wagner , Richard.
In seiner Pariser Zeit hat Richard Wagner, als ' er auf
? ^ ' stützung des Juden Meyerbeer angewiesen die' Unter-
war und diesen mit den
überschwenglichsten Lobeserhebungen überschüttete, einen Aufsatz
' „Meyerbeer und die Stellung seiner Kunst inwer über
' . Geschichte der dra - '
malischen Musik" veröffentlicht, der in der Selbstbiographie?
N W und nicht erwähnt .wird und der auch von Wagners"
Myerbeer den Wagner-Verehrern tot-
geschwiegen , wird. Dort heißt es u. a .: „ Meyerbeer war so. d e u t sch,
^ daß er tfolb in die Fußtapsen seiner a lte n d en t sch en ; Vor-
)fa hr e n geriet; diese zogen mit der vollen Kraft des Nordens über
die Alpen und eroberten sich das schöne Italien ." . . . „Mit deut¬
scher G i*ü ndli chke i t und italienischer Schönheit ' ausgerüstet,
warf sich Meyerbeer in -Pen. ftanzösischen Enthusiasmus. . . er hat
Deutsch gelernt, hat das:Italienische durchgemacht und fing nun Frau- '
zösisch an." . . . „Er hat sein d e u t s ches Erbtei gewahrt , diev
Naivität der Empfindung, die Keuschheit der Erfindung Die jung-
. fraulich verschämten Zuge tiefen Gern üt e s sind die Poesie, das
Genie Meyerbeers, ' er hat ein unbeflecktes Gewissen , ein liebenswür¬
diges Bewußtsein bewahrt. : . ^ eitbent• Meyerbeer. in seinen
/ Opern die Religiosität verherrlicht hat, sei es nicht mehr nötig, große
gelehrte und ritualmäßige Messen und- Oratorien zu schreiben ; wir.
' haben „durch diesen Sohn Dent s chl an d s erfahren,wie auch
auf der Bühne Religion gepredigt-werden kann".
^ Im Jahre 1869.aber erschien.die Schmähschrift Magners „Das
V I u d e nt u m i n d er M u si k",xin der namentlich Mendelssohns
und Meyerbeers Kunst als ü >d i stch" bekämpft'wirds und- die ge¬
hörig von den Antisemiten in ihrer .Hetzpropaganda gegen die Juden
ausgebeutet wird. . Den Namen Meyerbeers verschweigtW. bezeich¬
nenderweise in der Schrift, er nennt? ihn nur „ einen weit und b-reit
berühmten jüdischen Tonsetzer unserer Tage" und sagt über ihn u. a.r
/
■'f ':'Die „ Krankheit der Langeweile ist nicht durch Kunstgenüsse zu
! , heilen, denn sie kann absichtlich gar .nicht zerstreut, sondern nur durch
eine andere Form der Langeweile über sich selbst getäuscht werden.
Die Besorgung dieser Täuschung hatmun jener-berühmte Opernkom-
' 1pönist zu seinerkü nst l er i s chen Leben s a u s gäbe gemacht. . .
'Genug, daß er es, wie wir aus dem Erfolge ersehen,vollkommen ver¬
stand, zu täuschen . . . . Dieser täuschende Komponist geht 'sogar so
' weit, daß' er sich selbst täuscht. . Ueberhaupt ist das Kaltlassende,
wirklich Lächerliche ., das B e zeichnende des Judentum s
für diejenige.Kundgebung desselben, in welcher der berühmte Kob
- ponist sich uns in bezug auf die Musik zeigt."
