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WALDBODEN PANIKFORSCHUNG SAMARITANER MADAGASKAR


Architekten Wie wir in Massen Die Bewahrer Boom im Land
im Untergrund sicher bleiben des alten Israel der Vanillionäre
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l(rombacher
�(s
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Editorial
August 2019

aus Biomasse für Benzin und Gas veröden Land­


schaften und bedrohen die Artenvielfalt
Am Beispiel der Windkraft blättert GEO-Re­
dakteurin Johanna Romberg die zahlreichen Fa­
cetten des Konflikts auf (Seite 44). Als gleicher­
maßen überzeugte Verfechterin der Energiewende
wie leidenschaftliche Ornithologin spürt sie das
Dilemma doppelt stark.
Windräder töten, daran besteht kein Zweifel,
unzählige Vögel und Fledermäuse, manche Arten
könnten durch sie in ihrer Existenz bedroht sein.
Auch Insekten leiden erheblich unter den Rotor­
blättern, die mit bis zu 390 Stundenkilometern
die Luft zerteilen.
Ja, es gibt Maßnahmen, die schädlichen Aus­
wirkungen zu mildern. Aber beseitigen lassen sie
sich nicht. Wie das Dilemma zu lösen ist, darüber
Liebe Leserin, lieber Leser, herrschen auch in der GEO-Redaktion höchst un­
terschiedliche Vorstellungen. Johanna Romberg
im winzigen Harnbacher Forst bei Köln wird um plädiert für Verzicht und geringeren Stromver­
jeden Baum gekämpft, im deutlich schöneren und brauch. Ein Kollege hält den Klimaschutz für so
größeren Reinhardswald im Weserbergland aber wichtig, dass er bereit ist, ihm Arten zu opfern.
sollen die Stämme fallen: für gewaltige, Und wieder ein anderer sieht als einzigen Ausweg
241 Meter hohe Windräder, deren Funda- mehr C02-freie Kernkraft, was ihm scharfe Gegen­
mente 20 Meter tief in den Waldboden argumente einträgt.
reichen und die lange Zufahrtsstraßen
DerKonflikt Jetzt beginnt die Zeit, über solche Fragen zu
benötigen. Die Proteste im "Hambi" fin- zwischen streiten. Bislang haben die einen das Klimapro­
den deutschlandweit Aufmerksamkeit, blem verharmlost; das hat den anderen erlaubt,
Klilna- und
die Aktivitäten im Reinhardswald hinge­ die Probleme der Energiewende zu verharmlosen.
gen werden ignoriert. Naturschutz Beides ist nun vorbei, weil die Dringlichkeit in
Messen wir mit zweierlei Maß? Bei der Klimafragen endlich groß genug ist. Aber die Kon­
ist weltweit
Braunkohle zähltjeder Baum, für Wind­ flikte, die jetzt aufbrechen, könnten vertrackter
energie sägen wir munter drauflos? sichtbar sein als die bisherigen.
Es heißt, die Zerreißprobe der nach-
haltigen Gesellschaft verlaufe zwischen
Wirtschaft und Ö kologie. Aber Unternehmen kön­
nen mit nachhaltigen Produkten viel Geld verdie­ Herzlich Ihr
nen. Bedeutsamer - und schwieriger zu lösen - ist
der Konflikt zwischen Klima- und Naturschutz.
Er zeigt sich an immer mehr Orten auf der Erde.
AufTasmanien werden 200 Jahre alte Wälder den
Stromtrassen eines neuen Windparks geopfert; Christoph Kucklick, Chefredakteur
manche Regionen in den Südstaaten der USA wer­
den radikaler entwaldet als das Amazonasbecken,
um das Holz in vermeintlich klimafreundlichen Besuchen Sie uns aufwww.geo.de
Pellet-Kraftwerken zu verheizen; Monokulturen oder schreiben Sie uns: briefe@geo.de

GEO 08 2019 3
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Inhalt August 2019

WALDBODEN Glockentierchen
gehören zu den vielen fast
28 SAMARITANER
unsichtbaren Bewohnern der
Die Bewahrer des alten Israel wilden Weit im Untergrund
Einst zählten sie Hunderttausende,

66
heute gibt es nur noch 800 von ihnen: Die
Samaritaner kämpfen um das Überleben
ihrer Gemeinschaft am Berg Garizim.
Von Alexandra Rojkov und Gael Turine

44 TITELTHEMA: WINDKRAFT 112


Gut fürs Klima, MADAGASKAR Ein
schlecht für die Natur? Schatz i n Schoten:
Windräder liefern Strom, ohne das Klima Gewürzvanille,
zu belasten. Leider köpfen sie jedes Jahr bündelweise expor­
auch Hunderttausende Vögel und tiert, bringt einigen
Fledermäuse, töten Milliarden Insekten. Madagassen Wohl­

Wie lässt sich das Dilemma zwischen stand. Wie lange


hält der Boom an?
Umwelt- und Artenschutz lösen?
Von Johanna Romberg und Julius Schrank

66 WALDBODEN
Architekten im Untergrund
In der Humusschicht des Waldes
hausen Gepanzerte, Röhrenbohrer und
Peitschenträger. Sie bilden ein
faszinierend vernetztes Ökosystem.
Von Bernhard Kegel, Nicole Ottawa und
44
Oliver Meckes TITELTHEMA Ein
Mäusebussard
wagt sich i n
gefährliche Nähe
88 PSYCHOLOGIE
zu einer Wind
Verzeiht euch!
krafta nlage bei
Vergebung und Reue dienen dem Seelen­
Aurich in Ostfries­
frieden und befreien uns von der Last land. Die Greif­
einer Vergangenheit, die wir doch nicht vögel werden
ändern können. Aber warum fällt es häufig zu Opfern
uns so schwer, Nachsicht zu üben? der rasend
Von Ruth Hoffmann und Roman Pawlowski schnellen Rotoren

4 GEO 0 8 2 0 1 9
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112 MADAGASKAR
Boom im Land der Vanillionäre
Gewürzvanille wird mitunter so teuer
wie Silber gehandelt. Gut für die Bauern;
doch weil alle vom Aufschwung profitieren
wollen, wird das Leben in den Anbau­
gebieten komplizierter - und gefährlicher.
Von Finbarr O'Reilly

130 PANIKFORSCHUNG
Wie wir in Massen sicher bleiben
Angstfrei bei Großveranstaltungen: Physiker,
Psychologen und Informatiker arbeiten
zusammen daran, Menschenmengen so zu
steuern, dass niemand zu Schaden kommt.
Von Phitipp Brandstädter und
Hahn+Hartung

12 KOSMOS
Mönche in Tibet entdecken ihre Liebe zu
Basketball. Eine App hilft, weniger Essen
zu verschwenden. Aboriginals i n Australien
SAMARITANER Der Priester reckt die Tora in die Höhe, Gläubige
legen Feuer und erhalten so die Artenvielfalt
folgen i h m i m Gebet: Beim Schawuotfest auf dem Heiligen Berg
Dazu Geschichten in Bildern aus Japan,
Garizim versichern sich die Samaritaner ihrer Tradition
dem Senegal und Indien

82 361°
Wie weit kann Mikroplastik fliegen? Sollten
wir auf Sonnencreme verzichten? Kann ein
Augenarzt Alzheimer erkennen? Antworten
auf diese u n d weitere spannende Fragen

146 WELTBÜRGER
Rondell Lalgie, Grenada

6 UNTERWEGS
8 RESONANZ, LESERSERVICE
140 GEO ERLEBEN
142 DIE WELT VON GEO
144 IMPRESSUM, FOTONACHWEISE

PSYCHOLOGIE Alexandra Schmitt war heroinabhängig, ihr Sohn 145 VORSCHAU


hadert mit seiner Kindheit. Doch er hat gelernt, zu verzeihen

130 »Verzeihen bedeutet,


PANIKFORSCHUNG
alle Hoffnung auf eine bessere
Chemieunfall? Nein,
n u r eine Übung.
Vergangenheit aufzugeben«
Simulationen helfen,
drohende Katastro­ M E D I TAT I O NS L EH R E R JACK K O R N F I EL D

phen zu verhindern Ü B E R D I E KUNST D ES V E RGEB ENS. S E I T E 88

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Unterwegs
GEO-Reporter aufRecherche

Zwischen Opfer und Täter


� Zum Verzeihen gehört, Verständnis
zu entwickeln, ohne die Tat zu ent­
schuldigen: Dreizehn Menschen
erzählen, ob sie so dem Strudel aus
Wut und Rache entkommen konnten.
Unter ihnen ist auch Christopher
Barth (I.), der seinem Peiniger Marco
Krüger (r.) verzieh, dass dieser ihn
jahrelang gemobbt hatte. Doch oft
sind es auch die Täter, die sich nicht
verzeihen können: Das wurde für
Fotograf Roman Pawlowski (M.) be­
sonders deutlich, als er einen ehema­
ligen Stasi-Mitarbeiter porträtierte,
der seinen Freund jahrelang für das
DDR-Regime bespitzelt hatte. Seite 88

Lagebesprechung auf der Farm


Fotograf Finbarr O'Reilly lernte, eine Gewürzplantage zu verteidigen

1' Mittags konnte Ninot Oclin (1.) noch entspannt mit Fotograf und Autor
Finbarr O'Reilly zusammensitzen. Doch nachts wachte er mit einem Gewehr
am Lagerfeuer, patrouillierte über seine Farm: So schützt der madagassische
Bauer seine Vanillepflanzen vor Dieben, denn das Gewürz wird zeitweise
teurer gehandelt als Silber. Der Vanilleboom machte einige Menschen in
Madagaskar reich - und veränderte schlagartig die Gesellschaft. Seite 112

Keine Zeit für Träume


f- Abdullah Cohen (M.) nahm sich
viel Zeit, Fotograf Gael Turine (1.) und
GEO -Reporterin Alexandra Rojkov Schweres Geschütz
durch die Welt der Samaritaner zu 1' Gut 3,5 Kilogramm wiegt allein das
führen. Cohen stellt sein Leben ganz Objektiv: Fotograf Julius Schrank
in den Dienst der winzigen Religions­ brauchte eine solide Ausrüstung, aber
gemeinschaft - was auch heißt, dass auch viel Geduld. Für die GEO-Titel­
er aus seinem Heimatdorf nie weg­ geschichte fotografierte er Rotmilane,
ziehen darf. "Es bleibt schmerzhaft die zwischen Windkraftanlagen hin­
für ihn, alle Träume hinter sich zu durch fliegen. Die Vögel werden häu­
lassen", beobachtete Turine. Seite 28 fig von Rotoren erschlagen. Seite 44

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Weltpremiere! Sommer 2019, der Beginn eines neuen

Zeitalters der Expeditionsreisen: Das weltweit erste

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Resonanz
Ihre Briefe und E-Mails an GEO

G E O-A U S G A B E J U N I 2019 die Hauptschuld am anthropogenen


Der neue Ozean Teil des Klimawandels trägt, in einem
kausalen Zusammenhang mit der ver­
Auf dem Titelbild haben Sie die Aus­ heerenden Abholzung der tropischen
wirkung der Polschmelze nicht richtig Regenwälder. Paellamama (Quechua:
dargestellt. Es fehlen die überfluteten Mutter Erde) ist mit der bestehenden
Küstengebiete Europas, Russlands, Weltbevölkerung an ihren Grenzen
Kanadas und Grönlands. angelangt, zehn Milliarden Menschen,
DIRK A P P E N F E L D ER. VIA E-MAIL die alle ernährt werden wollen, mit
den bekannten negativen Folgen für
Antwort der Redaktion: In der Grafik das Klima, verträgt sie sicher nicht.
aufunserem Titel haben wir nur das WALT E R J. SCH E R R.

Poleis am Nordpol schmelzen lassen. KLA G E N FU RT-WÖL F N I T Z, ÖST E R R E I C H

Wenn Meereis (also aufdem Meer


schwimmendes Eis) schmilzt, sorgt Was wir brauchen, ist die Wasser­
dies nichtfür einen Anstieg des stoff-Zukunft, Wasserstoff als idealer
Meeresspiegels. Es verdrängt in Speicher nach Elektrolyse durch
flüssigem Zustand genauso viel reichlich Ö kostrom aus Sonnen- und
Volumen wie in gefrorenem. Wind-Spitzenzeiten. Der beste Klima­ GEO-Titelthema im Juni: Der Klima­
schutz ist aber immer noch, weniger wandel lässt das Arktis-Eis schmelzen
Ein Tabuthema wurde - unüblich Energie zu verbrauchen. Freiwilligkeit
für GEO - nicht angesprochen, dass bringt da kaum etwas, aber eine
nämlich die Bevölkerungsexplosion gesetzliche Kontingentierung von Flug- und Autokilometern. Was
wir nicht brauchen, ist eine Klima­
konferenz nach der anderen - Ver­
DAS LESERFOTO DES MONATS
anstaltungen, bei denen allein schon
durch die Anreise der Teilnehmer
wiederum Millionen Tonnen Kohlen­
dioxid in die Luft geblasen werden,
nur um den Beschluss über C02-Ziele
wieder zu vertagen.
D R. G E R HA R D STUM P F. W EM D I N G

Der Artikel ist sehr informativ und


beeindruckend. Es fehlt ihm aller­
dings ein Teil 5, in dem auch Wissen­
schaftler zu Wort kommen, die nicht
an den menschengemachten Klima­
wandel glauben. Und deren gibt es
genügend. Mindestens so viele wie
Befürworter. Ich glaube, die Seriosität
von GEO hätte das erfordert.
HANS R EUSS, L E O N DING, ÖST E R R EICH

Antwort der Redaktion: Mehr als


95 Prozent der Wissenschaftler, die
Wie ein Gemälde mutet das Alpenpanorama an, das GEO-Leserin Eva
den gegenwärtigen Klimawandel er­
Borsdorf auf 2752 Meter Höhe in den italienischen Dolomiten fotografierte
forschen, sind überzeugt, dass dieser
Mitmachen: geo.dejleserfoto vom Menschen mit verursacht wird.

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))) Weiterdenker beschleunigen


nachhaltige Mobilität.
Die KfW fördert Projekte zur Verminderung von Treibhausgasen. Durch die Finanzierung nachhaltiger
Mobilitätsangebote treibt die KfW eine Senkung der C02-Emissionen in Städten voran. Denn hier werden
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haltige und moderne Förderbank unterstützt die KfW Weiterdenker, die innovative Verkehrskonzepte und
energieeffiziente Lösungen zur Reduzierung von Treibhausgasen entwickeln - und damit schon heute die
Lebensqualität von morgen deutlich erhöhen. Weitere Informationen unter kfw.de/stories/verkehr

Bank aus Verantwortung I(F\V


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Endlich eine Stimme gegen den Bat­


»Ihr Artikel >Der neue Ozean<
terieautowahn und für Wasserstoff­
antrieb. Was die Autoindustrie bewegt, hat mir neue Blickwinkel
auf das umweltunfreundliche Batte­
rieauto zu setzen, bleibt unerfindlich. auf die Situation des Klimas und
F R I ED R I CH ECKE. OBE R HAU S E N
auf die der Arktis eröffnet«
Was mir so nicht bewusst war, ist JOHANNES BALDAUF. S Ü D T I ROL, ITAL IEN
die beängstigende Geschwindigkeit
der Eissschmelze und das momentan
noch sehr geringe Wissen über Zu­
sammenhänge und Folgen für die
Ö kosysteme unseres Planeten. Die GEO-AUSGABE MAl 2019 meine sportlichen Aktivitäten stärken,
beschriebene Expedition der "Polar­ Hirnforschung und Sport jedoch wäre es für mich beängstigend,
stern" wird hier hoffentlich einige meine Schmerzen oder die Bedürf­
neue Erkenntnisse bringen. So wie es Den Artikel "Wie der Kopfuns Beine nisse meines Körpers komplett aus­
aussieht, wird uns hier bei dem der­ macht" fand ich außerordentlich zuschalten.
zeitigen Tempo der Veränderungen interessant, da ich selbst oft genug mit JULIA PA N HÖ L Z L. V IA E-MA I L

allerdings die Zeit ausgehen, um die meinem "inneren Schweinehund" zu


gewonnenen Erkenntnisse in Han­ kämpfen habe. Beim Lesen stellte sich Nichts gegen ein gesundes Maß an
deln umzusetzen. Wir brauchen drin­ mir nur die Frage, ob es nicht auch gut sportlicher Betätigung, und die dar­
gend einen schnell umsetzbaren Plan. ist, dass unser Gehirn uns irgendwann gestellten Leistungen sind sicher
Als kurzfristige Maßnahme wäre ein stoppt. Könnte es nicht ein Schutz­ erstaunlich. Für den Lauf der Welt ist
geostationärer "Sonnenschirm" denk­ mechanismus sein, der uns davor be­ es allerdings völlig bedeutungslos,
bar, der im Weltraum aufgefaltet wird wahrt, zu weit zu gehen? Die genann­ ob ein Mensch noch ein paar Sekun­
und die Polregion teilweise oder ganz, ten Beispiele, darunter Diane Van den schneller ist. Weitaus bewun­
zyklisch oder dauerhaft abschattet. Deren, zeigen, dass es nicht nötig ist. dernswerter sind diejenigen, die sich
So könnte eventuell das Schmelzen Aber vielleicht ist das nur Glück oder für ihre Mitmenschen zum Beispiel
des Eises in diesen Regionen verlang­ die Auswirkung eines gesunden Kör­ täglich in Kliniken und Pflegeheimen
samt oder sogar aufgehalten werden. pers. Ich persönlich möchte mich mit die Hacken ablaufen.
THOMAS R I EMER, FURTWANGEN den genannten Tipps gern mental für D R . CH R I ST IAN HOLTZHAUSSEN, S E N DEN

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Kosmos Unterwegs in der Welt


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SENEGAL

Einmal waschen
und erlegen

Sonntags ist Badetag für die


Schafe im Senegal. Doch
das Planschen hat religiöse
Gründe: Der Junge bereitet
das Tier am Strand von
Dakar für das Tabaski vor,
das islamische Opferfest i n
Westafrika. Für manche
Gläubigen gilt: Je sauberer
das Schaf, desto besser die
Opfergabe. Allerdings wird
der Junge das Tier nicht
sel bst schlachten - dies ist
traditionell Männersache
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Den Ball fest im Blick: Ein klarer Fokus h i lft bei der Meditation - und beim
Basketball. D i e buddh istischen Mönche des Klosters in Zorge Ritoma treffen

T IB E T sich nach der Arbeit auf dem Hof, um i h r Ballgeschick zu trainieren

Verrückt nach
Körben
Die Bewohner im Hochland T i bets
haben ihre Leidenschaft für Basket­
ball entdeckt - auch d i e Mönche

Wenn Nomaden im tibetischen Hoch­


land sich in Wettkämpfen maßen, dann
geschah dies über Jahrhunderte auf dem
Rücken der Pferde. Inzwischen aber hü­
ten viele ihre Yakherden mithilfe von
Motorrädern oder sind sesshaft gewor­
den. Damit gewann ein neuer Sport an
Popularität: Basketball.
Zarge Ritoma ist eine Siedlung ehe­
maliger Nomaden auf 3200 Meter Höhe
am nordöstlichen Rand des tibetischen Auf dem Hügel neben dem Basketballplatz in Zorge Ritoma lassen
Hochplateaus. Wenn über den Dächern die Dorfbewohner ihre Schafe weiden. Während der Trainingsstunden und
des Ortes die Sonne aufgeht, ist vom Turniere dient der Hang auch als provisorische Tribüne für die Zuschauer

18 Kosmos G E O 08 2019
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Basketballplatz schon das Aufschlagen Tierhäuten gefertigt waren; als Körbe


der Bälle zu hören. Der rhythmische dienten Holzreifen. Mittlerweile drib­
Klang ist den Menschen hier ebenso beln die Tibeter mit professionellen
vertraut wie der Klang der Gebete in Basketbällen über den Platz und orga­
den buddhistischen Klöstern. nisieren sich in Mannschaften.
Vor einigen Jahrzehnten spielten die Dass die besten Teams sich regelmä­
Dortbewohner noch mit Bällen, die aus ßig in Turnieren messen können, ist
auch dem Amerikaner Bill Johnson zu
verdanken. Der einstige Profi-Basket­
ballspieler wurde 2015 als Trainer der
Mannschaft einer örtlichen Textilma­
nufaktur angeheuert. Inzwischen haben
sich sogar die buddhistischen Mönche
von der Basketballbegeisterung anste­
cken lassen. In ihren Kutten j agen sie
sich selbst bei frostigen Temperaturen
gegenseitig den Ball ab.
Ein ungewohnter Anblick für die Be­
Die Frauen aus Zarge Ritoma gründeten
wohner des Dorfes war es, als 2016 auch
das erste Damen-Basketballteam der
die Frauen ein Basketballteam gründe­
Region und gehen seitdem regelmäßig
ten. Inzwischen bietet ihnen der Sport
zum Training (1. o.). Die Männer des
Ortes stimmen sich auf ein Turnier
sogar Gelegenheit, zu verreisen: Weil es
in der Stadt Hezuo in der c h inesischen in Tibet keine anderen Damenmann­
Provinz Gansu ein (o.), mentale schaften gibt, fahren die Sportlerinnen
Unterstützung erhalten sie von einer aus Zorge Ritoma etwa zu Wettkämp­
Gruppe tibetischer Mönche ( 1 . u.) fen nach Hongkong.

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NACHHAlTIGKElT

Weg mit dem Beton


Der Natur zuliebe wurden in den USA bereits 1400 Staudämme
abgerissen: Die Bauwerke stören das ökologische Gleichgewicht
von Flüssen. Auch in Europa beginnt ein Umdenken

Rund hundert Jahre lang war der Elwha für Fische dass der Nutzen einer C02-freien Stromerzeugung
ein verlorener Fluss: Nur acht Kilometer hinter dies nicht aufwiegt.
der Mündungversperrte eine 33 Meter hohe Stau- Auch in Europa - in Frankreich, Spanien, Po­
mauer den Weg zu möglichen Laichplätzen. 13 Ki- len und Großbritannien - gebe es 30 000 über­
Iometer weiter türmte sich gar ein 64 Meter hoher flüssige Wehre, so die Initiative Dam Removal Eu­
Damm auf. Statt 400000 wie einst fanden daher rope. Umweltorganisationen zufolge treffen Fische
zuletzt nur 3000 Fische ihren Weg flussaufwärts. in Europas Flüssen durchschnittlich alle 1000 Me-
Doch dann kamen die Bagger: 2011 begannen ter auf eine unnatürliche Barriere. 20 Prozent der
sie zwei Dämme im Bundesstaat Washington im europäischen Flüsse seien in schlechtem ökolo­
Nordwesten der USA abzureißen und machten so giseben Zustand, warnt die Umweltagentur der
den Weg frei: für Tiere und Treibgut, Nährstoffe EU. Ein wichtiger Grund: Hindernisse im natür­
und Samen, Sauerstoffund Sedimente - allesamt Iichen Wasserlauf. Nach dem Vorbild der USA ha­
Elemente eines funktionierenden Ö kosystems. ben daher mehrere europäische Staaten die Um-
Seit Jahren schon fordern Gewässerforscher setzungvon Abrissplänen vorverlegt. In Schweden
und Naturschützer derartige Maßnahmen, um etwa verschwanden bereits 1600 kleinere Hinder­
das ökologische Gleichgewicht von Flüssen wie- nisse, in Frankreich sogar 2400 - damit haben
derherzustellen. Die USA haben sich dabei an die diese Länder selbst den Pionier USA überholt.
Spitze der Bewegung gesetzt, die für den Rückbau Dort sind die Erfolge der Rückbauprojekte in­
überflüssiger Dämme und Wehre kämpft. Allein zwischen messbar: Am Elwha etwa kehrten die
2018 wurden dort 82 solcher Bauwerke abgeris­ Lachse ein Jahr nach Rückbau des ersten Stau­
sen, insgesamt verschwanden in dem Land in den damms zurück - deutlich früher als von Biologen
vergangeneu 30 Jahren knapp 1400 Staumauern. erwartet. Ihnen folgten Vögel, die sich von Fisch­
Rückgebaut werden meist Dämme, die nicht mehr eiern ernähren, aber auch Marder, Biber, Elche
als Wasserspeicher gebraucht werden; oder Anla­ und Spitzmäuse, die sich auf dem frisch bewach­
gen, die ein Ö kosystem so schwer beeinträchtigen, senen Grund der ehemaligen Stauseen ansiedeln.

