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Rohstoffe
für die Energiewende
Menschenrechtliche und ökologische
Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Impressum
Herausgeber:
Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V.
Mozartstr. 9 · 52064 Aachen
Tel +49 (0)241/ 442 0
Fax +49(0)241/442 188
Kontakt:
Armin Paasch (armin.paasch@misereor.de)
Autor:
Axel Müller (FAKT)
Redaktion:
Dr. Bernd Bornhorst, Armin Paasch und
Antje Kathrin Schroeder
Fotos Titelseite:
F. Kopp/MISEREOR und Fotolia/@nt
Zivilgesellschaftliche Akteure und die Bevölkerung protestieren gegen die Kohleindustrie und für erneuerbare Energien
in Johannesburg (Südafrika).
2
Inhalt
1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2. Erneuerbare Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.1. Die Rolle der erneuerbaren Energien weltweit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.2. Deutschland – Land der erneuerbaren Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.3. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
8. Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Endnoten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
1. Einleitung
Nach jahrelangen, zähen Verhandlungen einigte sich 21 und beschloss den Ausstieg der USA aus dem Kli-
die Weltgemeinschaft beim Klimagipfel COP 21 (The Paris maabkommen. Nichtsdestotrotz hält die Weltgemein-
Climate Conference is officially known as the 21st Con- schaft an dem Abkommen fest. Das Ziel, die durch die
ference of the Parties (or “COP”) to the United Nations COP eingeleitete Dekarbonisierung der Weltwirtschaft
Framework Convention on Climate Change (UNFCCC)) im weiter zu forcieren und damit die globale Energiewen-
Dezember 2015 in Paris auf ein neues Klimaabkommen de basierend auf erneuerbaren Energien zu vollziehen,
für die Zeit nach 2020. Dieses sieht erstmalig vor, dass wurde von den Staatsoberhäuptern im Zuge des G20-
alle Staaten gemeinsam gegen den Klimawandel vorge- Gipfels in Hamburg erneut bekräftigt. Mit Ausnahme
hen. 195 Staaten verpflichteten sich durch ein völker- der USA betonten die „restlichen 19 G20-Länder, dass
rechtlich verbindliches Abkommen, die Erderwärmung im für sie die Klimavereinbarung „unumkehrbar“ sei und
Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf unter 2 °C zu diese rasch umgesetzt werden solle.“ 2
begrenzen. Ziel ist es, den Temperaturanstieg bereits bei Erneuerbare Energien umfassen verschiedene Formen
1,5 °C zu stoppen.1 Zudem soll sich die Welt bis Mitte der Wasserkraft, Geothermie, Biomasse, Solarenergie
des Jahrhunderts von den fossilen Energieträgern wie und Windkraft. Zwar spielen sie im globalen Vergleich
Kohle, Erdöl und Erdgas lossagen. Die Weltgemeinschaft zu den fossilen Energieträgern noch immer eine unter-
sichert im Pariser Abkommen außerdem den durch den geordnete Rolle, doch seit Jahren wachsen ihre Anteile
Klimawandel betroffenen Entwicklungsländern finanzi- an der weltweiten Energieversorgung stetig, sodass sie
elle Unterstützung zu. herkömmliche Energieträger hinsichtlich der neu instal-
Ein Jahr später haben bereits 131 Staaten den Pariser lierten Kapazität bereits übersteigen. Insbesondere die
Klimavertrag ratifiziert, darunter auch die USA, China, Energieerzeugung durch Wind- und Solarkraft gewinnt
Russland und die EU. Mit Beginn der Weltklima-Kon- im Stromsektor zunehmend an Bedeutung.
ferenz (COP 22) in Marrakesch, die vom 7. bis 18. No- Doch gerade wegen der zunehmenden Relevanz rege-
vember 2016 stattfand, galt es, konkrete Umsetzungs- nerativer Energien muss auf deren Nachhaltigkeit geach-
tet werden. Soll ein erhöhter Anteil erneuerbarer Ener-
gien an der globalen Stromversorgung erreicht werden,
müssen Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden.
Foto: GRUFIDES/MISEREOR
4
Einleitung
Foto: R. Brockmann/MISEREOR
Arbeiter/innen in der Coltan-Mine Fungamwaka in South Kivu in der Demokratischen Republik Kongo. Ob industriell oder
wie hier mit fast mittelarlterlichen Methoden – der Bergbau hinterlässt in vielen Regionen der Welt – vor allem in Entwick-
lungs- und Schwellenländern – tiefe Spuren in der Natur und bei den betroffenen Menschen.
welchen Ländern stammen die ausgewählten Rohstof- Das Ziel der Studie ist nicht, die Energiewende in ir-
fe zur Herstellung von Windrädern und Photovoltaik- gendeiner Form in Frage zu stellen. Es steht außer Fra-
Anlagen in Deutschland? ge, dass Energieanlagen auf Basis fossiler Energieträ-
• Unter welchen menschenrechtlichen und ökologi- ger, unter Miteinbeziehung von Folgebetriebskosten so-
schen Bedingungen werden diese Rohstoffe in den wie des vorausgesetzten kontinuierlichen und hohen
Herkunftsländern abgebaut? Rohstoffeinsatzes, im Vergleich zu Anlagen regenerativer
• Inwieweit werden deutsche Hersteller von Windrä- Energieformen eine wesentlich schlechtere Gesamtroh-
dern und Photovoltaik-Anlagen sowie Zulieferer ihrer stoffbilanz aufweisen. Dennoch wird in der vorliegenden
menschenrechtlichen Verantwortung auf Grundlage Studie vorwiegend der Rohstoffbedarf an Metallen wie
der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschen- Eisen, Kupfer, Seltene Erden etc. für den Bau von Ener-
rechte mit Bezug auf die Lieferketten dieser Rohstoffe giegewinnungsanlagen aus erneuerbaren Energieträgern
gerecht? behandelt. Gerade weil sich MISEREOR seit Langem mit
• Welche Maßnahmen seitens der Unternehmen, der Partnern für regenerative Energien einsetzt und in zahl-
Politik wie auch der Konsumenten/-innen sind not- reichen Entwicklungs- und Schwellenländern Projekte
wendig, um Menschenrechtsverletzungen beim Roh- im Bereich der erneuerbaren Energien unterstützt, sind
stoffabbau zu verhindern? wir daran interessiert, auf mögliche Probleme und Her-
ausforderungen in diesem Sektor hinzuweisen. Dadurch
Zentrales Instrument der Studie war ein Fragebogen, der soll ein Austausch mit relevanten Entscheidungsträgern
an 21 Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren – wie Energieanbietern, Anlagenherstellern und Zuliefe-
Energien geschickt wurde. An dieser Befragung haben rern – gefördert werden, um aktiv an Lösungsansätzen
neun Unternehmen teilgenommen. zu arbeiten.
5
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
2. Erneuerbare Energien
2.1. Die Rolle der erneuerbaren Energien weltweit
Energiegewinnung für Strom und Wärme aus Wind, das Investitionsvolumen im Vergleich zum Vorjahr
Sonne, Wasser und Biomasse nimmt seit Jahren global um 4 %.6
gesehen eine zunehmend wichtige Rolle ein. Die instal- Das weltweite Wachstum bei erneuerbaren Energien
lierte Leistung an erneuerbaren Energien lag 2016 bei steht in direktem Zusammenhang mit unterschiedli-
2.006 Gigawatt 3 (GW) und stieg damit um 161 Giga- chen Faktoren: (1) dem zunehmenden Bewusstsein für
watt gegenüber dem Vorjahr.4 Mittlerweile decken die die Endlichkeit fossiler Energieträger; (2) dem wach-
erneuerbaren Energien Schätzungen zufolge bereits senden Bewusstsein bezüglich des Klima- und Um-
knapp 24 % des weltweiten Strombedarfs.5 weltschutzes und damit in Verbindung stehend die
Dieser Zuwachs drückt sich auch in den global steigen- schwindende Akzeptanz gegenüber einzelnen Ener-
den Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energi- gieträgern wie Atom- oder Kohlekraft, aber auch Ge-
en aus. Insbesondere in den Sektoren Windkraft und setze zur Förderung der erneuerbaren Energien und
Solarenergie werden weltweit die meisten Investitio- Emissionssenkungen. (3) Den dritten Faktor bilden der
nen getätigt, sowohl in Industrieländern als auch in wachsende globale Energieverbrauch, Fortschritte in
Entwicklungsländern (siehe Abbildung 1). Damit wurde der Technologienentwicklung, besonders in Entwick-
in den Ausbau der Solarenergie 12 % mehr investiert lungs- und Schwellenländern, und die damit verbun-
als noch 2014. Im Bereich der Windkraft steigerte sich denen politischen Rahmenbedingungen zur Förderung
81
Solarenergie
80
42
Windenergie
67
0,1
Wasserkraft
3,8
2,1 Industrienationen
Biokraftstoff
1,0 Entwicklungsländer
Geothermal- 0,7
energie 1,3
0,2
Ozean-Energie
0.03
0 20 40 60 80
Milliarden US-Dollar
Quelle: REN21 2016, S. 103
6
2. Erneuerbare Energien
7
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Windkraft
Der Windkraftsektor ist einer der wichtigsten Berei- produzent durch Windkraft ist derzeit mit Abstand China,
che erneuerbarer Energien und befindet sich im steti- das seine Kapazität zwischen 2015 und 2016 insgesamt
gen Wachstum. um 19,3 GW ausbaute und damit einen Teil seines gro-
Durch Luftströme werden die Rotoren am Windrad ßen Energiebedarfs deckt.9 An zweiter Stelle stehen die
in Bewegung gesetzt, die einen Generator antreiben, Vereinigten Staaten mit einem Zuwachs von 8,7 GW, ge-
welcher die Bewegungsenergie in elektrische Energie folgt von Deutschland, das fünf GW im Vergleich zum Vor-
umwandelt. Moderne Windräder sind laut dem Bundes- jahr zubaute.10 Aber auch die Schwellenländer Brasilien
verband WindEnergie e. V.(BWE) bis zu 150 Meter hoch und Indien verzeichnen einen starken Zuwachs (Brasili-
(Nabenhöhe), haben eine gängige Nennleistung von 2,5 en: Zuwachs um zwei GW; Indien: Zuwachs um 3,7 GW),
Megawatt (MW) und können damit circa 1.400 Haushalte während Südafrikas rasanter Ausbau die Windenergie-
mit Strom versorgen.8 Dies kann sowohl auf dem Was- Kapazitäten des Landes innerhalb der letzten drei Jahre
ser (offshore) als auch an Land (onshore) geschehen. von 257 MW auf 1.473 MW gesteigert hat, was einem
2016 betrug die weltweite Stromproduktion durch Zuwachs von mehr als 570 % entspricht.11
Windkraft 466 Gigawatt (GW), was eine Steigerung zum Die European Wind and Energy Association schätzt,
Vorjahr von 34 GW bedeutet. Damit stiegen die Kapazitä- dass global gesehen die durch Windkraftanlagen instal-
ten zur Umwandlung von Windenergie von 2004 (48 GW) lierte Leistung im Jahr 2050 auf 3.000 GW steigen wird.
bis 2016 um fast das Zehnfache. Insbesondere in Asi- Dies wäre im Vergleich zum Jahr 2015 wiederum eine
en, Nordamerika und Europa werden fortwährend neue Versiebenfachung der Energieerzeugung durch Wind-
Märkte und Standorte erschlossen. Wichtigster Strom- kraft.12
500
466
450 432
400
370
350
319
Kapazität in GW
300 283
250 238
198
200
159
150
121
94
100
74
59
48
50
0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
8
2. Erneuerbare Energien
Foto: Fotolia/©rost9
Sonstige
21 %
Abb. 4: Länder mit Frankreich
2%
der höchsten China
Kanada 32 %
installierten 3%
Kapazität
Großbritannien
für Windenergie 3%
2016
Spanien
5%
Indien
6% USA
17 %
Deutschland
11 %
Photovoltaik (PV)
Neben der Windkraft gewinnt insbesondere auch die den Faktor 79. Von 2015 bis 2016 wuchs die weltweite
Solarenergie an Bedeutung. Die Sonne ist eine beinahe Stromerzeugung durch Sonnenkraft um rund 70 GW Leis-
unerschöpfliche Energiequelle für Strom und Wärme, die tung.14 laut der International Renewable Energy Agency
der Menschheit kostenlos zur Verfügung steht. Berech- (IRENA) hat damit der Zugewinn an installierter Leistung
nungen zufolge liefert die Sonne der Erde etwa 15.000- durch den Ausbau der globalen PV-Kapazität der Wind-
mal mehr Energie als sie verbraucht.13 kraft im Vergleich zum Vorjahr den Rang abgelaufen.15
Die Sonnenstrahlung kann durch thermische Ver- Weltweit den größten Anteil an der installierten Photo-
fahren in Wärmeenergie oder mittels photovoltaischer voltaikkapazität hat China mit 26 %. Nachdem Deutsch-
Prozesse in Strom umgewandelt werden. Bei Photovol- land vor zwei Jahren durch Chinas Neubau von 15 GW
taikanlagen (PVA) wird mittels Solarzellen direkt Strah- auf den zweiten Platz (18 %) verwiesen wurde, hat Ja-
lung in elektrischen Strom umgewandelt. Weil aber eine pan 2016 mit Deutschland gleichgezogen (14 %) und
einzelne Solarzelle nur wenig Strom produzieren kann, mit einer gesamten installierten Leistung von 41,6 GW
werden in Photovoltaikanlagen mehrere solcher Zellen sogar überholt (Deutschland 40,9 GW).16 Ende 2016
in Modulen zusammengefasst. gab es in Deutschland 1,5 Millionen installierte Pho-
Die globale Stromerzeugung durch die Sonne wächst tovoltaikanlagen, die über eine Nennleistung von circa
rasant. 2004 lagen die globalen Photovoltaik-Kapazi- 41 GW verfügen und im Jahr 2016 38,3 Terrawattstun-
täten noch bei 3,7 GW, elf Jahre später sind es bereits den (TWh) Strom erzeugten.17 In vielen Ländern rund um
295 GW pro Jahr. Dies entspricht einer Steigerung um den Globus steigt der Anteil der Stromerzeugung aus
9
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
295,6
300
250
219,3
200
Kapazität in GW
171,9
150 135,4
98,9
100
69,4
50 38,8
22,4
8,6 14,6
3,7 5,1 6,1
0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
PV-Anlagen stark an. Allen voran in China, Japan und Abb. 6: Länder mit den größten PV-Kapazitäten
den USA, aber auch in Großbritannien und Indonesien 2016
ist ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen. Besonders
Asien mit China, Japan, Indien oder Thailand gehört zu
den führenden Photovoltaikmärkten weltweit. Nicht nur
Deutschland
verlagert sich die Produktion immer mehr in diese Re- China 14 %
gion, auch der Ausbau der Anlagen in diesen Ländern 26 %
macht einen Großteil der globalen Kapazitätssteigerung
aus. Allein die Summe an Neuinstallationen in China und Japan
Japan machte im Jahr 2016 60 % der gesamten globalen 14 %
Neuinstallationen aus.18
Technologische Fortschritte in der Massenfertigung
von PV-Modulen haben dazu geführt, dass die Kosten Sonstige
18 % USA
für die Produktion kontinuierlich sinken. Laut Bundes- 12 %
verband Solarwirtschaft e. V. (BSW-Solar) kostet „in rund
30 Ländern der Erde Solarstrom vom eigenen Hausdach
inzwischen weniger als konventioneller Strom vom Ener-
gieversorger“.19
Italien
Spanien 7 %
Indonesien
3% 2%
Großbritannien
4%
10
2. Erneuerbare Energien
11
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Seit Jahren schwächelt die deutsche Solarwirtschaft, die in den kommenden Jahren erholt und wieder an wirt-
durch den globalen Konkurrenzkampf und den Preisver- schaftlichem Aufschwung gewinnt, denn Unternehmen
fall in den letzten Jahren Rückschläge einstecken muss- in Deutschland verfügen nicht nur über technisches
te und sich seither in einer schweren Krise befindet. Wissen, sondern es befindet sich auch ein Großteil der
Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise der So- Wertschöpfungskette in Deutschland.