Die Gegenüberstellung dieser beiden Stellen zeigt uns den
echten RichardW. Sein Schwiegersohn Chamberlain hat ganz recht,
wenn ex ihn folgendermaßen charakterisiert hat: „Wagner schwört
. heute bei F e u er b.ach und morgen bei,Schopenhauer,
. er äst heute R e P ud l i kn n er und morgen G o t t esgn a d e' n -
' t u m v>er f e cht e> r , heute rührt die Entartung .der Menschheit , von
s. der Nahrung her, morgen von der'Rassenvermischung ." Dagegen hat
Chamberlain,-der sich ja in der ausgiebigsten .Weise als Reklameches.
des Hauses Wahnfried betätigt hat, keineswegs auf allgemeine Zu-
( . stimmung zu rechnen, wenn er fortsährt: „Und d o ch i st er d er-
sel b e, und was er der Menschheit zu sagen hat.—: über das Wesen
. der Kunst, über eine künstlerische Kultur, über das Verhältnis zwischen
Kunst und Religion usw. —„ bleibt unverändert, gleichviel aus. wel¬
chen Materialien er den Unterbau gezimmert hat."
^ Es entbehrt nicht des Humors, daß man gegenüberW. den Spieß
. umgedreht. und seine' Musik selb " bezeichnet hat, wie
„jüdisch
dies Gust. F r e y.t a g in einem Aufsätze„Wagners Judentum in der
Musik" tat. — .Mit der' -antisemitischen Bewegung in Deutschland
• wollteW. nicht das geringste zu tun haben; er -rückte in einem Briefe
an den Direktor-AngeloN e u m a n n ,rder. selbst ein Jude war und
. chch jahrzehntelang-als der Unermüdlichste Herold des-Wagnerschen
Ruhmes betätigt hatte, aus das entschiedenste von ihr ab. Es Ist jeden-
^ US — ' ' ^ ■
falls überaus merkwürdig, daß-W. trotz seiner ausgesprochensten Feinds
schuft gegen das Judentum gerade unter -den Juden ' seine ' treuesten,
und begeistertsten Anhänger gefunden- hat ; als der beste Dolmetscher
seiner Kunst galt ihm stets der Judö Hermann Levi, dem er auch
die' Leitung des „Rings der Nibelungen" und des „Parsifal " an-
vertraute . ^ ^ -
WandervvgeHBewegung , s. Jugend. . ^
Wassermann , v., Professor, Verdienste um die ärztliche Wissenschaft,
■\ s-. Krieg, ' ' . 'V /
Weltherrschaft , jüdische.
Das antisemitische Märchen, daß die. .Juden , die Weltherrschaft
erstreben, gründet sich in der. Hauptsache- auf das Kapitel „Aus dem
Judenkirchhof Ln Prag " 'des Go^dsche-Retcliffeschen... Romans
. „Biarritz" (s. Goedsche ) und auf die vielen antisemitischen Fälschun¬
gen,. die auf seiner Grundlage von nichtswürdigen und skrupellosen
Fälschern in^die Welt gesetzt worden sind. Wie sollen die Juden
bei ihrer geangen Anzahl und bei- ihrer Zersplitterung das Kunst¬
stück fertig, bekommen- das selbst dem mächtigen Deutschland mit
seiner gewaltigen Militärischem Organisation nicht gelungen ist? Der
alldeutsch-konservaLiv -antisemitisch-deuLschvölkische /Klüngel samt feiftcr
Presse ist es doch gewesen, der uns durch seine p Han La st i s che n
W e.l t h e r r s cha f t s t r a u m e und wilden Eroberungsgelüste in
den schrecklichen Krieg Hineingetrieben hat. Im Jahre 1916 ver¬
öffentlichten die „Alld. >Bl ." an leitender Stelle einen Art 'keh des
antisemitisch-alldeutschen Hetzers Philipp S t a u s f '„Natürliche
Rechte der Völker", in 'dem es hieß: „Der .Krieg wäre i n ke i n e r
Weise weniger sittlich berechtigt , wenn wir ichn
selbe r b e g o n n en Hätten in der A b s i cht , den L e b en s-
rautit des d e uts ch en V o l ke s sei n e m i n n e r en K r ä s t e-,
wa chstum en tsprechend -z u erw eitern ." Und die be¬
kannte grimmige Gegnerin des „Sündenbabels "'^.-Berlitz'/ Frau .Mariei'
D i ers, schrieb zu derselben Zeit in der „Tgl . Rundschau" in ein er
Betrachtung über^ „Das Vaterlandsgefühl - der Deutschen" : „Wir
stehen stör der T a t s a che., -die. nur noch Schwäch l i n g e und'
L ü g ue r b estrei t e n , daß D e uts chl a n d auf der Welt- die
St 'ätt .e der kountrend en Ku lt u r ist." Die weltherrschafts-
besseisterte Dame hat hier nur nachgeplappert, was vor . ihr schon,
viele alldeutsch-antisemitische Phantasten immer und immer w eder
gepredigt haben. Und diese Leute wagen es. heute, den Juden den
lächerlichen Vorwurf zu machen, daß sie die' Weltherrschaft erstreben.
