missa
solemnis
1. SYMPHONIEKONZERT
Eröffnungskonzert Musikfestival Bern
mediterrane blumen
Melanie JeanRichard
missa
solemnis
1. SYMPHONIEKONZERT
Eröffnungskonzert Musikfestival Bern
merci
Wir danken der KulturStadtBern, dem kanton bern, der regionalen kultur-
konferenz sowie der schweizerischen eidgenossenschaft für die Subventionen.
Das Engagement von Mario Venzago beim berner symphonieorchester wird
grosszügigerweise von der Burgergemeinde Bern finanziert.
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missa solemnis
1. symphoniekonzert
Eröffnungskonzert Musikfestival Bern
pause
komplet – Spätkonzert
DANIEL GLAUS *1957
«Redeuntes» (2011/13) (25’)
(Uraufführung, Auftrag des Berner Symphonieorchesters)
konzert
Di, 03. September 2013, 19:30
Mi, 04. September 2013, 19:30
berner münster
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Mario Venzago Dirigent Berner Symphonieorchester
MIRIAM CLARK sopran SOYOUNG YOON Konzertmeisterin
YVONNE NAEF alt
UWE STICKERT TENOR
ROBIN ADAMS BASS
TSCHECHISCHER
PHILHARMONISCHER CHOR BRNO
(EINSTUDIERUNG: PETR FIALA)
komplet – spätkonzert
Dirigierassistenz (Redeuntes)
SAXOPHONQUINTETT XASAX
Pierre-Stéphane Meugé,
Altsaxophon
Jean-Michel Goury,
Tenorsaxophon
saxophon
Serge Bertocchi,
Baritonsaxophon
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Eröffnung des
Musikfestival Bern 2013
und der Konzertsaison
des Berner Symphonie-
orchesters
Dienstag, 3. September 2013, 17:15, Chor des Berner Münsters
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Jürg Stenzl hat in Bern und Paris studiert und an der Universität Bern
promoviert. Er war künstlerischer Direktor der Universaledition Wien
und Professor für Musikwissenschaft an der Universität Salzburg. Die
Breite seines wissenschaftlichen Ansatzes und sein kritischer Blick so-
wohl auf die akademische Arbeit wie auf das aktuelle Kunstschaffen
sind beispiellos – und seine Analysen sind oft unbequem, aber immer
messerscharf.
Das Musikfestival Bern wird unterstützt von Kultur Stadt Bern, Kan-
ton Bern, Ernst Göhner Stiftung, Stanley Thomas Johnson Stiftung, Ar-
tephila Stiftung, Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Burgergemeinde
Bern, Bürgi-Willert-Stiftung. Lara Stanic, Artist in Residence des Musik-
festival Bern, wird unterstützt von der Gesellschaft zu Ober-Gerwern.
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mario
venzago
chefdirigent
berner symphonieorchester
Mario Venzago ist Chefdirigent
des Berner Symphonieorchesters,
Principle Conductor der Nor-
thern Sinfonia Newcastle, Artist
in Association bei der finnischen
Tapiola Sinfonietta sowie «Schu-
mann-Dirigent» der Düsseldorfer
Symphoniker.
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chester Berlin, das City of Birmingham Symphony Orchestra, das
Danish National Symphony Orchestra, Göteborgs Symfoniker, das
Residentie Orkest Den Haag und das Indianapolis Symphony Or-
chestra dirigieren.
Derzeit arbeitet Mario Venzago für sein Projekt «Der andere Bruck-
ner» gemeinsam mit dem Label cpo an einer Gesamtaufnahme al-
ler zehn Bruckner-Symphonien. Die bisher erschienenen Einspie-
lungen wurden von der internationalen Kritik bereits hoch gelobt.
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miriam
clark
sopran
Miriam Clark debütierte an der
Staatsoper Frankfurt als Köni-
gin der Nacht in Die Zauberflöte.