larbranche, aber vor allem wegen der niedrigeren Ein- Die Windenergiebranche steht in Deutschland weniger
speisevergütung für Solarstrom, die im Zuge der neus- unter Druck. So wächst der Zubau von Windkraftanlagen
ten EEG-Reformen deutlich an Attraktivität verloren hat, beständig. Laut Ministerium für Wirtschaft und Energie
war die innerdeutsche Nachfrage nach Photovoltaikanla- (BMWi) waren 2015 143.000 Menschen in der Branche
gen nicht so hoch wie ursprünglich intendiert. So wurde beschäftigt.31 Mit einer installierten Gesamtleistung von
in Deutschland 2015 nur eine Leistung von 1.400 MW 49.747 MW32 sowie einer neuinstallierten Leistung von
an das Netz angeschlossen, obwohl die Bundesregie- 4.625 MW im Jahr 201633 ist die Windkraft der wichtigs-
rung in ihrem ursprünglichen Erneuerbaren-Energien- te Energieträger bei den regenerativen Energien und hat
Gesetz eine Leistung von 2.400 bis 2.600 MW anstreb- zudem noch den größten Beschäftigungseffekt unter den
te.30 Expert(inn)en hoffen, dass sich die Solarbranche verschiedenen erneuerbaren Energieträgern.
Abb. 7: Sonne, Wind, Wasser, Biomasse: Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion in Deutschland
und Bruttostromerzeugung in Deutschland 2015 in TWh (Terrawattstunden)
Erdgas 12,4 %
Mineralöl 0,9 %
Sonstige 4,2 % Wasserkraft
Steinkohle 17,2 % Biomasse
17,2 %
81 6 7,0 %
28
112 21
46
192 Erneuerbare
85 29,0 % 80
Kernenergie 38
13,0 % 6 Photovoltaik
150
5,9 %
Windkraft Hausmüll**
11,9 % 0,9 %
Braunkohle 23,1 %
12
2. Erneuerbare Energien
Abb. 8: Schätzungen, wie die Welt sich in Zukunft mit Strom versorgt
16 %
24 % 0,1 %
42 %
5 % 1 %
36 % 12 %
11 %
18 % 17 %
24 % 22 % 4 %
11 %
In Deutschland soll laut Bundesregierung der Anteil er- Doch um die Energiewende voranzutreiben und damit
neuerbarer Energien an der Stromversorgung bis 2050 auf die weltweiten Klimaziele zu erreichen, sind in den nächs-
80 % anwachsen. Damit hat sich Deutschland im euro-
35
ten Jahren noch große Anstrengungen nötig. In vielen
päischen Vergleich die ambitioniertesten Ziele gesetzt. Ländern fehlt es noch immer an politischem Willen so-
In Frankreich beispielsweise plant die Regierung den wie an wirtschaftlichen Anreizen, um eine Abkehr von
Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 um lediglich den fossilen Energieträgern zu vollziehen. Eine weitere
32 % zu steigern. Das Fraunhofer-Institut für Solare
36
Herausforderung der Energiewende ist die große Menge
Energiesysteme (ISE) und das Deutsche Luft- und Raum- an Rohstoffen, die zum Beispiel für die Technologien der
fahrtzentrum halten die Einhaltung des von der Bundes- Photovoltaik- und Windkraftanlagen erforderlich ist.40
regierung gesteckten Zieles
für realistisch, die CO2-Emis-
Abb. 9: Prognosen und Wirklichkeit des weltweiten Ausbaus der erneuerbaren
sionen in Deutschland bis
Energie (ohne große Wasserkraft)
2050 um 80 bis 95 % zu re-
duzieren.37 Sie gehen sogar
davon aus, dass die Energie- 2500
versorgung Deutschlands mit
Quelle: WWF Deutschland & LichtBlick SE 2015, S.11
13
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Abb. 10: Bedarf ausgewählter Rohstoffe für den Bau von fossilen Kraftwerken und Anlagen erneuerbarer Energien
Angaben in Tonnen pro Megawatt
Quelle: http://www.nature.com/ngeo/journal/v6/n11/full/ngeo1993.html
14
3. Rohstoffe für die Energiewende
15
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
giegewinnung fortlaufend Uran. Davon verbraucht ein und Endlagerung von Atommüll ist mit weiterem Roh-
AKW mit einer Leistung von 1.000 MW/Jahr 160 bis 175 stoffeinsatz verbunden.53 Der Umstieg auf erneuerbare
Tonnen jährlich. Beim Abbau fallen zudem große Men- Energien bleibt daher alternativlos – allerdings werden
gen radioaktiven Abfalls an, und auch die Zwischen- auch dafür Rohstoffe benötigt.
16
3. Rohstoffe für die Energiewende
Foto: Wikipedia/©Molgreen
lich gebraucht werden.56
Im Maschinenhaus befindet sich die größte Menge an
Elektronik. Aus diesem Grund werden hier für die neues-
ten Windkraftanlagen Seltene Erden wie Neodym, Dys-
prosium und in kleineren Mengen Praseodym, Bor sowie
Terbium verwendet. Zusätzlich werden für die Elektronik,
aber vor allem auch für den Permanentmagneten und
den Generator, pro WEA zwischen acht und 30 Tonnen
Kupfer benötigt, abhängig von der Höhe, Art und dem
Standort (Offshore oder Onshore) der Anlage. Schon
heute werden ein Zehntel der deutschen Kupferimporte
für die Herstellung von WEAs verwendet.57
Die Permanentmagnete in den Generatoren bestehen
neben Seltenen Erden durchschnittlich zu 67 % aus Ei-
sen. Sie wiegen für eine getriebelose Windkraftanlage im
Durchschnitt 679,75 Kilogramm pro Megawatt Anlagen-
leistung. Davon entfallen 217,52 Kilogramm pro Megawatt
auf die Seltenen Erden Dysprosium, Neodym und Terbium. Siedlung mit Photovoltaikanlagen in Oberstdorf
Die Windräder mit Getrieben hingegen enthalten kleine-
re Permanentmagnete mit bis zu 30 Kilogramm Seltenen
Erden pro Megawatt. Zusammen mit dem Eisen wiegen Die Energiegewinnung mit Photovoltaik, abhängig von
die Magnete in WEA mit Getriebe 88,24 Kilogramm.58 Die der jeweiligen Modulart, benötigt eine Vielzahl an Roh-
Rotoren werden aus Glasfaser (billiger) oder Carbon-Fa- stoffen:
ser (leichter) angefertigt. Dabei wiegt ein 40 Meter langes • Silizium und Silber (nur für mono- und polykristalline
Glasfaser-Rotorblatt circa sieben Tonnen.59 Module): Das auf dem Photovoltaikmarkt mit Abstand
Stahl, Kupfer und industrielle Metalle mit eingerech- am häufigsten genutzte Material ist Silizium.
net, werden so insgesamt bis zu 200 Tonnen Metalle in • Metalle und Halbmetalle: Cadmium, Tellur oder Kupfer,
einer einzelnen WEA verbaut.60 Indium, Gallium, Selen, Germanium (für Dünnschicht-
Auf Basis der erwarteten Kapazitätsentwicklung der Module)
Onshore- und Offshore-Anlagen kann der Bedarf errech- • Metalle: Eisen, Kupfer, Aluminium für Rahmen, Kabel
net werden. So entsteht durch den Ausbau der Windkraft und Aufständerung
bis in das Jahr 2050 ein Bedarf an den strategischen Me- • Zement
tallen Chrom, Mangan, Molybdän und Niob von kumu- • Glas (Silikat-Glas als Schutzglas der Module)
liert knapp fünf Millionen Tonnen.61 • Kunststoffe
17
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Mangan 17 5 (0,02 %) 12
18
3. Rohstoffe für die Energiewende
sollen, zum Beispiel Europa und vor allem Deutschland, abgeleitet und bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem die
weitaus höher sein als im globalen Vergleich. Ein Blick Extraktionsmengen der mineralischen Rohstoffe aus der
auf die Prognosen des Silberkonsums verdeutlicht dies: Erdkruste das Maximum erreichen. Danach sinken die
Bereits 2018 sollen zwei Drittel des weltweiten Silberkon- Abbaumengen wieder, sofern nicht neue Technologien
sums auf die Photovoltaikbranche zurückzuführen sein.68 das rentable Erschließen neuer Rohstoffvorräte ermögli-
Mit der Verfügbarkeit von Rohstoffen für die Energie- chen. Der genaue Zeitpunkt des „Peak Metal“ ist schwer
wende befassen sich einige Forschungsinstitute intensiv, zu schätzen, da sich die Extraktionskosten ändern und
beispielsweise das Fraunhofer-Institut für Solare Energie- sich die Technologie weiterentwickelt. So werden heute
systeme (ISE), Max-Planck-Institut oder die Universität durch bessere Technik Vorkommen in entlegenen Regio-
Augsburg. Die zentrale Frage lautet: Reichen die Metalle nen ausgebeutet, die früher noch nicht rentabel genutzt
für unsere Zukunft beziehungsweise bis wann reichen sie? werden konnten.70 Zudem variiert dieser Zeitpunkt sehr
Die tatsächliche Verfügbarkeit von metallischen Roh- stark je nach Rohstoff.
stoffen hängt von diversen Faktoren ab. Wichtig sind die Abhilfe könnte aber durch eine höhere Recyclingquote
geologische Verfügbarkeit, soziale Beschränkungen oder einzelner Rohstoffe geschaffen werden. Obwohl bereits
die politische Situation in einer Bergbauregion oder ei- heute schon ein beträchtlicher Teil an Rohstoffen wie-
nem Land. Außerdem sind für den Rohstoffabbau und derverwertet wird, kann die Recyclingquote bei Metallen
die Weiterverarbeitung die Gesetzgebung, Umweltaufla- noch enorm ausgebaut werden: Bis zu 99 % der Metalle
gen und ökonomische Faktoren wie die Rentabilität zu sind potenziell recycelbar. So könnte ein Großteil der für
beachten. Zusätzlich erfordert die Extraktion von Rohstof- die Energiewende benötigten metallischen Rohstoffe si-
fen ein gewisses Know-how und entsprechende Technik. chergestellt werden, wenn diese durch Wiederaufberei-
Ein letzter bestimmender Faktor für die Verfügbarkeit von tung erneut in den Rohstoffkreislauf eingeführt werden.
metallischen Rohstoffen liegt in den Recyclingkapazi- Laut Europäischer Kommission und dem Öko-Institut gibt
täten und Materialineffizienzen.69 Darüber hinaus ver- es einige strategische Rohstoffe, für die in Zukunft ein
braucht das Recycling von Metallen weniger Energie als Verfügbarkeitsrisiko besteht. Dazu gehören unter ande-
die Gewinnung von Primärrohstoffen. rem Gallium, Germanium, Graphit, Indium, Kobalt, Mag-
Um im Zusammenhang mit den mineralischen Roh- nesium, Niobium, Platin, Tantal, Wolfram und die Sel-
stoffen für die Endlichkeit zu sensibilisieren, sprechen tenen Erden (Yttrium, Lanthan und Scandium).71 Einige
Forscher/-innen von einem „Peak Minerals“ oder „Peak Studien gehen sogar davon aus, dass Vorkommen von
Metal“. Der Terminus wird von dem Begriff „Peak Oil“ strategischen Rohstoffen wie Indium, Blei oder Tantal in
19
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Kupfer 1,2 Mio. Peru (24 %) Chile (23 %), Brasilien (21 %)
Quellen: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164506/umfrage/deutscher-export-und-import-
im-1-halbjahr-2010-nach-gueterabteilungen (Text), BGR 2016; Eigene Darstellung (Tabelle)
den nächsten Jahrzehnten erschöpft sein könnten, wenn benden Industrienationen – China, Indien oder Brasilien
der globale Konsum mit der heutigen Geschwindigkeit – mehr denn je daran interessiert, sich einen Anteil an
weiterwächst.72 den weltweit noch vorhandenen Rohstoffreserven und
Unter der Annahme, dass für die Energiewende gro- -ressourcen zu sichern.
ße Mengen an mineralischen Rohstoffen in Form von Bei der Suche nach neuen Lagerstätten rücken die
Metallen nötig sind, kann „Peak Metal“ folglich die Entwicklungs- und Schwellenländer verstärkt in den Fo-
Entwicklung zu einer „Low carbon society“ tatsächlich kus nationaler und transnationaler Rohstoffkonzerne. In
erschweren bis verhindern, wenn diese nicht verfüg- vielen dieser Länder gibt es noch unerschlossene Lager-
bar sind.73 stätten, außerdem sehen die dortigen Regierungen den
Rohstoffreichtum als ein Entwicklungspotenzial an, das
es zu nutzen gilt. Daher erhalten Konzerne in solchen
3.3.2. Mehr Bergbau – auch für die Staaten relativ rasch und kostengünstig Bergbaulizen-
Energiewende zen. So werden in vielen armen und ärmsten Ländern in
Die steigende Nachfrage nach Rohstoffen, auch für die Lateinamerika, Asien und Afrika mehr und mehr Lizen-
Energiewende, setzt einen globalen Trend fort, der schon zen zum Abbau von Erzen vergeben, ein Trend, der sich
seit der Jahrtausendwende anhält: mehr Bergbau. Da auch in Zukunft fortsetzen wird.
nicht alle Länder natürliche Rohstoffvorkommen in aus- Das Problem ist aber: Zu oft ist der Rohstoffabbau in
reichender Menge besitzen, müssen diese ihren Bedarf diesen Ländern mit schweren Menschenrechtsverlet-
über Einfuhren decken. Schon seit Jahren sind deshalb zungen, ökologischen Schäden und sozialen Konflikten
sowohl die großen Industrieländer als auch die aufstre- verbunden.
