El gaucho
I - Primeras 5 estrofas
1. Zur Gitarre will ich singen, denn wer vor übergroßem Leid und Kümmernissen schlaflos
bleibt, der tröstet sich, indem er singt,
5. so wie's dem Vogel Tröstung bringt, singt er in seiner Einsamkeit.
Helft mir, Heilige im Himmel, mein Gedächtnis zu beleben, die Gedanken anzuregen
10. und meinem Geiste Klarheit schenkt, jetzt, da's mich vorzusingen drängt die Geschichte
meines Lebens.
All ihr Heil' gen wunderwirkend, kommt zu Hilfe, seid nicht müde,
15. denn schon wird mein Auge trübe und es knotet sich die Zunge;
Beistand jetzt, in rauher Stunde ich von meinem Gott erbitte.
25. Dort wo'n andrer Criollo' durchkommt, steht auch für Fierro keine Wand;
Gespenster machen ihn nicht bang, er schreckt vor keinem Ding zurück und, da nun jeder
singt sein Stück
30. ertöne hier auch mein Gesang.
II - Primeras 5 estrofas
115. Man erzähl' mir nichts von Trauer, denn das Trauern ist mein Leben;
keiner soll sich überheben, auch wenn er heut' im Bügel steht:
Selbst ein gewitzter Gaucho geht
120. schnell einmal zu Fuß im Leben.
Erfahrung sammelt grad genug zum Schenken, oder zum Verleihn, wem Leid und Tränen
fülln das Sein, denn nichts lehrt besser und lehrt mehr
125. als eine Zeit, die tränenschwer, als eine Zeit voll Not und Pein.
295. Gemütlich wie im Vogelnest, lebte ich in meiner Hütte, froh in meiner Kinder Mitte, die
an meiner Seite blühten...
Unglücksraben ist beschieden,
300. nachzutrauern früh' rem Glücke.
305.Mein großer Kneipenauftritt"» war's, in den rappelvollen Hütten ein paar Gläschen
Schnaps zu kippen, denn bechwipst da lass' ich fließen
- wie der Born lässt's Wasser schießen - Versefluten von den Lippen.
315.Die, die schon Erfahrung hatten, konnten sich verdünnisieren, dieses wollt' ich nicht
probieren, ich bin ja zahm, 's gab keinen Grund, also blieb ich ganz ruhig, und ließ mich
ohne Kampf kassieren.
IV - últimas 6 estrofas.
Mein Fall stand offensichtlich schlecht, und ich wollt' nicht insistieren;
765. friedlich zu koexistieren
mit hohen Herren ist stets gut, und so hielt ich es für klug, rückwärts marsch, zu retirieren.
770.Das hat der Kommandant erfahrn und mich am nächsten Tag bestellt;
da sagte er mir, er behält sich vor, zu klären diesen Streit; es sei nicht wie zu Rosas' Zeit,
man schulde keinem mehr sein Geld
775. Zwecks Befragung ließ er kommen den Korporal und den Sergeant; frug mich, als sei's
ihm nicht bekannt, ob Fohlen", halbwild", Königspferd» der Gaul war, der einst mir gehört,
780. und mit dem ich zur Truppe kam.
Das war alles Theaterdonner, und mit solchen falschen Spielen wollten sie den Wanst sich
füllen mit dem Inhalt meines Säckels,
785. doch, wenn ich's dem Oberst stecke, lässt man angepflockt mich brüllen
Was konnt' ich tun, ich war für sie ein Nandúküken nackt und schwach;
795. sich totzustelln schien angebracht;
ums nicht völlig zu vergeigen musst' ich schlafmützig mich zeigen, dabei bin ich doch
ziemlich wach.
VI - primeras 7 estrofas
Wir kommen jetzt erst zu dem Teil, der ganz besonders schmerzt und nagt, obwohl mein
ganzer Lebenspfad als Unglückskette sich erwies:
935. Verletzte Seelen freuen sich, wenn sie besingen was sie plagt.
Es war die Zeit, als man begann alle Pferde einzufangen, das Soldatenvolk zu sammeln
940. und es im Quartier zu lassen.
Die Indianer überraschen, war das Ziel vom Unterfangen.
Bei diesem Feldzug dürften wir voll Hoffnung sein und Zuversicht, denn ein Minister von
Gewicht käm' unverzüglich zu uns her.
