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Tiedtke (Hrsg.

) · Allgemeine BWL
Jürgen R. Tiedtke (Hrsg.)

Allgemeine BWL
Betriebswirtschaftliches Wissen für
kaufmännische Berufe – Schritt für Schritt
Erarbeitet von
Birga Döring, Tim Döring, Wilfried Giesler,
Wolfgang Harmgardt, Regina Kühn, Axel W. Lange,
Kai Michaelsen, Jürgen R. Tiedtke

2., überarbeitete Auflage


Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 1998
2., überarbeitete Auflage Januar 2007
Alle Rechte vorbehalten
© Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007
Lektorat: Dr. Riccardo Mosena
Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media.
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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede
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berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im
Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher
von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-409-29740-0
V

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser!


Wirtschaftsleben ist ohne Betriebe undenkbar. Ihre Vielfalt, ihre Komplexität und ihre Verbindungen un-
tereinander und zu allen Gruppen der Gesellschaft und zu Einzelpersonen im In- und Ausland haben eine
umfassende Lehre nach sich gezogen, nämlich die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Sie öffnet die
Blicke sowohl für inner- als auch außerbetriebliches Geschehen, ihr Zusammenspiel und ihre grundlegen-
den Strukturen.
Deshalb erlernen Sie mit Hilfe des vorliegenden Werkes das gesamte betriebswirtschaftliche Wissen für
Ihre kaufmännische Ausbildung bzw. Ihren kaufmännischen Beruf – Schritt für Schritt – in wechselseiti-
ger Bezugnahme von theoretischen Lehrinhalten und Beispielen aus der Praxis. Die übersichtliche, klare
Gliederung und anschauliche Aufbereitung des Stoffs anhand zahlreicher Beispiele, Praxisberichte, aktuel-
ler Zeitungsberichte u.v.m. macht Ihnen dabei schnell die Zusammenhänge verständlich.
Anhand der Zusammenfassungen am Ende eines Kapitels bekommen Sie das Gelernte nochmals in den
Blick. Aufgaben bieten Ihnen die Möglichkeit den Stoff zu bearbeiten und sich das Wissen somit leichter
anzueignen. Die Darstellung des Inhalts in zwei Spalten, die Sachinformation links, die Ergänzungen aus
Alltag und Praxis rechts, erleichtert Ihnen ein gezieltes Arbeiten mit dem Buch. Denn die Sachinformatio-
nen sollten Sie nach dem Lesen und Lernen auf jeden Fall kennen. Die Ergänzungen hingegen sind ein
Angebot, auf das Sie je nach Bedarf zugreifen können. Sie bieten Ihnen die Möglichkeit, sich mit dem
Thema tiefer auseinander zu setzen oder aber trocken Theoretisches in der Praxis einfach nur richtig ein-
zuordnen.
Die handlungsorientierte Darstellung anhand des durchgängigen Beispielunternehmens der Deutschen
Motorenwerke AG (DMW AG) erleichtert Ihnen den notwendigen Einblick in das Ineinandergreifen bzw.
die Verzahnung der verschiedenen Arbeits- bzw. Funktionsbereiche eines Unternehmens. So gelangen Sie
leichter zum Verständnis von Sinn und Zweck dessen, was Ihnen auf den ersten Blick als trockener lang-
weiliger Lernstoff erscheint.

Wir hoffen, dass Sie Freude am Buch und an der Erarbeitung der Inhalte haben und Ihr Interesse für alle
wirtschaftlichen Fragen geweckt und verstärkt wird.

Für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik sind wir Ihnen dankbar.

Die Autoren
VI

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft ...........................................................................1


1. Grundlagen der Leistungserstellung .........................................................................................3
1.1 Der Betrieb als Zelle der Gesamtwirtschaft ...........................................................................3
1.2 Die Arten der Betriebe und ihr Zusammenhang ....................................................................6
1.3 Industriebetriebe...................................................................................................................10
1.4 Der innerbetriebliche Kreislauf eines Industriebetriebes .....................................................16
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe ....................................................................21
2.1 Betriebliches Erstziel (Primärziel) .......................................................................................21
2.2 Andere betriebliche Ziele (Zweitziele) ................................................................................29
2.3 Das Zusammenwirken der Kennzahlen................................................................................41
2.4 Das betriebliche Gleichgewicht ...........................................................................................42
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess..............................................................................45
3.1 Die menschliche Arbeitskraft...............................................................................................45
3.2 Betriebsmittel .......................................................................................................................49
3.3 Werkstoffe ............................................................................................................................53
3.4 Informationen .......................................................................................................................56
3.5 Elementarfaktoren im Überblick ..........................................................................................61
4. Die Geschäftsführung ...............................................................................................................63
4.1 Führungsbegriff ....................................................................................................................63
4.2 Das innere und äußere Umfeld der Führung ........................................................................65
4.3 Die Verantwortung der Führung ..........................................................................................67
4.4 Die Organisation der Führung..............................................................................................67
4.5 Führungsanforderungen .......................................................................................................77
4.6 Führungskultur .....................................................................................................................80
4.7 Neue Führungsaufgaben.......................................................................................................87
4.8 Unternehmenskultur .............................................................................................................91
5. Kurzer Abriss der Organisation ..............................................................................................94
5.1 Organisationsbegriff.............................................................................................................94
5.2 Die Aufbauorganisation .......................................................................................................95
5.3 Die Stababteilung „Controlling“ ........................................................................................101
5.4 Der umweltorientierte Unternehmensaufbau .....................................................................105
VII

5.5 Die Ablauforganisation...................................................................................................... 108


5.6 Organisationsgrundsätze.................................................................................................... 112
6. Verschiedenes .......................................................................................................................... 114
6.1 Der industrielle Standort.................................................................................................... 114
6.2 Ausgewähltes zum Steuersystem....................................................................................... 118

Kapitel 2 Finanzierung im betrieblichen Leistungsgeschehen ....................................... 125


1. Zum Finanzierungsbegriff ..................................................................................................... 127
1.1 Zum Investitionsbegriff ..................................................................................................... 128
1.2 Die Verbindung zwischen Investition und Finanzierung .................................................. 128
2. Finanzierungsentscheidungen................................................................................................ 132
2.1 Grundlagen der Finanzierung ............................................................................................ 132
2.2 Der Cashflow ..................................................................................................................... 143
2.3 Die Quellen der Finanzierung............................................................................................ 148
2.4 Formen der Innenfinanzierung........................................................................................... 157
2.5 Formen der Außenfinanzierung ......................................................................................... 173
2.6 Leasing – eine Sonderform der Finanzierung.................................................................... 210

Kapitel 3 Rechtliche Grundlagen .............................................................................................. 219


Teil 1: Einführung und Rechtsnormen............................................................................................. 221
1. Einführung .............................................................................................................................. 221
2. Die Einpersonenunternehmung............................................................................................. 222
3. Gesellschaftsrecht ................................................................................................................... 223
3.1 Gesellschaftsformen........................................................................................................... 223
3.2 Personengesellschaften ...................................................................................................... 223
3.3 Kapitalgesellschaften ......................................................................................................... 231
3.4. Unternehmenszusammenschlüsse...................................................................................... 245
Teil 2: Der Kaufmann.......................................................................................................................... 249
Teil 3: Allgemeine Rechtsgeschäftslehre........................................................................................... 252
1. Arten von Rechtsgeschäften................................................................................................... 252
2. Zustandekommen von Verträgen.......................................................................................... 253
2.1 Der Inhalt von Verträgen ................................................................................................... 253
2.2 Einigung der Vertragspartner............................................................................................. 253
2.3 Nichtigkeitsgründe............................................................................................................. 254
3. Verbraucherschutzvorschriften ............................................................................................ 255
3.1 Die Vorschriften zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen......................... 255
VIII

3.2 Die Vorschriften über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften ..258
3.3 Die Vorschriften über Verbraucherdarlehensverträge .......................................................260
4. Der Kaufvertrag ......................................................................................................................262
4.1 Inhalt des Kaufvertrages.....................................................................................................262
4.2 Pflichten der Kaufvertragsparteien.....................................................................................265
4.3 Übereignung .......................................................................................................................266
4.4 Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt.............................................................................267
4.5 Pflichtverletzungen beim Kaufvertrag ...............................................................................269
4.6 Besondere Kaufvertragsarten .............................................................................................274

Kapitel 4 Materialwirtschaft ........................................................................................................277


1. Grundlagen der Materialwirtschaft ......................................................................................279
1.1 Einleitung ...........................................................................................................................279
1.2 Organisation der Materialwirtschaft...................................................................................284
1.3 Daten- und Informationsverarbeitung in der Materialwirtschaft .......................................287
1.4 Qualitätssicherung in der Materialwirtschaft .....................................................................288
2. Materialdisposition..................................................................................................................290
2.1 Einleitung ...........................................................................................................................290
2.2 Bedarfsmengenplanung ......................................................................................................290
2.3 Die Bestellmengenplanung.................................................................................................295
3. Beschaffung..............................................................................................................................299
3.1 Einleitung ...........................................................................................................................299
3.2 Aufbauorganisation des Einkaufs.......................................................................................300
3.3 Die operativen Aufgaben des Einkaufs ..............................................................................302
3.4 Die strategischen Aufgaben des Einkaufs ..........................................................................316
3.5 Materialentsorgung und Materialverwertung.....................................................................324
4. Lagerhaltung und innerbetriebliche Logistik.......................................................................325
4.1 Einleitung ...........................................................................................................................325
4.2 Lagerplanung......................................................................................................................327
4.3 Ablauf der Lagerhaltung ....................................................................................................332

Kapitel 5 Personalwesen ................................................................................................................339


1. Das Unternehmen am Markt .................................................................................................341
1.1 Neue Impulse......................................................................................................................341
2. Das Personalwesen und seine Funktion ................................................................................343
2.1 Die Definition „Personalwesen“ ........................................................................................343
IX

2.2 Die Bedeutung des Personalwesens................................................................................... 344


2.3 Die Anforderungen an das Personalwesen ........................................................................ 345
2.4 Die Ziele des Personalwesens............................................................................................ 348
2.5 Externe und interne Einflüsse auf das Personalwesen....................................................... 349
2.6 Aufgaben des Personalwesens ........................................................................................... 354
2.7 Die Organisation des Personalwesens ............................................................................... 356
3. Die menschliche Arbeit als Produktionsfaktor .................................................................... 358
3.1 Personal im Industriebetrieb .............................................................................................. 359
4. Personalplanung und der Mitarbeiterbedarf....................................................................... 364
4.1 Bestimmung des quantitativen Personalbedarfs ................................................................ 364
4.2 Qualitative Aspekte des Personalbedarfs........................................................................... 367
4.3 Personalplanung und Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ............................................. 370
5. Die Möglichkeiten der Personalbeschaffung........................................................................ 370
5.1 Die innerbetrieblichen Möglichkeiten der Personalbeschaffung....................................... 371
5.2 Externe Personalwerbung .................................................................................................. 372
5.3 Die Eignungsanalyse.......................................................................................................... 374
6. Die Einstellung von Mitarbeitern.......................................................................................... 377
6.1 Die Bewerbung .................................................................................................................. 377
6.2 Der Arbeitsvertrag ............................................................................................................. 382
7. Personaleinsatz........................................................................................................................ 386
7.1 Begriff, Inhalt und Abgrenzung......................................................................................... 386
7.2 Personaleinsatz bei Veränderungen von innen .................................................................. 389
7.3 Einzelaufgaben beim Personaleinsatz................................................................................ 391
8. Die Personalbetreuung an zwei Beispielen ........................................................................... 400
8.1 Allgemeines ....................................................................................................................... 400
8.2 Personalentwicklung.......................................................................................................... 400
8.3 Die Mitarbeiterbeurteilung ................................................................................................ 403
9. Das Arbeitsentgelt................................................................................................................... 407
9.1 Der Elementarfaktor Arbeit ............................................................................................... 407
9.2 Bestimmungsfaktoren der Lohnhöhe................................................................................. 408
9.3 Arbeitsrechtliche Grundlagen ............................................................................................ 409
9.4 Die Arbeitsbewertung ........................................................................................................ 411
9.5 Entlohnungsformen............................................................................................................ 414
9.6 Die Mitbeteiligung der Arbeitnehmer................................................................................ 417
9.7 Die Lohnzahlung................................................................................................................ 418
10. Personalfreisetzung................................................................................................................. 422
X

10.1 Anlässe ...............................................................................................................................422


10.2 Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen .....................................................................422
10.3 Auflösung durch Zeitablauf oder durch Zweckerreichung ................................................422
10.4 Kündigung des Arbeitsverhältnisses ..................................................................................423
10.5 Kündigungszeiten...............................................................................................................424
10.6 Massenentlassungen ...........................................................................................................426
11. Hinweis zum Betriebsverfassungsgesetz ...............................................................................427

Kapitel 6 Produktionswirtschaft ................................................................................................429


1. Überblick..................................................................................................................................431
2. Langfristige und mittelfristige Produktionsplanung ...........................................................432
2.1 Bestimmung von Produktfeldern und Produktgruppen......................................................434
2.2 Forschung und Entwicklung...............................................................................................436
3. Merkmale unterschiedlicher Produktionen..........................................................................439
3.1 Arten der Produktion..........................................................................................................439
3.2 Organisationsformen ..........................................................................................................444
4. Innerbetriebliche Standortplanung .......................................................................................454
4.1 Kurzdarstellung eines Verfahrens der Layoutplanung.......................................................456
4.2 Kostenverminderung durch Layoutplanung.......................................................................457
5. Kurzfristige Produktionsplanung..........................................................................................458
5.1 Mengenmäßige Planung .....................................................................................................460
5.2 Zeitliche Planung................................................................................................................464
6. Produktionssteuerung.............................................................................................................467
6.1 Grundlagen .........................................................................................................................467
6.2 Die Durchlaufzeit als zentrale Größe .................................................................................468
6.3 Einfache Steuerungskonzepte ............................................................................................470
6.4 Spezielle Steuerungskonzepte ............................................................................................475
7. Produktionskontrolle ..............................................................................................................478
7.1 Kontrolle nach ökonomischen Kriterien ............................................................................479
7.2 Kostenerfassung und Kostenverläufe.................................................................................482
7.3 Kontrolle der Qualität.........................................................................................................486

Kapitel 7 Marketing .........................................................................................................................491


1. Grundlagen des Marketing ....................................................................................................493
1.1 Definition ...........................................................................................................................493
1.2 Die Entstehung des Marketing ...........................................................................................494
XI

1.3 Heutige Rolle und Aufgaben ............................................................................................. 495


2. Marketingplanung .................................................................................................................. 496
2.1 Die Analyse........................................................................................................................ 497
2.2 Die Marketingziele ............................................................................................................ 498
2.3 Strategien ........................................................................................................................... 498
2.4 Die Maßnahmen................................................................................................................. 499
2.5 Die Kontrolle ..................................................................................................................... 499
2.6 Die Bewertung ................................................................................................................... 499
3. Die Neuproduktentwicklung.................................................................................................. 501
3.1 Gründe für neue oder verbesserte Produkte....................................................................... 501
3.2 Risiken und Probleme bei der Neuproduktentwicklung .................................................... 502
3.3 Der Ablauf einer Neuproduktentwicklung ........................................................................ 502
4. Marktforschung ...................................................................................................................... 507
4.1 Definition und Aufgaben ................................................................................................... 507
4.2 Arten und Formen.............................................................................................................. 507
4.3 Methoden der Marktforschung .......................................................................................... 509
4.4 Vollerhebung und Teilerhebung ........................................................................................ 511
5. Segmentierung......................................................................................................................... 512
5.1 Die Vor- und Nachteile der Marktsegmentierung ............................................................. 513
5.2 Produkt- und zielgruppenbezogene Marktsegmentierung ................................................. 513
5.3 Segmentierungsstrategien .................................................................................................. 514
6. Produktpolitik ......................................................................................................................... 516
6.1 Merkmale eines Produktes................................................................................................. 516
6.2 Der Service ........................................................................................................................ 519
7. Der Produktlebenszyklus ....................................................................................................... 521
7.1 Die Einführungsphase........................................................................................................ 521
7.2 Die Wachstumsphase ......................................................................................................... 521
7.3 Die Reifephase/ Sättigungsphase....................................................................................... 522
7.4 Die Rückgangsphase.......................................................................................................... 522
8. Die Sortimentspolitik.............................................................................................................. 524
8.1 Die Breite, die Tiefe und die Geschlossenheit des Sortiments .......................................... 524
8.2 Variation, Differenzierung, Diversifikation und Eliminierung ......................................... 525
9. Entgeltpolitik........................................................................................................................... 527
9.1 Die Preispolitik .................................................................................................................. 527
9.2 Die Konditionenpolitik ...................................................................................................... 533
10. Distributionspolitik................................................................................................................. 534
XII

10.1 Absatzwege ........................................................................................................................534


10.2 Vertriebssystem ..................................................................................................................537
10.3 Die Absatzformen...............................................................................................................538
10.4 Physische Distribution/Logistik .........................................................................................538
11. Kommunikationspolitik ..........................................................................................................539
11.1 Werbung .............................................................................................................................539
11.2 Die Verkaufsförderung.......................................................................................................544
11.3 Publicrelations....................................................................................................................544
11.4 Sponsoring..........................................................................................................................545
11.5 Persönlicher Verkauf..........................................................................................................545
12. Planung und Kontrolle ...........................................................................................................547

Stichwortverzeichnis .........................................................................................................................551
XIII

Ein Unternehmen stellt sich vor


Deutsche Motoren Werke,
Aktiengesellschaft (DMW AG)

1. Merkmale des Unternehmens und Produkte


• Wir gehören zu der Branche der Kraftfahrzeughersteller.
• Wir zählen nicht zu den Großen des Sektors, vielmehr sind wir ein mittelständisches Unternehmen, das
an drei Standorten produziert. Unser Stammwerk ist in Hannover, zwei weitere befinden sich in Halle
und Emden.
• Wir stellen seit Jahren erfolgreich kleine Autos her und nennen sie liebevoll „Kisten für den Haus-
gebrauch“. Aber schlecht sind sie nicht, die Umsätze beweisen das. Und wie ist es mit der komfortab-
len Ausstattung? Na, ja. Unsere Autos sind so etwas wie der damalige Käfer für die erste Nachkriegs-
generation. Allerdings sind viele Teile recycelbar.

Abb. 1: Modernste Produktion in Halle


XIV

Besondere Kennzeichen:
• preisgünstig durch kundenfreundliche Kalkulation
• sicher durch Seitenverstrebungen und Airbag
• diebstahlgeschützt durch Sicherheits-Code-Verschluss
• kurvenstabil durch das elektronische Kurvamatik-System
• laufruhig
• frisch und lebendig durch Design und Farbe.

Wir bieten verschiedene Autotypen an. Da gibt es


• den „Single", ein preiswertes Einsteigermodell mit wenig PS und nur als Zweitürer lieferbar
• den „Shopper", das klassische Zweitauto mit verschiedenen Extra-Ausstattungspaketen
• den „Sporty", ein kleiner Sportflitzer für junge Leute von heute.

Seit zwei Jahren basteln unsere Ingenieure an einem Geländewagen (Funny) herum. Jetzt kann das Modell
in Serie gehen. Dafür ist das Werk in Halle vorgesehen, das bislang den Single produziert.
Die Planung für das Projekt Elektro-Auto sind weit vorangeschritten. Auch für den Roadster „Joy" sind
bereits die Weichen gestellt. Jedoch ist die Planung erst in der Anfangsphase. Lean Production (schlanke
Produktion) bei gleichzeitiger Teamarbeit in der Herstellung ist für uns kein Fremdwort mehr. System-
statt Komponentenanbieter und der Einbau der Teile – z. B. der Elektrizität –, der von ihnen übernommen
wird, garantieren höchste Qualität. Wir selbst liefern Chassis, Motor, Getriebe, Bleche und anderes
(Abb. 2).
XV

2. Die Zahlen des Unternehmens sehen so aus:


2.1 Bilanz der DMW AG 2005 (in Mio. EUR, auf-, abgerundet)
Aktiva

Immaterielle Vermögensgegenstände 18
Sachanlagen 328
Finanzanlagen 96
Anlagevermögen 442

Vorräte 166
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 275
Übrige Forderungen und sonstiges Vermögen 28
Wertpapiere 152
Flüssige Mittel 47
Umlaufvermögen 668

Rechnungsabgrenzungsposten 10

1.120

Passiva

Gezeichnetes Kapital 90
Kapitalrücklage 82
Gewinnrücklagen 260
Jahresüberschuss 24
Eigenkapital 456

Pensionsrückstellungen 224
Übrige Rückstellungen 210
Rückstellungen 434

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 16


Verbindlichkeiten aus Lieferungen/Leistungen 118
Sonstige Verbindlichkeiten 96
Verbindlichkeiten 230

1.120
XVI

2.2 Sonstige Daten 2005


• Mitarbeiter 1.800
• Produktionsmenge in Stück 124.000
• Absatzmenge in Stück 108.400
• Umsatz in Mio. EUR 108.400
• Entwicklungen: siehe Abbildung 3

180

Umsatz
160 Personalaufwand

140
Automobilproduktion

Mitarbeiter
120

100

2000 2001 2002 2003 2004 2005


Abb. 3: Umsatz, Personalaufwand, Automobilproduktion und Mitarbeiter des DMW-Unternehmens
(Index: 2000 = 100)
XVII

3. Einkaufsvolumen und Lieferanten


DMW kaufte 2005 Material, Betriebsstoffe und Energie sowie Investitionsgüter im Wert von l ,8 Mrd.
EUR.
Die Bestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Halb- und Fertigfabrikaten für das Fahrzeugge-
schäft konnten auf niedrigem Stand gehalten werden. Als Folge der Wirtschaftsschwäche in den großen
Industrieregionen war die Entwicklung der Weltmarktpreise für viele Werkstoffe abwärts gerichtet.
Die Investitionen wurden planmäßig fortgeführt. Sie beliefen sich im Berichtsjahr auf 300 Mio. EUR und
wurden wiederum voll aus dem Cash-Flow finanziert. Diese aus der Innenfinanzierung stammenden Fi-
nanzmittel nahmen auf 290 Mio. EUR zu. In den letzten fünf Jahren haben die DMW l Mrd. EUR in die
Erweiterung und Modernisierung des Werkes Hannover sowie in die Gründung des sächsischen Betriebes
gesteckt.
Inzwischen sind längerfristige Verträge mit vier Systemanbietern abgeschlossen (elektrisches und elektro-
nisches Zubehör, Armaturen und Armaturenbord, Fenster, Türen, Heber, Sicherheitssystem und Beleuch-
tung). Sechzig Lieferanten sorgen für den pünktlichen Eingang der Werkstoffe. Mit zwei Lieferanten be-
stehen Datenverbundsysteme.
In enger Kooperation mit den Zulieferern werden große Teile, Produktionsmaterial und Fahrzeuge mit der
Bahn befördert. Waggons und Container sind meistens in zwei Richtungen ausgelastet. Systemlieferer be-
nutzen eigene Spediteure. Neuester Clou für den Transport sind Doppelstockwaggons. Sie gelten als be-
sonders diebstahlgesichert.

4. Personal
Ende 2005 arbeiteten in den Werken und Verwaltungen 18.800 Mitarbeiter. 400 weniger als ein Jahr zu-
vor. Mit weiteren 700 Mitarbeitern wurden Vereinbarungen über einen vorgezogenen Ruhestand geschlos-
sen, soweit es gesetzlich möglich ist.
Für die Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter sowie für das technische Training und die Ver-
kaufsschulung von Mitarbeitern hat das Unternehmen hohe Geldsummen eingesetzt. Der Standard der
Mitarbeiter ist hoch. Förderprogramme für den Nachwuchs geben jungen Menschen Orientierungshilfe für
den künftigen Berufsweg.
Eine eigene Betriebskrankenkasse schafft für Mitarbeiter günstige Tarife.

5. Verkauf
Der Verkauf wurde zu sogenannten Gewinnzentren umorganisiert. Jedes Produkt bildet im Unternehmen
eine eigene Sparte mit eigener Ergebnisverantwortung. So hatten es die Händler immer gleichzeitig mit
mehreren Kundenberatern und Verkäufern zu tun. Auch wurde Spartenwerbung mit eigener Strategie be-
trieben, was zur Konkurrenz im eigenen Unternehmen führt und eine höhere Effizienz mit sich bringt.

