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Technische Universität München

Pharmazeutische Technologie
und Biopharmazie
3.  Biopharmazie

1
Technische Universität München

Einleitung
•  Lehre von der Beeinflussung der Wirksamkeit eines
Wirkstoffs durch die Arzneiform
–  Verhalten des Arzneimittels im Körper unter Einbeziehung von
Wirkstoff- und Arzneiformeigenschaften
–  pharmakokinetische Aspekte
–  Untersuchungen zu den Applikationsorten
–  Vorhersagen mittels Labormethoden
–  Vergleich von unterschiedlichen Arzneimitteln, die den gleichen
Wirkstoff enthalten
–  Vergleich von Laborergebnissen und realen
Patientenmesswerten

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Technische Universität München

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Biopharmazie e
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Biopharmazie, Dr. Caren 3. Biopharmazie 3
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Pharmakokinetik
•  Lehre von der Freisetzung, Aufnahme, Verteilung,
Verstoffwechselung und Ausscheidung von Arzneistoffen im
Körper, sowie deren Messung
•  Englisch: „LADME“
–  Liberation
–  Absorption
–  Distribution
–  Metabolism Vfa.de

–  Excretion
•  Ziel ist die Abschätzung ob, wann, wieviel und wie lange Wirkstoff
am Wirkort vorliegt
•  Merksatz „Was macht der Körper mit dem Wirkstoff?“

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Pharmakodynamik
•  Lehre von Rezeptor-Wirkstoff-Wechselwirkungen
–  Pharmakologische Wirkung
–  Toxikologische Wirkung /
Nebenwirkung
–  Antagonisierung mit
Gegenmitteln
–  Dosis-Wirkungs-Kurven
–  Teilgebiet der Pharmakologie

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•  Merksatz „Was macht der Wirkstoff mit dem Körper?“

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Von der Einnahme bis zur Wirkung Technische Universität München

Pharmazeutische
Phase
Applikation

Zerfall der Arzneiform &


Auslösung der Wirkstoffe

Pharmakokinetische
Phase

Absorption Biotransformation

Ausscheidung
Speicherung Verteilung

Wirkort
Pharmakodynamische
Phase

Pharmakologischer
Effekt (Wirkung)

Klinische Wirkung Toxische Wirkung


(Wirksamkeit) (Nebenwirkungen)

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Freisetzung („Liberation“)
•  Auflösen eines Arzneistoffes aus der Arzneiform, so dass er in
einer resorbierbaren Form vorliegt
•  Bei vielen festen Arzneiformen muss vor der Freisetzung der
Zerfall der Arzneiform, also das Aufteilen der Arzneiform in Partikel
<2mm, erfolgen.
•  Sowohl für die Zerfallsprüfung als
auch für die Freisetzungsprüfung
gibt es strenge Vorgaben des
Arzneibuches an Geräte, Test-
bedingungen, Puffer, etc.

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Freisetzungsgeräte
•  Blattrührer- / Paddle-Apparatur /
Apparatur II
–  Meist genutztes Gerät zur Messung von
festen Arzneiformen
–  Qualitätskontrollinstrument für fast alle
modifizierten Freisetzungsschemata

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Paddle-Apparatur
•  Die zu prüfende Arzneiform wird in einem auf 37°C
temperiertem Puffer unter Rühren – wenn möglich –
aufgelöst und zu definierten Zeitpunkten die Arzneistoff-
konzentration im Medium gemessen.
•  Dimensionen der Bechergläser (Rundboden) und Rührer, sowie
Rührer-“Wobble“ sind festgelegt.
•  In der Regel werden nur Puffer, die im Arzneibuch zu finden sind,
verwendet.
•  Die Arzneistoffkonzentration kann online (gekoppelte UV-VIS-
Spektroskopie, Fibre-Optik, o.ä.) oder offline (HPLC, o.ä.) erfolgen.
•  Man erhält kumulative Kurven der Arzneistoff-
konzentration gegen die Zeit.
•  Für aufschwimmende Arzneiformen:
–  „Sinker“, die die Arzneiform beschweren
–  Drehkörbchen / Apparatur I

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Freisetzungsergebnisse
•  Beispielhafte Kurven

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Freisetzungsgeräte
•  USP IV / Durchfluss-Apparatur
–  Ausweichgerät, wenn Paddle ungeeignet
–  Für Zäpfchen, Pellets, schwimmende Arznei-
formen

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Durchflussapparatur
•  Gerät kann im Kreislauf oder im offenen System
betrieben werden.
–  Im geschlossenen System werden kumulative Kurven, die vergleichbar zur
Paddleapparatur sein können, erhalten.
–  Im offenen System misst man die aktuell gelöste Arzneistoffmenge gegen die
Zeit und muss dann kumulieren.