„Don Ganza'*, sprach der
Kommandeur,
„, heißt dieses hochberühmte Licht
965. In derlei Fallen geht niemals ein Fuchs von meiner Qualität;
Minister kommt, Minister geht.. darauf kann ein Outlaw pfeifen.
Stramm mein Heer von Bleistiftstreifen beim Kneipwirt in den Büchern steht.
970.Ein ausgeschlafner Gaucho war ich immer, stets bereit und fix.
Ich bin ein Mann ! „Hergott, verflixt !" dem nichts und niemand Angst gemacht.
Bin aufrecht und aus eigner Kraft aus jeder Klemme ausgebüxt.
Wie eine Lusche lief ich rum, ziellos, um's mal so zu sagen,
1125. ein Stromer sei ich, sagten sie und begannen mich zu jagen.
Pech und Unglück schrumpfen niemals, nein, sie blühen, wachsen, leben, und so sah ich
mich gezwungen
1130. schleunigst Fersengeld zu geben
.
Rancho, Frau, besaß ich nimmer, und war dazu noch Reserteur,» keinen Peso mehr im
Gürtel, und keine gute Kleidung mehr.
IX - Primeras 5 estrofas
Ich zog herum, war vogelfrei, blieb Häusern fern, und nur bei Tag hab' ich mich an sie
rangewagt, aber stets, wie die Caranchos,
1395. spähte ich vom Dach des Ranchos64
ob nicht der Polizeitrupp naht.
Wie 'n gehetzter Fuchs soll leben, Gaucho, der in Schwierigkeiten, bis auch ihn die Hunde
kneipen,
1400. ist er mal nicht auf dem Sprunge;
selbst ein aufgeweckter Junge schafft's nicht, fehlerfrei zu bleiben.
Kommt am Nachmittag die Stunde, wenn alles döst, und 's scheinen will,
1405. als stünd' die Welt ganz plötzlich still, schleicht er zur verborgnen Stelle tief im Schilf,
und seine Seele ist mit Betrübnis angefüllt.
Cruz
X - Primeras 5 estrofas
1705. Und mit Hilfe mancher Kniffe, schaff ich's - zwar zerlumpt - zu leben, spiel' den
Räudigen" mal eben, obwohl ich frei von Pickeln bin; wie zum Puffmais Dicke streben,
1710. zieht's mich zum Trinkhornmunde" hin.
Mich bringt kein Leid, kein Kummer um, solang' die Haut noch heil am Leib; die Sonne
schein' zur Sommerszeit, soll der Reif im Winter kommen.
1715. Ist die Welt zur Höll' verkommen, was sorgt sich dann die Christenheit ?
XI - Primeras 6 estrofas
Aus andren sprudeln Strophen rasch wie Quellwasser, in stetem Schwall; nun, so ist's auch
in meinem Fall, obgleich ich fürcht', dass sie nichts wert, entspringen sie doch unbeschwert
1890. dem Mund wie Schafe dem Korral.
Kaum sind die ersten durch das Tor, so folgen schon die nächsten nach, die hintren
drängeln massenhaft, gegen die Pfosten springen sie, rennen sich um und dennoch, nie
versiegt des Stromes Fluss und Kraft.
Auch wenn ich ungebildet bin und mühsam mit der Sprache rauf, mach' ich den Schnabel
schließlich auf, dann können Sie ganz sicher sein:
Kaum tritt heraus der erste Reim, steckt schon sein Maul der nächste raus.
Wenn Sie aufmerksam jetzt lauschen, hören Sie, wie ich erzähle von dem Schmerz in
meiner Seele, denn mit dem Blut, das in ihm fließt, wird - weil er ungebildet ist - der Gaucho
zahln auf alle Fälle.
Nach jenem Unglück hielt ich mich im tiefen Schilfdickicht versteckt, bin zwischen Disteln
rumgetreckt" wie 'n heimatloses Wesen eben;
Freund, das ist vielleicht ein Leben, das bestenfalls ein Tier erträgt.
Reichtum wollten sie gewinnen mit Land, das an der Grenze liegt, wie diese man dahin
verschiebt, wo jetzt noch alles brach und leer, und wie von den Bezirken her man Leute zur
Verteid' gung schickt.