(S . Alliance Jsräölite , Lord Ndrthcliffe, Presse, Revolution .) . " )
Werner-Butzbach (früher Gießen), Prof ., s. Antisemitismus.
Westarp, Graf, -ons.- antisemitischerFührer, ' s. Deutschnat., Volksp.
Wichtl, Dr., „Weltsreimaurerei usw.", s. Freimaurer,. . , ;
Wilhelm H. und die Juden. i
W. Meister In dem. elenden Pamphlet . „Judas Schüldbüch" von W. Meister
„Judas
Schuld buch" liest man in dem Kapitel, das dem- letzten deutschen Kaiser .gewidmet
ist: ..Es ist auch ein Irrtum, daß . der Kaiser nur d a s O p für
' , ' '■' /.
%
f a .l scher R a t g d b e.r gewesen sei. . . .. . Er hätte einen solchen
^ Einfluß (von Ratgebern) nicht geduldet." -Kurz dar.arU heißt es nach
einem echt antisemitischen Saltomortale : „Es liegt Mp der Hand, 'daß
• der Kaiser . . . ein/Opfer der Byzantiner und damit (!) Judas wer¬
den m ü ß t e. . Es ist kein Wunder- daß . ;; . die Gedankenwelt
. ' - -- 119
/
„Ged. u, Eriun ." in - er /M Z." (191st, Nr . 62) . hierzu gab, hat,
Wilhelm II . sich dem Altreichskanzler gegenüber noch drast' scher aus-
gedrückt: „Mas hat mein Ministerpräsident .mi t Jude n und
Jesuiten zu Lmn ?" - ' ^ ' c
' Nach seiner Entthronung hat W. II . wieder seinen antisemiti¬
schen Neigungen die,Zügel,schießen lassen. Die von Stefan
Großmann
herausgegebene Berliner Zeitschrift ^.,Das Tagebuch" berichtet im Fe¬
bruar 1920 aus einem Briefe aus,Am er o it g en , daß dev Ex-Kmserv
sich lebhaft für Dinters Zeitroman „D i e S ü n^d e w i d e r d a s
B l u t" interessiert-habe. Er . habe sich eingehend mit seiner Umge¬
bung über das Buch unterhalten und zü seinem Prediger geäußert:
„So ist es, wie Dinter es in seinem Roman schildert. Nicht
d e u Ls che Volk hat mich . v e r r a Le n , so n dorn d , i e Idas- u-
d e n und I u d e n g e n o s s e it." Wenn ein Mann, ^der über die
währen Ursachen unseres Zusammenbrüchs und ' unseres Unglücks
besser unterrichtet sein mutz, als irgendeine andere Person in Deutsch-
-
land^ ein derartiges ungerechtes Urteil abgibt, so beweist er damit
nur , wes Geistes Kind er ist. , . , ', . ^
WmdLhorst gegetr den Antisemitismus , s. -d. ' - ' /
Wotankultus, s. Rassentheorien. ' .