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Durchflussapparatur
•  Verschiedenen Zellen für verschiedene Arzneiformen
–  Zäpfchen
–  Implantate
–  Tabletten und Kapseln
–  Pulver

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Spezielle Apparaturen
•  Franz-Zelle
–  Diffusion durch eine
permeable Membran (Schweinehaut)
–  Vor allem für Dermatika
•  BioDiss
–  Probe wird nacheinander
in verschiedene
Bechergläser getaucht
–  pH-Profile
•  TIM-Model
–  Mehrkompartment-Modell
–  Peristaltik, Scherung, Enzyme,
Dialysemembranen
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Puffersysteme
•  Verdünnte Salzsäure
•  Acetat- und Phosphatpuffer
•  Simulated Gastric Fluid USP
•  Fasted State Simulated Intestinal Fluid (FaSSIF)
•  Fed state Simulated Intestinal Fluid (FeSSIF)

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Zielsetzung von Freisetzungsuntersuchungen

•  Beurteilung von unterschiedlichen Rezepturen eines


Arzneistoffes
–  Entwicklungs-Tool
•  Vergleich von Chargen eines Herstellungsganges
–  Qualitätskontrollinstrument
•  Versuch der Vorhersage von Freisetzung im
menschlichen Körper
–  Leider nicht immer machbar

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Beurteilung von Freisetzungskurven


•  Ein-Punkt-Betrachtungen
–  75% freigesetzt nach 30 min
–  90% freigesetzt nach 6 Stunden
•  Mehr-Punkt-Betrachtungen
–  Beschreiben ein Profil etwas genauer
•  Dissolution Efficiency
–  Berücksichtigt die ganze Kurve
–  Drückt Freisetzung in einem prozentualen Wert aus
t

∫ y • dt
0
Dissolution Efficiency = •100%
y100 t

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Dissolution Efficiency
•  Beispiele

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Vergleich von Freisetzungskurven


•  Difference Factor
(F1 Wert)

•  Similarity Factor
(F2 Wert)

•  Bewertung

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Beispiel Technische Universität München

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Vergleich von Freisetzungskurven


•  Mittlere Auflösungszeit MDTvitro ABC
MDTvitro =
–  ABC: area between the curves Y
–  Y: gelöste Wirkstoffmenge
•  Mean Residence Time MRTvivo MRTvivo =
ABC
€ AUC
–  AUC: area under the curve

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Sonderform von Freisetzungsuntersuchungen:


Intrinsic dissolution
•  Freisetzungsrate bezogen auf eine definierte
Oberfläche [mg/ml*min]
•  Der Einfluss der Partikelgröße eines Arzneistoff bzw.
des Zerfalls der Arzneiform wird eliminiert.
•  Zur Charakterisierung von unterschiedlichen
Arzneistoffmodifikationen oder Arzneistoffsalzen
•  Man erhält im besten Fall eine initial lineare
Freisetzung, aus dessen Steigung man die Intrinsic
dissolution berechnet.

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Absorption (= Resorption)
•  Durchtritt des Arzneistoffes durch eine biologische Membran und
darauffolgender Eintritt in den Blutkreislauf
•  Nur gelöster Arzneistoff kann aufgenommen werden.
•  Die Löslichkeit des Arzneistoffes in den unterschiedlichen
physiologischen Medien spielt eine Rolle.
•  Die Mediummenge und –zusammensetzung (Magensaft,
Darmsaft, Blut, Speichel,...), die lokal vorliegt, muss
berücksichtigt werden.
•  Die Oberfläche, die zur Absorption bereit steht, ist im Gastro-
Intestinal-Trakt stark unterschiedlich.
•  Die Verweildauer an jedem Epithel ist auch stark unterschiedlich.
•  Daher ist die Absorption eines Arzneistoffes in jedem Abschnitt
des Verdauungstraktes unterschiedlich wahrscheinlich.