Siedlungen und Schienenstränge, aus allem wird heut ein Projekt; in angeworbne Gringos
steckt man Tausende, und unverfrorn zieht man das Fell über die Ohrn armen Soldaten….
Oh, verreck'!
Wenn's weiter läuft so wie bisher, kann es geschehn, dass wir einmal den Kamp vorfinden,
wüst und kahl, nichts als Leere ohnegleichen, wo der Toten Knochen bleichen, ein
unwirtliches Jammertal.
Sie tun grad so, als fänden sie keinen Ausweg aus der Lage, doch den Gaucho, ohne Frage,
presst Obrigkeit mit hartem Griff.
Die falsche Therapie gewiss,
wählen sie für diese Plage.
Martín Fierro
„Ich zerschlage die Gitarre" sprach er, will sie nie mehr stimmen, niemals mehr soll sie
erklingen, das sei euch hiermit kundgetan, wenn dieser Gaucho einmal sang, soll ein andrer
nicht mehr singen
La vuelta de Martín Fierro
I - Primeras 4 estrofas
Die Stille möge aufmerksam, die Aufmerksamkeit still verharrn, denn ich will euch jetzt
offenbarn
2320. -lässt mich's Gedächtnis nicht im Stich-das, was noch fehlte vom Bericht und was das
Beste ist daran.
Bei der Rückkehr aus der Steppe befindet man sich wie im Schlaf;
2325. mal sehn, ob edler Hörerschaft ich auch alles gut verklare, und beim Spüren der
Gitarre, jetzt aus meinem Traum erwach'.
2335. Werden's auch nicht einunddreißig, die dreißig aber, schaff ich glatt,» wenn ich dies'
Selbstvertrauen hab' ist's, weil die Gabe des Gesangs schon mit dem Wasser in mich drang,
2340. das bei der Taufe mich umgab.
II - Primeras 2 estrofas
2485. Traurig ist's, lässt man die Heimat und zieht fort in fremde Gegend, eine Seele mit
sich schleppend mit Qual und Schmerz voll bis zum
Rand;
wie der Pampero® treibt den Sand,
2490. treiben Zwänge uns durch's Leben.
XV - Primeras 4 estrofas
Er sprach kaum, war stets verschlossen, schien Vergnügen dran zu haben, Brandzeichen
in'n Staub zu graben,
4620. wozu er seinen Finger nahm;
wenn er dann seinen Rausch bekam, fing er an mir gut zu raten
.
Mir ist's, als säh' ich ihn vor mir, den Calamaco-Poncho! an;
4625. wenn er 'nen guten Zug getan, fing er an mit solchen Worten:
„Halt' dich niemals auf an Orten, wo magre Hunde sich dir nahn."
4635. „Schmeichle dich beim Herrn Richter ein, gib ihm keinen Grund zum Klagen, und
merkst du, dass ihm platzt der Kragen,
mach' dich ganz klein, denn es ist gut zum Kratzen, wenn es jucken tut,
4640. einen dicken Pflock zu haben."
Ein Vater, der sein Kind berät, ist mehr als Vater, ist ein Freund.
Als solcher rat' ich: Schlaft nicht ein,
6915.
seht euch stets vor, seid aufgeweckt, denn niemand weiß in welchem Eck sich der verbirgt,
der euer Feind.
Keine andre Schule hatt' ich als ein unglückliches Leben; geht mir mal etwas daneben,
6920. dann wundert euch darüber nicht; nur wenig wissen wird gewiss, wer beim Lernen
aufgegeben.
Lasset den, der euer Freund ist, niemals zwischen Pflöcken liegen;» doch um nichts sollt ihr
ihn bitten,
6950. Zuviel erwartet von ihm nicht:
Der treu'ste eurer Freunde ist die Ehrbarkeit, sie gilt's zu hüten.
Es ist nicht gut, packt uns die Angst, wenn Gier am Kragen uns erwischt;
6955. also verliert nicht ' Gleichgewicht, gehn Gut und Geld den Bach hinab; lasst nie im
Stich den, der nichts
hat, und bietet an dem Reichen nichts.
Viel verliert der Mensch im Leben, manches lässt sich neu erringen, doch dies muss ich
euch verkünden, behaltet's gut in eurem Ohr:
7005. Wenn man einmal die Scham verlor, lässt sie sich nie wieder finden.