Sie sang Vitellia in La clemenza
di Tito und Fiordiligi in Cosi fan
tutte bei den Mozart-Festspielen
in Bad Reichenhall, Königin der
Nacht in Die Zauberflöte in Bre-
men, Humperdinck›s Dornröschen
mit dem Bayerischen Rundfunk-
Orchester unter der Leitung von
Ulf Schirmer, Armide in Händels
Rinaldo in St. Pölten, die Titelpartie in Gluck’s Armide in der Reaktor-
halle München. In der Spielzeit 2011 / 2012 debütierte sie als Norma
am Theater Dortmund und war in Carmina Burana beim internationa-
len Beethoven Festival in Bonn zu erleben, wo sie auch die Titelpartie
in Lakmé sowie Arminda in La Finta Giardiniera zu erleben war. 2012 /
2013 sang sie am Theater Bonn in einer Neuinszenierung die Titelpar-
tie in Bellinis Norma, Traviata sowie Donna Anna in Don Giovanni. Zur
Spielzeiteröffnung 2012/13 in Bern stand sie als Leonore in Beethovens
Fidelio unter Mario Venzago in einer Inszenierung von Joachim Schlö-
mer auf der Bühne.
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YVONNE
NAEF
MEZZOSOPRAN
Yvonne Naef gilt als eine der ge-
fragtesten dramatischen Mezzo-
Sopranistinnen, wie ihre gefeier-
ten Auftritte als Brangäne (Tristan
und Isolde) unter Sir Simon Rattle
an der Wiener Staatsoper oder
als Fricka in Wagners Walküre an
der Opéra National de Paris un-
ter Philippe Jordan eindrucksvoll
unter Beweis stellen. Mit der ihr
eigenen ausgefeilten Musikalität
und spritziger Komödiantik stell-
te sie sich dem Publikum des Opernhauses Zürich im März 2011 un-
ter der Stabführung Daniele Gattis zum ersten Mal als Mrs. Quickly
in Verdis Falstaff vor. Sie ist regelmässiger Gast der bedeutendsten
Opernhäuser und Konzertsäle und tritt mit einem breitgefächerten
Opernrepertoire (im französischen Fach und natürlich beinahe allen
Mezzopartien in den Opern Richard Wagners) am Opernhaus Zürich,
an den Staatsopern von Hamburg und Wien, am Teatro alla Scala,
bei den Festspielen von Bayreuth und Salzburg, am Covent Garden,
an der Opéra National de Paris und an der Metropolitan Opera eben-
so wie als gefragte Konzertsolistin in Wien, Berlin, München, Ham-
burg, London und New York auf. Häufig singt Yvonne Naef unter so
bedeutenden Dirigenten wie Pierre Boulez, Christoph Eschenbach,
Christoph von Dohnanyi, Bernard Haitink, Daniele Gatti, Semyon By-
chkov, Michael Tilson Thomas, Franz Welser-Möst, Marc Minkowski
und Jonathan Nott.
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UWE
STICKERT
TENOR
Uwe Stickert, im thüringischen
Sonneberg geboren, studierte
Gesang und Liedgestaltung an
der Hochschule für Musik «Franz
Liszt» in Weimar. Zwischen 2000
und 2002 war er an den Städti-
schen Bühnen Heidelberg enga-
giert, wo er u.a. als Tamino in der
Zauberflöte, Ferrando in Così fan
tutte und mit den Tenorpartien in
Rameaus Les Indes galantes zu hö-
ren war. Danach war der Tenor bis
2007 Ensemblemitglied am Deutschen Nationaltheater Weimar. Seit
2007 ist Uwe Stickert freischaffend tätig. Gastengagements führten ihn
unter andere als Don Ottavio in Don Giovanni ans Deutsche Nationalthe-
ater Weimar und ans Aalto-Musiktheater in Essen, wo er als Jupiter in
Dietrich Hilsdorfs gefeierter Inszenierung von Semele zu erleben war.