6. Altfahrzeuge
Außer Betrieb genommene Fahrzeuge mit der DMW-Marke werden von selbstständigen Verwerterbetrie-
ben zerlegt. Die Bestandteile werden zum großen Teil aufbereitet und stofflich verwertet. Und das alles im
Auftrag von DMW.
Kapitel 1

Der Betrieb als Teil der


Wirtschaft
von Jürgen R. Tiedtke
3

1. Grundlagen der Leistungserstellung

1.1 Der Betrieb als Zelle der Gesamtwirtschaft

Alles Wirtschaften vollzieht sich in Betrie- Arbeitsleistungen Betriebsmittel


ben. Sie sind Sozialgebilde und Zellen des = alle von = alle Sachgüter,
Menschen die im Produktions-
wirtschaftlichen Lebens. im Betrieb prozess genutzt
erbrachten werden, jedoch
Jeder Einzelbetrieb ist ein wirtschaftliches Tätigkeiten nicht untergehen
Aktionszentrum. Es verfügt über eine eigene
Planung und einen eigenen Betriebsprozess.
In ihm werden nach den Zielvorgaben der
Führung und unter ihrer Leitung Güter und Werkstoffe Informationen
Leistungen hergestellt. Die Herstellung geht = alle Roh-, Hilfs- = alle
und Betriebsstoffe Informationen, die
durch die Tätigkeit der Mitarbeiter (Arbeits- sowie Halb- und ein Element zur
leistungen), durch den Einsatz von Maschi- Fertigerzeugnisse, Erreichung der
die in das Erzeug- Unternehmensziele
nen, maschinellen Anlagen und Werkzeugen nis eingehen darstellen
(Betriebsmittel), mit Hilfe der Werkstoffe
und unter Einsatz und Austausch von Infor-
mationen vonstatten. Diese Bausteine der
Herstellung heißen Elementarfaktoren. Erst Betriebsprozess
ihr Zusammenwirken – ihre Kombination –
lässt Güter und Leistungen hervorbringen
Abb. 1: Elementarfaktoren
(siehe Abb. 1). Betriebe sind also Produkti-
onsstätten.
Ergänzendes zum Betrieb
Auch Haushalte gelten im weiteren Sinne als
In diesem Sinne gehört die Deutsche Motoren
Betriebe. Sie werden ursprüngliche Betriebe
Werke AG (DMW AG) zu den abgeleiteten
genannt, weil ursprünglich alles Wirtschaften,
Betrieben. Abgeleitete Betriebe gliedern sich
also das Herstellen von Erzeugnissen, von
in Wirtschaftsbetriebe und öffentliche Haus-
ihnen ausging, zunächst nur für den Eigenbe-
halte. Zu den Wirtschaftsbetrieben zählen
darf, später im Austausch mit anderen Haus-
Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie
halten. Heute sind sie meist nur Verbraucher.
Gewerbebetriebe. Gewerbebetriebe umfassen
Demnach sind sie Stätten des Verbrauchs
Handwerks-, Industrie-, Handels- und Versi-
(Stätten der Konsumtion). Im Gegensatz dazu
cherungsbetriebe sowie Banken (siehe Abb.
werden Produktionsstätten auch abgeleitete
2). Die DMW AG lässt sich demnach als
Betriebe genannt.
gewerblicher Wirtschaftsbetrieb herausstel-
Abgeleitete Betriebe stellen Güter und Leis- len, der seine Güter industriell herstellt. Die
tungen her. Dabei kann es sich um Güter DMW AG ist ein Industriebetrieb.
handeln, die die Haushalte benötigen. Sie
heißen Konsumgüter. Werden sie sofort
verbraucht, wie Brot und Obst, heißen sie
Verbrauchsgüter. Kann man sie längere Zeit Aufgabe
benutzen, wie zum Beispiel eine Waschma-
schine, einen Computer und ein Auto, dann 1. Warum bezeichnet man Produktions-
sind es Gebrauchsgüter. stätten als geleitete Betriebe?
4 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Auch Betriebe benötigen Güter. Diese haben Betriebe


einen eigenen Namen. Es sind Produktions-
güter. Unter ihnen gibt es solche, die sofort in
der Herstellung verbraucht werden. Zum
Beispiel die Milch, die zu Butter verarbeitet ursprüngliche abgeleitete
wird. Andererseits können sie länger benutzt Betriebe Betriebe

werden, wie zum Beispiel Maschinen und


Werkzeuge.
Um den Unterschied zu den Gütern, die im
Wirtschafts- öffentliche
Haushalt verbraucht und gebraucht werden, betriebe Haushalte
deutlich zu machen, bezeichnet man sie als
produktive Verbrauchs- und Gebrauchsgüter
(Milch/Werkzeuge). Letztere werden auch
Investitionsgüter genannt (siehe Abb. 3). Land- und
forstwirt- Gewerbe-
Zu den wirtschaftlichen Gütern gehören auch schaftliche betriebe
Dienstleistungen und Rechtsverhältnisse. Betriebe

Beide „Güterarten“ werden sowohl von den


Betrieben als auch von den Haushalten stän-
dig in Anspruch genommen. Zu denken ist Ver-
Hand- Indu-
unter anderem an Bankgeschäfte (Dienstleis- werk strie
Handel Banken siche-
rungen
tungen) oder an die Vergabe von Lizenzen
zwischen den Betrieben. Ebenso lassen sich
hier Notare, Rechtsanwälte, Apotheker, Mak- Abb. 2: Betriebe und Haushalte
ler usf. einordnen.
Ohne Güter und Dienstleistungen lässt sich Aufgaben
keine Wirtschaft erklären. Mit ihnen wird
aber der Zusammenhang deutlich, der zwi- 2. Nennen Sie jeweils zwei bis drei ver-
schen beiden Wirtschaftsgruppen, den Her- schiedene Betriebsarten von Handels-
stellern (Produzenten) und den Verbrauchern und Industriebetrieben! Nennen Sie auch
(Konsumenten), besteht. Beispiele aus der Praxis (mit Namen)!
Die von den Herstellungsbetrieben (Produkti- 3. Wieso können Dienstleistungsbetriebe
on) angefertigten Verbrauchs- und Gebrauchs- auch Produktionsbetriebe genannt wer-
güter werden sowohl von anderen Betrieben den?
als auch von den Haushalten (Konsumtion) 4. Ordnen Sie die folgenden Güter den
gekauft. Letztere brauchen sie zum Leben. richtigen Bezeichnungen zu:
Erstere, um sie weiterzuverarbeiten bzw. zu
benutzen (z.B. Bleche, Teile für ein Kraft- • das im Haushalt benutzte Fahrrad
fahrzeug). Dabei hängt die Dauer der Nut- • die Werkzeuge eines Klempners
zung von der Intensität der Inanspruchnahme
ab. Herstellungsmaschinen räumt man ein • die einzubauenden Lenkräder für
„Leben von bis zu 5 Jahren“ ein, Computern Kraftfahrzeuge
von ca. 2 Jahren. • das Fleisch zum Mittagessen!
1. Grundlagen der Leistungserstellung 5

Rechtsverhältnisse Dienstleistungen

Wirtschaftliche
Güter

Konsumgüter Produktionsgüter

(produktive)
(produktive)
Verbrauchsgüter Gebrauchsgüter Gebrauchsgüter =
Verbrauchsgüter
Investitionsgüter

Rohstoffe, Gebrauchsmittel wie


Nahrung Kleidung
Antriebsmittel Maschinen

Abb. 3: Güterarten

Aufgabe
5. Sie haben in Abb. 3 die Güterarten vor
sich.
a) Wieso spricht man von wirtschaftli-
chen Gütern?
b) Kennen Sie nicht-wirtschaftliche Gü-
ter? Nennen Sie diese!
c) Sehen Sie sich bitte Abb. 4 genau an.
Da ist von Gütern unterschiedlicher
Ordnung die Rede, da ist der Begriff
„Kombination“ ausgewiesen, und da
sind die Elementarfaktoren darge-
stellt.
ca) Wieso nennt man die Güter,
die ein Betrieb für andere Be-
triebe herstellt, Güter „höhe-
rer Ordnung“?
cb) Welche Aufgaben haben Gü-
ter „niederer Ordnung“ und
welche Güter „höherer Ord-
nung“ zu erfüllen?
cc) Können Sie die Abb. 4 inter-
pretieren? Versuchen Sie es
bitte! Vielleicht lässt sich sogar
Abb. 4: Zusammenhang von Produktion eine Art Kreislauf heraus-
und Konsumtion lesen.
6 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Zusammenfassung
Haushalte sind Stätten des Konsums, Betriebe Stätten der Produktion. Hier werden Güter
und Leistungen erzeugt, die einerseits den Haushalten dazu dienen, ihr Leben abzusichern
und zu gestalten, und andererseits erlauben sie den Betrieben, auf der Grundlage der Ele-
mentarfaktoren – Arbeitskräfte, Betriebsmittel, Werkstoffe und Informationen – neue Gü-
ter herzustellen, die sowohl an die Betriebe als auch an die Haushalte veräußert werden.

1.2 Die Arten der Betriebe und ihr Zusammenhang

Eine erste Unterteilung der Betriebe ist Abb.2 Beispiel:


zu entnehmen. Aber diese ist noch sehr un-
vollständig. Die DMW AG als Sachleistungs-
betrieb
Allgemein werden alle Betriebe in Sachleis-
tungsbetriebe und in Dienstleistungsbetrie- Die DMW AG gehört auch zu den Sachleis-
be eingeteilt. Abb. 5a) verdeutlicht das. tungsbetrieben, die Kraftwagen unterschied-
lichster Ausprägung herstellen. Wie ist dieser
Die Vielfalt der Dienstleistungsbetriebe ist
Betrieb einzuordnen? Ist es ein Konsumgüter-
bekannt, weil jeder sie täglich in Anspruch
oder Produktionsgüterbetrieb? In jedem Fall
nimmt. Ob es sich dabei um einen Supermarkt
handelt es sich um einen Weiterverarbeiter.
handelt oder um eine Sparkassenfiliale, um
Weil der größte Teil der PKWs an Haushalte
eine Drogerie oder einen Blumenladen, um
veräußert wird, kann man ihn der Konsumgü-
städtische Busse oder um Theater, Hotels und
terbranche zuordnen. Er wird dann auch Kon-
Versicherungsbetriebe.
sumgüterbetrieb genannt. Man spürt schon,
Sachleistungsbetriebe sind Herstellungsbe- dass das nicht ganz richtig ist, weil PKWs
triebe. Die wenigsten Menschen haben direkt selbstverständlich auch an Betriebe geliefert
mit ihnen zu tun, es sei denn, sie sind dort werden. Anders wäre es in einem Betrieb, der
beschäftigt. Dennoch haben die meisten eine Lastwagen herstellt, und die werden nur in
Vorstellung von Herstellungsbetrieben und den Betrieben benötigt. Daher würde dieser
verbinden mit ihnen Fabrikhallen, Schorn- zu den Produktionsgüterbetrieben zählen.
steine, Kühl- und Fördertürme, Fließbänder, Leichter ist es wiederum, Rohstoffgewin-
Roboter und vieles mehr. nungsbetriebe von den anderen zu trennen.
Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Eintei- Sie produzieren Grundstoffe wie Erdöl, Erd-
lungen. Einige seien hier nur kurz erwähnt. gas, Eisen, Kohle, Aluminium etc. Wo würde
man einen Zementhersteller einordnen, der
Geht man von der Größe aus und meint damit
eigene Kiesgruben unterhält? Kies zählt zum
die Umsätze, dann gelangt man zu
wichtigsten Rohstoff für die Zementindustrie.
• Kleinbetrieben Somit ist der Zementhersteller Rohstoffge-
• Mittelbetrieben winnungs- und Produktionsgüterbetrieb in
einem. Die DMW AG steht zwischen den
• Großbetrieben. Mittel- und Großbetrieben. Verglichen mit
den bekannten deutschen Autoherstellern wie
Audi, BMW, Ford, Mercedes, Opel, VW sind
die DMW nur ein Mittelbetrieb.
1. Grundlagen der Leistungserstellung 7

Werkstoffe, Bleche, Investitionsgüter wie Nahrungs- und


Kohle, Erdöl, Erdgas
Zahnräder, Motoren, Produktionsmaschinen, Genussmittel,
u.a.
Zubehörteile u.a. Fertigungsstraßen u.a. Bekleidung u.a.

Rohstoffgewinnungs- Produktionsgüter- Konsumgüter-


betriebe betriebe betriebe

Sachleistungsbetriebe

Betriebe
(Produktionswirtschaft)

Dienstleistungsbetriebe

Handels- Bank- Versicherungs- Verkehrs- sonstige Dienst-


betriebe betriebe betriebe betriebe leistungsgewerbe

Großhandel Kreditbanken Lebens- Güter-, Hotels


Einzelhandel Sparkassen Kranken- Nachrichten-, Theater
Versandhandel Genossen- Unfall- Personen- Krankenhäuser
u.a. schafts- Invaliden- verkehr Detekteien
banken Feuer-
versicherung

Abb. 5 a Betriebsarten

Abb. 5 b Betriebsarten unter dem Aspekt der Arbeitsteilung


8 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Wird die Anzahl der Produkte, die hergestellt Auch Porsche ist wegen der Exklusivität
werden, in den Vordergrund gerückt, dann seiner Sportwagen ein Großbetrieb (hoher
führt das zu Umsatz), von der Menge der fabrizierten
• Betrieben mit Massenfertigung Wagen dagegen ein Mittelbetrieb.
Die DMW AG ist zugleich Serienhersteller,
• Betrieben mit Sortenfertigung
die obengenannten Autofirmen, außer Por-
• Betrieben mit Chargenfertigung sche, produzieren in Massen.
• Betrieben mit Partieleistungen
• Betrieben mit Serienfertigung Aufgaben
• Betrieben mit Einzelfertigung. 6. Versuchen Sie herauszufinden, was unter
Während es Klein-, Mittel- und Großbetriebe einem Gewerbebetrieb zu verstehen ist!
sowohl bei Dienstleistungsbetrieben als auch Ziehen Sie hierzu ein Wirtschaftslexikon
bei Sachleistungsbetrieben gibt, gehören die zu Rate!
Betriebe, die Produkte herstellen, einzig und 7. Einzel-, Serien- und Massenfertigung
allein zu den Sachleistungsbetrieben. Auch sind bekannte Begriffe.
hier sind Kleinbetriebe (z.B. Klempnereien,
a) Erläutern Sie diese!
Dachdeckereien, Tischlereien etc.) ebenso
anzutreffen wie Mittelbetriebe (örtliche Brau- b) Machen Sie sich über Sorten-, Partie-
ereien) und Großbetriebe. und Chargenfertigung kundig!
Viele Betriebe sind miteinander verbunden. c) Warum hat die Massenfertigung im
Von einigen wissen wir, dass sie mehr als Laufe der Zeit ständig zugenommen
hundert Lieferanten haben, von den vielen und andere Fertigungen ersetzt?
Kunden ganz zu schweigen. Dann unterhalten
sie meist Konten bei verschiedenen Geldinsti-
tuten und sind bei einigen Versicherungsge- Auch die DMW AG unterhält vielfache Ge-
sellschaften gegen alle möglichen Risiken schäftsbeziehungen zu ihren Lieferanten und
(Feuer, Diebstahl, Brand, Unfall, Haftpflicht Abnehmern. Dabei spielen in- und ausländi-
etc.) versichert. sche Kontakte eine gleichgroße Rolle.

Abb. 6 a: Wirtschaftsbereiche
1. Grundlagen der Leistungserstellung 9

Hinzu kommen Geschäftsbeziehungen zu Aufgaben


Anwälten, Maklern, Marktforschungsinstitu-
8. Bitte verfolgen Sie in Abb. 6 a noch
ten, Werbeagenturen, zu Speditionen, zur
einmal den Warenstrom! Vielleicht sind
Deutschen Bahn AG und Telekom, zu Archi-
Sie in der Lage – ausgehend von einem
tekten, Luftfahrtgesellschaften, Softwarean-
forstwirtschaftlichen Betrieb –, die
bietern, Reisebüros usw.
Wohnmöbelherstellung eines kleinen In-
Abb. 6 a stellt zwar den Zusammenhang zwi- dustriebetriebes bis hin zum Verkauf an
schen Betrieben und Haushalten untereinan- Haushalte unter Berücksichtigung einiger
der vereinfacht dar, aber verdeutlicht doch, Dienstleistungsbetriebe zu verfolgen und
wie sie alle mit der Wirtschaft verflochten dem Warenstrom den Geldstrom gegen-
sind. Die Pfeile zeigen den Warenstrom an, überzustellen.
der von der Urproduktion über die Weiterver-
9. a) Sammeln Sie aus Zeitungen und
arbeitung (und bei ihr untereinander) zu den
Zeitschriften und möglicherweise aus
Haushalten verläuft. Die Linien zwischen den
Fachblättern (einiges bekommen Sie
Sektoren symbolisieren die weiteren Bezie-
bei Handels- und Handwerkskam-
hungen der Betriebe untereinander und die
mern) Beiträge über die Wirtschafts-
der Haushalte. Heute gewinnen die Betriebe
sektoren!
des tertiären Wirtschaftssektors angesichts der
Medienentwicklung zunehmend an Bedeu- b) Dem Konsumenten sind fast alle Ein-
tung. Dennoch nimmt in Deutschland die zelhandelsformen bekannt, weil er
Industrie den ersten Platz unter den Wirt- beinahe täglich mit einigen von ihnen
schaftssektoren ein. zu tun hat. Welche sind gemeint? Ma-
chen Sie Unterschiede klar!

Zusammenfassung
Die vielen Unterscheidungsmerkmale der Betriebe erschweren eine eindeutige Systematik.
Wichtig ist, dass einerseits nach Dienstleistungs- und Sachleistungsbetrieben unterteilt
wird und andererseits nach Betrieben, die den einzelnen volkswirtschaftlichen Sektoren zuge-
rechnet werden. Primärsektor ist die Urproduktion, Sekundärsektor die Weiterverarbei-
tung, der Tertiärsektor umfasst Dienstleistungen.

Elektro Maschinenbau Chemie


Betriebe 3.317 6.051 1.861
in % der Industrie 6,9 12,5 3,8
Beschäftigte 819.000 884.800 444.345
in % der Industrie 13,4 14,4 7,2
Umsatz in Mrd. EUR 154,9 132,4 108,7
in % der Industrie: 11,5 9,8 8,1
je Beschäftigten in EUR: 189.133 149.638 244 630
Exportquote in %: 73** 68,20** 64,10**
Abb. 6 b: Ausgewählte Betriebe des Sekundärsektors der BR Deutschland 2003
10 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

1.3 Industriebetriebe

1.3.1 Abgrenzung zum Handwerk


Industriebetriebe sind Herstellungsbetriebe Hersteller 2003
mit einer für sie geeigneten technisch- Rang Hersteller Jan.-Dez 2003 Veränd. in %
organisatorischen Ausstattung. 1 Volkswagen 600.380 -0,7
2 Mercedes 369.099 -5,0
Soll der Industriebetrieb kurz beschrieben 3 Opel 332.737 -1,3
werden, so wäre vielleicht diese Aussage 4 Audi 238.742 -1,4
angebracht: 5 Ford 235.279 -11,2
6 BMW 227.922 0,8
Mit Hilfe von hochwertigen, oft automatisier- 7 Renault 204.344 -0,8
ten Maschinen, maschinellen Anlagen, Vor- 8 Peugeot 123.791 14,0
richtungen und Werkzeugen auf der Grundla- 9 Toyota 110.200 6,7
ge bis ins Detail durchdachter, arbeitsteiliger Abb. 7: Verkäufe der Konkurrenz für
Tätigkeiten werden Werkstoffe, Betriebsmit- Deutschland 2003
tel und Arbeitsleistungen sowie Informatio-
nen (zusammen als „input“ bezeichnet) im Aufgabe
Produktionsprozess zu neuen Gütern verarbei- 10. Versuchen Sie herauszufinden, was für
tet und als Sachgüter (an Haushalte und Be- weitere Einteilungsgesichtspunkte es für
triebe) veräußert („output“). Betriebe geben kann, und nennen Sie
Dabei fallen in vielen Industriebetrieben Ma- Beispiele für Ihre Vorschläge.
schinen ins Auge, die von Zentralen aus ge- Wenn Martin Kohlhausen, früher Vorstands-
steuert werden. Auch sind die zahlreichen sprecher der Commerzbank AG, auf sein neu-
Roboter bekannt – besonders in den Fabrika- estes Bauprojekt zu sprechen kam, geriet er fast
tionshallen der Autoindustrie eingesetzt –, die in Verzücken. Europas höchstes Bürogebäude
nur noch wenige Arbeitskräfte notwendig wird „ein Zeichen setzen für den Aufbruch ins
machen. Meist stehen diese an den Leitstel- nächste Jahrtausend“, schwärmte er.
len, das heißt jenen Orten, von denen die Der Turm postuliere nämlich, so der Bankma-
Fertigung gesteuert wird. Neu geschaffene nager, „eine Kombination von Wirtschaftlich-
keit und Erkenntnissen der Umwelttechnik“.
Industriebetriebe bedienen sich bei Errichtung
Alle Arbeitszimmer haben Tageslicht und
eines Werkes modernster Erkenntnisse des werden auf natürliche Art belüftet. Für die
Umweltschutzes, wie das im nebenstehenden Büros „des Ökohochhauses“ sind Kühldecken
Beitrag (siehe auch unter 5.4) – zwar an ei- geplant, durch die kaltes Wasser fließt. Sie
nem Beispiel aus dem Dienstleistungssektor – sparen Energie und belasten die Gesundheit der
verdeutlicht wird (siehe Abb. 8). Mitarbeiter weniger als eine herkömmliche
Klimaanlage. Zukunftweisend ist zudem die
Auch Handwerksbetriebe sind Herstel- hausinterne Mülltrennung und –entsorgung.
lungsbetriebe. Mit seinem Engagement für die Umwelt stand
Aber sie unterscheiden sich erheblich von In- Kohlhausen nicht allein: Auch die Deutsche
dustriebetrieben. Mag für viele der Unterschied Messe AG in Hannover hat ihre Halle 26 nach
in der Anzahl der hergestellten Produkte und einem neuartigen Konzept gebaut, das eine
Klimaanlage überflüssig macht. „Damit“,
möglicherweise in der Größe der Anlagen und
freute sich Vorstand Klaus Goehrmann, „wur-
ihrer typischen Gestaltung liegen. de das Motto der Weltausstellung 1998
„Mensch, Natur, Technik“ verwirklicht.

Abb. 8: Wie sich das Äußere der Be-


triebe ändert.
1. Grundlagen der Leistungserstellung 11

Wer aber tiefer in diese Frage eindringt, wird Aufgaben


feststellen, dass es viele Merkmale gibt, die
11. Welche Gewerke aus dem Handwerk
beide voneinander trennen.
kennen Sie? Beschreiben Sie deren Auf-
Hier seien weitere genannt: gaben in der Volkswirtschaft!
• Arbeitsteilung 12. Sehen Sie sich bitte Abb. 10 an, dabei
• Anlagenintensität handelt es sich um die Zentrierung eines
Motorgehäuses. Was sollte diese Art der
• Auftragsstruktur Zergliederung bewirken? Sie alle kennen
• Organisation der Leitung ein Fließband. Wird hier die gesamte Ar-
beit nur zergliedert, oder/und findet hier
• Organisation der Herstellung
ein weiterer Prozess statt, der der Zu-
• Erzeugnisprogramm sammenlegung?
• Mitarbeiterzahl und -qualität.
Zentrales Anliegen der Herstellungsbetriebe
ist die Produktion von Gütern. Ihr Mittelpunkt
ist also die Produktion selbst. Sie unterliegt
zahlreichen betrieblichen Einflüssen und
Entscheidungen. Andererseits beeinflusst sie
diese in großem Maße (siehe Abb. 9).
Dass die Ausprägungen im Handwerksbetrieb
weit weniger stark sind und dass es meistens
keine besonderen Abteilungen für die Organi-
sation, Finanzierung und für das Personal
gibt, liegt wegen der Größe und des Umsatzes
auf der Hand.
Abb. 9: Die besondere Stellung der
Der Begriff der Arbeitsteilung wird mit Produktion
Männern wie H. Ford und W. Taylor in Ver-
bindung gebracht. Sie waren es, die eine Zer-
gliederung der Arbeitsverrichtungen bis in
kleinste messbare Einheiten vorschlugen und
durchführten. Das erlaubte Produktionspla-
nern, Menschen, Werkstücke und Ablauf
aufeinander abzustimmen. Minutiös. Fließ-
band und Arbeitsstrecke waren die Resultate
ihrer Denkweise. Diese machten die hohen
Produktionszahlen erst möglich. Massenferti-
gung war das dazugehörige Schlagwort.
Schon hier sei darauf hingewiesen, dass die
gegenwärtige Entwicklung eine neue Rich-
tung aufgezeigt hat, weil die Fließfertigung
keine höhere Produktivität mehr erreichen
lässt. Lean Production ist das, was in vielen
Unternehmen Eingang gefunden hat, oft als
Lean Management bezeichnet oder als
Reengineering ausgewiesen. Abb. 10: Arbeitszergliederung
12 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Der Umwandlungsprozess hat sowohl in die Einiges über Lean Production


Verwaltung als auch in die Fertigung einge-
Lean Production meint eine Arbeitsor-
griffen. Waren es hier Teamarbeit und ganz-
ganisation, die ihre ersten Anfänge schon
heitliche Herstellung, sind es dort Hierarchie-
abbau und Eigenverantwortlichkeit der Abtei- im schwedischen Automobilkonzern Volvo
lungen (siehe Kapitel 4.7 u.a.). Auch heute im Frühjahr 1972 fand und durch Arbeits-
noch spielt die Arbeitsteilung und mit ihr die wechsel (Job rotation), Arbeitserweiterung
Zerlegung von Arbeitsgängen bis hin in Ar- (Job enlargement) und Arbeitsbereicherung
beitsgriffe (Arbeitszerlegung) eine große (Job enrichment) Bedeutung erlangte. Hin-
Rolle. Aber in vielen Betrieben werden die ter der Lean Production steht eine Füh-
Menschen mit ihr besser fertig, weil sie durch rungsphilosophie, die den Mitarbeiter in
die Teamarbeit entkrampft wird, und weil den Mittelpunkt des Unternehmens rückt.
die im Team arbeitenden Mitarbeiter durch So wurde zum neuen Opelwerk in Eisenach
ein ständiges Wechseln des Arbeitsplatzes ausgeführt:
innerhalb der Gruppe (job rotation) immer „Die Vordenker – und das ist ein wichtiges
wieder neu zur Arbeit motiviert werden.
Element der stark auf permanente Kommu-
Stumpfsinnigkeit – wie am Fließband –
nikation abzielenden Philosophie – sitzen
kommt auf diese Weise gar nicht erst auf.
nicht abgehoben auf Vorstandsetagen, son-
Die Anlagenintensität ist ein weiteres dern mitten unter ihren Mitarbeitern in einem
Merkmal, das den Unterschied zu Hand- riesigen Großraumbüro.“ Und mehr als je
werksbetrieben erläutern lässt. Handwerksbe- zuvor ist das Team eigenverantwortlich für
triebe sind überschaubar. Ihre Umsätze stehen die Qualität seiner Arbeit. Es ist dafür ver-
in keinem Verhältnis zu denen der Industrie-
antwortlich, dass die Folgegruppe, die das
betriebe. Sie arbeiten in Werkstätten oder
Werkstück weiter bearbeitet, einwandfreie
direkt am Produktionsort, der vom eigenen
Betrieb ausgelagert ist. Zu denken ist unter Produkte erhält. Damit ist jeder Fehler zu-
anderem an das Baugeschäft, das zusammen rechenbar und wird vermieden. Die besonde-
mit Subunternehmern, z.B. mit Tischlereien, re Bedeutung liegt also bei den selbstständi-
Dachdeckern, Klempnern, Elektrikern, Ein- gen Gruppen, die als Unternehmen im Un-
familienwohnhäuser errichtet. Oft sind die ternehmen (Profitcenter) arbeiten.
Bauteile zwar vorgefertigt, und das könnte
schon industriell organisiert sein, ein Großteil Die DMW AG hat bei einem Gesamtvermö-
des Hauses kann aber noch herkömmlich gen von 1,12 Mrd. EUR 328 Mio. EUR an
gemauert und errichtet werden. Dazu werden Sachanlagen ausgewiesen. Das macht circa
Werkzeuge, Mischmaschinen, Vorrichtungen, ein Drittel des Gesamtvermögens aus. Auch
Baugerüste u.a. benötigt, Betriebsmittel, de- diese Sachanlagen verschlingen jedes Jahr
ren Wert immer noch relativ gering ist. große Beträge. Und da auch die DMW stän-
Industrieunternehmen mit ihren Verwaltungs- dig größer geworden sind, weil das Produkt-
gebäuden, Werkshallen, Lagerräumen, Park- programm eine große Nachfrage nach sich
plätzen, Autoparks unterhalten Anlagen, de- zieht, musste bisher die Kapazität ständig
ren Wert in die Millionen und Milliarden geht erweitert werden. So waren die Investitionen
(Anlagenintensität). Und das hat Konse- auch im vergangenen Jahr erheblich (300
quenzen. Mio. EUR).
Hier sei nur einiges erwähnt. Wesentliche
Inhalte sind den Kapiteln Finanzierung und
Produktionswirtschaft zu entnehmen.
1. Grundlagen der Leistungserstellung 13

