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Die Gegenwartsliteratur – mit Österreichschwerpunkt

Sprachkritik, „Frauenliteratur“, Schockdramen, Österreichkritik; die Literatur


der sprachlichen Minderheiten und der Immigranten

Literarische Österreichkritik
Kritik an Österreich hat Tradition

 Grillparzer hatte gegen das Aufführungsverbot seines Dramas protestiert und die Behörden
mit überlegenem Witz lächerlich gemacht
 Nestroys Drama „Freiheit in Krähwinkel“ hatte sich mutig gegen den Habsburger-
Absolutismus gewandt, und dieser ist knapp dem Gefängnis entkommen
 Karl Kraus hatte die Kriegshetze der Monarchie angegriffen, viele Aufsätze seiner Zeitschrift
„Die Fackel“ stellten Repräsentanten der Ersten Republik an den Pranger
 Ernst Jandl hatte in „Heldenplatz“ die Bereitschaft vieler Österreicher demaskiert, sich von
der NS-Demagogie blenden zu lassen

„Anti-Heimat par excellence“

 Essayist Robert Menasse mit seinem Essay „Das Land ohne Eigenschaften“ qualifiziert mit
scharfen Worten seine Heimat Österreich
 Franz Innerhofer schildert in „Schöne Tage“ aus der Perspektive eines unehelichen Kindes,
das zugleich als Dienstbote und „Leibeigner“ gehalten wird und zum Bettnässen Zuflucht
nimmt, die unterdrückende Welt der Bauern der 50er- und 60er Jahre
 „Schattseite“ 1975, „Die großen Wörter“ 1977, beschreiben die enttäuschende Flucht vom
Bauernhof in das Dorf und die Stadt
 Unterdrückung, Tod, Zerfall herrschen auch in den Romanen von Josef Winkler wie
„Menschenkind“, „Der Ackermann aus Kärnten“
 ausgehend von persönlichen Erfahrungen, die Darstellung der Schwierigkeiten
homosexueller Lebensformen in der ländlichen Welt

Österreichkritik im Aufmerksamkeitsboom

 Kritik an Politik und Staat hatte nur zahlenmäßig geringen Schichten der Theaterbesucher
und tatsächlichen Leser erreicht
 Kritik von Autoren wie Thomas Bernhard oder Elfriede Jelinek äußern Kritik in ihren Werken,
ereiferte jedoch die gesamte Öffentlichkeit
 Zumeist negative Stellungnahme
 Leserbriefseiten strotzten von Vokabel wie „Nestbeschmutzer“, „Vernaderer“, „Gesindel“
 Eine sachliche Auseinandersetzung mit der literarischen Arbeit fehlte meist
Frauenliteratur
Literatur von Frauen für Frauen und Männer

 1981 erscheint unter dem Titel „Auf/Schrei/ben“ im Wiener Frauenverlag eine Anthologie
mit ausschließlich von Frauen geschriebenen Texten
 Kennzeichen aller diese Texte ist, dass sie in der persönlichen Erfahrung und Betroffenheit
der Autorinnen wurzeln
 Barbara Frischmuth, sieht den Zusammenhang zwischen persönlicher weiblicher Erfahrung
und Schreiben als neue literarische Herausforderung
 Die Aspekte dieses „weiblichen Sehaktes“ sind vielfältig
 Weibliche Selbstbestimmung, Darstellung der weiblichen Sexualität, die Kritik an den
Erziehungsinstitution wie Schule und Familie oder die Benachteiligung von Frauen in der
Arbeitswelt
 Richtet sich nicht nur an Frauen, auch kritisch an die Männer

„Frauenliteratur“: kein umstrittener Begriff

 Manche Autorinnen wollen ihre Werke nicht als „Frauenliteratur“ bezeichnet sehen
 Lehnen den Begriff ab, mit dem Hinweis, dass kaum jemand auf die Idee käme, von einer
Männerliteratur zu sprechen
 Beide sind vielfältig, dass man sie nicht mit einer simplifizierenden Etikette bekleben dürfe
 Befürworterinnen betonen, dass der Begriff auf die lange Ausgrenzung der Frauen aus der
Literaturgeschichte hinweisen soll
 Keine Selbstverständlichkeit