20
4. Die Wertschöpfungskette von Windrädern und Photovoltaikanlagen und ihre Akteure
4. Die Wertschöpfungskette
von Windrädern und Photovoltaik-
anlagen und ihre Akteure
4.1. Der Windkraftsektor
Darstellung der Wertschöpfungskette Chrom in Tagebauminen oder untertage abgebaut. Bei
einer Windkraftanlage anschließenden Aufbereitungsverfahren und der Verhüt-
Die Wertschöpfungskette einer Windkraftanlage ist kom- tung entstehen die metallischen Endprodukte, die in der
plex und besteht aus mehreren Stadien. Im Fall der vor- Produktionsphase eines Windrades eingesetzt werden.
liegenden Studie wird eine vereinfachte Produktions- In der Produktionsphase werden die verschiedenen
und Lieferkette dargestellt, die sowohl für Onshore- als Komponenten, zum Beispiel das Getriebe oder Gene-
auch für Offshore-Anlagen gilt. ratoren, hergestellt. Gondel und Rotor werden separat
Diese besteht aus sechs Hauptstufen: Sie beginnt mit produziert.
(1) der Rohstoffförderung und (2) der Rohstoffverarbei- In der Projektentwicklung werden Standorte bewer-
tung und erstreckt sich anschließend von (3) der Pro- tet und erworben, Machbarkeitsstudien durchgeführt,
duktion von verschiedenen Komponenten eines Wind- Projektfinanzierungen geprüft und behördliche Geneh-
rades über (4) die Planung sowie Endmontage von Wind- migungen eingeholt. Es folgt anschließend die End-
kraftanlagen bis hin zum (5) Anlage-Betrieb und der War- montage, in der die fertiggestellten Hauptbestandteile
tung des Windparks. Am Ende der Wertschöpfungskette (Rotoren, Turm etc.) in den Windparks zusammengebaut
steht schließlich die (6) Stromvermarktung. und errichtet werden.
Bei der Rohstoffförderung und -verarbeitung wer- Nach der Installation erfolgt die Inbetriebnahme.
den Erze wie Bauxit, Kupfer, Eisen, Seltene Erden oder Ab diesem Zeitpunkt produziert die Windkraftanlage
Projekt-
Rohstoffförderung- Betrieb/ Strom-
Produktion entwicklung/
und verarbeitung Wartung anbieter
Endmontage
Recycling
21
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
4% Envision
4% Ming Yang Inspektion einer Windkraftanlage
4% Siemens
4% Guodian
5% Nordex group dern und installieren Windparks für den Betrieb so-
wohl vor der Küste als auch auf dem Land. Außerdem
7% Enercon (DE) decken sie einen Großteil der Wertschöpfungskette ab,
von der Produktentwicklung und Herstellung von Wind-
7% Gamesa (Spanien)
kraftanlagen über Windmessungen, Windparkmanage-
ment bis hin zu Leistungsüberwachungen, Analysen
12 % Goldwind (China) und Wartungen. In Deutschland sind sowohl deutsche
als auch ausländische Konzerne tätig. Zu den größten
Windkraftanlagenbauern in Deutschland gehören fol-
12 % GE-Wind (USA) gende Unternehmen:
• Enercon (Aurich) ist nicht nur einer der größten deut-
schen Hersteller von Windkraftanlagen, sondern mit
einem Anteil von 39,9 % auch Marktführer in Deutsch-
17 % Vestas (Dänemark) land. Das Unternehmen hat 26.360 Windenergieanla-
gen weltweit installiert, die eine Gesamtleistung von
43,1 GW haben.74
• Vestas (Aarhus, Dänemark) ist der größte Windkraft-
anlagenhersteller weltweit. Das Unternehmen mit
seinen 21.800 Beschäftigten ist weltweit tätig und
25 % Sonstige
hat insgesamt in 75 Ländern Anlagen installiert, die
insgesamt 87 GW Leistung erbringen. Mit 21,3 % hat
Vestas den zweitgrößten Marktanteil in Deutsch-
land, mit 12 % den zweitgrößten Anteil weltweit. In
Quelle: http://www.enercon.de/unternehmen/marktanteile Deutschland besitzt Vestas verschiedene Produkti-
22
4. Die Wertschöpfungskette von Windrädern und Photovoltaikanlagen und ihre Akteure
23
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Recycling
24
4. Die Wertschöpfungskette von Windrädern und Photovoltaikanlagen und ihre Akteure
25
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
5. Menschenrechtliche Probleme
im Bergbausektor
5.1. Rohstoffabbau in Entwicklungs- und Schwellenländern
Im Visier der Nationen mit großem Rohstoffverbrauch ten dieser Staaten gibt es keine ausreichenden Sozi-
stehen schon lange die rohstoffreichen Länder im Glo- al- und Umweltstandards, unzureichende Gesetze und
balen Süden. So stammen immer größere Mengen aus schwache, korrupte Regierungen, die sich wenig oder
den Entwicklungs- und Schwellenländern der Welt, oft- gar nicht um die Belange der von der Rohstoffförderung
mals auch aus politisch instabilen Regionen. betroffenen Menschen bemühen. Hierdurch verschlim-
Diese rohstoffreichen Länder erhalten über den Ab- mern sich die negativen Auswirkungen für Mensch und
bau ihrer Bodenschätze wichtige Einnahmen durch För- Umwelt. Denn für zahlreiche Rohstoffkonzerne, die di-
derabgaben, Steuern, Lizenzgebühren und Prämien. rekten Einfluss auf die Lebenssituation der Menschen
Diese Einkünfte tragen einen großen Teil zum Staats- in der Abbauregion haben, steht der Profit an erster
haushalt bei. Zum Teil sind diese Einnahmen für die Stelle, und sie nutzen deshalb oftmals solche Bedin-
Länder von enormer wirtschaftlicher Bedeutung und gungen aus und wenden internationale Sozial- und
übertreffen in der Regel bei Weitem die finanzielle Ent- Umweltstandards kaum bis gar nicht an. So geht die
wicklungszusammenarbeit. Doch die Einnahmen aus Rohstoffgewinnung in vielen Regionen Afrikas, Asiens
dem Rohstoffbereich werden meist regional und sozi- und Lateinamerikas oft mit Vertreibung, sozialen Kon-
al ungleich verteilt, was sich besonders deutlich in der flikten, Umweltverschmutzung und schwerwiegenden
Vernachlässigung sozialstaatlicher Verpflichtungen nie- Menschenrechtsverletzungen einher. Die Menschen-
derschlägt. Grund hierfür sind oftmals schwache Regie- rechtsverstöße betreffen sowohl die wirtschaftlichen,
rungen, ein hoher Grad an Misswirtschaft, Vetternwirt- sozialen und kulturellen Menschenrechte als auch die
schaft und Korruption. bürgerlichen und politischen Rechte.
Bergbauprojekte in diversen afrikanischen, latein- Anhand von exemplarischen Fällen des Abbaus
amerikanischen oder asiatischen Ländern gehen zu- von Eisen, Kupfer, Chrom, Platin und Seltenen Erden
dem oft mit zahlreichen menschenrechtlichen und – allesamt Rohstoffe, die für die erneuerbaren Ener-
ökologischen Problemen einher. Dass der Abbau von gien unverzichtbar sind – veranschaulicht das folgen-
Rohstoffen auch mit einem Eingriff in die Natur verbun- de Kapitel die menschenrechtlichen Probleme in die-
den ist, lässt sich nicht vermeiden. Doch in den meis- sem Sektor.
26
5. Menschenrechtliche Probleme im Bergbausektor
Foto: Fotolia/©guentermanaus
Riesige Flächen Regenwaldes wurden gerodet und mussten der Mine Carajás in Brasilien weichen.
Pará und wird vom brasilianischen Staatskonzern Vale Flächen an Regenwäldern mussten der Mine weichen,
betrieben. Circa 11 % des Gesamtvolumens brasi- die sich seit Beginn immer weiter ausbreitet und mehr
lianischen Eisenerzes kommen heute aus der Mine und mehr Land einnimmt. In der Region wird zudem das
Carajás.93 Eisenerz zu Roheisen verhüttet, wofür viel Energie not-
Der Abbau des Eisenerzes in Carajás zieht eine Viel- wendig ist. Diese Energie wird über Hunderte von Köh-
zahl von negativen Auswirkungen nach sich. Riesige lereien bereitgestellt, die Unmengen an Holz benötigen,
wodurch bereits Hunderte Hektar Wald zerstört wurden
und dies auch weiterhin geschieht.94 Die Arbeitsverhält-
Abb. 16: Hauptherkunftsländer von Eisenerz- nisse in diesen Kokereien sind sehr problematisch. In
importen, Anteil an Gesamtimporten nach einer Studie von 2012 spricht Greenpeace von „skla-
Deutschland 2015, Angaben in % venähnlichen Arbeitsverhältnissen“: Die Arbeiter(innen)
würden schlecht bezahlt, hätten ein überanstrengendes
Arbeitspensum und schufteten unter menschenunwür-
Eisenerz | 4,2 Mio. t digen Arbeitsbedingungen.95
Nicht nur in den Abbauregionen gibt es Probleme,
sondern auch entlang der 900 Kilometer langen Trans-
portstrecken der Minengesellschaft. Täglich fahren circa
24 Züge, die mit jeweils 330 Waggons mehr als drei Kilo-
meter lang sind, um den Rohstoff an die Küsten zu trans-
Sonstige portieren, wo er verschifft wird. Für die Bahnlinie wurden
28 % Brasilien Flussläufe umgeleitet oder blockiert, und auch die Lärm-
56 % belästigung für die Bewohner(innen) durch die Züge ist
immens. Viele Gemeinden beschweren sich, dass durch
die Erschütterungen Risse in ihren Häusern entstehen.
Kanada Außerdem kommt es entlang der Bahnlinie immer wieder
16 % zu Unfällen mit Anwohner(innen) und Nutztieren.
Seit Jahren wehren sich die Anwohner(innen) gegen
diese negativen Folgen der Minen und Güterzüge und
Quelle: BGR 2016; Eigene Darstellung auch gegen eine weitere Ausdehnung der Mine. Zivilge-
sellschaftliche Organisationen berichten, dass es hierbei
27
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
immer wieder zu Repressionen und Gewalt gegenüber onsbedingungen in China zusammen, die im weltweiten
den friedlichen Aktivist(inn)en kommt.96 Vergleich nicht unterboten werden können. Damit sind
Die Versprechen der Unternehmen und regionaler Industriestaaten wie Deutschland, die ihre gesamten
Politiker, dass die Minen mit ihren Infrastrukturen und benötigten Seltenen Erden importieren, stark von Chi-
Einnahmen Wohlstand und Entwicklung bringen, haben na abhängig (siehe Abbildung 17).99 Andererseits ist der
sich nicht bewahrheitet. Die Region bleibt strukturell Bezug aus China für deutsche Unternehmen günstiger
schwach entwickelt, die Arbeitslosigkeit ist noch immer als eigene, kostspieligere Minen zu finanzieren oder aus
sehr hoch und die Mehrheit der Bevölkerung lebt weiter- anderen Erdteilen zu importieren. 2015 kamen 294 Ton-
hin in ärmlichen Verhältnissen. Das Beispiel aus Carajàs nen Seltene Erden aus China, das entspricht circa 93 %
zeigt, dass eine Vielzahl von Menschenrechtsverstößen der deutschen Importe.100 Damit hat China als Lieferant
hingenommen wird, wie das Recht auf Gesundheit, auf von Seltenen Erden für die deutsche Industrie eine he-
einen angemessenen Lebensstandard oder die Rechte rausragende Stellung. Sie finden in zukunftsträchtigen
auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wirtschaftssektoren wie der Energieversorgung und der
Elektromobilität Verwendung und sind daher für die
deutsche Energiewende unverzichtbar.
Seltene Erden (SE)
Indessen ist die Förderung von Seltenen Erden nicht
Seltene Erden sind nicht nur für die Energiewende, son- nur technisch komplex und aufwendig, sondern zieht
dern für die Weltwirtschaft allgemein von immenser Bedeu- auch eine Reihe von gravierenden ökologischen und so-
tung. Diese Gruppe von 17 Elementen97 wird in zahlreichen zialen Problemen nach sich. Dies zeigt sich besonders in
Bereichen eingesetzt, so etwa in Elektroautos, Laptops, China. Die Problematik lässt sich zum Beispiel anhand
Handys, Batterien, Rüstungsgütern sowie in Windrädern der Mine Bayan Obo, der größten chinesischen Mine für
und Photovoltaikanlagen. China ist besonders reich an Seltene Erden, aufzeigen. Hier wird beispielsweise Neo-
Seltenen Erden und der wichtigste Lieferant für die deut- dym abgebaut, das in sehr starken Magneten auch für
sche Wirtschaft. So verkündete Deng Xiaoping 1992 „Rare Windkraftanlagen benötigt wird. Die Tagebaumine hat
earths are to China what oil is to the Middle East.“ 98 nicht nur einen enormen Flächenbedarf, sondern benö-
Heute stammt circa 90 % der globalen Förderung aus tigt zudem große Mengen an Wasser und Chemikalien,
China. Diese Dominanz oder Quasimonopolstellung um die Seltenerdmetalle zu gewinnen. Schätzungen zu-
hängt insbesondere mit den kostengünstigen Produkti- folge fallen bei der Gewinnung von einer Tonne Seltener
Erden 2.000 Tonnen Aufbereitungsrückstände an.101 Über
160 Millionen Tonnen Rückstände, die mit Chemikalien
Abb. 17: Hauptherkunftsländer von Seltenen Erden verseucht und radioaktiv sind, türmen sich in der Nähe
Importen, Anteil an Gesamtimporten nach der Produktionsstätte und wachsen täglich an. In künst-
Deutschland 2015, Angaben in % lichen, von Dämmen umgebenen Teichen soll zudem
mehr als 17,5 Millionen Kubikmeter Abwasser gelagert
werden.102 Durch unsachgemäße Lagerungen und Fahr-
Seltene Erden | 245 t lässigkeit gelangt jedoch kontaminiertes Wasser in die
Umwelt und verseucht ganze Landstriche, Gewässer und
das Grundwasser. Die Industrieanlagen der Regionen, in
China denen Seltene Erden raffiniert und verhüttet werden, ver-
94 % ursachen enorme Luftverschmutzungen durch Schwerme-
talle und giftige Abgase (zum Beispiel Schwefeldioxid).