Bei der NRW-Kritikerumfrage 2008 bekam der Sänger für diese Partie
zwei Nominierungen als «Bester Sänger des Jahres.» In der letzten Spiel-
zeit gastierte der junge Tenor unter anderem als Arnold in Guillaume Tell
am Staatstheater Nürnberg, eine Partie, die er auch im Juli 2012 konzer-
tant an der Kölner Philharmonie singen wird. Des Weiteren debütierte
als Belmonte am Konzert Theater Bern. Uwe Stickert gastierte mit Wer-
ken von Händel und mit den grossen Bach-Passionen in ganz Deutsch-
land, Israel, Italien, China, der Schweiz und Frankreich. Dabei arbeitete
er mit namhaften Dirigenten wie Daniel Barenboim, Helmut Rilling,
Jac van Steen, Carl St. Clair und Christopher Hogwood zusammen.
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ROBIN
ADAMS
bass
Robin Adams, geboren in Eng-
land, studierte Gesang, Klavier
und Cello in England und Wien,
er erhielt den Liedpreis der Roy-
al Academy. Gastengagements
führten ihn u.a. ans Théâtre du
Châtelet Paris, nach Frankfurt,
Leipzig, Brüssel, Barcelona sowie
ans Edinburgh Festival und das
Covent Garden Festival London.
2011 debütierte er an der Mailän-
der Scala als Valmont im Zweiper-
sonenstück Quartett (UA, Luca Francesconi). Er ist Ensemblemitglied
in Bern, hier war er u.a. zu erleben als Conte in Le Nozze di Figaro, Ford
in Falstaff, Figaro in Il Barbiere di Siviglia, Eisenstein in Die Fledermaus,
Belcore in L’ Elisir d’amore, Faninal in Der Rosenkavalier, Demetrius in
A Midsummer Night’s Dream, Marcello in La Bohème und der Fernseh-
produktion La Bohème im Hochhaus, Titelpartie in Eugen Onegin. 2010/11
sang er den Pedro in Wut, Léandre in L`Amour des trois Oranges, Titelpar-
tie in Don Giovanni, Frank / Fritz in Die tote Stadt, Nick Shadow in The
Rake`s Progress, Jupiter in Orpheus in der Unterwelt, Enrico Asthon in Lucia
di Lammermoor und Guglielmo in Così fan tutte sowie die Cross-Over-
Abende Robin & Friends.
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TSCHECHISCHER
PHILHARMONISCHER
CHOR BRNO
EINSTUDIERUNG: PETR FIALA
Der Chor hat schon mehrfach mit Mario Venzago zusammen gearbei-
tet, u.a. mit der Missa Solemnis. In Bern ist der Chor zum zweiten Mal
zu Gast, zuletzt 2010 mit Mahlers 2. Symphonie unter Eliahu Inbal.
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XASAX –
Ensemble de
saxophones modulable
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VINCENT
DE ROGUIN
Pipé comme suit
Entstehung
2013
Uraufführung
03. September 2013, Berner Münster
Spieldauer
ca. 20 Min.
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Der junge Westschweizer Komponist und Medienkünstler Vincent
de Roguin arbeitet bevorzugt in einem Feld, das in der Vergan-
genheit des Öfteren Anlass bot zu heftigen ästhetischen Debatten
und Kontroversen: In den 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts
entstand eine Form von Geräuschmusik, die mit Klängen aller Art
arbeitet. Das können Alltagsgeräusche, Stimmlaute, Verkehrslärm,
Instrumententöne und vieles Andere sein. Diese Klänge aus Natur,
Technik und Umwelt werden mit dem Mikrophon aufgenommen.
Das auf Band aufgezeichnete klangliche Rohmaterial kann dann
beliebig geschnitten, mit technischen Mitteln manipuliert, ver-
fremdet und schliesslich neu zusammengesetzt werden. Der fran-
zösische Ingenieur Pierre Schaeffer, ein Pionier auf diesem Gebiet,
nannte diese Form der Klangkomposition «musique concrète». An-
fangs wurde diese Stilrichtung nicht einmal als Musik akzeptiert –
weder vom breiten Publikum noch von der künstlerischen Avant-
garde der Neuen Musik. Pierre Boulez etwa bezeichnete diese Art
der Klangerzeugung abschätzig als «Bastelarbeit». Dieser Disput be-
ruhigte sich allmählich, als immer mehr KünstlerInnen die neu-
en Möglichkeiten elektronisch erzeugter Musik erkundeten. Aber
noch lange wurde die kreative Beschäftigung mit Elektroakustik
als bewusste Abgrenzung zur klassischen Instrumentalmusik und
somit zum ‹normalen› Komponieren empfunden.