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Absorptionsorte

Mundraum 0,02m2
Magen 0,1 – 0,2m2
Dünndarm 100 – 200m2
Dickdarm 0,5 – 1m2
Rektum 0,04 – 0,07m2

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Absorptionsorte

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Freisetzung und Absorption


•  Biopharmaceutical Classification Scheme
–  Kombination der Parameter Freisetzungsverhalten (konkret
hier: Löslichkeit) und Absorptionsverhalten (hier: Permeabilität)
à Kompakte Beschreibung des Verhaltens von Arzneistoffen

–  Kriterium für Löslichkeit


•  Löst sich eine Dosis in 250ml Magensaft, gilt sie als gut
löslich.
–  Kriterium Permeabilität
•  Liegt die Permeabilität im Caco2-Modell >10-5 cm/sec, gilt
sie als gut permeabel.

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Caco-2-Zellen
•  Humane colonrektale Adenocarcinom Zelllinie, die in
Zellkultur einen Monolayer ausbildet.
•  Sie hat eine basale und apikale Seite (mit Zotten),
bildet Tight Junktions aus und dient zur Vorhersage
von Permeation durch die menschliche Darmwand.
•  Die Permeabilität durch Caco-2-Zellen wird in cm/sec
angegeben.
•  Aussagekraft wird diskutiert.
•  Exemplarischer Vorschlag zur Klassifizierung
–  < 1 × 10–6 cm/sec à schlecht permeabel (0–20%)
–  1–10 × 10–6 cm/ sec à mäßig permeabel (20–70%)
–  > 10 × 10–6 cm/sec à gut permeabel (70–100%)
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Caco-2-Zellen

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Biopharmaceutical Classification Scheme


(BCS)

Schlechte
Gute Löslichkeit
Löslichkeit

Gute Permeabilität BCS I BCS II

Schlechte
BCS III BCS IV
Permeabilität

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Plasmaprofile im Vergleich zu Labordaten

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Plasmaprofile im Vergleich zu Labordaten

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Site-of-absorption Studien
•  Um den Ort der Absorption eines Arzneistoffe zu
ermitteln, können Absorptionsortstudien (site-of-
absorption studies) durchgeführt werden.
•  Es werden ferngesteuerte Kapseln eingesetzt, die
mittels Radiomarker während der Magen-Darm-
Passage sichtbar gemacht werden.
•  Sie können an vorher definierten Darmabschnitten
geöffnet werden.
•  Die Blutspiegelkurven werden dann miteinander
verglichen, um den Ort der geringsten oder besten
Absorption zu ermitteln.
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Site-of-absorption Studien

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Verteilung („Distribution“)
•  Kerngebiet der Pharmakokinetik
•  Arzneistoffe werden aus dem Verdauungstrakt
aufgenommen,
•  ... über den Blutkreislauf im Körper verteilt,
•  ... in Geweben angereichert,
•  ... aus anderen Geweben ausgeschlemmt,
•  ... in Abhängigkeit ihrer Löslichkeit, Hydro- oder Lipophilie,
•  ... und schließlich wieder ausgeschieden.

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LADME-System

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Pharmakokinetik

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Pharmakokinetik
•  Kompartiment
–  (fiktiver) Raum im Organismus, in dem eine homogene
Wirkstoffkonzentration vorherrscht
–  Arzneistoff diffundiert mit definierter Geschwindigkeitskonstante
k in das Kompartiment und aus ihm heraus.
–  Kompartimente sind z.B. Blut/Plasma, unterschiedliche Gewebe,
etc.
–  Man unterscheidet
•  Zentralkompartiment (Blut und Gewebe mit schnellem
Austausch), auch offenes Kompartiment genannt
•  geschlossene Kompartimente, mit denen ein langsamer oder
unvollständiger Austausch statt findet

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Menschliche
Kompartimente

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Pharmakokinetik
•  Halbwertzeit [h]
–  Zeit, in der sich die Arzneistoffkonzentration halbiert

•  Clearance [l/h]
–  Volumen an Blut/Plasma, aus dem der Wirkstoff in einer Stunde komplett
eliminiert wird.