Um den gewaltigen Wasserverbrauch der Mine decken
zu können, wird Grund- und Flusswasser abgepumpt,
Sonstige
wodurch der Umgebung notwendiges Wasser entzogen
6 %
und Desertifikation vorangetrieben wird.103
Der Abbau und die Verarbeitung der Seltenen Erden
sind zudem sehr energieintensiv. Die für Abbau und
Verarbeitung benötigte Energie stellt China durch „Bil-
ligstrom“ aus Kohlekraftwerken bereit, eine Energiequel-
le, die bekanntermaßen eine sehr schlechte CO2-Bilanz
Quelle: BGR 2016; Eigene Darstellung hat und ein „Klimakiller“ sowohl für das lokale Klima als
auch für das globale Klimasystem ist (vgl. Kapitel 3.1.).
28
5. Menschenrechtliche Probleme im Bergbausektor
Foto: Fotolia/©cobia
den dramatischen Umweltauswirkungen sind vorwie-
gend die Anwohner(innen) der Region. Sie verlieren
Acker- und Weideland und erleiden durch Luftverschmut-
zung, kontaminierte Böden und verunreinigtes Wasser
schwerwiegende Gesundheitsschäden wie Lungen- und
Hautkrankheiten oder Krebs. In diesem Fall werden ins-
besondere die Rechte auf Gesundheit, Wasser und Nah-
rung verletzt. Durch diese gravierenden Auswirkungen
kommt es deswegen immer wieder zu Protesten gegen
die Minenbetreiber, die oftmals vonseiten der Staats-
macht gewalttätig beendet werden. Diese Nieder-
schlagungen stellen wiederum einen Verstoß gegen
die Menschenrechte wie die Meinungs- und Versamm-
lungsfreiheit sowie auf körperliche Unversehrtheit dar.
Diese Menschenrechtsverletzungen werden durch
die Förderpolitik der chinesischen Regierung mitverur-
sacht, die geringe Umweltauflagen vorgibt, schwache
Arbeitsschutzmaßnahmen vorschreibt, niedrige Löhne Ganze Landstriche, Gewässer und das Grundwasser
zahlt, die Minenbetreiber nachlässig kontrolliert und/ werden vielerorts beim Abbau Seltener Erden in China
oder nur vereinzelt in moderne und sichere Förder- und mit kontaminiertem Wasser verseucht.
Produktionstechniken investiert. Vorrang haben die bil-
lige Förderung der Seltenen Erden und der möglichst ge-
winnbringende Absatz auf dem wachsenden Weltmarkt. sische Firmen Interesse am peruanischen Bergbau-
Obwohl in den letzten Jahren auch wegen der Proteste sektor. Für Peru ist der Bergbausektor eine wichtige
der Anwohner(innen) in verschiedenen Bergbauregionen Wirtschaftssäule und Einnahmequelle. Er trägt durch-
technische Verbesserungsmaßnahmen zum Schutz der schnittlich mehr als ein Zehntel zu den Staatsein-
Umwelt, beispielsweise bessere Reinigungs- und Aufbe- nahmen bei.104
reitungssysteme des Wassers, umgesetzt wurden, be-
stehen die großen Probleme fort und belasten Mensch
und Umwelt weiter schwer. Abb. 18: Hauptherkunftsländer von Kupfer-
importen, Anteil an Gesamtimporten nach
Deutschland 2015, Angaben in %
Kupfer
Kupfer ist ein unentbehrlicher Rohstoff für elek-
trische Leitungen und andere elektronische Bauteile Kupfer | 1,2 Mio. t
der Solar- und Windkraftanlagen. Deutschland impor-
tiert Kupfer vor allem aus den lateinamerikanischen
Ländern Peru, Chile, Argentinien und Brasilien, wie
Abbildung 18 zeigt. Auch aus diesen Ländern gibt es Sonstige Peru
unzählige Studien und Dokumentationen, die über die 21 % 24 %
negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen
von Kupferminen berichten. Peru ist eines der ärmsten
Kanada
lateinamerikanischen Länder, gleichzeitig aber mit 11 %
einer Vielzahl von Bodenschätzen wie Gold, Erdöl,
Eisenerz, Zinn, Silber und Kupfer reich an Rohstoffen. Chile
Der Abbau wird insbesondere von multinationalen Brasilien 23 %
Bergbaukonzernen wie Glencore (Schweiz), Rio Tinto 21 %
(australisch-britisch) und BHP Billiton (australisch-
britisch) durchgeführt, die dort Tochterunternehmen
gegründet haben und/oder mit lokalen Unternehmen Quelle: BGR 2016; Eigene Darstellung
zusammenarbeiten. Daneben haben zunehmend chine-
29
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Foto: GRUFIDES/MISEREOR
In vielen Bergbauregionen Perus kommt es zwischenden Rohstoffkonzernen und der ansässigen Bevölkerung
zu Spannungen und gewaltsamen Konflikten.
Doch in vielen Kupferabbauregionen Perus kommt es zwi- che Wasserquellen und Böden im Umfeld der Mine mit
schen den Rohstoffkonzernen und der ansässigen Be- Schwermetallen kontaminiert zu haben.
völkerung zu Spannungen und gewaltsamen Konflikten. In der Provinz Cotabambas, Region Apurimac, be-
Hintergrund sind meist Auseinandersetzungen um unzu- treibt der chinesische Konzern MMG die Kupfermine „Las
reichende oder ausbleibende Entschädigungszahlungen, Bambas“. Seit Monaten kommt es zu heftigen Auseinan-
Landnahmen, Umweltprobleme, wie die Verschmutzung dersetzungen zwischen der lokalen Bevölkerung, dem
von Wasser und Luft, oder die Kontamination von Böden Bergbaukonzern sowie der peruanischen Regierung. Im
durch die Minenbetreiber. Von den negativen Auswirkun- September 2015 kamen dabei drei Menschen ums Le-
gen sind insbesondere die indigenen Völker betroffen, ben, 30 wurden verletzt. Im Oktober 2016 kam es erneut
die ihren Lebensraum durch die Minen verlieren. Lang- zu Ausschreitungen, ein Mensch verlor dabei sein Leben.
fristige und regionale Entwicklungsprozesse hingegen Es handelt sich bei dem Projekt „Las Bambas“ um eine
fanden bislang kaum statt, und die Beschäftigungsmög- der größten Kupferminen Perus, außerdem werden dort
lichkeiten in diesem hoch mechanisierten Sektor bleiben signifikante Mengen an Gold, Silber und Molybdän geför-
sehr gering. Die Studie von MISEREOR „Menschenrecht- dert. Die Mine hat jedoch enorme Auswirkungen auf das
liche Probleme im peruanischen Rohstoffsektor und die Leben der Menschen, die im Umfeld der Mine leben. Zehn
deutsche Mitverantwortung“ zeigt, dass der Kupferab- Milliarden US-Dollar wurden in das Bergbauprojekt inves-
bau in vielen peruanischen Minen mit erheblichen Men- tiert, für die Menschen in der Region jedoch fällt von dem
schenrechtsverletzungen verbunden ist. Zudem werden Reichtum kaum etwas ab: 4.000 Arbeitsplätze gibt es in
friedliche Proteste häufig gewaltsam unterdrückt und der Mine, doch nur die wenigsten davon gehen an Leute
Nichtregierungsorganisationen, die den Bergbausektor aus der Region, da diese nicht über die nötigen Qualifi-
kritisieren, müssen sich oft vor Gericht verantworten.105 kationen verfügen. Die Provinzen Grau und Cotabambas,
Vor allem in der Provinz Espinar in den Minen Tintaya/ in denen die Mine betrieben wird, gehören zu den ärms-
Antapaccay/Las Bambas kommt es sehr häufig zu Aus- ten Perus. 70 % der Bevölkerung sind von Armut betrof-
einandersetzungen zwischen der lokalen Bevölkerung, fen. Durch den Bergbau ist die Bevölkerung in der Region
den Bergbaukonzernen sowie der peruanischen Regie- stark gewachsen, da viele auf der Suche nach Arbeit in
rung. Die Menschen in der Region werfen den Minenbe- die Region gezogen sind. Die Lebensunterhaltungskos-
treibern vor, Land unrechtmäßig erworben und zahlrei- ten sind dadurch massiv angestiegen. Die Bevölkerung
30
5. Menschenrechtliche Probleme im Bergbausektor
fordert folglich, an den Gewinnen der Mine beteiligt zu die für den menschlichen Verzehr genutzt werden. 2012
werden, doch das Bergbauunternehmen hat mit der Re- eskalierte der Konflikt zwischen der Bevölkerung und
gierung einen günstigen Vertrag ausgehandelt, wonach der Regierung, als bekannt wurde, dass die Regierung
es in den ersten neun Jahren seiner Laufzeit kaum Steu- über die Schwermetallbelastungen bereits seit 2010
ern bezahlen muss, um die getätigten Investitionen zu Bescheid wusste, dies aber nicht veröffentlicht hatte,
amortisieren. Erst im Jahr 2021 wird das Unternehmen um einen Eklat zu vermeiden. Bei den darauffolgenden
den Canon Minero (= Steuer, die als Ausgleichszahlung in gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Sicherheits-
die Bergbauregion zurückfließt) und die Gewinnsteuer be- kräften und Demonstranten gab es vier Tote und viele Ver-
zahlen müssen. Damit entgehen dem peruanischen Fiskus letzte. Das staatliche Umweltmonitoring, das auf einer
schätzungsweise 300 bis 400 Millionen US-Dollar.106 Die Fläche von 2.280 Quadratkilometer im Umfeld der Mine
indigene Bevölkerung in der Region wurde zu dem Projekt durchgeführt wurde, legt einen Zusammenhang zwi-
nicht konsultiert, wie eigentlich in dem internationalen Ab- schen der Schwermetall-Kontamination und dem Berg-
kommen zum Schutz indigener Völker vereinbart (FPIC107) bau nahe, jedoch gibt es bis heute keine abschließende
– auch das peruanische Gesetz zur Konsultation indigener Untersuchung, die den Zusammenhang zwischen Berg-
Völker wurde nicht umgesetzt. In einem sehr konfliktiven
Prozess musste die Gemeinde Fuerabamba für die Mine
umgesiedelt werden, wobei 16 Familien bisher noch nicht
in die neue Gemeinde umgesiedelt wurden. Bereits im Fe-
bruar 2016 ist das Wasseraufbereitungsbecken der Mine
übergelaufen – nur zwei Monate nach Betriebsbeginn. Die
Bevölkerung reichte eine Beschwerde bei der zuständigen
Behörde OEFA ein, welche allerdings erst im April 2016,
also zwei Monate, nachdem die Vorfälle von den Bürgern
an die OEFA gemeldet wurden, eine Untersuchung (un-
ter anderem ein Wassermonitoring) durchgeführt hat. Zu
diesem Zeitpunkt (mitten in der Regenzeit) waren keine
erhöhten Schwermetallwerte mehr messbar. Ein „Runder
Foto: F. Kopp/MISEREOR
Tisch“ zur Klärung des Konflikts wurde im Februar 2016
eingerichtet (fünf Monate nach dem Konflikt), doch bis
heute gibt es kaum konkrete Resultate.
Auch in der Provinz Espinar in der Mine Tintaya/Anta-
paccay kommt es immer wieder zu Auseinandersetzun-
gen zwischen der lokalen Bevölkerung, dem Schweizer Bewohner des Dorfes Morocha demonstrieren in Perus
Bergbaukonzern sowie der peruanischen Regierung. Die Hauptstadt Lima gegen ihre geplante Umsiedlung durch
Mine operiert bereits seit 1984 und hat mehrfach den Be- das Bergbauunternehmen Chinalco.
sitzer gewechselt. Von 2006 bis 2013 gehörte die Mine
dem Schweizer Konzern Xstrata, seit 2013 gehört sie dem
Schweizer Konzern Glencore, der mit Xstrata fusionierte. bau und Umweltverschmutzung endgültig nachweist. Das
Die Menschen in der Region werfen dem Bergbauunter- Angebot der Schweizer Regierung, eine solche Studie
nehmen vor, Wasserquellen und Böden im Umfeld der zu erstellen, hat die peruanische Regierung abgelehnt.
Mine mit Schwermetallen kontaminiert zu haben. Seit Glencore bestreitet nach wie vor alle Vorwürfe, die in die-
Jahren beklagen Landwirte, dass missgebildete Lamas se Richtung gehen. Die peruanischen Umweltbehörden
und Schafe geboren werden und vermuten, dass die ver- sind zwar nun dabei, eine Kausalitätsstudie zu erstellen,
seuchten Landflächen und Gewässer die Ursache hierfür jedoch steht die Veröffentlichung der Ergebnisse noch
sind. Ein Umweltmonitoring, das der peruanische Staat aus. Während all dieser Jahre waren beziehungsweise
aufgrund des wachsenden Drucks 2012 bis 2013 durch- sind die Menschen der Umweltverschmutzung weiter-
geführt hat, bestätigt die Problematik: viele Wasser- und hin ungeschützt ausgesetzt. Eine von peruanischen NRO
Bodenproben enthalten Schwermetalle – ein klarer Ver- beauftragte Gesundheitsstudie, die derzeit erstellt wird,
stoß gegen das Recht auf sauberes Trinkwasser und Ge- soll die Auswirkungen der Umweltverschmutzung auf die
sundheit. In zahlreichen Fällen werden die zulässigen Gesundheit der Menschen nachweisen.