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deln, umgekehrt werden Orchesterinstrumente so eingesetzt und
kombiniert, dass die entstehende Musik einen artifiziellen An-
strich erhält, der an elektronische Klänge gemahnt. Gleichsam als
Vermittler zwischen Orchester- und Lautsprechermusik setzt de
Roguin ein Magnet-Tonband ein: Es wird zwar wie ein Instrument
live von einem Spieler manipuliert, gibt aber via Lautsprecher
elektronische Klänge wieder, die auf bearbeiteten Aufnahmen der
menschlichen Stimme basieren.
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LUDWIG
VAN BEETHOVEN
Missa solemnis op. 123
Entstehung
1819–1823
Uraufführung
St. Petersburg, 18. April 1824
widmung
Erzherzog Rudolph
Spieldauer
ca. 75 Min.
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Die Missa solemnis (lat. für «feierliche Messe») hat Beethoven einst
als sein grösstes Werk bezeichnet. Sie gehört aber zweifellos nicht
zu den bekanntesten Stücken des Meisters, auch wenn sie im buch-
stäblichen Sinne unser Bild des Komponisten entscheidend mitge-
prägt hat: Das wohl berühmteste Portrait Beethovens zeigt ihn bei
der Niederschrift der Messe. Dennoch fällt es uns schwer, in Beet-
hoven einen gläubigen, womöglich demutsvollen Kirchenmusiker
zu erkennen – mit Recht: Obgleich katholisch getauft, war Beetho-
ven zeitlebens kein Kirchgänger. Überliefert sind hingegen zahlrei-
che Hinweise auf seine sehr kritische Haltung der Institution Kir-
che gegenüber. Diese gelegentlich spöttische Distanz war offenbar
auch ein Grund für das ambivalente Verhältnis zu seinem Lehrer
Joseph Haydn, der ihn offen als «Atheisten» bezeichnet haben soll.
Der Entschluss zur Komposition der Missa solemnis im Jahr 1819
entsprang denn auch zunächst weniger einem religiösen Bedürf-
nis als ganz praktisch-strategischen Gründen: Erzherzog Rudolph,
der jüngste Bruder von Kaiser Franz I., ein Schüler und wichtiger
Mäzen Beethovens wurde in diesem Jahr zum Erzbischof der Stadt
Olmütz erwählt. Die Messe sollte im Rahmen der Bischofsweihe
uraufgeführt werden, doch im Arbeitsprozess wuchs das Werk
schnell über die Dimensionen kirchlicher Gebrauchsmusik hin-
aus. Beethoven konnte die Messe für den Anlass nicht fristgerecht
vollenden und überreichte seinem Gönner erst 1823, drei Jahre
später als geplant, ein Werk, das unterdessen monumentale und
bekenntnishafte Züge angenommen hatte.
Allein von den äusseren Dimensionen her ist die Missa solemnis
total ungeeignet für die Integration in einen Gottesdienst. Nach
E.T.A. Hoffmann ist eine solche Verwendung im liturgischen Rah-
men dem Stücks auch nicht angemessen, denn «diese Musik ist ja der
Kultus selbst, und daher eine Missa im Konzert, eine Predigt im Theater.»
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Ganz offensichtlich drückt sich in dem Werk Beethovens vom frei-
heitlichen Denken der Aufklärung bestimmtes Glaubensverständ-
nis aus. Er stellt sein Werk letztlich ganz bewusst nicht in den
Dienst der Institution Kirche, sondern richtet sein persönliches
Glaubensbekenntnis, seinen Friedensappell und seine Botschaft
von der Sorge um die gebrechliche, bedrohte Welt direkt an die
Menschheit – insofern sind die 9. Symphonie und die Missa so-
lemnis Schwestern im Geiste. Das Faszinierende speziell an der
Messe ist aber andererseits, dass Beethoven bei allem subjektiven
Ausdruckswillen trotzdem stets die Verankerung in der Tradition
sucht. In allen fünf Sätzen dominiert kunstvoll konzipierte Viel-
stimmigkeit, die sich im Gloria und im Credo zu breit angelegten
Fugen verdichtet. Die grossen Vorbilder der alten polyphonen Kir-
chenmusik des 17. und 18. Jahrhunderts treten an solchen Stellen
in Dialog mit Beethovens blockhafter, in die Romantik weisender
Schreibweise.
