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SYMBOLISMUS, IMPRESSIONISMUS,

FIN DE SIÈCLE, WIENER MIDERNE


(1890 – 1920)
Sprachskepsis, Dinggedichte,
innerer Monolog und Kaffeehausliteratur

DER AUFBRUCH IN DIE MODERNE


Realisten, Naturalisten, Arbeiterdichtung, Kitschromane und eine neue Strömung

 letzten Jahre des 19. Jh. gelten als philosophischer und literarischer Beginn der Moderne
 keine philosophischen und literarischen Strömungen mehr, wie in früheren Epochen (Klassik,
Romantik, Realismus)
 nun Vielfalt von Weltanschauungen, literarischen Stilen, Denksystemen
 Realisten wie Fontane, Wilhelm Busch und Wilhelm Raabe schreiben weiter Romane und
humoristische Satiren
 Andererseits erscheinen naturalistische Manifeste und Werke von Hauptmann und Holz
 Arbeiterdichtung entwickelt sich parallel dazu, gesellschaftliche Veränderungen betont
politisch dargestellt
 weitere Komponenten sind seichte Unterhaltungs-, Kitsch- und Heimatromane
 Gedichte von Stefan George (1868 – 1933), Rainer Maria Rilke (1875 – 1926), frühe Dramen
und Gedichte von Hugo von Hofmann (1874 – 1929) und Dramen von Arthur Schnitzlers
(1862 – 1931) sind Werke der neuen Literatur, die Realismus, Naturalismus und politischem
Engagement skeptisch sind

Viele Begriffe für ein künstlerisches Anliegen

 Zentren dieser neuen Strömung sind Berlin, München und Wien – hier herrscht kein Mangel
an Schlagwörter für die Bezeichnung
 Impressionismus, Symbolismus, Wiener Moderne, junges Wien, Décadence, Fin de Siècle sind
einige der geläufigsten Orientierungsbegriffe
 Begriffe, welche Kunst und Literatur bezeichnen, welche sich weigert, Wirklichkeit realistisch
oder kritisch – naturalistisch abzubilden
 Gedanke, Kunst von Nachahmung der Realität müsse sich distanzieren sowie von politisch
oder sozialem Motiviertem Engagement
 Dichter wie Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Charles, Baudelaire (1821 – 1867)
 große Anreger der Epoche Ernst Mach (1838 – 1916) und Sigmund Freud (1856 – 1939)

Nietzsche: „Die Kunst, nichts als die Kunst!“

 Religion, Moral, Ethik, Philosophie und Wissenschaft als Sinn im Leben? – Nietzsche verneint
dies
 „Durchschnittsmensch“ möge dies Orientierung liefern, für Nietzsche aber ein Wesen das
bloß dahinvegetiert
 „Übermensch“ überwinden den Durchschnittsmenschen und entkommen der Geistlosigkeit
 religiöse, politische oder moralische Art darf solche Kunst nicht haben, denn es gehe um den
„Kampf gegen ihre Unterordnung unter der Moral“
 Symbol für Nietzsche ist der Ekstatische griechische Weingott Dionysos
Baudelaire: Was Kunst ist, ist nicht Natur, was Natur ist, ist keine Kunst.

 Für französische Dichter Charles Baudelaire, Kultur als Resultat von Planung, Kreativität – als
„Sieg“ über die ursprüngliche Natur – gilt auch für Literatur
 bedeutet Ferne zur Natur – nicht Annäherung an sie durch Nachahmung
 Literatur muss eigene Wirklichkeit durch die Sprache schaffen
 Eingebungen zum Schreiben für Baudelaire mit Hilfe durch Inspiration von Alkohol – und
Drogenrausch
 „Stoff“, „Thema“ und „Inhalt“ eines literarischen Textes nicht von Bedeutung – Dichtungen
setzen sich aus Worten zusammen, nicht aus Ideen
 befreite Poesie soll dadurch entstehen
 Werke von Arthur Rinbaud, Paul Verlaine und Stéphane Mallarmé, durch diese
Kunstanschauung geprägt

Mach: Das Ich ist nichts als eine Verbindung von Empfindungen

 Ernst Mach eher als Physiker als mit der Literatur im Zusammenhang bekannt
 Für die Dichter der Wiener Moderne, Mach als Philosoph des Impressionismus
 Mach bestimmt Dinge der Realität als Komplex, welche ständig wechseln – gilt auch für
unsere Persönlichkeit
 Mensch, Bündel aus wechselnden Empfindungen, Wahrnehmungen und Einflüssen
 empfinden des Ichs als Konstant durch die Langsamkeit der Änderung
 Ideen Machs wirken sich besonders auf die Literatur von Hugo von Hofmannsthal und Peter
Altenberg