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Blutspiegelkurven
•  Simultane Invasion und Elimination 1. Ordnung
•  Bateman-Funktion

k1 Invasionskonstante
k2 Eliminationskonstante

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Variation der Invasionskonstante


•  Entspricht Einfluss einer unterschiedlich schnellen Freisetzung aus der
Arzneiform
•  à bei Retardformen ausgenutzt

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Variation der Eliminationskonstante


•  Entspricht Einfluss einer unterschiedlich langsamen Ausscheidung des
Arzneistoffes
•  Bei sehr lipophilen Stoffen, die in tiefen Kompartimenten angereichert
werden
•  Gefahr der Kumulation!

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Pharmakokinetische Parameter
•  Verteilungsvolumen [l]
D
–  Fiktives Volumen, in dem die Dosis in Höhe der V =
c0
Plasmakonzentration gelöst ist.

•  Mean residence Time [h]


€MRT = 1,44 • t
–  Mittlerer Zeitraum, den ein 1/ 2
Arzneistoffmolekül im Körper verbringt
•  Alle bisherigen Kinetiken verlaufen erster Ordnung
•  Abweichungen davon sind €
–  Dauerinfusion à Invasion nullter Ordnung
–  Ethanol à Aufgrund der Sättigung der ADH generell Elimination nullter
Ordnung (0,15 %0 /h)
–  Enzymkinetik à Michaelis-Menten-Kinetik

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Michaelis-Menten-Kinetik
•  Geschwindigkeit abhängig von zwei
Stoffkonzentrationen:
•  Enzym und Arzneistoff à Reaktion 2. Ordnung

v: Reaktionsgeschwindigkeit v max • c s
Km: Michaelis-Menten-Konstante
v=
cs: Substratkonzentration
Km + cs


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Einfach- oder Mehrfachgabe?


•  Kinetik nach Einfachgabe wird mit den bekannten
Kenngrößen charakterisiert:
–  Cmax, tmax, AUC, Halbwertzeit, etc.
•  Kinetik nach Mehrfachgabe muss durch weitere
Kennzahlen beschrieben werden:
–  Es muss zunächst ein Gleichgewichtszustand („steady state“)
erreicht werden, bevor man die Blutspiegel des Arzneistoffs
beurteilen kann.
–  Cmax ss, tmax ss

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Steady state?

•  Vergleiche AUCEinfachgabe und AUCss

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Mehrfachgabe
•  Variation der Dosis

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Mehrfachgabe
•  Einnahme vergessen

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Metabolismus
•  So gut wie alle Arzneistoffe werden im Körper genau wie
Nahrung und Giftstoffe metabolisiert, also enzymatisch
abgebaut.
•  Lediglich Arzneistoffe, die nicht resorbiert werden, also im Darm
verbleiben, werden nicht metabolisiert.
–  Teilweise setzen die Mikroorganismen des Darms die Stoffe dort um.
•  Sehr gut lösliche Arzneistoffe (kleines Molekulargewicht, hohe
Hydrophilie) werden in Einzelfällen unmetabolisiert
ausgeschieden.
–  Solche Arzneistoffe haben oft eine sehr geringe Halbwertszeit und machen
daher Probleme bei der Formulierung.
•  Wichtigstes Enzymsystem zur Umsetzung von Arzneistoffen
sind die Cytochrome P450 in der Leber.

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Metabolisierung
•  Das Ziel bei der Metabilisierung ist es immer, den Stoff hydrophil
genug zu machen, damit er renal ausgeschieden werden kann.
•  Bei den Umsetzungsreaktionen unterscheidet man
–  Typ I
•  Einführen von hydrophilen Gruppen wie –OH, -COOH, etc.
•  Oxidationen
•  Reduktionen
•  Ring-, Amid- und Esterspaltungen
–  Typ II
•  Umsetzung mit Glucuronsäure, Schwefelsäre, Glutathion, Aminosäuren,
etc.