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Handschriftliche Bestätigung Beethovens an den Schott Verlag vom
22. Januar 1825 für deren Exklusivrechte
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DANIEL
GLAUS
Redeuntes
Entstehung
2011 (Teil I) / 2013 (Teil II)
Uraufführung
03. September 2013, Berner Münster
Spieldauer
ca. 25 Min.
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Ganz eng verflochten mit den räumlichen Gegebenheiten des
Berner Münsters ist das dritte Stück des Abends. Kaum jemand
sonst dürfte mit der Akustik und den klanglichen Eigenheiten der
riesigen Kirche derart vertraut sein wie Daniel Glaus, Komponist
und Münsterorganist. Redeuntes, ein Auftragswerk von Konzert
Theater Bern, ist eine Komposition über diesen Kirchenraum, der
in den beiden Stückteilen nicht nur buchstäblich von innen und
aussen und von oben bis unten bespielt wird, sondern auch selbst
mitspielt.
Daniel Glaus greift dieses Formprinzip auf und dehnt seine klang-
lichen Dimensionen zu einer umfassenden Raummusik aus: Der
erste Teil des Werks spielt sich draussen ab. Bläserformationen
bespielen Vertikale und Horizontale des Münsters, die Instrumen-
talistInnen sind auf den Türmen und auf dem Vorplatz positioniert
und bewegen sich teilweise beim Spiel, so dass eine Art Klangka-
leidoskop entsteht, das sich ständig wandelt. Ins Instrumentalspiel
mischen sich die sieben Glocken des Münsters. In der Folge wird
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ein besonderer räumlich-klanglicher Effekt für die Zuhörer im
Innenraum inszeniert: In einem Introitus zieht das gesamte Or-
chesterensemble von verschiedenen Seiten her in die Kirche ein
und überdeckt dabei immer mehr die Glockenklänge – die Wahr-
nehmung von Innen und Aussen verschiebt sich. Im Innenraum
übernimmt das Orchester quasi die Rolle der Orgel. Es teilt sich
auf in fünf Untergruppen, die wie die verschiedenen Orgelwerke
in der ganzen Kirche verteilt werden. Im zweiten Teil des Stücks
entwickelt sich so wiederum ein Spiel mit Nähe und Distanz in
verschiedenen Klangschichten. Im ganzen Stück bezieht sich das
musikalische Material auf den charakteristischen Klang des Glo-
ckenschlags. Glaus hat die überaus komplexen Frequenzspektren
der Münsterglocken genau vermessen und lässt die Instrumente
diese im ersten Teil detailgetreu nachbilden. Im zweiten Teil wan-
delt Glaus die Spektren ab und erfindet gleichsam neue, imaginäre
Glockenlaute. Die symmetrische Form dieses Stücks, die in einem
grossen Crescendo und anschliessendem Diminuendo besteht,
greift den Ruf zum Gottesdienst auf, in den eine Glocke nach der
anderen einstimmt und der bei der Zusammenkunft der Gemein-
de allmählich wieder verklingt.
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ROLAND
moser
«wal» für schweres Orchester mit fünf Saxophonen
Entstehung
1980–1983
Uraufführung
27. Mai 1983, erstmals öffentlich gespielt im Rahmen einer
«öffentlichen Produktion» von Radio DRS im Volkshaus Basel;
Basler Sinfonieorchester, Saxophon-Quintett Iwan Roth; Mario
Venzago, Leitung.