Wucher
. - ^ ^
In älteren Aufgaben der Lutberschen Bibelübersetzung findet
man die Stelle Pauli 1. Kor. 14, 11 in folgender Form : „So ich
nun nicht weiß der Stimme Deutung , werde ich undeuLsch
dem, der da redet usw." Schlägt man nun die Stelle In .einer sein der
neueren Ausgaben degt Lutherschen
man dort das Wort „ undeutsch" Bibelübersetzung nach, so findet
durch , „u n d e u t l i ch" ersetzt.
Unser heutiger Sprachgebrauch kennt nicht mehr die. Bedeutung von
„undeutsch" in dem angeführten Sinne . Wenn nun an dieser
dem Bedeutungswandel zuliebe die entsprechende. Aenderung Stelle vor-
genommen worden ist, so- hätten die Herausgeber der Lutherschen
Bibelübersetzung genau so die Stelle 5,'Mos. ,19, 20,- die vom Zins -
n e h m e n handelt, Dem jetzigem Sprachgebrauch entsprechend untV.
ändern müssen. Die Stelle , lautetz dort wörtlich: ^ „Du sollst an'
deinem Bruder nicht tp u ch^e r n , weder mnt Geld," noch mit Speise,
damit man w u che r n kann. An dem Fremden magst du w u che r n,
aber nicht an deinem Bruder . Es ..sei ganz davon abgesehen,^
daß das Wort „Fremder " hier nur den im Auslände wohnenden
Fremden , nicht aber den im Lande lebenden bezeichnet; das wichtigste
ist, daß das Wort „wuchern" von Luther noch in seiner allgemeinen
Bedeutung - „Zins nehmen" angewendet- wurde . Genau diese Be¬
deutung hat das im hebräischen Urtext stehende Wort nesckeek Das
kanonische Recht der katholischen Kirche über das Verbot des Zins¬
nehmens ist' ja direkt dem mosaischen Recht entnommen, und gerade
unter der kirchlichen Anschauung, nach der Zins zu nehmen unerlaubt
war , entwickelte ja das Wort „Wucher" seine jetzige üble Bedeutung:
(Die ursprüngliche Bedeutung von Wucher' ist „Nachkomme".! Wenn,'
vdie Herausgeber der Bibelübersetzung Luthers , die ja in Tausenden
und aber Tausenden von Exemplaren überall unter derDrotestantischen
Bevölkerung verbreitet ist. schon längst, , wie es sich gehörte, an dör
in Betracht' kommenden Stelle 5, Mos 19, 20 das Wort „wuchern"
etwa durch „Zins nehmen" oder „Gewinn nehmen" ersetzt hätten,
so könnte es nicht Vorkommen, daß unsere Antisemiten unter Be-
rufung auf die genannte Stelle die unwahre Behauptung aufstellen-
j —/121 ' —
daß nach dem mosaischen Gesetz der Wucher bei den Juden nur
den Juden gegenüber verboten gewesen sei, daß also die jüdische
Religion den Wucher gegenüber .einem Christen gestatte. Der un¬
gebildete Antisemit hat ja gewöhnlich keine Ahnung von dem
. Bedeutungswandel der Wörter unserer Sprache ; ihm kommt auch
'nicht beim Lesen der Bidet oder von einzelnen Bibelstellen der >
Gedanke^ daß es sich dabei um Uebersetzungen handelt , sondern er
hält zumeist den ibm vorliegenden Text der Lutherschen Uebersetznng
- für das wirklich überlieferte Wort Gottes . Und der „gebildete"
Antisemit ist in den meisten Fällen noch leichtgläubiger, und er
geht gewöhnlich noch leichtfertiger zu Werke, sonst wäre er ja kein *'
Antisemit ^ _
Es ist u n w a h r , daß die Juden von jeher den Wucher betrieben
haben. Bis zur Zeit der Kreuzzüge hören wir in dieser Beziehung
Leine Anklage gegen sie. Erst als das spätere Mittelalter den Juden
vom Grundbesitz, Pom ehrbaren Handel und allen' anständigen Ge¬
werben ausschloß, wendeten sie. sich deirr Wucher und Schacher zu, um 4
ihr Leben zu fristen. Das Verleihen großer Geldsummen an die Vor¬
nehmen war für die Juden ein unentbehrliches Geschäft; wenn sie
dabei hohe Wucherzinsen nahmen, so ist dies zwar nichd'zu rechtferti¬
gen, aber aus der beständigen Gefahr, ihr Kapital zu verlieren, und
aus de ns.hohen Steuern - zu erklären. Wiederholt ^wurden durch ein¬
fachen Gewaltakt die bei Juden gemachten Anleihen für erloschen
erklärt. Die' Fürsten entwickelten mit der' Zeit ein raffiniert durch¬
dachtes System, den Im den das O d i um de s -W u ch er tr e i -
, b ens zu überlassen, den Vorteil der Wucherfrüchte aber selbst
- nach Belieben eiuzuheimsen. Sie sahen die Juden als <^ ache .an,
die verpfändet und ausgebeutet werden durfte.