Höchstwerte überschritten. Besonders brisant ist, dass In vielen Rohstoffvorhaben in Peru wird zudem sei-
viele dieser Proben aus Quellen entnommen wurden, tens der Regierung und der Konzerne das Recht indigener
31
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Völker auf eine freie, vorherige und informierte Zustim- Bevölkerung zahlreiche Konflikte. Mexiko ist das größte
mung (Free Prior and Informed Consent – FPIC) verletzt. Förderland von Silber. In der Region der Mine Frisco im
Der Bergbausektor in Peru, aus dem auch ein großer Bundesstaat Puebla beispielsweise haben viele Menschen
Teil der geförderten Rohstoffe direkt nach Deutschland Ackerland verloren und empfanden die Entschädigungs-
exportiert wird (24 %, vgl. Abbildung 18), ist weiterhin ex- zahlungen als unzureichend. Viele Erwartungen wurden
trem konfliktbehaftet/-gefährdet. Wiederholt treten dort enttäuscht, während indes kaum Arbeitsplätze für die
schwere Menschenrechtsverletzungen auf, laut Berichten Anwohner(innen) entstanden. Die Minenbetreiber benö-
der Defensoría del Pueblo (Büro des Bürgerbeauftragten tigen für ihre Förderaktivitäten große Mengen an Wasser
Perus) hängen mehr als 80 % der Konflikte – 2015 waren und belasten es zudem mit giftigen Chemikalien. Die Re-
es über 150 – mit dem Rohstoffabbau zusammen.108 Damit gierung und die Konzerne missachteten demzufolge ins-
bleibt das Konfliktpotenzial bestehen, insbesondere weil besondere die Rechte auf einen angemessenen Lebens-
sich viele indigene Völker strikt gegen eine Rohstoffförde- standard, auf Nahrung und Gesundheit.
rung in ihrem Gebiet stellen und ein Mitbestimmungsrecht
zum Schutz ihres Lebensraums einfordern. Der Interes-
Weitere Metalle
senskonflikt zwischen Regierung und Konzernen auf der
einen und den Bewohner(inne)n auf der anderen Seite Ein weiterer wichtiger Metalllieferant für Deutsch-
stellt Peru auch in Zukunft vor große Herausforderungen. land ist Südafrika. Das Land ist einer der bedeutends-
ten Produzenten von metallischen Rohstoffen und In-
dustriemineralen der Welt. Knapp 70 % der deutschen
Silber
Erzeinfuhren aus Afrika kommen aus dieser klassischen
Das Edelmetall ist bei vielen neuen Anwendungen in Rohstoff-Exportnation. Chrom, Mangan, Molybdän,
der Elektro- und Autoindustrie, bei Legierungen, beim Vanadium, Platin, Titan, Roheisen etc. werden nach
Löten oder auch in medizinischen Produkten unverzicht- Deutschland exportiert.
bar geworden. Zunehmend ist Silber ebenso für die Pho- Doch der Bergbausektor steht auch in diesem Land
tovoltaikbranche von großer Bedeutung. Laut der Studie massiv in der Kritik: Zivilgesellschaftliche Organisatio-
„New Energy Outlook 2016“ von Bloomberg New Energy nen und Medien berichten regelmäßig über Arbeitsrecht-
Finance wurden 2016 mehr als ein Zehntel des Silbers verletzungen, unsichere Minen, illegale Beseitigung von
durch Photovoltaik verbraucht – Tendenz steigend.109 Im toxischen Abfällen, Verunreinigungen der Böden und
Jahr 2000 hat die Photovoltaikbranche eine Million Unzen
Silber verbraucht (circa 28.350 Kilogramm), Studien zufol-
ge waren es 2016 mehr als 77 Millionen Unzen (mehr als Abb. 19: Hauptherkunftsländer von Silber-
2.182.913 Kilogramm).110 In zwei weiteren Jahren sollen importen, Anteil an Gesamtimporten nach
fast zwei Drittel des weltweiten Silberkonsums von der Deutschland 2015, Angaben in %
Photovoltaikbranche ausgehen, Schätzungen zufolge
109 Millionen Unzen (circa 3 Millionen Kilogramm).111 Die
größten Bergbauländer in Bezug auf Silber sind Mexiko, Silber | 8.425 t
China, Peru, Australien und Chile. Deutschland importiert
Silbererze und Konzentrate insbesondere aus lateiname-
rikanischen Ländern, nämlich aus Mexiko und Argentinien Mexiko
sowie aus Peru (siehe Abbildung 19). 2015 importierte 49 %
Deutschland rund 8.400 Tonnen Silbererz und -konzen-
trate aus diesen lateinamerikanischen Ländern.112 Jedoch
stammen nur etwa 30 % des 2015 weltweit abgebauten
Sonstige
Edelmetalls tatsächlich aus reinen Silberminen. Der Groß-
9 %
teil des globalen Silbervorrats wurde als Nebenprodukt in
Bergwerken für Zink (38 %), Kupfer (20 %) und Gold (13 %)
gewonnen, zum Beispiel in den Minen Las Bambas, Toro-
Argentinien
mocho oder Tintaya in Peru.113 Die menschenrechtlichen,
42 %
sozialen und ökologischen Probleme in Las Bambas und
Tintaya wurden im vorherigen Absatz beschrieben. Auch
in anderen Regionen, wie in Gold- und Silberminen in Quelle: BGR 2016; Eigene Darstellung
Mexiko, gibt es zwischen den Bergbaukonzernen und der
32
5. Menschenrechtliche Probleme im Bergbausektor
Foto: S. Breuer/MISEREOR
stöße und soziale Konflikte in den Bergbauregionen.114
2012 erschütterte das Marikana-Massaker Südafrika
tief. Ein Streik von Bergbauarbeiter(inne)n einer Platin-
mine des britischen Bergbauunternehmens Lonmin Plc.
eskalierte. Hintergrund des Streiks waren Forderungen
der Minenarbeiter(innen) nach besseren Arbeitsbedin-
gungen und Behausungen sowie Lohnerhöhungen. Der
Konzern weigerte sich auf die Forderungen einzugehen
und direkt mit den Streikenden zu verhandeln. In den
Tagen zuvor kam es immer wieder zu Spannungen und
gewaltsamen Auseinandersetzungen sowohl zwischen
rivalisierenden Gewerkschaften als auch zwischen den
Streikenden und Sicherheitskräften. Zehn Menschen
starben, darunter auch zwei Polizisten. Am 16. August
2012 eskalierten die Spannungen, die Polizei schoss
auf die Demonstranten, tötete 34 Menschen und ver- Kinder nutzen im südafrikanischen eMalahleni Minen als
letzte 78 Personen. Eine von der Regierung eingesetzte Spielplatz und sind so den Umweltgiften direkt ausgesetzt.
Kommission untersuchte die Geschehnisse, die 2015 in
einem Untersuchungsbericht, allerdings nur zum Teil,
veröffentlicht wurden. Der Bericht wirft der Polizei un- senen Lebensstandard, auf sauberes Trinkwasser, auf
verhältnismäßige Gewalt und schlechte Planung des Gesundheit, auf Teilhabe an politischen Prozessen, auf
Einsatzes vor und fordert zudem, Ermittlungen gegen Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, auf Schutz vor
die Polizei aufzunehmen. Auch der Konzern sowie die willkürlicher Haft oder das Recht indigener Völker auf
Gewerkschaften hätten zur Eskalation beigetragen. Die freie, frühzeitige und informierte Zustimmung. Staaten
Regierung hingegen trägt laut dem Untersuchungsbe- verletzen dabei ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen
richt keine Verantwortung, was Angehörige und Men- zur Achtung, zum Schutz wie auch zur Gewährleistung
schenrechtsorganisationen heftig kritisieren. dieser Menschenrechte. Aber auch die Konzerne versto-
ßen dabei in vielfältiger Weise gegen ihre Verantwortung
Menschenrechtsverstöße im Bergbausektor zur Achtung der Menschenrechte, wie sie in den UN-Leit-
Diese Beispiele zeigen, dass es in vielen Bergbauregi- prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte beschrie-
onen in Afrika, Asien oder Lateinamerika immer wieder ben wird. Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten haben
zu Menschenrechtsverstößen kommt. Dabei werden jedoch nicht nur die dort tätigen Bergbaukonzerne, son-
sowohl die bürgerlichen und politischen wie auch die dern auch die Unternehmen entlang der gesamten Wert-
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschen- schöpfungskette bis hin zur Vermarktung der Endproduk-
rechte verletzt: sei es das Recht auf einen angemes- te, wozu auch Solaranlagen und Windräder gehören.
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Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Boden und Wasser verseuchen. Laut Amnesty Inter- die billige Kohleförderung hohe Profite erwirtschaf-
national sollen die beiden europäischen Ölmultis ten. Doch die Förderung des Energieträgers geht auf
Shell und ENI allein im Jahr 2014 für rund 550 Öl- Kosten der dort lebenden Menschen und der Umwelt.
lecks verantwortlich gewesen sein.115 Zudem wer- So entstanden und entstehen immer noch riesige
fen Nichtregierungsorganisationen und die vielen Mondlandschaften und Abraumhalden, Wälder wer-
betroffenen Gemeinden den Ölkonzernen vor, die den gerodet, die Luft wird verschmutzt, die Flüsse
Säuberungsverfahren von ölverseuchten Flächen und das Grundwasser werden durch toxische Abfäl-
unzureichend umzusetzen. Aber auch illegales An- le verseucht. Die Wassersituation in semiariden Re-
zapfen von Pipelines sowie Sabotageakte, etwa um gionen wie Guajira, die häufig von Dürren betroffen
Konzerne zu erpressen, tragen zu der Umweltkatast- sind, wird folglich durch den Kohleabbau zusätzlich
rophe im Niger-Delta bei. Hinzu kommen zusätzliche verschärft. In manchen Regionen hinterlässt die Koh-
Methanemissionen und die Folgen des großflächi- leförderung zum Teil irreparable ökologische Schä-
gen Abfackelns des frei werdenden Gases durch die den. Zahlreiche Gemeinden haben durch die Kohle-
Ölkonzerne. Das brennende Gas verursacht extreme förderung ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage
Hitze in der Umgebung und sauren Regen, der über verloren. Die Entschädigungszahlungen werden von
den natürlichen Kreislauf in die Nahrung der Men- den meisten Betroffenen als ungerecht empfun-
schen gelangt. Die Anwohner(innen) in der Umge- den. Des Weiteren leiden viele Anwohner(innen)
bung der Förderanlagen atmen zudem die Giftstoffe und Minenarbeiter(innen) unter Atemwegserkran-
in der verschmutzten Luft ein. Neben gravierenden kungen aufgrund der hohen Staubbelastung beim
ökologischen Problemen herrschen in der Region Kohleabbau. Immer wieder stehen auch die Ar-
gewalttätige Konflikte zwischen unterschiedlichen beitsbedingungen in der Kritik, unter denen die Mi-
Volksgruppen, ethnischen Milizen und der Regie- nenangestellten schuften müssen. Gewerkschaf-
rung. Dabei geht es vorwiegend um Landfragen, Ent- ten berichten wiederholt von Verletzungen von
schädigungszahlungen, Beteiligung an den lokalen Arbeitnehmerrechten. Gemeindevertreter(innen),
Erdölerlösen sowie Proteste gegen Unternehmen. Menschenrechtsaktivisten(innen) und Gewerk-
Politik und Praxis der großen Erdölkonzerne tragen schaftler(innen), die sich für die Rechte der lokalen
dabei zur Konfliktverschärfung bei. Die Konzerne Bevölkerung und Minenangestellten einsetzen, wer-
ihrerseits sichern ihre Anlagen und schützen ihre den oftmals schikaniert, bedroht und verfolgt. In der
Mitarbeiter(innen) über den Einsatz von privaten jüngsten Vergangenheit ist es sogar zu Morden an
und staatlichen Sicherheitskräften, denen häufig einem Gewerkschafter und einem Gemeindevertre-
Menschenrechtsverstöße zur Last gelegt werden. ter gekommen, die mit ihrer Tätigkeit in Verbindung
Die Lage im Niger-Delta ist seit Jahren überaus un- gebracht werden. Auch wurde manchen Kohlekon-
sicher, konfliktreich und von der Regierung oftmals zernen sogar vorgeworfen, mit paramilitärischen
unkontrollierbar. Auch Deutschland bezieht Erdöl Gruppen in Verbindung zu stehen. Für Deutschland
aus Nigeria, das in der Importstatistik mit 4,2 % auf ist Kolumbien nach Russland und den USA der dritt-
Platz sechs liegt.116 wichtigste Lieferant für Steinkohle, die unter ande-
Beispiel Kohle in Kolumbien: Das lateinamerika- rem in Kraftwerken von Uniper SE (ehemals E.ON),
nische Land ist der größte Kohleproduzent der Welt RWE oder EnBW zur Energiegewinnung verbrannt
und versorgt damit auch Europa und Deutschland wird.118 Diese Konzerne tragen damit auch eine Mit-
mit Steinkohle. Deutschland hat 2015 insgesamt verantwortung. So verbrannte beispielsweise EnBW
42 Millionen Tonnen Steinkohle importiert. Dabei hat im Jahr 2015 517.000 Tonnen, die aus der Mine von
Kolumbien 2015 einen Anteil von 23,9 % gehabt, was Cerrejón stammen.119 Trotz der zahlreichen Berichte
circa 10,3 Millionen Tonnen entspricht.117 Der Abbau und Studien über Menschenrechtsverletzungen, Um-
der Kohle wird in Kolumbien vor allem durch die drei weltprobleme und Konflikte in den Kohleabbauregi-
Bergbaugiganten Drummond aus den USA, Prodeco onen beziehen E.ON, EnBW und RWE weiterhin von
(Tochterunternehmen des Schweizer Konzerns Glen- den Kohlelieferanten aus Kolumbien.120
core) und Cerrejón (ein Konsortium aus den Konzer-
nen Anglo American aus Großbritannien, BHP Billiton
aus Australien und Glencore) dominiert, die durch Quelle: MISEREOR 2016
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6. Rohstoffherkunft, Menschenrechtsverletzungen und Unternehmensverantwortung
6. Rohstoffherkunft,
Menschenrechtsverletzungen und
Unternehmensverantwortung
Die vorangegangen Kapitel haben zum einen gezeigt, ronment Programme (UNEP) hat festgestellt, dass 40 %
dass Windkraft- und PV-Anlagen vor allem für die Instal- aller weltweiten Konflikte in den letzten 60 Jahren mit
lation große Mengen an Rohstoffen benötigen. Zum an- der Förderung von natürlichen Ressourcen zusammen-
deren wurde dargestellt, dass beim Rohstoffabbau in hängen (dazu gehören allerdings auch Konflikte bei er-
etlichen Entwicklungs- und Schwellenländern die Ein- neuerbaren Rohstoffen wie Biomasse).121 Abbildung 20
haltung von Sozial- und Umweltstandards keineswegs zeigt die Art und Anzahl der Konflikte um Ressourcen
selbstverständlich ist. Ob Kupfer aus Peru, Eisenerz aus 2015. Von den Top 10 der weltweit größten Umweltver-
Brasilien, zahlreiche Metalle aus Südafrika oder Seltene schmutzungen liegen über die Hälfte in Rohstoffförder-
Erden aus China: Die Förderung der Bodenschätze hat gebieten. Allgemein ist laut dem UN-Menschenrechts-
sozial und ökologisch negative Folgen. Viele dieser Roh- rat (United Nations Human Rights Council, UNHRC) der
stoffe werden allerdings für die Technologien der Wind- Rohstoffabbau der Wirtschaftssektor mit den meisten
kraft und Photovoltaik benötigt. Menschenrechtsproblemen.122 Eine umfassende Folge-
Der Rohstoffsektor ist aus ökologischer, sozialer und untersuchung der Universität Maastricht bestätigte die-
menschenrechtlicher Sicht erwiesenermaßen ein prob- ses Bild. Demnach können 29 % der insgesamt 1.877
lematischer Wirtschaftszweig. Das United Nations Envi- zwischen 2005 und 2014 registrierten wirtschaftsbezo-
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Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
genen Menschenrechtsbeschwerden dem Rohstoff- und steht entlang der gesamten Wertschöpfungskette. So for-
Energiesektor zugeordnet werden.123 mulieren es auch die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und
Damit ist nicht auszuschließen, dass in den klimafreund- Menschenrechte, die OECD-Leitsätze für multinationale
lichen Anlagen zur Energiegewinnung Rohstoffe verbaut Unternehmen oder die OECD-Leitsätze für die Erfüllung
werden, die unter menschenrechtlich problematischen der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller
Bedingungen gefördert werden und in den Abbaugebie- Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisiko-
ten zu Umweltschäden und sozialen Konflikten führen. gebieten (siehe Kasten).
