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Das Zweite Deutsche Reich (1871-1918)

Schulbuch: S. 52 > 55 + Kapitel 4: S. 62 > 77

Was ist ein Reich?

„Deutsches Reich“ war der offizielle Name, die staatsrechtliche Bezeichnung des deutschen
Nationalstaates zwischen 1871 und 1945. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 kam die
Bezeichnung „Großdeutsches Reich“ in den propagandistischen und amtlichen Gebrauch.

Der Ausdruck „Deutsches Reich“ wird gelegentlich auch gebraucht, um das mit dem deutschen
Sprachraum nicht übereinstimmende „Heiliges Römisches Reich“ (962–1806) zu bezeichnen: ein
übernationales, letztlich überstaatliches Herrschaftsgebilde, das ab dem 15./16. Jahrhundert mit dem
Zusatz „Deutscher Nation“ versehen worden war > das „Alte Reich“ oder „Erstes Reich“.

« Reich » est un terme de la langue allemande désignant à l’origine le territoire sur lequel s’exerçait la puissance
et la souveraineté d’un prince, d’un roi ou d’un empereur, et plus tard celle d’un État. Il correspond au latin
« imperium », qui désigne le pouvoir suprême de commandement et le territoire sur lequel il s’étend. Il n’a pas de
traduction exacte en français.

Il est le plus souvent traduit par « empire », mais il ne désigne pas un régime politique particulier : la « République
de Weimar » et le régime nazi (« IIIe Reich ») se qualifiaient officiellement de « Reich ». Un empire au sens
constitutionnel du terme est un « Kaiserreich » et un royaume est un « Königreich ». Attention donc au contexte,
il peut également être traduit par État, pays, nation, domaine ou territoire.

Im Jahr 1848 entstand während der Märzrevolution ein „Deutsches Reich“ als deutscher
Bundesstaat. Dessen Reichsregierung und damit die provisorische Verfassung wurde vom Bundestag
des Deutschen Bundes anerkannt. Im Frühjahr 1849 jedoch ließ der preußische König Friedrich
Wilhelm IV. die Revolution niederschlagen, und die ausgearbeitete Verfassung konnte sich nicht
durchsetzen.

Die Reichsgründung 1871

Die deutsche Reichsgründung erfolgte mit Beginn der Wirksamkeit der neuen Verfassung zum 1.
Januar 1871. Sie wurde durch ein wenig spektakuläres, geheim vorbereitetes militärisch-höfisches
Zeremoniell inszeniert, die Kaiserproklamation des preußischen Königs Wilhelm I. am 18. Januar 1871
im Spiegelsaal von Versailles.

(Anton von Werner - Kaiserproklamation in Versailles 1871)


Währenddessen befand sich das Kaiserreich noch im Deutsch-Französischen Krieg. Auf kleindeutscher
Grundlage und unter der Herrschaft der preußischen Hohenzollern war damit erstmals ein deutscher
Nationalstaat entstanden. Hauptresidenz des deutschen Kaisers und preußischen Königs war das
Berliner Schloss.

Das Deutsche Reich entstand durch das Inkrafttreten einer gemeinsamen Verfassung. Der
Verfassungstext entsprach dem Text der Norddeutschen Bundesverfassung. Nachdem die deutschen
Südstaaten – Bayern, Württemberg, Baden und Hessen – mit den „Novemberverträgen“ 1870
beschlossen hatten, durch ihren Beitritt zum Norddeutschen Bund einen Deutschen Bund zu gründen,
war am 10. Dezember noch vereinbart worden, die Bezeichnung „Deutscher Bund“ durch „Deutsches
Reich“ zu ersetzen und dem „Bundespräsidium“ den Titel „Deutscher Kaiser“ zu geben.

Als Nationalstaat fasste das Reich alle Deutschen ausgenommen Deutsch-Österreicher, Luxemburger
und Liechtensteiner zusammen. Österreich hatte der Ausdehnung des Norddeutschen Bundes über
die Mainlinie am 25. Dezember 1871 zugestimmt und das Reich damit völkerrechtlich anerkannt. Die
Reichsgründung erfolgte quasi auf Einladung des mächtigsten deutschen Monarchen an die anderen
deutschen Herrscher.

