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Der Hype um die Berliner

Sie haben nicht nur viele verschiedene Namen. Jetzt gibt es sie
auch wieder in vielen verschiedenen Varianten. Was macht die
süßen Stückchen so populär? Von Claudia May
LEICHT
Deutsch perfekt TRADITIONEN  65

D
das K¶rn, ¿er  die F„stenzeit, -en 
eutschland ist bekannt plötzlich aufgehört, Eier zu legen. Auch ,  harte, kleine Frucht: Man , hier: Zeit von Ascher-
für seine vielen verschie­ den Kühen war die Fastenzeit ziemlich macht sie sehr klein und mittwoch bis Ostern: Man
denen Brotvarianten. Au­ egal – sie haben weiter Milch produziert. stellt daraus z. B. Brot her. isst aus religiösen Motiven
weniger oder nur spezielle
ßerdem gibt es in jeder Die Menschen haben also versucht, so normalerweise 
Speisen und Lebensmittel.
,  ≈ meistens: Das ist
Bäckerei immer Berge von viele dieser Lebensmittel wie möglich normal. (der [schermittwoch, -e 
Brötchen: hell oder dunkel, mit Körnern – vor der Fastenzeit zu essen. Ohne Kühl­ ,  erster Tag nach dem
das Gebæck, -e 
oder auch ohne. Normalerweise sehen schrank war es nämlich kompliziert, die Karneval)
,  Speise: Man hat sie
Kundinnen und Kunden diese nicht nur Produkte aus der Fastenzeit zu konser­ gebacken, z. B. Kuchen. verz“chten auf 
, hier: freiwillig nicht
hinten im Regal, sondern auch vorn in vieren. Auch wenn Christen in der Fas­ der Hefeteig, -e 
essen
der Vitrine. Es gibt aber eine Zeit, da sind tenzeit an Sonntagen alles essen dürfen. ,  ≈ weiche Substanz zum
Backen, z. B. aus Mehl, Was- das Huhn, ¿er 
diese exklusiven Plätze klar für ein an­ Die Berliner waren eine praktische ser oder Milch, Ei, Salz und/ ,  Vogel: Er legt Eier, und
deres Produkt reserviert: Berliner, auch Antwort auf das Problem. So konnte oder Zucker und Hefe der Mensch isst sie.
bekannt unter den Namen Krapfen, Ber­ man noch viele Lebensmittel verbrau­ (das Mehl, -e  (legen 
liner Pfannkuchen oder Kräppel. Sie sind chen. Außerdem hat das süße Gebäck ,  weiße Substanz aus , hier: ≈ aus dem Körper
typisch für die fünfte Jahreszeit – den nicht wenig Kalorien. Deshalb konnten Pflanzen: Aus ihren Früch- drücken)
ten macht man z. B. Brot.)
Karneval. Deshalb ist das traditionelle die Menschen die Fastenzeit auch noch die Kuh, ¿e 
(die Hefe, -n  ,  weibliches Rind
Gebäck aus süßem Hefeteig zurzeit fast gestärkt beginnen. Und leckeres Essen , hier: helle Substanz aus
überall zu finden. war vor den sechs Wochen Fastenzeit produzieren 
Mikroorganismen: Sie hilft
,  machen; herstellen
Aber woher kommt der ziemlich populär. z. B. beim Backen.)
verbrauchen 
Berliner Pfannkuchen? Die Fastenzeit ist für die Pf„nne, -n 
Der Name sagt es schon: Auch wenn der die meisten Deutschen ,  ≈ nicht tiefer Topf
,  ≈ benutzen, bis von einer
Sache nichts mehr da ist
Er kommt aus Berlin –
und aus einer Pfanne.
Karneval wegen heute nicht mehr wichtig.
Außerdem gibt es genug
der Z¢ckerbäcker, - 
,  süddt., österr. Person:
gestærkt 
, hier: mit neuer Energie;
Die Legende erzählt: Corona diesmal Kühlschränke – und auch
Sie stellt beruflich Torten
und Kuchen her.
so, dass man vorher viel
gegessen hat.
Ein Zuckerbäcker aus die­ anders ist: mit zu wenig Kalorien hat der König, -e 
die Untertreibung, -en 
ser Stadt hat im Jahr 1756 kaum noch jemand Pro­ , Monarch
die Idee zu dem Gebäck. Die Berliner bleme. Trotzdem gibt es wehruntauglich 
, von: untertreiben
≈ hier: etwas als weniger
Erst will er unter König gibt es überall. die Tradition der Berliner ,  ≈ so, dass man wegen
Problemen mit der Gesund-
wichtig zeigen, als es in
Wirklichkeit ist
Friedrich II., auch bekannt in der Karnevalszeit im­ heit nicht Soldat sein darf
als Friedrich der Große, mer noch. die F•llung, -en 
(der Soldat, -en  , hier: Substanz: Man gibt
als Kanonier arbeiten. Das darf er aber Aber das ist schon fast eine Unter­ ,  Person: Sie kämüft in sie in den Berliner.
nicht – er ist nämlich wehr­untauglich. treibung: Das süße Gebäck ist nicht nur Uniform für ihr Land.)
das g„nze Jahr über 
Bei der Armee bleiben darf er trotzdem: geblieben. Es gibt aktuell immer mehr die Kanonenkugel, -n  ,  in der Zeit vom ganzen
als offizieller Bäcker! Varianten davon. ,  ≈ kleiner Ball aus Metall: Jahr
Man schießt ihn aus einer
Der neue Bäcker ist glücklich. Und Angefangen hat alles mit einer Fül­ Kanone.-
die Silv¡sternacht, ¿e 
als Dank designt er die ersten Berliner lung aus Marmelade. Das ist der Klassi­ ,  letzte Nacht im Jahr;
(schießen  Nacht vom 31. Dezember
Pfannkuchen – in der Form einer Kano­ ker. Diesen „normalen“ Berliner gibt es ,  ≈ z. B. eine Pistole zum 1. Januar
nenkugel. Und weil er keinen Ofen hat, in deutschen Bäckereien das ganze Jahr benutzen)
die Kokosnuss, ¿e 
tut er die runden Stücke aus Hefeteig in über. Im Norden des Landes ist der Klas­ (die Kanone, -n  ,  Frucht von der Ko-
eine Pfanne mit heißem Fett. Die hängt siker mit Marmelade auch in der Silves­ ,  ≈ schweres, langes kospalme
Gerät: Man kann damit weit
er dann über ein Feuer. ternacht besonders populär. schießen.)
die H“mbeere, -n 
Fotos: Rischart/Stefan Randlkofer; Asterina/Shutterstock.com