Im politischen Vorfeld: die Frauenbewegung

 Aufschwung der „Frauenliteratur“ verläuft parallel zu den emanzipatorischen Bestrebungen


der Frauenbewegung
 Die Frauenbewegung erhebt die Forderung, nicht nur auf politische und wirtschaftliche
Ungerechtigkeiten zu achten, denen sowohl Männer als auch Frauen ausgesetzt sind
 Unterdrückung der Frau durch Sprache
 Feministische Bewegung
 Einflussreiche Publikationen: „Emma“, „Klassenliebe“, „Häutungen“, „Mitteilungen an den
Adel, „Wie kommt das Salz ins Meer“

Im literarischen Vorfeld: Ingeborg Bachmann und Marlen Haushofer

 Ingeborg Bachmann hat sich selbst nie als Feministin bezeichnet, sich politisch von der
Frauenbewegung distanziert und sich ihre Texte nicht als unmittelbar autobiographisch lesen
lassen
 Bachmann beschreibt die Zurichtung von Frauen durch die patriarchale Gesellschafft
 Besonders deutlich wird die Dominanz des Mannes über die Frau in den „Prosa-Werken“
 Der Psychiater Leo Jordan vernichtet seine Frau Franza, indem er ihre Psyche bis ins kleinste
Detail seziert
 Ihre Würde und Individualität beraubt, setzt Franza ihrem Leben selbst ein Ende
 Marlen Haushofer – Beziehungslosigkeit, Kälte und die Versuche, aus der traditionellen
Frauenrolle auszubrechen, charakterisieren die Frauengestalten ihrer Romane
 In „Himmel, der nirgendwo endet“ (1966) führen Schläge der Mutter und Streitigkeiten
zwischen Mutter und Vater zu Selbstverletzungen eines aus der Kindheit vertriebenen
Mädchens
Die Schule

 Die Schule als Erziehungsinstitution wird ein weiteres Thema der schreibenden Frauen
 „Die Klosterschule“ (1968) von Barbara Frischmuth (1941) zeigt die Erziehungsmethoden und
Rollenvorbereitungen einer Internatsschule für Mädchen

Die Mütter

 Erziehungsproblematik ist ein großes Thema der Frauenliteratur


 Wie werden Mädchen auf ihre Rolle der Gesellschaft vorbereitet?
 Welche Rollen sollen sie spielen?
 Die wichtigste Erziehungsinstitution ist zunächst die Familie
 „Die Klavierspielerin“ – über die psychische Zerstörung der Tochter durch ihre Mutter
 „Die Züchtigung“ über drei Generationen hinweg die Ausweglosigkeit von Frauen

Die Väter

 Wenn es um Väter geht, so sind diese kaum mehr die Tyrannen


 Viel eher sind die Väter real oder emotional aus den Familien verschwunden, die Töchter auf
der Suche nach ihnen
 Die Beziehung zum Vater ist auch Thema geworden im Roman „Nackte Väter“ von Margit
Schreiner
 Schreiner verfolgt den Lebenslauf des toten Vaters, von dessen Tod zurück
 Zentrum der Darstellung ist seine Hilfslosigkeit als Alzheimer-Patient, Symbol seine
Nacktheit, die er nicht mehr wahrnimmt

Beziehungen und Hoffnungen

 Benachteiligung von Frauen in der Arbeits- und Männerwelt ist der Gegenstand von Elfriede
Jelineks Roman „Die Liebhaberinnen“ 1975
 Frau muss sich auf einen zweifachen Markt werfen
 Arbeitsmarkt und Heiratsmarkt
 Frau wird zur Ware
 Perspektive für Frauen sind Ehebeziehungen
 Meist Ehe eine Enttäuschung
 Frauen, deren Leben sich zwischen Kinderwagen, Fabrikarbeit und Einmachgläsern abspielt,
sind die Heldinnen im 2009 erschienen Erzählband „Schneckenkönig“ von Eugenie Kain
(1960-2010)

Geld, Macht und Erfolg

 Scharfe Kritik an einer Gesellschaft, das Geld als neue Gottheit regiert und gerade Frauen von
Wirtschaft und Werbung ausgenützt werden
 Texte von Kathrin Röggla wie „Abrauschen“ und „wir schlafen nicht“ agieren keine Individuen
mehr
 Elfriede Jelinek führt die Gier nach Geld vor

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