Zuerst einmal mussten all diese Sachgüter Aufgaben


angeschafft werden. Sie verschlangen Un-
13. Erklären Sie, welchen Einfluss die Ent-
summen an Geld. Oft werden sie durch Kredi-
wicklung und Forschung eines Industrie-
te finanziert. Manchmal im Wege des Lea-
betriebes auf die Herstellung nimmt! Wa-
sing. In jedem Fall binden sie Kapital und
rum kann es starke und weniger starke Ein-
kosten natürlich auch durch die Benutzung
flüsse geben? Halten Sie die in Abb. 9 dar-
Geld. Sie müssen nämlich ständig gewartet,
gestellten Pfeile für richtig? Wenn nein,
oft repariert werden. Ganz besonders Werk-
dann erläutern Sie Ihre Überlegungen!
zeuge, Vorrichtungen und maschinelle Anla-
gen sowie Kraftfahrzeuge und Transportmit- 14. Beschreiben Sie aus Ihren Vorstellungen
tel, z.B. Gabelstapler, verschleißen durch die die Tätigkeit an einer Arbeitsstrecke!
Benutzung. Auch das bezeichnet man als 15. a) Informieren Sie sich noch einmal
Kosten (Abnutzung). Je höher demnach der über die Begriffe
Wert dieser Sachgüter ist, desto höher sind
auch die Kosten. • Degression
Solche Kosten der Abnutzung werden Ab- • Abnutzung
schreibungen genannt. Der Begriff Abschrei- • fixe Kosten!
bungen ist auch in der Buchhaltung und im
• Nehmen Sie u. a. ein Fremdwör-
Steuerrecht zu Hause. Diese werden in der
terbuch zu Hilfe!
Regel als fixe (gleichbleibende) Kosten ange-
sehen. Jedes Jahr wird ein unveränderter Betrag b) Nennen Sie zwei weitere fixe Kos-
ausgeworfen und in die Preise eingerechnet. tenarten!
Nun haben fixe Kosten einen besonderen Cha-
rakter. Je größer der Ausstoß einer Unterneh- Ergänzung zu den Abschreibungen
mung ist, desto geringer ist der Anteil der fixen
Kosten an einem einzelnen Stück. Das leuchtet Bei Vermögensgegenständen des Anlagever-
auch schnell ein. Man spricht vom Gesetz der mögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist,
Massendegression. Hiermit ist nichts anderes sind die Anschaffungs- oder Herstellungskos-
gemeint, als dass der Fixkostenanteil bei zu- ten um planmäßige Abschreibungen zu ver-
nehmender Kapazitätsauslastung pro Stück mindern. Der Plan muss die Anschaffungs-
kleiner wird. (Genauer ausgedrückt kann man oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjah-
sagen, dass sich die fixen Kosten auf das ein- re verteilen, in denen der Vermögensgegen-
zelne Stück degressiv verhalten.) stand voraussichtlich genutzt werden kann.
Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung
Die hohen fixen Kosten erfordern demnach zeitlich begrenzt ist, können bei Vermögens-
eine Produktion in großen Mengen. Wenn gegenständen des Anlagevermögens außer-
nun der Absatz zurückgehen sollte, dann planmäßige Abschreibungen vorgenommen
steigt der Anteil der fixen Kosten pro Stück werden, um die Vermögensgegenstände mit
natürlich wieder an, weil sie als Kostensum- dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen
me gleich bleiben, sich nunmehr aber auf am Abschlussstichtag beizulegen ist. Sie sind
weniger Erzeugnisse verteilen. vorzunehmen bei einer voraussichtlich dau-
ernden Wertminderung.
14 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Und darin liegt die Unflexibilität von Groß-


betrieben. Statt dass sie bei zurückgehendem
Absatz die Preise senken, sind sie eigentlich
gezwungen, diese zu erhöhen, weil die Kosten
pro Stück gestiegen sind.
Kennzeichen von Industriebetrieben ist
neben der Anlagenintensität deren fehlen-
de Flexibilität. Das muss man sich merken.
Handwerksbetriebe unterhalten keinen umfas-
senden und teuren Maschinenpark. Wohl
verwenden sie auch Maschinen und Werk- Abb. 11: Ein Blick in eine Werkshalle
zeuge – denken wir z.B. an den Tischler, der
oft über automatische Hobelbänke und elekt- Mit dem Verhältnis von Sachanlagen zu dem
rische Sägen ebenso verfügt wie über das für Gesamtvermögen steht die DMW AG mit
ihn notwendige Werkzeug. Kleine Bauunter- anderen großen Automobilherstellern auf
nehmen benutzen eigene Mischmaschinen derselben Ebene. Auch sie unterhalten ein
und Gerüste, manchmal Kleinstaufzüge etc. großes Sachanlagevermögen mit circa einem
Der nicht sehr aufwendige Maschinen- und Drittel des Gesamtvermögens.
Werkzeugpark verringert die fixen Kosten
In einer Pressemitteilung des Jahres 2004 hieß
und macht den Handwerksbetrieb flexibel.
es: „Die DMW AG hatte 2003 finanzielle
Allerdings ist eine Vergrößerung des Betrie-
Mittel aufgebracht, um das Werk in Halle zu
bes dadurch oft begrenzt.
gründen und das Emdener Werk zu moderni-
Die Auftragsstruktur bei Industriebetrieben sieren. Im Stammwerk (Hannover) musste
ist variantenreicher als bei Handwerksbetrie- eine Formpresse durch eine neue Anlage
ben. Sie pendelt zwischen zwei Polen. Entwe- ersetzt werden. Die Gesamtsumme dieser
der handelt es sich um Massenfertigung, meist Investitionen betrug 300 Mio. EUR in den
im Rahmen der Fließfertigung und Automation letzten 5 Jahren erforderte die Investitionstä-
verwirklicht, oder um Kleinstserienherstellung tigkeit einen Mitteleinsatz von 1 Mrd. EUR.“
beziehungsweise um Einzelfertigung (Schiff-
Die Anlagenintensität der DMW AG ent-
bau). In der Regel produzieren Industriebetrie-
spricht der der Konkurrenz.
be für den anonymen Käufer.
Anders der Handwerksbetrieb. Er kennt sei-
nen Auftraggeber, hat mit ihm abgesprochen, Aufgabe
wie das Produkt aussehen soll, und wird die
ganz besonderen (individuellen) Wünsche 16. Eine automatische Fertigungsanlage
seines Kunden bei der Herstellung berück- wurde Anfang des Jahres in Betrieb ge-
sichtigen. Das verleiht dem Handwerksbetrieb nommen. Die Abnutzung dieser Ferti-
eine gewisse Existenzsicherheit in schlechten gungsanlage je Monat wurde auf 120 000
wirtschaftlichen Phasen. EUR geschätzt. Im Januar konnten nur
Die übrigen Unterscheidungsmerkmale sind 20.000 Stück mit ihr hergestellt werden,
in einer Tabelle kurz dargestellt. weil Maschinen und Personal noch im
Versuchsstadium arbeiteten. Im Februar
stieg die Ausbringung auf 40.000 Stück,
im März auf 44.000, im April auf 50.000.
1. Grundlagen der Leistungserstellung 15

Industrie Handwerk
Kapazität meist groß; Herstellung in Serien und meist begrenzt; Einzelprodukte
Massen
Käuferkreis anonym Individualnachfrage
Anlagen- hohes Anlagevermögen; Fertigungsma- relativ geringes Anlagevermögen;
struktur schinen Maschinen als Hilfsmittel
Arbeitskräfte unterschiedliche Quantitäten, bei auto- meist relativ wenig Arbeitskräfte (AK). Lehr-
Quantität und matischer Fertigung wenig Arbeitskräf- zeit (beruflich gut und lange ausgebildet)
Qualität te (AK), bei Fließbandfertigung sehr
viele AK beschäftigt, meist oben Tech-
niker, unten angelernte Kräfte
Produktions- verschiedene; Werkstattfertigung; weniger arbeitsgeteilt
verfahren sehr starke Arbeitsteilung
Art der Auf- hohe Aufwendungen für Instandhaltung geringe Abnutzungsaufwendungen, aber hohe
wendungen der Maschinen, hohe Abnutzungsauf- Personalausgaben, weil geschulte AK
wendungen
Erzeugnis- Einproduktunternehmen, Mehrprodukt- mehrere Produkte, Individualfertigung, Son-
programm unternehmen (verwandte Produkte, derwünsche
Baukastensystem)
Abb. 12: Wesentliche Merkmale zur Unterscheidung von Industrie und Handwerk

1.3.2 Betriebssysteme der a) Wie hoch waren die Abnutzungskos-


Industrie ten (Abschreibungen) pro Monat und
Stück?
Die Fabrik ist das modernste Betriebssystem
b) Wie hoch waren die durchschnitt-
der Industrie. In ihren unterschiedlichsten
lichen Abnutzungskosten pro Stück
Ausprägungsformen mit heute modernen
der in Frage kommenden Monate?
Stilelementen wie Glas, Stahl und Farbe ist
sie allen bekannt. Bei der Besichtigung der Federschleiferei erklärte der
Der Verlag kommt dem Handwerk am nächs- Metallmeister: „Alles, was hier liegt, ist Gold. Die Feder-
fertigung besteht aus 66 Arbeitsgängen und ist zu 80
ten. Zwischen Produktionsstätte und Absatz- Prozent reine Handarbeit. In der Stanzerei wird das
markt steht der Verleger. Dieser liefert seinen gelieferte Goldband gewalzt, gestanzt, mit Angaben über
Vertragsproduzenten Werkstoffe, Werkzeuge Federtypus und Karat sowie der Meterhöhe des höchsten
und Vorrichtungen und erteilt die Aufträge Alpengipfels „4810" gestempelt, geglüht und gepresst.
Der aus Iridium bestehende Federpunkt wird geschweißt
zum Herstellen. Meist holt er die fertigen und vorgeschliffen. Anschließend wird das aus 14 oder
Erzeugnisse von dort ab. Die Verbraucher der 18 Karat bestehende Goldstück in der Schleiferei auf die
auf diese Weise gefertigten Produkte sind gewünschte Schriftbreite zurechtgeschnitten, ausgegli-
anonym. chen, poliert und per Hand eingeschrieben. Acht limitier-
te Auflagen haben seit 1992 den Weg in Sammlerhände
Die Manufaktur ist eine Produktionsweise gefunden." Auch der Füllhalter, von dem hier die Rede
mit umfangreicher Handarbeit. Sie produziert ist, wird in dieser begrenzten Stückzahl hergestellt.
für den anonymen Markt. Sie unterhält aus- Kernstück ist die Feder. Sie auf die verschiedenen
Schriftbreiten einzuschleifen, ist fast künstlerische Ar-
gedehnte Produktionsstätten mit hohem beit. Kennzeichen der Manufaktur.
Anlagevermögen. Ihre Produkte sind in der
Abb. 13: Montblanc, die Feder aus der
Regel künstlerisch gestaltet (Porzellan).
Manufaktur (Quelle: Hambur-
ger Abendblatt)
16 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Abb. 14 Das Handwerk in der Volkswirtschaft

Handwerksbetriebe sind quer zu allen Bran- Aufgabe


chen als Hersteller und Dienstleister bzw.
17. Das Handwerk bildet auch heute noch
Händler tätig. Man unterscheidet mehrere
mehr junge Menschen im gewerblichen
Handwerksgruppen, u.a.: Holzgewerbe, Bau-
Sektor aus als es die Industrie tut. Was für
und Ausbauhandwerk, Metall- und Elektro-
eine Erklärung könnte es hierfür geben?
gewerbe, Gesundheitshandwerke und Körper-
pflege u.a.

1.4 Der innerbetriebliche Kreislauf eines Industriebetriebes


1.4.1 Die Prozesskette
Industriebetriebe sind Hersteller von Sachgü-
tern unterschiedlichster Art. Daher benötigen
sie ebenso unterschiedliche Sachanlagen, und
das sind unter anderem Maschinen, Vorrich-
tungen, Werkzeuge, Werkshallen, Verwal-
tungsgebäude, Fuhrparks etc. All diese Ge-
genstände werden bei Gründung bzw. nach
Gründung beschafft. Dafür ist Kapital nötig,
und dieses wird von Eigentümern und von
fremden Kapitalgebern aufgebracht. Man
spricht von Eigen- und Fremdkapital.
Manchmal bringen die Eigentümer Sachanla-
gen ein, sollten sie hierüber verfügen (z.B.
Kraftwagen). Meistens aber stellen sie ihr
Kapital in Form von Bargeld zur Verfügung.
Und das wird zum Teil für die Einkäufe der
Sachanlagen verwandt. Abb. 15: Einsatzfaktoren (Betriebsele-
mente) im Betriebsprozess
1. Grundlagen der Leistungserstellung 17

In der Betriebswirtschaftslehre wird von Be- Beispiele:


triebsmitteln gesprochen. Nun ist es damit
Ausgewählte Werkstoffe der DMW AG bei
natürlich noch nicht getan. Die Herstellung
der Herstellung ihrer Personenwagen
von Gütern setzt Werkstoffe voraus, die – je
nach Art des Produktes und nach den Ferti- Innenraum
gungsverfahren – umgeformt, umgewandelt Instrumententafel, Zeituhr, Rückspiegel, Son-
oder veredelt werden. Dass dazu Menschen nenblenden, Spiegel, Luftdüsen, Hupe, Blin-
gebraucht werden, ist selbstverständlich. Das ker- und Fernlichtanzeige, Lenkrad, Gaspe-
Verwaltungspersonal z. B. im Einkauf sorgt dal, Handbremshebel, Bremspedal, Kupp-
für die pünktliche Anlieferung der Werkstoffe lungspedal, Kilometerzähler, Drehzahlmesser,
und Teile, das technische Personal in der Öldruckwarnleuchte, Fernlichtanzeige, Sitze,
Herstellung für die Planung des Fertigungs- Rücksitzbank, Kopfstütze, Sicherheitsgurt,
prozesses, und das heißt unter anderem, wel- Armstütze, Führungsschienen für die Sitze,
che einzelnen Werkstätten eingesetzt und auf Rückenlehne, Gurtverschlüsse, Armstützen in
welchen Maschinen die Werkstoffe be- und der Tür, Seitenspiegelverstellhebel, Scharnie-
verarbeitet werden. Der gesamte Betriebspro- re für die Türen, Türverkleidung, Türsiche-
zess und – hier insbesondere – der Ferti- rungsknöpfe u.a.
gungsprozess werden organisiert. Ohne eine
Motor
sinnvolle Organisation wird ein reibungslo-
ser Ablauf unmöglich. Lüfter, Kolbenringe, Kurbelwelle, Keilrie-
men, Kolben, Schwungrad, Lichtmaschine,
Die Arbeitnehmer sind in der Prozesskette die
Nockenwelle, Einspritzdüse, Zündverteiler,
wichtigste Größe, auch wenn die Technisie-
Auspuffkrümmer, Riemenscheibe, Ventilfe-
rung so fortgeschritten ist, dass vielfach auf
dern, Kompressor etc.
Menschen verzichtet werden kann. Heute
wird das Arbeitskräftepotential anders bewer-
tet als früher. Immer wieder und fast überall Ergänzungen zur Kombination der Ele-
hört man, dass neue Organisationsformen der mentarfaktoren
Arbeit, die den Arbeitskräften mehr Verant- Abb. 16 soll noch einmal verdeutlichen, dass
wortung übertragen, zu einer veränderten der Produktionsprozess auf der Basis der Ele-
Unternehmenskultur geführt haben. So wird mentarfaktoren abläuft. In jedem Sektor des
beim Staat nicht mehr nach Arbeitern und Betriebes, also in seinen großen Organisations-
Angestellten unterschieden, eine Entschei- bereichen „Beschaffung, Produktion und Ab-
dung, die sich auch in der Privatwirtschaft satz“, aber auch in anderen bedeutenden Teilen
durchsetzen wird. des Betriebes, z.B. im Personalwesen, im
Die Herstellung dauert manchmal nur Stun- Rechnungswesen – Abteilungen, die hier nicht
den, manchmal Tage, vielleicht aber sogar ausgewiesen sind, um die Abbildung nicht zu
Wochen und Monate. Die Herstellung eines kompliziert zu machen –, werden die Betriebs-
Öltankers z.B. mehr als ein Jahr. Das Ergeb- elemente (Elementarfaktoren) zusammenge-
nis der Produktion sind die Güter, die veräu- führt. Mal sind es alle Faktoren, mal fehlen
ßert werden sollen. Sie werden als Fertig- Werkstoffe, mal sind es qualitativ hochwertige
erzeugnisse bezeichnet. Bei ihnen handelt es Betriebsmittel wie Steuerungsanlagen, mal
sich um absatzreife Produkte. Im Gegensatz sind es nur einfache Werkzeuge, mal benötigt
dazu gibt es unvollendete Produkte, also Er- man erfahrene Fachleute, mal kann man „New-
zeugnisse, die noch nicht fertiggestellt oder comer“ einsetzen. Jeder Bereich ist auf seine
zwischengelagert werden. Sie heißen unferti- Weise kombiniert. Aber letztlich ist der gesam-
ge Erzeugnisse. te Prozess aufeinander abgestimmt.
18 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Wird für den anonymen Markt produziert – So legt sich eine Organisation wie ein Netz
also bei Massenerzeugnissen und Serienpro- über das gesamte Unternehmen, verbindet
dukten –, dann werden sie bis zum Verkauf Abteilungen miteinander und schafft Bezie-
gelagert (Nachlagerung). Schließlich gelan- hungen zu den Arbeitsplätzen mit Regeln, die
gen sie zu den Kunden. Oft über Groß- und für alle verbindlich sind. Nach außen tritt die
Einzelhändler, oft direkt. Mit diesen Aussa- Organisation als Firma mit einem Namen in
gen sind die für die Produktion notwendigen Erscheinung.
Faktoren – in der Betriebswirtschaftslehre als
Elementarfaktoren bezeichnet (menschliche
Arbeitsleistungen, Betriebsmittel und Werk-
stoffe) – noch nicht ganz vollständig aufge-
zählt. Es fehlt als weitere Größe ein Informa-
tionssystem, das sich durch alle Abteilungen,
zu allen Arbeitsplätzen, einschließlich denen
der Leitung, zieht. Wie ein Büro im einzelnen
ausgestattet ist, mit welchen Geräten gearbei-
tet wird, welche Formulare wann und wo
eingesetzt werden, wie Nachrichten weiterge-
leitet und Anweisungen erteilt werden, ist in
diesem Zusammenhang nicht wichtig. Wich-
tig aber ist, dass alle Faktoren aufeinander
abgestimmt sein müssen (Kombination), damit
der Prozess reibungslos abläuft. Kein Betrieb
kann es sich nämlich leisten, dass bei Ausfall
einer Maschinenanlage das ganze Unterneh-
men stillgelegt wird. Ersatzanlagen stehen Abb. 16: Die Kombination der Betriebs-
daher meist bereit. Für viele Eventualfälle elemente mit Abteilungsver-
werden vorher Konzepte ausgearbeitet, die je knüpfung am Beispiel der
nach Art des Geschehnisses realisiert werden. DMW AG
Dass es allerdings immer wieder zu Pannen und
Fehlentscheidungen kommt, liegt daran, dass
die verantwortlichen Planer nicht alle Einflüs-
se und Möglichkeiten voraussehen können. Aufgaben
1.4.1.1 Organisation in der 18. Sehen Sie sich bitte noch einmal Abb. 16
Prozesskette an! Was besagen die Pfeile, die sich
Die hier erwähnte Kombination der Elemen- durch die Einzelsektoren ziehen?
tarfaktoren läuft natürlich nicht von selbst und 19. Man nennt den Betriebsprozess auch
ohne Zwischenfälle ab. Wertbildungsprozess. Versuchen Sie zu
erläutern, was man sich hierunter vorstel-
len könnte!
1. Grundlagen der Leistungserstellung 19

Die Organisation setzt das um, was die Lei- Zur Produktqualität
tung und die entsprechenden Mitarbeiter
Mehr denn je scheint in der Gesellschaft Qua-
geplant haben. Damit jeder einzelne seine ihm
lität der Produkte gefragt zu sein. Ein moder-
zugewiesenen Aufgaben auch erfüllt, damit
nes Qualitätsprodukt hat es leichter, am Markt
die Reihenfolge der Abläufe eingehalten wird.
platziert zu werden; es ist haltbarer, reparatur-
Mehr noch. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
unanfälliger und erzielt höhere Wiederver-
der Organisationsabteilungen suchen ständig
kaufswerte. Da lassen sich die Betriebe die
nach Verbesserungen. Für Belegschaft und
Qualitätskontrolle im eigenen Hause schon
einzelne Mitarbeiter werden Arbeitsplatzbe-
etwas kosten.
schreibungen, Explosionszeichnungen der
Erzeugnisse, Stücklisten für die Teile, Lauf-
karten, Arbeitszeitregelungen, Betriebsver-
einbarungen, Teamordnungen u.a. entwickelt,
die den reibungslosen und möglichst schnel-
len Prozess unterstützen, weil sie ihn durch-
sichtig machen.

1.4.1.2 Die Leitung als oberstes


Organ der Prozesskette
Man kann sich gut vorstellen, welche große
Verantwortung diejenigen tragen, die all das
austüfteln (planen) und das Gerüst eines Be-
triebes bestimmen, in dem und nach dem
gearbeitet wird. Der Leitung zur Seite stehen
Abteilungen, die extra hierfür eingerichtet Abb. 17: Auto Bild macht Vorschläge
werden. Sie sind mit Fachleuten besetzt, ha- zur Qualitätsverbesserung
ben aber nur beratende Funktion. Man nennt (Quelle: Auto Bild)
sie Stababteilung. Trotz der Hilfe bleibt der
Leitung eine endgültige Entscheidung über Die DMW haben es sich zur Aufgabe ge-
die Struktur und den Ablauf eines Unterneh- macht, auch ihre Klein- und unteren Mittel-
mens vorbehalten. Daher wird sie auch als klassewagen mit höchster Qualität auszustat-
besonderer Elementarfaktor hervorgehoben ten. Sie haben daher – ebenso wie Ford – auf
(siehe Abb. 66/67). die japanische Herausforderung geantwortet.
Ein Weg dazu sind die Standards, die vom
Lieferanten gefordert werden.

Zusammenfassung
Das Betriebsgeschehen ist ein sich ständig erneuernder Prozess. In ihm werden die Elemen-
tarfaktoren „menschliche Arbeitskräfte“ (Belegschaft und Leitung), Betriebsmittel, Werk-
stoffe und Informationen auf der Basis von Leitungsentscheidungen kombiniert. Er bringt
Güter und Dienstleistungen nach bestimmten Regeln hervor. Je kürzer die Durchlaufzeit ist,
desto produktiver ist ein Unternehmen. Die fertiggestellten Erzeugnisse wandern meist in
die Nachlagerung, von dort über den Verkauf zum Kunden. Die Prozesskette ist ein Wert-
bildungsprozess, weil aus den Werkstoffen neue Produkte entstanden sind.
20 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

1.4.2 Der Geldprozess Der Q1 Award von Ford. „Es ist ein Geschäftsgrundsatz
von Ford, Geschäftsbeziehungen nur mit solchen Liefe-
Dem „Strom“ aus Gütern und Leistungen von ranten zu unterhalten, die ständig danach streben, ihre
Qualität zu verbessern und ihre Produktivität zu stei-
der Beschaffung zum Absatz – ein Halbkreis- gern.“ Mit diesem Satz leitet das Corporate Quality
lauf also – wird der Geldstrom gegenüberge- Office der Ford Motor Company seinen „Leitfaden Q1 –
stellt. Er verläuft genau entgegengesetzt. Das Qualitätsauszeichnung für Kaufteillieferanten“ ein. Der
Geld wird beim Absatz vereinnahmt, wenn Leitfaden erläutert die weltweit gültigen Auswahlkrite-
rien und Prüfstandards (Q 101a und Q 101b), nach denen
Kunden die Rechnungen begleichen. Und es Lieferanten des Automobilherstellers als „bevorzugt“,
wird der Kasse (Kassenhaltung) zugeführt, „geeignet“ oder „ungeeignet“ eingestuft werden.
von wo aus die nachrückenden Werkstoffe Lieferanten, die als „bevorzugt“ beurteilt werden und die
bezahlt werden können. Auch die übrigen Q1-Auszeichnung (Q1 Preferred Quality Award) erhalten
wollen, müssen eine Reihe von Mindestanforderungen
Faktoren werden entgolten. Die Arbeitnehmer erfüllen, beispielsweise
erhalten meist am Monatsende ihr Gehalt, • bei der „Systemüberprüfung“ (vom Einkauf über die
Miete dagegen wird im voraus fällig. Produktion bis zum Kundenservice) in 20 Kategorien
wenigstens 160 von 200 möglichen Punkten erreichen
Wie auch immer: Das Geld wird für betriebli- • dieses Niveau vor der Auszeichnung ein halbes Jahr
che Zwecke eingesetzt. Hier dient es zur Auf- lang dauerhaft und ohne jede Beanstandung beibehal-
rechterhaltung der Prozesskette und stammt ten haben
von den Kunden. Bei Gründung müssen es • ein hohes „Qualitätsbewusstsein der Führungskräfte“
nachweisen.
die Eigentümer und Kreditgeber aufbringen,
um den Prozess überhaupt in Gang zu setzen. Abb. 18: Qualitätsstandards (Quelle:
manager magazin)

Wertbildungsprozess
istungss
rle
te

tro

Güter und
Geld
Leistungen

Geld Güter

Ge
Wertverteilungsprozess ldstrom

Abb. 19: Die entgegengesetzten Halbkreisläufe, der Güter- und Leistungsstrom im Wert-
bildungsprozess und der Geldstrom im Wertverteilungsprozess
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 21

Fließt mehr Geld in das Unternehmen zurück Die DMW AG erzielt ihre Einnahmen durch
als Ausgaben anfallen werden, dann können den Verkauf ihrer drei Autotypen „Single“,
neue Pläne geschmiedet werden. So kann man „Shopper“, „Sporty“. Von den Einnahmen
z.B. neue Maschinen kaufen, die entweder die (Umsatz 900 Mio. EUR) müssen 9.400 Mit-
Kapazität erhöhen oder die die Fertigung arbeiter bezahlt werden. Die Ausgaben für
modernisieren. Beides zum Vorteil für den Werkstoffe, Energie und Investitionsgüter
Betrieb. Dass sich mit der Durchführung der waren im vergangenen Jahr beträchtlich. Sie
Entscheidung die Kombination ändert, wird werden sicher auch das nächste Jahr belasten.
deutlich.
Kaufleute und Betriebswirte sprechen – wenn Aufgaben
sie vom Geldprozess im Betrieb reden – vom
Wertverteilungsprozess, weil das eingehende 20. In der Presse ist folgendes bekannt gewor-
Geld sozusagen auf die Betriebselemente auf- den: „Mittlerweile laufen die Opelrückrufe
geteilt oder auf sie verteilt wird. Soundso viel 3 und 4. Erst war es der Tankstutzen, dann
bekommen die Mitarbeiter und die Leitung, so der Airbag links, jetzt der Benzinschlauch
und so viel muss für neue Werkstoffe aufge- im Motor.“ (Quelle: Auto Bild).
wandt werden, so und so viel kosten Werkzeu- Welche Folgen wird das für den großen
ge und Vorrichtungen, Maschinen und Fahr- deutschen Autohersteller – jedenfalls
zeuge, so und so viel ist für Reparaturen fällig, kurzfristig – haben?
so und so viel verschlingt die Miete etc.
21. Prüfen Sie, wie viel Bargeld laut Bilanz
Für alles wird Geld beansprucht. Es verlässt der DMW AG zur Verfügung stand! Fin-
den Betrieb. Damit ist der Kreislauf dann den Sie in der Bilanz weitere Positionen,
geschlossen. die dem Unternehmen zu Bargeld verhel-
fen, damit es seine künftigen Ausgaben
decken kann!