Infolgedessen trägt auch die Wind- und Solarindus- Unternehmen sollen nicht nur öffentlich bekunden,
trie eine (Mit-)Verantwortung bezüglich ihrer Lieferkette. dass sie die Menschenrechte respektieren, sondern sie
Denn die Unternehmensverantwortung zur Achtung von müssen dies auch in ihrem alltäglichen Geschäft umset-
Menschenrechten endet nicht am Werkstor, sondern be- zen. Sie müssen die Menschenrechts- und Konfliktrisi-
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6. Rohstoffherkunft, Menschenrechtsverletzungen und Unternehmensverantwortung
ken in ihrer Wertschöpfungskette transparent offenlegen Um Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien
und menschenrechtliche Sorgfaltspflicht walten lassen. auf diese Verantwortung hinzuweisen und ein Bild von
Dies bedeutet, dass ein Unternehmen menschenrecht- der derzeitigen Situation zu erhalten, hat MISEREOR im
liche Risiken und Auswirkungen entlang seiner gesam- Sommer 2016 eine Befragung durchgeführt. Die darin
ten Wertschöpfungskette identifizieren, überprüfen und enthaltenen Fragen zu den Themen Wertschöpfungsket-
notwendige Folgemaßnahmen ergreifen muss, um diese te, Unternehmensverantwortung und Menschenrechte
Verstöße zu mildern bzw. zu verhindern. Darüber hinaus wurden an 21 in Deutschland tätige Unternehmen aus
muss das Unternehmen auch Rechenschaft ablegen, also der Branche der erneuerbaren Energien gesandt. Dazu
öffentlich darüber berichten.126 gehören Betreiber und Hersteller von Wind- und PV-An-
Geantwortet
MISEREOR-Fragebogen an
Ja Nein
Windkrafthersteller:
Vestas
Siemens Windpower
Enercon*
Senvion
Nordex SE
GE Renewable Energy
PV-Hersteller und Zulieferer der Solarindustrie
Solarworld
Conergy
Solarwatt
Sunpower
Q-Cells
Schott AG
Aurubis
Thyssenkrupp
Ökostromanbieter:
Naturstrom
Greenpeace Energy
EWS Schönau
Insgesamt 9 12
* Nicht angefragt, aber Informationen erhalten durch eine andere Befragung von MISEREOR & Germanwatch
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Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
lagen, Zulieferer, metallverarbeitende Betriebe sowie aus der Solarbranche blieben sehr gering, was darauf
Stromanbieter. hindeutet, dass diesem Thema dort noch keine ausrei-
Vor der Veröffentlichung erhielten die Unternehmen chende Aufmerksamkeit und Priorität gewidmet wird.
die sie betreffenden Textpassagen, um sie auf sach- Wahrscheinlich sind die Fragestellungen für viele Unter-
liche Richtigkeit zu prüfen und zu kommentieren so- nehmen aus dem erneuerbaren Energiesektor – bis hin
wie gegebenenfalls zu aktualisieren. Die Rückmeldun- zur metallverarbeitenden Industrie – noch immer neu.
gen der Unternehmen sind in die Überarbeitung der Wie die Recherchen und ausgewerteten Fragebögen
Analyse eingeflossen. zeigen, gibt es bei den Unternehmen neben positiven
Grundsätzlich ist festzustellen, dass nur 9 von 21 Entwicklungen auch noch Schwachpunkte und klare Ver-
angefragten Unternehmen auf die Anfragen von MISE- säumnisse bezüglich ihrer Sorgfaltspflicht und Verant-
REOR geantwortet haben. Insbesondere die Rückläufe wortung gegenüber ihrer Lieferkette.
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6. Rohstoffherkunft, Menschenrechtsverletzungen und Unternehmensverantwortung
ten.“ 130 Auf die Frage, ob der Verhaltenskodex auch Be- fected and High-Risk Areas“. Der Konzern beschäftigt sich
standteil von Verträgen ist, geht das Unternehmen nicht hierbei auch mit der Wertschöpfungskette: „Wir managen
ein. Die Notwendigkeit einer Risikoanalyse schließt ENER- eine effiziente und belastbare Lieferkette durch unseren
CON aus, da Lieferanten bereits vor Vertragsabschluss Verhaltenskodex (»Code of Conduct«) für Lieferanten, un-
umfangreich geprüft und Audits unterzogen würden.131 ser Risikomanagement und den Ausbau von Kompetenzen
Als innerbetrieblicher Beschwerdemechanismus steht bei unseren Zulieferern.“ 134 Der Code of Conduct ist von
Mitarbeiter(inne)n ein Ombudsmann zur Verfügung.132 den Siemens Business Conduct Guidelines abgeleitet.
Der größte Windkraftanlagenhersteller Vestas bekennt Zur Einhaltung dieser bietet der Konzern seinen Lieferan-
sich zu den internationalen Menschenrechts- sowie Ar- ten webbasierte Schulungen oder Präsenztrainings an.135
beitsrechtsstandards. Der Konzern ist Mitglied im Global Siemens hat außerdem ein „risikobasiertes System geeig-
Compact und hat neben einem Verhaltenskodex auch neter Prozesse“ entwickelt, welches die Lieferkette nach
eine zweiseitige Menschenrechtspolicy entwickelt. Zu- potenziellen Risiken durchsucht. Dieses System besteht
dem führt der Konzern bei der Installation seiner Wind- „aus Selbsteinschätzungen zur Nachhaltigkeit durch die
kraftanlagen eine Prüfung der Umwelt- und Sozialaspekte Lieferanten, Risikoeinschätzungen durch unsere Einkaufs-
durch: “Vestas conducts Social and Environmental Due organisation, Nachhaltigkeitsfragen im Rahmen von Prü-
Diligence (SEDD) on its wind power projects. The SEDD fungen zur Qualität von Lieferanten und Nachhaltigkeits-
follows the Environmental and Social Performance stan- überprüfungen durch externe Prüfer.“ 136 Siemens erwartet
dards of the International Finance Corporation and the „von allen Lieferanten ein klares Bekenntnis zu unseren
World Bank Environmental, Health, and Safety guideli- Prinzipien.“137 Kommt es bei einem Zulieferer zu Abwei-
nes for wind power plants. The due diligence process chungen von den Siemens-Anforderungen, müssen diese
generates a Social Risk Report with mitigation actions innerhalb einer bestimmten Frist beseitigt werden, denn
that are integrated into project plans to ensure integrity „durch entsprechende Klauseln in unseren Einkaufsverträ-
in the project execution.” 133 Über die menschenrechtli- gen und in den allgemeinen Bestellbedingungen müssen
che Sorgfaltspflicht entlang der Wertschöpfungskette sich alle Siemens-Lieferanten verpflichten, diese Anforde-
der genutzten Rohstoffe findet man auf der Internetseite rungen einzuhalten und auch in der eigenen Lieferkette
oder in den Jahresberichten von Vestas allerdings keine zu fördern.“ 138 Bei schwerwiegenden Abweichungen oder
Informationen. Das Unternehmen hat auf die Befragung fehlender Bereitschaft, Änderungen vorzunehmen, um den
von MISEREOR nicht reagiert. Anforderungen von Siemens zu entsprechen, wird die Ge-
Die Siemens AG, als global agierendes Unternehmen, schäftsbeziehung mit dem Lieferanten gar beendet. Inwie-
in dem die Windenergie nur einer von vielen Geschäftsbe- fern diese Lieferantenpolitik im Geschäftsbereich „Wind-
reichen ist, bekennt sich auch zu den wichtigsten interna- energie“ konsequent umgesetzt wird, geht allerdings aus
tionalen Sozialstandards wie den ILO-Kernarbeitsnormen den Nachhaltigkeitsberichten nicht hervor. So bleibt es
oder den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen unklar und auch fraglich, ob Siemens Wind Power seine
und „unterstützt“ die „OECD Due Diligence Guidance for menschenrechtliche Sorgfaltspflicht entlang der gesam-
Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Af- ten Wertschöpfungskette wahrnimmt.
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Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
Foto: GRUFIDES/MISEREOR
Die Einhaltung der Menschenrechte im Rohstoffabbau ist in vielen Ländern und Regionen der Erde nicht gewährleistet.
Menschenrechtsverstößen beteiligt sind.“ 139 Leider bleibt das Unternehmen alle Geschäftspartner zur Einhaltung
in den veröffentlichten Geschäftsberichten unklar, wie von Menschenrechten und dazu, nach den Prinzipien des
das Unternehmen die Einhaltung des Verhaltenskodex Verhaltenskodex zu handeln.140 Da das Unternehmen so
bei seinen Lieferanten kontrolliert und einfordert. gut wie keine Rohstoffe selbst verarbeitet, erwartet SMA
SMA Solar Technology AG hat einen Verhaltenskodex von seinen „Lieferanten im Zuge des Themas der Kon-
entwickelt, der auf dem ILO-Standard und dem UN Global fliktmineralien den Nachweis des Ursprungs.“ 141 Dieser
Compact beruht. Laut SMA ist dieser Verhaltenskodex für Nachweis erfolge über das „conflict mineral template“
jeden Zulieferer Vertragsbestandteil. Damit verpflichtet der CSFI (Conflict Free Sourcing Initiative).
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6. Rohstoffherkunft, Menschenrechtsverletzungen und Unternehmensverantwortung
schäftsbeziehungen nach sich: „Wir [Anm. des Autors: Zivilgesellschaft wird jedoch dadurch erschwert, dass
Aurubis] haben uns vorgenommen, dass in sämtliche der Konzern die Namen der Minen nicht offenlegt und
neue Lieferverträge, die in der Regel über viele Jahre sich eher auf Informationen der Bergbaukonzerne ver-
laufen, eine entsprechende Klausel aufgenommen wird, lässt anstatt externe Quellen zu etwaigen Missständen
sofern keine eigene Erklärung des Lieferanten diesbe- hinzuzuziehen. 2013 hatte Aurubis gegenüber dem ZDF
züglich vorliegt. Die Nichteinhaltung dieser Klausel noch eingeräumt, Kupfer aus der Mine Tintaya/Antapac-
stellt prinzipiell einen Vertragsbruch dar. Die Beendi- cay in der peruanischen Provinz Espinar zu beziehen, in
gung einer Geschäftsbeziehung als schärfste Form der der es seit Jahren regelmäßig zu schweren Menschen-
Sanktionsmöglichkeiten ist jedoch aus unserer Sicht rechtsverletzungen gekommen ist.145 Die Tatsache, dass
nicht zielführend, denn damit vergeben wir uns auch Aurubis die Beendigung von Geschäftsbeziehungen im
die Möglichkeit einer positiven Einflussnahme im Sin- Falle von Menschenrechtsverletzungen als „nicht ziel-
ne einer partnerschaftlichen Beziehung. Wir setzen auf führend“ bezeichnet, weckt zumindest Zweifel, ob dies
Dialog und Überzeugungsarbeit.“ 143 Im Zusammenhang im Falle dieser Mine dennoch geschehen ist.
mit Sanktionen betont der Konzern immer wieder sei- Thyssenkrupp ist ein diversifizierter Industriekon-
ne anscheinend begrenzten Einflussmöglichkeiten auf zern, zu dem der Geschäftsbereich Steel Europe, der
Grund seiner kleinen Bezugsmenge und der Abnehmer- größte Stahlhersteller in Deutschland, gehört. Der Kon-
vielzahl. Zunächst ist es fraglich, ob der Einfluss von Au- zern fertigt nicht nur in Deutschland Komponenten für
rubis tatsächlich in allen Fällen so gering ist. Schließlich die Windenergie, sondern auch in China, Brasilien oder
hat das Unternehmen im Jahr 2015 immerhin 2,3 Millio- Indien. Thyssenkrupp bezieht Eisenerze und Ferrolegie-
nen Tonnen Kupferkonzentrat importiert, davon 1,2 Mil- rungen zum Beispiel aus Brasilien, Kanada, Südafrika
lionen nach Hamburg und 1,1 Millionen nach Bulgarien. sowie Mauretanien (Eisenerz) und Australien, Kanada,
In Fällen, wo der Einfluss von Aurubis tatsächlich gering Mosambik und USA (Kokskohle).146 In manchen der ge-
ist, spricht dies aber gerade nicht für eine Fortsetzung der nannten Länder ist die Einhaltung von Sozial- und Um-
Geschäftsbeziehung im Sinne einer positiven Einfluss- weltstandards keineswegs immer selbstverständlich.
nahme. Gerade in solchen Fällen, wo ein Unternehmen Der Konzern ist Mitglied im Global Compact und hat
mangels Hebelwirkung Menschenrechtsverstöße durch sich zu den Grundsätzen der Allgemeinen Erklärung der
ein anderes Unternehmen nicht verhindern kann, emp- Menschenrechte der Vereinten Nationen und den Kern-
fehlen die UN-Leitprinzipien in Prinzip 19, die Beendi- arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation
gung einer Geschäftsbeziehung zu erwägen. (ILO) bekannt. Thyssenkrupp befasst sich zudem ver-
Aurubis hebt zudem hervor, dass die Verantwortung stärkt mit Nachhaltigkeitsaspekten in der Lieferkette und
für die Einhaltung der Menschenrechte und Umwelt- hat hierzu einen Verhaltenskodex formuliert. Dieser ent-
standards nicht alleine bei Aurubis liege, sondern auch hält klare Erwartungen an seine Lieferanten in Bezug auf
bei anderen Akteuren der Lieferkette, die sich selbst ei- ökologische und soziale Mindeststandards, welche die
ner nachhaltigen Förderung verpflichtet haben.144 Dies Einhaltung dieser Prinzipien schriftlich bestätigen müs-
stimmt zwar, jedoch kommt dem Konzern durch seine sen. Bei Nichteinhaltung oder Verstößen kann es auch
Importtätigkeit eine zentrale Rolle in der Lieferkette zu einer außerordentlichen Kündigung des Vertragsver-
zu, da weiterverarbeitende Unternehmen sich auf die hältnisses kommen.147 Thyssenkrupp berichtet zudem:
Angaben Aurubis bezüglich der menschenrechtlichen „…in den Unternehmensbereichen, in denen wir [Anm.