16. Mai 1984, Konzert-Uraufführung Tonhalle Zürich; Tonhalle
Orchester, Saxophon-Quintett Iwan Roth; Mario Venzago, Leitung.
Spieldauer
ca. 25 Min.
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Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr der Titel eines Musik-
stücks die eigene Wahrnehmung psychologisch beeinflussen kann.
Zu Beginn des Orchesterstücks Wal von Roland Moser erklingen
im tiefen Register leise, eigentümlich harmonisierte Klangflächen
der Streicher und Holzbläser, die sich langsam nach oben wälzen,
sogleich wieder in seufzerartigen Glissandi absinken und in einem
tiefen Grundton verklingen, der in einem dumpfen Pizzicato-Ton
der Bässe nachhallt. Der Beginn des Stücks gemahnt an einen Na-
turlaut, der Gedanke an die geheimnisvoll faszinierenden Gesänge
der Ozeanriesen liegt nahe. Der Komponist selbst legt aber Wert
auf die Feststellung, jegliche Form von «Anklängen an die grossartigen
und absolut unnachahmlichen Walgesänge» in seinem Werk absichtlich
vermieden zu haben. Objektiv betrachtet finden sich denn auch in
der Komposition eigentlich keine Stellen, die sich ohne grosse ana-
lytische Verrenkungen als musikalische Imitationen von Wal-Lau-
ten interpretieren lassen – ganz anders etwa als in George Crumbs
Vox Balaenae von 1971. Und doch drängt der Titel die eigene Hörer-
wartung unwillkürlich in Richtung solch naturalistischer Lesart.
Die eigentliche Idee hinter dem Stücktitel wird durch die Beset-
zungsbezeichnung deutlich: Das zwischen 1980 und 1983 entstan-
dene Werk ist gesetzt «für schweres Orchester mit fünf Saxophonen.»
Laut Moser liegt dem Stück teilweise ein Gedicht von Günter Her-
burger (Der Gesang der Wale) zu Grunde, das folgendermassen
beginnt: «Grosse, viele Tonnen schwere Tiere // ständig in ihrer Nahrung
schwimmend // und leise nach sechzig, siebzig Jahren sterbend, // als sei es
nun genug, (...)». Der riesige Klangapparat des vollbesetzten, eben
«schweren» spätromantischen Symphonieorchesters wird symbo-
lisch gleichgesetzt mit diesen tonnenschweren Tieren. Gleichzei-
tig macht Moser in der Behandlung des Orchesters auch die in
Herburgers Gedicht ausgedrückte Verletzlichkeit eines solchen
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Giganten fühlbar. Er nutzt den Riesenapparat kaum je zur unge-
hemmten Kraftentfaltung, sondern erzeugt stetig wechselnde, oft
ganz fragile Klangtexturen. Häufig werden dabei Instrumente so-
listisch oder in kammermusikalischen Gruppen verwendet. Das
Saxophonquintett etwa bildet eine solche eigene Untereinheit, die
Moser auf verschiedene Arten einsetzt: mal aufgehend im Orches-
terklang, dann wieder selbständig hervortretend als autonomer
Organismus, quasi als kleineres Tier gegenüber dem Giganten-
Orchester.
Das Stück ist in acht Teile gegliedert, die einander ohne Pause fol-
gen. In diesen ‹Sätzen›, deren Abgrenzung voneinander aber beim
ersten Anhören meist kaum identifizierbar ist, werden verschie-
dene Klangkonstellationen ausgebreitet und durchgespielt. Schar-
fe Kontraste, etwa wenn auf statische, breit aufgefächerte helle
Klangflächen des vollen Orchesters kompakte, quirlige Passagen
des solistischen Saxophonquintetts folgen, sorgen für intensive
Farbwirkungen. Ganz unabhängig vom poetischen Titel bleibt
letztlich als wesentliches Thema des Stückes die kompositorische
Auseinandersetzung mit den Phänomenen Klang und Klangkörper
in der Wahrnehmung haften.
