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Vitamin B12-Mangelerscheinungen
Am bekanntesten ist, daß Vitamin B12 zur Blutbildung notwendig ist. Eine bestimmte Form der
Blutarmut (hyperchrome Anämie) ist daher eine der Folgen von B12-Mangel. Für die Entstehung
der perniziösen Anämie infolge Vitamin B12-Mangel sind aber noch andere Faktoren von
Bedeutung: Für die Verwertung des mit der Nahrung zugeführten Vitamins B12 ist eine Art
„Begleitschutz“ bis zur Resorptionsstelle im Dünndarm in Form des intrinsic faktors nötig, an den
es im Magen gekoppelt wird. Der intrinsic faktor ist ein Glykoprotein, das bei der Eiweißverdauung
im Magen entsteht. Bei fehlender Magensäure oder bei fehlendem Magen infolge Operation fällt die
Eiweißverdauung und damit die Bildung des intrinsic faktors und der Begleitstoff für B12 aus. Aber
selbst bei intaktem Magen kann der intrisic faktor durch Antikörper blockiert werden.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist vielleicht der Hinweis nötig, daß in der heutigen
Zivilisation Anämien sehr zahlreich sind, die mit Vitamin B12-Mangel nichts zu tun haben.
Interessant ist auch, daß solche Anämien bei Fleischessern häufiger sind als bei Vegetariern und daß
sie bei Fleischessem sich rasch durch zusätzlichen Verzehr von Frischkost beheben lassen. Einzelne
Fälle von Anämien bei Vegans werden verständlicherweise in der Literatur hochgespielt, sind aber
im Vergleich zu der Zahl von Anämien bei der üblichen Zivilisationskost, die oft sehr einseitig ist,
eine Ausnahme.
Andere mögliche Folgen von Vitamin B12-Mangel sind degenerative Erkrankungen des
Nervensystems, z. B. die funikuläre Myelose. Aber auch im psychischen Bereich kann B12-Mangel
zu Störungen wie Depression und neurasthenischen Zuständen führen.
Da Vitamin B12 bei vielen intermediären Prozessen im Eiweiß-, Fett- und
Kohlenhydratstoffwechsel der einzelnen Zellen beteiligt ist, kann es im weitesten Sinne als
stoffwechselnotwendig und für die körperliche und geistige Gesundheit als unerläßlich bezeichnet
werden. Infolge seiner universellen Funktionen wird es in der Medizin heute auch sehr vielseitig
verwendet, aber nicht bei Vegetariern und Vegans, sondern eben bei den zahlreichen
ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten. Die therapeutisch verwendeten Präparate stehen aus
mikrobieller Synthese billig zur Verfügung.
In den einzelnen Organen kommt B12 in unterschiedlichen Konzentrationen vor, am stärksten in der
Leber und den blutbildenden Organen des Knochenmarks. In der Leber ist eine Speicherung bis zu
5000 y möglich, so daß vorübergehend verringerte B12-Zufuhr über lange Zeit ausgeglichen
werden kann. Gefahr der Unterversorgung besteht bei einem Blutspiegel unter 100 y/ml. Ein
Spiegel von 300-400 y/ml im Blut ist die Norm. Bei ausreichender Eiweißzufuhr sinkt der Bedarf
an B12 um so mehr, je höher die Folsäurezufuhr ist.
Einige Zusammenbrüche von Vegans nach dem zweiten Weltkrieg, auf die in der Literatur immer
wieder Bezug genommen wird, auf B12-Mangel zurückzuführen, erscheint angesichts der Tatsache,
daß Milliarden Menschen seit Jahrtausenden bei einer solchen Kostform gesund und leistungsfähig
blieben, nicht berechtigt. Stellt man diesen Einzelfällen die große Zahl von „Zusammenbrüchen“
bei Gemischtessern gegenüber, deren Ursache nicht geklärt ist, so verlieren jene Fälle an Relevanz.
Zusammenfassend ist aus den zahlreichen angeführten Fakten der Schluß zu ziehen, daß vom
wissenschaftlichen Standpunkt aus ungenügende B12-Versorgung kein stichhaltiges Argument
gegen vegetarische Ernährung ist, auch in der strengen Form der Vegans ohne Milchprodukte und
Ei. Gesunde und leistungsfähige Menschen, die sich so ernähren, sind ein unumstößlicher Beweis.
Wenn bei chemisch-analytischer Betrachtung noch Lücken in der Erklärung der nicht zu
widerlegenden Realität bestehen, so soll dies zwar zu weiterer wissenschaftlicher Forschung
anregen; ungenügende Forschung berechtigt aber nicht, sie als Beweis gegen die Realität zu
verwenden.
Literaturnachweis
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Der Vegetarier 35 Jg., Nr. 4, Juli 1984, Seite 147-153