Unbedenklichkeit seiner Kupferprodukte verlassen des Autors: Thyssenkrupp] selber Rohstoffe beziehen
müssen und kaum Möglichkeiten haben, die Herkunft oder handeln, analysieren wir die Herkunft der Rohstof-
ohne Offenlegung der einzelnen Minen durch Aurubis fe und evtl. damit einhergehende potenzielle Nachhal-
zu überprüfen. In den letzten Jahren hat sich Aurubis tigkeitsrisiken. Bei erhöhtem Risiko wird bei dem betref-
zunehmend mit der Bergbauproblematik in Peru be- fenden Lieferanten ein Nachhaltigkeitsaudit durch ein
schäftigt, jedoch keine Hinweise auf Verstöße in den unabhängiges Unternehmen durchgeführt, um eventu-
Abbaustätten der eigenen Lieferanten erkennen kön- elle Abweichungen zu unseren Erwartungen bzgl. Min-
nen. Zwar haben beispielsweise peruanische Nichtre- deststandards festzustellen. Werden Abweichungen fest-
gierungsorganisationen den Konzern auf Menschen- gestellt, so werden Aktionspläne vereinbart, die zu fest
rechtsverletzungen und Umweltprobleme im Umfeld vereinbarten Zeitpunkten umgesetzt werden müssen.“ 148
von Kupferminen hingewiesen, Aurubis gibt jedoch an, Thyssenkrupp gibt an, alle direkten Rohstofflieferanten
dass „die angesprochenen Lieferstätten […] kein Be- regelmäßig auf Risiken zu analysieren. Allerdings ist auf-
standteil der primären Rohstoffversorgung von Aurubis“ grund der Intransparenz nicht überprüfbar, inwieweit die
seien. Eine Überprüfung dieser Aussage seitens der genannten Audits den methodischen Anforderungen
41
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
der UN-Leitprinzipien an Partizipation, Transparenz und hen, die Herkunft der Rohstoffe nicht zu beantworten ist.
Sorgfalt gerecht werden, zu welchen Ergebnissen sie ge- Damit ist auch bei Thyssenkrupp nicht auszuschließen,
langen und welche Konsequenzen der Konzern aus den dass der Konzern Rohstoffe verarbeitet, bei deren Abbau
festgestellten Problemen zieht. Insgesamt hat sich der Umwelt zerstört oder Menschenrechte verletzt werden.
Konzern als Ziel gesetzt, jährlich 100 Sustainability Sup- Die Tatsache, dass Thyssenkrupp einen nicht unerhebli-
plier Audits durchzuführen. Im Geschäftsjahr 2015/2016 chen Teil des Eisenerzes aus der in Kapitel 5.2. beschrie-
wurden 185 Audits durchgeführt.149 Der Konzern erklärt, benen Carajás-Mine in Brasilien bezieht, wirft die Frage
dass bei der Vielzahl seiner Produkte und Erzeugnisse, auf, inwieweit aus den Risikoprüfungen auch die ange-
die aus unzähligen Materialien und Werkstoffen beste- messenen Schlüsse gezogen werden.
6.4. Ökostromanbieter
Foto: Fotolia/moquai86
Ein weiteres Glied in der Kette der erneuerbaren Ener-
gien sind Unternehmen wie NATURSTROM, Greenpeace
Energy oder EWS Schönau, die Ökoenergie liefern und
Ökostromanlagen betreiben. Naturstrom und Green-
peace Energy haben den Fragebogen von MISEREOR
beantwortet.
Auch NATURSTROM betont wiederholt die Rolle als
Betreiber und nicht als Hersteller von Windenergie- oder
PV-Anlagen. Das Unternehmen legt großen Wert vor al-
lem auf Nachhaltigkeit, aber auch auf Menschenrechte
und die ILO-Kernarbeitsnormen. Gleichzeitig nennt das
Unternehmen nur wenige Maßnahmen, die der Einhal-
tung und Überprüfung dieser Standards dienen sollen.
NATURSTROM achtet vor allem bei neuen Geschäfts-
partnern auf deren Einhaltung: „In der Vergangenheit
wurde bereits die Zusammenarbeit mit Unternehmen
abgelehnt, von denen uns derartige Verletzungen be- Bezug auf Menschenrechte noch Verbesserungsbedarf.
kannt waren.“ 150 Der eigene Verhaltenskodex der Energiegenossenschaft
Auch NATURSTROM delegiert die Verantwortung da- bezieht sich nicht explizit auf Menschenrechte im Zu-
mit weitgehend auf andere Akteure: „Grundsätzlich lässt sammenhang mit den eigenen Aktivitäten. Zwar will
sich darüber hinaus sagen, dass wir als mittelständisches Greenpeace Energy alle Produkte von Anbietern bezie-
Unternehmen […] nur geringen Einfluss auf die Herstel- hen, „die sich an die ILO-Kernarbeitsnormen halten“,
lerunternehmen ausüben können.“ 151 Dies ist zwar nicht allerdings stellt das Unternehmen selbst fest: „Dies
von der Hand zu weisen, jedoch tragen die UN-Leitprinzi- nachweisbar zu gewährleisten ist gerade bei kleineren
pien dieser Problematik Rechnung, indem sie festhalten, Anschaffungen nicht immer ohne erheblichen Aufwand
dass die zu treffenden Gegenmaßnahmen unter anderem möglich.“ 152 Verträge enthalten bei Greenpeace Ener-
der Größe des betreffenden Unternehmens angemessen gy auch keine Klauseln zur Einhaltung von Menschen-
sein müssen. Um die Hebelwirkung („leverage“) zu stei- rechten und menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht. Im
gern, legen sie den Unternehmen zugleich aber nahe, Nachhaltigkeitsbericht von Greenpeace Energy wird die
gemeinsam mit anderen Akteuren – wie Unternehmen, Lieferantenauswahl sowohl hinsichtlich nachhaltigen
staatlichen Akteuren und zivilgesellschaftlichen Orga- Wirtschaftens und Transparenz als auch der Bekämp-
nisationen – Initiativen zu ergreifen. Zudem stellen sie fung von Umweltauswirkungen als sehr wesentlich für
klar, dass eine mangelnde Hebelwirkung kein Unterneh- GPE selbst sowie für die Stakeholder eingestuft. Hin-
men davon entbindet, sich mit den Risiken und Folgen gegen seien das Arbeitnehmerumfeld (Arbeitnehmer-
seiner Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen überhaupt Arbeitgeber-Verhältnis, Arbeitssicherheit) und Men-
zu beschäftigen. schenrechte (Einkaufsrichtlinien, Bewertung der Lie-
Auch Greenpeace Energy (GPE), Lizenznehmer der feranten hinsichtlich der Menschenrechte) in der
Umweltschutzorganisation Greenpeace e. V., hat in Wesentlichkeitsmatrix nur als wesentlich für GPE und
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6. Rohstoffherkunft, Menschenrechtsverletzungen und Unternehmensverantwortung
Stakeholder eingestuft, stehen also nicht im unmit- gegenüber MISEREOR angegeben, menschenrechtliche
telbaren Gewichtungsvordergrund. Dennoch droht Risikoanalysen oder gar tiefergehende menschenrecht-
auch Greenpeace Energy bei Nichteinhaltung der Men- liche Folgenabschätzungen durchzuführen. Die meisten
schenrechte mit Beendigung der Zusammenarbeit befragten Unternehmen, insbesondere die PV- und Wind-
mit dem entsprechenden Geschäftspartner. Ein weite- anlagenhersteller, scheinen keinen Überblick zu haben,
res Problem bei Greenpeace Energy ist die Nachverfol- woher ihre Rohstoffe stammen und noch weniger, unter
gung der Lieferkette: „Die Herkunft der Rohstoffe ken- welchen Bedingungen diese abgebaut wurden. Manche
nen wir im Detail nicht.“ Jedoch schließt Greenpeace Unternehmen geben zwar die Länder an, woher sie Roh-
Energy, dass „nachhaltiges Wirtschaften [...] auch die stoffe beziehen, auf eine Auflistung der Minen wird aller-
konkrete Prüfung der gesamten Wertschöpfungskette“ dings verzichtet. Dies wäre allerdings unabdingbar, um
bedeute. „Dieser Verantwortung sind wir [Anm. des Au- zum Beispiel Betroffene von Menschenrechtsverletzun-
tors: Greenpeace Energy] uns bewusst und werden in gen im Umfeld von Bergbauvorhaben eine bessere Mög-
den kommenden Jahren unsere Lieferkette hinsichtlich lichkeit einzuräumen, sich direkt an jene Unternehmen
gesellschaftlicher und menschenrechtlicher Kriterien – zu wenden, die die Rohstoffe verarbeiten beziehungs-
auch beim Bau von Kraftwerksanlagen – noch intensi- weise sich am Ende der Wertschöpfungskette befinden.
ver prüfen.“ 153 Die Unternehmen neigten in der Befragung dazu, auf
die eigene, geringe Reichweite zu verweisen oder die Ver-
Fazit der Befragung antwortung an andere Akteure zu delegieren. Tatsäch-
Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass viele Un- lich tragen aber alle Akteure entlang einer Kette Verant-
ternehmen auch im Bereich der erneuerbaren Energien wortung. Nicht zuletzt stehen allen voran die Staaten
begonnen haben, sich zu ihrer menschenrechtlichen Ver- völkerrechtlich in der Pflicht, die Menschenrechte auch
antwortung zu bekennen sowie erste Schritte zur Wahr- im Wirtschaftsgeschehen zu achten, zu schützen und zu
nehmung ihrer Sorgfaltspflichten unternommen haben. gewährleisten, was jedoch nicht die Unternehmen von
So sind Nachhaltigkeitskriterien sowohl den Herstellern ihrer eigenen menschenrechtlichen Verantwortung und
von Windkraft- und PV-Anlagen als auch den Zulieferern Sorgfaltspflicht entbindet.
oder Ökostromanbietern nach eigenen Angaben ein sehr Das Prinzip der „gebotenen menschenrechtlichen
wichtiges Anliegen. Ebenso positiv ist, dass viele Firmen Sorgfalt“ („human rights due diligence“), wie es in den
– auch kleine und mittelständische – sich zu sozialer UN-Leitprinzipien und anderen internationalen Stan-
und ökologischer Verantwortung bekennen. Zahlreiche dards vorgesehen ist, wird demnach von den meisten
Unternehmen engagieren sich zudem gesellschaftlich in Unternehmen bislang nicht ausreichend oder gar nicht
Deutschland, viele global agierende auch im Ausland. umgesetzt. Für eine Energiebranche, die für saubere Ener-
Bedeutende Konzerne wie Aurubis, Thyssenkrupp, Ves- gie und Nachhaltigkeit steht, ist dies ein großes Manko.
tas, SMA oder Siemens sind Mitglied im Global Compact Sicherlich ist die Wertschöpfungskette „vom Erz bis zur
der Vereinten Nationen und bekennen sich damit öffent- Photovoltaik- oder Windkraftanlage“ komplex. Demnach
lich zu den Menschenrechten. Andere große Firmen wie ist die Offenlegung einer Wertschöpfungskette, insbe-
Enercon, Solarworld oder Nordex nehmen in ihrem Code sondere aber die Umsetzung von menschenrechtlicher
of Conduct (Verhaltenskodex) Bezug auf den Schutz der Sorgfaltspflicht zeitintensiv und ebenfalls mit Kosten
Menschenrechte. Manche Unternehmen wie Aurubis, verbunden. Allerdings beschäftigen sich heute auch
AEG Power Solutions, Thyssenkrupp oder Siemens ge- kleine und mittelständische Firmen wie Nager IT oder
hen noch einen Schritt weiter und fordern von Lieferan- Fairphone mit ihrer Wertschöpfungskette bezüglich Her-
ten und Vertragspartnern, dass Sozial- und Umweltstan- kunft der Rohstoffe sowie Arbeits- und Zuliefererbedin-
dards eingehalten werden. gungen. Manche Lieferketten sind außerdem durchaus
Andererseits zeigt sich aber auch, dass Unterneh- überschaubar und demzufolge recht einfach zu kontrol-
men erst damit beginnen, die Verantwortung innerhalb lieren. Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht ist folglich
einer globalen Wertschöpfungskette anzuerkennen. De- machbar und vor allem absolut erforderlich – auch für
ren Überprüfung und Einhaltung findet bislang äußerst die Solar- und Windenergieindustrie. Zu Recht äußert
lückenhaft statt. Nur wenige Hersteller und Zulieferer auch die Bundesregierung in ihrem nationalen Aktions-
von Windenergieanlagen und PVA nehmen bislang ihre plan vom Dezember 2016 die Erwartung, dass alle in
menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang der Deutschland ansässigen Unternehmen ihre menschen-
Wertschöpfungskette wahr, wie sie in den UN-Leitprin- rechtlichen Sorgfaltspflichten wahrnehmen, wie sie in
zipien für Wirtschaft und Menschenrechte und in ande- den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrech-
ren Standards gefordert werden. Kein Unternehmen hat te beschrieben werden.154
43
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
7. Fazit
Es ist unstrittig, dass die erneuerbaren Energien über zu Strom – dies entspricht zirka 15 % der globalen Be-
das riesige Potenzial verfügen, um tatsächlich den welt- völkerung.155
weiten Energiebedarf zu decken. Entsprechend werden Die Zunahme von Energie aus Wind, Sonne, Biomas-
in Zukunft die Anteile der erneuerbaren Energieträger an se oder Wasser ist also aus klimatischer, entwicklungs-
der Energieversorgung weiter stark an Bedeutung gewin- politischer sowie wirtschaftlicher Sicht nur folgerichtig
nen. Dies ist eine sehr wichtige Entwicklung, denn eine und enorm wichtig.