Meter hoch war einst die


Staumauer des Glines Canyon

Weltweit wurde nie ein größerer Damm


abgerissen: Seit 2011 schlugen Bagger immer
mehr Kerben in die Staumauer. Inzwischen kann
das Wasser frei fließen, kann ungehindert
Fische und Sedimente transportieren. Vor der
Mündung entstanden Sandbänke - heute die
Heimat von Krebsen, Fischen und Muscheln

20 Kosmos
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BU L G AR I E N

Die Absahner
Wo d i e Menschen lange leben: Ein Marketing-Gag in China sorgt
f ü r überraschenden Besucherandrang in Bulgarien

Vom Bergdorf Momchilovtsi haben selbst in Bulgarien nur


wenige Menschen gehört: Ganz im Süden des südosteuropä­
ischen Landes liegt es verborgen in der hügeligen Landschaft
des Rhodopen-Gebirges. In China dagegen ist der Name des
Ortes weithin bekannt: Denn in Fernost ist ein Trinkjoghurt
nach dem bulgarischen Dorf benannt.
Geworben wird für das Produkt mit dem Slogan: "Wo die
Menschen lange leben." In Momchilovtsi würden besonders
viele Hundertjährige wohnen, heißt es in der Marketingkam­
pagne des Herstellers. Belegt ist das nicht.
Doch der gute Ruf reicht, um chinesische Touristen an­
zulocken: Reisegruppen fahren mit Bussen vor, wandern auf
dem "Spazierweg des langen Lebens" oder folgen Wegwei­
sern mit chinesischen Schriftzeichen, die zu Joghurtverkos­
tungen führen.
Die Dorfbewohner lernen mittlerweile Mandarin. Sie wol­
len sich mit den Besuchern aus China unterhalten können -
Zum Joghurt-Festival kommen jedes Jahr 5000 Gäste und natürlich vom Joghurttrend profitieren.

AUSTRA L I E N

Sie brennen für


den Artenschutz
Martu-Aboriginals wohnen wieder in
ihrer alten Heimat u n d legen wie zu
früheren Zeiten Buschfeuer. Das hilft,
ein komplexes Ökosystem zu pflegen

Dürren und Politiker verdrängten im


20. Jahrhundert die Martu aus ihrer
Heimat - dabei hatte der Stamm seit
Jahrtausenden in Australiens Western
Desert gelebt. Womit niemand rechnete:
Mit den Menschen verschwanden auch
Tiere, etwa das Bürstenkänguru.
Das stellte Forscher vor ein Rätsel:
Wo der Busch brennt, entsteht bald schon wieder eine vielfältigere Vegetation
Artensterben beginnt normalerweise,
wenn der Mensch ins System eindringt,
nicht, wenn er es verlässt. Heute leben Buschfeuern kleine Tiere, zum Beispiel wiederum diverse Tierarten ernähren
wieder etwa 800 Martu in ihrer alten Goannas, eine Waran-Art. Weil sich da­ könnten; einige Zonen bieten Schutz
Heimat - und auch zahlreiche Tierarten durch Teile der Landschaft permanent vor Raubtieren, andere weniger. Die
kehrten zurück. Wissenschaftler ent­ in unterschiedlichen Entwicklungssta­ Schneisen stoppen außerdem größere
schlüsselten nun den Zusammenhang: dien befinden, wachsen in ihnen auch Buschbrände, die über weite Flächen
Seitjeher jagen die Martu mithilfe von verschiedene Pflanzen, von denen sich alles Leben vernichten würden.

22 Kosmos GEO 08 2019


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JAPAN

Abgestempelte Tradition
Zu umständl ich: Persönliche Namenssiegel
als Signatur könnten bald aus dem Leben der
Japaner verschwunden sein

Jede Eheurkunde, jeden Mietvertrag schmücken


zinnoberrote Abdrücke; sogar Rechnungen müssen
mit einem Namensstempel signiert und zur Bank
getragen werden. Statt Dokumente zu unterschrei­
ben, drücken die Japaner eigene Siegel mit roter
Tinte auf das Papier. Das Stempeln mit dem hanko
ist eine j ahrhundertealte Tradition.
Doch nun setzte sich Wissenschaftsminister Ta­
kuya Hirai dafü r ein, dass Verwaltungsangelegen­
heiten digital erledigt werden können - der Hanko
sei ein Hindernis für die moderne Bürokratie. Auch
mehrere japanische Banken verlangen für die Er­
öffnung eines Kontos keinen Hanko-Abdruck mehr.
Einst waren die Namensstempel aus China ein­
geführt worden und dem Adel vorbehalten; seit dem
19. Jahrhundert sind sie in der gesamtenjapanischen
Bevölkerung verbreitet. Die Siegel werden aus Ma­
terialien wie Hartholz, Knochen oder Speckstein
geschnitzt. Oftmals nutzen Japaner sogar mehrere
Hanko - darunter einen gegen Betrug geschützten
Stempel, der jitsuin genannt und behördlich regis­
triert wird. Mit ihm werden besonders wichtige Do­
kumente wie Mietverträge signiert.
Traditionalisten sind über die schleichende Ab­
schaffung des Hanko entsetzt. Doch Zuwanderer
könnten die Tradition nun retten: Viele Ausländer
lassen sich Siegel anfertigen - die Hersteller bieten
sogar an, westliche Namen in japanische Kanji-Zei­
chen zu übertragen.

Edle Hanko werden eigens für ihre Besitzer per


Hand geschnitzt, vorgefertigte Stempel aus Gummi
hingegen kommen als Massenware aus der Fabrik

GEO 08 2019
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DIE WELTVERBESSERER

Retten und essen


Nutzer der App »Tao Good To Go«
bewahren Lebensmittel vor
dem Abfalleimer - und erhalten
günstig Restaurantgerichte

Eine Portion Ochsenbackenragout mit


Pastinakenpüree aus einem Gourmet­
restaurant für 3,90 Euro. Croissants, Auf­
schnitt und Obstsalat vom Frühstücks­
büfett eines Hotels für 3,70 Euro: Wer
sich bei der digitalen Plattform "Too
Good To Go" registriert, gelangt für we­
nig Geld an Gerichte aus Profiküchen.
Doch zugleich will das im Jahr 2016 in
Dänemark gegründete Start-up Lebens­
mittel vor dem Mülleimer retten.
Denn nach Schätzungen der UN wer­
den weltweit pro Jahr rund 1,3 Milliar­
den Tonnen Essen weggeworfen - etwa
ein Drittel dessen, was an Nahrung über­
haupt produziert wird. Projekte wie
Die Tafel Deutschland e. V. kooperieren
mit Läden und Supermärkten, sammeln
übrig gebliebene Lebensmittel ein und
verteilen sie an Bedürftige. Nur: Wur­
de Essen einmal aufgetragen, etwa an
einem Büfett, darf es in Deutschland in
der Regel nicht mehr weitergegeben
werden. Der Kunde muss es dem Hotel,
Restaurant oder Cafe direkt abnehmen.
Laure Berment, 30 (1.), ist die Geschäftsfü hrerin, Teresa Rath, 28, die
"Too Good To Go" schließt unter an­
Marketingchefin von »Too Good To Go« Deutschland. Sie verstünden sich a l s
derem diese Lücke: Bei derzeit etwa Teil einer weltweiten Bewegung v o n Essens-Rettern, sagen die beiden
3000 Betrieben in Deutschland können
Interessierte über die App sehen, wo in
ihrer Nähe überproduzierte oder übrig dung gewöhnt: "Wir wollen den Men­
gebliebene Speisen angeboten werden. schen helfen, ihr gewohntes Verhalten
Die Abnehmer zahlen online und holen zu ändern, indem wir Anreize schaffen
das abgepackte Essen selbst ab - zwei und sie fürs Essen-Retten belohnen."
Millionen Menschen in Deutschland Die App schaffe eine Win-Win-Win­
nutzen das Angebot bereits; pro Portion Situation: Da weniger Ressourcen ver­
gehen 1,90 Euro an die Plattform. Seit braucht würden, profitiere die Umwelt.
2016 habe "Too Good To Go" so europa­ Günstige Preise und die Möglichkeit,
weit 16 Millionen Mahlzeiten gerettet­ nachhaltig einzukaufen, erfreuten die
das entspräche rund 40 000 eingespar­ Konsumenten. Gastronomen schließ­
ten Tonnen C02• lich ließen sich nicht zuletzt durch die
Niemand werfe gern Lebensmittel Werbewirkung der App zum Mitmachen
weg, sagt Laure Berment, Leiterin des überzeugen: Wer einmal gutes Essen
Ob Bagels, Croissants oder E i ntopf - deutschen "Too Good To Go"-Teams. abgeholt hat, komme oft als Gast wie­
viele verschiedene Betriebe machen mit Viele hätten sich bloß an Verschwen- der, so das Versprechen.

24 Kosmos GEO 08 2019


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SO WIRD IHR ABEND


MIT FREUNDEN
Warum mit EINMALIG!
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Ihren Liebsten zuletzt ungeteilte Auf­ kennt es nicht"? Sobald der Blick - wenn

mehr Zeit für merksamkeit geschenkt"? Nein, wir wol­ auch nur kurz - aufs Smartphone ge­
len Ihnen kein schlechtes Gewissen ma­ richtet ist, ist es fast unmöglich, dem

unvergessli­ chen - es geht uns doch allen so! In der Gespräch zu folgen, geschweige denn
Hektik des Alltags wird es immer aktiv teilzunehmen. Wäre es da nicht

che Momente schwieriger, all seine Liebsten an einen herrlich, beim nächsten Get-together
Tisch zu bekommen. Umso wichtiger ist das Smartphone gar nicht erst in die
bleibt es, diese wertvollen Momente in vollen Hand nehmen zu müssen"?
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' mi- Mit Aiexa, stell einen Quinoa-Timer für
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WESTJORD A N L AN D

Die Bürde der


Barmherzigen
Am Berg Garizim halten die letzten Samaritaner
ihren Glauben hoch. Damit ihr uraltes Volk
überlebt, opfern die Jungen ihre Freiheit. Jeder
Einzelne muss helfen. Und eine Heiratsagentur

Text: Alexandra Rojkov, Fotos: Gael Turine

Der P riester reckt


beim Schawuot­
Fest die Tara gen
Himmel. Seit
biblischen Zeiten
leben und feiern
die Samaritaner an
ihrem heiligen
Berg Garizim. Dass
es sie noch gibt,
grenzt an ein
Wunder. Nur mehr
800 Mitglieder
zählt die Religions­
gemeinschaft
heute. Und jedes
wird gebraucht

28 GEO 08 2 0 1 9
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seine Wallfahrt be­


B E V O R A B D U L L A H C O I-J E N
ginnt, drückt er drei kleine Pilze ins Nutellabrot.
Die Drogen sollen ihm helfen, eine mehr als 2000
Jahre alte Zeremonie zu überstehen. Und damit
sein Volk zu retten. So erzählt es Abdullah, als der
Rausch einsetzt.
Er streift das weiße Gebetsgewand über seine
Shorts und setzt den roten, zylinderförmigen Fes
auf den Kopf. An diesem Tag beginnt das Laub­
hüttenfest, und er ist jetzt bereit, auf den Berg
Garizim zu steigen, wie es seine Vorfahren seit
Generationen getan haben, so wie seine Genera­
tion es fortsetzen soll. 800 Samaritaner gegen das
Aussterben. Abdullah Cohen ist einer von ihnen.
Aus den Häusern strömen nun weiß gewandete
Männer, Abdullahs Großvater, der Hohepriester,
setzt sich an die Spitze des Zuges. Sie preisen den
Ewigen, den Gott, der in einer Sprache spricht, die
nur noch in den Büchern der Samaritaner exis­
tiert, ihre Rufe branden durch das Dorf Kiryat
Lusa. Touristen richten Kameras auf die Nachfah- Abdullah Cohen
ren eines Helden, den sie aus der Bibel kennen, ist 24, interessiert Drogen zwischen ihm und der Tradition: Der 24-
des "barmherzigen Samariters". Von ihm erzählt sich für Informatik Jährige folgt den Ritualen, aber erlaubt sich dabei
und Hirnforschung.
das Evangelium nach Lukas: Nur der selbstlose Ausflüge in eine andere Welt. Auf der Bergspitze,
Doch sein Volle
Samariter half einem Verletzten, den Räuber über­ dort, wo Abral1am nach biblischer Überlieferung
erwartet etwas
fallen und halbtot liegengelassen hatten. seinen Sohn Isaak opfern sollte, reißt Abdullah
anderes von ihm:
Abdullah Cohen taumelt an den Touristen vor­ die Augen auf. Die Sonne ist aufgegangen, der
Er muss mit einer
bei und murmelt mit geschlossenen Augen die Samaritanerin
Berg liegt in rötlichem Nebel, der Hohepriester
Psalme. Samaritaner dürfen keinen einzigen Got­ Kinder bekommen. reckt die Thora in die Höhe. Abdullah lächelt.
tesdienst verpassen, doch Abdullah findet, physi­ Nur so überlebt Das kleine Volk, zu dem er gehört, lebt seit Jahr­
sche Anwesenheit reiche aus. Das ist sein Kom­ die Gemeinschaft tausenden an einer Flanke des Berges Garizim
promiss. Sein Körper gehört seinem Volk. Seine und pflegt bis heute uralte Riten: feiert Feste wie
Gedanken aber sind frei. in biblischer Zeit, mit Wallfahrten und Opfertie­
Er war 19 Jahre alt, als er sich mit einem Kum­ ren, fastet, lebt nach der Tora und stemmt sich
pel zum ersten Mal betrank. Zwei Jahre später gegen das Verschwinden. Auch Abdullah will sich
rauchte er den ersten Joint. Seitdem vermitteln an die Gebote halten: "Sie haben Tausende Jahre

30 GEO 08 2019
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überdauert", sagt er. "Es ist meine Pflicht, sie fort­ DAS D O R F D E R SAMARITANER

zuführen". Die Samaritanerverstehen sich als Be­


wahrer einer ursprünglichen israelitischen Reli­
gion. Der Berg im Westjordanland ist ihr heiligster
Ort, weder Religionskriege noch Zwangskonver­
tierungen konnten sie von dort vertreiben. Aber
sie haben sie klein gekriegt: Eine Million Samari­
taner soll es in biblischen Zeiten gegeben haben,
heute sind es rund 800. Und von diesen Mitglie­
dern erwartet die Gemeinschaft, dass sie sich auf­
opfern für das große Ziel: am Leben zu bleiben. So
ist die Selbstlosigkeit ihres Urahns ein Fluch für
die jungen Samaritaner, deren Träume nicht alle
auf dem Berg Garizim spielen. West­
Jeru• jordan­
Am Gipfel, so glauben sie, erhob sich im vier­ salt!m land
ten Jahrhundert v. Chr. ihr Tempel, ein Ort, den ISRAEL

Gott auserkoren hatte. Der Berg steht oberhalb


der palästinensischen Stadt Nablus, nur einen
Fußmarsch entfernt von der israelischen Siedlung
Kiryat Lusa, Heimat der meisten der rund
Har Brakha. An einem Hang, eingeengt zwischen
800 Samaritaner, liegt zwischen der palästinensischen
den Fronten des Nahostkonflikts, liegt das Dorf
Stadt Nablus und der israelischen Siedlung Har Brakha.
Kiryat Lusa. Eine einzige große Straße führt hin­
Balata ist ein palästinensisches Flüchtlingscamp
durch, nur Samaritaner wohnen dort. Sie sind so
vertraut miteinander, dass die Frauen oft im Ba­
demantel durch den Ort spazieren. Es gibt einen ein Kind das Schlaflied seiner Mutter mag. Doch
Supermarkt, eine Synagoge und den Alkohol- Shop wenn Kinder älter werden, reichen ihnen Wiegen­
"Der gute Samariter", in dem sich Palästinenser lieder nicht mehr. Sie entdecken Rock und Rap
aus dem Tal an Wochenenden eindecken. Touristen und lassen die Welt in ihr Leben.

a
Abdullah Cohen kam in Kiryat Lusa zur Welt. besichtigen das
Josefsgrab beim
Als Kind kletterte er am Gipfel des Berges umher, B D U L L A H G L A U B T an die Evolution,
Berg Garizim,
als Jugendlicher streunte er durch die goldenen interessiert sich für Gehirnforschung
der jüdische
Hügel der Landschaft. Wenn er abends in den Ort und mag Computerspiele. Unter dem
Stammvater soll
zurückkehrte, hörte er von Weitem die Gesänge hier begraben
Gebetsbuch auf dem Tisch in seinem
aus der Synagoge: althebräische Psalme, deren liegen. Auch Zimmer liegt ein Ratgeber über die Psychologie
Klang an ein Meer erinnert, das sich aufbäumt Christen und des Erfolgs. Dabei weiß er, dass jeglicher wissen­
und wieder abschwillt. Abdullah mag sie, so wie Muslime verehren schaftliche Eifer vergeblich ist. Seine Eltern, sei­
die heilige Stätte ne Familie, sein Volk - sie fordern etwas anderes
von ihm: Abdullahs Leben soll dem Erhalt der Ge­
meinschaft dienen. Er muss eine Frau finden, die
Samaritanerin ist, und mit ihr Kinder bekommen.
Nur so kann sein Volk überleben. Doch das gestal­
tet sich schwierig, denn Samaritaner dürfen nach
altem Ritus nur untereinander heiraten. Wegen
des Frauenmangels aber erlauben die Hohepries­
ter seit einigen Jahren auch Nicht-Samaritane­
rinnen als Ehefrauen. Die Bedingung: Sie müssen
bereit sein, sich den Traditionen zu unterwerfen,
müssen an Sabbat ruhen. Während ihrer Periode
leben sie in einem abgetrennten Raum ihres Hau­
ses, und alles, was sie berühren, muss gereinigt
werden, selbst ihre Kinder. Und: Sie müssen Kin­
der bekommen und sie zu Samaritanern erziehen.
Je mehr, de sto besse r.
Doch keine israelische oder palästinensische
Frau war bereit, so zu leben. Deshalb wandte sich

GEO 08 2019 WEITER A U F SEITE 35 31


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Im Haus seiner
Eitern hat
Abdullah Cohen
ein weißes
Gewand angelegt
und sich einen Fes
auf den Kopf
gesetzt. So ist er
bereit für das
Festtagsgebet am
Sabbatanfang.
Auch a m Samstag
wird er in die
Synagoge gehen:
Da betet e r acht
Stunden lang

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Alexandra Krasjuk
heißt heute Shura
Abdalmoeen
Cohen. Eine
Hei ratsagentur aus
der Ukraine
vermittelte sie an
einen Samaritaner.
Nun lebt sie seit
Jahren in Kiryat
Lusa, wo sie
daheim und doch
nicht ganz zu
Hause ist

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die Gemeinde 2003 an eine Heiratsagentur in der WER SIE S I N D Jahren gelebt." Auch die Lieder und Gebete sind
Ukraine. Sie boten den Frauen ein sicheres Aus­ Ihrem Glauben andere, genauso wie die Art des Gebets. Juden be­
kommen: Weil die Samaritaner in Israel arbeiten, nach sind die ten im Stehen, oder sie sitzen aufHolzbänken. Die
aber günstig im Westjordanland leben, ist die Ge­ Samaritaner Synagogen der Samaritaner ähneln dagegen op­
Nachfahren der
meinschaft vergleichsweise wohlhabend. Rund tisch einer Moschee und ihre Gewänder denen is­
zwölf biblischen
ein Dutzend Ukrainerinnen folgten dem Ruf. Die lamischer Derwische. Die Muttersprache der
Stämme Israels.
Strenge in Kiryat Lusa erschien ihnen erträgli­ meisten Samaritaner ist Arabisch. Und, erklärt er,
Wie die Juden
cher als das Leben in ihrer Heimat. glauben sie
sie haben ihre Heimat nie verlassen.
Abdullah ist seit Kurzem verlobt: mit seiner an JHWH (Jahwe), Abdullah will fortfahren, da meldet sich ein
Cousine, einer Pädagogikstudentin, die sich für sie erkennen aber Mann aus der Gruppe. "Heißt das, ein Samaritaner
Klamotten und türkische Soap-Operas interes­ nur d i e fünf darf nie woanders als in Kiryat Lusa wohnen?",
siert. Abdullah sagt, er habe Gefühle für das Mäd­ Bücher Mose als fragt er. Abdullah stockt. "Es ist nicht explizit ver­
chen, doch er spricht nie unaufgefordert von ihr. Heilige Schrift an. boten", antwortet er schließlich. "Aber die Gemein­
"Eine Ehe ist nicht nur eine persönliche Entschei­ Der Berg Garizim schaft würde es nicht akzeptieren."
dung", sagt er. "Sondern auch eine Entscheidung ist i h r religiöses
Zentrum: Im
für dein Volk." E R S I C H S E L B S T verwirklichen

w
4. Jahrhu ndert
Als Abdullah ein Kleinkind war, rief sein Groß­ will und Kiryat Lusa verlässt, gilt
v. Chr. erbauten
vater ihn vor dem Schlafengehen zu sich. Er gab nicht mehr als Samaritaner. Jeder
Gläubige dort
dem Jungen einen Bleistift und ein Blatt Papier. einen Tempel
Aussteiger bringt sein Volk dem
Gemeinsam malten sie Schriftzeichen, die Abdul­ Aussterben ein Stück näher. Der Erhalt der Ge­
lah von da anjeden Abend übte. Es waren althebrä­ meinschaft steht über dem Wohl des Einzelnen.
ische Buchstaben, eine Sprache, die nur noch in Dieser Kodex rettete die Gemeinschaft bislang vor
den Büchern der Samaritaner existiert. dem Aussterben. Doch das hat seinen Preis.
Trotzdem lerntjedes Kind in der Gemeinde die Abdullah war dreimal im Ausland; in London,
Schrift. Genau wie jedes Kind am höchsten Feier­ Warschau und Wien. Jedes Mal musste er am Frei­
tag fastet. Nachbarn klingeln an den Türen, um tag umkehren: Er durfte das Sabbat-Gebet nicht
die Kinder zum Gottesdienst abzuholen. Wer nör­ verpassen. Gern würde Abdullah mehr reisen, nach
gelt oder sich während der Zeremonie aus der Island und in die USA. "Ich würde gern im Aus­
Synagoge schleicht, den sammeln Mitglieder der land studieren, wissenschaftlich arbeiten", sagt er.
Gruppe wieder ein. "Die Tradition steht für die "Aber das ist nur ein Traum."
Als sie Hochzeit
Samaritaner über allem", sagt Abdullah. Abdullah blickt sich im Museum um: An den
feiern, sind
Er hat Marketing an der Universität von Nablus Jair Cohen und
Wänden hängen biblische Verse und alte Schwarz­
studiert, die nur wenige Kilometer von Kiryat Lusa Alexandra Krasjuk Weiß-Fotos, die Samaritaner bei der Wallfahrt zei­
entfernt liegt. Doch auf Wunsch seiner Familie ar­ einander gen. "Es war so schwer, unsere Kultur zu bewahren",
beitet Abdullah im Samaritaner-Museum. Es be­ noch fremd
findet sich am Ende einer Seitengasse: ein schmuck­
loser Raum, in dem die Gebetskleidung und eine
Tararolle ausgestellt sind, dazu Tongefäße und ein
Plastikmodell des Heiligen Berges. Das wichtigs­
te Exponat ist Abdullah selbst. Er führt Gruppen
durch die Ausstellung und ist dabei Guide und
Museumsstück in einem: einer der letzten Über­
lebenden einer beinahe ausgestorbenen Kultur.
Einige Tage nach der Wallfahrt lotst Abdullah
eine Gruppe Amerikaner durch die Räume. Ab­
dullah hat Augenringe, brütet eine Erkältung aus.
Trotzdem sagt er niemals einer Gruppe ab und lä­
chelt immer, auch wenn ihm nicht danach ist. Die
Besucher sollen den einzigen Samaritaner, den sie
je treffen werden, in guter Erinnerung behalten.
Auch das ist Teil des Dienstes an seinem Volk.
Geduldig erklärt Abdullah den Glauben der Sa­
maritaner, die Unterschiede zum Judentum. "Die
Juden beten nach Jerusalem, wir zum Berg Gari­
zim. Hier haben wir Samaritaner seit Tausenden