Aber warum essen die Deutschen Die spezielleren Varianten liegen aber ,  ≈ kleine, süße, rote
der Ofen, ¿  Frucht
die Berliner heute im ganzen Land be­ wirklich nur zur Karnevalszeit in den , hier: ≈ Gerät: Darin kann
die Erdnuss, ¿e 
sonders fleißig an den Karnevals­tagen? Vitrinen. Je weiter man in den Süden man z. B. Brot backen.
,  ≈ hartes, kleines Ding:
Dafür gibt es eine einfache Erklärung: kommt, desto größer ist das Angebot. das F¡tt, -e  Man kann es essen, und es
Nach den Festtagen beginnt die christli­ Und da gibt es eigentlich nichts, was es ,  organische Substanz: Sie wächst unter der Erde.
gibt dem Körper Energie;
che Fastenzeit. Dieses Jahr startet sie am nicht gibt: Berliner mit Schokolade, mit Lipid
(w„chsen 
17. Februar. In der Fastenzeit sollen Vanillepudding, mit Karamell, mit Ko­ , hier: groß werden und
Früchte tragen)
Christen auf viele Dinge verzichten. Frü­ kosnuss oder mit Eierlikör sind nur ein
(die Erde  
her waren das zum Beispiel Lebensmittel paar Beispiele. Es gibt auch leckere Kom­
,  braune oder schwarze
wie Fleisch, Eier, Butter und Mehl. binationen aus Vanille und Himbeere, Substanz: Pflanzen brau-
Wohin aber mit den frischen Lebens­ Erdnuss und Karamell oder dunkler chen sie zum Leben.)
mitteln? Die Hühner haben ja nicht Schokolade mit Banane.
66 TRADITIONEN Deutsch perfekt