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Metaboliten
•  Alle wichtigen Metaboliten
eines neuen Arzneistoffe
müssen bekannt sein, da
sie teilweise sehr lange und
in höheren Konzentration
als der eigentliche
Arzneistoff im Körper
vorliegen.
•  Ihre Toxizität muss bekannt
sein.
•  Ihre Pharmakokinetik wird
oft ähnlich aufwendig wie
die des Arzneistoffes
untersucht.

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Pro-drugs
•  Arzneistoffe, die erst durch Metabolismus wirksam
werden.
•  Pro-drugs werden eingesetzt,
–  wenn der Arzneistoff selbst nicht absorbiert werden kann,
•  z.B. weil er zu hydrophil oder geladen ist,
–  wenn der Arzneistoff nicht lagerstabil ist,
–  wenn der Arzneistoff instabil im Magen oder Darm ist.
•  Beispiele
–  Omeprazol (Magensäureblocker)
–  Metamizol (Schmerzmittel)
–  Aciclovir (Virostatikum)
–  Levodopa (Mittel gegen Morbus Parkison)

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Ausscheidung („Excretion“)
•  Als Ausscheidungsorgane kommen in Frage:
à Niere mit Harnwegen = renal
•  Hauptausscheidungsweg
à Dickdarm und Rektum = biliär/intestinal
•  Zweitwichtigster Ausscheidungsweg
à Haut
•  Wenige Stoffe, z.B. DMSO, Knoblauch
à Atemwege = pulmonal
•  Wenige Stoffe, z.B. Knoblauch
•  First-pass-Effekt
–  Direkt nach Aufnahme durch das Blut wird die Leber passiert.
–  Bei dieser ersten Leberpassage („first pass“) wird schon direkt ein Teil
des Wirkstoffes metabolisiert und ausgeschieden, obwohl er noch gar
nicht am Wirkort war.
–  Dieser Teil der Dosis geht also ungenutzt verloren.
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First-pass-Effekt Technische Universität München

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Bioverfügbarkeit
•  Definition: Ausmaß und Geschwindigkeit, in der ein Arzneistoff im
Körper zur Verfügung gestellt wird.
•  Zur Ermittlung der Bioverfügbarkeit werden folgende Kennzahlen
benötigt:
–  Area under the curve (AUC) [ng*min/ml]
–  Maximale Plasmakonzentration (cmax) [ng/ml]
–  Zeitpunkt der maximalen Konzentration (tmax) [min]

•  Absolute Bioverfügbarkeit
–  Orale Bioverfügbarkeit im Verhältnis zu parenteraler Bioverfügbarkeit [%]
•  Relative Bioverfügbarkeit
–  Orale Bioverfügbarkeit von Produkt A im Verhältnis zu oraler
Bioverfügbarkeit von Produkt B [%]

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Bioverfügbarkeit:
Was passiert mit dem Arzneistoff?
Injektion
Verteilung und
einer (Auflösen) (Absorption)
Ausscheidung
Lösung
Orale
Verteilung und
Gabe einer (Auflösen) Absorption
Ausscheidung
Lösung
Orale
Verteilung und
Gabe einer Auflösen Absorption
Ausscheidung
Tablette

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Bioäquivalenz
•  Statistischer Beweis, dass zwei Arzneimittel innerhalb
festgelegter Grenzen eine vergleichbare
Bioverfügbarkeit ausweisen.
– 
”...the absence of a significant difference in the rate and extent to which the active
ingredient or active moiety in pharmaceutical equivalents or pharmaceutical alternatives
becomes available at the site of drug action when administered at the same molar dose
under similar conditions in an appropriate designed study...“ (FDA guidance)

•  Biowaiver
–  Behördlich anerkannte Erklärung über Verzicht auf weitere in
vivo Studien
–  Testpräparat muss dann in vitro bei drei verschiedenen
Bedingungen mit der Referenz äquivalent sein.
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Bioäquivalenz Technische Universität München

Rechtliche Anforderungen
•  Generische Arzneimittel
(Nachahmerpräparate) können sich
auf Zulassungsdaten der
Erstausbieter (Patentinhaber) berufen.
•  Sie sparen Kosten und Zeit, wenn sie
zeigen können, dass ihr Präparat
bioäquivalent zum Original ist.
•  Bioäquivalenzstudien müssen mit
ausreichend vielen (i.d.R. 24-32)
Probanden durchgeführt werden.