GEO 08 2019 35
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sagt Abdullah und deutet auf die Bilder. "Wenn ich und reinen Judentums, das nicht durch eine Di­
gehe, bekomme ich Freiheit. Aber die Welt ver­ aspora verfälscht wurde und das Heilige Land nie­
liert dafür etwas Wertvolles." mals verließ. Historisch belegt ist diese Version
nicht. Viele Juden halten die Samaritaner für Ab­
U A L L E N Z E I T E N unterdrückten Be­ trünnige, die sich mit den jeweiligen Besatzern

z satzer das Volk: Sie brachten die Sama­


ritaner um oder zwangen sie, zum Is-
lam zu konvertieren. So wurden sie
des Heiligen Landes mischten.
Fakt ist: Während die Assyrer untergingen und
die Juden nur überdauerten, weil viele ihre Hei­
immer weniger. Mehrmals wären sie fast ausge­ mat aufgaben, leben die Samaritaner noch an ih­
löscht worden: Anfang des 20. Jahrhunderts leb­ rem Ursprungsort Der Historiker Nathan Schur
ten nur noch 141 Samaritaner. Im Jahr 1954 dann schreibt, die Samaritaner seien vermutlich die
bot ihnen Israels damaliger Präsident Jizchak Ben kleinste Gemeinschaft, die es geschafft hat, ihre
Zwi Asyl in Israel an, um sie vor dem Aussterben Abdullah behält Identität über so viele Jahrhunderte zu bewahren.
zu retten. Ungefähr 100 Mitglieder folgten dem Anschluss an die Das Volk gleiche "einer winzigen Barke, umgeben
Ruf, ein Teil der Gemeinschaft wohnt heute in der Weit, nutzt wie von den hohen Wellen der feindlichen See".
Nähe von Tel Aviv. fast alle im Ort Obwohl sie fromm sind, besuchen die Bewoh­
das Internet.
Die Samaritaner glauben, sie seien Nachfahren ner von Kiryat Lusa palästinensische Schulen und
Oft zockt er bis tief
der zwölf Stämme, die biblischen Quellen zufolge Universitäten, sie dürfen Alkohol trinken, einer
in die Nacht mit
vor etwa 3000 Jahren das Volk der Israeliten bil­ Arbeit nachgehen. Die Frauen tragen zu Feierta­
Gegnern aus
deten. Als die Assyrer, die Teile des Nahen Ostens gen kurze Röcke und High Heels, und alle nutzen
anderen Ländern.
besetzt hatten, sie im Jahr 722 v. Chr. verschlepp­ Nur samstags
das Internet: Abdullah spielt mit Gegnern aus al­
ten, blieb eine kleine Gruppe Israeliten im Land. nicht: Dann geht ler Welt um die Wette, manchmal die halbe Nacht.
Die Samaritaner behaupten, Nachfahren dieses er um drei U h r Jeden Samstag aber steht er um drei Uhr mor­
Zweigs zu sein: Anhänger eines ursprünglichen morgens i n gens auf, tauscht Sweatpants gegen Gebetskleid
d i e Synagoge
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"Ich mag keines der Mädchen", sagt Breeto. Der


27-Jährige mit den Sommersprossen und dem
kupferfarbenen Haar hat Abdullah vor dem Mu­
seum abgeholt, nun holpern sie mit seinem grau­
en Auto über einen Fel dweg hinter dem Dorf. An
einem Abhang hält Breeto. Von hier aus blicken
sie auf die Lichter der palästinensischen Ortschaft
Balata. Hinter ihnen, auf der anderen Seite des
Berges, liegt ein israelischer Militärposten. Die
Samaritaner stecken nicht nur zwischen der bib­
lischen und der modernen Welt, sondern auch
zwischen den Fronten des Nahostkonflikts. Sie
pflegen zu beiden Seiten gute Beziehungen und
besitzen sowohl die israelische als auch die paläs­
Kiryat Lusa gilt tinensische Staatsangehörigkeit.
und geht in die Synagoge. Vor dem Eingang streift als friedlicher Breeto langt auf die Rückbank und holt ein
er seine Schuhe ab, dann setzt er sich in die Ecke Flecken i m Holzkästchen hervor. Darin bewahrt er sein Can­
des Gebetsraums, klappt sein Liederbuch auf und Westjordanland. nabis auf, das er in Israel kauft: Breeto arbeitet bei
Doch auch
beginnt, sich im Takt der Melodie zu wiegen. Für einer Autovermietung in Tel Aviv. Abdullah zer­
dort ist der
die nächsten Stunden. bröselt die Pflanze, sein Freund rollt den Joint.
Nahostkonflikt
Am Sabbat herrscht ein Ruhegebot. An Jom Sie treffen sich oft hier oben am Abhang, rauchen
al lgegenwärtig
Kippur, dem höchsten Feiertag der Samaritaner, Gras und sprechen über Mädchen.
fasten alle - selbst Kinder müssen 24 Stunden lang Ein süßlicher Geruch breitet sich im Auto aus.
ohne Essen und Trinken auskommen. Einmal nahmen Breeto und Abdullah zusammen
Wenn ein Baby geboren wird, darf es der Vater Ecstasy. Vier Stunden dauerte der Rausch, erzäh­
tagelang nicht berühren, weil es durch die Geburt len sie: Sie wollten die ganze Welt umarmen.
als unsauber gilt. Breeto und Abdullah sind nicht die einzigen Sa­
maritaner, die mit Drogen experimentieren. Es ist
s D Ä M ME R T,als Abdullah die Führung ihr Weg, der Enge ihres Ortes zu entkommen, der

e
Die jungen Männer
im Museum beendet hat. Er möchte sich anfühlt wie ein biblischer DruckluftkesseL
trinken vor einer
noch nicht nach Hause und auch nicht Zeremonie noch
Es gibt Samaritaner, die Besuchern hinter vor­
ins Internetcafe, wo ein paar Jugend­ ein Bier. Den gehaltener Hand berichten, sie hätten aufgehört,
liche Basketball schauen. Er ruft seinen Freund Alkohol gibt es im an Gott zu glauben. Trotzdem dürfen sie ihre Ge­
Breeto an. Sie sind entfernte Cousins, aber ver­ Shop »Der gute danken mit niemandem in Kiryat Lusa teilen. Wer
wandt sind in Kiryat Lusa irgendwie alle. Die Ge­ Samariter«
meinschaft besteht aus nur wenigen Familien, die
miteinander verbunden sind.
Viele Länder verbieten Inzucht zwischen Bluts­
verwandten: Zu groß ist die Gefahr, dass sonst
Erbkrankheiten entstehen. Bei den Samaritanern
sind solche Beziehungen normal. Das hat Folgen:
In Kiryat Lusa sieht man auffällig viele Menschen
mit Rollatoren oder Krücken, geistig Behinderte,
die ihre Gebete nur brabbeln. Seit einigen Jahren
lassen Frauen aus dem Ort deshalb während der
Schwangerschaft testen, ob ihre Kinder gesund
sind. Noch vor wenigen Jahren wurde jeder fünf­
te Embryo abgetrieben.
Oft, wenn Abdullah und Breeto sich treffen, re­
den sie übers Heiraten. Seit vielen Jahren spüren
beide den Druck, Familien zu gründen. Doch in
ihrer Altersstufe sind potenzielle Partnerinnen
rar: Aufzwei männliche Samaritaner kommt eine
Frau. Deshalb gibt es zwischen den jungen Män­
nern einen Wettbewerb.

GEO 08 2019 W E I T E R A U F SEITE 40 37


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Ein kleiner Junge


versucht, das Licht
zu fangen, das
durch ein Fenster
der Synagoge
von Kiryat Lusa
scheint. Die
Kinder wachsen i n
e i n e r behüteten
Gemeinschaft
auf, jedoch
mit unerbittlichen
Regeln: An
Jom Kippur etwa
fasten sogar
die Kleinsten,
sobald s i e
aus d e m Stillalter
heraus s i n d ;
a u c h Trinken ist
dann verboten

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Der Weg der einer Zweizimmerwohnung gelebt hatte, hoffte


jungen Generation auf ein Leben im reichen Israel, auf Sorglosigkeit
ist vorgezeichnet,
und Wohlstand. Dass sie Teil einer religiösen Ge­
sie werden das
meinschaft werden und auf palästinensischem
Leben ihrer
Gebiet leben sollte, verschwieg Jair. "Ich war ein
Vorfahren führen.
bisschen schockiert", sagt Alexandra über ihre
Sie wissen: Jeder
Aussteiger bringt
Ankunft in Kiryat Lusa. Niemand hatte ihr erklärt,
das Volk dem wie die Riten der Samaritaner funktionierten. Wie
Aussterben ein auch? Sie sprach weder Englisch noch Arabisch
Stückehen näher oder Hebräisch. Sie verstand nichts und dachte

den Glauben an Gott verliert, verliert seinen Platz


in der Gemeinschaft: Ein Ungläubiger würde ge­
mieden und ausgegrenzt und könnte nicht dauer­
haft in Kiryat Lusa leben. Die Freidenker verber­
gen lieber ihre Wünsche und ihre Zweifel, als die
Geborgenheit des Ortes zu verlassen.

a B D U L L A H U N D B R E E T O sprechen
oft über den Zwiespalt, den sie beide
spüren. Breetos Eltern haben - in Er­
wartung von Heirat und Kindern - be­
reits eine Wohnung angebaut, in der er mit seiner
Zukünftigen leben soll. Dabei gibt es noch gar kei­
ne Kandidatin. "Ich war mal in eine Jüdin aus Ne­
tanja verliebt", sagt Breeto, "aber mein Vater konn­
te nicht akzeptieren, dass sie keine Samaritanerin
ist." Er stellte Breeto vor die Wahl: das Mädchen
oder die Familie. Breeto trennte sich von ihr.
Die meisten jungen Samaritaner im Ort sind al­
leinstehend. Breeto möchte trotzdem keine Ukrai­
nerin heiraten. "Meine Ehefrau soll mich lieben
und nicht mein Geld", sagt er und zieht am Joint.
Die Beispiele, die er vor Augen hat, erscheinen
ihm wenig romantisch. So wie die Ehe von Jair
Cohen, einem Cousin von Abdullah. Jair war der
Erste in Kiryat Lusa, dem der Hohepriester eine
Ehe mit einer Ukrainerin genehmigte. 2003 sah
Jair im Portfolio einer Heiratsagentur ein Bild von
Alexandra Krasjuk. Da war sie 19 Jahre alt, ein Alexandras

pausbäckiges Mädchen aus der ukrainischen Ha­ Schwiegermutter


Shafiq hilft ihrem
fenstadt Cherson. Jair verliebte sich sofort in sie.
behinderten Sohn
Im Juli 2003 flog er in die Ukraine, um Alex­
Saloom beim
andra zu treffen. Sie gingen Pizza essen und in Ca­
Anziehen. Erb­
fes, am vierten Tag hielt er um ihre Hand an. Und
krankheiten treten
obwohl Jair doppelt so alt war wie sie, stimmte bei den Samari­
Alexandra der Ehe zu. "Ich war jung und übermü­ tanern oft auf,
tig", sagt sie heute. "Und viele Ukrainerinnen hei­ weil sie lange nur
rateten fremde Ausländer. Mir schien das ganz untereinander
normal." Alexandra, die zuvor mit ihren Eltern in heiraten du rften

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an Rückkehr. Aber war ein Leben in der Ukraine taner. Sie wollen ja ihre Kultur erhalten", sagt sie.
wirklich besser? Alexandra dachte an die Männer Dies ist nun auch ihre Aufgabe. Sie hat zwei Kinder
in ihrer Heimat, die oft zu viel tranken und ihre geboren, die als Samaritaner aufwachsen. Alex­
Frauen prügelten. An die Armut in ihrem Land. andra wohnt in einem dreistöckigen Haus, besitzt
"In der Ukraine musst du Angst haben, dass man ein Auto und muss nicht arbeiten. Jairs Familie
dich für ein paar Münzen umbringt", sagt sie. Mit sorgt für sie. Es ist ein Tauschhandel: ein Leben
den Jahren gewöhnte sie sich an Kiryat Lusa. Dar­ in Reichtum für das Überleben der Samaritaner.
an, dass alle im Dorf wissen, wann sie ihre Periode Manchmal, wenn Breeto und Abdullah im Auto
hat. Dass sie an Sabbat keinen Lichtschalter drü­ hocken und Gras rauchen, fantasieren sie davon,
cken darf. "Ich tue es aus Respekt für die Samari- abzuhauen: fort vom Berg Garizim, fort von den
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Abood Cohen, 23,


Samaritanern. Doch wohin sollten sie gehen? Wo­ blickt vom Berg Glut. Abdullah und Breeto, der nur einige Häuser
von leben? Breeto und Abdullah kennen nur das Garizim: Hierher weiter wohnt, lassen Feuerwerkskörper steigen.
brachte Abraham
Leben im Schoß ihrer Gemeinschaft. Ohne ihn "Es ist schön, einen Ort zu haben, an den man
dem Alten
wären sie frei, aber ziellos. Jede ihrer Autofahr­ gehört", sagt Abdullah. Einen Fixpunkt, unver­
Testament nach
ten endet damit, dass sie umdrehen und zurück­ rückbar seit Hunderten von Generationen. "Wer
seinen Sohn lsaak,
fahren nach Kiryat Lusa. kann das von sich schon sagen?" Was ist Wahlfrei­
u m ihn zu opfern.
Am nächsten Abend ist Abdullah zu Gast bei Auch Abood soll
heit gegen das Wissen, zu einem Volk zu gehören,
seinen Großeltern, deren Haus so nah liegt, dass ein Opfer bringen: das es nach allen Regeln der Geschichte gar nicht
er es von seinem Zimmerfenster aus sehen kann. auf eine sel bst­ mehr geben dürfte?
Eine Woche ist vergangen, seit die Samaritaner bestimmte Zukunft Seine Brüder schießen noch Feuerwerkskörper
gemeinsam den Berg Garizim erklommen, um verzichten in die Luft, da liegt Abdullah schon im Bett. Er hat
Gott zu danken, dass er ihre Vorfahren auf der Kopf- und Halsschmerzen, trotzdem muss er am
Wanderung durch die Wüste beschützte. Nach nächsten Tag früh aufstehen. Eine Touristengrup­
acht Tagen endet heute das Laubhüttenfest: Die pe hat sich angekündigt. Abdullah will ihnen von
Früchte und Zweige, die zu diesem Anlass an den den Traditionen seines Volkes erzählen. Er will
Zimmerdecken hingen, werden abgenommen. ein guter Samaritaner sein. \J)
Die ganze Familie hilft: Abdullah und seine bei­
den Brüder, seine Mutter, die Großeltern. Abdul­
lah hält die Leiter, während sein kleiner Bruder
Dan das Obst herunterholt. Aus Spaß rüttelt Ab­
dullah an den Sprossen, im Gegenzug lässt Dan
ihm einen Granatapfel auf den Kopf fallen. Ir­
gendwann raufen alle drei Brüder im Wohnzim­ GEO-Reporterin A L E X A N D R A R O J K O V ließ

mer und bewerfen sich lachend mit Obst. Später sich von einem Samaritaner aus der Hand lesen: Er

stehen sie gemeinsam am Lagerfeuer, das entzün­ sagte ihr einen Sohn voraus. Fotograf GA E L

det wird, um die Blätter zu verbrennen. Fast alle TU R I N E freute sich, dass er dabei sein konnte, als
aus dem Ort sind gekommen: Kinder hüpfen um ein Priester die heilige Abishah-Schriftrolle, eine

die Flammen, Mütter wärmen ihre Hände an der viele Jahrhunderte alte Tora, aus dem Tresor holte.

42 GEO 08 2 0 1 g
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VOLLE KONTROLLE
B E l H A R N V E R LU ST
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richt i g e n Schutz lässt s i c h e i n kreter, saugfähiger und komfortabler Pro­
a kt i ves Leben führen. tektoren und Pants speziell für Männer. Die
neue Generation TENA MEN Protektoren
wurde nochmal deutlich verbessert. Die
Einlagen sind bis zu 30 Prozent dünner,
dank einer verstärkten Sicherheits-Absorp­

H
arnverlust kennen nicht n u r ältere tionszone aber genauso sicher. Eine neue
Menschen. Auch Männer im "bes­ Schalenform sorgt für einen besonders
ten Alter" können davon betroffen d iskreten und bequemen Sitz in der Unter­
sein. Doch viele halten Harnverlust wäsche.
nach wie vor für ein reines Frauenproblem.
Nur die wenigsten wissen, dass es spezielle
und besonders s ichere Hygiene-Produkte WARUM BRAUCHT
für Männer gibt.
MANN DAS?
Von Nachtröpfeln bis starkem • Sicherer Schutz von Nachtröpfeln
Harndrang bis stärkerem Harnverlust
Harnverlust kann verschiedene Erschei­
• Maskuliner und bequemer Schnitt
nungsformen haben. Oft beginnt es mit läs­
tigem Nachtröpfeln, bei dem nach dem • Jetzt bis zu 3 0 % dünner und

Wasserlassen einige Tropfen in der Hose noch diskreter

landen. Andere Männer verlieren bei kör­ • Unerwünschte Gerüche


perlichen Anstrengungen unkontrolliert neutralisiert die Odour-Controi­
Urin, wie H usten oder dem Heben von Technologie
schweren Gegenständen. Bei der überak­
tiven Blase kommt es zu einem plötzlichen
und besonders starken Harndrang. Der
Druck tritt so unvorbereitet ein, dass es oft
nicht mehr möglich ist, eine To ilette zu er­
reichen.

An Harnverlust ist oft eine geschwächte


Beckenbodenmuskulatur schuld. ln vielen
Fällen macht aber auch die Prostata Prob­
leme, denn das Organ wächst das ganze TENA MEN gibt es in Super- und

Leben lang. Doch häufiger Harndrang oder Drogeriemärkten - und natürlich

unkontrollierter Harnverlust müssen das online.

Leben nicht beeinträchtigen. Zum Glück ist


es ganz einfach, etwas dagegen zu tun: Mit
speziellen Hygiene-Produkten können sich
Männer die volle Kontrolle zurückholen.

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und ein kostenloses Test-Paket gibt es auf www.tena.de/men
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ARTENSCHUTZ

Gut fürs Klima, s chlecht


Text: Johanna Romberg, Fotos: Julius Schrank

Ein Rotmilan schwebt i n


großer Gefahr: Er kreist
vor den Rotorblättern
einer Wind kraftanlage in
Thüringen, die ihn i m Nu
töten könnten. Die Klima­
wende fordert Opfer

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Windräder liefern weitgehend


C02-freien Strom - das hilft
gegen den KlimawandeL Doch
jedes Jahr sterben Hundert­
tausende Vögel und Fledermäuse
sowie Milliarden von Insekten
beün Zusammenstoß n1it den
Rotoren. Dieses Dilemma wirft
eine unbequeme Frage auf:
Wie viele Windkraftanlagen
verträgt die Umwelt?

I
I

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Beim Angriff auf ein


Beutetier entfaltet der
Rotmilan federleicht
seine Kraft. Seine Opfer
findet e r vorwiegend a m
Boden, was ihm zum
Verhängnis werden kann:
Er späht nach unten
und achtet nicht auf die
Rotoren, deren Spitzen
mit Tempo 300 durch
die Luft schneiden

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schon in Deutschland

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Konflikts stehen. Denn für sie ist dessen Atemzug genannt, und das scheint na­

E
Lösung nicht weniger als eine Überle­ heliegend. Denn die Erwärmung der
bensfrage. Und zwar nicht in ferner Zu­ Erde bedroht ja nicht zuletzt die Natur.
kunft, sondern schon jetzt. Durch Hitzewellen, die Korallenriffe
Das Fernziel zumindest ist klar. Es sterben lassen, Feuchtgebiete austrock­
gilt, zwei ökologische Jahrhundertpro­ nen und temperaturempfindliche Ar­
E s w I R D s o v I E L geredet, verhandelt jekte miteinander zu versöhnen. Zum ten bedrohen, durch Stürme und stei­
und gestritten über ihn - vielleicht soll­ einen den Schutz des Weltklimas, den gende Meeresspiegel, die küstennahe
te man ihn zunächst einmal in Ruhe an­ Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brenn­ Lebensräume verwüsten.
schauen. Das ist nicht so schwer. Der stoffe mit dem Ziel, die Erwärmung der Auch ich habe mir lange Zeit nicht die
Rotmilan gehört zu den Vögeln, die ver­ Atmosphäre auf höchstens zwei Grad Mühe gemacht, zwischen Klima- und
gleichsweise häufig sind, und er ist un­ gegenüber dem vorindustriellen Niveau Naturschutz zu unterscheiden. Noch
verkennbar. zu begrenzen. Zum anderen den Erhalt wenigerwäre es mir jemals in den Sinn
Man spaziert irgendwo übers Land, von Biodiversität, derVielfaltvon Tier­ gekommen, dass das eine mit dem an­
und da steht er plötzlich am Himmel, und Pflanzenarten, deren Zerstörung deren in Konflikt geraten könnte. Aber
oft wie aus dem Nichts aufgetaucht. Die auch bei uns bedrohlich voranschreitet. in letzter Zeit hat sich das geändert. Und
schmalen, schnittigen Flügel über an­ Klimakrise abwenden, Natur schüt­ das hat, unter anderem, mit dem Rot­
derthalb Meter weit gespannt und fast zen: Beide Anliegen werden oft in einem milan zu tun.
reglos - als ruhte er auf dem Luftstrom
wie auf einem unsichtbaren Kissen. Das
Gefieder: ein Farbdreiklang aus Weiß,
Tintenschwarz und hellem Rostrot. Am
intensivsten leuchtet der lange, gabel­
förmige Schwanz, der beim Verharren
in der Luft zumeist sachte hin und her
manövriert wie das Steuerruder eines
Segelbootes.
Ein mächtiger Flieger, ein wunder­
schöner Vogel. Seit einigen Jahren aber
auch Objekt eines erbitterten Streits
;

mit teilweise verhärteten Fronten. Ei­


nes Konflikts, den es streng genommen
gar nicht geben dürfte. Denn die beiden
Parteien, die sich gegenüberstehen, ha­
ben im Grunde dasselbe Anliegen: den
Schutz der Umwelt, den Erhalt der na­
türlichen Lebensgrundlagen.
Wer die Fronten in diesem Konflikt
genauer erkundet, wird zunächst mit
einem Schwall von Fachbegriffen kon­
frontiert, die auf den ersten Blick nicht
viel mit Umwelt und Natur zu tun ha­
ben. Abstandsregelung. Vorrangflächen­
ausweisung. Abschaltalgorithmus. Es
wird über Schlagopferstatistiken und
Tötungsrisiken ebenso diskutiert wie
über Megawattleistung und Emissions­
reduktionsziele. Es geht darüber hin­
Der Mäusebussard
aus um die Zukunft naturnaher Wälder,
steht a n der Spitze
unverbauter Flüsse und die Frage, wie
der Opferstatistik
viele Windräder man in eine Landschaft bei den Greifvögeln.
stellen kann, bevor sie sich in einen In­ Durch Windräder
dustriepark verwa ndel t. sterben jedes Jahr
Aber nicht zufällig sind es die Vögel, mehr als 1 0 000 der
die immer wieder im Brennpunkt des kompakten Jäger

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Harry und Gabriele


Seit meinem siebten Lebensjahr be­ griffe des Menschen in die Natur. Die Neumann von der
obachte ich Vögel. Sie faszinieren mich, Zerstörung von Lebensräumen durch »Naturschutz Initiative«
erfreuen mich, aber sie bereiten mir Waldrodung, Bejagung, Überfischung, bergen Vogelleichen,

auch Sorge - wie allen Menschen, die wuchernde Städte sowie die intensive doch sie finden längst
nicht alle getöteten
ihre Entwicklung verfolgen. Denn den Landwirtschaft mit ihren riesigen Fel­
Tiere. Viele der Schlag­
Vögeln geht es nicht gut. Mehr als die dern und dem ungebremsten Einsatz
opfer liegen in hohem
Hälfte aller in Deutschland heimischen von Dünger und Pestiziden.
Gras - und mitunter
Vogelarten sind gefährdet oder gar vom

s
Hunderte Meter vom
Aussterben bedroht. Ganz Europa hat E I T N E U E S T E M kommt ins­
Windrad entfernt
seit 1980 ungefähr ein Fünftel seines ge­ besondere in Deutschland eine
samten Vogelbestands verloren - rund neue Form der Landnutzung
421 Millionen Individuen. hinzu: Maßnahmen zum Zwe­ schaft auftauchten, habe ich mich ge­
Die Ursachen für diesen Rückgang cke des Klimaschutzes. Im Jahr 2000 freut, habe sie als hoffnungsvolle Zei­
sind gut erforscht, und der genaue Blick wurde das erste Erneuerbare-Energien­ chen einer grünen Zukunft empfunden.
darauf hat auch mich zunächst einmal Gesetz (EEG) verabschiedet, das bis Als die erste Biogasanlage an meinem
überrascht: Der Klimawandel spielt da­ 2050 den weitgehenden Ausstieg aus Wohnort errichtet wurde, habe ich sie
bei nämlich keine entscheidende Rolle, der Nutzung von Kohle, Ö l und Atom­ verteidigt gegen Skeptiker, die vor Gülle­
weder bei uns in Europa noch im Rest kraft vorsieht - und deren Ersatz durch geruch und Abgasen warnten.
der Welt. Am folgenschwersten nicht Windkraft, Solarenergie und Biomasse. Mittlerweile jedoch drehen sich in
nur für Vögel, sondern für die gesamte Als in den 1990er Jahren die ersten Deutschland die Rotoren von mehr als
Artenvielfalt sind vielmehr direkte Ein- kommerziellen Windräder in der Land- 30 500 Windkraftanlagen, produzieren