Abkehr vom Verbrauch fossiler Energieträger hin zu er- Wie die vorliegende Studie zeigt, hat der Boom der er-
neuerbaren ist unabdingbar, und je mehr Energie aus neuerbaren Energien jedoch auch einen problematischen
regenerativen Quellen zur Verfügung steht, desto weni- Nebeneffekt, der unsere Aufmerksamkeit verlangt: die
ger Kohle, Erdgas und Erdöl müssen die Länder fördern, erhöhte Nachfrage nach verschiedenen Metallen, welche
exportieren, importieren und verbrauchen. ohnehin schon bei anderen Wirtschaftszweigen, wie der
Die erneuerbaren Energien werden außerdem in Zu- Automobilbranche oder der Elektroindustrie, begehrt
kunft einen bedeutenden Beitrag zur kostengünstigen sind. Während durch die Energiewende der Bedarf an
und dezentralen Energieversorgung der Menschen in fossilen Rohstoffen zur Energieproduktion auf Dauer ge-
den armen Regionen der Welt leisten. Noch immer ha- senkt werden wird, wird für den Bau von Windkraft- und
ben mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang Photovoltaikanlagen – gemessen an der produzierten
44
7. Fazit
Strommenge – anfänglich jedoch mehr Stahl, Alumini- Abbaubedingungen der Rohstoffe viel zu wenig Beach-
um, Kupfer und Zement benötigt, als das bei Kraftwerken tung geschenkt. Recherchen und die Umfrage bei ausge-
auf Basis fossiler Energieträger der Fall ist. Die Nachfrage wählten Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren
nach diesen Rohstoffen wird daher mit Voranschreiten Energien haben gezeigt, dass die menschenrechtliche
der Energiewende kontinuierlich steigen. Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Produktions- und
Bislang wird diese Problematik hauptsächlich unter Lieferkette von den allermeisten Unternehmen nicht
dem Gesichtspunkt diskutiert, ob die verfügbaren Metal- ausreichend umgesetzt wird. Diese fehlende Umset-
le für die zur Begrenzung des Klimawandels notwendige zung steht im Widerspruch zu den UN-Leitprinzipien
globale Energiewende ausreichen. Zu wenig Beachtung für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leit-
finden hingegen die mit dem Rohstoffabbau verbunde- linien für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht. Mit dieser
nen menschenrechtlichen und ökologischen Probleme. Verantwortung und den daraus resultierenden Heraus-
Dies verdeutlicht zunächst, dass auch Strom aus erneu- forderungen müssen sich auch die Unternehmen in den
erbaren Quellen ökologisch wie sozial nicht zum Nullkos- Wirtschaftssektoren der Solar- und Windenergie intensiv
tentarif zu haben ist. Auch grünes Wachstum hat seine auseinandersetzen. Letztlich trägt jedes Unternehmen
Schattenseiten und ist nicht der makellose Königsweg eine Verantwortung dafür, Menschenrechte zu achten
aus der globalen Umweltkrise. und für deren Einhaltung entlang der gesamten Wert-
Wir werden nicht umhinkommen, unsere Produk- schöpfungskette Sorge zu tragen. Dies erscheint umso
tions-, Verteilungs- und Konsummuster grundlegender wichtiger, da im Zuge der beschriebenen Entwicklungen
zu transformieren, um nicht nur unser Klima, sondern die meisten Länder – und so auch Deutschland – in Zu-
auch unsere natürlichen Ressourcen sowie die Rechte kunft immer mehr auf erneuerbare Energieträger setzen
der Menschen zu schützen, die von und/oder im Umfeld werden. Grüne Technologien und regenerative Energien
dieser Ressourcen leben. Notwendig ist eine grundlegen- müssen entlang der gesamten Produktions- und Liefer-
de Transformation im Bereich der Mobilität ebenso wie kette transparenter und vor allem sozial- und umwelt-
des Konsums, der Produktion von Elektroartikeln aller Art verträglich werden.
und letztlich auch im Hinblick auf unseren Energiever-
brauch. Zumindest in den bereits hoch industrialisierten
Ländern wird insgesamt eine Wachstumsrücknahme un-
umgänglich sein, um zum einen Klima, Ressourcen und
Menschenrechte zu schützen und zum anderen auch
ökologische Freiräume für die notwendige wirtschaft-
liche Entwicklung in bisher benachteiligten Weltregio-
nen zu schaffen.
Handlungsbedarf besteht aber auch für die Branche
der erneuerbaren Energien. Beim Abbau von Rohstof-
fen kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverlet-
zungen, gewaltsamen Konflikten und gravierenden Um-
weltschäden, wie die Fallbeispiele aus Afrika, Asien und
Lateinamerika dokumentieren. Die Mehrzahl aller Men-
schenrechtsverstöße ereignet sich in Entwicklungs- und
Schwellenländern. Damit liegt es durchaus nahe, dass
auch die deutsche Wind- und Solarindustrie Metalle ver-
wendet, die unter Verletzung ökologischer, sozialer oder
menschenrechtlicher Mindeststandards abgebaut und
verarbeitet werden.
Zwar beschäftigen sich in Deutschland viele Unterneh-
men in der Wind- und Photovoltaikindustrie intensiv mit
Nachhaltigkeitskriterien, handeln umweltbewusst und
engagieren sich sozial, aber dennoch wird hierbei der
Wertschöpfungskette speziell hinsichtlich Herkunft und
45
Rohstoffe für die Energiewende – Menschenrechtliche und ökologische Verantwortung in einem Zukunftsmarkt
8. Empfehlungen
An Unternehmen der Solar- und Windkraftindustrie:
Die Akteure der Wind- und Solarindustrie – allgemein Das Recycling von alten PV-Modulen oder Komponenten
alle Branchen der erneuerbaren Energien – müssen sich aus Windkraftanlagen ist von großer Bedeutung, und
mit ihrer Wertschöpfungskette auseinandersetzen und hier gibt es sowohl in der Branche der Wind- wie auch
menschenrechtliche Sorgfaltspflicht entlang der gesam- Solarindustrie zahlreiche Unternehmen, die sich auf die
ten Kette walten lassen. Weder die Konsumenten noch Rücknahme oder Entsorgung sowie insbesondere auf
die Unternehmen selbst sind daran interessiert, Produk- das Recycling von Anlagenbestandteilen spezialisiert
te, die unter menschenrechtlich bedenklichen Bedingun- haben. Weiterhin notwendig ist jedoch die Verbesse-
gen hergestellt werden, zu erwerben oder zu vertreiben. rung der Recyclingverfahren. Diese weisen hinsichtlich
Das Problem an der Wurzel zu bekämpfen, nämlich durch des Glases und der Aluminiumrahmen zum Beispiel von
konsequente Kontrollen der Unternehmen in ihrer Liefer- Solarmodulen schon eine hohe Effizienz auf. Silizium,
kette, stellt dabei den sinnvollsten Weg dar. Aus diesem Tellur, Indium, Seltene Erden und viele andere wertvol-
Grund sollten Unternehmen die Anforderungen der UN- le Rohstoffe gehen bislang dennoch meist verloren. Die
Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte erfül- späteren Recyclingmöglichkeiten sind davon abhängig,
len, nämlich welche Stoffe und Verbindungen in den Produkten ein-
gesetzt werden. Deshalb ist es wichtig, bereits bei der
• die Grundsatzerklärungen oder Verhaltenskodizes der Entwicklung eines Produktes die Eignung zur späteren
Unternehmen im Einklang mit den UN-Leitprinzipien Wiederaufbereitung miteinzubeziehen.
für Wirtschaft und Menschenrechte überarbeiten; Des Weiteren müssen die Akteure der Windkraft- und
Solaranlagenindustrie ihre Bemühungen hinsichtlich
• systematisch die Herkunft der verwendeten (Haupt-) neuer/alternativer Verbundstoffe und Installationsme-
Rohstoffe untersuchen. In diesem Zusammenhang thoden intensivieren, um auch hier eine Reduktion an
sollte auch geprüft werden, welche Unternehmen an Ressourcen, beispielsweise durch rahmenlose Solarmo-
der Lieferkette beteiligt sind, damit auch Schnittstel- dule, verbesserte Rückseitenkontaktierung, betonlose
lenverantwortlichkeiten transparent werden; Freiflächenaufständerung etc., zu erzielen.
46
8. Empfehlungen
An die Politik:
Verbindliche Sorgfaltsplicht („Due Diligence“): Men- Die dezentrale Energiewende muss weiter vorangetrie-
schenrechtliche Sorgfaltspflicht darf keine freiwillige An- ben werden, sowohl in Deutschland als auch weltweit,
gelegenheit für die Unternehmen sein, sondern muss in vor allem weil die dezentrale Stromerzeugung viele Vor-
nationalen Gesetzen vorgeschrieben werden. Die deut- teile mit sich bringt. Durch die Stromproduktion vor Ort
sche Gesetzgebung muss grundlegend dahingehend ver- kann der Transport durch das Hochspannungsnetz zum
ändert werden, dass alle Unternehmen ihre Lieferketten großen Teil umgangen werden. Das vermeidet unnöti-
mit der gebotenen Sorgfalt und nach den Kriterien der ge Übertragungsverluste durch Transformationen auf
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte Hochspan-nungsleitungen und macht die Stromerzeu-
überprüfen und kontrollieren. Das schützt neben den gung dadurch wesentlich effizienter. Durch eine welt-
Endverbraucher(inne)n hauptsächlich auch die Men- weite dezentrale Stromerzeugung wird es auch möglich
schen, die der Lieferkette zuarbeiten beziehungsweise sein, weit entlegene Siedlungen, die bislang nicht an das
diejenigen, die sich in den Regionen befinden, in de- öffentliche Stromnetz angeschlossen waren, mit selbst
nen die Rohstoffe abgebaut und verarbeitet werden. Die erzeugter Energie zu versorgen. So kann in Dörfern, die
Bundesregierung sollte sich daher für folgende Punkte ihren Energiebedarf mit Batterien oder Kerosin bislang
einsetzen: nicht ausreichend decken konnten, ein autarkes Strom-
netz auf Basis von Solaranlagen dabei helfen, die nötige
• Eine gesetzliche Verankerung menschenrechtlicher Menge Strom zu generieren.
Sorgfaltspflichten für deutsche Unternehmen; Der Energieverbrauch muss reduziert werden, um Res-
sourcen einzusparen und einen nachhaltigeren Lebens-
• Eine Nichtanwendung der Sorgfaltspflicht seitens der stil zu führen. Damit dies gelingt, muss auch ein nachhal-
Unternehmen sollte rechtliche Konsequenzen haben tigerer Lebens- und Konsumstil angestrebt werden. Das
(zum Beispiel Bußgelder). Im Schadensfall sollten betrifft sowohl die Wirtschaft als auch die Bevölkerung,
Unternehmen auch vor deutschen Zivilgerichten be- die beide erhebliche Einsparungspotenziale in Bezug
langt werden können, wenn die Schäden für sie vor- auf Energie- und Rohstoffverbrauch haben. Die Politik
hersehbar und mit zumutbaren Maßnahmen hätten wiederum muss verbindlichere Ziele zur Energieeinspa-
abgewendet werden können; rung verabschieden und energiesparende Maßnahmen
in allen Sektoren finanziell fördern.
• Unternehmen, die ihre menschenrechtliche Sorgfalt Recycling und Ressourceneffizienz müssen gestei-
missachten, sollten vorübergehend von der Außen- gert und durch politische Maßnahmen unterstützt und
wirtschaftsförderung und öffentlichen Aufträgen aus- gefördert werden. Cradle-to-Cradle-Verfahren oder „Ur-
geschlossen werden. ban Mining“ müssen ebenfalls an Bedeutung gewinnen.
Die beiden Ideen zeigen, dass die Masse an wertvollen
Mittelfristig muss Deutschland den Ausstieg aus den Ressourcen, die bei uns tagtäglich keine Verwendung
fossilen Energien konsequent umsetzen und auf erneu- mehr finden, riesig ist. Sie sollen und können eine wich-
erbare Energien setzen. Deutschland hat sich mit der tige Rolle für unsere Wirtschaft spielen, da Abfallproduk-
Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens verpflichtet, te eine immense Quelle darstellen, die sinnvoll genutzt
die internationalen Klimaschutzziele umzusetzen und die werden sollte.
Treibhausgasemissionen stark zu reduzieren. So sollen
die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 % und bis 2050
um 80 bis 95 % gesenkt werden. Dafür ist der schnelle
Ausstieg aus der Kohleverstromung absolut notwendig,
denn die größten CO2-Emittenten sind Kohlekraftwerke.
Der Umstieg auf Wind-, Solar- und andere erneuerbare
Energiequellen ist deshalb unausweichlich und muss
von Deutschland als Vorreiter in Sachen Energiewende
in die Hand genommen werden.
47
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106 Kerkow & Feldt 2013, S. 17 en_fuer_wirtschaft_und_menschenrechte.pdf
107 Free Prior Informed Consent (FPIC) wurde in der ILO- 127 Fragebogen Nordex, S. 1
Konvention (International Labour Organisation)169 und
128 Fragebogen Nordex, S. 1
in der UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker
festgeschrieben, es ist zudem in einigen Ländern, wie 129 Fragebogen Nordex, S. 3
in Peru, gesetzlich verankert. FPIC garantiert indigenen
130 Fragebogen Enercon, S. 1
Völkern, dass sie in alle sie betreffenden Entscheidungen
miteinbezogen werden. Indigene Völker müssen damit 131 Fragebogen Enercon, S. 2
von Beginn an über alle Projektstadien informiert werden
132 Fragebogen Enercon, S. 3
und geplante Bergbauprojekte dürfen demnach
auf ihrem Territorium nur dann realisiert werden, wenn 133 https://www.vestas.com/~/media/vestas/investor/
sie im Voraus und aus freien Stücken ihre Zustimmung investor%20pdf/financial%20reports/2015/
gegeben haben. fy/160209_ca_uk_annual%20report%202015.ashx
125 http://bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/oecd-
leitsaetze-fue r-die-erfuellung-der-sorgfaltspflicht,
property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=
true.pdf
54
Über MISEREOR
MISEREOR ist das Werk für Entwicklungszusam-
menarbeit der deutschen Katholikinnen und Katho-
liken für die Armen in den Ländern des Südens. Es
tritt für die Schwachen und Benachteiligten ein –
ungeachtet ihrer Religion, Herkunft, Hautfarbe und
ihres Geschlechts.
MISEREOR-Projekte fördern die Hilfe zur Selbst-
hilfe, sodass die Menschen nicht dauerhaft von Un-
terstützung abhängig sind. Daher berät und fördert
MISEREOR Kleinbauern, setzt sich für Menschen-
rechte ein, bildet Jugendliche in zukunftsfähigen
Berufen aus und unterstützt Kleingewerbe mit Mi-
kro-Krediten. Bei der Projektarbeit baut MISEREOR
ganz auf seine lokalen Partner. Diese Organisatio-
nen, Gemeinden oder Selbsthilfegruppen bringen
ihr Engagement ein und genießen das Vertrauen
der Betroffenen. Gemeinsam mit ihnen gestalten
sie die Entwicklung vor Ort und werden dabei von
MISEREOR beraten und finanziell unterstützt. So ist
sichergestellt, dass die Projekte an die Bedürfnisse
und Lebensweisen der Menschen angepasst sind.
MISEREOR bekämpft nicht nur Armut, Hunger
und Unrecht, sondern auch ihre Ursachen. Als po-
litische Lobby der Benachteiligten setzt sich MISE-
REOR gegen unfaire Handelsbedingungen auf dem
Weltmarkt ein, hinterfragt die Wirtschaftspolitik in
Europa wie auch in anderen Weltregionen auf ihre
Folgen für die Armen hin und prangert ungerechte
Gesellschaftsstrukturen in Entwicklungsländern an.
Klimaschutz und Menschenrechte sind dabei für
MISEREOR grundlegende Kriterien.
55
Bischöfliches Hilfswerk
MISEREOR e.V.
Mozartstraße 9
52064 Aachen