Freud: Es, Ich und Über – Ich

 Frage, wie die menschliche Persönlichkeit „Funktioniert, zentrales Thema der Psychoanalyse
von Sigmund Freud
 Analysen von Träumen der Patienten und während Gesprächen entwickelt er seine Idee von
der Bedeutung des Unbewussten
 80 – 90% der Entscheidungen stammen aus dem Unbewussten
 These später zur Theorie der dreischichtigen menschlichen Persönlichkeiten
 Auseinandersetzungen zwischen Es, Ich und Über – Ich bestimmen die Persönlichkeit
 Es, stark von Sexualität und Aggression bestimmt, durch Wunsch von Verwirklichung
 Über – Ich, „Gewissen, moralische Instanz, spiegelt Wertvorstellungen einer Gesellschafft,
moralische Grenzen durch Gut und Böse definiert – Gegenspieler des Es
 dass ich zwischen dem Es und dem Über – Ich

Das Gesellschaftliche Umfeld

 Wien, Paris und Berlin – Zentren Europas zur Jahrhundertwende


 Einwohnerzahl Wiens, innerhalb von 50 Jahren von 400.000 auf 2 Millionen gestiegen –
Arbeitssuchende der Monarchie strömten in die Stadt
 Jüdische Bürger durch wirtschaftliches und kulturelles Leben geprägt
 Arthur Schnitzler, Karl Kraus, Stefan Zweig, Peter Altenberg und Egon Friedell, einige
bedeutende Namen aus der Literatur
 Antisemitismus als Mittel, Nationale und Soziale Spannung auf die Juden
 Hermann Bahr, Wegbereiter der Wiener Moderne, bezeichnet Antisemitismus als
„ Morphium der kleinen Leute“
Die prägenden Künste

 Künstlerische Leistungen der Metropole Wien waren herausragend


 Arnold Schönberg und dessen Schüler Anton Webern und Alban Berg sprengten mit Musik
die Grenzen der Harmonie
 Secessionisten suchten Gesamtkunstwerk von Malerei, Architektur und Kunsthandwerk zu
verwirklichen und der Kunst freiem Platz in Gesellschaft zu sichern
 Devise Gustav Klimmt, Egon Schieles, Kolo Mosers, Josef Hoffmanns und Otto Wagners: „Der
Zeit Ihre Kunst. Der Kunst Ihre Freiheit“

SCHREIBEN IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN KUNST UND REALITÄT


Das „Nervöse“ muss in die Literatur

 Hermann Bahr, bahnbrechend für Literatur der Wiener Moderne


 durch Reise nach Frankreich, Symbolismus kennengelernt
 1891, Essay „die Überwindung des Naturalismus“ erschienen
 Naturalismus nur eine „Episode der Verirrung“
 Literatur müsse sensibel sein, das „Nervöse“ des Menschen zur Sprache bringen – also das
Seelenleben des Menschen
 verlorene Freude in die Kunst

Die Kultivierung der Sensibilität bleibt ein Privileg

 Beobachtung des Innenlebens, genießen ästhetischer Sinneswahrnehmungen brauchen


soziale Grundlage – gesicherte Existenz
 Autoren des Fin des Siècle aus der Schicht des wohlhabenden Bürgertums
 Diese musste nicht auf Verkauf und Publikumswirkung Ihrer Werke zielen
 Kultivierung des Ästhetischen verbannt sich mit Naivität gegenüber sozialem und politischem
Fragen

Die Demonstration und der Dichter

 1. Mai 1890, erstmals Demonstrationen von Arbeitern und Arbeiterinnen in Wien


 Versammlung am Nachmittag während Arbeitszeit im Prater – Fernbleiben galt als
„Vertragsbruch“ und war ein Entlassungsgrund
 Hugo von Hofmannsthal (16 Jahre) kommentierte die Versammlung in einem spontanen
Gedicht

Der Innere Monolog: Sensibilität in einer neuen Form

 Arthur Schnitzler, „Erfinder“ der neuen Schreibweise die ins Innerste der Figuren sieht
 Gedanken, Assoziationen, Eindrücke werden im inneren Monolog wiedergeben
 Darstellung des Innenlebens meist erotische und sexuelle Motive
 „Traumnovelle“, Dramen wie „Anatol“, „Liebelei“ und „Reigen“ – Beispiele dafür

Lyrik als Höhepunkt als Sprachkunst

 Lyrik besonders zum Festhalten von Stimmungen und Andeutungen geeignet


 unkonventioneller Satzbau, ungewohntes, ausgesuchtes Vokabular kennzeichnen viele
Gedichte
 Exklusivität der Sprache nimmt nicht Rücksicht auf Verständlichkeit
 „Sinn“ bleibt oft dunkel
 Gedichte haben die Bedeutung, die ihnen der Leser gibt
 „Terzinen über Vergänglichkeit“ von Hugo von Hofmannsthal und die Texte Rainer maria
Rilkes, Beispiele für Lyrik

Das Kaffeehaus als Künstlertreffpunkt

 In Wien, weder große Literaturverlage noch private literarische Salons als Treffpunkt für
Literaten – Kaffeehaus zum Treffpunkt
 Peter Altenberg gilt als der typische Kaffeehauspoet – heute als Pappmascheefigur im Wiener
Café

Café und literarische Gattung

 kleine Tische, verschiedene Konversationen, wechselnde Wahrnehmungen durch das


Kommen und Gehen – typische Bedingungen beim Schreiben im Café
 Charakteristisch für die Wiener Moderne sind literarische Kurzformen – Skizzen, Novellen,
Essays
 Kaffeehaustradition bis heute fortgesetzt

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