GEO 08 2019 51
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über 9000 Biogasanlagen elektrischen mehr als 200 Meter in die Höhe; ihre habe anfänglich sogar Experten über­
Strom und Wärme aus Energiepflanzen. bis zu 70 Meter langen Rotorblätter rascht, sagt Tobias Dürr. Schließlich
Bislang decken die "Erneuerbaren" nur überstreichen Flächen, die größer sind sind sie imstande, Hindernisse durch
einen überschaubaren Teil des Energie­ als ein Fußballfeld. Ultraschall zu orten. Aber diese Fähig­
bedarfs in Deutschland - circa 36 Pro­ Der Rotmilan achtet aber nicht auf keit schützt sie nicht vor dem sogenann­
zent beim Strom, etwa 17 Prozent beim Windräder, denn seine Beute befindet ten Barotrauma, bei dem durch einen
Gesamtenergieverbrauch. Aber sie prä­ sich zum größten Teil am Boden: Mäuse, Luftdruckabfall in der Nähe der Roto­
gen, unübersehbar, das Landschaftsbild Feldhamster, Junghasen, aber auch Aas ren die inneren Organe der Tiere zer­
ganzer Regionen. Die Anbaufläche für und Abfälle. Deshalb richtet er im Flug rissen werden. Gefährdet sind vor allem
Energiepflanzen wie Mais und Raps ist den Blick stets nach unten. Und bemerkt die Weibchen, die die Rotormasten auf
seit 1997 auf 2,5 Millionen Hektar ge­ so oft erst zu spät, wenn ein Rotorblatt der Suche nach Bruthöhlen mit großen
wachsen und hat sich somit mehr als mit bis zu 390 Kilometer pro Stunde Bäumen verwechseln.
versechsfacht - vor allem auf Kosten Geschwindigkeit aufihn zurast. Beim Blick auf die Opferliste fällt so­
von Brachen und Grünland, der wich­ Ich habe das noch nie mit eigenen fort auf, dass einige Arten stark überre­
tigsten Lebensräume für sämtliche Tier­ Augen gesehen. Ich kenne nur die vie­ präsentiert sind - obwohl sie nicht un­
und Pflanzenarten der Agrarlandschaft. len Bilder verunglückter Vögel, die sich bedingt häufig vorkommen. Wie etwa
der Uhu, von dem es bei uns keine 2500
Paare gibt, der Kiebitz, dessen Bestand
von einst Hunderttausenden aufweni­
Die Bewahrung der Biosphäre ist genauso wichtig wie der ge 10 000 zusammengeschrumpft ist.
Ganz oben auf der Liste stehen, neben
Schutz der Atmosphäre. Eine Form der Energiegewinnung, die
Stockenten und Lachmöwen, Greifvö­
sich nöko(( nennt, muss Rücksicht auf die Natur nehmen gel - Seeadler, Rohrweihe, Turmfalke,
Mäusebussard und natürlich der Rot­
milan. Bei den Fledermäusen entfallen
90 Prozent der Verluste auf ganze fünf
Windräder drehen sich längst schon in ornithologischen Fachzeitschriften Arten. Die Gesamtzal1l aller bislang ge­
nicht mehr nur an den Küsten und auf ebenso finden wie auf den Webseiten fundenen Opfer beträgt 4043 bei Vö­
freiem Feld, sondern dringen zuneh­ von Naturschutzorganisationen wie der geln, 3729 bei Fledermäusen.
mend in noch unzerschnittene Wälder Deutschen Wildtier-Stiftung. Windrad­ 7772 tote Tiere im Laufe von 17 Jah­
vor. Und sie verstellen einen Lebens­ Schlagopfer sind leicht zu erkennen: ren: Das ist auf den ersten Blick ein
raum, der bis vor Kurzem noch weitge­ Sie sehen auffallend "sauber" aus, an­ sehr überschaubarer Wert. Der aber
hend unverbaut geblieben war: die Luft. ders als Tiere, die etwa durch Strom­ wenig bis nichts über die tatsächlichen
Mit potenziell gravierenden Folgen für schläge an Leitungen oder im Straßen­ Opferzahlen aussagt, wie Torsten Lang­
alles, was Flügel hat. verkehr umgekommen sind. Das liegt gemach betont: Denn die meisten Tiere
daran, dass die Rotorblätter ihre Kör­ werden durch Zufall entdeckt, von Jä­
S G I B T 2 7 9 V O G E L A R T E N, per so blitzschnell und glatt zerteilen gern, Landwirten oder Spaziergängern.

E die in Deutschland regelmä­ wie eine Guillotine.


ßig brüten oder rasten, außer­ So hat es mir Torsten Langgemach
dem 25 Spezies von Fleder­ erklärt, der Leiter der Staatlichen Vo­
Nur ein kleiner Bruchteil der deutschen
Windkraftanlagen wird zumindest zeit­
weise systematisch abgesucht. Selbst
mäusen. Da erscheint es beinahe etwas gelschutzwarte Brandenburg. Dort lau­ an diesen wenigen jedoch bleiben die
unfair, dass in der Diskussion um die fen seit 2002 alle Meldungen über Vö­ meisten Opfer unentdeckt. Weil sie un­
Windkraft immer wieder vom Rotmilan gel und Fledermäuse zusammen, die an auffindbar in hohem Gras, im Getreide­
die Rede ist. Aber wenn man ihn häufi­ deutschen Windkraftanlagen an Land feld oder im Gebüsch landen, weil sie
ger beobachtet, dann ahnt man, was ei­ gefunden werden und anhand von Fo­ schon kurz nach dem Absturz von Aas­
ner der Gründe dafür sein könnte. tos eindeutig als Schlagopfer zu identi­ fressern wie Mardern oder Fliehsen
Die bevorzugte "Reiseflughöhe" von fizieren sind. Die Fundkartei für Vögel verschleppt werden und weil auch die
Rotmilanen liegt bei 50 Metern über umfasst 156 Arten - vom pingpongball­ aufmerksamsten Sucher niemals alle
Grund. Beim Balzen oder während des großen Wintergoldhähnchen bis zum Schlagopfer entdecken: Dazu ist der
Zugs von und nach Süden steigen sie majestätischen Gänsegeier. In der Fund­ "Streuradius" bereits eines einzelnen
auch schon mal auf 300 Meter auf. Sie kartei für Fledermäuse, über die Lang­ Windrads schlicht zu groß; er misst, j e
verbringen also einen großen Teil ihrer gemachs Mitarbeiter Tobias Dürr Buch nach dessen Höhe, bis z u vier Hektar.
Lebenszeit genau in dem Höhenbereich, führt, sind 21 der 25 in Deutschland hei­ Seit einigen Jahren versuchen Wis­
in dem auch Rotoren von Windkraftan­ mischen Arten verzeichnet. Dass Fle­ senschaftler, die Gesamtzahl der Wind­
lagen kreisen. Die neuen Modelle ragen dermäuse mit Windrädern kollidieren, kraftopfer genauer zu ermitteln. Dazu

52 W E I T E R A U F SEITE 56 GEO 08 2 0 1 9
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200m
M E H R LEISTUNG, M E H R T O T E V Ö G E L

Das Riesenrad-Dilemma
Wind kraftwerke werden seit Jahren immer größer, längst
überragen sie d i e höchsten K i rchtürme der Weit. Das steigert die
Leistung der Anlagen, doch die längeren Rotorblätter vergrößern
auch d i e Todeszone f ü r d i e Vögel Illustration: Till Nows

WO DER WIND WEHT


l n Deutschland eignen sich vor allem
Küstenstandorte für Windkraft An der
Nordsee liegt die Energiemenge, die eine
Anlage pro Jahr produziert, mehr als
doppelt so hoch wie im Süden (Ausnahmen:
Mittelgebirge und Alpenrand). Die Volllast­
stunde ist ein Maß für die Auslastung eines
Kraftwerks. Sie liegt umso höher. ie mehr
und je stetiger der Wind weht: um so mehr
Energie kann ein Windrad ans Netz liefern

Potenzielle Volllaststunden (pro Jahr)


bis 1100 bis 1500
bis 2000 bis 2500 über 2500

SCHREIADLER
Flughöhe: 100 m
ln Mecklenburg­
100m Vorpommern. wo
der seltene Vogel
lebt. stehen viele
c
Windräder, die Q)
MÄUSEBUSSARD .0
seinen Bestand Q)
Flughöhe: 70m 01
bedrohen Q)
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Rotorenhöhe fliegt Q)
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Flughöhe: 70 m ii
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Flughöhe: 50 m er werden durch <t
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der Beutesuche

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Flughöhe: 40 m

Fledermäuse äi
sterben schon d u rch tii01
den Luftdruckabfall c:
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an den Rotoren
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lassen sie Dutzende von Anlagen über Wenn der Rotmilan in Deutschland wird

8
E I DI ES ER AUSS I CH T
Monate hinweg auf festgelegten Stre­ selten wird, steht das Überleben der ge­ mir angst und bange. Denn
cken absuchen. Um die "Trefferquote" samten Art auf der Kippe. ich kann schon jetzt erahnen,
der Suchtrupps zu bestimmen, werden An der Spitze der Opferstatistik aber wie sehr ich beide Vögel ver­
in manchen Studien zusätzlich Testka­ findet sich ein Vogel, um den sich bis­ missen würde - den Rotmilan wie den
daver ausgelegt; anschließend wird ge­ lang kaumjemand ernsthaft gesorgt hat, "Himmelslappen", wie ich den Mäuse­
zählt, wie viele davon übersehen oder weil er als Allerweltsart unter den Grei­ bussard vor langer Zeit einmal getauft
zuvor verschleppt worden sind. Einige fen gilt: der Mäusebussard. Allein in habe. Weil seine wuchtige, braungraue
Forscher rüsten Vögel und Fledermäuse den vier norddeutschen Bundesländern Silhouette seit Jahrzehnten zuverlässig
mit Sendern aus, um ihre Routen über kommen pro Jahr mehr als 8500 Vögel bei jedem Sonntagsspaziergang über
längere Zeit zu verfolgen und so zu mes­ an Rotoren um - 7,6 Prozent des dor­ meinem Kopf auftaucht. Dass der Him­
sen, wie groß ihr individuelles Risiko tigen Bestands. So lautet ein Ergebnis mel eines Tages leer bleiben könnte, dass
ist, mit einem Windrad zu kollidieren. der PROGRESS-Studie, der bisher um­ die Silhouette des Rotmilans irgend­
Dieser Aufwand ist beträchtlich, aber fangreichsten Untersuchung zum The­ wann nur noch ein Bild vor meinem in­
unerlässlich, will man die Diskussion ma Vogelkollisionen, bei der zwischen neren Auge sein wird - ich mag es mir
um die Wirkungvon Windrädern nicht 2012 und 2014 insgesamt 55 Windparks nicht vorstellen.
auf Basis von Dunkelziffern führen. zwischen Erosland und Oder mit mehr Mir ist natürlich klar, dass meine Er­
als 500 Windrädernjeweils monatelang fahrungen als Vogelbeobachterin auch
I E N E U E N, "härteren" Zah­ unter die Lupe genommen wurden. meine Sicht auf den Konflikt zwischen

D len enthalten zumindest eine Der Greifvogelexperte Oliver Krüger, Klimaschutz und Naturschutz beein­
positive Botschaft: Kollisio- einer der Autoren der Studie, hat aus flussen. Ich bin in diesem Konflikt, das
nen zwischen Flugtieren und den ermittelten Daten Szenarien
Windrädern sind vergleichsweise sel­ errechnet, die erkennen lassen,
ten; es ist nicht so, dass im Umkreis von wie sich die norddeutschen Be­
Rotoren ständig Kadaver vom Himmel stände von Mäusebussard und
regnen. Viele Arten weichen den Anla­ Rotmilan voraussichtlich entwi­
gen weiträumig aus; vor allem kleinere ckeln werden, und zwar auf Ba­
Singvögel fliegen meist zu tief, um in sis der eher unwahrscheinlichen
Reichweite der Rotorblätter zu geraten. Annahme, dass die Menge der
Aber diese Erkenntnis ist kein Grund Windenergieanlagen im Unter­
zum Jubel. Denn bei 30 518 Windrädern suchungsgebiet nicht weiter zu­
summieren sich auch kleine Opferzah­ nimmt. Die Bestandsentwick­
len pro Anlage innerhalb kurzer Zeit zu lungskurven weisen fast durch­
bedrohlichen Gesamtwerten. Allein bei weg in eine Richtung: abwärts.
Fledermäusen betragen die Verluste,
nach konservativen Hochrechnungen,
etwa 250 000 Tiere pro Jahr. Was vor
allem deshalb fatal ist, weil Fledermäu­
Gutachter der
se, wie alle langlebigen Tiere, nur ein
Firma Ökotop i n
bis zwei Junge pro Jahr bekommen und

/
Halle untersuchen,
deshalb Bestandsrückgänge nur sehr o b Rotm ilane
langsam ausgleichen können. Gleiches ihre Route ändern,
gilt für Greifvögel, etwa Seeadler und wenn Bauern
Wanderfalke, die Jahrzehnte gebraucht nahe gelegene
haben, um sich nach dem Verbot der Felder abernten
Vogeljagd und des Umweltgifts DDT ab
1970 wieder zu erholen.
Und natürlich gilt es für den Rotmilan. Im günstigsten Fall bleiben zumindest gebe ich offen zu, keine neutrale Beob­
Der ist zwar, mit etwa 12 000 Brutpaaren, die Bestände des Rotmilans gerade noch achterin. Sondern ich gehöre zu den
hierzulande gut vertreten. Aber diese stabil, beim Mäusebussard aber scheint Leuten, die von Klimaschutzaktivisten
machen bereits mehr als die Hälfte des der Rückgang schonjetzt unaufhaltsam mit Argwohn betrachtet werden, weil
gesamten Weltbestands aus, denn das zu sein. Im ungünstigsten Fall könnten sie die Erderwärmung nicht als das ein­
Verbreitungsgebiet von Milvus milvus beide Vögel spätestens Mitte des Jahr­ zige wichtige Umweltthema ansehen
ist vor allem auf Mittel- und Südwest- hunderts in Norddeutschland zu Rari­ und weil sie die Energiewende nicht be­
europa beschränkt. täten geworden sein. dingungslos unterstützen.

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Eisenbahntrassen oder Gewerbegebie­


te, für die Lebensräume versiegelt oder
zerschnitten werden. Aber bei solchen
Projekten lässt sich der Schaden häufig
mildern, indem man Ausgleichsflächen
Ich habe aber deshalb kein schlech­ lebender Tiere verboten, ebenso das für verdrängte Arten schafft. Bei Wind­
tes Gewissen. Denn ich finde, dass die Beschädigen und Zerstören ihrer Fort­ kraftanlagen ist das jedoch schwierig,
Bewahrung der Biosphäre ebenso wich­ pflanzungs- und Ruhestätten. Zu den weil man einen von Rotoren erschlage­
tig ist wie der Schutz der Atmosphäre. "besonders geschützten" Tierarten zäh­ nen Adler, Milan oder Schwarzstorch
Und dass eine Form der Energiegewin­ len alle in Europa vorkommenden Vögel eben nicht "ausgleichen" kann - zumal
nung, die sich "grün" und "öko" nennt, vom Haussperling bis zum Steinadler. dann nicht, wenn mit ihm auch seine
Rücksicht auf die Natur nehmen muss. Fledermäuse sowieso. Brut zugrunde geht.
Das sehe glücklicherweise nicht nur Würde dieses Gesetz buchstabenge­
ich so. Natur- und Vogelschützerhaben treu angewandt, hätte der Ausbau der B E R 0 I-I N E Windkraft kei­
im Konflikt um den Ausbau der Wind­ Windkraft in Deutschland bereits vor
energie einen mächtigen Verbündeten: Jahren weitgehend gestoppt werden
das Recht. müssen - spätestens seit durch Studien
A ne Energiewende, kein Kli­
maschutz. Deshalb suchen
Politiker, Anlagenbetreiber
Laut Gesetz über Naturschutz und feststeht, welche Gefahr von vielen An­ und Naturschützer seit einiger Zeit ver­
Landschaftspflege, kurz: Bundesnatur­ lagen ausgeht. Natürlich geraten auch stärkt nach Mitteln und Wegen, den
schutzgesetz, ist das Töten, Fangen und andere Bauvorhaben mit dem Natur­ Schutz der Biodiversität mit dem Ziel
Verletzen besonders geschützter wild schutzrecht in Konflikt - etwa Straßen, des Ausbaus erneuerbarer Energien zu

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versöhnen. Um zu erfahren, wie das energisch betreiben will, hält beispiels- weisung von sogenannten "Vorrangflä­
funktioniert, bin ich nach Berlin gefah- weise bei Rotmilanen 1000 Meter Ab- chen" für Windkraftanlagen lokale Na­
ren - zum Kompetenzzentrum Natur- stand zu Windanlagen für ausreichend. turschützer konsultierten. Und auch
schutz und Energiewende (KNE). Brandenburg und Mecklenburg, die ih- Bedenken von Anwohnern berücksich-
Gegründet im Juli 2016, gemeinsam ren Strombedarfbis 2030 komplett aus tigten, die sich ja nicht nur um Vögel
betrieben durch das Bundesumweltmi- Wind und Biomasse decken wollen, ha- sorgen, sondern vor allem auch um das
nisterium und die Umweltstiftung Mi- ben den empfohlenen Schutzabstand Landschaftsbild, mögliche Schallbeläs­
chael Otto, versteht das KNE sich als für Schreiadler kurzerhand halbiert. tigungund den Wert ihrer Immobilien.
neutrale, unabhängige Bildungs-, Bera- In einem Punkt allerdings herrscht So ließen sich viele Konflikte von vorn­
tungs- und Vermittlungsinstitution für bundesweit Einmütigkeit: Verbindliche herein vermeiden.
alle, die mit der Energiewende befasst
sind - sei es von Berufs wegen, sei es als
ehrenamtliche Naturschützer.
Mehrere Stunden lang habe ich mit
Bei 30 518 Windrädern summieren sich auch kleine
einigen Experten dort gesprochen, und
Opferzahlen pro Anlage in kurzer Zeit zu bedrohlichen Gesamt­
wenn ich mein Fazit daraus in einem
Satz zusammenfassen sollte, so würde werten. Allein 250 000 Fledermäuse sterben so jedes Jahr
dieser lauten: Es lebe die Bürokratie!
Ein Hoch auf die deutsche Regulierungs-
wut! Auch wenn Investoren und Bürger
vielerorts zu Recht über sie klagen - für Regeln sind für alle eine Hilfe, für Vögel Wenn die Planungsverfahren für
die Natur ist sie ein Segen. Denn Regeln ebenso wie für Anlagenbetreiber. Weil Windkraftanlagen immer so liefen, wie
und Gesetze sorgen dafür, dass Erkennt­ sie für Rechtssicherheit sorgen - und die KNE-Experten es mir beschrieben
nisse von Wissenschaftlern nicht unbe­ verhindern, dass Planungen durch Kla­ - transparent, bürgernah und mit größt­
achtet im Archiv verstauben, sondern gen verzögert werden. möglicher Rücksicht auf die Natur -,
Eingang in die Praxis finden. Zum Bei­ Die Betreiber müssen vorab selbst dann müsste man sich wohl kaum Sor­
spiel in Planungsverfahren für Wind­ den Beweis erbringen, dass ihr Projekt gen um Rotmilan & Co machen.
kraftanlagen. nicht gegen Naturschutzgesetze ver­ Aber sie laufen eben nicht immer so.
Eine zentrale Regel sieht zum Bei­ stößt. Dazu beauftragen sie Gutachter,
spiel vor, dass Windräder einen Min­ die erkunden, was alles im Umkreis des I E L E U T E , die das sagen,
destabstand zu Nistplätzen von Vögeln geplanten Standorts fliegt und nistet.
einhalten müssen - nicht von allen, aber Das dauert in der Regel einige Monate
von den insgesamt 28 Arten oder Arten­ und erfordert den Einsatz nicht nur von
D äußern sich nur anonym, da
sie als Mitarbeiter von Um­
weltbehörden von Amts we­
gruppen, die als besonders "windkraft­ Ferngläsern und vogelstimmenkundi­ gen mit Windkraftplanungen befasst
sensibel" gelten. Welche das sind, ist im gen Ohren, sondern auch von Bat-De­ sind. Aber genau aus diesem Grund ha­
" Helgoländer Papier" nachzulesen, das tektoren, die Ultraschalllaute hörbar ben sie natürlich einen guten Einblick.
Vertreter der elf deutschen Vogelschutz­ machen, denn Fledermäuse müssen na­ Und ziehen daraus ein ebenso einhelli-
warten gemeinsam erarbeitet haben. türlich auch aufgespürt werden. ges wie ernüchterndes Fazit: Bei Kon­
Bei Kranich und Kiebitz etwa halten Die Gutachten werden der Unteren flikten zwischen Windkraft und Natur-
die Ornithologen 500 Meter für not­ Naturschutzbehörde vorgelegt. Die ihr schutz ist die Natur in der Regel zweiter
wendig, beim Rotmilan 1500 Meter, bei Einverständnis an Auflagen knüpfen Sieger. "Die Windkraftindustrie und
Schwarzstorch und Seeadler 3000 und kann: etwa, die Zahl der Anlagen zu re­ ihre Verbände treten stets mit dem
beim extrem störungsempfindlichen duzieren oder diese bei bestimmtem Anspruch auf, die Welt zu retten", sagt
Schreiadler sogar 6000 Meter. In ei­ Wetter nachts abzuschalten. Das senkt einer, der nach eigener Auskunft drei
nem zusätzlichen Prütbereich, doppelt vor allem das Unfallrisiko für Fieder- Viertel seiner Dienstzeit mit Konflik­
bis dreimal so weit gefasst wie der Min­ mäuse, die, je nach Art, meist erst ab ten um Windkraftprojekte befasst ist.
destabstand, sollen Windräder nur dort acht Grad Lufttemperatur und nur bei "Entsprechend nachdrücklich wird dar-
errichtet werden, wo sie die Flugrouten geringen Windstärken ausfliegen. Bei auf gepocht, dass der Artenschutz für
der Vögel nicht verstellen. Vögeln haben solche "Abschalt-Algo­ den Klimaschutz Opfer bringen muss.
Das Helgoländer Papier istjuristisch rithmen" kaum Wirkung, weil ihr Flug­ Einwände werden schnell mit Beschwer­
nicht verbindlich; seine Empfehlungen verhalten viel weniger berechenbar ist. den und Klagen gekontert. Ich kenne
werden von den einzelnen Bundeslän­ Ihr Schutz steht und fällt vor allem mit keine Branche, die ihre Interessen so
dern unterschiedlich umgesetzt. Baden­ der Wahl des richtigen Standorts. Ideal robust durchsetzt."
Württemberg, dessen grüne Regierung sei es, sagten mir die KNE-Experten, Nicht immer, versichert der Experte,
den Ausbau der Windenergie besonders wenn Behörden schon im Zuge der Aus- drohten Investoren gleich mit Klagen.

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Oft formulierten sie ihre Ansprüche und eine Studie, die unter anderem der Argument, öffentliche Flächen zur Ver­
eher in Form von Fragen und Vorschlä­ Bund für Umwelt- und Naturschutz fügung zu stellen - auch wenn dadurch
gen, die im Verlauf des Planungsverfah­ Deutschland (BUND) und der Natur­ Landschaftsschutzgebiete oder sensib­
rens vorgebracht würden. schutzbund Deutschland (Nabu) in Ba­ le Biotope geopfert werden müssen.
Sind 1000 Meter Abstand zu diesem den-Württemberg durchgeführt haben, Selbstverständlich könnten Natur­
Rotmilanhorst denn wirklich notwen­ erhärtet ihn nun: Von acht stichproben­ schützer gegen solche Entscheidungen
dig? Schließlich legt unser Gutachten artig ausgewählten Windkraft- Gutach­ klagen. Aber das kostet Geld, erfordert
doch nahe, dass die Vögel meist in die ten erfüllte kein einziges die fachlichen einen langen Atem - und der Ausgang
andere Richtung fliegen. Standards, zwei wiesen gar gravierende ist mehr denn je ungewiss. Denn vor
Der windreichste Standort in Ihrer Mängel auf. Seitens der Naturschutzbe­ zwei Jahren hat der Deutsche Bundes­
Gemeinde liegt leider inmitten eines hörden wurden trotzdem alle durchge­ tag das Bundesnaturschutzgesetz u m
Naturschutzgebiets. Wäre es nicht mög­ winkt. Was, so die Vermutung, auch an ein entscheidendes Wort ergänzt: Bau­
lich, eine kleine Fläche herauszuschnei­ der chronischen Überlastung dieser Be­ vorhaben verstoßen demzufolge jetzt
den, um fünf Anlagen zu errichten? hörden nicht zuletzt durch Windkraft­ nur noch dann gegen geltendes Recht,
Wir bedauern es sehr, dass im Zuge Genehmigungsverfahren liegt. wenn das Tötungsrisiko für besonders
der Baumaßnahmen alte Bäume mit
Fledermaushöhlen gefällt werden müs­
sen. Aber ließe sich der Schaden nicht
mit ein paar Nistkästen an einer ande­
ren Stelle beheben?
Selbstverständlich sollen die letzten
Auerhuhnbestände im Schwarzwald er­
halten werden. Aber schaffen Kahlschlä­
ge zur Errichtung von Windkraftanla­
gen nicht auch gerade für diese Vogelart
neue Lebensräume?
Dass ein Offshore-Windpark in 500
Meter Entfernung vom Nationalpark
Niedersächsisches Wattenmeer rasten­
de Seetaucher gefährdet, sehen wir ein.
Was halten Sie von einer Kompensations­
zahlung in Millionenhöhe?

s H Ä N G T von mehreren Fak­

E toren ab, wie die Antworten


auf solche Fragen ausfallen.
Zum einen von politischen
Vorgaben: Je ehrgeiziger die Windkraft­
Ausbauziele eines Bundeslandes, je en­
ger die Verbindungen zwischen Minis­
terien und Windkraftindustrie, desto
größer der Druck auf die Naturschutz­
behörden, im Zweifel den Investoren­
wünschen entgegenzukommen.
Der zweite Faktor, der viele Entschei­
dungen beeinflusst, ist das Geld.
Etwa bei den Gutachtern, die von den
Investoren beauftragt werden. Für vie­ Der Faktor Geld spielt nicht nur auf- geschützte Tierarten "signifikant", also
le sind Windkraftprojekte eine wich­ seiten der Investoren eine Rolle. Denn bedeutend, erhöht ist.
tige Einnahmequelle - und gelegent­ Windräder sind auch für diejenigen Iu- Was genau bedeutet dieses "bedeu­
lich auch ein Motiv, bei der Erfassung krativ, auf deren Grund sie errichtet tend", und wie misst man es? In toten
lokaler Vogel- und Fledermausbestände werden; die Pachteinnahmen betragen Vögeln pro Jahr und Anlage? Oder in
nicht allzu gründlich vorzugehen. Dieser bis zu 90 000 Euro jährlich - über rund Metern, die ein Windrad nun näher an
Verdacht wird von planungserfahrenen 20 Jahre hinweg. Für weniger finanz- einen Greifvogelhorst oder ein Fieder­
Naturschützern seit Langem geäußert, starke Kommunen ist dies ein wichtiges mausquartier heranrücken darf?