2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher
Betriebe

2.1 Betriebliches Erstziel (Primärziel)

2.1.1 Bedeutung des Gewinns

Erwerbswirtschaftliche Betriebe sind solche Die DMW AG verzeichnete im Jahre 2003


Betriebe, die auf Dauer Gewinn erzielen wol- einen Gewinn – laut Gesetz wird er Jahres-
len. überschuss genannt – von nur 24 Mio. EUR,
Als gewerbliche Tätigkeit gilt nicht gelegentli- ein geringer Betrag, wenn man den Umsatz
che Betätigung (Gablers Wirtschaftslexikon). von knapp über 1 Mrd. DM betrachtet oder
das gesamte Eigenkapital in Augenschein
nimmt.
22 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Sie stellen den größten Teil aller Betriebe in Eine nähere Beschäftigung mit diesen Zahlen
unserer sozialen Marktwirtschaft. Daneben erfolgt im Kapitel Finanzierung – und hier
gibt es solche, die einzig und allein auf Be- besonders im Rahmen der Selbstfinanzierung
darfsdeckung aus sind, und solche, die für – und soll daher nicht weiter verfolgt werden.
sich und ihre Mitglieder Vorteile erwirtschaf-
ten wollen. Düsseldorf - Die Adam Opel AG ist 2003 noch tiefer in
Der Gewinn gilt als Antriebsmotor unserer die roten Zahlen gefahren. Das Minus in der Bilanz des
Rüsselsheimer Automobilherstellers stieg von 227 Mio.
Wirtschaft. So setzen Betriebsgründungen
Euro 2002 auf 384 Mio. Euro.
meist voraus, dass diejenigen, die das Kapital Als Grund für den hohen Verlust nannte er schwierige
hierzu bereitstellen, Geld verdienen wollen, Bedingungen im westeuropäischen Markt und die Kauf-
und das heißt Gewinne erwirtschaften, die zurückhaltung der Verbraucher.
Frankfurt - Der Stuttgarter Sportwagenhersteller Por-
eine gute Verzinsung mit sich bringen. Be-
sche hat offenbar im abgelaufenen Geschäftsjahr 2002/03
triebe, die Gewinne erzielen, werden als ren- vor Steuern einen Rekordgewinn von gut 950 Mio. Euro
tabel bezeichnet. Um rentable Betriebe ver- eingefahren. Dies entspreche einer Bruttorendite von 17
gleichbar zu machen, werden die Gewinne Prozent, berichtete „Der Spiegel" unter Berufung auf
namentlich nicht genannte Porsche-Manager. „Gesünder
mit dem eingesetzten Kapital in Beziehung
kann eine Firma nicht sein", zitierte das Magazin zudem
gesetzt. Zunächst soll sich hier auf das Eigen- Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. „Wir leiden auf
kapital beschränkt werden. Die so ermittelte hohem Niveau", fügte der Vorstandsvorsitzende von
Kennziffer heißt Rentabilität. Genau gesagt: Porsche – angesichts der schwachen Konjunktur und des
ins Stocken geratenen Verkaufs der Sportwagen – hinzu
Eigenkapitalrentabilität.
Nun soll der Gewinn nicht irgendeine Höhe Abb. 20: Gewinn- und Verlustrechnungen
haben, sondern er soll hoch ausfallen. In vie- 2003 Opel/Porsche (Die Welt)
len Büchern wird vom Maximalgewinn ge-
sprochen. Dennoch scheint es sinnvoller zu
sein, auch mit einem angemessenen Gewinn
zufrieden zu sein, und seine Höhe sollte eben Aufgabe
so bemessen sein, dass sie über derjenigen
liegt, die bei Investition des gleichen Betrages 22. a) Wie würden Sie zur Zeit ererbte
bei einer Bank herauskommt, und das über 1.000 EUR anlegen? Holen Sie bei
Jahre hinweg. Kreditinstituten Vorschläge ein!
Da die Zukunft aber nicht voraussehbar ist b) Zwei Freunde stritten miteinander.
und einige wirtschaftliche Entwicklungen nur Der eine sagte, er habe 500 EUR
abgeschätzt werden können, haben manche verdient. Der andere meinte, er müs-
Gründer von Betrieben und manche Geldge- se sich mit 200 EUR begnügen, dies
ber nach ersten Erfolgsjahren große Enttäu- sei aber viel rentabler. Wie wird er
schungen erleben müssen, weil der Gewinn das begründen?
spärlicher floss oder ganz versiegte. Ein Un- c) Suchen Sie bitte in diesem Buch und
ternehmen dann gleich aufzulösen, ist aller- in wirtschaftswissenschaftlicher Lite-
dings keine Alternative, oftmals gibt es ande- ratur nach weiteren Begriffen der
re Möglichkeiten zur Existenzsicherung. Rentabilitätsrechnung.
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 23

2.1.2 Der Gewinn Leistungs- Neutrale


gewinne Gewinne
Grundsätzlich lassen sich drei Gewinnbegriffe
herausstellen:
entstehen durch entstehen durch
• Leistungsgewinn (Leistungserfolg) Herstellung und besondere
Verkauf der Geschäfte
• neutraler Gewinn (neutraler Erfolg) produzierten (Wertpapieran- und
Erzeugnisse -verkäufe)
• Gesamtgewinn (Gesamterfolg), als Un-
ternehmensgewinn bezeichnet.
Unternehmens-
2.1.2.1 Leistungsgewinn gewinne

Industriebetriebe erzielen Gewinne durch den


Verkauf ihrer Produkte. In diesem Fall wird ermittelt aus allen
vom Leistungsgewinn (Gewinn aus der be- erzielten Erträgen
und allen
trieblichen Leistung) oder vom Leistungser- Aufwendungen
folg gesprochen. Es ist der Gewinn aus der
betrieblichen Zwecksetzung. Er sollte den
enthalten
wesentlichen Teil des Gesamtgewinnes (Ge-
samterfolg) ausmachen.

2.1.2.2 Neutraler Gewinn und Arbeitsentgelt Zinsen für das Restgewinn,


(Unternehmer- eingesetzte nachdem
Gesamtgewinn lohn) für de Eigenkapital Unternehmer
unternehme- einschließlich und Kapital
Neben diesem Gewinn können auch andere rische Arbeits- Risikoprämie bereits
Geschäfte Gewinn bringen. Zum Beispiel, leistung entgolten sind.
wenn ein Grundstück teurer verkauft wird als
es an Wert ausweist oder wenn im Betriebs- Abb. 21: Gewinnarten und Gewinn-
besitz befindliche Wertpapiere mit Gewinn zuordnungen
veräußert werden können. Diese Art des Ge-
winns nennt man neutralen Gewinn oder Aufgabe
neutralen Erfolg. Beide addieren sich zum
23. a) Von welchen außerbetrieblichen
Gesamtgewinn (Gesamterfolg), der auch
Größen und Einflüssen hängt der
Unternehmensgewinn oder „Gewinn“ heißt
Gewinn ab?
(siehe Abb. 21).
b) Was ein Betrieb mit dem „Restge-
2.1.2.3 Verzinsung winn“ (Abb. 22) anfängt, ist seine
Sache. Die DMW haben einen Teil
Meistens wird der Gewinn (Gesamtgewinn)
für die Eigentümer vorgesehen, den
zu dem Eigenkapital in Beziehung gesetzt,
diese als Dividende bar erhalten. Ei-
womit die Eigenkapitalrentabilität ermittelt
nen weiteren Teil bilden sie als
wird. Sie wird Rentabilität genannt. Ebenso
Rücklage für Eventualfälle. Mögli-
lässt sich aber auch der Leistungsgewinn mit
cherweise wird ein letzter Teil an
dem Kapital in Verbindung bringen. Nur
Arbeitnehmer ausgeschüttet. Somit
muss es das Kapital sein, das die betriebliche
sind mehrere Möglichkeiten zur
Leistung auch hervorgebracht hat. Man nennt
Verwendung des Restgewinns aufge-
es betriebsnotwendiges Kapital.
zeigt. Welche Unterschiede stellen
Sie fest? Könnten Sie eine weitere
Verwendungsart finden?
24 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Wer den Gewinn mit dem Gesamtkapital Beispiel:


(Eigen- und Fremdkapital) verknüpft, will
Einfache Rentabilitätsberechnung
Antwort auf die Frage haben, wie rentabel der
Einsatz dieses Kapitals gewesen ist (siehe Eingesetztes Eigenkapital 50.000 EUR
Abb. 24). Erzielter Gewinn 4.000 EUR
In allen Fällen bezieht man sich auf ein Jahr. Gewinn × 100
Es ist meist die Arbeitsperiode der Betriebe.
R[EK ] = Eigenkapit al
4000 × 100
2.1.2.4 Interesse am Gewinn R[EK ] = 50000
Der Gewinn eines Unternehmens stößt auf R[EK ] = 8%
vielfaches Interesse. Er interessiert
Das eingesetzte Eigenkapitel hat sich hier-
• die Unternehmer selbst
nach mit 8 % verzinst. 8 % stellen die Renta-
• die Eigentümer, z.B. Aktionäre bilität dar.
• die Leitungsorgane
• die Mitarbeiter
• die Kreditgeber
• die Finanzämter (Staat)
• die Lieferanten
• die Controller etc.
Warum ist das so? Alle haben unterschiedli-
che Auffassungen über den Gewinn.

2.1.2.5 Unternehmer und


Eigentümer
Der Unternehmer ist zugleich Eigentümer des Abb. 22: Gewinnverwendungen
Unternehmens. Nach Auffassung von Wirt-
schaftspraktikern und vielen -theoretikern
steht der Gewinn ihm zu. Begründet wird dies
so: Er hat nämlich das Eigenkapital bereitge-
stellt. Außerdem wird er Geld für seine Tätig-
keit verlangen. Und die wird aus dem Gewinn
entgolten. Auch wird er Teile des Gewinns
für Investitionen zurückhalten, um die Kapa-
zität zu erweitern, Arbeitsplätze zu sichern
und die Existenz des Betriebes zu erhalten. Es
gibt hierzu aber auch viele andere Meinungen
(vgl. hierzu Seite 49, Die Mitbeteiligung der
Arbeitnehmer).

Abb. 23: Umsatzrenditen


2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 25

Rentabili- Berechnung Berechnungsweg Bedeutung


tätsart
Rentabilität auf G* × 100 Ermittlung des Unterneh- Aus der R ersichtlich,
das Eigenkapital
=
R[EK ] = EK
mensgewinnes (G) aus der
Differenz von Erträgen und
wie das eingesetzte Kapi-
tal der Eigentümer bzw.
Eigenkapitalren- Aufwendungen. Danach des Unternehmers verzinst
tabilität R Inbeziehungsetzen dieses wurde.
Gewinnes (G) zu dem Eigen-
kapital (EK).
Gesamtkapitalre (G + FKZ ) × 100 Ermittlung des Unterneh- Durch die Addition der FKZ
ntabilität = R R[GK ] = GK
mensgewinnes. Addition der und durch die Division
Fremdkapitalzinsen (FKZ). (GK) kann ersehen wer-
Inbeziehungsetzen des Er- den, wie sich das Gesamt-
gebnisses zu dem Gesamtka- kapital verzinst hat. Auch
pital (GK). wird deutlich, ob der Ein-
satz des Fremdkapitals
zusätzlich Gewinn er-
wirtschaften ließ (Über-
prüfung: Leverage-Ef'fekt).
Umsalzrentabili- LG × 100 Ermittlung des Umsatzes aus R lässt den Umsatzge-
tät R[U] = Umsatz
der Korrekturen (Rabatte winn ermitteln, der lediglich
=R u.a.). Bildung des Zählers durch die Verkäufe erzielt
durch Errechnung des Ge- wurde. Oft als Vergleichs-
winns aus den Verkäufen ab- grundlage zu anderen
züglich der Kosten. Ergebnis: Betrieben hinzugezogen.
Leistungsgewinn.
Rentabilität auf (LG + FKZ ) × 100 Ermittlung des Leistungsge- Durch die Ermittlung des
das betriebs- R[bnK ] =
bnK
winns (LG), Addition der FKZ, LG und Addition der FKZ
notwendige die für die Leistungserstellung und durch Division mit bnK
Kapital R aufgewandt wurden. Division wird überprüft, ob sich das
durch bnK = Kapital, das der Hauptziel des Unterneh-
Leistungserstellung dient. mens erfüllt hat.

* Gewinnarten siehe Abb. 25


Abb. 24: Rentabilitäten

Nun gibt es Menschen, die nur ihr Geld in Die DMW stellen eine Aktiengesellschaft
einem Unternehmen anlegen (z.B. Aktionäre), (AG) dar. Ihr Vorstand leitet das Unterneh-
ohne es zu leiten und in der Leitung mit- men. Vorstände sind keine Eigentümer. Sie
bestimmen zu wollen. Sie sind Eigentümer haben daher auch keinen Anspruch auf eine
und ausschließlich an einer hohen Verzinsung Verzinsung.
(Rendite) interessiert.
Aufgabe
2.1.2.6 Leitungsorgane
24. Die DMW hatten 2005 durch den Ver-
Die Unternehmensleitung, die nicht zugleich kauf ihrer PKW 130 Mio. EUR verdient.
Eigentümer ist (Manager), z.B. der Vorstand Hinzu kamen 20 Mio. Gewinn aus dem
in einer Aktiengesellschaft, eventuell Ge- Verkauf einer nicht genutzten Lagerhalle.
schäftsführer einer GmbH, würde am liebsten Das gesamte Eigenkapital belief sich auf
alle Gewinne im Unternehmen belassen. Das 456 Mio. EUR.
liegt daran, dass sie ihre Politik ganz dem
Unternehmen verschrieben haben. Sie wollen a) Wie hoch war die Eigenkapitalrenta-
seine Kraft stärken, gegebenenfalls die Macht bilität ( R[EK ] ). Sie ist eine Signal-
ausbauen und vor allen Dingen die Existenz kennziffer (vgl. 2.1 – 2.9). Was
des Unternehmens für die Zukunft absichern. meint man damit?
26 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

neutrale
Aufwendungen
neutrale Ergebniszahlen aus
Erfolge nicht
zweckbezogenen
neutraler Gewinn Vorgängen
(neutraler Erfolg)
Gesamt-
gewinn = G
Unternehmens- Leistungsgewinn
gewinn (U-K)
(Leistungserfolg)

Ergebniszahlen aus
Umsätze durch der Zwecksetzung
Kosten für die den Verkauf des Unternehmens
verkauften der
Erzeugnisse hergestellten
=K Erzeugnisse
(auch
Umsatzerträge
genannt) = U

Abb. 25: Gewinnberechnung (vereinfacht)

Insofern unterscheiden sie sich nicht von b) Das Unternehmen hatte für die Pro-
Unternehmern selbst. Der Unterschied ist nur duktion und deren Vertrieb insge-
der, dass Unternehmer eben auch Eigentümer samt an Kapital ca. 650 Mio. EUR
des Unternehmens sind. Geht ein Unterneh- eingesetzt. In diesem Kapital sind
men in Konkurs, verliert der Eigentümer nur solche Titel enthalten, die unbe-
sozusagen Haus und Hof, der Vorstand in dingt für den Prozess und Verkauf
einer Aktiengesellschaft seine Stellung. Das benötigt wurden (betriebsnotwendi-
Verlustrisiko tragen letzten Endes immer ges Kapital). Wie hoch war seine
diejenigen, die das Kapital zur Verfügung Verzinsung? Vergleichen Sie beide
gestellt haben, und die Mitarbeiter, die ihren Zinssätze! Welche Schlüsse ziehen
Job verlieren. Den Managern geht es genauso. Sie daraus?
c) Das in der Bilanz ausgewiesene Ge-
2.1.2.7 Mitarbeiter und Controller samtkapital hatte seinerzeit (2002)
Auch die Mitarbeiter verfolgen die Gewinn- ein Volumen von 950 Mio. EUR. An
entwicklung ihres Betriebes mit Interesse, Fremdkapitalzinsen wurden 10 Mio.
sofern ihnen die Zahlen bekannt sind. Denn EUR abgeführt. Versuchen Sie nun,
der Gewinn ist schließlich auch Ausdruck die Gesamtkapitalrendite zu ermit-
ihrer Arbeitsleistung. Ein guter Gewinn lässt teln!
auf Tantiemen hoffen, und er wird, wenn er d) Im März 2006 rechneten die Planer
gut angelegt ist, das Unternehmen stärken und mit einem Umsatz von 190 Mio.
damit die Arbeitsplätze sichern. EUR. Als Leistungserfolg (Umsatz-
erfolg) werden 3,8 Mio. EUR veran-
schlagt. Wie hoch wird die Umsatz-
rendite sein?
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 27

Controller haben ihr Augenmerk eher auf die Aufgabe


Quellen des Gewinns gerichtet. Woher
25. a) Welche Bedeutung hat nach Ihrer
stammt er? Handelt es sich vornehmlich um
Meinung und unter Einbeziehung
Gewinne aus dem Verkauf der Produkte?
von Abb. 26 der Gewinn für alle
Wenn ja, dann ist der Zweck des Unterneh-
Gruppen der Gesellschaft?
mens weitgehend erfüllt. Stammt der Gewinn
aus neutralen Quellen? Dann ist er meist b) Aus der Abbildung lassen sich die
kurzfristiger Natur, und dann werden die Funktionen des Gewinns ablesen.
Controller Vorschläge unterbreiten, welche Welche sind es?
Veränderungen nötig sind. c) Die DMW AG konnte im März 2005
Ersatzteile im Wert von 26 Mio.
2.1.2.8 Lieferanten und sonstige EUR verkaufen, die selbst hergestellt
Wieso verfolgen auch Lieferanten, Kredit- wurden. Die Kosten betrugen 22
geber und der Staat die Betriebs- und Ge- Mio. EUR. Wie heißt der erzielte
winnentwicklung? Gewinn, und wie hoch war er?
d) Versuchen Sie mit Hilfe der folgen-
den Begriffe einen Zusammenhang
herzustellen, indem Sie – wie in
Abb. 26 – die Beziehungen durch
Pfeile darstellen!

öffentliche
Leistungen

Lebens-
Freizeit qualität

Lebens-
standard

Abb. 26: Gewinnzusammenhänge


28 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Grundlage der betrieblichen Einkommensbe- • Umsatz


steuerung für den Staat ist der Gewinn. Dass
• Leistungsgewinn
der Gesetzgeber höchstes Interesse an ihm
bekundet, liegt daran, dass Einkommen und • Qualität der Produkte
Lohn- und Gehaltssteuern einen großen Teil • Kosten
seiner Einnahmen repräsentieren.
• Mitarbeiterbeteiligung am Ge-
Gewinne sichern möglicherweise auch die winn
Kreditrückzahlungen ab, so dass Kreditgeber
beruhigter die bisherigen Schuldner einschät- • Motivation
zen und vielleicht sogar weiter unterstützen • Forschung und Entwicklung
können. Auch Lieferanten sind in der Regel
Kreditgeber. (Allerdings sind ihre Forderun- • Gewinn (Gesamtgewinn)
gen meist kurzfristiger Natur.) Gewinne ihrer • Kundenzufriedenheit
Geschäftspartner sichern Rückzahlungen. e) Die DMW AG steht insgesamt nicht
Dauerhafte Gewinne können außerdem für sie schlecht da. Ihre Umsätze haben die
bedeuten, über lange Zeit einen festen Ab- Kosten erwirtschaftet und sogar ei-
nehmer gefunden zu haben. nen geringeren Leistungsgewinn ge-
bracht. Daran war die Leitung eben-
2.1.2.9 Rentabilität als so beteiligt wie die 9400 Mitarbeiter.
Signalkennziffer des Der Betrieb muss aber noch einiges
Gewinns tun, um seine Position zu stärken und
Die Rentabilität gehört zu einer der Kenn- das Gleichgewicht zu vertiefen.
zahlen, die Aussagen über die Ertragskraft Was würden Sie hierzu vorschlagen?
des Unternehmens treffen lassen. Sie ist eine
sogenannte Signalkennziffer, und zusammen Berücksichtigen Sie das über die
mit anderen (z.B. Wirtschaftlichkeit, Produk- DMW Gesagte, soweit es Ihnen als
tivität, Liquidität) lässt sie darauf schließen, sinnvoll erscheint, und unter Beach-
wie gut ein Betrieb insgesamt arbeitet. tung des Informationstextes über die
DMW.

Zusammenfassung
Der Gewinn ist eine zentrale Größe der betrieblichen Aktivitäten. Sein größter Teil ergibt
sich aus der Differenz der Kosten und der verkauften Erzeugnisse und ihren Umsätzen. Er
wird Leistungsgewinn genannt.
Ein Betrieb, der Gewinne erzielt, ist rentabel. Setzt man das eingesetzte Eigenkapital in
Beziehung zum erzielten Gewinn, gelangt man zur Eigenkapital-Rentabilität, kurz Renta-
bilität genannt.
Der Gewinn hat sowohl für Unternehmer als auch für nicht leitende Teilhaber, sonstige Ei-
gentümer, für Kreditgeber und für Mitarbeiter etc. große Bedeutung. Betriebe, die ange-
messene Gewinne erwirtschaften, sitzen meistens fest im Sattel der sozialen Marktwirt-
schaft.
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 29

2.2 Andere betriebliche Ziele (Zweitziele)

2.2.1 Versuch einer Systematik

Es gibt viele andere Ziele, die ein Unterneh-


men anstrebt. Es ist jedoch außerordentlich
schwierig, sie zu klassifizieren.

2.2.1.1 Ergebnisziele
Es ist unbestritten, dass als Ergebnis der ge-
schäftlichen Tätigkeit eine hohe Rentabilität
erreicht werden soll. Sie ist das Primärziel
eines Unternehmens. Andere Ergebnisziele –
und sie gelten als Zweit- oder Sekundärziele
– werden
• durch Wirtschaftlichkeitskennzahlen
(mit denen offenbart wird, wie rationell im
Betrieb gearbeitet wird)
• durch Liquiditätskennzahlen, die im
Rahmen des gesamten betrieblichen Fi-
nanzverhaltens beurteilt werden (und die
aufdecken sollen, wie weit die Zahlungs-
verhältnisse gediehen sind)
Abb. 27: Ergebniszahlen nach Schott
• durch Produktivitätskennzahlen (die
ersehen lassen, mit welchem Einsatz die Ergebnisziele und Ergebniszahlen
Leistungen erbracht werden)
Die Ergebniszahlen sind Ausdruck der Er-
nachgewiesen. gebnisziele. Abb. 27 soll die zentrale Stellung
der Rentabilität dokumentieren. Die hier nicht
2.2.1.2 Andere Differenzierungen bezeichneten „Ableger“ lassen sich auffüllen.
Eine anerkannte Zielunterteilung geht von So zählen zur Wirtschaftlichkeit auch die
drei Zielbereichen aus. Dazu gehören Herstellungsdurchlaufzeit, die Rationalität der
Kostenstellen, die Abfallmengen u.a., zur
• Leistungsziele
Rentabilität der Verschuldungsgrad.
• Erfolgsziele
• Finanzziele.
Hiernach gehören die obengenannten Ziele
Wirtschaftlichkeit und Rentabilität in den
Erfolgszielsektor, Produktivität ist den Leis-
tungszielen zuzuordnen, wobei es z.B. um Aufgabe
den Menschen geht (Arbeitsproduktivität)
oder um Sachen (z.B. Maschinenstundenpro- 26. Ein Zulieferer der DMW AG veröffent-
duktivität), und die Liquidität findet unter den lichte folgende Anzeige. Können Sie dar-
Finanzzielen Platz. in dessen Ziele erkennen?
30 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

In beiden Fällen fehlen Mitarbeiter- und Um- Wir sind ein Hersteller mit einem Servicemanage-
weltziele. Daher müssen sie um solche Ziele ment. Sie werden fragen, was das ist? Hier ist die
Antwort:
erweitert werden.
• Viele Unternehmer und deren Mitarbeiter wissen
wenig über industriellen Service. Die meisten sind
2.2.1.3 Personale und Service-Ignoranten. Wir nicht. Denn die Verbesserung
umweltbezogene Ziele der Information über Kosten und Nutzen von Services
ist unabdingbar für ein professionelleres Servicemana-
Was könnten personale Ziele beinhalten? gement. Das haben wir. Und das kommt Ihnen zugute.
Dazu könnten zählen: • Services bieten einerseits ungeahnte Chancen für
dauerhafte Wettbewerbsvorteile, die Sie in der Zu-
• menschenwürdige Arbeitsbedingungen sammenarbeit mit uns spüren werden, weil wir uns als
• Mitverantwortung Dienstleister mit Herstellerbasis verstehen. Wir planen
• Arbeitsplatzsicherheit mit Ihnen und stimmen Produktion, Lagerhaltung, Lie-
ferung, Einbau und Entsorgung mit Ihren Vorstellun-
• Mitsprache gen ab. Andererseits teilen wir uns die Ersparnisse
• gerechte Entlohnung durch genaueste Kosten-Nutzen-Analysen.
• Beteiligung der Arbeitnehmer am Ge- • Service beginnt bereits bei der Auswahl der richtigen
winn und Vermögen Mitarbeiter. Unsere Führung garantiert deren Motiva-
• Bevorzugung von Teamarbeit tion.
• Gleichbehandlung in Quoten, Positionen • Früher konzentrierte sich das Servicemanagement
und Gehältern von Frauen und Männern ausschließlich am Produkt. Diese Konzentration hat zu
einem hohen Qualitätsstandard geführt. Den haben wir
Lassen sich ebenso einige betriebliche Um- beibehalten. Aber wir konzentrieren uns auf mehr:
weltziele formulieren? nämlich auf Anwendungsberatung, auf Beschwerde-
management, auf schnelle Reaktion, auf Lieferflexibi-
Dies könnten sein: lität, auf Liefersicherheit und auf unsere Kunden integ-
rierende Teams mit dem Ziel, Zulieferer und Kunden
• Entwicklung und Produktion umwelt- in Entwicklungsaktivitäten, Logistikfunktionen und
freundlicher Produkte Qualitäts-Shifts verantwortlich einzubinden.
• umweltbewusster Einkauf von Werkstof- Abb. 28: Anzeige (Auszug)
fen und Zubehörteilen Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
• Verringerung und Eigenentsorgung pro-
duktionsbedingter Schadstoffe
• Rücknahme und Entsorgung von nicht
mehr gebrauchsfähigen verkauften Er- Die DMW AG hatte mit den Betriebsräten
zeugnissen und Teilen von Anfang an eine Mitarbeiterbeteiligung in
• offensive Informationen über die eigenen einer Betriebsvereinbarung unter bestimmten
umweltfreundlichen Erzeugnisse und de- Voraussetzungen festgeschrieben. Beide Sei-
ren umweltfreundliche Handhabung ten erhofften sich die Erfüllung einiger Ziele.
• Einrichtung von Seminaren über die Und in der Tat: Ein Großteil dieser Ziele wird
betriebliche Umweltpolitik für alle Mit- ständig erreicht, wenn dies auch von der Zu-
arbeiter weisung von Geld, Zinsen und Anteilen ab-
• Aufbau eines Ressorts, das für den Um- hängt. Als es dem Unternehmen im Jahre l997
weltschutz im Unternehmen und für die nicht sehr gut ging, wurden die Arbeitsentgel-
eigenen Erzeugnisse zuständig ist. te mit Zustimmung der Belegschaft eingefro-
Weitere Ausführungen sind in Abschnitt 5.4 ren. Ein Zeichen für ihre „Emanzipation“, ein
enthalten. Erfolg für die Atmosphäre.
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 31

