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Ein Service von Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung

Seeröschens Abenteuer
Eine Geschichte von Kathrin Lena Orso mit Illustrationen von Nima Kellner,
erschienen bei ellermann im Dressler Verlag.

„Seeröschen … Seeröööschen!“

Die kleine Wasserelfe Seeröschen

drehte sich in ihrem Algenbett herum

und blinzelte.

Wer machte denn hier in der Früh so einen schrecklichen Krach?

Die ganze Nacht hatte sie in ihrem neuen Abenteuerbuch geblättert.

Wenn in der Wasserelfen-Stadt schon nichts los war, wollte Seeröschen

wenigstens beim Lesen etwas erleben.

Sie zog sich die Algendecke über die Nasenspitze, um weiter von ihren

Lieblingsgeschichten zu träumen.

Doch daraus wurde nichts, denn jetzt rief jemand direkt in ihr Ohr:

„Seeröschen, du musst unbedingt aufstehen!“

„Skippi“, grummelte Seeröschen und schaute mit einem Auge unter ihrer

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Decke hervor.

„Ich will schlafen, und zwar mindestens bis zum Mittagessen.“

„Na gut", sagte Skippi und schwamm in Richtung Tür.

„Dann muss ich wohl alleine Prinz Paddelpatsch aus den Fängen des Drachen

befreien!“

Seeröschen setzte sich kerzengerade im Bett auf.

„Was hast du da gesagt? Jemand muss gerettet werden?"

„Ja!“ Skippi nickte eifrig.

„Es wird ein mutiger Held gesucht, der gegen den Drachen kämpfen will.

Bisher hat sich noch niemand gemeldet.“

Skippis Augen weiteten sich, und er flüsterte: „Der Drache ist bestimmt sehr

gefährlich.“

Seeröschen spürte, wie eine Welle der Aufregung durch ihren Körper strömte:

Sie, Seeröschen, die kleine Wasserelfe, würde es mit dem Ungeheuer

aufnehmen und den armen Prinzen Paddelpatsch retten.

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Jetzt war sie wirklich wach.

„Was brauchen wir für unsere Rettungsaktion?“, überlegte Seeröschen und

begann, in ihren Sachen zu kramen.

Sie zog ein Schwert hervor.

„Das auf jeden Fall! Drachen werden immer mit Schwertern besiegt!“

Dann schlüpfte sie in ihr Ritterhemd, das sie oft zum Spielen trug.

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Heute würde sie allerdings nicht nur im Spiel eine Heldin sein.

Seeröschen sah Skippi erwartungsvoll an.

„Kann’s losgehen?"

„Ich bin bereit“, rief Skippi. „Spring auf meinen Rücken!“

Eigentlich konnte Seeröschen ja sehr gut selbst schwimmen, aber was würde

sich der Drache denken, wenn die Heldin nicht auf ihrem Seepferdchen

angeritten kam?

Nein, nein. Bei einem Abenteuer musste schon alles seine Ordnung haben!

Skippi schwamm mit Seeröschen durch die Straßen der Wasserelfen-Stadt,

und Seeröschen erzählte allen, die sie trafen, stolz von ihrem Vorhaben.

„B-b-b-bist du dir da ganz sicher?“, fragte der Zitteraal.

„Ich hab gehört, dass Drachen auch unter Wasser Feuer spucken können!“

„Ja, und sie haben riesige Giftzähne", rief eine Muschel und verschloss sich

vor Schreck sofort wieder.

„Pah, der soll nur kommen, der Drache!“, rief Seeröschen und schwang ihr

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Schwert.

„W-w-w-wenn du meinst. Viel Glück!", sagte der Zitteraal und verschwand in

seiner Höhle.

Kurze Zeit später ließen die beiden Abenteurer die Wasserelfen-Stadt hinter

sich und erreichten die Seegras-Prärie.

Skippi hielt an und drehte seinen Kopf zu Seeröschen um.

„Hier kenne ich mich nicht mehr aus. Keine Ahnung, wo es weitergeht.“

Seeröschen stieg von seinem Rücken.

Weit und breit war niemand, den sie nach dem Weg hätten fragen können.

„Wärst du so nett, von meiner Flosse runterzugehen?“, fragte plötzlich eine

tiefe Stimme unter ihr.

Seeröschen sah zu Boden und entdeckte einen Rochen.

Schnell sprang sie zur Seite.

„Verzeihung, aber deine Haut sieht genauso aus wie der Sand“, sagte

Seeröschen.

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Der Rochen hob seinen Kopf.

„Damit schütze ich mich vor meinen Feinden. Was macht ihr beiden denn hier

draußen in der Seegras-Prärie?“

„Wir wollen Prinz Paddelpatsch aus den Fängen des Drachen befreien! Weißt

du vielleicht, wo wir ihn finden können?“

Seeröschen sah den Rochen fragend an.

„Wollt ihr das wirklich?" Der Rochen schwamm um sie herum.

„Niemand traut sich in die Nähe der Drachenhöhle, denn von dort hört man

die schaurigsten Geräusche.“

„Oh ja, das klingt genau nach der Höhle, die wir suchen!", rief Seeröschen

glücklich.

„Dann will ich euch nicht im Weg stehen."