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Während die Fachleute noch beraten, zusammengetragen von den Experten E N N I C H das lese, wenn
regeln Unbekannte den Konflikt Wind­
kraft versus Vogelschutz auf eigene
Faust - mit Kettensäge oder Schrotflin­
der Vogelschutzwarte Brandenburg.
Naturschutzgebiet Vogelsberg, Hes­
sen: vor der Errichtungvon Windparks
w mich durch all die Studien
und die Schlagopferstatis-
tiken arbeite und die Fo­
te. Sie fällen Bäume mit Greifvogelhors­ 14 bis 15 Schwarzstorchpaare, danach tos getöteter oder von Rotoren erschla­
ten oder zerstören Nistplätze eigenhän­ nur noch sechs bis acht. Niedere Tauern, gener Vögel betrachte - dann drängt
dig, manchmal werden Vögel vergiftet Steiermark: vor Windradbau 41 balzen­ sich mir eine grundsätzliche Frage auf:
oder erschossen. Meist sind Rotmilane de Birkhähne, danach noch neun. Insel Ob dieses massenhafte Sterben zumin­
die Opfer, gelegentlich See- und Schrei­ Sm0la, Norwegen: vorher 13 Steinadler­ dest ein winziges bisschen zur Rettung
adler. Seit 2010 zählen Nabu und Deut­ paare, danach fünf. Nordschwarzwald: der Welt beiträgt. Ob also der Verlust
sche Wildtier-Stiftung bundesweit 60 Rückgang der lokalen männlichen Wald­ an Biodiversität, aber auch an unver­
Fälle; die Aufklärungsquote liegt unter schnepfenpopulation um 88 Prozent. sehrter Landschaft sich wenigstens an­
zehn Prozent. Fast alle Tatorte liegen Raum Schleswig: Seit 1999 Verlust von satzweise als das erweist, was die Wind­
im Umfeld geplanter Windparks. 76 Prozent aller Brutpaare von Mäuse­ kraftindustrie als Tatsache postuliert:
Nach Beginn der Bauarbeiten setzt bussarden. ein notwendiges Opfer für den Klima­
sich der Vogelschwund oft fort. Nicht Der "Himmelslappen" steht übrigens schutz.
nur durch Gewaltakte oder Kollisionen, bis heute in den meisten Bundesländern Bisher sieht es nicht so aus. Das je­
sondern auch weil die Tiere sich dauer­ nicht auf der Liste der durch Windkraft denfalls legt die bisherige Bilanz des
haft gestört fühlen, Nistplätze aufge ­ gefährdeten Arten. Und die Windkraft­ Projekts Energiewende nahe.
ben, weniger Junge großziehen. Das be­ lobby wehrt sich energisch dagegen, dass Zurzeit produziert jeder Deutsche
legen Langzeitstudien aus ganz Europa, dies geschieht. im Durchschnitt knapp neun Tonnen

GEO 08 2019 W E I T E R AUF S E I TE 64 61


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ENERGIEWENDE

Wie viele Windkraftanlagen


benötigt Deutschland?

Das lässt sich schwer vorhersagen, weil die Anzahl

von vielen Faktoren abhängt. Fest steht: I m J a h r 2022

sollen die letzten deutschen Atommeiler vom Netz

gehen, 2038 die letzten Kohlekraftwerke, die

Grünen fordern den Kohleausstieg bereits für das

Jahr 2030. Dann soll überwiegend Energie aus

erneuerbaren Quellen fließen.

Diverse Forscher, I nstitute und Verbände haben

Szenarien unserer Energiezukunft entworfen. Sie


kommen zu extrem unterschiedlichen Ergebnissen, je

nachdem welchen Strombedarf sie prognostizieren,

wie sie das Sparpotenzial einschätzen, welche Strom­


lmportmengen sie ansetzen. welche Technologien sie

erwarten und vieles mehr. Ein Verbund von Forschern

der deutschen Akademien der Wissenschaften nimmt

etwa a n , dass wir 2050 gegenüber heute das Sieben­


fache a n Wind- und Solarenergie benötigen. Das

bedeutet nicht sieben Mal mehr Windanlagen, weil Windenergieanlagen (Leistung in MW)
diese effizienter werden. aber mindestens doppelt so Offshore: < 5 5 - 6,9
• •7 - 8,9
Onshore: < 2 2 - 3.9 •4 - 5,9 • 6 - 7.9
viele wie derzeit, also etwa 65 000; und Solaranlagen

würden fast alle bebauten Flächen bedecken. Der


65 000 Windräder wären notwendig,
Bundesverband der Deutschen I n d ustrie hingegen

nimmt keine Zunahme der Rotoren an, aber deren um Deutschland bis zum Jahr 2050 auf
Verteilung über eine doppelt so große Fläche wie erneuerbare Energie umzustellen
heute, also eine viel stärker sichtbare ..Verspargelung".

Gleich welches Szenario, Wind kraft spielt eine

wesentliche Rolle bei der C02-Vermeidung. Das ist eine


schlechte Nachricht für Vögel - aber wohl auch für 11 Terawattstunden. Der Ausbau von Pumpspeicher­

Insekten. Ein Forscher des Deutschen Zentrums für werken stößt an natürliche Grenzen: Ein Konsortium
Luft- und Raumfahrt untersuchte anhand der Ü ber­ hat errechnet. dass ganz Europa nicht genug geeignete

reste von Fluginsekten a n Windrädern. wie sich die Plätze hat, u m Pumpspeicher zu bauen. die Deutsch­

Rotoren auf deren Zahl auswirken - und kam zu einer land versorgen könnten. Weitere Technologien, etwa

pessimistischen Einschätzung: Jährliche Verluste von die Umwandlung wetterabhängiger Energie in Wasser­

1 2 0 0 Milliarden Insekten seien zu erwarten. Zugleich stoff, sind bislang n u r in kleinem Maßstab erprobt.

warnte der Forscher aber: Das ist eine erste Studie, Zum Konzept der Energiewende gehört bislang

kein gesichertes Wissen. auch Biomasse zur Treibstoffgewinnung, was als einer

Die Menge a n Windrädern hängt auch stark davon der Gründe gilt für abnehmende Artenvielfalt auf

ab, wie wir die Dunkelflauten überbrücken, also die dem Land und die Verödung der Landschaften.
Zeiten. in den Wind und Sonne keine Energie liefern. Wie konfliktreich der Ausbau der Erneuerbaren ist.

Sollen die Speicher ebenfalls aus Erneuerbaren gefüllt zeigt sich auch a m steigenden Widerstand gegen sie.

werden, muss ihre Kapazität deutlich höher sein als E r trägt neben rückläufiger Förderung und anderen

das. was wir täglich verbrauchen. Gründen dazu bei, dass der Neubau von Windanlagen

Wie diese Stromspeicher aussehen, ist noch unklar. seit 2017 deutlich sinkt. im ersten Quartal 2019 ist er

Batterien sind teuer und bislang n u r im Zwergformat geradezu zusammengebrochen: minus 87 Prozent

erprobt; der derzeit größte Batteriespeicher der Weit gegenüber dem Vorj ahr. Das Dilemma von Natur- und

in Südaustralien liefert 129 Megawattstunden - der Klimaschutz - es könnte sich zu einem der beherr­

Speicherbedarf Deutschlands liegt bei mindestens schenden Themen der Zukunft entwickeln.

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Discover our delicious Cappuccino on the 50th anniversary of the moon landing.
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Kohlendioxidemissionen pro Jahr. Das liehen Deutschen aus; davon entfällt nur 2017 publizierte Studie der deutschen
ist mehr als dreimal so viel, wie wir uns ein Zwanzigstel auf elektrischen Strom. Wissenschaftsakademien sagt voraus,
leisten können und sollten. Wenn das Würde der Kraftstoffverbrauch auf deut­ dass die Kapazität der Wind- und Solar­
Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad schen Straßen um zwölf Prozent sin­ parks um das Fünf- bis Siebenfache an­
zu begrenzen, erreicht werden soll, dann ken, würde dies mehr Energie sparen, steigen muss, um unseren Hunger nach
stehtjedem der sieben Milliarden Erd­ als alle deutschen Windkraftwerke zu­ Energie zu stillen. Dies bedeutet, dass
bewohner nur noch ein Kontingent von sammen produzieren. in ganz Deutschland im Durchschnitt
maximal 2,3 Tonnen C02-Emissionen Bislang sieht es aus, als bliebe diese doppelt so viele Windkraftanlagen in
jährlich zu. Rechnung ohne jegliche Konsequenzen. den Himmel ragen werden wie gegen­
In Deutschland ist der Gesamtaus­ Das selbst gesteckte Ziel, die C02-Emis­ wärtig bereits in den Küstenländern
stoß an Treibhausgasen seit dem Jahr sionen bis 2020 um 40 Prozent gegen­ Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
1990 immerhin um ein Viertel gesun­ über 1990 zu verringern, hat die Bun­ Die Verfasser der Studie weisen vorsich­
ken, auf zuletzt 866 Millionen Tonnen desregierung bereits aufgegeben. tig auf mögliche "Veränderungen im
C02-Äquivalente. Der Rückgang ist je­ Dabei gibt es längst Vorschläge, wie Landschaftsbild" hin, die "an Akzeptanz­
doch insbesondere auf den Zusammen­ es zu erreichen wäre. Deren Umsetzung problemen scheitern könnten".
bruch der Industrie der DDR nach der setzt allerdings ein fundamentales Ein­ Von möglichen Auswirkungen auf
Wiedervereinigung zurückzuführen. Seit geständnis voraus: dass wir, um die Erd­ die Tierwelt und die Biodiversität ist
einigen Jahren stagnieren die Zahlen, erwärmung zu verhindern, nicht nur gar nicht erst die Rede.

die Chancen,

W
IE STEHEN
dass der Rotmilan über­
Um die Erderwärmung zu verhindern, müssen wir nicht nur grüne lebt? Ich würde sehr gern
Energie produzieren, sondern auch unseren Lebensstil sagen: trotz allem gut. Aber
ändern: weniger Auto fahren, fliegen, Ressourcen beanspruchen das ist womöglich zu optimistisch.
Vor einiger Zeit besuchte ich einen
befreundeten Vogelkundler - einen,
der die Nistplätze der Bussarde, Mila­
was nicht zuletzt daran liegt, dass die mehr grüne Energie produzieren, son­ ne und Schwarzstörche in seiner Um­
Energiewende aufzwei entscheidenden dern insgesamt weniger davon verbrau­ gebung so gut kennt wie die Adressen
Feldern noch kaum in Gang gekommen chen müssen. Dass wir nicht allein auf seiner engsten Freunde. Natürlich frag­
ist: Wärmeerzeugung und Mobilität. die Wirkung smarter Technologien ver­ te ich ihn, wie er ihre Zukunft beurtei­
Zwar werden vielerorts Fassaden ge­ trauen dürfen, sondern vielmehr auch le - angesichts des Tempos, mit dem
dämmt, Dächer isoliert, Passivhäuser unseren Lebensstil ändern müssen. Was die Windkraft auch in unserem Land­
errichtet. Doch die Spareffekte werden heißt: weniger zu fahren und zu fliegen, kreis ausgebaut wird. Seine Antwort
dadurch mehr als wettgemacht, dass insgesamt weniger Raum und Ressour­ war ebenso kurz wie niederschmet­
Bundesbürger im Schnitt immer mehr cen zu beanspruchen. ternd: "Wir werden die Großvögel ver­
Wohnraum beanspruchen - 18 Prozent Dieses "Weniger" könnte auch einen lieren. Bei uns und im Rest des Landes
seit dem Jahr 2000. Zwar sind Motoren Gewinn bedeuten: an Zeit, an Lebens­ auch." Es klang weder anklagend noch
in den letzten Jahrzehnten sparsamer qualität und an Freiheit - vom Zwang, resignativ, sondern wie die Feststellung
geworden. Doch technische Fortschrit­ immer mehr leisten und konsumieren einer unausweichlichen Tatsache. (II
te verpuffen, weil die Autos immer grö­ zu müssen. Freiheit auch, um die Natur
ßer werden, ihre Zahl stetig zunimmt. zu genießen, die dann vielleicht mehr
um ihrer selbst willen geschätzt würde,

s
TUDI EN zuM privaten Ener­ statt, wie heute, entweder als Ressource
gieverbrauch zeigen, dass sich oder als Investitionshemmnis betrach­
selbst umweltbewusste Men- tet zu werden.
sehen Illusionen über die Grö­ Suffizienz, also Genügsamkeit: Dieser GEO-Reporterin J 0 H A N N A R 0 M B E R G

ße ihres C02-Fußabdrucks machen: Ein Begriff könnte zum Motto einer neuen, begrüßt regelmäßig Rotmilane im

einziger Langstreckenflug verursacht umfassenden Energiewende werden. Himmel über ihrem Garten. Ihr Buch

das Vier- bis 14-fache der Emissionen, Aber bislang nimmt ihn kaum einer in .,Federnlesen. Vom Glück, Vögel zu

die man in einem Jahr durch den Wech­ den Mund, nicht einmal die Politiker, beobachten" ist im Verlag Bastei Lübbe

sel zu Ökostrom einsparen kann. Mo­ die für die Themen Umwelt und Klima­ erschienen. Fotograf J U L I U S

bilität und Wärmeerzeugung machen schutz zuständig sind. S C H R A N K war gespannt. wie die

zusammen 34 Prozent des gesamten Wachstum bleibt die vorherrschende Vögel auf seine Drohne reagieren

Energieverbrauchs eines durchschnitt- Devise, auch bei der Windkraft. Eine würden - sie war ihnen gleichgültig.

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Unsere Meere kämpfen mit,:Üb erfisc�urtg und unsere Böd�n mit Erosion und Pestiziden. .
·
·

_
-4\ber lass dir deshalb nicht den Geschmack verderben. Jede Entscheidung für followfood und
f<?llow..fish ist e�ne Entscheidung für eine besseTe Umwelt. Und für natürlichen Geschmack.

9
followfish
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BODENKUNDE

Winzige Wesen
erledigen im Waldboden
die Drecksarbeit .
Sehen wir uns den Haufen
mal genauer an

- ..

66 Fotos: Nicole Ottawa und Oliver Meckes, Text: Bernhard Kegel GEO 08 2 0 1 9
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Springschwänze (Collembolen)
I h r Name verrät, wozu die Winzlinge fähig sind: Dank einer
Sprunggabel an der Unterseite können Springschwänze sich
in die Luft katapultieren. So verfügen sie außer ihren sechs
Beinen über ein weiteres Fluchtvehikel, wenn ein Feind sie
jagt. l n einem Quadratmeter Waldboden leben in den oberen
30 Zentimetern bis zu 400 000 Collembolen. Während d i e
beiden an einem abgestorbenen Stück Holz knabbern, schaut
ein Wenigborstenwurm vorbei (rechts unten im Bild 3)
Geißeltierchen (Flagellaten)
200J.Jm
Dieser klitzekleine Einzeller sieht vergrößert aus wie eine
130 : 1
Sternfrucht oder besser: i h r Geist. Mit peitschenähnlichen
Fortsätzen bewegt sich das Geißeltierchen im Wasser
des Bodens voran, verankert sich am Substrat oder strudelt
Nahrungspartikel herbei
1 Alle Größenangaben i n Mikrometer (J.Jm). 1000 J.J m = 1 mm
1 J.Jm 1 2 Vergrößerungsmaßstab
26000 : 1 2 3 Alle Aufnahmen wurden nachträglich am Computer koloriert

69
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Wimpertierchen (Ciliaten)
Zahlreiche Flimmerhärchen bedecken ihre Oberfläche
und lassen die Einzeller unterm M i kroskop flausehig wirken.
Mit diesen Wimpern bewegen sie sich fort. Besonders gut
geht das nach länger andauerndem Regen. Dann beginnt im
nassen Erdreich auch die große Vermehrung vieler Einzeller.
Wimpertierchen haben einen reichhaltigen Speiseplan. Viele
Arten ernähren sich von Bakterien und Pilzen, einige fressen
sogar Artgenossen, manche auch Amöben (links im Bild)

5�m
Hornmilben (Carabodes sp.) 5 000 : 1
Sie laufen in Rüstung auf, weshalb sie auch Panzermilben
genannt werden. Die Tiere leben im Humus und i n feuchtem
Moos und zersetzen vor allem totes Pflanzenmaterial auf
der Bodenoberfläche. Weltweit gibt es mehr als 10 000
Hornmil benarten, i n Deutschland sind es etwa 400. Fossilien
belegen: Sie existierten schon vor 380 Millionen Jahren

70 �m
350 : 1
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Glockentierchen
(Vorticellida)
Wie ein sch laffer Luftballon haftet
der Einzeller an einem Moosblatt. M i t
einem Stiel befestigen s i c h die Glocken­
tierchen am Untergrund. Sie gehören
zu den Wimpertierchen und ernähren
sich vor allem von Bakterien, die
sie mit ihrem Wimpernkranz - hier
eingezogen - zu sich heranwirbeln

6 1.1 m
4 500 : 1

Mykorrhiza
Die Pilzhyphen (grau) wachsen in die
Wurzelrinde (braun) hinein. Als Bau­
meister leisten sie Präzisionsarbeit: Sie
dringen nicht i n die Zellen ein, sondern
bilden in den Zellzwischenräumen
ein N etzwerk: Dort tauschen Pilz u n d
Pflanze d i e Näh rstoffe

201.1m
1 20 0 : 1

I R s E H E N auf ihn herab, Gut. Mehr als hundert Jahre kann es Füßen. Neben der Tiefsee und der Kro­

w wir treten ihn mit Füßen, dauern, um nur einen einzigen Zenti- nenregion tropischer Bäume gelten Bö­
belasten ihn mit Giftstoffen, meter davon zu bilden.
mit Gülle und mit schweren
den als die letzten großen unbekannten
Das Volumen eines durchschnittli- Ökosysteme der Erde.
Maschinen. Gelangt er in die Wohnung, chen Bodens bildet sich zur Hälfte aus Waldböden, aus denen die auf diesen
ist er für uns nichts als Dreck. Dabei bil- Hohlräumen - Bodenkundler sprechen Seiten dargestellten Lebewesen stam­
det er die Grundlage unserer Existenz, von Poren -, die zu etwa gleichen Tei- men, zeigen noch einen weitgehend na­
ist für uns ebenso wichtig wie die Luft Jen mit Wasser oder Luft gefüllt sind. türliehen Aufbau, da sie weder gepflügt
zum Atmen: Ohne einen Boden, der Deshalb und aufgrund der krümeligen noch gedüngt werden. Sie bilden fast
Wasser speichert und Nährstoffe bereit- Struktur seiner festen Bestandteile be- ein Drittel der deutschen Landesfläche
hält, gäbe es keine höheren Pflanzen sitzen Böden eine riesige innere Ober- und sind, so das Bundesministerium für
und damit auch keine Tiere. fläche: Allein in den obersten 25 Zenti- Ernährung und Landwirtschaft, "von
Für die meisten ist Boden gleichbe- metern beträgt sie pro Quadratmeter zentraler Bedeutung für den Naturhaus­
deutend mit Erde, aber das ist ein Miss- Gelände mehrere Quadratkilometer. halt und Klimaschutz." Sie sind heute
verständnis. Wer zum Spaten greift, ein In dieser Welt aus Miniaturhöhlen weniger sauer und besser mit Nährstof­
Loch gräbt und den Aushub anhäuft, lebt eine spezielle Gemeinschaft von fen versorgt als noch vor zwanzig Jah­
verwandelt das eine in das andere, denn kleinen bis winzigen Organismen, de- ren. Vor allem in den oberen 30 Zen ti­
beim Graben geht verloren, was Boden ren Vielfalt sich durchaus mit den Ver- metern und der Streuauflage aus Laub,
von einem Haufen Erde unterscheidet: hältnissen an der Oberfläche messen Nadeln und toten Pflanzenteilen spei­
seine innere Struktur. Die festen Bo- kann und sie sogar übertrifft. Dabei gilt: ehern die Böden mehr als die Hälfte des
denbestand teile bilden komplexe drei- Je mehr unterschiedliche Lebewesen gesamten Kohlenstoffvorrats der deut­
dimensionale Gefüge, die durch physi- den Boden bewohnen, desto produkti- sehen Wälder.
kalisehe und geochemische Prozesse ver wird der Wald, der darauf wächst. Einen großen Anteil daran haben die
und durch die fortdauernde Tätigkeit Mehr als 90 Prozent von ihnen messen Pflanzenwurzeln. Wenn sie absterben,
unzähliger Lebewesen entstehen: Sie nicht einmal einen Zehntelmillimeter, werden sie zu Humus und hinterlassen
graben, wühlen, fressen und scheiden und da unser Wissen immer lückenhaf- Hohlräume, durch die das Wasser ver­
aus - Wissenschaftler bezeichnen sie als ter wird, je kleiner die Organismen sind, sickert und Luft in den Boden dringt,
Bodenarchitekten. Intakter Boden, wie verstehen wir noch viel zu wenig von entscheidende Voraussetzungen für das
-
die.Natur ihn schuf, ist ein kostbares den Zusammenhängen unter unseren Leben verschiedenster Kleintiere.
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Wurzeln wiederum überlassen es einen großen Teil ihrer Fotosynthese­ ihre Wurzeln. Erstaunlicherweise aber
nicht dem Zufall, welche Mikroorganis­ produkte auf. Aufgrund dieser unterir­ konnten die Wissenschaftler ihn nicht
men sich in ihrer unmittelbaren Nähe dischen Zusammenarbeit findet man allein in den begasten Fichten nachwei­
ansiedeln. Sie scheiden Kohlenstoffver­ die Fruchtkörper, die Hutpilze, häufig sen, sondern auch in den Wurzeln der
bindungen aus, die das Wachstum be­ in der Nähe der Baumarten, mit denen Nachbarbäume, sogar wenn es sich nicht
stimmter Bodenbakterien fördern, wäh­ sie in Symbiose leben, was sich in ihren um Fichten handelte, sondern um Kie­
rend andere zurückgehalten werden. So Namen widerspiegelt: Lärchenröhrling, fern, Buchen oder Lärchen.
formt jede Pflanzenart in ihrem Ein­ Erlenkrempling oder Birkenpilz. Christian Körner, eine Koryphäe auf
flussbereich eine charakteristisch zu­ Es gibt Mykorrhiza in verschiedenen dem Gebiet der Waldforschung, dachte
sammengesetzte Gemeinschaft von Bo­ Ausprägungen, von denen einige schon erst an einen Irrtum und wies seinen
denbakterien, in der für sie nützliche vor 400 Millionen Jahren entstanden Mitarbeiter Tamir Klein an, nochmals
Arten besonders häufig sind. Forscher sind. Möglicherweise waren sie die Vor­ genau nachzusehen. Der grub die Wur­
haben beobachtet, dass Pflanzen, die aussetzung dafür, dass Pflanzen über­ zeln aus, verfolgte sie bis zum Stamm
von Krankheitserregern attackiert wer­ haupt das Land besiedeln konnten. Ohne und bestätigte die ersten Resultate.
den, durch Abgabe von Lockstoffen be­ die Pilze hätten diese ersten Landpflan­ In Blättern war der schwere Kohlen­
stimmte Bodenbakterien "herbeirufen", zen sich gar nicht ausreichend mit Was­ stoff nicht nachweisbar, ebenso wenig
die helfen, die Erreger abzuwehren. ser und Nährstoffen versorgen können. im Boden oder in den Pflanzen, die zwi­
In einem Wald durchziehen nicht nur schen den Bäumen wuchsen. Die For­
Wurzeln den Boden. Auch Pilze bilden scher fanden ihn nur in den Wurzeln
In der Unterwelt
dort ein weitverzweigtes Geflecht aus der Baumnachbarn. Und in den Hyphen,
feinen Fäden, den Hyphen. Pilze sind des Waldes wimmelt die sie umhüllten.
keine Pflanzen. Sie betreiben keine Fo­ Eine Überraschung für Körner und
es von produktiven
tosynthese, sondern ernähren sich eher sein Team. Bisher waren sie davon aus­
wie Tiere. Sie dringen in Totholz ein und Kreaturen: Rund gegangen, dass Mykorrhiza gleicharti­
überwachsen abgestorbenes organisches ge Bäume miteinander verbinden und
Material. Ihre Hyphen scheiden verdau­ zehn Milliarden Lebe­ die von ihren Symbiosepartnern gelie­
ende Enzyme aus und nehmen die Zer­ wesen stecken in einer ferten Stoffe verwenden, um damit den
setzungsprodukte wieder auf. Einige eigenen Bedarf zu decken. Doch jetzt
sind gar in der Lage, die chemisch sehr Handvoll Boden errechneten sie, dass die Pilzhyphen in
stabilen Bestandteile des Holzes abzu­ einem hektargroßen Waldstück jähr­
bauen und sie auf diese Weise erneut in Mykorrhiza sind nicht nur die besse­ lich 280 Kilogramm Kohlenstoff unter
den Nährstoffkreislauf einzuspeisen. ren Wurzeln. Bäume und Pflanzen, die den Bäumen verteilen.
Gäbe es keine Pilze, der Wald würde am über der Oberfläche als getrennte Indi­ Worum geht es bei dem Austausch?
Totholz ersticken. viduen erscheinen, vernetzen sich un­ Ist es ein allseitiges Geben und Nehmen,
terirdisch zu einem "Wood Wide Web", oder würde, wenn ein starker neben ei­
I E L E D I E S E R P I L Z E gehen einem "großen Internet der Pilze". nem schwachen Baum stünde, der Trans­