In diesem Sinne wurde die Kaiserproklamation des preußischen Königs am 18. Januar 1871 im
Spiegelsaal von Versailles inszeniert. Dieses Datum wurde als Reichsgründungstag begangen, aber
nicht zum gesetzlichen Feiertag erhoben, da am 18. Januar bereits an die Krönung Friedrichs I. zum
preußischen König erinnert wurde. Nach den ersten gesamtdeutschen Reichstagswahlen eröffnete
Kaiser Wilhelm I. am 21. März 1871 den Reichstag. Der Reichstag redigierte die unvollständig
gebliebene Verfassung, deren Entwurf am 16. April vorlag, am 20. April verkündet und am 4. Mai 1871
in Kraft trat. Im Deutschen Kaiserreich war der deutsche Nationalstaat eine bundesstaatlich
organisierte konstitutionelle Monarchie.

Das Reich (1871-1918)

Während der Zeit des Kaiserreichs war Deutschland wirtschafts- und sozialgeschichtlich geprägt durch
die Hochindustrialisierung. Ökonomisch und sozial-strukturell begann es sich besonders ab den letzten
Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts vom Agrar- zum Industrieland zu wandeln. Auch der
Dienstleistungssektor gewann mit dem Ausbau des Handels und des Bankwesens wachsende
Bedeutung.

Das auch durch die französischen Kriegsreparationen nach 1871 verursachte Wirtschaftswachstum
wurde durch den sogenannten „Gründerkrach“ von 1873 und die ihm folgende langjährige
Konjunkturkrise zeitweilig gebremst. Trotz erheblicher politischer Folgen änderte dies nichts an der
strukturellen Entwicklung hin zum Industriestaat.

Kennzeichnend für den gesellschaftlichen Wandel war eine stark international orientierte
Reformbewegung, in deren Verlauf die „soziale Frage“ mit Armutsskandalisierung und -bekämpfung
vorangetrieben wurde, aber auch demokratische Reformen und Frauenrechte forciert wurden.

Strukturelle Grundlage dieser Veränderungen waren neben der Massenpolitisierung ein rapides
Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und Urbanisierung.

Die Gesellschaftsstruktur wurde durch die Zunahme der städtischen Arbeiterbevölkerung und – vor
allem in den Jahren ab etwa 1890 – auch des neuen Mittelstandes aus Technikern, Angestellten sowie
kleinen und mittleren Beamten wesentlich verändert. Dagegen ging die wirtschaftliche Bedeutung des
Handwerks und der Landwirtschaft – bezogen auf deren Beiträge zum Volkseinkommen – eher zurück.

Die innen- und außenpolitische Entwicklung wurde bis 1890 vom ersten und am längsten
amtierenden Kanzler des Reiches bestimmt, Otto von Bismarck.

Dessen Regierungszeit lässt sich in eine relativ liberale Phase, geprägt von innenpolitischen Reformen
und vom Kulturkampf, und eine eher konservativ geprägte Zeit nach 1878/79 einteilen. Als Zäsur
gelten der Übergang zum Staatsinterventionismus (Schutzzoll, Sozialversicherung) sowie das
Sozialistengesetz.

Bismarck versuchte außenpolitisch, das Reich durch ein komplexes Bündnissystem abzusichern (z.
B. Zweibund mit Österreich-Ungarn 1879). Ab 1884 begann der – später intensivierte – Einstieg in den
überseeischen Imperialismus. Es folgten internationale Interessenkonflikte mit anderen
Kolonialmächten, insbesondere der Weltmacht Großbritannien.

Die Phase nach der Ära Bismarck wird oft als „Wilhelminisches Zeitalter“ bezeichnet, weil Kaiser
Wilhelm II. (ab 1888) nach der Entlassung Bismarcks persönlich in erheblichem Umfang Einfluss auf
die Tagespolitik ausübte. Allerdings spielten daneben auch andere, teilweise konkurrierende Akteure
eine wichtige Rolle. Sie beeinflussten die Entscheidungen des Kaisers und ließen sie oft widersprüchlich
und unberechenbar erscheinen.