2.2.2 Wirtschaftlichkeit
Ein Betrieb ist wirtschaftlich, wenn er kos- Wirtschaftlichkeitskennzahlen (W)
tengünstig arbeitet. Je weniger Kosten anfal- Die Praxis unterscheidet drei Formeln:
len, desto eher besteht die Chance, dass die
auf dem Markt erzielbaren Produktpreise Kosten
W (1) =
nicht nur alle Kosten decken, sondern auch Leistungen
noch Gewinn einbringen. Ein wirtschaftliches Aufwand
Unternehmen arbeitet rationell. Um seine W ( 2) =
Erträge
Rationalität zu messen, werden Wirtschaft-
lichkeitskennzahlen gebildet. Istkosten
W (3 ) =
Da sich in einer sozialen Marktwirtschaft die Sollkosten
Betriebe in Konkurrenz mit anderen befinden, Für alle drei Kennzahlen gibt es weitere Un-
bemühen sich Hersteller, Dienstleister wie terteilungen.
Banken, Handelsunternehmen, Spediteure,
Verkehrsgesellschaften etc. ständig darum,
die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Sie ist Beispiel:
zu einem fundamentalen Prinzip der Markt- W (1) beantwortet die Frage, wie viel EUR
wirtschaft geworden. Dieses Prinzip wird Kosten in einem EUR Leistung stecken. Ist
auch ökonomisches Prinzip genannt. die Kennzahl z. B. 0,60, dann lässt sich aus-
sagen, dass in einer EUR Leistung 60 EUR-
2.2.2.1 Das Minimalprinzip Cent oder 0,60 EUR an Kosten enthalten sind.
Das ökonomische Prinzip kommt in zwei Multipliziert man das Ergebnis mit 100, dann
Spielarten zum Ausdruck. Sie heißen gelangt man zu 60% und kann nun ausführen,
dass in den hergestellten Leistungen insge-
• Minimalprinzip und samt 60 % an Kosten stecken. Diese Berech-
• Maximalprinzip. nung der Wirtschaftlichkeit ist deutlich und
aussagekräftig. Sie wird auch in anderen
Das Minimalprinzip besagt, dass eine be- Kapiteln berücksichtigt.
stimmte Leistung mit geringstmöglichen Dabei sind zwei Dinge zu bedenken:
Kosten, die mit der Prozesskette verbunden
sind, erbracht werden soll. Kosten sind alle Verbräuche (man nennt sie
auch Aufwendungen), die für die Prozesskette
In die Praxis übertragen kann dieser Grund- aufgewandt werden. Und das muss in einer
satz für den Einkauf lauten, dass bei einem Periode sein und für die Produkte, die in die-
Vergleich zwischen verschiedenen Lieferan- ser Periode auch hergestellt werden.
ten, die die gleichen Rohstoffe zu denselben
Qualitäten und Quantitäten liefern können, W (2) setzt Größen in Beziehung, die nicht
derjenige den Zuschlag bekommt, der am allein der Prozesskette der gegenwärtigen
preiswertesten ist (siehe hierzu auch das JIT- Periode angehören. Die Aufwendungen ent-
Prinzip im Einkauf). Für die Herstellung halten nämlich alle Verbräuche, die für die
würde das Prinzip besagen, dass ein herzu- betriebliche Leistung (Erzeugnisse) und eben
stellendes Produkt in kürzester Durchlaufzeit auch für anderes (z. B. Spenden bei Kapital-
produziert wurde. gesellschaften) anfallen. Auch bezieht man in
die Erträge solche ein, die nicht auf das Be-
triebsziel ausgerichtet sind (Wertpapierver-
käufe u.a.).
32 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Oder ein anderes Beispiel – dass, wenn W (3) sagt aus, wie weit die Istkosten die
Nachtstrom billiger angeboten wird, in der Sollkosten unterschreiten oder höher sind.
Nacht betriebene Maschinen bei derselben Eine Zahl über 1 weist darauf hin, dass die
Dauer dieselbe Menge (wie tagsüber) herstel- Istkosten über den Sollkosten liegen und
len lassen. Aber die Energiekosten werden damit die Norm übersteigen. Multipliziert
geringer. man die Kennzahl mit 100, dann bedeuten
Produkte, die konventionell entwickelt wer- zum Beispiel 120 %, dass die Istkosten 20 %
den, brauchen Wochen und Monate, bis sie in höher als die Sollkosten sind oder dass die
Serie gehen können. Bedenkt man, wie viele Istkosten 120 % der Sollkosten betragen.
Teile beim PKW zu entwickeln sind, dann ist Demnach wäre dieser Betrieb (in dem hier
das auch verständlich. Heute helfen Computer gemessenen Rahmen) unwirtschaftlich.
und ganze Programm-Systeme. Sie reichen Alle Berechnungen müssen kritisch hinterfragt
von der Konstruktion (CAD – computerge- werden, denn allen Wirtschaftlichkeitskenn-
stütztes Aussehen – Computer Aided Design) zahlen haften Probleme an. Sind es bei der
über computergestützte Fertigung (CAM – Kennzahl W (1) insbesondere Bewertungs- und
Computer Aided Manufacturing) bis hin zur Abgrenzungsfragen (hier vornehmlich von
computerunterstützten Qualitätssicherung Aufwendungen und Kosten sowie von einzel-
(CAQ – Computer Aided Quality), siehe Abb. nen Leistungen – Fertigerzeugnissen, unferti-
29. So haben die Verkürzung der Entwick- gen Erzeugnissen, Eigenleistungen –), bei der
lungszeit und die Senkung der Gesamtkosten Kennzahl W (2) Interpretationsfragen, so han-
die Prozesskette wirtschaftlicher gemacht. delt es sich bei der Kennzahl W (3) schließlich
um Planungsfragen (Kostenhöhe, die das Soll
2.2.2.2 Das Maximalprinzip vorgibt) und Bewertungsfragen (Kostenhöhe,
Das Maximalprinzip besagt, dass mit gege- die das Ist mit sich bringt). Wirtschaftlichkeits-
bener Kostenhöhe der Prozesskette die analysen werden sich daher nie auf nur eine
höchstmögliche Leistung erbracht wird. Sichtweise beschränken.
Die industrielle Entwicklung ist bis heute eine
Entwicklung zu höchsten Präzisionsmaschi-
nen gewesen. Diese arbeiten so genau, dass
sich Abweichungen kaum mit der Lupe mes-
sen lassen. Sie betragen manchmal nur hun-
dertstel Millimeter. In der Autoindustrie kön-
nen heute mehr Teile aus einem Blech ge-
stanzt werden als es früher vorstellbar war.
Bei gleichem vorstellbarem Kosteneinsatz
(Bleche) hat sich die Leistung (Teile) erhöht.
Heute wird in vielen unternehmen verlangt,
ohne zusätzlichen Lohn länger zu arbeiten.
Das aber zieht eine höhere Produktivität nach
sich. Auch die Arbeitsplätze haben sich
grundlegend geändert.

Abb. 29: Wenn die konventionelle Pro-


duktentwicklung abgelöst wird
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 33

Ihre ergonomische Ausstattung, ihre Hellig- Ergänzendes zur Wirtschaftlichkeit


keit, ihr umweltfreundlicher Anstrich und die 450 Manager hatte Ford geladen. Und die
Leichtigkeit, mit der Gerätschaften bedient meisten kamen hoffnungsfroh. Was konnte
werden können, haben vielerorts die Motiva- man ihnen schon sagen? Doch es kam anders,
tion der Mitarbeiter gefördert. Sie kann tat- als alle erwarteten. Der Fordchef verteilte
sächlich bewirken, dass in den Büros, aber schlechte Noten. „Nur japanische Autofirmen
auch in den Werkshallen, wenn hier nicht und ihre Zulieferer“, schimpfte er, „bieten zur
Fertigungszeiten durch die Maschine vorge- Zeit bei Qualität, Kosten und Service einen
geben werden, mehr gearbeitet wird. Mögli- exzellenten Standard. Dagegen ist die Quali-
cherweise bei gleichem Lohn. tät, die wir gemeinsam produzieren, zu
schlecht, die Kosten sind zu hoch, die Ent-
Minimalprinzip Maximalprinzip wicklungszeiten zu lang – das gilt für Ford,
und das gilt für die meisten von Ihnen.“
Ökono-
misches Prinzip
(Quelle: manager magazin.)
-
Wirtschaftlich-
keitsprinzip

Minimalprinzip Minimalprinzip

Arbeitsplatz-Engagement-Index
im internationalen Vergleich

Abb. 30 Das Wirtschaftlichkeitsprinzip Abb. 31: Warum in Deutschland die


Leistungen hinterherhinken
34 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Die Veränderung der Kosten-/Leistungsver- Aufgabe


hältnisse bei gleichbleibenden Kosten zielt auf
27. Die DMW AG hatte für ihren Kleinwa-
eine höhere Ausbringung (siehe Abschnitt
gen, der in den erweiterten Fabrikations-
2.2.3), die sowohl qualitativer als auch quanti-
stätten in Halle gebaut wird, Personalkos-
tativer Natur sein kann. Sie wird qualitativer,
ten pro Wagen von 6.800 EUR und Ma-
wenn die Abstimmung von Menschen, Be-
terialkosten von 5.100 EUR kalkuliert.
triebsmitteln, Werkstoffen und Informationen
Der Wagen sollte zu einem Verkaufspreis
alle erdenklichen Nuancen berücksichtigt, z.B.
von 17.000 EUR abgegeben werden (oh-
wenn das Können der Mitarbeiter seine ent-
ne Mehrwertsteuer). Die übrigen Kosten
sprechende Verwendung im Betriebsprozess
waren mit 4.000 EUR veranschlagt.
findet. Sie wird quantitativer, wenn durch
andere Organisationsformen bei gleichem a) Wie hoch war W (1) nach den Vor-
Mitteleinsatz die Ausbringung angehoben gaben?
werden kann, weil die Durchlaufzeit der Er- b) Die Istkosten betrugen 16.200 DM.
zeugnisse verkürzt werden konnte. Errechnen Sie W (3)!
c) Beurteilen Sie Ihre Ergebnisse!

Zusammenfassung
Das Wirtschaftlichkeitsprinzip – auch ökonomisches Prinzip genannt – ist die Richt-
schnur, nach der der Betriebsprozess organisiert wird. Es umfasst das Minimal- und das
Maximalprinzip. In beiden geht es darum, die Kosten-/Leistungsverhältnisse zu verbes-
sern. Das bedeutet, dass mit den Elementarfaktoren sparsam und rationell umgegangen
wird. Es ist vornehmlich an dem Quotienten K:L zu messen.

2.2.3 Produktivität Aufgabe


Die Produktivität stellt das Verhältnis von 28. Die DMW AG konnte in den neuen Wer-
Ausbringungsmenge zur Einsatzmenge dar. ken in Halle und Emden von vornherein
die wirtschaftlichsten Verfahren und Or-
Ausbringung oder output im Industriebetrieb
ganisationsformen einbeziehen. Schwer-
sind seine Erzeugnisse. Hierzu gehören die
punkte waren:
absatzfähigen Produkte (Fertigerzeugnisse),
seine nicht absatzfähigen (unfertigen) Erzeug- • Abbau der Fertigungstiefe
nisse und schließlich seine Eigenleistungen, • Konzentration auf wenige Lieferanten
wozu man z.B. Werkzeuge zählen kann, die das
• Bezug von Systemen (z.B. elektrische
Unternehmen selbst hergestellt hat, oder Vor-
Anlagen) statt Komponenten
richtungen oder Gebäude und Lagerhallen etc.
Einsatz oder input stellen die Elementarfakto- • Aufbau einer schlanken Hierarchie
ren dar wie Werkstoffe, Betriebsmittel, Ar- • Teamarbeit.
beitsleistungen und Informationen.
Insbesondere die Teamarbeit hat den Ar-
beitsprozess in der Fertigung nachhaltig
verändert (siehe auch Re-engineering).
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 35

Da die Einsatzfaktoren sehr verschiedenartig a) Welche Wirkungen werden allge-


sind, können sie nicht addiert werden, es sei mein von diesen Maßnahmen ausge-
denn, dass ein einheitlicher Nenner gefunden gangen sein?
werden kann (Geld). Um aber den Wert aus b) Wieso hat wohl die Teamarbeit die
der Berechnung auszuklammern, werden die Fertigungsweise verändert?
Faktoren voneinander getrennt, so dass man
zu unterschiedlichen Produktivitäten kommt.
Dazu gehören Allgemein Beispiel
• Arbeitsproduktivität P=
Output in Mengen
Arbeitskräfte = 500 Stück
Input in Mengen
• Arbeitsstundenproduktivität Ausstoß (output) = 10.000 Stück
• Maschinenproduktivität AP = 10.000
500
• Maschinenstärkeproduktivität
AP = 200 Stück
• Flächenproduktivität
Abb. 32: Produktivitätsberechnung
und andere.
Die betriebliche Arbeitsteilung – wie man sie Mit 63 Prozent produktiv genutzter Arbeits-
durch das Fließband beschreibt – hatte bis in zeit liegt Deutschland gemeinsam mit den
die achtziger Jahre dazu beigetragen, dass die USA auf Platz eins im weltweiten Produktivi-
Ausbringung im Laufe der Jahre immer wei- täts-Ranking. Zu diesem Ergebnis kommt die
ter erhöht werden konnte, weil immer wie- internationale Unternehmensberatung Czipin
derkehrende Handgriffe der Arbeitskräfte zur & Proudfoot in ihrer »Globalen Produktivi-
Routine wurden. Heute muss man feststellen, tatsstudie 2003«. Dennoch gelten hier zu
dass ein weiterer Anstieg der Arbeitsproduk- Lande noch immer 9,6 Milliarden der geleis-
tivität so nicht mehr möglich ist. Daher ist teten Arbeitsstunden pro Jahr als vergeudet,
Neues (z.B. Teamarbeit) angesagt. etwa wegen untätigen Rumsitzens oder unra-
tioneller Arbeitsabläufe. Das kostet die Be-
2.2.3.1 Produktivität und triebe etwa 238 Milliarden Euro – knapp 1,3
Wirtschaftlichkeit Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Im Gegensatz zur Wirtschaftlichkeit ist die (vgl. Abb. 54)
Produktivität eine Mengenkennzahl. Daher Abb. 33: Produktiv genutzte Arbeitszeit
lässt sich von ihr aus nicht ohne weiteres auf
Werte schließen. Während aber Werte oft
abhängig vom Betrachter sind und somit Aufgabe
subjektiven Einflüssen oder solchen des
Marktes unterliegen (z.B. durch Änderungen 29. Im Jahre 2000 stellte die DMW AG ins-
der Preise, der Konditionen, der Währungen), gesamt 124.000 Wagen her. Seinerzeit
sind Mengen überall gleich definiert, wenn belief sich die Mitarbeiterzahl auf 18.800
sie auch bestimmte Unterscheidungsbereiche Personen. Mercedes-Benz schaffte im
erlauben (bei Kraftwagen Einteilung in Klas- gleichen Zeitraum 529.000 Kraftwagen.
sen). Ganz bekannt sind solche Kennzahlen Beschäftigt wurden 70.533 Mitarbeiter.
aus der Landwirtschaft: Milchleistung je Liter Auch die Zahlen von BMW konnten sich
(bei Kühen), wöchentliche Eiermengen je sehen lassen. Mit 588.600 Einheiten und
Legehenne, Zentner Roggen je Hektar. 73.500 Arbeitskräften schien BMW an
der Spitze der Produktivität aller drei Un-
ternehmen zu stehen.
36 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Mengenvergleiche haben in der Produktivi- a) Ermitteln Sie die Arbeitsproduktivi-


tätsberechnung Berechtigung. tät eines Mitarbeiters im Jahr!
Nun kann man eine der beiden Größen aus b) Treffen Sie über die ermittelten
dem Quotienten (output : input) als Wertzahl Kennzahlen Ihre Aussagen hinsicht-
angeben und erhält dadurch eine wertbezoge- lich der Personalkosten, der Arbeits-
ne Produktivität. Das macht man z.B. bei verfahren!
internen Vergleichen, aber auch wie hier c) Produktivitätsrechnungen können
(siehe Abb. 32), wenn die Wertschöpfung pro auch wertbezogen sein, wobei meist
Kopf oder wenn z.B. die Umsatzleistung pro der Zähler den Wert darstellt (z.B.
Quadratmeter (in Waren- und Kaufhäusern) Umsatz pro qm, Umsatz pro Arbeits-
gemessen werden soll. kraft). Was steht umgekehrt hinter
Wird der Ausstoß eines Unternehmens höher, dem Ausdruck Arbeitskräfte : Um-
dann lässt das auf dreierlei schließen: satz?
• Die Kapazitätsausnutzung bei der vor- d) Versuchen Sie, Gegenwartszahlen
handenen Kombination der Elementar- für Benz und BMW aufzutreiben.
faktoren hat sich verbessert (z.B. ist sie
von 80% auf 90% gestiegen).
Neue Arbeitsstrukturen und Laufbahnmodelle
• Neuinvestitionen haben zur Anhebung
Automatisierung und leistungsfähige, vernetzte
der Gesamtkapazität geführt und eine hö-
Computersysteme waren die entscheidenden Vor-
here Produktionsmenge in die Wege ge-
aussetzungen für höhere Arbeitsproduktivität in
leitet.
den Werken. Durch die Verbreitung bildschirmun-
• Durch Maßnahmen wie Neugestaltung terstützter Arbeitsplätze im gesamten Unternehmen
der Arbeitsplätze, Anordnung der Ma- konnten in den letzten Jahren auch Forschungs-,
schinen, Einsatz von Computern ist die Entwicklungs- und Planungsarbeiten sowie kauf-
Durchlaufzeit der Erzeugnisse verkürzt männische Tätigkeiten effizienter gestaltet werden.
worden, was zu einer erhöhten Ausbrin- Mit neuen Techniken verändern sich Arbeitsfor-
gung führt (Veränderung der Kombinati- men und Arbeitsinhalte. So arbeiten die Wissen-
on der Elementarfaktoren). schaftler, Ingenieure, Fach- und Assistenzkräfte im
Im ersten und letzten Beispiel hat sich bei Forschungs- und Ingenieurzentrum verstärkt in
gestiegener Produktivität die Wirtschaftlich- Projektgruppen. Diese Organisationsform dringt
keit verbessert. Bei Neuinvestitionen muss auch in andere Bereiche des Unternehmens vor.
das nicht der Fall sein. Abb. 34: Die Produktivität bei BMW

Die DMW AG hatte in Halle bereits ein Werk


2.2.4 Liquiditäten errichtet, das modernsten Ansprüchen Genüge
leistet. „Mit schlanker Fertigung und demo-
2.2.4.1 Statische Liquiditäten kratischer Gruppenarbeit ist der Anspruch
Verfügt ein Betrieb über Bargeld, dann besitzt verbunden, nicht nur die veralteten Produkti-
er Barvermögen, kurz gesagt: Geld. Aber onsmethoden in Westdeutschland abzulegen,
auch Schecks von Kunden lassen sich schnell sondern damit auch die fortschrittlichsten
zu Geld umwandeln. Barschecks sofort, Ver- Verfahren zu überholen.“ Mit ihnen konnten
rechnungsschecks in zwei, drei Tagen, sofern günstige Kostenverhältnisse erreicht werden,
sie von deutschen Kreditinstituten stammen. die die Existenz der neuen Werke bis heute
So zählen auch sie zum Barvermögen. Bar- geändert haben.
vermögen werden liquide Mittel genannt. (Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung)
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 37

Mit ihnen ist ein Betrieb zunächst zahlungs- Statische Liquidität*


fähig. Je höher die Barmittel sind, desto
1 Zahlungsmittel × 100
schneller können fällige Rechnungen selbst Ls =
kurzfristige Verbindlichkeiten
bezahlt werden.
2 ( Zahlungsmittel + Forderungen ) × 100
Erstes Liquiditätsziel eines Unternehmens Ls =
kurzfristige Verbindlichkeiten
ist es, regelmäßig seinen Verpflichtungen
pünktlich nachkommen zu können. Ist es 3
Ls =
Umlaufverm ögen

nicht liquide, gerät es in ernste Schwierigkei- kurzfristige Verbindlichkeiten

ten (siehe hierzu Abb. 36). Liquide Mittel 1. Ordnung stehen sofort zur Verfü-
Soll festgestellt werden, wie zahlungsfähig gung, liquide Mittel 2. Ordnung können z.T. erst
nach einer bestimmten Zeit verflüssigt werden,
das Unternehmen (Qualität der Zahlungs- jedoch besteht hierauf ein Anspruch (Forderungen,
fähigkeit) zu einem bestimmten Zeitpunkt ist, aber auch Wechsel, Schecks), liquide Mittel 3.
setzt man die Zahlungsmittel zu den Verbind- Ordnung müssen z.T. erst umgesetzt werden (Er-
lichkeiten in Beziehung. Die Verbindlichkei- zeugnisse, die noch verkauft werden müssen u.a.).
ten auf Grund von Warenlieferungen und Dynamische Liquidität**
Leistungen stellen die eingegangenen Rech- ( Zahlungsmittel + Forderungen + Umsätze ) × 100
nungen für die eingekauften Werkstoffe und L2dyn =
Verpflichtungen
Betriebsmittel dar. Sie sind meist innerhalb
eines Monats fällig. Man spricht von Kurz- * Zahlen aus der Finanzwirtschaft und der Bi-
lanz. L bedeutet Liquidität 1. Grades.
fälligkeit. Reichen die liquiden Mittel zur
** Meist bezogen auf einen bestimmten Zeitraum,
Zahlung der Verbindlichkeiten aus, dann ist
zum Beispiel einen Monat. Selten als L1 dar-
der Betrieb nicht nur allein liquide, sondern er gestellt und meist in Über- und Unterdeckung,
hat eine Liquidität, deren Zahl über 1 (siehe nicht aber in % ausgedrückt.
hierzu Abb. 35) ist. Abb. 35: Verschiedene Liquiditäten
Unter Liquidität ist eine Kennzahl zu verste- „Es war schon ein weiter Weg von der ersten Näh-
hen, die angibt, ob ein Betrieb zu einem be- maschine bis zum Großunternehmen Pfaff, der
stimmten Zeitpunkt (statische Liquidität) oder größten europäischen Nähmaschinenfabrik mit rund
innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (dy- 10 000 Mitarbeitern in aller Welt“, schrieb die Mitar-
beiterzeitschrift „Pfaffianer“ zum 125jährigen Jubi-
namische Liquidität) seine Verbindlichkeiten läum der traditionsreichen Firma. Das war 1987.
(statisch) oder Verpflichtungen (dynamisch) Den Weg in die Beinahe-Pleite schafften die Pfälzer
erfüllen kann. Die statische Liquidität errech- weit schneller: In nur zwei Jahren sackte der Um-
nen Außenstehende bei Kapitalgesellschaften satz von mehr als einer Milliarde Mark auf inzwi-
schen weniger als 900 Millionen Mark ab, die Zahl
mit Hilfe von deren Bilanzen um sich über der Mitarbeiter halbierte sich, und nach vielen Jah-
den finanziellen Status des Unternehmens ein ren mit guten Gewinnen schrieb das Unternehmen
Bild zu verschaffen. plötzlich tiefrote Zahlen.
So purzelte der Marktanteil in Deutschland von 50
Ähnlich steht es mit Forderungen auf Grund Prozent (1985) auf weniger als 25 Prozent (1990).
von Warenlieferungen und Leistungen. Sie Bald stürzten die Pfälzer noch tiefer. Und in den
sind durch den Verkauf entstanden und stellen asiatischen Wachstumsregionen, die fast zwei
Drittel des gesamten Weltmarktes ausmachen,
die Verpflichtung des Käufers dar, die er auch spielte Pfaff wenig später mit einer Quote von weni-
in der Regel ausgleicht. Meist sehr schnell ger als 2 Prozent faktisch keine Rolle mehr. Heute
nach Ablieferung der Ware und Rechnungs- ist Pfaff nicht mehr in deutscher Hand. Erhalten
zustellung, um den Skonto in Anspruch zu blieb nur der Markenname. Der Hersteller firmiert
nun mit VSM Deutschland.
nehmen. Auch Forderungen auf Grund von
Warenlieferungen haben eine kurze Laufzeit. Abb. 36: Wie in der Vergangenheit ein
großes deutsches Unternehmen
in Schwierigkeiten geriet (Quel-
le: manager magazin)
38 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Die statischen Liquiditätsrechnungen sind in Aufgabe


ihrer Aussagekraft begrenzt. Da sie vergan-
30. Wie werden sich die Umsatzrückgänge
genheitsorientiert sind, lassen sie keine oder
des auf Seite 37 genannten Unterneh-
nur eine vage Prognose für die Zukunft zu.
mens ausgewirkt haben?
Sie sind der Vergangenheit zugehörig, weil
der Zahlungsmittelbestand aus Einnahmen Die DMW AG weist in der Bilanz von 2005
resultiert, die vor dem Erfassungszeitpunkt flüssige Mittel von 47 Mio. EUR aus. Dage-
entstanden sind (meist handelt es sich um gen betragen die Verbindlichkeiten aus Liefe-
Einnahmen aus Umsätzen) und weil auch die rungen und Leistungen 118 Mio EUR Die
übrigen Größen wie Forderungen und Ver- Liquidität 1. Grades beträgt danach 0,39. Die
bindlichkeiten u.a. aus „alten Zeiten“ stam- Deckung der Verbindlichkeiten ist nicht ein-
men. Wenn auch ihre Zahlungsein- und - mal 50 %. Hier natürlich noch keine Katast-
ausgänge in der näheren Zukunft sein werden rophe, weil Wertpapiere und Forderungen den
(i.d.R. innerhalb von 30 Tagen), so ist ihre Zähler der Rechnung verändern. Er beläuft
Entstehung (und also die Ursache) früher sich bei der Liquiditätsrechnung 2. Grades auf
gewesen. 474 Mio. EUR. Die Verbindlichkeiten haben
eine Höhe wie oben. Demnach beträgt die
Außerdem beziehen sie nur kurzfristige Ver-
Liquidität hiernach 4,0.
bindlichkeiten ein, obwohl jeden Tag andere
Zahlungen fällig werden können, wie zum
Beispiel Versicherungsverträge, Steuervor- Aufgabe
auszahlungen, Gebühren etc. Aus diesem 31. Sehen Sie sich bitte die Zahlen der DMW
Grunde bezieht man andere Größen in die noch einmal an. Erweitern Sie die Rech-
Rechnung ein und gelangt zu der dynami- nung oben um übrige Rückstellungen im
schen Liquiditätsrechnung. Nenner der Gleichung!
a) Versuchen Sie herauszubekommen,
2.2.4.2 Dynamische Liquidität
was unter Rückstellungen verstanden
Die dynamische Liquidität sagt aus, wie mit wird! (vergl. Finanzierung)
den vorhandenen Zahlungsmittelbeständen
b) Wie verändert sich nunmehr die Li-
(einschließlich noch umzuwandelnder Ver-
quidität?
mögenstitel) und prognostizierten Umsätzen
in einer kommenden Periode, meist 1 bis 3
Monate, die in dieser Zeit anfallenden Ver- „Eine Betriebswirtschaft befindet sich im
pflichtungen einschließlich der Kosten, die finanziellen Gleichgewicht, wenn sie zu je-
Ausgaben nach sich ziehen, eingelöst werden dem Zeitpunkt den fälligen Zahlungsver-
können (siehe Abb. 38). Sie ist eine Art Vor- pflichtungen uneingeschränkt nachkommen
schaurechnung. Daher ist sie auch vornehm- kann.“
lich zukunftsorientiert. Die dynamische Li- Heinen (IBL, S. 44)
quidität dient daher der Ergänzung der stati- „Die Notwendigkeit zur Deckung des Kapi-
schen Liquiditäten. Außenstehende sind von talbedarfs folgt aus dem Liquiditätsprinzip. L.
ihr ausgeschlossen (vergl. S. 138). Diese wird definiert als Fähigkeit, den Zahlungsver-
Liquiditätsbetrachtung hat ihren Namen von pflichtungen termin- und betragstreu nachzu-
bewegliche Zukunftsgrößen, die die Einnah- kommen. Ist die Unternehmung liquide, be-
me-/Ausgabeströme bestimmen. findet sie sich im finanziellen Gleichge-
wicht.“
Krabbe (BWL, S. 144)
Abb. 37: Aussagen zum finanziellen
Gleichgewicht
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 39

2.2.4.3 Finanzielles Gleichgewicht


Die aufgeführten Liquiditätskennziffern sind
das Ergebnis vergangener Finanzpraktiken und
zukünftiger Finanzplanung. Ihnen zugrunde
liegt die Idee, das Unternehmen finanziell ab-
zusichern. Diese Zielsetzung wird als finan-
zielles Gleichgewicht (siehe Abb. 37) be-
zeichnet. Es wird im Rahmen der Finanzierung
näher betrachtet. Nur soviel sei hier gesagt:
Das finanzielle Gleichgewicht richtet den
Blick auf liquide Mittel. Von ihm wird ge-
sprochen, wenn ein Unternehmen mit Geld-
mitteln so versorgt ist, dass es regelmäßig
seine Verpflichtungen erfüllen kann. Die
Sicht ist eher kurzfristig.
Mit dieser Definition wird deutlich, dass es
die Kassenbestände, Vermögenstitel, die
schnell zu Geld transferiert werden können,
und alle Verpflichtungen – von den Kredit-
mitteln bis zu den Kosten –, so wie es die
Abb. 38 ausweist, enthält.
Bei seiner Beurteilung genügen statische
Liquiditätskennziffern allein daher nicht.