V mit Waldbäumen eine enge


Verbindung ein, die "Mykor­
rhiza-Symbiose". Mykorrhiza
Der britische Wissenschaftsjourna­
list Ed Yong prägte dieses Wortspiel
mit Bezug auf neue Erkenntnisse, die
port zu Letzterem überwiegen? Diese
Fragen wollen die Basler Wissenschaft­
ler bald klären. "Wir denken nicht, dass
bedeutet so viel wie "Pilzwurzel": Die Forscher von der Universität Basel im die Bäume in irgendeiner Weise beab­
Pilzfäden umwachsen die Enden der Jahr 2016 im Fachmagazin "Science" sichtigen, ihren Nachbarn zu helfen",
jungen Wurzeln und hüllen sie in einen veröffentlichten. Schon seit vielen Jah­ sagt Tamir Klein. Aber man müsse nun
dicken Hyphenmantel. Zwischen Baum­ ren führen die Schweizer Experimente davon ausgehen, dass "sogar ein sehr
wurzel und Pilz entsteht so eine Part­ mit Fichten durch, setzen sie einem Gas gemischter Wald viel mehr miteinander
nerschaft. Diese Hyphen sind im Boden aus. Dabei geht es ihnen vor allem um verbunden ist, als wir gedacht haben."
mit dem Hyphennetz der Pilze verbun­ die Frage, wie die Bäume auf eine höhe­
den. Da das eine wesentlich größere re C02-Konzentration reagieren. Die­ U C H V I E L E T I E R A R T E N im
Fläche abdeckt als die Wurzeln allein,
kann es die Bäume effektiver mit Was­
ser und Nährstoffen versorgen. Gleich­
ses Mal hatten die Wissenschaftler ein
Kohlendioxidgas verwendet, das mit
einem schwereren Kohlenstoffisotop
A Waldboden sind vernetzt, ob­
wohl sie keine Symbiosen ein­
gehen. Sogenannte Destruen­
zeitig bietet der Hyphenmantel auch markiert war. So konnten sie es auf sei­ ten, Zersetzer, arbeiten zusammen wie
einen gewissen Schutz vor Krankheits­ nem Weg durch die Pflanzen verfolgen. am Fließband, um tote Pflanzenmasse
erregern. Als Gegenleistung stellen die Wie erwartet, bauten dlt Fichten den abzubauen. Sie zerlegen Laub, Nadeln
Bäume energiereichen Zucker bereit: Kohlenstoffper Fotosynthese in Zucker­ und andere Pflanzenteile in immer klei­
Für ihre Symbiosepartner wenden sie moleküle ein und transportierten ihn in nere Fragmente, scheiden sie über ihren

.,
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Totholz voller Leben


Unter der Rindenschicht lagert
Kot aus und vergrößern auf diese Wei­ Veilchen und Orchideen. "Die Büchse
ein Haufen Kotkugeln (hellgrau),
se die Angriffsfläche für Mikroorganis­ vermutlich von pilzfressenden
der Pandora enthielt Köderwürmer",
men. Regenwürmer, die Riesen unter Milben hinterlassen. Das Holz schrieb ein Forscherteam der Univer­
den Bodentieren, übernehmen dabei (beige), das sich bereits zersetzt, sity of Georgia, weil viele Regenwürmer
den Hauptteil der groben Arbeiten. In­ wird von Wurzeln (braun) als Angelköder ins Land geholt und da­
dem sie sich durch den Boden fressen, durchwachsen. Überall sind feine nach freigelassen wurden.
schaffen sie wie Baumwurzeln unter­ Pilzhyphen zu erkennen (weiß) Am Zerkleinerungswerk sind auch
irdische Transport- und Abflussröhren, 2501Jm Verwandte der Regenwürmer beteiligt,
vermengen organische und mineralische 100 : 1 die zu den Wenigborstenwürmern ge­
Bodenbestandteile und scheiden sie als hören, aber winziger und zahlreicher
wertvollen Wurmkot wieder aus. sind: die Enchyträen. Asseln, Tausend­
Wie prägend diese Grabtätigkeit für erfolgte nur langsam. Dann wurden eu­ füßer und im Boden lebende Insekten­
• das Ökosystem Wald ist, zeigte sich in ropäische Regenwürmer eingeschleppt, larven fressen ebenfalls an dem groben
C"'
Nordamerika. Da es dort früher keine und Boden und Pflanzenwelt änderten Pflanzenmaterial, bevor die nächstklei­
- Regenwürmer gab, bildete sich eine viel sich dramatisch. Die Würmer ließen die neren Lebewesen übernehmen: Horn ­
dickere Humusauflage, als wir sie aus Streuauflage des Bodens schrumpfen, milben und Springschwänze, sogenann­
unseren Wäldern kennen. Ihr Abbau und mit ihr verschwanden Waldlilien, te Collembolen. Diese finden sich, vom

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Schalenamöbe (Nebela sp.)


Auch diese Amöbenart umgibt sich
mit einer Hülle aus Kieselsäure­
plättchen. I h r Haus erinnert an eine
Wärmflasche. Pilzhyphen (violett)
und Humus umgeben sie, Bakterien
sitzen auf ihrer Oberfläche

201.Jm
1 200 : 1

tropischen Regenwald bis ins Hochge­ Die andere große Gruppe unter den Amöben auf die Spur, die es im Waldbo­
birge, in beinahe jedem Boden. Wenn kleinen Bodentieren sind die Hornmil­ den gibt. Cryptodifflugiajagen wie Wöl­
man die oberste Streuschicht entfernt, ben oder Oribatiden: gepanzerte, häufig fe: in der Meute. Erwischt eine Amöbe
lassen sich die wenige Millimeter klei­ kugelige Spinnenverwandte mit acht einen Fadenwurm, der um ein Vielfa­
nen Tiere entdecken, die dort herum­ Beinen, unter denen sich neben vielen ches größer als sie sein kann, fixiert sie
hopsen. Zu den Collembolen gehören Zersetzern auch Aasfresser, kleine Räu­ sein Hinterende mit ihren Scheinfüßen
auch die Gletscherflöhe. Sie springen ber und Parasiten finden. am Boden und alarmiert, wohl durch
sogar über alpine Schneeflächen. Diese Zehntausende von Collembolen und Signalstoffe, ihre Artgenossen. Die strö­
Ur-Insekten haben keine Flügel, besit­ Hornmilben bevölkern einen Quadrat­ men herbei, fixieren das Vorderende und
zen dafür aber, neben drei Beinpaaren, meter Waldboden, aber das ist nichts versuchen gemeinsam, den sich winden­
ein originelles Fortbewegungsorgan: die gegen die astronomische Zahl der Ein­ den Wurm zu bändigen. Dann beginnt,
Sprunggabel oder Furca. Sie ähnelt ei­ zeller. Über die Geißeltierchen, Wim­ vielleicht unter unseren Füßen während
ner Stimmgabel, befindet sich auf der pertierchen und Amöben, die in durch­ eines Waldspaziergangs, das große Fres­
Unterseite und ist unter Spannung nach feuchteten Hohlräumen leben, ist wenig sen. Es dauert etwa 12 Stunden. (JJ
vorn geklappt, wo sie mittels kleiner bekannt. Sie fressen sich wohl gegen­
Zähne an einer Haltestruktur befestigt seitig und halten sich vor allem an den
ist. Wird der Floh gestört, löst sich die Bakterien schadlos, deren Vielfalt und
Halterung, die Furca schnellt nach un­ Zahl man gerade erst zu erfassen be­
ten und katapultiert ihn über ein Mehr­ ginnt. Bakterien wandeln die von ande­
faches seiner Körperlänge davon. Ein ren Bodenbewohnern zerkleinerten or­
Collembolenjagender Käfer muss sich ganischen Reste in lösliche Nährstoffe Die Biologin N I C O L E O T TAWA (M.) und
dann nach neuer Beute umsehen. um und schließen damit den Kreislauf. Fotograf O L I V E R M E C K E S (r.) sind
Springschwänze, die tiefer im Boden Ohne sie würde das System Waldboden darauf spezialisiert, winzigste Details der
leben, sind kleiner als die Arten der Bo­ zusammenbrechen. Natur per Rasterelektronenmikroskop
denoberfläche und oft unpigmentiert. Wer sich näher mit derart unbekann­ ans Licht zu holen. GEO-Autor B E R N HARD
Springen können sie nicht. Sie leben ten Lebewesen befasst, hat die Chance, K E G E L (I.) forschte als Biologe auch über

wie die meisten Collembolen von Pilzen überraschende Entdeckungen zu ma­ Bodentiere und freute sich, alte L ieblinge

und verrottenden Pflanzen und tragen chen. So kamen Forscher dem Verhal­ wiederzusehen: Kugelspringer, die
entscheidend zur Humusbildung bei. ten einer der vielen schalentragenden aussehen wie Miniaturhasen ohne Ohren.

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Weiter fragen

Stücke, die kleiner


als fünf Milli meter
sind, gelten als
M l kroplastik. Es
gelangt nicht nur
über Flüsse in die
Umwelt - offenbar
verbreitet es sich
auch über die Luft Wie weit kann
M i kroplast i k fliegen?

I Mindestens 95 Kilometer weit. Das zei­


gen Daten aus einem abgelegenen Ort in
den Pyrenäen. Plastik sollte dort kaum
vorhanden sein, denn Menschen kom­
men höchstens zum Wandern oder For­
schen her. Wissenschaftler haben über
fünf Monate Staub- und Niederschlags­
proben gesammelt - und fanden darin
große Mengen Mikroplastik, vor allem
Polystyrol und Polyethylen, Stoffe aus
Verpackungsmaterialien. Sie suchten
nach dem Ursprung des Mikroplastiks
und wurden in der spärlich besiedelten
Region im Umkreis von rund 100 Kilo­
metern nicht fündig. Etwa so weit müs­
sen dje Teilchen also geflogen sein.

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NACHGEDAC H T

Sollten wir auf Sonnenmilch verzichten?


Zumindest auf bestimmte Produkte. sind sie auch in der Umwelt weit ver­
Denn einige Cremes schützen nicht nur breitet, im Gewebe von Fischen, in un­
die Haut vor Sonnenbrand. Sie enthal­ serem Trinkwasser, im Meer.
ten auch problematische Moleküle: so Verwendet werden sie dennoch, vor
genanntes Oxybenzon, auf der Zutaten­ allem in billiger Sonnenmilch. Dabei
liste zuweilen als Benzophenon-3 de­ gibt es längst gleichwertige Alternati­
klariert. Diese chemische Verbindung ven. Und auf Hawaii, wo die Riffe vom
setzt Lebewesen zu. Zum Beispiel Stein­ Untergang bedroht sind, gilt ab 2021
korallen: Ihre Bauten mögen wie mäch­ sogar ein Verkaufsverbot für Oxyben­
tige Festungen wirken - doch in ihnen zon-haltige Sonnencreme.
hausen winzige Polypen, die empfind­ Und selbst wenn die Untersuchung,
lich auf Oxybenzon reagieren. Auf der wie bedrohlich die Stoffe sind, noch
Manche Sonnenmilch schadet Korallen.
menschlichen Haut blockt diese Sub­ nicht abgeschlossen ist - ich finde, ein
Eincremen sollte man sich trotzdem -
stanz zwar UV-Strahlung ab, ins Meer Bann kann nicht schaden. Seit einer
aber dabei auf die Inhaltsstoffe achten
gespült kann siejedoch das Genom von Expedition zu den vor Leben strotzen­
Polypenlarven verändern. Die mögliche den Korallengärten von Papua-Neugui­
Folge: Die Korallentierchen wachsen sich die Meere und übersäuern. Poly­ nea (GEO 07/2018) weiß ich: Die Riffe
deformiert heran, kapsein sich in einer pen bleichen aus, sterben ab. Es ist ein sind zu kostbar für Experimente.
Kalkhülle ein und verenden. Das haben schleichender Niedergang, dessen End­
Tests im Labor ergeben. ergebnis ich bei Tauchgängen schon
Ohne diese Nesseltiere verfallen die häufiger beobachtet habe. Ein Drittel
steinernen Burgen. Die Riffe erodieren ­ der globalen Riffe gilt bereits als be­
ganze Biotope verschwinden, was ver­ droht. Und nun auch noch durch Oxy­
heerend ist. Denn auch wenn tropische benzon und verwandte Stoffe.
Korallen nur 0,1 Prozent des Ozeanbo­ Nach einer Studie einer amerikani­ GEO-Reporter J Ö R N A U F D E M K A M P E
dens einnehmen, beheimaten sie den­ schen Gesundheitsbehörde finden sich hat sich über die Zutaten von Sonnenmi Ich
noch ein Viertel aller Meerestiere. Oh­ die Stoffe nicht nur in Sonnencremes, bisher kaum Gedanken gemacht, wird aber
nehin sind sie Stress ausgesetzt, denn sondern auch in diversen Kosmetika jetzt auf das Kleingedruckte achten. Und
als Folge des Klimawandels erwärmen mit Lichtschutzfaktor. Und inzwischen lieber eine unverdächtige Creme verwenden.

Was wurde aus dem Projekt >>Biosphäre 2<<?

Ein Forschungsort, offen für Touristen. Es


war eine umjubelte Idee, als Anfang der
1990er Jahre die "Biosphäre 2" in die
Wüste Arizonas gebaut wurde: Die in
der Anlage geschaffenen Ökosysteme
sollten sich selbst erhalten, "Bionauten"
wollten testen, wie das Leben auffernen
Planeten sein könnte. Zwei Jahre wohn­
ten sechs Forscher isoliert in der "Bio­
sphäre 2". Doch nach Streitereien wur­
de das Experiment abgebrochen - und
galt als gescheitert. Nun ist der Komplex
Teil der Universität von Arizona, die dort
etwa den Klimawandel erforscht.

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CAM P U S
Was wissen Sie
über Kohlenstoff?

I. Welche Brennstoffe enthalten


Schmuckstein aus dem Erdmantel: Diamanten
Kohlenstoff?
entstehen in bis zu 660 Kilometer Tiefe
a. Erdöl
b. Erdgas
c. Benzin
5. Worin ist Kohlensäure enthalten?
2. Welche Ordnungszahl hat a. in Sekt
Kohlenstoff im Periodensystem? b. in Blut
a. 1 c. in Sodawasser
b. 6
c. 8
6. Kohlenstoffdioxid . . .
3. Ein reiner Diamant . . . a. wird als Trockeneis eingesetzt
a. besteht nur aus Kohlenstoff b. ist ein brennbares Gas
b. ist der härteste natürliche Stoff c. wird als Dünger verwendet
der Erde
c. kann Strom leiten 7. Wo gibt es Grafitbergbau?
a. in Deutschland
4. Wie ist der Kohlenstoff in Graphen b. in Österreich
angeordnet? c. in der Schweiz
a. in Wellen
b. wie Rauten
c. wie Bienenwaben A U F L Ö S U N G SEITE 86

Können Ärzte Anzeichen von Alzheimer an den Augen erkennen?

Ja, mit einer neuen Methode zur Netzhautuntersuchung.


Mit der OCT-Angiografie können Ärzte die Durchblutung
der Netzhaut beurteilen. Forscher der Duke University in
Durham, USA, analysierten nun die Netzhaut von 39 Alzhei­
mer-Patienten, 133 gesunden Probanden und 37 Menschen
mit milder kognitiver Störung, einer möglichen Vorstufe von
Alzheimer. Dabei zeigte sich, dass das feine Netzwerk von
Adern bei den Alzheimer-Patienten weniger dicht, schlech­
ter durchblutet und teils komplett zerstört war. "Es ist mög­
lich, dass die Veränderungen das widerspiegeln, was in den
Blutgefäßen im Gehirn passiert", sagt Studienleiterin Sha­
ron Fekrat - womöglich sogar, bevor erste Symptome auf­
Je mehr Blau, desto weniger Blutgefäße: Links die Retina treten. Da die Durchblutungsstörungen aber auch bei ande­
eines kognitiv Gesunden, rechts die eines Alzhei mer-Patienten ren Erkrankungen vorkommen, sind weitere Studien nötig.

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Was haben ein Mammut,


Tutanchamun und der Ötzi
gemeinsam?

Ihre Kopien kommen aus dem 3-D-Drucker. Rund 1260


Stunden dauerte es, bis 320 Mammutknochen aus Kunst­
harz fertiggestellt waren, allesamt in Originalgröße: Allein
die Stoßzähne sind zwei Meter lang, das gesamte Konstrukt
wiegt 300 Kilogramm. Gestützt durch Kohlenstofffasern
steht es nun in einem Museum im belgischen Lier.
Mammuts bevölkerten mehrere Millionen Jahre die Erde
und starben aus bislang ungeklärten Gründen aus. 1860 wur­
den in Lier Überreste eines Mammuts gefunden, die nun ein
3-D-Druck-Unternehmen kopiert hat. Normalerweise ar­
beitet die Firma für die Industrie, inzwischen rekonstruierte
sie für Ausstellungen aber auch schon den Kopf des Pharaos
Tutanchamun und die Eismumie Ötzi. 3-D-Druck wenden
Paläontologen auch in der Forschung an: Sie scannen ihre
Funde mit einem Computertomografen, die Kopien zeigen
dann kleinste Details. 2018 fand eine Wissenschaftlerin etwa
durch das an einem Dinosaurierschädel angewandte Verfah­
ren heraus, dass dieser im Kiefer Ersatzzähne besaß.

Möglichst nah am Original: Die gedruckten


Kopien erhalten eine Schutzschicht

Warum mögen einige Menschen bittere Getränke, andere nicht?

Am Geschmack liegt es wohl nicht nur, zwei Gruppen auf: Süßtrinker und Bit­
wie Forscher herausgefunden haben: terliebhaber. Danach untersuchten die
Entscheidend sei die Wirkung der Ge­ Wissenschaftler, ob sich die Gruppen
tränke. Während einige Menschen im genetisch unterscheiden. Die dazu be­
Alltag mit Vorliebe zu bitter schmecken­ nötigten Geninformationen stammten
den Getränken wie Kaffee, Bier, Rotwein aus der britischen Gesundheitsdaten­
oder Grapefruitsaft greifen, schüttelt Langzeitstudie UK Biobank
es andere bereits beim Gedanken an die Überraschenderweise tauchten die
Bitterkeit. Sie trinken lieber gezucker­ Unterschiede nicht bei Geschmacksge­
te Limonaden, süße Säfte oder eine hei­ nen auf - sondern an solchen Genen,
ße Schokolade. die an der Verstoffwechselung der Ge­
Wissenschaftler um die Medizinerin tränke beteiligt sind. Bitterliebhaber
Marilyn Cornelis von der N orthwestern und Süßtrinker unterscheiden sich also
University in Chicago wollten in Erfah­ vermutlich darin, aufwelche Weise die
rung bringen, ob unsere Gene beeinflus­ Getränke jeweils in ihrem Körper wir­
sen, welche Getränkesorte - süß oder ken - beispielsweise die psychoaktiven
bitter - wir bevorzugen. Wüssten Ärzte Substanzen des Kaffees.
zuvor um eine solche genetische Veran­ Untersuchungsleiterin Marilyn Cor­
Nicht das Aroma, lagung, könnten sie zum Beispiel Ernäh­ nelis schließt daraus: "Die Menschen
sondern die Wirkung rungspläne frühzeitig anpassen. mögen die Gefühle, die Kaffee und Al­
macht Menschen Das Team befragte für seine Studie kohol bei ihnen hervorrufen. Das ist
zu Kaffeeliebhabern rund 370 000 Menschen zu ihren Trink­ der Grund, warum sie beides trinken.
vorlieben und teilte sie anschließend in Nicht der Geschmack."

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Wie pflanzt sich


die Volvox-Alge fort?

Meist durch Zellteilung - es sei denn,


ihr ist zu heiß. Im Innern der Alge bil­
det sich Nachwuchs durch Zellteilung.
Dann reißt die äußere Schicht der Mut­
terkugel auf, sie entlässt ihre Tochter­
kugeln und stirbt ab. Wird ihr Tümpel
im Sommer aber zu heiß, bildet Volvox
ein Geschlechtshormon. Das veranlasst
die Tochterkugeln, Sperma- und Eizel­
len zu entwickeln, Erstere befruchten
Letztere. Die so entstehenden Zellen
sind stabiler und können am Grund des
Tümpels überleben, bis die Hitzewelle
vorübergeht. Wird es kühler, fährt die
Alge den Zusatzaufwand der sexuellen
Fortpflanzung herunter und vermehrt
sich wieder durch simple Zellteilung.