. ^U.berhaupt wurde trotz des kanonischen Zinsverbots im Mittel¬
alter auch seitens der .Christen in großem Umfange Wucher getrieben.
Als der heilige Beruh a r d von Clairvaux im Jahre 1146
während des zweiten Kreuzzuges von der Verfolgung der Juden ab-
chahnte, wies "er darauf hin, daß die chr i stl i che n Wucherer,
'die man . eigentlich gar nicht Christen nennen könne, es noch,
schlimmer trieben , als die Juden.
^ Der sozialdemokratische Abg. San d s b e r g fällte 1917 im -
Reichstage ein erheblich milderes Urteil über die ^ eU^ a^^ l!te d^ ft^
licher Kreise am Wucher als der hl. Bernhard , indem er gegenüber
. .. dem antisemitischen Abg. Bruhn das bekannte Wort Prägte, daß der
Wucher eine i n t erk o ns e s s i o nelle Erscheinung ist.
Gerade der Krieg hat uns ja mit aller Deutlichkeit bewiesen, wie sehr'
rechtder Coupletrefrain einer alten Posse hat : - V
-T/, ;v >,Ob Chr4stian oder Jtzig, ' -
/ 4 Geschäft bringt ^ mal so.mit sich."
Wie vielem Fälle von L e b en s m i t t e l w u ch er könnten ge- '
. rade von Leuten aus den feudalsten Kreisen hier angeführt 'w.rdein
' Unvergessen ist ja der im Jahre 1917 verhandelte Wucherprozeß gegen
die Frau M e t a K u p f e r aus Leipzig, gegen deren arische W- Meta Kupfer '
, stammung nicht das geringste eingewandt werden kann. Unter den
.Hintermännern der Frau K. befanden sich auch einige jüdische. Kauf-
/ leute, viel viel größer aber war die Zahl der „Einleger" und „Ein- Kriegswucher
. Negerinnen", die gus arischen Kreisen stammten. Da waren vor -
allem mehrere Mitglieder der hannoverschen Großiudüstr'.ellenfamilie
Körting, zu der auch der bekannte Führer der Alldeutschen, Geh.
; Kommerzienrat Berthold K ö r t i n g , gehört. Von den adeligen
Teilnehmern seien nur .'die folgenden genannt: Fräu Helene
v. Knob l a uch, Frau Anna v.-S t rgntz , Frl . Marthcrv. T r es-
ckow, Frau .Waldowv^. W a hl / Frau Kunigundev. Wich L, Frau"
Edith v. Z aw a d sky, Rittmeister
- ä. .D. v. Z e ch, Baron Karl
v. Z e ch, Gräfin Ludmilla v? Z epp eli n , v. Ko Pp en f e l s.s /
Mulle, R., Direktor der , .Deutschen Ztg.", s. Deutschnat. Volksp
. /
' .'v . • ' ' ' - . . .■ •
Aentrum (Christliche Volkspartei , Bayrische Volkspartei
) und Anti¬
semitismus. '
Die Stellung der Etz r istlich stn V P., wie der offizielle Name