2.2.4.4 Finanzwirtschaftliches Abb. 38: Verpflichtungen eines Betriebes


Gleichgewicht – Grundlagen für eine dynami-
sche Liquiditätsrechnung
Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht ist
dem finanziellen übergeordnet. Dieses ist Teil Die Zahlungsfähigkeit ist mit der Kassenhaltung
von ihm. Das finanzwirtschaftliche Gleich- verbunden. Kassenhaltung und Rentabilität hängen in
gewicht umfasst auch die güterwirtschaftli- gewisser Weise zusammen. Eine hohe Kassenhal-
tung mindert, wie alle Bestände, die zinsorientierte
chen und finanziellen Strukturen einer be- Verwendung. Je höher die Kassenhaltung, desto
stimmten Qualitätsnorm und die notwendigen sicherer zwar die Zahlungsfähigkeit, aber desto ge-
Finanzdispositionen, die das Unternehmen in ringer die Gesamtdividende. Dem Unternehmen
eine gute Gewinnlage bringen. entgehen Zinsen. Je mehr Sicherheit (je geringer das
Zahlungsfähigkeitsrisiko), desto weniger einladend
Eine bestimmte Qualitätsnorm besagt, dass wird die Rendite sein. Ein Zielkonflikt. Überliquiditäten
Vermögenstitel (güterwirtschaftliche Struktu- sind also schädlich. Unterliquidität und Zahlungsauf-
schub gehören eng zusammen. Verwendet das Un-
ren) dem Zweck des Unternehmens angepasst ternehmen liquide Mittel für zinsträchtige Geschäfte,
und auf das Ziel ausgerichtet sind. Minder- so steigt zwar die Rendite an, jedoch nimmt auch das
wertige Maschinen erfüllen diese Vorausset- Risiko der Zahlungsfähigkeit zu. Da die Liquidität eine
zungen nicht, ebenso schlechte Patente u.a. generelle Existenzbedingung darstellt, rüttelt Illiquidi-
tät an der Existenz des Unternehmens. Haben sich die
(sie auch nächste Seite rechts). Zahlungsbeeinträchtigungen ohne Andersverwen-
dung der Kassenbestände entwickelt, gehen sie mit
hohen Risiken einher:
40 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht gilt – Kapitalgeber könnten ihren Einsatz zurückverlan-


als erreicht, wenn die betrieblichen Zahlungs- gen.
– Lieferanten könnten ihre Waren nur noch gegen
verpflichtungen regelmäßig und pünktlich Bargeld verkaufen.
gezahlt werden (finanzielles Gleichgewicht) – Kredite zur Deckung der Finanzlücken könnten
und wenn die Vermögens- und Kapitalstruk- hohe Zinsen verursachen.
tur (güterwirtschaftliche und geldliche Struk- – Gestiegene Zinskosten könnten Verluste nach
sich ziehen, und
tur) optimal aufeinander abgestimmt sind und – Kreditgeber könnten massiven Einfluss auf die
wenn auf ihrer Grundlage die Voraussetzungen Entscheidungen der Unternehmensleitung neh-
für gute Gewinne langfristig gesichert sind. men.
Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht trifft Die möglicherweise eintretenden Risiken machen
das Unternehmen unelastisch.
daher eher den Investitionsbereich und erlaubt Da das Primärziel einer Unternehmung die Hoch-
es, Neuinvestitionen zu tätigen, Forschungs- rendite, wenn nicht die Höchstrendite ist, stellt das
und Entwicklungsinvestitionen einzugehen finanzwirtschaftliche Gleichgewicht eine wichtige
und Bildungsinvestitionen zu finanzieren. Bedingung hierzu dar.

Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht Abb. 39: Interdependenz von Rentabilität


schließt das finanzielle ein. Es kann nur ein und Liquidität (Quelle: IK, Zeit-
Gleichgewicht geben, wenn auch das finan- schrift für Industriekaufleute)
zielle Gleichgewicht vorhanden ist. Der Um-
kehrschluss ist nicht möglich. Ein finanzielles Ergänzungen zur Qualitätsnorm
Gleichgewicht kann ohne ein finanzwirt- Das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht ist nicht zu
erreichen, wenn ein Unternehmen nur eine sehr
schaftliches eintreten. Kurzfristige Mittelzu-
dünne Eigenkapitaldecke hat. Weder werden dann
fuhr durch Sondergeschäfte, Subventionen Kredite zu beschaffen sein – oder wenn das doch
und Geldbereitstellung durch Eigentümer in der Fall ist, dann wird man sie überteuert bezahlen
Personengesellschaften sind hierfür Beispiele. müssen –, noch werden weitere Teilhaber für die
Finanzierung neuer Projekte gefunden werden
Daher müssen für die Beurteilung der gesam-
können. Norm ist, dass sich Eigen- und Fremdkapi-
ten Finanzverhältnisse immer auch die Ver- tal möglichst entsprechen sollen. Als unterste Gren-
mögens- und Kapitalstrukturen herangezogen ze werden Drittelverhältnisse, d.h. Eigenkapital zu
werden. Fremdkapital wie 1:2, angesehen. Weitere Überle-
gungen sind im Kapitel Finanzierung zu finden.
2.2.4.5 Liquidität und Rentabilität Wenn die eingekauften Werkstoffe nur unter Eigen-
tumsvorbehalt beschafft werden können, dann führt
Beide Kennzahlen lassen sich losgelöst von- eine verzögerte Bezahlung der Rechnungen oder
einander beurteilen. Sie können aber ebenso sogar ein Aussetzen der Zahlung dazu, dass der
Lieferant seine ihm gehörenden Produkte wieder
nach ihrer Abhängigkeit (Interdependenz) abholt, so dass die eigene Produktion gestört wer-
voneinander untersucht werden. Von Unter- den könnte und vielleicht die Herstellung eingestellt
nehmen, die Gewinne erzielen, lässt sich werden muss. Sie aber ist ja gerade Garant für
vermuten, dass sie durch die erzielten und künftige Zahlungseingänge. Demnach kann und
darf es nicht Norm sein, alle Werkstoffe unter die-
vereinnahmten Gewinne liquider als vorher
sem Vertragsinhalt zu beziehen.
sind. Dagegen kann aus einer guten Liquidität
Das Ziel, das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht zu
nicht ohne weiteres auf die Rentabilität ge- erreichen, kann nur unter der Voraussetzung gelin-
schlossen werden. gen, solche Normen für den Betrieb festzulegen und
umzusetzen. Mit ihnen schwinden erhebliche Risi-
ken, die jede wirtschaftliche Arbeit begleiten.
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 41

Zusammenfassung
Zu den betrieblichen Sekundärzielen zählt die Erreichung des finanzwirtschaftlichen
Gleichgewichts, das das finanzielle einschließt. Und letzteres kommt durch die Liquidi-
tätskennzahlen zum Ausdruck. Diese Kennzahlen sollten auch unter der Perspektive der
Vermögens- und Kapitalstrukturen beurteilt werden. Die statischen Liquiditäten sind das
Ergebnis der betrieblichen Arbeit der Vergangenheit (Ergebnisziele). Die dynamische Li-
quiditätskennzahl gibt den Status (Ergebnis) an, der sich unter den Voraussetzungen der
Planung (Soll) – Umsatz/Kosten – und des Kassenbestandes (Ist) [bei Berücksichtigung von
Forderungen und Verbindlichkeiten] ergibt (siehe Finanzierung).

2.3 Das Zusammenwirken der Kennzahlen

Die vier Kennziffern Allgemeine Aussagen zum Gleichgewicht


• Rentabilität Das Wörterbuch definiert es so: „Relativ
• Wirtschaftlichkeit ausgeglichener Zustand eines Körpers ohne
größere, sichtbare Schwankungen“ und er-
• Produktivität gänzt es durch Beispiele, u.a. durch „aus dem
• Liquidität Gleichgewicht kommen oder die Waage ist
im Gleichgewicht“. In der Volkswirtschaft
werden als Signalkennziffern bezeichnet,
wird u.a. vom Gleichgewicht gesprochen,
weil sie dem Betrachter und Analytiker signa-
wenn alle nachgefragten und angebotenen
lisieren, wie der Betrieb in der Vergangenheit
Mengen an Gütern und Dienstleistungen
gewirtschaftet hat. Sie werden sowohl allein
übereinstimmen.
untersucht als auch im Verbund miteinander
und in ihren Wirkungen untereinander be- Wann ist ein Betrieb im Gleichgewicht? Wäh-
trachtet (siehe Abb. 40 u.a.). rend das Gleichgewicht einer Waage schnell
zu bestimmen ist, bereitet das für Betriebe
Jeder erwerbswirtschaftliche Betrieb strebt
große Probleme. Denn hier gilt es nicht nur,
danach, langfristig zu überleben. Eine gute
zwei Seiten durch Austarieren der Gewichte
Rentabilität allein genügt hierfür nicht, auch,
miteinander in Einklang zu bringen. Jedes
wenn sie sicher Grundlage einer dauerhaften
Unternehmen ist nämlich sowohl von außen
Existenz ist, wenn sie regelmäßig eintritt. Der
als auch von innen zu betrachten. In beiden
Betrieb muss zugleich wirtschaftlich sein und
Fällen gibt es bestimmbare und nicht be-
immer danach streben, seine Kosten-/ Leis-
stimmbare Größen. Bestimmbar ist z.B. der
tungsverhältnisse zu verbessern. Sind es nur
Zinssatz, mit dem ein Betrieb bei Inanspruch-
kleine Mengen, die hervorgebracht werden,
nahme von Krediten zu rechnen hat. Nicht
dann werden die Kosten pro Stück und die
genau bestimmbar ist der künftige Umsatz.
Gesamtkosten hoch sein. Daher gehört zu
Gar nicht vorauszusehen sind Neuentwick-
einer hohen Wirtschaftlichkeit eine gute Pro-
lungen der Konkurrenz. Im Unternehmen
duktivität. Sehr wirtschaftlich arbeitende
lassen sich Vermögenswerte aus den Bilanzen
Unternehmen, die zugleich hochwertige Pro-
ersehen. Auch sind Ausgaben exakt feststell-
dukte auf den Markt bringen, könnten, wenn
bar. Nicht in Werte umzurechnen dagegen ist
der Bedarf vorhanden ist, gute Umsätze erzie-
die Motivation der Mitarbeiter. Sie aber trägt
len. Sie werden – wie wir das wissen – zu
wesentlich zur Leistung des Unternehmens
Einnahmen. (Innovationen tragen hierzu bei.
42 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

günstige Einkaufspreise, günstige Verkaufspreise,


hohe Ausbringung durch preiswerter Einkauf,
minimale Durchlaufzeiten guter Umsatz durch
richtige Ausnutzung der pünktliche Bezahlung der
der Produkte, richtiger Qualitätsprodukt und
Elementarfaktoren Kunden
Mann am richtigen Platz Image

gute gute gute gute


Produktivität Wirtschaftlichkeit Rentabilität Liquidität

sinkende Stückkosten, zusätzliche Gelder


sinkende genügend Bargeld für
insbesondere bei anlage- (Gewinn) für Erfüllung
Stückkosten anfallende Aufgaben
intensiven Betrieben neuer Aufgaben

Markt- Investitions- Finanzierungs-


vorteile vorteile vorteile

Verbesserung des betrieblichen Gleichgewichts

Abb. 40 Einige Wirkungen der Signalkennziffern

Auch könnten Marktnischen, die ein Unter- bei. So stehen einer überzeugenden Berech-
nehmen mit seinen Erzeugnissen ausgemacht nung des betrieblichen Gleichgewichts zu
hat, zu guten Umsätzen beitragen. Diese ga- viele Unwägbarkeiten entgegen. Daher be-
rantieren meistens auch einen Gewinn.) Ver- schränkt man sich auf verschiedene Kennzah-
einnahmte Umsätze, die auch Gewinne ent- len, die den ausgewogenen Zustand des Un-
halten, stabilisieren die liquiden Verhältnisse ternehmens einigermaßen widerspiegeln.
eines Unternehmens.
Aufgaben
32. Die DMW AG stellt trotz ihrer Größe
2.4 Das betriebliche hervorragende Kleinwagen her. Die
Gleichgewicht DMW produzieren wirtschaftlicher als
manche Konkurrenz, und doch ist die li-
quide Basis des Unternehmens be-
Der Volksmund würde sagen, dass ein Be-
schränkt. Wie ist das zu erklären?
trieb im Gleichgewicht ist (betriebliches
Gleichgewicht), wenn er funktioniert. Und 33. Sie sehen hier eine Abbildung (Abb. 41),
der Gewinn ist sicher Indiz dafür, dass es ihm die auch verschiedene Zielsetzungen do-
gut geht. Aber diese Aussagen genügen für kumentiert. Sehen Sie Unterschiede zu
eine Definition nicht. dem bisher Gesagten?
2. Zielsetzungen erwerbswirtschaftlicher Betriebe 43

Das betriebliche Gleichgewicht ist ein Zu-


stand, den ein Betrieb am Ende einer be-
stimmten Zeit erreicht haben kann (z.B. am
Ende einer Periode). Während dieses Zeit-
raums muss er produktiv gewesen sein und sehr
wirtschaftlich gearbeitet haben. Die hergestell-
ten Erzeugnisse müssen auf dem Markt zu
angemessenen Preisen verkauft worden sein.
Die Umsätze müssen alle Kosten vergütet und
Gewinne mit sich gebracht haben. Ihr Gegen-
über sind Einnahmen, die in den Betrieb geflos-
sen sind. Ist unter diesen Aspekten das finanz-
wirtschaftliche und finanzielle Gleichgewicht
erreicht, ist ein wesentlicher Teil des betriebli-
chen Gleichgewichts erreicht worden.
Hinzu kommen innerbetriebliche Verhältnis-
se, die ein betriebliches Gleichgewicht mit-
bestimmen. Sie können die Informationen
betreffen und deren Weitergabe und Verarbei-
tung, die Struktur meinen, d.h. den Aufbau
eines Betriebes mit seinen Führungskräften Abb. 41: Betriebliche Zielsetzungen,
und Abteilungen, die Ablauforganisation einmal anders gesehen.
umfassen und insbesondere das Miteinander
der Mitarbeiter und die Zusammenarbeit mit Wolfsburg – „Erst kommt die Pflicht, dann
der Unternehmensführung. die Kür“, stutzte VW-Chef Ferdinand Piëch
noch beim Genfer Autosalon Frager zurecht,
All das lässt sich unter dem Stichwort Unter- die eine VW-Antwort auf die vielen Roadster
nehmenskultur unterbringen. Selbst wenn ein und Vans der härtesten Wettbewerber haben
Unternehmen seine gesetzten Normen (Kenn- wollten.
zahlenvorgaben) erreicht bzw. überschritten
hat, so kann es dennoch vom betrieblichen Damit wird klar, in welcher Phase sich
Gleichgewicht entfernt sein, weil die Zusam- Volkswagen gegenwärtig befindet. Die halbe
menarbeit der Belegschaft zu wünschen übrig Wegstrecke, vom sanierungsbedürftigen Au-
lässt, weil die Fluktuation des Personals groß tobauer zum profitabelsten wie attraktivsten
ist, weil zurückgehaltene Informationen ihren Fahrzeugproduzenten Europas, ist geschafft.
Durchlauf erschweren. Die Fabriken sind renoviert, die Fertigungs-
prozesse optimiert, die Entwicklung marken-
Ein Gleichgewicht setzt eine bestimmte Har- übergreifend koordiniert und rationalisiert.
monie voraus. Diese schließt Konflikte nicht
aus. Treten sie auf, werden sie im Interesse Doch die zweite Hälfte des Weges in eine
der Mitarbeiter und der Sache gelöst (siehe erfolgreiche Zukunft liegt noch vor VW.
Konfliktmanagement). Ein Gleichgewicht lebt Für jede Nische entwickelt die Piëch-Truppe
auch von der Integration der Individuen in die ein neues Modell, wobei speziell in den klei-
Gesamtbelegschaft. neren Fahrzeugklassen die VW-Dominanz
deutlich ausgebaut werden soll.
Von Peter HANNEMANN
Abb. 42: Wie VW seine Ziele bestimmt hat
Quelle: Hamburger Abendblatt
44 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Los Angeles – Mit der wohl ungewöhnlichsten Jordan Manufacturing ist eine Superfirma. Sie hat
Kette amerikanischer Lebensmittel-Supermärkte Supergewinne, eine Superpolitik, Superprodukte,
haben die deutschen Albrecht-Brüder (Aldi) in den Superproduktivität, Superpotential und die Leute,
USA großen Erfolg. An der Westküste sind ihre die das alles bewirken – Supermitarbeiter.
Trader-Joe’s-Märkte schon seit zwei Jahrzehnten Dies ist die spannende Geschichte von Jim Jack-
geradezu Kultobjekte. In diesen Monaten geht die son, dem Eigentümer und Gründer von Jordan.
Kette, die mit 83 Geschäften 750 Millionen Dollar Jacksons Konkurrenzstrategie basiert auf Qualität
umsetzt, auch an die Ostküste nach Massachusetts, und Service, worüber heutzutage alle reden. Etwas
New York und Washington D. C. ganz anderes ist es aber, diese dem Kunden tat-
Das Erfolgs-„Geheimnis“ ist ein Konzept, das am sächlich zu bieten, und das tut Jordan. Zwischen
US-Markt bislang einmalig blieb. Gourmetwaren 1982 und 1983 erhöhten sich die Umsätze von 74
verkauft Trader Joe’s zu Discountpreisen. Die Aus- auf 90 Millionen Dollar, und die Gewinne stiegen im
wahl ist gering. Wo ein normaler Supermarkt ein gleichen Zeitraum um über 700 Prozent. Die Aktien
Sortiment von 20000 Artikeln führt, gibt es bei Tra- des Unternehmens stiegen 1982 um 42 Prozent und
der Joe’s gerade mal 2000. Dennoch gilt die Kette 1983 ebenso. Der Verfasser eines Zeitschriftenarti-
in Kalifornien zum Beispiel als umsatzstärkster kels über Jordan bemerkte: „Der Erfolg des Unter-
Weinanbieter des Bundesstaates. nehmens basiert in erster Linie auf einer wohl-
Die Kundschaft wird monatlich mit einem 24seitigen durchdachten Strategie, die darauf abzielt, Vertrau-
Heft bedacht, das wie eine Mischung aus Mad en zwischen Mitarbeitern und den Eigentümern
Magazine und Stiftung Warentest anmutet. Inklusive aufzubauen.“ Jackson lässt es sich angelegen sein,
Cartoons, Witzen und jeder Menge kleiner Ge- mindestens zweimal wöchentlich in der Fabrikhalle
schichten über die Produktpalette von Trader Joe’s. zu erscheinen, um all jenen ein Lob auszusprechen,
Um die typisch kalifornisch-freundliche Kunden- die besonders gut gearbeitet haben, um zu fragen,
betreuung auch in den neuen Filialen an der Ost- wie es den Angehörigen geht, und um das Betriebs-
küste zu garantieren, hat das Unternehmen Filiallei- klima zu überprüfen. Seine Mitarbeiter brauchen
ter wie Mitarbeiter nach Boston transferiert. „Trader nicht zu befürchten, dass er sie über ihre Aufgaben
Joe’s hat eine Reputation als extrem kundenfreund- belehren wolle, da er so gut wie nichts über Einzel-
licher Supermarkt, wir nehmen uns alle Zeit der heiten der Fertigung weiß. Er lässt sich gern mit
Welt, um unseren Kunden die neuesten Importe zu dem Ausspruch zitieren, dass er „kaum weiß, wie
erklären.“ (von Holger HOETZEL) man ein Auto anlässt“.
Abb. 43: Ein Unternehmen im Gleichgewicht Abb. 44: Der Erfolg durch Menschenführung
Quelle: Hamburger Abendblatt Quelle: Führungskräfte

Zusammenfassung
Das betriebliche Gleichgewicht ist der Zustand, der die gegenwärtige Betriebsexistenz sichert
und die Grundlage für das zukünftige Dasein bildet.
Es setzt voraus, Es wird gemessen an den Kennzah-
• dass die Ertragsquellen ausge- • dass die Mitarbeiter einsatzfä- len
schöpft sind hig und mit Interesse entspre-
• in Umsatzeinnahmen** zu markt- chend ihren Kenntnissen und • Produktivität
gerechten Preisen transferiert wer- ihrem Können arbeiten • Wirtschaftlichkeit
den • dass die Arbeitsatmosphäre • Rentabilität
• dass auf der Grundlage* einer durch gegenseitige Anerken- • Liquidität,
ausgewogenen Vermögens- und nung geprägt ist • die als Signalkennziffern ausge-
Kapitalstruktur die Kapazität aus- • dass die Kunden umworben wiesen sind und um, meist aus
genutzt und die kürzesten Durch- und zuvorkommend behandelt ihnen abgeleitete, Nebenkennzah-
laufzeiten wirtschaftlich produziert werden. len (Derivate) erweitert werden,
werden • und am vorgegebenen Soll.
• dass Unternehmer, Handwerks-
meister und Leitung innovationsge-
richtet und flexibel, verantwor- * Langfristige Liquiditätsdimension
tungsbewusst und motivationsför-
** kurzfristige Liquiditätsdimension
dernd agieren
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 45

3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess

3.1 Die menschliche Arbeitskraft

3.1.1 Der Mensch im Mittelpunkt Selten hat der Neubau einer einzigen Fabrik
für noch nicht einmal zweitausend Arbeits-
Jeder Betriebsprozess braucht Menschen. Sie plätze ein solches öffentliches Echo ausgelöst
sind heute genauso wichtig wie früher. wie das Eisenacher Opel-Werk.
Datenverarbeitungssysteme, computergesteu- Mit schlanker Fertigung und demokratischer
erte Produktionsverfahren und Roboter haben Gruppenarbeit ist der Anspruch verbunden,
zahlreiche Arbeitsplätze in den Werkshallen nicht nur die veralteten Produktionsmethoden
überflüssig gemacht. Neue Arbeitsplätze sind in Westdeutschland abzulegen, sondern damit
im Dienstleistungssektor – sowohl innerhalb auch die fortschrittlichsten Verfahren in Japan
der Unternehmen als auch auf den Märkten – und Amerika zu überholen. Humanisierung
dazugekommen. der Arbeitswelt und Produktivitätssteigerun-
In vielen Fällen stellt die veränderte Arbeits- gen von beachtlichem Ausmaß könnten sich
welt höhere Anforderungen an den einzelnen. zum Wohle von Umland und Umfeld gegen-
seitig bedingen … In steter Reihe, genau
Seit den achtziger Jahren zeichnet sich eine gesprochen nach jeweils 122 Sekunden, darf
Entwicklung ab, die den Mitarbeitern im jeder Arbeitnehmer einen neuen Corsa (zu-
Betriebsgeschehen wieder eine zentrale Stel- weilen auch Astra) bedienen. Sie tragen –
lung einräumt. Nicht mehr das Taylorsche ausnahmslos alle vom Werksleiter bis zum
Prinzip der Arbeitsteilung (siehe Fließband- Bandarbeiter – weiße Hemden und graue
fertigung), das den Arbeitnehmer durch im- Hosen mit verdeckter Knopfleiste und Klett-
mer wiederkehrende Arbeitsgriffe zu einem verschluss.
menschlichen „Roboter“ mit höchster Produk-
tivität machte, sondern eine Art ganzheitliche Abb. 45: Die Eisenacher und die Rüs-
Herstellung in einem Team rückt in den Mit- selsheimer
telpunkt der Produktionsverfahren. Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Kombination der Zusammenführung und


Elementarfaktoren Aufeinanderabstimmung
von menschlichen Arbeits-
Entwicklung der leistungen, Werkstoffen und
Kombination Betriebsmitteln

Mittelalter = vornehmlich unmittelbare Vergangenheit = z.T. Gegenwart = kapitalintensive


arbeitsintensive Herstellung kapitalintensive Herstellung unter Herstellung, computergesteuert,
und Verwendung von Verwendung relativ vieler Arbeits- Mensch als Bediener der
Werkzeugen kräfte (Fließband), auch heute Computer
noch üblich

Abb. 46: Veränderungen in der Prozesskette


46 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Auch die Arbeitsplätze in der Verwaltung Die DMW AG beschäftigte im vergangenen


haben ein anderes Aussehen als früher. Ob im Jahr 12.800 Mitarbeiter. Von ihnen waren
Einkauf, Verkauf, im Personalsektor oder in insgesamt 4.400 im Herstellungssektor, der
der Buchhaltung, ob am Banktresen oder Rest in der Verwaltung tätig. In vielen Teilbe-
Postschalter, überall hat der Bildschirm Ein- reichen ist Gruppenarbeit eingeführt worden.
gang gefunden. Außerdem arbeiten Teams an gesonderten
So können Mitarbeiter schnell Informationen Projekten.
nicht nur abrufen und verwerten, sondern Aufgabe
verfügen über dieselbe Informationsdichte
34. Fertigungsberufe in der Industrie und im
wie ihre Mitstreiter. Daher wird die vielfach
produzierenden Handwerk haben sowohl
praktizierte Teamarbeit effizienter.
absolut als auch relativ an Bedeutung ver-
Trotz oder und wegen dieser Entwicklung loren. Mit einem Minus von l5% oder
sind in den letzten Jahren viele Arbeitsplätze knapp l,5 Mio. Arbeitsplätzen gegenüber
verloren gegangen. Computer, Arbeitsformen 2003 ist ihr Beschäftigtenanteil von 28 auf
und Kostensteigerungen haben u.a. hierzu nur noch 21 % gesunken (Quelle: iwd).
beigetragen.
a) Welche Folgen lassen sich aus dieser
Entwicklung für eine Industriegesell-
schaft abzeichnen?