Nicht Pacman, sondern eine


Grünalge: Die Volvox-Alge
entlässt ihre Tochterkugeln -
und stirbt anschließend

AUFLÖSUNG CAMPUS VON SEITE 84

1 a, b, c D i e fossilen Brennstoffe Kohle, hohem Druck u n d bei Temperaturen u m versetzen. gärt dieser. u n d es entsteht
Erdöl u n d Erdgas enthalten Kohlenstoff i n 1 2 0 0 bis 1 4 0 0 G r a d Celsius i m Erdmantel. Kohlendioxid. Ein Teil des C02 verbindet
verschiedenen Verbindungen, vor a l l e m u n d das i n mehreren Hundert Kilometern sich in der verschlossenen Flasche mit
K o h lenwasse rstoffve rbindungen. Entstan­ Tiefe. Diamanten können Strom leiten. d e m Wasser zu Kohlensäure - so wird
den sind sie über J a h r m i l l i o n e n durch aber nur, wenn sie mit anderen Stoffen daraus Sekt. Auch i m Blut u n d i n anderen
abgelagerte Ü berreste etwa von Pflanzen angereichert werden o d e r verunreinigt Körperflüssigkeiten ist Kohlensäure
(Kohle) oder Kleinstiebewesen aus d e m sind, etwa Bor. Reine D i a m a nten lassen enthalten, sie ist wichtig für d e n ph-Wert
M e e r (Erdöl u n d Erdgas). Benzin u n d sich a l s Isolatoren einsetzen. des Körpers.
Diesel werden a u s E r d ö l gewonnen.
4c Graphen besteht a u s einer einzigen 6 a, c Kohlendioxid (C02) ist ein farbloses,
2 b Chemische Elemente werden i m Lage von Kohlenstoffatomen. d i e wie nicht brennbares Gas. Es entsteht
Period ensystem aufgrund ihrer Ordnungs­ Bienenwaben angeordnet s i n d . I m Jahr entweder durch d i e Atmung von Lebe­
zahl hintereinandergereiht Sie ist mit 2004 stellten Forscher d a s Material her. wesen oder beim Verfeuern von fossilen.
d e r Anzahl d e r Protonen identisch, Dabei nutzten sie K lebestreifen u n d kohlenstoffhaltigen Brennstoffen.
d i e sich i m Atomkern dieses Elements pressten sie auf Grafitpulver. u m d a n n Trockeneis ist gefrorenes Kohlendioxid.
befinden. Das Periode nsystem wurde vor d ü n n e Schichten abzuziehen. Dafür ln Gewächshäusern wird d i e Luft teils
1 5 0 Jahren aufgestellt. Wasserstoff (H) erhielten Andre Geim und Konstantin mit C02 a n g ereichert. sogenannte
hat ist d i e Nummer eins, Sauerstoff ( 0 ) Novoselov d e n Physik-Nobelpreis 2010. C02-Düngung. So wachsen manche
d i e Nummer a c h t . Kohlenstoff (C) i s t a u f Forscher versprechen sich viel von dem Pflanzen besser.
Rang sechs. Aktuell h a t d a s Perioden­ Material. d a es besonders fest. elektrisch
7 a, b Grafit wird i n B l e i stiften verwendet
system 118 Elemente, es kommen leitfähig u n d transparent ist.
sowie in E l e ktroden und Batterien. Es
regelmäßig neue hinzu, d i e künstlich
5 a, b, c Kohlensäure (H2C03) entsteht aus kann künstlich hergestellt werden, findet
hergestellt werden.
Kohlendioxid. d a s i n Wasser gelöst ist. E i n sich aber auch i n bestimmten Gesteinen.
3 a, b Diamanten werden a l s .. Modifikation britischer Arzt u n d Chemiker entdeckte Vorkommen gibt es weltweit viele. a u c h
des Kohlenstoffs" bezeichnet. sie gelten diese Eigenschaft bereits i m 1 8 . Jahrhun­ i n der Schweiz. Bergwerke bestehen
als härtester natürlicher Stoff d e r Weit. dert. e i n weiterer Brite erfand e i n paar zum Beispiel i n Kropfmühle bei Passau
D i e Kohlenstoffatome haben e i n e Jahrzehnte später das perlige Sodawasser. i n Bayern oder in Kaisersberg in
Kristallstruktur. Sie b i l d e n s i c h unter Wenn Winzer Wein mit Hefe und Zucker Ö sterreich. Christiune Löll

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PSYCHOLOGIE

Nichts

schwerer als

das:

Verzeihen
Wenn wir Leid
erfahren, geraten wir
in einen Strudel aus
Rachlust und Wut,
der die Seele belastet.
Nur wer es schafft,
die Tat zu vergeben,
befreit sich vom
Bal last der Vergan­
genheit. Aber wie
geht das: den eigenen
Zorn besiegen, das
Schicksal annehmen?

Verrat am besten Freund: Hartmut Rosinger


(sitzend) bespitzelte als Inoffizieller Mitarbeiter der
Text: Ruth Hoffmann
DDR-Staatssicherheit Peter Wulkau, der darauf­
h i n verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wurde Fotos: Roman Pawlowski

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Die Mutter: »Ich fragte mich: Was tue ich meinen Kindern an?«
Der Sohn: »Da war so viel Wut in mir über diese verkorkste Kindheit«

A L E X A N D R A S C H M I T T, 4 7
Die Zeit im Gefängnis war die
schlimmste und wichtigste mei­
nes Lebens. Ich musste nüchtern
die Selbstvorwürfe ertragen, die
ichfrüher mit dem nächsten
Schuss betäubt hatte. Was tust
du deinen Kindern an? Warum
lässt du sie allein? Es tat mir so
leid. Marius blieb aufDistanz.
Dann hatte er selbst eine
schlechte Phase: Seine Beziehung
zerbrach, die Ausbildung war
nichtsfür ihn. Er zog wieder
zu Hause ein; und ich warfiir
ihn da. Langsam veränderte
sich etwas zwischen uns. Ich
spiirte, dass er das Vergungene
loslassen kann. Wir haben ein
ehrliches Verhältnis zueinander.
Und ich bin glücklich, einen
Sohn zu haben, der sich neben
eine Mutter wie mich stellt.

M A R I U S , 27
Als ich 16 Jahre alt war, saß
meine Mutter im Gefängnis. Da­
mals bat sie meine Schwester
und mich, ihr noch eine Chance
zu geben. Doch da war so viel
Wut in mir über diese verkorkste
Kindheit, in der ich mich so oft
im Stich gelassenfiihlte.
Ich zog weg, was gut war.
Wenn wir uns trafen, gab es
Streit: Ich schimpfte, sie weinte.
Dann hatte ich selbst eine harte
Zeit. Ich wandte mich an sie und
fiihlte: Bei allem, was war, ist es
toll, dass sie da ist. Diese guten
Gefiihle haben die schlechten mit
der Zeit verdrängt. Ich hörte auf,
sauer und enttäuscht zu sein;
wahrscheinlich ist das Verzeihen.
Nicht nur meine Mutter, auch
mich hat das entlastet. Ich schaue
heute kaum mehr zurück.
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C H R I S T O P H E R B A R T H . 22
Die letzten Jahre meiner Schul­
zeit waren der Horror. Für
Marco war ich ein Idiot, mit dem
man alles machen kann. Mal
verspottete er mein Aussehen,
mal meine Klamotten. Wie hilf­
los ich mich fühlte, als er selbst
gedichtete Lieder über mich sang.
Dann geriet Marco selbst in
die Schusslinie. Ein Kumpel
grenzte ihn aus. Keiner sprach
mehr mit ihm. Jetzt weiß er, wie
sich das anfühlt, dachte ich. Ich
empfand Mitgefühl. Zwei Jahre
später trafich Marco zufällig.
Er sagte: "Es tut mir ehrlich leid,
mein Verhalten von damals. "
Ich blieb skeptisch. Dann gab er
ein Zeitungsinterview, erzählte,
dass er einen Jungenjahrelang
gemobbt habe. Als er sich ent­
schuldigte, mailte ich ihm:
Du hast meinen Respekt, es ist
alles okay zwischen uns.

M A R C O K R Ü G E R , 23
Einmal packtejemand Chris­
topher an den Beinen und schleu­
derte ihn durch die Jugendher­
berge. Ichfand das lustig. Oft
grölte ich Lieder, in denen ich ihn
als stinkenden Müffel beschrieb.
Nachdem ich ihn zwei Jahre lang
schikaniert hatte, hetzte mein
bester Kumpel die Klasse gegen
mich auf. Nun war ich der Depp.
Nach der Schulzeit musste ich
wegen Depressionen stationär
behandelt werden. Wenn man mit
18 nicht Party macht, sondern
in der Therapie sich selbst aus­
einandernimmt, ist Schluss mit
Verdrängen. Ich konnte mein
Verhalten aufniemanden schie­
ben, ich selbst hatte den Impuls
zum Mobbing gehabt. Nur
warum ? Ich wollte Aufmerl>sam­
keit, lustig sein, dazugehören.
Es tat weh, das zu erkennen. 2017
gründete ich den Anti-Mobbing­
Verein "Das M stehtfür Mut".
Christopher hat mir verziehen.
Das ist wichtigfür mich.
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Unfassbaren, als Everetts Blick auf einen Baseballschläger


an der Wand fiel und sein Entsetzen in Zorn umschlug: "Ich
würde dem Kerl auf der Stelle das Hirn herausschlagen", sag­
te er, "keine halbe Stunde würde er leben." Sein Bruder sag­
te: "Bei mir wäre er schon nach zehn Minuten tot." Kathy
sagte: "Ich würde ihn langsam zu Tode quälen."
Dem heute 72-jährigen Everett Worthington ist anzumer­
ken, wie ihn die Erinnerung immer noch quält, auch wenn,
wie er sagt, die Zeit ihr die schärfsten
Kanten genommen habe. Die ohnmäch-
tige Wut von damals aber, der brennen-
E V E R E T T W O R T H I N G T O N kenntsich de Wunsch nach Rache - sie hätten sich
aus mit dem, was Menschen einander vollständig aufgelöst.
P E T R A H O H N , 61
antun. Als Paartherapeut weiß er um Noch in jener Nacht sei ihm bewusst
die Zerstörerische Wucht gegenseitiger geworden, welch finstere Richtung er Carsten ist einfach gegangen.
Verletzungen, von Verrat und Gewalt. gerade eingeschlagen hatte: "Plötzlich "flzr seid tolle Eltern!'� sagte er
Das hatte den Psychologen der Virginia ging mir auf, dass ich nicht ein einziges im letzten Telefonat. Am nächs­
Commonwealth University veranlasst, Mal an das gedacht hatte, womit ich ten Tag gegen halb drei stand
eine bis dahin kaum untersuchte Gabe mich doch seit Jahren beschäftigte. Was die Polizei vor unserer Tür; ein
des Menschen zu erforschen: die Kunst ist all das Gerede vom Verzeihen wert, Spaziergänger hatte ihn an ei­
des Verzeihens. Er hatte wissenschaft- wenn mir selbst nichts Besseres ein­ nem Waldsee gefunden, vergiftet
liehe Studien verfasst und das Manu- fällt, als nach Vergeltung zu schreien? mit den Abgasen seines Wagens.
skript für das erste Buch zum Thema Wessen Herz ist schwärzer: das des Tä­ Er war 18 Jahre alt.
vorangetrieben, Arbeitstitel: "Vergeben ters oder meines?" Dieser Wechsel der Wie sehr wünschte ich mir
ist menschlich". Perspektive habe ihm geholfen: "Es war einen Abschiedsbriej; in dem er
Da wurde seine Mutter auf grauen- eine gewaltige Erleichterung." seine Gründe nannte und uns von
hafte Weise ermordet. Als sich die Geschwister ein paar Schuldfreisprach. Aber den gab
Sein Bruder Michael fand die Leiche Wochen später wiedersahen, stellten es nicht. So suchte ich Schuldige:
der 76-Jährigen am Neujahrsmorgen sie fest, dass sie unabhängig voneinan- Wie hasste ich das Mädchen, das
1996 in dem kleinen Haus in Knoxville, der zum selben Ergebnis gekommen ihn verlassen hatte. Und seinen
Tennessee, wo sie beinahe ihr ganzes waren: Auch Michael und Kathy hatten Chej; der ihn nach der Ausbil­
Leben verbracht hatte. Sie lag vor ihrem beschlossen, dem Mörder ihrer Mutter dung nicht übernehmen wollte.
Schlafzimmer, zwei große Blutlachen zu vergeben. Vor allem aber verachtete ich
um Kopfund Hüfte. Der Täter hatte ihr Unvorstellbar? Vielleicht. mich. Etwas musste ichfalsch
mit einer Brechstange auf den Rücken, Unmöglich? Keineswegs. gemacht haben. In der Nachbar­
den Schädel und ins Gesicht geschla­ schaft hieß es, ich hätte ihn zu
gen und sie dann mit einer Weinflasche sehr verwöhnt, zu viel gearbeitet.

M
vergewaltigt. Monatelang schlief; aß, trank
Und als wäre das noch nicht fürchter­ ich kaum mehr. Genuss kam mir
lich genug, hatte Michael, als er das wie Verrat vor. Dann begriffich:
Haus betrat, nichtsahnend seinen klei­ Du musst dir verzeihen, sonst
nen Sohn an der Hand. Er konnte ihm richtest du dich zugrunde.
nicht schnell genug die Augen verdecken. M E N S C I-1 E N S I N D in der Lage, selbst Ich habe mich bewusst dem
Michael rief die Polizei und dann sei­ denjenigen zu verzeihen, die ihnen das Leben zugewandt, gearbeitet,
ne Geschwister Kathy und Everett, die Liebste genommen oder schlimmste Freunde getroffen, mich im Ver­
voller Schrecken den Tatort besichtig­ Qualen zugefügt haben. Beispiele aus ein "Verwaiste Eltern " engagiert ­
ten: die Wände im Flur blutbespritzt, der ganzen Welt legen eindrucksvoll um meinem Leben und auch Cars­
die Zimmer verwüstet, aufgeschlitzte Zeugnis davon ab: Da ist etwa die Ame­ tens Sterben einen Sinn zu geben.
Kissen, umgestürzte Schränke, Fami­ rikanerin Marietta Jaeger, die dem Wut und Schmerz kamen über
lienfotos hinter zerbrochenem Glas. Den Mann vergab, der 1973 ihre damals sie­ Jahre immer wieder zurück. Den­
Anblick könne er niemals mehr verges­ benjährige Tochter Susan kidnappte noch veränderte sich etwas. Die
sen, sagt Everett Worthington heute, und ermordete. Seit mehr als 40 Jah­ Farben des Sees, an dem Carsten
23 Jahre danach. ren kämpft sie zusammen mit anderen starb und zu dem ich regelmäßig
Nachts saßen die drei Geschwister Gewaltopfern und Hinterbliebenen für fuhr, wurden heller. Verzeihen
zusammen, noch immer betäubt vom die Abschaffung der Todesstrafe. hat mir die Möglichkeit gegeben,
wieder an mein Leben zu denken,
nicht nur an Carstens Tod.
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Oder Kemal Pervanic aus Bosnien, der 1992 mit seinem Universität von Wisconsin. "Das ist
Bruder in das berüchtigte Konzentrationslager Omarska kein Wunschdenken oder esoterischer
verschleppt wurde, weil er Muslim war. Dort musste er mit Hokuspokus, sondern wissenschaftlich
ansehen, wie Menschen gefoltert und geradezu abgeschlach­ nachweisbar."
tet wurden. Unter den Peinigern erkannte er Nachbarn aus
seinem Heimatdorf, einen seiner Lehrer und einen ehema­

E
ligen Mitschüler. Jahre später war Pervanic in der Lage, ih­
nen zu vergeben - der Hass hätte ihn sonst vergiftet und ihre
grauenvolle Arbeit vollendet, sagt der
heute 51-Jährige.
Und da ist die Israelin Robi Damelin,
die ihren Sohn im Jahr 2002 durch ei­ E I N E N D E R E R S T E N Hinweise gab
nen palästinensischen Scharfschützen 1996 eine Studie mit Frauen, die Opfer
H A N S S Z Y M A N S K I , 55
verlor. "Nehmt keine Rache in seinem von Inzest geworden waren. Robert En­
Mir schien unsere Beziehung am Namen", bat sie, als Militärvertreter ihr right konnte zeigen, dass sie die trauma­
Ende, als die Geschichte mit der die Nachricht überbrachten. Später er­ tischen Erfahrungen besser verarbeiten,
anderen begann. Wir sprachen fuhr sie, dass der Schütze als Kind mit­ wenn sie mit therapeutischer Hilfe ler­
kaum mehr. Den Ehering hatte erlebt hatte, wie Israelis seinen Onkel nen, dem Täter zu vergeben: Die eine
ich abgelegt. Dass ich meine ermordeten, dessen Tod er nun als Er­ Hälfte der Betroffenen erhielt wöchent­
Frau damit so tiefverletze, hätte wachsener sühnen wollte. Seitdem enga­ lich eine Einzel-Therapiestunde, die
ich nicht gedacht. Aber wenn da giert sich Damelin in der Organisation andere hatte nur alle vier Wochen ober­
solche Gefühle sind - Wut bei ihr, "The Parents Circle - Families Forum" flächlich Kontakt zu einem der Studien­
Reue bei mir -, dann gibt es eine für Versöhnung und Frieden - gemein- leiter. Während der Therapie lernten
Chance. Doch die Gespräche ver­ sam mit Palästinensern und anderen die Frauen, sich in die Täter einzufüh­
harrten an der Affäre, mündeten Israelis, deren Kinder im Konflikt ums len und ihnen zu verzeihen.
in Vorwürfen oder Schweigen. Leben kamen. Im Schnitt brauchten sie gut 14 Mo­
Heute bin ich dankbarfür den Wie gelingt es diesen Menschen, trotz nate, um an diesen Punkt zu kommen.
Neuanfang, auch wenn er wack­ ihres Schicksals derart großmütig zu Ihre Wunden waren damit zwar nicht
lig war und noch ist. Wir haben sein? Untersuchungen zeigen, dass sie weg, aber sie begannen zu heilen: Die
unsere Ringe beim Juwelier in damit nicht etwa den Tätern den größ­ therapierten Frauen waren weniger de­
Platin einfassen lassen. Sie sind ten Gefallen tun, sondern sich selbst. pressiv und ängstlich als die unthera­
nun breiter und beständiger. Weil sie sich von einer Last befreien, die pierten. Selbstwertgefühl und Zuversicht
der Gesundheit schadet, der körperli­ waren bei ihnen deutlich gestiegen.
BIRGIT ODENKIRCHEN­ chen ebenso wie der seelischen. Und "Es klingt erst einmal absurd und un­
weil sie den Rest ihres Lebens in größe­ logisch", gesteht Enright ein, "schließ­
S Z Y M A N S K I , 54
rem Frieden verbringen. lich handelt es sich um ein Verbrechen,
Ichfühlte mich verraten. Die Wissenschaft vom Verzeihen ist das nicht zu entschuldigen ist. Doch
Quälend waren die Bilder im eine junge Disziplin. Systematisch ge­ hier geht es nicht um den Täter - dessen
Kopf: Mein Mann hatte sich eine forscht wird erst seit 30 Jahren, vor al­ Schuld steht außer Frage -, sondern um
Wohnung in München genommen. lem in den USA, wo die "Science of For­ die Heilung des Opfers. Und die ist mit
Und sie war da, in seinem Bett. giveness" inzwischen fest etabliert ist. Bitterkeit, Hass oder dem Wunsch nach
Zugleich spürte ich, wie viel Psychologen, Mediziner, Hirnforscher Rache nicht zu erreichen."
mir an der Beziehung liegt. Auch und Soziologen untersuchen das Phäno­ Verzeihen ist ein komplexer, verwir­
Hans bemühte sich um mich. men aus verschiedenen Blickwinkeln - render Prozess. Er bedeutet eben nicht,
Lange Zeit knüpfte ich mein und kommen zu ähnlichen Resultaten. das Unrecht, das einem angetan wurde,
Vergeben an Bedingungen. "Was anfangs nur eine Hypothese war, zu vergessen, zu beschönigen oder zu
Da war das Gefühl, er hat noch lässt sich heute gut belegen: Wer ver­ entschuldigen. Vielmehr geht es darum,
etwas gut zu machen, er muss zeihen kann, ist emotional stabiler und die Macht der bösen Tat zu brechen
liefern. Mir wurde aber klar: körperlich gesünder", sagt Robert En­ und durch einen scheinbar widersinni­
Soproduzierst du die nächste right, Professor für Psychologie an der gen Schachzug die Kontrolle über das
Krise. Verzeihen warfür
mich ein Akt des Willens; ich
schob die Wut beiseite, um Sie: » Wirklich zu verzeihen, fiel mir so schwer. «
Platz zu machenfür schöne
Empfindungen. Verzeihen Er: »Ich bin ihr dankbar dafür«
ließ die Wunden zwar nicht
verschwinden, aber heilen.
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Der Psychologe: » Was ist al/ das Gerede wert, wenn mir selbst
nichts Besseres einfällt, als nach Vergeltung zu schreien?«

eigene Leben zurückzugewinnen. "Statt Training, die andere nur eine allgemei­
zu verurteilen, übt man sich in Nach- ne psychologische Beratung.
sieht und Verständnjs, auch wenn der- Anschließend wurden im Abstand
E V E R E T T W O R T H I N G T O N , 72
jenige, der uns verletzt hat, es überhaupt von zehn Wochen erneut die Vitalwerte
nicht verdient", sagt Robert Enright. gemessen, und siehe da: Bei den geüb­ Anfangs wollte ich den Mörder
"Das ist paradox, aber es funktioniert!" ten Vergebern hatten sich Blutfluss in meiner Mutter am liebsten eigen­
der Arterie und Sauerstoffversorgung händig umbringen. Dann
des Herzens deutlich verbessert. Die erschrak ich über mich selbst:

D
Männer hatten sich entärgert - und da­ Dieser Hass konnte doch nicht
mit gesünder gemacht. die Antwort sein! Wessen Herz
Eines der Hauptprobleme seelischer war schwärzer: das des Täters
Verwundungen: Sie wirken über lange oder meines? Noch am selben
Zeiträume. Wer verletzt wurde, aber Tag habe ich ihm vergeben.
D E R E R S T E N U T Z N I E S S E R dieses nicht vergeben kann, steckt oft für Jah­
heilsamen Paradoxons ist der Körper. re oder gar Jahrzehnte in einem Gewirr
Wer seelisch verletzt wurde, neigt dazu, aus Grübelei, Schuldzuweisungen, Zorn
Wut und Schmerz zu verdrängen - aus und Depressionen. Wissenschaftler er-
Scham oder Rücksicht gegenüber der achten Unversöhnlichkeit daher als chronischen Stressfak­
Umwelt. Beeinträchtigen solch unter­ tor, der die körperliche und mentale Gesundheit auf die
drückte Gefühle die Gesundheit? Und Dauer massiv beeinträchtigt: Bluthochdruck, Schlafstörun­
wäre Verzeihen ein Heilmittel? gen, Nervosität und Ängstlichkeit korrelieren auffällig häu­
Diese Fragen stellte sich ein Team fig mit einer unversöhnlichen Grundhaltung.
von Wissenschaftlern im Jahr 2008. Sie Ein Experiment am Hope College in Holland, Michigan,
betrachteten die Herzen von Männern war eines der ersten, die die enge Kopplung von Groll und
im Alter zwischen 21 und 79 Jahren, die Gesundheit belegten: Als die Probanden an jemanden denken
an Durchblutungsstörungen der Herz­ sollten, der sie verletzt hatte, reagierte ihr Körper wie unter
kranzgefäße litten. Es ist gut belegt, dass Stress. Ihr Puls beschleunigte sich, der Blutdruck stieg, Mus­
andauernder emotionaler Stress, ins­ kelspannung und Schweißproduktion nahmen zu. Auch emo­
besondere Ärger, selbst bei gesunden tional war das Durchleben der alten Verwundung schmerz­
Menschen das Herz angreift. Die For­ haft: Die Teilnehmer beschrieben ihr Empfinden als wütend,
scher wollten herausfinden, ob Verzei­ traurig, ängstlich und ohnmächtig. Als sie dann aufgefordert
hen ein Mittel sein könne, die Schäden wurden, sich in den anderen einzufühlen und zu verzeihen,
zu mildern. legte sich der Aufruhr in Körper und Gemüt allmählich.
Sie wählten ein raffiniertes Studien­ Doch Unversöhnlichkeit hinterlässt auch langfristig Spu­
design: Jeder der Männer sollte sich ren - im Körper und im Leben: Bei einer Studie maß Everett
zunächst ein Erlebnis in Erinnerung Worthington erhöhte Werte des "Stresshormons" Cortisol
rufen, das ihn tief getroffen hatte, und im Speichel jener Teilnehmer, die eine geringe Neigung zu
es in sämtlichen Einzelheiten schildern. verzeihen zeigten. Ihre Partnerschaft hatten sie zuvor als
Denn das ist stets der erste Schritt beim konfliktreich beschrieben. Wenn sie an sie dachten, schoss
Verzeihen: sich der Verletzung über­ ihr Cortisol-Spiegel zusätzlich in die Höhe. Offenbar, so
haupt bewusst zu werden. Davor und Worthingtons Folgerung, gibt es einen Zusammenhang zwi­
danach wurden bei den Männern Blut­ schen der Bereitschaft, dem Partner gegenüber nachsichtig
druck, Puls und die Blutversorgung der zu sein, der Qualität der Beziehung und der Stressbelastung
Herzkammern gemessen. An der zwei­ des Körpers. Auch andere Untersuchungen legen das nahe.
ten Hälfte des Experiments durften so­ Das Gift seelischer Verletzungen entfaltet seine Wirkung
dann nur jene Probanden teilnehmen, im Verborgenen und über lange Zeit. Oft sind persönliche
die auf das erneute Durchleben des Probleme und Konflikte das Ergebnis unverdauter Kränkun­
Schmerzes mit einer Verschlechterung gen, die lange zurückliegen und von den Betroffenen meist
des Blutflusses reagiert hatten. Die eine gar nicht als solche erkannt und mit ihren aktuellen Schwie­
Hälfte von ihnen bekam Verzeihens- rigkeiten in Verbindung gebracht werden.