s“ch lohnen  der Leberkäse 


Natürlich haben die meisten tolle Na­ ganz genau so aus wie die typischen Ku­ , hier: ≈ gut sein, dass man ,  ≈ regionaltypische Wurst
men, wichtig für das Marketing: Der geln mit süßer Füllung. Erst beim Essen etwas macht aus Rind- und Schweine-
Kunde kann in der Bäckerei deshalb eine schmeckt man den kleinen, aber feinen fleisch
der S¡nf, -e 
„heiße Liebe“ bestellen – und die Kundin Unterschied. ,  gelbbraune, manchmal entf¡rnt 
scharfe Substanz: Sie ist aus ,  in einer Distanz von
auch ein „Piano“. Und: Dabei ist nicht nur Wenigstens war dieser Berliner dann harten, kleinen Früchten der
die Füllung wichtig. Auch oben auf den wahrscheinlich sehr viel teurer. Denn je s„tt 
Senfpflanze gemacht.
,  so, dass man genug
süßen Kugeln ist eine oft extravagante ungewöhnlicher die Kugel ist, desto hö­ je …, d¡sto …  gegessen hat
Dekoration zu sehen. her ist auch ihr Preis. Deshalb bekommen , hier: wenn …, dann …
Natürlich kaufen viele Menschen bei Kinder meistens „nur“ die günstigeren ¢ngewöhnlich 
diesen vielen Varianten oft mehr als ein Klassiker mit Marmelade. Denn eine , hier: speziell

Exemplar. Sie möchten gern verschiede­ Vanille-Himbeere-Kombination kostet


ne Varianten probieren. Das wissen auch schnell zwei Euro pro Stück – oder mehr.
die Bäckerinnen und Bäcker: Für Spezi­ Aber die Kundinnen kaufen auch die
al-Berliner gibt es von ihnen Spezial-Ak­ teuren Varianten. Und viele freuen sich
tionen mit Spezial-Preisen. Zum Beispiel jedes Jahr auf neue extravagante Ideen.
vier Stück zum Preis von drei. Oder zehn Und manche Bäcker haben wirklich sehr
zum Preis von acht. kuriose Ideen.
Für die Bäckereien lohnt sich das: Vor zwei Jahren hat zum Beispiel der
Krapfen sind zur Karnevalszeit überall Bäcker Florian Perkmann in Miesbach
gern gesehen. Kolleginnen bringen sie (Bayern) einen Krapfen mit Leberkäse
anderen ins Büro mit, der Freelancer und ein bisschen Marmelade vorgestellt.
schenkt sie seinen Kunden. In Kindergär­ Serviert hat Perkmann das Spezial-Ge­
ten und Schulen sind Berliner zu Karne­ bäck mit einer kleinen Tüte süßem Senf.
val natürlich auch wichtig. Die darf kein Für manche war das wirklich eine Sensa­
Pädagoge vergessen. Sonst gibt es ziem­ tion. Diese Leute sind mit dem Auto bis
lich sicher Ärger mit den Kindern. aus dem 400 Kilometer entfernten Wien
Aber als Angestellter in einer Firma gekommen, um die süß-pikante Variante
muss man ein bisschen vorsichtig sein: zu kaufen. Die waren dann wahrschein­
Wenn dort Kolleginnen mit viel Humor lich mindestens zwei Tage lang satt.
arbeiten, kann es beim Essen von Ber­ So weite Reisen wegen eines Krapfens
liner Pfannkuchen die eine oder andere sind dieses Jahr ziemlich sicher keine
Überraschung geben. gute Idee. Wahrscheinlich ist es besser,
Es gibt nämlich auch sehr spezielle die leckeren Berliner bei der Bäckerin im
Füllungen. Und die können wirklich eigenen Ort zu kaufen. Vielleicht war die
ziemlich gemein sein. Typisch ist Senf. ja auch kreativ – und bietet ihre Kräppel
Es gibt aber auch eine Variante mit Chili. in noch viel verrückteren Kombinatio­
Meistens sehen diese Spezial-Krapfen nen an als der Miesbacher Bäcker.

Fotos: Rischart/Stefan Randlkofer; Asterina/Shutterstock.com

Eine Übung zu diesem Text finden Sie auf Seite 37.

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