Schlüsselqualifikationen: die Elemente


Kenntnisse 1. Berufsübergreifende, das heißt allgemeinbildende Kenntnisse und Fertigkeiten – wie Kultur-
und techniken, Fremdsprachen, technische, wirtschaftliche und soziale Allgemeinbildung
Fertigkeiten 2. Neuaufkommende Kenntnisse und Fertigkeiten – wie Befähigung zum Umgang mit elektroni-
scher Datenverarbeitung und neuen Technologien
3. Vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten, das heißt Ausbau von Grundlagen, die wenig veränderbar
sind wie Fachfremdsprachen
4. Berufsausweitende, das heißt über den Einzelberuf hinausgehende. Kenntnisse und Fertigkeiten
wie Arbeitsschutz und Umweltschutz
Fähigkeiten 1. Selbständiges, logisches, kritisches, kreatives Denken
2. Gewinnen und Verarbeiten von Informationen, Informiertheit über Informationen
3. Selbständiges Lernen, das Lernen lernen, sich etwas erarbeiten können
4. Anwendungsbezogenes Denken und Handeln. Einsatz der eigenen Sensibilität und Intelligenz –
hei Umstellungen und Neuerungen, im Vorschlags- und Erfindungswesen
5. Entscheidungsfähigkeit, Führungsfähigkeit, Gestaltungsfähigkeit – wie Selbständigkeit hei
Planung. Durchführung und Kontrolle
Verhaltens- 1. Verhaltensqualifikationen mit einzelpersönlicher Betonung – wie Selbstvertrauen, Optimismus.
weisen Wendigkeit. Anpassungsfähigkeit, Gestaltungskraft, Leistungsbereitschaft, Eigenständigkeit
2. Verhallensqualifikationen mit zwischenmenschlicher Betonung – wie Kooperationsbereitschaft,
Fairness, Verbindlichkeit. Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Dienstbereitschaft, Teamgeist, Solidarität
3. Verhaltensqualifikationen mit gesellschaftlicher Betonung – wie Fähigkeit und Bereitschaft zu
wirtschaftlicher Vernunft, technologischer Akzeptanz und zum sozialen Konsens
4. Arbeitstugenden – wie Genauigkeit. Sauberkeit, Zuverlässigkeit. Exaktheit, Pünktlichkeit,
Ehrlichkeit, Ordnungssinn, Konzentration. Ausdauer, Pflichtbewusstsein, Fleiß, Disziplin,
Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme
Abb. 47: Schlüsselqualifikationen
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 47

3.1.2 Qualität der Arbeit b) Seit l973 sind in Westdeutschland al-


lein 3,9 Mio. Arbeitsplätze im Dienst-
Noch vor kurzem wurde das Personal erstens leistungssektor geschaffen worden.
nach Funktionen in Wo könnte das gewesen sein?
• leitendes und
• ausführendes
Begriffsklärungen
und zweitens nach der Ausbildung in
Gruppenarbeit: Hierbei werden einzelne
• ungelerntes Aufgaben der Gruppe zusammengefasst. Die
• angelerntes Gruppe übernimmt nicht nur die Ausführung,
sondern in gewissem Umfang Planung, Kon-
• berufspraktisch geschultes und trolle und Rückmeldung des Arbeitsfortschrit-
• wissenschaftlich ausgebildetes tes. In den DMW werden die Kraftwagen
nicht mehr am Fließband zusammengebaut,
Personal untergliedert.
sondern von mehreren Arbeitsgruppen neben-
Auch heute noch gibt es genügend Stellen, die einander erledigt.
keine hohen Anforderungen an den Inhaber
Diese neue Art der Arbeitsorganisation hebt
stellen, weil sie vornehmlich ausführender
die Trennung von ausführender und planender
Natur sind. Dennoch: Die Qualifikationen, die
Arbeit (arbeitsteiliges Konzept) auf.
ein Arbeitnehmer heute mitbringen muss, um
erfolgreich zu arbeiten (siehe Abb. 47), sind Fertigungsinsel: Sie ist eine besondere Form
anspruchsvoller geworden. der Gruppenarbeit. Charakteristisch ist, dass
eine Gruppe eine bestimmte Teilautonomie
Der Wandel in der Berufswelt durch den
hat. Sind die notwendigen Betriebsmittel
Siegeszug der Informationstechnologie in der
räumlich und organisatorisch zusammenge-
Verwaltung und durch die veränderten Her-
fasst, kann die Gruppe mit den Ausgangsma-
stellungsverfahren, und hier insbesondere da,
terialien Produktteile oder Endprodukte voll-
wo computerintegrierte Produktion – CIM –
ständig fertigen.
stattfindet, steht erst am Anfang. Mit beiden
ist oft auch eine Veränderung der Organisati- (Anlehnung an iwd – WuU)
onsstruktur verbunden. Nicht mehr die Funk-
tionen (Beschaffung, Produktion, Absatz)
bestimmen den Ablauf, sondern die Prozess- Die DMW AG hat 2003 wieder 16 Mio. EUR
kette, auch Wertschöpfungskette genannt. in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter ge-
Beispiel hierfür ist der Beschaffungsbereich, steckt (Mitarbeiter-Investitionen), um den
dessen Einfluss in die Fertigung reicht (integ- Anforderungen an die moderne Technik und
rierte Materialwirtschaft). den veränderten Arbeitsabläufen gerecht zu
werden.
Viele Betriebe haben sich bisher gescheut
oder sahen keinen Grund, ihre Arbeitsorgani- Auch in den folgenden Jahren wird dieses Vor-
sation zu ändern. Andere – wie die Kraftfahr- haben fortgesetzt, den noch immer gibt es zu
zeugindustrie – sind in die Vorreiterrolle viele Mitarbeiter, die als Einzelkämpfer arbei-
geschlüpft. Schon längst haben sie ein ten. Hauptthema daher: erfolgreiches Team-
schlankes Management (Lean Management) arbeiten.
eingeführt und praktizieren eine schlanke
Produktion (Lean Production) [siehe Ge-
schäftsleitung].
48 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Mit letzterer gehen autonome Arbeitsgruppen, Was ist Total Quality Management?
Fertigungsinseln und Qualitätszirkel, die aus Auf der Mitwirkung aller ihrer Mitglieder beruhende
dem „Qualitätsmanagement“ (Total Quality Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den
Management) abgeleitet sind, einher. In die- Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kun-
sen Fällen ist dem Mitarbeiter eine größere den auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen
für die Mitglieder der Organisation und für die Gesell-
Verantwortung zugewachsen. schaft zielt.
Was heißt das? Total: Einbeziehung aller Beteiligten (Mitar-
beiter, Lieferanten, Öffentlichkeit)
Alle in der Gruppe arbeitenden Mitarbeiter
sind an planerischen Aufgaben, die früher nur Quality: Qualität der eigenen Arbeit, Qualität
aller Prozesse, Qualität des Unterneh-
der Leitung zugedacht waren, beteiligt. Da mens mit dem Ergebnis: die Qualität der
sind z.B. Produkte und Dienstleistungen
• Arbeitsverteilung Management: Führen, Fördern der Teamfähigkeit,
Vorbild sein
• Terminplanung
Abb. 48: Qualitätsmanagement
• Maschinenwartung Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
• Teileversorgung und -nachschub
• Qualitätssicherung und Urlaubsplanung Frankfurt/Main – Die deutsche Industrie könnte
mit einem besseren Einkauf jährlich zweistellige
zu regeln.
Milliardenbeträge einsparen. Das geht aus einer
Das „Mehr“ an Verantwortung hat sich viel- Studie der Universität Köln und der Unterneh-
fach ausgezahlt: mensberatung Masai hervor, die den Einkauf von
• Erstens arbeiten Mitarbeiter engagierter. französischen, deutschen und spanischen Unter-
nehmen verglichen haben.
• Zweitens identifizieren sie sich eher mit
ihrem Betrieb. Vor allem bei der Qualifizierung der Einkäufer und
der weltweiten Suche nach Lieferanten ist
• Drittens werden die Arbeiten zuverlässig Deutschland weit abgeschlagen: In nur knapp 20
erledigt. Prozent der deutschen Unternehmen verfügen
• Viertens schafft Verantwortung eine mehr als die Hälfte der Mitarbeiter über einen
größere Arbeitsfreude und mit ihr Ar- Hochschulabschluss. In Spanien sind es 48 Pro-
beitszufriedenheit. zent, in Frankreich sogar zwei Drittel.
So zahlt sich humaneres Arbeiten für alle aus. Abb. 49: Qualifizierung (DW 2003)

3.1.3 Frauen in der Arbeitswelt Aufgabe


Die Erwerbstätigkeit der Frauen hat in den 35. Bitte erfragen Sie in Ihrem Unternehmen
letzten 30 Jahren zugenommen. Insbesondere die vielfältigen Berufe und Tätigkeiten,
bei den so genannten mittleren Jahrgängen, die dort ausgeübt werden! Sollten Sie
und damit sind Frauen gemeint, deren Alter sich noch in Ihrer Ausbildung befinden,
zwischen 20 und 60 Jahren liegt. Das liegt versuchen Sie herauszufinden, welche
daran, dass Anforderungen an den Beruf des Indust-
riekaufmanns/der Industriekauffrau ge-
• auch die Ausbildung der Frauen qualifi-
stellt werden! Prüfen Sie auch, ob noch
zierter geworden ist
ein Unterschied unter den Menschen ge-
• Frauen Berufe erobert haben, die früher macht wird, die man früher als Arbeiter
nur den Männern vorbehalten waren. und Angestellte bezeichnete.
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 49

Sowohl das eine als auch das andere hat nicht Pressenotiz
bewirken können, dass Frauen Männern ge- Frauen verdienen bis zu 30 Prozent weni-
genüber im Beruf gleichberechtigt sind, eine ger
Forderung, die überall erhoben, aber bisher
nur teilweise verwirklicht worden ist. Diese Wiesbaden – Frauen mit einem Vollzeitjob
nicht zu begründende mangelnde Gleichbe- verdienen immer noch weniger als Männer.
rechtigung wird spürbar bei Weibliche Angestellte bekamen 2003 im
Schnitt 2560 Euro im Monat – 30 Prozent
• der Bezahlung weniger als ihre männlichen Kollegen. Arbei-
• den Positionen und Stellen terinnen in der Industrie hatten brutto 1885
Euro – 26 Prozent weniger. (dpa)
• der Behandlung.
Abb. 50: Frauenverdienste
In vielen großen Betrieben und in der öffent- Quelle: Hamburger Abendblatt
lichen Verwaltung sind zur Gleichstellung der
Frauen Frauenbeauftragte ernannt bzw.
gewählt worden, die die Rechte der Frauen
vertreten. Auch existieren Programme zur
Frauenförderung. Da aber der größte Teil der Zusatzinformationen
Frauen in Klein- und Mittelbetrieben beschäf-
tigt ist, bei denen derartige Stellen fehlen, In mehr als 60 Berufen von circa 180 ehema-
weil die finanziellen Mittel hierfür nicht frei- ligen Männerberufen gehen Frauen eine Aus-
gemacht werden können, müssen die dort bildung ein und üben ihren Beruf darin auch
beschäftigten Frauen ihre eigenen Belange aus, manchmal allerdings nur in Teilzeitar-
vertreten. Das ist angesichts der Leitungseta- beit. Immerhin machen sie circa 35% aus. So
gen, die vornehmlich von Männern besetzt gibt es vermehrt Konditorinnen, Chemigra-
sind, schwierig (siehe Abschnitt 4.5). finnen, weibliche Postfachkräfte, Restaurant-
fachfrauen, Raumausstatterinnen, Gärtnerin-
Gesetzliche Bestimmungen über die Gleich- nen, Floristinnen, Vermessungstechnikerin-
berechtigung lassen sich u.a. aus dem Grund- nen und Köchinnen. Eine traditionelle Domä-
gesetz (Artikel 3, Absatz 2) ableiten, aus dem ne der Frauen sind Tätigkeiten im Dienstleis-
Betriebsverfassungsgesetz (§75 u.a.) und aus tungssektor. Da der Zuwachs an Arbeitsplät-
dem BGB, §§611, 612, Absatz 3. zen hier besonders hoch ist (Reisebüros, Wer-
beagenturen, Arztpraxen, Krankenhäuser,
Sozialstationen), konnten viele Frauen neue
3.2 Betriebsmittel Beschäftigungsverhältnisse eingehen. Zählt
man hierzu auch schreibtechnische Berufe
3.2.1 Arten der Betriebsmittel und und Sekretärinnen, dann allerdings hat in
Charaktermerkmale dieser Sparte der Abbau von Arbeitsplätzen
durch den Computer erhebliche Wirkung
Zu den Betriebsmitteln zählen u.a. gehabt. Dass für Teilzeitarbeitskräfte nicht die
• Grundstücke (Gebäudestandort, Außen- gleichen Positionen offen stehen, versteht sich
läger) von selbst. Sicher würden sich manche Frau-
en überlegen, ganztägig zu arbeiten, würden
• Gebäude (Verwaltung, Produktion) sie wie ihre männlichen Kollegen besoldet
• Ausstattungen (Büroeinrichtungen) werden.
50 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

• Maschinen und Fertigungsanlagen Die DMW AG schickte auf den internationalen


Frauentag vier Vertreterinnen. „Frauen haben
• Vorrichtungen (Schütten, Rutschen)
inzwischen oft die gleichen Rechte wie Män-
• Werkzeuge (Zangen, Bohrer, Lötlampen) ner, aber längst noch nicht die gleiche Macht“,
• Fahrzeuge (Kraftfahrzeuge, Gabelstap- sagte Gleichstellungssenatorin Christina Weiß
ler). zur Feier des 85. Internationalen Frauentages
im Rathaus (8. März) vor rund 200 Frauen.
Je nach Branche, Spezialisierung, Größe, Gerda Gmelin, die große alte und inzwischen
technischen Möglichkeiten und Kapital unter- verstorbene Dame des Zimmertheaters in Ham-
scheiden sich die Betriebsmittel der Einzelbe- burg, ergänzte: „Ja, wenn wir etwas sein
triebe. Generell aber nehmen sie in allen Her- wollen, müssen wir immer tüchtiger sein als
stellungsbetrieben mit vornehmlich maschi- die Männer.“
neller Produktion einen großen Teil des ein-
gesetzten Kapitals in Anspruch. Frauen der DMW AG haben diese Probleme
nicht.
Ihr Charakter (Charaktermerkmale) lässt sich
durch Analyse folgender Merkmale heraus- Die DMW AG hatte 2002 als Sachanlagen –
finden: ein Begriff aus der Bilanz, der dem Begriff
• Kapazität „Betriebsmittel“ entspricht – 328 Mio. EUR
• Lebensdauer ausgewiesen. Davon beliefen sich die
Grundstücke und Gebäude auf 68 Mio. EUR,
• Verwendungsfähigkeit die technischen Anlagen und Maschinen auf
• Kosten 180 Mio. EUR, andere Anlagen, Betriebs-
und Geschäftsausstattung auf 20 Mio. EUR,
• technischer Fortschritt. Anlagen im Bau auf 30 Mio. EUR, Werkzeu-
ge und Vorrichtungen sowie Fahrzeuge auf 30
3.2.2 Kapazitäten Mio. EUR.
Die Kapazität, d.h. die Leistungsfähigkeit
eines Betriebes, hängt von vielen Faktoren ab,
u.a. auch von den Sachanlagen, mit denen die
Produkte hergestellt werden. In jedem Fall
bestimmen sie die maximale Menge, die ein
Unternehmen ausstoßen kann. In diesem Fall Aufgaben
wird auch von der technisch-maximalen 36. Die technische Entwicklung der Compu-
Menge gesprochen oder von der technisch- ter schreitet ständig voran. Fast monat-
maximalen Kapazität. lich kommen neue Sensationsmeldungen
Nun kommt es natürlich darauf an, wie Be- über noch größere Prozessoren mit mehr
triebsmittel und Menschen einander zugeord- Leistungsfähigkeit etc. heraus. Was be-
net sind. Da Menschen im Laufe ihres Ar- deutet das für Sie als Computerbesitzer
beitstages ermüden, können sie nicht immer und für die Betriebe?
mit gleich bleibendem Einsatz arbeiten. Somit 37. Überlegen Sie, wenn Sie mit Ihrem Fahr-
bestimmt ihr Leistungspotenzial auch die rad, Motorrad oder PKW ständig mit der
Tagesausbringung (oder die Monats- und Ihnen möglichen Höchstgeschwindigkeit
Jahresproduktion). Von hier ist der Weg zur fahren, welche Folgen das für Mensch
maximalen Menge oder maximalen Kapazi- und Material hat! Beziehen Sie in Ihre
tät (siehe Abb. 53) nicht mehr weit. Überlegungen auch die Umwelt mit ein.
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 51

Es ist die mögliche Ausbringungsmenge, die


auf der Basis aller Elementarfaktoren und
deren Zuordnung geschafft werden kann.
Meist beträgt sie 90% der technisch-
maximalen Kapazität. Sie kann darüber oder
darunter liegen. Die maximale Kapazität
(Sollausbringung) ist diejenige Größe, von
der die Istausbringung ermittelt wird.
Produziert ein Unternehmen da, wo es die
günstigsten Kostenverhältnisse ausweist,
spricht man von optimaler Kapazität. Sie
wird auch wirtschaftliche Kapazität genannt.
Hier erreicht das Unternehmen unter den
gegebenen Verhältnissen seine höchste Wirt-
schaftlichkeit. Die wirtschaftliche Kapazität
liegt bei circa 75–85% der maximalen Kapa- Abb. 51: Ergiebigkeit der Betriebsmittel
zität. Das kommt auf den Betrieb an.
Wie Abbildung 51 verdeutlicht, werden,
wenn man von der Leistungsfähigkeit der Die DMW AG schreibt in ihrem letzten Ge-
Anlagen spricht, der technische Leistungs- schäftsbericht:
stand und die technische Eignung genannt. Wir haben unsere diesjährigen Modelle mit
Betriebsmittel sind natürlich nur dann zu einer neuen Generation von Motoren ausges-
Höchstleistungen in der Lage, wenn sie ent- tattet. Diese sind leistungsfähiger, obwohl sie
weder neu sind (Modernität), oder – sollten weniger an Benzin- und Dieselkraftstoff
sie schon längere Zeit in Gebrauch sein (Ab- verbrauchen, und ruhiger geworden. Dafür
nutzungsgrad) – wenn sie regelmäßig gewar- sind sie spurtstärker und schneller geworden.
tet und anlagengerecht repariert werden. Hin- Schon mit dem Single kann heute eine Dauer-
zu kommt, dass sie für das, was sie bewirken reisegeschwindigkeit – ohne körperliche Be-
sollen, auch geeignet sein müssen. Das gilt lastungen – von 145 km /h gehalten werden.
für ihre Qualität und für ihre Ausbringungs- Die Höchstgeschwindigkeit ist sogar von 155
menge (Quantität). km/h auf l62 km/h gestiegen, was das Überho-
len erleichtert.
3.2.3 Lebensdauer und
Verwendungsfähigkeit
Pressenotiz
Betriebsmittel überdauern zum Teil viele Die Auslastung der deutschen Industrie ist
Jahre. Gebäude sind zwar nicht unbegrenzt unterschiedlich. In der Kraftfahrzeugbranche
haltbar, aber ihre Lebensdauer übersteigt haben die veröffentlichten Absatzzahlen 1995
i.d.R. die eines Menschen. Maschinen und für ernste Mienen gesorgt. Ihre Auslastung ist
sonstige Anlagen sowie Vorrichtungen und auf 78% geschrumpft. Wenn es auch in den
Fahrzeuge dagegen halten nur ein paar Jahre. Folgejahren immer wieder zu besseren Er-
Je nach Einsatz werden sie betrieblich 4 oder gebnissen kam, so kämpft heute (2006) die
5 Jahre benutzt. Werkzeuge sind oft schon Autoindustrie immer noch um eine optimale
nach kürzerer Gebrauchsdauer unbrauchbar. Auslastung.
Alle müssen je nach Zustand mal eher, mal
Abb. 52: Die gegenwärtige Auslastung
später ersetzt werden.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung
52 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Werden Anlagen beschafft, deren Verwen-


dungsfähigkeit weit über den Ansprüchen
liegt, die an sie gestellt werden – und in ei-
nem solchen Fall spricht man von Überdi-
mensionierung –, dann hat der Betrieb fehl-
investiert. Dasselbe gilt, wenn Anlagen nur
unter größten „Anstrengungen“ eine geforder-
te Leistung hervorbringen, die sie nur im
äußersten Fall schaffen können. Hier spricht
man von Unterdimensionierung. Diese ist
genau so schädlich.
Die Anlagen müssen also genau auf den
Zweck, den sie zu erfüllen haben, abgestimmt
sein. Und sie müssen insgesamt zueinander Abb. 53: Kapazitäten
passen wie Rohre, die miteinander verbunden
werden. Die Bestellungen der Kunden bleiben aus. Zwi-
Anlagen, die benutzt werden, verlieren durch schen Januar und Mai brachen die Auftragseingän-
den Gebrauch ständig an Wert. Diese Wert- ge in Deutschland gegenüber dem Vorjahreszeit-
minderungen werden Abschreibungen ge- raum insgesamt um 7,7 Prozent ein, beim Tiefbau
nannt. sogar um 13,4 Prozent. Vollbremsung auch bei der
bisherigen Konjunkturlokomotive Wohnungsbau:
Abschreibungen (vgl. S. 161 f.) sind Kosten, ein Rückgang um stolze 25 Prozent. Die Baubran-
die in den Preis der Produkte einkalkuliert
che, mit einem Jahresumsatz von 250 Milliarden
werden. Ihre Höhe richtet sich nach der Bean-
Euro Stützpfeiler des möglichen Aufschwungs,
spruchung der Anlagen bzw. nach Abschrei-
krankt an Überkapazitäten und einer schlechten
bungssätzen, die der Gesetzgeber vorgegeben
Zahlungsmoral der Kunden. Mit 8000 Pleiten
hat. Sie werden über die Umsätze verein-
rechnet der Verein Creditreform allein im Jahr
nahmt und können danach wieder für veralte- 2003, im nächsten Jahr sollen es sogar über 9000
te, ausgemusterte und abgeschriebene Anla- werden.
gen verwandt werden. Dadurch kann das
Sachanlagenniveau immer auf einem hohen Abb. 54: Die Auslastung der deutschen
Stand gehalten werden. Die für die zu erset- Wirtschaft
zenden Maschinen, Vorrichtungen, Werkzeu- Quelle: Capital
ge und Fahrzeuge beschafften neuen Anlagen Zur Dimensionierung
werden als Ersatzinvestitionen bezeichnet Wer sich einen Sportwagen anschafft und mit
(siehe auch Kapitel Finanzierung). ihm nur zum Einkaufen fährt, mag zwar sei-
Der Gesetzgeber hat über die Wertansätze der nem Prestige gerecht werden, nicht aber dem
Vermögensgegenstände in den §§ 252 ff HGB Motor und letztlich dem Preis. Hierfür ist der
feste Richtlinien vorgeschrieben. In § 253, 1 Wagen überdimensioniert. Wer ständig mit
heißt es (auszugsweise): „Vermögensgegens- einem Kleinwagen sechs Personen befördert,
tände sind höchstens mit den Anschaffungs- wird bald das Nachsehen haben. Der Wagen
oder Herstellungskosten, vermindert um Ab- ist unterdimensioniert.
schreibungen … anzusetzen.“
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 53

3.2.4 Kosten und technischer Aufgabe


Fortschritt 38. Können Sie sich vorstellen, welche Folgen
Die Wertminderungen an Sachanlagen wer- der Sportwagenbesitzer in Kauf nehmen
den als fixe Kosten angesehen. Dies sind muss, wenn sein „Flitzer“ nicht ausgefah-
Kosten, die bei unterschiedlichen Ausnut- ren und nur zu Einkaufszwecken benutzt
zungsgraden gleich hoch sind. Gleiches gilt wird? Was wird der Kleinwagenbesitzer
für Versicherungsprämien. Ob man einen wohl nach kurzer Zeit feststellen müssen,
PKW viel oder wenig fährt, ist für die Höhe wenn er ihn ständig, mit mehreren Perso-
der Versicherungssumme uninteressant. nen überladen, strapaziert? Übertragen Sie
Ihre Überlegungen auf einen Betrieb!
Je mehr ein Unternehmen produziert, desto
günstiger wirken sich die fixen Kosten auf Natürliche Materialien
das einzelne Stück aus. Das bedeutet, dass ein Zahlreiche weitere Produkte untermauern dies: So
Unternehmen bei steigender Produktivität (bei verwendete zum Beispiel die Staatliche Mineral-
gleich bleibender Kapazität) günstigere brunnen GmbH in Bad Brückenau bei der Errich-
Stückkosten ausweist, weil sich die Fixkosten tung ihres Gebäudes insbesondere Materialien wie
Kork, Holz, Sandstein und Linoleum. Beschich-
auf mehrere Stücke verteilen lassen (man
tungen, Farben und Klebstoffe enthalten keine
spricht hierbei vom Gesetz der Kostende- Lösungsmittel mehr, die Recyclingtapeten keine
gression und dem der Massenproduktion). Kunststoffe. Für ein ausgeglichenes Raumklima
Umgekehrt steigen die Fixkosten pro Stück sorgen Pflanzen im Innenbereich, an der Außen-
an, wenn der Ausstoß zurückgeht. wand und auf dem Dach. Schwingungs- und Auf-
Da das Sachanlagevermögen durch technische prallgeräusche werden durch Abfederungen und
Puffer geschluckt. Maschinenlärm durch Plexi-
Neuerungen immer moderner wird, steigt sein glashüllen gedämpft. Spezielle Wand- und De-
Wert an. Mit ihm wachsen auch die fixen ckenelemente schlucken weitere Schallwellen,
Kosten. Ein Grund, einen höheren Ausstoß sodass die Produktionsgeräusche außerhalb der
hervorzubringen. Abfüllanlage nur noch leise zu hören sind. Exem-
plarisch auch das Projekt des Freiburger Solarzent-
rums: Die Bauherren ließen hier mit Fördergeldern
3.3 Werkstoffe1 der Europäischen Union ein Bürogebäude errich-
ten, dessen Glasfassade aus vorgefertigten Fotovol-
3.3.1 Materialarten taik-Modulen besteht.
Werkstoffe werden in Produkt- und Be- Abb. 55: Neue Natürlichkeit
triebsmaterialien unterschieden. Innerhalb der
Produktmaterialien nehmen die Rohstoffe die
wichtigste Position ein. Sie bilden den Haupt-
bestandteil des neuen Erzeugnisses. Man
nennt sie auch Grundmaterialien, was die
Bedeutung für das herzustellende Produkt
zum Ausdruck bringt. Hilfsstoffe gelten als
Ergänzungsmaterial, das für das Endprodukt
zwar weniger bedeutend, oft sogar unbedeu-
tend, aber notwendig ist.