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Bioäquivalenz Technische Universität München

Studiendesigns
•  12 gesunde Probanden
•  Cross-over
•  Double blind
•  Phase I Studie
•  Referenz und Vergleich
•  Höchste Dosis
•  Definierte Flüssigkeitsmenge und Mahlzeiten
•  Auswaschzeiten zwischen Referenz und Test

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Bioäquivalenz Technische Universität München

Statistik
•  Vergleich von AUC, cmax, t1/2
und tmax
•  Berechnung von geome-
trischen und arithmetrischen
Mittel, VK, Konfidenzintervall

•  Akzeptabel ist eine


Abweichung von 75% - 125%

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Food effect
•  Vergleich von Bioverfügbarkeit bei Nüchtern-Gabe und
bei Gabe des Arzneimittels mit einer (fetten) Mahlzeit
•  Positiver Food-Effect
–  Die Gabe des Arzneistoffs mit einer Mahlzeit erhöht die
Bioverfügbarkeit im Vergleich zur Nüchtern-Gabe.
•  Negativer Food-Effect
–  Die Gabe des Arzneistoffs mit einer Mahlzeit verringert die
Bioverfügbarkeit im Vergleich zur Nüchtern-Gabe.
•  Food-Effekte sind generell eher unerwünscht, weil
dann schriftlich festgehalten werden muss, wie das
Arzneimittel zu nehmen ist (zur Mahlzeit, vor der
Mahlzeit, nach der Mahlzeit).
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Food effect

n d e n sein ...
nicht v o r h a
e h en ode r gar
tu n g g
kann in jede Rich
Korrela
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Technologie 62
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In-vitro-in-vivo-Korrelation
•  Verfahren, um in-vitro und in-vivo Freisetzungsdaten
miteinander in Beziehung zu bringen.
•  Ziel ist die Vorhersage einer Bioverfügbarkeit einer
unbekannten Charge /Zusammensetzung anhand von
in-vitro-Daten und einer bekannten Beziehung
zwischen Labor- und Klinikdaten.

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In-vitro-in-vivo-Korrelation
•  Level A Korrelation
–  Linearer Bezug zwischen
absorbierter und freigesetzter
Menge
•  Level B Korrelation
–  Vergleich von berechneten
Daten wie Mean Residence
Time in vitro und in vivo
•  Level C Korrelation
–  Ein-Punkt- oder Mehr-Punkt-
Vergleiche

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In-vitro-in-vivo-Korrelation

Figure 1. Fa versus Fd profile for diltiazem HCl ER capsules. Release is rate-


limiting, resulting in a linear profile (i.e. Level A IVIVC).

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In-vitro-in-vivo-Korrelation

Figure 2. Fa versus Fd profile for enalapril maleate tablets. Dissolution is more


rapid than overall absorption, resulting in a non-linear profile.

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Beispiel Technische Universität München

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Beispiel Technische Universität München

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Galenische Konsequenzen aus


biopharmazeutischem Wissen

•  Die Arzneiform muss so geartet sein, dass die


Bioverfügbarkeit optimal, bzw. an das
Anforderungsprofil angepasst ist.
•  Folgende galenische Aspekte können die
Bioverfügbarkeit und die Wirksamkeit beeinflussen:
–  Chemische Modifikation des Arzneistoffes
–  Teilchengrößenverteilung des Arzneistoffes
–  Wahl der Hilfsstoffe
–  Art der Arzneiform
–  Art des pharmazeutischen Herstellprozesses

Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 3. Biopharmazie 69


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Quelle: Chemgaroo, http://www.chemgapedia.de

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Technische Universität München

Lernsätze Biopharmazie
Die Arzneiform beeinflusst die Wirksamkeit eines Wirkstoffs.

Der Arzneistoff durchläuft mehrere Phasen im Körper bevor er


wirken kann.

Zwei Arzneimittel mit dem gleichen Wirkstoff können


unterschiedlich stark wirken.

Lerne den Körper kennen und du weißt, wie deine Arzneiform


aussehen muss.

Lerne aus alten Patientendaten, damit du bei neuen Arzneiformen


evaluieren kannst, wie die Wirkung sein könnte.

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