Leopold Dick
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herzlich willkommen
beim berner
symphonieorchester
Johannes von Bülow studierte Viola bei Prof. W. Stehle an der Univer-
sität der Künste Berlin. Er ist Mitglied im Bülow Quartett, mit dem er
regelmässig konzertiert. Mehrmals trat er auch als Solist mit Orchestern
auf und spielte Werke von Hoffmeister, Debussy und Spohr. Auf inter-
nationalen Meisterkursen erhielt er Unterricht beim Amadeus Quartett,
dem Alban-Berg-Quartett, dem Smetana Quartett, dem Bartok Quartett
und Hermann Menninghaus. Von 2008 bis 2010 war er Stipendiat der
Orchesterakademie bei den Münchner Philharmonikern, in den folgen-
de Spielzeiten musizierte er beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin,
der Badischen Staatskapelle Karlsruhe und der Deutschen Radio Phil-
harmonie Saarbrücken Kaiserslautern. Als Aushilfe wird er vom Rund-
funkorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Württembergischen
Kammerorchester Heilbronn, dem Stuttgarter Kammerorchester, der
Oper Zürich und dem Luzerner Sinfonieorchester eingeladen.
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Julia Christiansen Bibliothekarin
Eintritt: 01. Mai 2013
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Mihaela Despa Pauke Solo
Eintritt: 01. Februar 2013
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Goran Kostic Kontrabass Stv. Solo
Eintritt: 01. Januar 2013
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Milko Raspanti Trompete Solo
Eintritt: 01. Januar 2013
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das konzert theater bern
Verabschiedet und bedankt sich bei
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mitglieder des BSO
1. Violine Alexis Vincent (1. Konzertmeister), N.N (1. Konzertmeis-
ter), Isabelle Magnenat (2. Konzertmeisterin), FiÓna-Aileen Kraege
(2. Konzertmeisterin), Theresa Bokany (2. Konzertmeisterin), Anara
Baimukhambetova, Elisabeth Becker-Grimm, Sandrine Canova, Aline
Faller, Aina Hickel, Anna Holliger, Alexandru Ianos, Stefan Meier,
Jeanne de Ricaud, Michael Rubeli, Christian Scheurlen, François Theis,
György Zerkula, N. N.
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Oboe Adam Halicki (Solo), Doris Mende (Solo), Stilian Guerov (stv.
Solo, Englischhorn), Catherine Kämper (Englischhorn Solo), Tania Morado
Ramos*
* Praktikanten
** Praktikanten 1. und 2. Violine
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Nachweise
Impressum
Liebe Konzertbesucher, liebe Konzertbesucherinnen, bitte achten Sie darauf,
dass Ihr Mobiltelefon während des Konzertes ausgeschaltet bleibt.
Bild- und Tonaufnahmen sind nicht gestattet. Besten Dank für Ihr Verständnis.
Die Texte wurden exklusiv für dieses Programmheft geschrieben.
Preise: Einzelheft: chf 5,– im Vorverkauf und an der Abendkasse
bildnachweise
Ludwig van Beethoven, Porträt von Ludwig Karl Stieler, auf dem der Meister eine
Partitur der »Missa Solemnis« in Händen hält, 1820, wikicommons | Vincent de Ro-
guin, zVg | Daniel Glaus, zVg | Roland Moser, Renate Wehrli, Zürich | Mario Venza-
go ©Alberto Venzago | Miriam Clark, zVg | Yvonne Naef , ©Marco Borggreve | Uwe
Stickert, zVg | Robin Adams, ©Philipp Zinniker | Tschechischer Philharmonischer
Chor Brno, zVg | Xasax, zVg | Handschriftliche Bestätigung L. van Beethovens an
den Schott Verlag, 22. Januar 1825 für deren Exklusivrechte, wikimedia commons
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Ein packendes Klangfest
Das Berner Symphonieorchester und der Oratorienchor
beim Neujahrskonzert im Kulturcasino
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Nägeligasse 4 | 3011 Bern | Tel 031 329 51 04 | severin.barmettler@konzerttheaterbern.ch
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Uhren · Bijouterie · Eigene Uhrmacher und Goldschmiede
Spitalgasse 14 · Bern · Telefon 031 311 23 67 · info@zigerli-iff.ch