Der Militarismus in Deutschland verstärkte sich. Zwischen 1848 und den 1860er Jahren hat die
Gesellschaft das Militär eher mit Misstrauen betrachtet. Dies änderte sich nach den Siegen von 1864
bis 1871 fundamental. Das Militär wurde zu einem zentralen Element des entstehenden
Reichspatriotismus. Kritik am Militär galt als unpatriotisch. Dennoch unterstützten die Parteien eine
Vergrößerung der Armee nicht unbegrenzt. So erreichte das Militär erst 1890 mit einer
Friedenspräsenzstärke von fast 490.000 Mann seine von der Verfassung vorgegebene Stärke von
einem Prozent der Bevölkerung. In den folgenden Jahren wurden die Landstreitkräfte weiter verstärkt.

Das Heer gewann während des Kaiserreichs eine sehr starke gesellschaftlich prägende Bedeutung.
Das Offizierskorps galt in weiten Teilen der Bevölkerung als „Erster Stand im Staate.“ Dessen Weltbild
war dabei geprägt von der Treue zur Monarchie und der Verteidigung der Königsrechte, es war
konservativ, antisozialistisch und grundsätzlich antiparlamentarisch geprägt. Der militärische
„Verhaltens- und Ehrenkodex“ reichte weit in die Gesellschaft hinein. Auch für viele Bürger wurde der
Status eines Reserveoffiziers nunmehr zu einem erstrebenswerten Ziel.

Von Bedeutung war das Militär zweifellos auch für die innere Nationsbildung. Der gemeinsame
Dienst förderte die Integration der katholischen Bevölkerung in das protestantisch dominierte Reich.
Selbst die Arbeiter blieben gegenüber der Ausstrahlung des Militärs nicht immun. Dabei kam dem
mindestens zwei Jahre (bei der Kavallerie drei Jahre) dauernden Wehrdienst als sogenannter „Schule
der Nation“ eine prägende Rolle zu.

Im Jahr 1905 entstand mit dem „Schlieffen-Plan“ das Konzept für einen möglichen Zweifrontenkrieg
gegen Frankreich und Russland unter Berücksichtigung einer Teilnahme Englands auf Seiten der
Gegner. Nach 1911 wurde die Aufrüstung intensiv vorangetrieben. Die für die Durchführung des
Schlieffenplanes notwendige Truppenstärke wurde dabei letztlich nicht erreicht.

In der Gesellschaft, durch den Aufstieg von Massenverbänden und -parteien sowie die wachsende
Bedeutung der Presse gewann zudem die öffentliche Meinung an Gewicht. Nicht zuletzt darum
versuchte die Regierung mit einer imperialistischen Weltpolitik, einer antisozialdemokratischen
Sammlungspolitik und einer populären Flottenrüstung ihren Rückhalt in der Bevölkerung zu erhöhen.
Außenpolitisch führte Wilhelms Weltmachtstreben jedoch in die Isolation; durch diese Politik hat das
Reich dazu beigetragen, die Gefahren eines großen Krieges zu erhöhen.

Als dieser Erste Weltkrieg schließlich 1914 ausgelöst wurde, war das Reich in einen Mehrfrontenkrieg
verwickelt. Auch in der Innenpolitik gewann das Militär an Einfluss. Mit der zunehmenden Anzahl von
Kriegstoten an den Fronten und der sozialen Not in der Heimat (gefördert durch alliierte Seeblockaden)
begann die Monarchie an Rückhalt zu verlieren.

Erst gegen Kriegsende kam es zu den Oktoberreformen 1918, die unter anderem bestimmten, dass der
Reichskanzler das Vertrauen des Reichstages haben musste.

Schon bald darauf wurde in der „Novemberrevolution“ die Republik ausgerufen, und die
verfassunggebende Nationalversammlung in Weimar konstituierte das Reich 1919 als
parlamentarische Demokratie.

„Der Kaiser hat abgedankt. […] Das alte und morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es
lebe das Neue. Es lebe die deutsche Republik!“
(Der SPD-Politiker Philipp Scheidemann ruft auf dem Westbalkon des Reichstages (zweites Fenster nördlich des Portikus) am
9. November 1918 die Republik aus).

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