Abb. 56: Rationalisierungserfolge


1 Mit der Beschaffung von Werkstoffen beschäf-
tigt sich ausführlich das 3. Kapitel. Aus diesem
Grunde soll hier nur noch auf zwei Besonderhei-
ten hingewiesen werden.
54 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Betriebsmaterialien umfassen Betriebsstof- Beispiel:


fe, die die Produktion erst möglich machen
Abschreibungen
(Energie, Öle, Benzin), und weiteres Material,
wie zum Beispiel Putzlappen und Reparatur- Der jährliche Abschreibungsbetrag wird er-
material. mittelt, indem das Anlagevermögen zum
Anschaffungspreis durch die Nutzungsdauer
Bezogene Fertigteile werden heutzutage von
geteilt wird. Bei einer Nutzungsdauer von 5
vielen Industrieunternehmen eingekauft.
Jahren beträgt der Abschreibungssatz (lineare
PKW-Hersteller überlassen die Ausrüstung
Abschreibung) 20 %.
ihrer Fahrzeuge mit Elektrik (Lampen, Radi-
os, Beleuchtung) so genannten Systemanbie- Anlagevermögen 200 Mio. EUR
tern. Deren Aufgabe besteht nur darin, alles, Nutzungsdauer 5 Jahre
was zur Autoelektrik gehört, herzustellen und
Abschreibungs- Anlagevermögen
gegebenenfalls bei fremden Herstellern im =
betrag Lebensdauer
Rahmen des JIT-Prinzips zu bestellen.
Abschreibungs-
= 40 Mio. EUR/jährlich
3.3.2 Werkstoff- und betrag
Materialkosten
Alle Werkstoffe gehen in die Produktion ein. Die Nutzungsdauer kann verschieden sein.
Sie bilden einen Hauptbestandteil der Stück- Der Gesetzgeber hat für einzelne Anlagege-
kosten eines Produktes. Alle von ihr verur- genstände unterschiedliche Abschreibungs-
sachten Kosten und sie selbst als Kostenbe- sätze festgelegt.
standteil machen zusammen die Materialkos-
ten aus (oft werden Materialbewirtschaf-
tungskosten extra ausgewiesen). Die Materi-
alkosten enthalten:
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf
• die Einkaufswerte (Menge x Preis) (2003, in Dollar)
• die Bezugskosten
Norwegen 48.972
• die Bestellkosten und
Schweiz 42.506
• die Lagerkosten.
Dänemark 39.175
Wie können Materialkosten verringert wer-
den, um die Stückkosten zu senken? Irland 37.513
Als erfolgreiche Kostensenkungsstrategien USA 36.675
der Hersteller haben sich u.a. erwiesen: Schweden 33.684
• Kooperationen mit ihren Lieferanten auf Japan 33.372
der Grundlage der Datenfernübertragung
Großbritannien 30.219
• die Anwendung des JIT-Prinzips
Deutschland 29.129
• Auslagerung von Randbereichen (z.B.
Elektro-Systeme) und Übertragung auf Frankreich 28.475
Fremdhersteller Abb. 57: Internationale Leistungsfähigkeit
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 55

• Modernisierung der Lagerwirtschaften Zu den Anlagen


(Verringerung der Lagermengen und Der Ersatz verbrauchter Anlagen sorgt für die Sub-
Ausnutzung aller Räume durch chaoti- stanzerhaltung des Unternehmens. Abschreibungen, die
sche Lagerhaltung) in die Selbstkosten einkalkuliert und vereinnahmt werden
(Vollkostenkalkulation) gehören daher in den sich stän-
• Einführung von Logistiksystemen zur dig erneuernden (revolvierenden) Geldprozess, der sich
Verkürzung der Durchlaufzeiten zwischen Beschaffungs- und Absatzmarkt (siehe Kreis-
lauf) bewegt.
• Verwendung von genormten Teilen. Nun wissen wir, dass Preise weltweit steigen. Strategie-
Qualitätskontrollen sind für Werkstoffe un- bewusste Unternehmen kalkulieren Preissteigerungen
von vorneherein mit ein, sodass Neuanschaffungen von
umgänglich. Rückrufaktionen von Herstellern der Finanzierungsseite keine Probleme bereiten.
(siehe Abb. 58) oder Produkthaftung bei In-
Mit der schleichenden Geldentwertung werden Unter-
anspruchnahme werden meist teurer als nehmen ständig in eine höhere Wertlage „geschaukelt“,
strengste Überprüfungen beim Lieferanten das heißt, ihr Anlagevermögen ist nur scheinbar wertvol-
und im eigenen Haus (siehe Abb. l7 u. l8). ler geworden. In Wirklichkeit ist das Niveau gleich
Mit ihnen werden möglicherweise Abfall und geblieben. Die künftigen Abschreibungen werden nur
jedes Jahr höher. Wenn wir voraussetzen, dass auch die
Ausschuss vermindert. übrigen Kosten in gleicher Weise steigen, bleibt die
Struktur von fixen und den übrigen Kosten (variable
3.3.3 Normung Kosten) erhalten.
In der Abb. 40 (Kreislauf der Abschreibungen, Seite 166)
Eine Norm ist die einmalige Lösung einer ist das neue Anlagenniveau sowohl bei derselben Kapazi-
sich wiederholenden Aufgabe. Normung ist tät (1) als auch bei einer höheren (2) beziehungsweise
die Vereinheitlichung von Einzelteilen nach besseren gekennzeichnet.
Arten, Größen, Abmessungen, Typen und Letzteres tritt dann auf, wenn mit den neuen Anlagen auch
technischer Fortschritt wirksam wird, was besagt, dass
Begriffen. Sie kann zugleich als Qualitätsga-
Investitionsgüterhersteller zwar ihren Preis erhöht haben,
rantie verstanden werden (z.B. DIN A4). weil deren Kosten gestiegen sind, aber die Preiserhöhung
Im Gegensatz dazu steht die Typisierung, die mit einer Qualitätsverbesserung koppeln. Dann ist das neue
Anlagenniveau doch besser, und die daraus resultierenden
der Vereinheitlichung von Endprodukten fixen Kosten gewinnen eine andere Qualität.
dient. Die Grenze zwischen beiden ist flie-
Werden die Maschinen qualitativ verbessert, d.h., sind sie
ßend, da Produkte für bestimmte Betriebe genauer, verursachen sie weniger Abfall und bedürfen oft
Vorprodukte und für andere wieder Endpro- einer geringeren Pflege. Auch entfällt ein Teil des Bedie-
dukte sein können. nungspersonals. Ihre durch sie verursachten Kosten
sinken möglicherweise. Der Senkungseffekt kompensiert
Am 23. Dezember 1920 wurde das Warenzei- vielleicht sogar den Kostensteigerungseffekt durch die
chen DIN (Deutsche Industrie Norm) in die höheren Abschreibungen. Dann sind die Stückkosten (bei
Zeichenrolle des Patentamtes eingetragen. DIN unveränderter Ausbringungsmenge) sogar gefallen. Man
spricht von Rationalisierungseffekten, die der technische
(siehe Seite 57) bedeutet heute „Deutsches Fortschritt mit sich bringt, siehe Abb. 56. Der optimale
Institut für Normung“. DIN garantiert, dass Punkt wird nach unten verschoben (OP2/OP3).
Produkte, die sein Zeichen tragen, neben einer In jedem Fall wächst das Anlagevermögen stetig in eine
gleich bleibenden Qualität eine gleich bleiben- höhere Qualität hinein. Diese Entwicklung geht meist
de Größe, Form, dieselben Abmessungen und auch mit einer quantitativen einher. Das Unternehmen
kann nicht nur bessere Produkte hervorbringen, sondern
dasselbe Aussehen haben. Gleichgültig, wel-
auch mehr. Was die Stückkosten weiter fallen lässt.
che Hersteller Produkte mit DIN liefern, ihre
Quelle: IK, Zeitschrift für Industriekaufleute
Erzeugnisse können kaum unterschieden wer-
den. Möglicherweise in der Farbe.
56 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Fast kein Erzeugnis wird mehr ohne Normen Rückruf 1: Volvo. Weltweit müssen 105.000
hergestellt. Handelt es sich nur um betriebsei- Volvo der Modelle S60, S80 und V70 in die
gene Normen, spricht man auch von Stan- Werkstätten, davon 8000 in Deutschland. Bei
dards. den zwischen 31. März und 12. Oktober 2003
gebauten Fahrzeugen kann sich eine nicht
ausreichend angezogene Mutter am Kugelge-
lenk des Querlenkers lösen.
3.4 Informationen Rückruf 2: Corvette. General Motors ruft
weltweit 117 000 Chevrolet Corvette der Bau-
Der vierte Elementarfaktor – in vielen Lehr- jahre 1997 bis 2000 wegen eines Defekts an
büchern noch nicht enthalten – hat einen der elektronischen Lenkradsperre in die
Werkstätten.
anderen Charakter. Es sind Informationen, um
die es sich handelt (siehe auch S. 58 f.). Abb. 58: Keine Kostensenkungspoten-
ziale durch Pfuscharbeit
Informationen sind Beschreibungen von
Quelle: Auto Bild
vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen
Sachverhalten, die für bestimmte Adressaten Wir stehen seit vielen Jahren in Geschäftsverbindungen.
Dabei haben wir mit Ihnen gute Geschäfte abgeschlossen,
verständlich sind und von mindestens einem auch wenn sich die Verhandlungen über Mengen und
genutzt werden. Die Beschreibung von Sach- Preise Wochen hinzogen.
verhalten wird in Form von Daten dargestellt. Das hat zu einem erheblichen Aufwand geführt, den wir
Daten sind somit die Darstellungsform der nicht mehr zu tragen gewillt sind. Wir können ihn auch
Informationen. nicht mehr übernehmen, weil die Kostenschraube unauf-
hörlich weiterläuft. Die Konkurrenz zieht mit günstigeren
Der Elementarfaktor Information muss aus Angeboten davon, weil deren Kosten weit unter den
zwei sich ergänzenden und sich überschnei- unsrigen liegen.
denden Sichtweisen gesehen werden: Wir haben bei uns schon einiges getan, wie Sie wissen.
Insbesondere haben wir Millionen in den Service gesteckt,
1. Informationen sind Rohstoff. um den Kunden wenig Anlass zur Kritik zu bieten. Dennoch
hat sich der Kampf um die Absatzmärkte verschärft.
2. Informationen gehören einem logischen Wir bitten zu prüfen, ob Sie bei unseren nächsten Preisver-
System an. handlungen nicht mit einem Preissenkungsvorschlag von
circa 5 Prozent aufwarten. Das würde uns und Ihnen helfen.
Zu 1. Dieser Abschlag wäre noch nicht einmal ausreichend, um
Als Rohstoff werden Informationen innerhalb die Konkurrenzpreise in der Zuliefererindustrie zu errei-
des Betriebes bearbeitet, veredelt und an- chen, hilft aber, unsere eigenen Kosten zu drücken und
unsere Preise für ein weiteres Jahr stabil zu halten.
schließend zur Planung und Steuerung des
Wir wissen, dass wir mit diesem Vorschlag erhebliche
Unternehmens eingesetzt. Widerstände errichten. Wir werden in den Preisverhand-
Hierbei kann es sich um Marktdaten handeln, lungen der kommenden Runde auch Ihre Wünsche nicht
unberücksichtigt lassen. Schließlich möchten wir unsere
die im Rahmen einer Marktforschungsanalyse alten Geschäftspartner, mit denen wir lange Zeit gut
verdichtet und umgeformt werden, um die zusammengearbeitet haben, nicht ohne weiteres verlieren.
Erschließung neuer Absatzsegmente vorzube- Aber die Anbieter aus dem Ausland, bei mindestens
reiten. Es können auch nur Zahlen aus dem derselben Qualität, würden uns bei einer Ablehnung
Ihrerseits zu neuen Geschäftsverbindungen zwingen.
eigenen Prozess sein oder nur solche, die
Bitte überdenken Sie unseren Vorschlag, und lassen Sie
befreundete Unternehmen zur Verfügung uns wissen, ob wir mit einem Entgegenkommen rechnen
stellen. Es kann sich jedoch auch um Techni- können.
ken handeln, die zur Prozessinnovation des Mit freundlichen Grüßen
Unternehmens beitragen. Abb. 59: Wie die DMW AG zu
Kostensenkungen kommen
wollte
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 57

Die Handhabung von Informationen erinnert Zusatzinformationen zu DIN


stark an den Herstellungsprozess. Denn bei Hinter DIN verbirgt sich ein eingetragener
beiden wird transportiert/übertragen, verarbei- Verein mit Sitz in Berlin. Das DIN wird als
tet und gelagert bzw. gespeichert. Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft getra-
Zu 2. gen und hat u.a. die Aufgabe, Normen zu
Informationen durchlaufen den Betrieb. Ähn- entwickeln.
lich wie ein Werkstück von der Beschaffung DIN-Normen haben zunächst den Charakter
zum Absatz. Je länger der Durchlauf, desto unverbindlicher Empfehlungen. In dem Maße,
kostenintensiver die Produktion. Immer noch in dem DIN-Normen allgemeine Anerken-
werden bei der Herstellung von Gütern Liege- nung in der Praxis finden, erfüllen sie die
und Transportzeiten von bis zu 95% der ge- Absicht, den neueren Stand der Technik wi-
samten Fertigungszeit ermittelt. Die Erfah- derzuspiegeln, und führen sich als „anerkann-
rung lehrt, dass es sich nicht nur um techni- te Regeln der Technik“ ein.
sche Fragen handelt, die unzureichend gelöst Man unterscheidet Stoff-, Abmessungs-,
zu sein scheinen. Vielmehr liegen diese nicht Verfahrens-, Güte- und Klassifizierungsnor-
gewollten „Ausfallzeiten“ an dem Informati- men.
onssystem, das herkömmlich oft mit veralte-
ten Informationsmitteln wie Blättern, Karten
und Listen (Konstruktionszeichnungen, Lauf-
und Arbeitskarten, Stücklisten) arbeitet.
Ebenso wie bei der Bearbeitung eines Werk- Aufgabe
stücks besteht auch in den rein informations-
39. Hersteller, die bei der Produktion ihrer
verarbeitenden Bereichen die Gesamtdurch-
Erzeugnisse genormte Teile und genorm-
laufzeit eines Vorgangs nur zu etwa 5 bis
te kleine Endprodukte benutzen (und die-
10% aus Bearbeitungszeit, während der Vor-
se werden nicht unter der Typisierung
gang in der restlichen Zeit liegt oder besten-
ausgewiesen), haben gute Gründe hierfür.
falls transportiert wird (Abb. 61).
a) Prüfen Sie in Ihrem Unternehmen im
Ein wesentlicher Grundgedanke der Informa-
Verwaltungssektor, wo Ihnen das
tionslogistik ist die Vermeidung von Warte-
Zeichen DIN begegnet!
zeiten zwischen den Verarbeitungsschritten
eines Informationsprozesses, damit eine Ab- b) Prüfen Sie, wenn Sie Ihre Produkti-
stimmung der Informationsflüsse mit den onsstätte kennen lernen, inwieweit
Material- und Warenflüssen herbeigeführt genormte Teile verwandt werden!
werden kann. Für eine wirtschaftliche Ver- c) Versuchen Sie herauszufinden, wel-
sorgung des Produktionsprozesses mit Infor- che Begründungen die Mitarbeiter
mationen gilt daher folgendes logistisches aus der Herstellung für die Verwen-
Prinzip: dung von genormten Teilen geben
Die richtige Information zum richtigen Zeit- und welche der Einkauf!
punkt, in der richtigen Menge, am richtigen d) Machen Sie klar, warum die Ver-
Ort und in der erforderlichen Qualität. wendung von Normen Reparaturen
beschleunigen kann.
58 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Arten von Normen nach dem Inhalt der Norm


Aufgrund ihres Inhalts kann eine Norm zu mehreren der nachstehend definierten Arten gehören.
Dienstleistungs- Dienstleistungsnorm ist eine Norm (6). in der technische Grundlagen für Dienst-
norm leistungen festgelegt sind.
Gebrauchstaug- Gebrauchstauglichkeitsnorm ist eine Norm (6), in der objektiv feststellbare Eigenschaf-
lichkeitsnorm ten in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit eines Gegenstandes festgeIegt sind. Ent-
spricht DIN 66 050 (Ausgabe Juni 1966)
Liefernorm Liefernorm ist eine Norm (6), in der technische Grundlagen und Bedingungen für Liefe-
rungen festgelegt sind. Beispiel: Technische Lieferbedingungen
Maßnorm Maßnorm ist eine Norm (6), in der Maße und Toleranzen von materiellen Gegenständen
festgelegt sind. Bisher auch Abmessungsnorm genannt.
Planungsnorm Planungsnorm ist eine Norm (6), in der Planungsgrundsätze und Grundlagen für Ent-
wurf, Berechnung, Aufbau. Ausführung und Funktion von Anlagen, Bauwerken und
Erzeugnissen festgelegt sind.
Prüfnorm Prüfnorm ist eine Norm (6), in der Untersuchungs-, Prüf- und Messverfahren für techni-
sche und wissenschaftliche Zwecke um Nachweis zugesicherter und/oder erwarteter
(geforderter) Eigenschaften von Stoffen und/oder von technischen Erzeugnissen festge-
legt sind.
Qualitätsnorm Qualitätsnorm ist eine Norm (6), in der die für die Verwendung eines materiellen Ge-
genstandes wesentlichen Eigenschaften beschrieben und objektive Beurteilungskriterien
festgelegt sind.
Sicherheits- Sicherheitsnorm ist eine Norm (6), in der Festlegungen zur Abwendung von Gefahren
norm für Menschen, Tiere und Sachen (Anlagen, Bauwerke, Erzeugnisse u.a.) enthalten sind.
Stoffnorm Stoffnorm ist eine Norm (6), in der physikalische, chemische und technologische Eigen-
schaften von Stoffen festgelegt sind.
Verfahrensnorm Verfahrensnorm ist eine Norm (6), in der Verfahren zum Herstellen, Behandeln und
Handhaben von Erzeugnissen festgelegt sind.
Verständi- Verständigungsnorm ist eine Norm (6), in der zur eindeutigen und rationellen Verständi-
gungsnorm gung terminologische Sachverhalte. Zeichen oder Systeme festgelegt sind.
Abb. 60: Die Arten von Normen

Die Verwirklichung dieses Grundsatzes wird Die DMW AG verwendet genormte Schrau-
im Verbundsystem einer computerintegrierten ben, Muttern, Scheiben, Walzlager, Stifte,
Fertigung ermöglicht. Passfedern, Ringe, Dichtungen, Bolzen, Flan-
schen, Rohrverschraubungen, elektrische
Es beginnt bei der Konstruktion. Auf der Leitungen, Keile, Kondensatoren, Nieten,
Grundlage standardisierter Vorgaben wie Widerstände, Stecker, Relais etc.
Normen, Richtlinien etc. im Computer und
unter Ausnutzung des Know-hows des Kon- Zum Begriff der Information
strukteurs werden Teile und Erzeugnisse Der Vollständigkeit wegen sind Aussagen
konstruiert. Man spricht von computerunter- über „Wissen“, „Nachrichten“ und „Zeichen“
stützter Konstruktion (CAD). zu ergänzen.
3. Die Leistungsfaktoren im Betriebsprozess 59

Genau definiert hört sich dieser Begriff so an: Wissen ist die Voraussetzung dafür, Sachver-
CAD (Computer Aided Design) ist ein Sam- halte zu erkennen, zu beschreiben, zusam-
melbegriff für alle Aktivitäten, bei denen die menzuführen und Entscheidungen treffen zu
EDV direkt oder indirekt im Rahmen von können.
Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeiten Nachrichten sind konkrete Mitteilungsfor-
eingesetzt wird. Dies bezieht sich im engeren men einer Information.
Sinne auf die grafisch interaktive Erzeugung
Zeichen stellen die Grundelemente der Daten
und Manipulation einer digitalen Objektdar-
dar. Sie erlauben eine allgemein anerkannte
stellung, zum Beispiel durch zweidimensiona-
Ordnung, die jedem, der sie kennt, den Zugriff
le Zeichnungserstellung oder durch dreidi-
zu den Daten gestattet.
mensionale Modellbildung (räumliche Dar-
stellung von Gegenständen). Zur Speicherung und Übermittlung dienen u.a.
Vernetzungssysteme (Computer und Bild-
Ihm folgt die computerunterstützte Planung schirme) und Disketten.
(CAP – Computer Aided Planning) Sie über-
nimmt die Daten aus der Konstruktion und
Die moderne Welt
arbeitet sie entsprechend ihrer Aufgabenstel-
lung auf. So werden von der computerunter- Informationen kommen von außen (externe
stützten Planung die für die Produktion und Informationsbeschaffung) und werden mit
für den Einkauf notwendigen Stücklisten den Daten des Betriebes innen (interne Infor-
aufgestellt. Sie enthalten die für die einzelnen mationsbeschaffung) zusammengeführt. Die
Erzeugnisse oder Erzeugnisteile erforderli- Globalisierung der Märkte und der Struktur-
chen Abmessungen, Gütegrade etc. Auch wandel der Industrie zwingen ständig zur
lassen sich hier Arbeitspläne ableiten, deren Aufnahme der vielfältigen Mitteilungen.
Inhalt vom Fabrikat über die zu verwenden- Nicht nur das. Der Wandel ist auch in den
den Werkstoffe bis hin zu Arbeits- oder Ferti- Betrieben selbst bemerkbar. Er vollzieht sich
gungsgängen, -stufen, Arbeitsgriffen und u.a. durch die Abnahme der Hierarchien.
Griffelementen reicht. Folge ist, dass sich die Aufgabenbereiche der
Entscheidungsträger erweitern. Das bedeutet,
Nach diesem Schritt hat die Fertigung das
dass der Informationsbedarf größer wird.
Wort. Ob die Herstellung nun schon compu-
Auch bedingt der Wandel, dass aus Gründen
tergesteuert verläuft, ist eine Frage des Be-
der innerbetrieblichen Koordination die Ein-
triebes. Tut sie es, dann sprechen wir von
zelstellen und Abteilungen untereinander
computerunterstützter Herstellung (CAM
mehr Informationen austauschen müssen.
– Computer Aided Manufacturing). Rechner
übergeben Teileprogramme an einzelne CNC- Der Strukturwandel hat es auch mit sich ge-
Bearbeitungsmaschinen, sorgen dafür, dass bracht, dass die Fertigungstiefen verringert
Werkzeuge und Werkstücke über Transport- werden. Dabei ist von schlanken Fabriken die
systeme an die Maschinen gelangen, kurz, sie Rede. Sie machen es aber erforderlich, dass
übernehmen die Fertigungssteuerung und mehr Teile zum Endprodukt hinzugekauft
Fertigungsüberwachung. Die computerunter- werden müssen. Also müssen die Verbindun-
stützte Herstellung trägt dazu bei, dass Men- gen zu Lieferanten verstärkt oder neu aufgebaut
schen eingespart werden. Für sie eine bedenk- werden. Nun werden in den Herstellungsbe-
liche Entwicklung. trieben die Durchlaufzeiten verringert.
60 Der Betrieb als Teil der Wirtschaft

Was folgt, ist die Qualitätskontrolle. Auch sie Voraussetzung ist die Abstimmung der ge-
ist computerunterstützt. Fachwort hierfür ist samten Prozesskette. Hierin einbezogen sind
CAQ. Sie kann endproduktbezogen sein, aber die Lieferanten. So gilt es auch hier, sich
auch prozessbezogen. Man spricht von Com- gegenseitig zu informieren. Was ja so weit
puter Aided Quality – computerunterstütz- geht, dass über Computeranbindung zusam-
ter Qualitätssicherung. mengearbeitet wird. Siehe hierzu auch: JIT.
Unter das Dach der computerintegrierten Bleibt noch hinzuzufügen, dass heute bereits
Herstellung gehören auch die Planung und 75% der Belegschaft eines Industrieunter-
Steuerung des gesamten Betriebsgeschehens. nehmens nichts mehr mit der Verarbeitung zu
Das leistet das so genannte PPS-System. Die tun haben. Vielmehr erfasst sie Daten und
drei Buchstaben stehen für Produktionspla- Informationen, verarbeitet, speichert und
nung und -steuerung. Es integriert die Men- überträgt sie. Folgende Beobachtungen sind
gen-, Termin-, Personal-, Kapazitäts- und gemacht worden:
Personalplanung einschließlich der Maschi-
• Bis zu 50 % der Produktionskosten sind
nenbelegung (siehe auch Kapitel Produkti-
Kosten für Information.
onswirtschaft).
• Mehr als 50 % der Gemeinkosten sind
Dass der Informationsaustausch im Unter-
Kosten für Information.
nehmen selbstverständlich auch die Verwal-
tung berührt, bedarf keiner Erläuterung. Die Das bekräftigt die Aussage, dass Informati-
Verwaltung (z.B. Lager und Rechnungswe- onserzeugung und Informationsbe- und -
sen) muss mit der Fertigung zusammenarbei- verarbeitung ebenso wie die Produktion pro-
ten. Wie kann sie es besser als über eine Ver- duktive Vorgänge sind.
netzung? So ist LAN das lokale Netzwerk des
Betriebes.
Verarbeitungs- Liege und
Die