Der Rochen deutete mit seiner Flosse nach links. „Folgt diesem Pfad. Wenn

die Umgebung felsiger wird, seid ihr fast am Ziel.“

Seeröschen stieg wieder auf Skippis Rücken.

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„Bist du aufgeregt?“, fragte sie.

„Ein bisschen schon", antwortete Skippi.

„Dieser Drache scheint ja echt gefährlich zu sein.“

„Aber wir sind gefährlicher!", wollte Seeröschen gerade sagen, als sie eine

große Felsenhöhle vor sich sah.

Aus ihrem Inneren drang ein fürchterliches Röcheln.

„Die Drachenhöhle", flüsterte Skippi, und Seeröschen spürte, dass er ein

bisschen zitterte.

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„Hörst du das? Dieser Drache muss riesengroß sein!“

„Aber wir sind zu zweit", sagte Seeröschen entschlossen. „Bereit?"

Skippi schluckte. „Ja, ich bin bereit."

Die beiden schwammen auf die Höhle zu.

Seeröschen zog ihr Schwert und rief: „Zeig dich, du wildes Untier!“

Die Antwort war ein schauriges Röcheln.

An der Höhlenwand sah Seeröschen einen Schatten, der immer näher kam.

Der Drache! Jetzt gab es kein Zurück mehr.

„Herrjemine, pack doch dieses Ding weg“, sagte eine Stimme.

„Am Ende verletzt du noch jemanden.“

Seeröschen und Skippi sahen sich verwirrt an.

Vor ihnen war kein Drache, sondern ein oranger Fisch aufgetaucht.

Skippi fand zuerst seine Stimme wieder.

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„Wirst du auch von dem Drachen festgehalten? Wir können dich beschützen!“

Der Fisch runzelte die Stirn.

„Was redet ihr denn da? Hier gibt es keinen Drachen. Da hat wohl wieder

irgendjemand ein falsches Gerücht in die Welt gesetzt. Hier wohne nur ich:

Detlef Drachenkopf.“

Jetzt verstand Seeröschen gar nichts mehr.

„Aber dieses schreckliche Geräusch, das da aus deiner Höhle kommt … Ist

das kein Drache? Wir sind doch da, um Prinz Paddelpatsch aus seinen

Fängen zu befreien.“

„Pff …“

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Detlef Drachenkopf schnaufte so fest aus, dass lauter Blubberblasen aus

seinen Kiemen stiegen.

„Da musst du eher mich befreien. Dieser Faulpelz Prinz Paddelpatsch hatte

mich darum gebeten, sich kurz in meiner Höhle ausruhen zu dürfen. Das war

vor drei Wochen! Seitdem schläft er auf meinem Seeschwammsofa und steht

nur auf, um meine Vorräte wegzufuttern.“

Seeröschen lauschte noch einmal nach dem schrecklichen Röcheln.

Tatsächlich: Wenn man genau hinhörte, klang es wie ein Schnarchen.

„Warum hast du ihn nicht einfach rausgeworfen?“, fragte Skippi.

Detlef Drachenkopf seufzte.

„Ich hab es ja versucht, aber alleine schaffe ich es nicht. Da sich keiner mehr

in die Nähe meiner Höhle gewagt hat, konnte mir auch niemand helfen. Ich

bin wirklich froh, dass ihr gekommen seid!“

Seeröschen und Skippi folgten Detlef Drachenkopf in die Höhle.

Auf einem kleinen Sofa hatte sich Prinz Paddelpatsch eingerollt und

schnarchte so laut, dass die Wände wackelten.

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Seeröschen rüttelte an Prinz Paddelpatsch.

„Hey, aufwachen!"

Prinz Paddelpatsch schmatzte und drehte sich zur anderen Seite.

„Nur noch fünf Minuten!“

Detlef Drachenkopf seufzte.

„Ich hab wirklich schon alles versucht, aber er will einfach nicht aufstehen.“

Seeröschen dachte kurz nach, dann hatte sie plötzlich eine Idee.

Sie holte ihr Schwert heraus und kratzte damit langsam an der Höhlenwand

entlang.

Ein kreischendes Geräusch war zu hören, von dem Seeröschen selbst eine

Gänsehaut bekam.

Prinz Paddelpatsch schreckte auf. Er saß kerzengerade auf dem Sofa und

sah sich verwirrt um.

„Wie … was … wo?"

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Skippi gab ihm einen Schubs.

„Aufstehen, Prinz Paddelpatsch! Schwimm nach Hause!“

Die drei schoben den verwirrten Prinzen mit vereinten Kräften zur Höhle

hinaus, und Detlef Drachenkopf seufzte erleichtert.

„Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll. Endlich wieder Ruhe in meiner

Höhle!“

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„Das haben wir gern gemacht", sagte Skippi.

Seeröschen grinste.

„Es war zwar anders als erwartet, aber trotzdem ein richtiges Abenteuer.“

Seeröschens Abenteuer
Geschichte aus: Blubberfisch und flotte Flossen
Autor: Kathrin Lena Orso
Illustration: Nima Kellner
Verlag: ellermann im Dressler Verlag
Alterseinstufung: ab 5 Jahren
ISBN: 978-3-7514-0020-6

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