98 G E O 08 2 0 1 9
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Vor allem in den USA üben daher viele Therapeuten mit gefühl, Großzügigkeit und Wohlwollen
ihren Klienten gezielt das Verzeihen. Sie arbeiten dabei mit zu ersetzen.
speziellen, von Psychologen entwickelten Therapiemodel­ Everett Worthington hat ein ähnli­
len. Eines davon stammt von Robert Enright. Es besteht aus ches Modell entwickelt: "REACH For­
20 Stufen, die sich grob in vier Phasen gliedern lassen: be­ giveness". Beide Ansätze haben mittler­
wusstes Durchleben; Entscheidung zu verzeihen; Verständ­ weile verschiedene klinische Tests und
nis für den Täter; akzeptieren - nicht: entschuldigen! - des Studien durchlaufen und sich als glei­
Unrechts, das einem zugefügt wurde, und Verzicht auf Rache chermaßen wirksam erwiesen. Beide
(siehe Kasten Seite 104). definieren Verzeihen als eine bewuss­
Dieser Prozess ist anspruchsvoll und schmerzhaft. Eine te Entscheidung, die zu positiven Ver­
Zumutung. Und er braucht Zeit. Viel Zeit. änderungen in der Wahrnehmung, den
"Vergebung ist ein Ziel, das ständig in Bewegung ist", sagt Gefühlen und, sofern möglich, auch im
Enright. "Mal scheint es einem zum Greifen nah, dann wie­ Verhalten gegenüber dem Täter führt.
der fast unerreichbar. Fortschritte und Rückfälle wechseln Das klingt einfach. Tatsächlich aber
sich ab, das ist völlig normal." Wenn alles gut geht, enthüllt ist Verzeihen ein ungeheurer, manch­
sich in Phase vier dann aber schließlich die Erkenntnis, dass mal nahezu übermenschlicher Vorgang.
es allen Bedenken zum Trotz guttut, die alten, schmerzlichen Denn wer verzeiht, verzichtet: zum
Gefühle und Verhaltensweisen loszulassen und durch Mit- einen auf Gerechtigkeit, also auf die

GEO 08 2019 99
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Die Hinterbliebene: »Das Verzeihen hat mich befreit«

Ein 17-Jähriger ermordete


vor zehn Jahren in Winnenden
neun Schüler und drei Lehrerinnen.
Eine von ihnen war die Tochter
von Gisela Mayer. Dem Täter
hat sie vergeben - doch dass
seine Eltern nicht mit i h r reden
wollen, macht ihr zu schaffen

100 G E O 08 2019
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Erwartung, dass es fair zugeht im Leben. Der Täter bekommt Und es verpflichtet einen auch nicht,
die Vergebung geschenkt, obwohl er sie nicht verdient hat. zur Tagesordnung zurückzukehren oder
Zum anderen auf Reue: Ob der Täter bereut oder nicht, ist die Beziehung fortzusetzen, wenn sie
für das Verzeihen unwichtig. Es ist die alleinige Entschei­ einem nicht guttut."
dung des Opfers. Der Täter hat keinen Einfluss darauf. An der Bewertung des Geschehenen
Vielleicht liegt hier die eigentliche Stärke der Vergebung: muss sich also nichts ändern. "Das Ver­
Das Opfer gewinnt seine Macht zurück. Vermutlich aber ist geben bezieht sich nur auf die Person
es zugleich gerade dieser Punkt, der den Prozess des Verzei­ und niemals auf die Sache", schrieb die
hens so schwer nachvollziehbar macht, Philosophin Hannah A.rendt. "Wenn ein
solange man ihn nicht selbst durchlebt Unrecht verziehen wird, so wird demje­
hat: Viele Menschen reagieren erst ein­ nigen verziehen, der es begangen hat,
mal mit Unverständnis und Zorn, wenn was natürlich nicht das Geringste daran
sie aufgefordert werden, sich auf ihn ändert, dass das Unrecht unrecht war."
G I S E L A M AY E R , 6 0
einzulassen. Der Gedanke an Vergeltung Einen Menschen nicht nur über das
Zehn Tage nach dem Amoklauf liegt uns näher. So nah, dass wir ihn für zu definieren, was er getan hat, sondern
gab es in Winnenden einen die normalere, ja gesündere Reaktion auch als Person zu sehen, die ihre eigene
Trauergottesdienst Als der halten, egal, wie viel zusätzliches Leid Geschichte mit sich herumträgt, kann
Pfarrer bat, auchfür den Täter sie bringt. helfen, den Zorn hinter sich zu lassen.
eine Kerze zu entzünden, als Auch die Geschwister Worthington Ein wichtiger Schritt auf dem Weg des
Zeichen der Vergebung, schüttel­ stießen auf Erstaunen und Empörung: Verzeihens liegt daher im Versuch, sich
te es mich. Unmöglich erschien Wie könnt ihr dem Monster vergeben, in sein Gegenüber hineinzuversetzen -
es mir. Monatelang vermied ich das eure Mutter ermordet hat? Unter­ ein schwieriger, schmerzhafter Prozess,
den Gedanken an ihn. Jedes Mal, ton: Wie bringt ihr es übers Herz, eure der sich nicht erzwingen lässt und sehr
wenn ich mir diesen Menschen Mutter zu verraten? Doch die drei wa­ viel Zeit und Mut erfordert.
vorstellte, der meine Nina getötet ren überzeugt, dass der Wunsch nach
hatte, schoss unerträgliche Wut Rache gegen alle Werte verstieß, die

w
in mir hoch. Erst nach etwa zwei ihre zutiefst gläubige Mutter ihnen ver­
Jahren wich das Verdrängen dem mittelt hatte. "Sie selbst hätte dem Jun­
Wunsch, verstehen zu wollen: gen vergeben", sagt Everett Worthing­
wer der Täter war, warum er zum ton. "Unsere Antwort hieß daher immer:
Mörder wurde. ,Wie könnten wir nicht?' Es wäre Ver­
Ich besorgte mir zugängliche rat, ihm nicht zu vergeben." W A R U M A B E R S O L L T E mansichdem
Unterlagen, suchte Kontakt zu Im Prinzip gilt Milde als hohes Gut: aussetzen? Warum jemandem verzei­
seinen Freunden, bat seine Eltern Auch nicht religiöse Menschen zählen hen, der einen verraten, beleidigt oder
um ein Gespräch; sie lehnten ab. Verzeihen zu den erstrebenswerten Tu­ übergangen hat? Ganz einfach, sagt Ro­
Langsam ergab sich ein Bild des genden und Vergeltung zu den verwerf­ bert Enright: "Sich selbst zuliebe."
Täters. Aus dem Monster wurde lichen. "Es gibt offensichtlich eine kol­ Den meisten widerstrebt es jedoch,
ein Mensch: der 17-jährige Tim, lektive Vorstellung davon, dass man nachsichtig zu sein, wenn der "Täter"
ein armseliger, tiefunglücklicher nachsichtig sein sollte", sagt die Sozio­ keinerlei Bedauern zeigt. "Aus soziolo­
Junge, der in seiner Hilflosigkeit login Sonja Fücker von der Universität gischer Sicht scheint Vergebung ein
zu hassen und zu töten begann. Bremen, die über das Thema promo­ beiderseitiges Einvernehmen über be­
Als ich das verstand, nahm das viert hat. Dieses "Vergebungsethos" sei stimmte, meist ungeschriebene Regeln
Verzeihen seinen Anfang, wie von für viele aber nur schwer lebbar, weil es vorauszusetzen, gegen die einer der bei­
allein. Ich habe mich nicht dafür im Widerspruch zu ihren Emotionen den verstoßen hat", sagt Sonja Fücker.
entschieden. Das Gefühl hat sich steht: "Sie fühlen sich verpflichtet zu Tatsächlich zeigen Studien, dass eine
mit dem Verstehen eingestellt. vergeben und schämen sich deshalb für als aufrichtig empfundene Bitte um Ver­
Ich empfinde es als Gnade, das ihre Wut." zeihung den Ärger einer Person, die sich
Verzeihen hat mich befreit. Dabei werden sie jedoch Opfer eines gekränkt fühlt, erheblich reduziert, was
Was ich schwer akzeptieren verbreiteten Missverständnisses: Wut wiederum die Bereitschaft erhöht, zu
kann, ist die Verweigerung von ist, ebenso wie Trauer, eine völlig nor­ vergeben. In Fückers Untersuchung be­
Tims Eltern, uns Angehörigen male Reaktion auf ein verletzendes Er­ zeichnete die Mehrheit der Befragten
der Opfer zu begegnen. Ich lebnis. "Solchen Gefühlen Raum zu ge­ erkennbare Reue sogar als eine unab­
verstehe, dass es schwer ist - ben, ist legitim und notwendig", sagt dingbare Voraussetzung, um Zorn und
aber das ist esfür uns alle. Enright. "Verzeihen heißt eben nicht, Rachegefühle "herunterzufahren" und
Die Offenheit der Eltern wäre ein schädliches Verhalten zu billigen. dem anderen zu verzeihen.
hilfreich. Vielleicht auch
für sie selbst.
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Diese Einstellung sei weit verbreitet, Aber auch vermeintliche Kleinigkeiten wirken oft wie Gift
sagt Enright: Die meisten Leute erwar­ und bedürfen der Vergebung. Alltägliche Unaufmerksam­
teten eine Art Gegenleistung, bevor sie keiten und Missverständnisse können sich mit der Zeit zu
bereit seien, übers Verzeihen auch nur chronischem Unmut addieren, wenn es nicht gelingt, sie als
nachzudenken. "Was aber, wenn die er­ normale Begleiterscheinung des menschlichen Miteinan­
hoffte Strafe, eine Wiedergutmachung ders zu sehen. Die Qualität einer Beziehung, gleich welcher
oder das ,mea culpa' nicht kommen? Art, steht und fällt mit der Bereitschaft, Fehler zu verzeihen.
Was machen wir dann mit unserem Är­ Das klingt nach Weihnachtspredigt, ist aber bestens belegt.
ger, der zwar berechtigt sein mag, aber Was Wissenschaftler in drei Jahrzehn­
letztlich uns selbst am meisten schadet?" ten zusammengetragen haben, liest sich
wie ein donnerndes Plädoyer für all
jene Tugenden, von denen Weise und

V
Religionsstifter sprechen: Wohlwollen,
U R S U L A D R E N D A , 78
Empathie, Güte, Barmherzigkeit. Ein
Plädoyer für das Gute in uns. Wenn es klingelte, dachte ich
In den USA zweifelt niemand mehr immer: Sie steht vor der Tür,
an der Relevanz des Themas, auch für um mir zu sagen, wie sehr sie
V I E L E H A L T E N Ü B E R J A H R E daran die Wissenschaft. In Deutschland aber mich verachtet. Denn wer tut so
fest, rufen sich das Erlebte immer wie­ führt es noch ein Schattendasein. Da­ etwas - sein Kind weggeben?
der ins Gedächtnis - mit drastischen bei gäbe es gerade hier reichlich Bedarf: Aber ich wusste damals nicht,
Folgen für ihre Gesundheit und die neu­ Zwei Diktaturen haben tiefe Wunden wie ich das Leben schaffen sollte,
en Beziehungen in ihrem Leben. Enright geschlagen und eine große Zahl Trau­ allein in München, mit zwei
ist überzeugt: "Die Reaktionen auf ein matisierter und seelisch Verletzter hin­ Kindern, deren Väter sich davon­
erlittenes Unrecht können zerstöreri­ terlassen. Die Folgen von Verrat, Dop­ gemacht hatten. Nach der Geburt
scher sein als das Erlebnis selbst. Wenn pelmoral und eisernem Schweigen in drängten mich die Hebammen
wir daraufwarten, dass der andere ein­ der DDR belasten bis heute die Bezie­ dazu, meine Tochter zur Adoption
sieht, was er uns angetan hat, bevor wir hungen von Nachbarn und Verwandten, freizugeben: Ich stimmte zu,
unseren Schmerz loslassen, dann geben von Kollegen und Freunden, von Eltern weil ich so ein dummes Ding war.
wir ihm die Macht über unser eigenes und Kindern. Ich war selbst im Waisenhaus
Wohlbefinden." Peter Wulkau, 71, hätte allen Grund, aufgewachsen, wo man mir
Diese Macht zurückzuerlangen - das nie wieder ein Wort mit Hartmut Ro­ beigebracht hatte, den Mund zu
ist das eigentliche Ziel des Verzeihens. singer zu wechseln. Wulkau hielt ihn halten. Doch Schuldgefühle
Selbst nach den entsetzlichsten Erfah­ für einen Freund, bis er 1991 entdeckte, quälten mich. Nachts lag ich
rungen: Wir sind nicht dazu verdammt, dass Rosinger ihn jahrelang bespitzelt wach, die Puppe an meiner Seite,
in der Ohnmacht unseres Leids zu ver­ und an die Stasi verraten hatte. Nun meine Emma, die ich als Ersatz
harren. In zahlreichen Untersuchun­ wusste Wulkau, wer mit dazu beigetra­ gekauft hatte. Und ichfragte
gen hat die Vergebensforschung nach­ gen hatte, dass er 1978 zu viereinhalb mich, wie es meiner Kleinen geht,
gewiesen, dass die heilsame Kraft des Jahren Gefängnis verurteilt wurde. ob sie schon einmal Nagellack
Verzeihens vielen helfen kann: Kindern Dass die beiden wieder miteinander aufgepinselt oder sich verliebt
von Alkoholikern ebenso wie an Krebs reden, ist ein Wunder - und eine große hat. Mit niemandem konnte ich
erkrankten Frauen; Männern, deren Ausnahme: Nach dem Ende der DDR reden, ich wäre doch als Raben­
Frauen gegen ihren Willen abgetrieben haben die meisten Spitzel und Funk­ mutter abgestempelt worden. Ich
haben, ebenso wie Gefängnisinsassen; tionäre des Unrechtssystems geschwie­ bekam chronische Kopfschmer­
Drogenabhängigen ebenso wie Opfern gen. Von den 39 Inoffiziellen Mitarbei­ zen, Herzbeschwerden. Die
von Missbrauch; Teenagern mit Lern­ tern (IM) der Staatssicherheit, die auf gerechte Strafe. Nichts wünschte
schwierigkeiten genau wie Angestell­ Wulkau angesetzt waren, hat sich allein ich mir mehr, als dass sich meine
ten, die unter Ungerechtigkeiten in ih­ Rosinger gemeldet und um Entschuldi­ Tochter meldet und ich sie um
rem Job leiden. gung gebeten. Verzeihung bitten kann. Und
dann erreichte mich 1989
der Brief, Vergissmeinnicht­
Die Mutter: » Wer tut so etwas, sein Kind weggeben?« Blüten aufdem Umschlag.
Sie schrieb: Melde dich bitte!
Die Tochter: »Alles hätte ich ihr verziehen. Wenige Wochen später stand
sie dann vor mir: mein großes>
Nur eines nicht: dass sie mir die Antworten vorenthält« kleines Mädchen, mit dünnen
Haaren wie ich, aber selbst­
bewusster und vernünftiger.
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Was ich kaum verstand: Sylvia die Prinzessin. Ich liebe Rüschen !wehte doch Wut in mir. Denn
spuckte mir nicht ins Gesicht, und Nagellacli. Bei uns zu Hause alles hätte ich ihr verziehen. Nur
verlangte keine Entschuldigung, war ich allein damit. War mein nicht, dass sie mir Antworten
nur Informationen. Alles wollte Bruderjähzornig, hieß es, das hat vorenthält. Doch nach etwa einer
sie wissen. Mit unserem ersten er vom Papa. Aber wer hatte mir Stunde bog ein Taxi um die Ecke.
Treffen verschwanden die meine Charakterzüge vererbt? München-Mutti, so nenne ich
Kopfschmerzen. Und doch bleibt Meine Eltern hatten mirfrüh sie heute, war vor Aufregung in
ein Stachel. Denn ich habe mir erzählt, dass ich adoptiert wurde. denfalschen Zug gestiegen.
bis heute nicht verziehen. Lange war das unwichtigfür Wir hatten gleich einen Draht
mich. Als ich älter wurde, lwmen zueinander, und sie erzählte mir
die Fragen: Wer ist meine alles. Klarheit ist doch das
S Y L V I A S O M M E R , 49
Mutter? Warum gab sie mich Einzige, was ich dir noch geben
Wut habe ich nie verspürt, fort? War etwasfalsch an mir? lwnn, sagte sie.
nur eine seltsame Traurigkeit. Ich musste das wissen. Als ich Unser Kontakt ist lose, aber
Obwohl meine Adaptivmutter 18 Jahre alt wurde, schrieb geklärt. Ich habe Frieden
die beste der Welt ist, mit mir ich meiner leiblichen Mutter. gefunden, mit meiner Geschichte,
verreiste und aufBäume kletterte. Wir verabredeten ein Treffen in mit mir. Und hoffe, dass dies
Doch ich wollte gar nicht immer Düsseldorf, doch dann kam sie meiner München-Mutter auch
die Abenteurerin sein, sondern zunächst nicht. Für eine Weile noch gelingt.
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Dass ausgerechnet Rosinger zu den Feind, und damit lag er schließlich voll VERZEIHEN LERNEN

IM gehörte, hätte Wulkau nie vermutet. auf der Linie dessen, was in der DDR
Schließlich hatte er ihn 1973 in der frei­
damals als richtig galt. Es gibt keine ab­ Vier Phasen der
en Atmosphäre der Evangelischen Stu­ solute Ethik oder Moral." Vergebung
dentengemeinde Magdeburg als einen Als durch den Film Rosingers Ver­
kritischen Geist kennengelernt, der dem gangenheit als Stasi-IM in seinem thü­ Der Psychologe Robert

Sozialismus ähnlich skeptisch gegen­ ringischen Wohnort bekannt wurde, be­ Enright hat ein Modell für
den Weg des Verzeihens
überstand wie er selbst. kundeten ihm viele Respekt für seinen
entwickelt, der sich in vier
Wütend sei er nicht gewesen, als er Mut, sich zu offenbaren. Doch er bekam
Abschnitte gliedern lässt:
den Namen in der Akte fand, sagt Wul­ auch Drohanrufe, wurde geschnitten
kau. "Nur traurig, sehr traurig." Als Ro­ und angefeindet. "Das war hart", sagt er,
1 Zunächst untersuchen
singer ihn anrief und um ein Treffen schüttelt jedoch sofort den Kopf: bloß wir als Betroffene eine
bat, habe Wulkau zunächst gedacht, es kein Mitleid. emotionale Wunde, an
ginge dem anderen nur darum, einen Ja, die Stasi habe sich damals seine deren Folgen wir leiden,
Persilschein zu bekommen, um besser Unsicherheit zunutze gemacht, aber als und durchleben dabei
dazustehen. Bei ihrerersten Begegnung Opfer will er sich nicht sehen: "Was im­ bewusst Gefühle wie

sei er daher reserviert gewesen. mer ich zu meiner Entlastung vorbrin­ Zorn, Trauer oder Hass.

Rosingers Reue erleichterte es Wul­ gen könnte, wird sofort geschluckt von
2 Um uns aus der alten
kau, den Verrat zu verzeihen. Ohne sie der Schuld, die ich auf mich geladen
Verstrickung zu befreien,
wäre es wohl bei dem einen Treffen ge­ habe, als ich mich mit der Stasi einließ."
entscheiden wir, uns auf
blieben, so aber war Wulkau bereit, sich Die Seelenqual des reuigen Täters ist
das Verzeihen einzulassen,
auf die vorsichtige Wiederannäherung die Gegenperspektive zum Schmerz des
indem wir uns bewusst
einzulassen. Opfers: Wer einen Menschen verletzt machen, welche Vorte i l e
Seit 2006 beteiligen sich beide als hat, kämpft oftmals selbst dann noch damit verbunden si n d.
Zeitzeugen an Schulprojekten des thü­ mit Gewissensbissen, wenn der Betrof­
ringischen Landesbeauftragten für die fene ihm längst vergeben hat. Mit sich 3 Wir beginnen, an einer
Stasi-Unterlagen. 2011 entstand zudem selber Frieden zu schließen, ist für viele neuen Sicht auf den

ein Dokumentarfilm über ihren Fall. So das Schwerste überhaupt. Menschen zu arbeiten,

ist es ausgerechnet der Bruch von da­ Besonders schmerzlich wird es, wenn der uns das Leid zugefügt
hat. Wir versuchen,
mals, der sie heute immer mal wieder sich die Dinge nicht mehr klären oder
Verständnis z u entwickeln,
zusammenbringt. "Mit der Zeit habe ich wiedergutmachen lassen, weil der an­
ohne die Tat zu entschul­
gemerkt, dass es Hartmut wirklich ernst dere nicht mehr am Leben ist und man
digen. Wir lernen, das
ist, vor allem mit sich selbst", so Wulkau. allein ist mit sich und der quälenden
U n recht, das uns wider­
"Das habe ich ihm hoch angerechnet." Gedankenschlaufe aus "hätte ich doch fahren ist, a l s unumkehrbar
Rosinger lächelt kurz. Der 71-Jähri­ bloß" und "wie konnte ich nur". zu akzeptieren und auf
ge ist dankbar für solche Sätze. Immer Reaktionen wie Rückzug,
wieder. Wenn er aber die Akten sehe, Angriff oder den Wunsch

D
die Berichte, die er seinem Führungs­ nach Rache zu verzichten.

offizier damals auftragsgemäß lieferte,


sei es kaum zu ertragen, sagt er. "Ich 4 Schließlich enthüllt sich
die Erkenntnis, dass es
kann nicht glauben, dass ich das war!"
guttut, schmerzliche
Unter dem Eindruck von Wulkaus
Gefühle und Verhaltens-
Verhaftung und seiner Beteiligung dar­ D I E S E T O R T U R M U S S T E auch Everett
weisen loszulassen und
an hat Rosinger noch zu DDR-Zeiten Worthington erleben. Als wäre der Mord
durch Mitgefühl, Groß-
sein Leben umgekrempelt und sich von an seiner Mutter nicht Schicksal genug zügigkeit und Wohlwollen
der Stasi losgesagt. Er hat Tränen in den für ein Leben, traf ihn zehn Jahre spä­ zu ersetzen.
Augen, wenn er davon erzählt. "Es tut ter ein weiterer Schlag: Sein Bruder Mi­
mir leid", sagt er zu Wulkau gewandt - chael beging im Jahr 2006 Selbstmord.
wie schon so oft. "Das weiß ich", sagt Er hätte es ahnen können, sagt Worth-
der. "Es ist die Tragik unseres Lebens, ington kopfschüttelnd, sein Bruder hatte sich ihm ja anver­
dass wir nichts zurückdrehen können." traut: Er bekomme die Bilder jener Nacht nicht aus dem Kopf,
Er hege keinen Groll, sagt Wulkau, das Blut, das zertrümmerte Gesicht der Mutter. Als Psycho­
und ja, natürlich habe er Rosinger ver­ loge fiel Worthington die Diagnose leicht: posttraumatisches
ziehen. "Hartmut hatte einfach ein an­ Stresssyndrom. Er brauche Hilfe, riet er, aber Michael wehrte
deres Wertesystem. Für ihn war ich der ab: "Ich gehe nicht zu einem verdammten Seelenklempner!"

104 GEO 08 2019


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Everett Worthington holt tief Luft, Leben kommen." Dieser Gedanke verbindet die Geschwis­
wie um den Schmerz zu vertreiben. Die ter Schuld, Reue und Verzeihen. Alle drei verlangen von uns,
nächsten Sätze schreit er fast: "Ich bin Veränderungen an unserem Selbstbild vorzunehmen: Wer
doch selbst so ein verdammter Seelen­ Schuld auf sich lädt, muss lernen, sich als Täter zu sehen;
klempner! Ich erkenne Abwehrreaktio­ wer bereut, muss lernen, sich selbst gegenüber gnädig zu
nen, wenn ich sie sehe. Normalerweise sein; und wer verzeiht, muss über sich hinauswachsen.
gebe ich den Leuten dann etwas Zeit All das zeigt sich besonders in Liebesbeziehungen. Sie
und frage ein, zwei Wochen später wie­ verlaufen selten ohne gegenseitige Kränkungen. Auch klei­
der nach." Bei Michael aber tat er nichts ne Unachtsamkeilen ersticken, wenn sie sich häufen, das
dergleichen. "Stattdessen habe ich mich Glück. Meist beharren die Partner jedoch auf ihrer jeweili­
wie ein beleidigter, hormongesteuerter gen Sicht der Dinge. "Zerstrittene Paare kreisen meist nur
Achtzehnjähriger benommen und das noch um ihre Verletzungen", sagt von Tiedemann. "Dass sie
Thema nie wieder angesprochen." aktiv Frieden schaffen könnten, kommt ihnen oft gar nicht
Drei Monate später war Michael tot. in den Sinn."
Everett Worthington brauchte Jahre, Genau dort beginnt Verzeihen.
um wieder einigermaßen mit sich ins Egal, ob es sich um einen Konflikt unter Ehepartnern,
Reine zu kommen. Er war dankbar, dass Freunden, Familienmitgliedern oder Arbeitskollegen han­
ihn Michael in einem Abschiedsbrief delt: Im Kern geht es darum, anzuerkennen, dass die Wirk­
gebeten hatte, der Witwe zu helfen und lichkeit eines anderen nicht immer mit der eigenen über­
die finanziellen Angelegenheiten der einstimmt, dieselbe Situation also ganz unterschiedlich
Familie zu regeln. So vermochte er sein erlebt werden kann.
Versäumnis zumindest teilweise wieder­ "Der Versöhnungsprozess verlangt beiden Partnern eine
gutzumachen. Den härtesten Teil der Veränderung ab", sagt von Tiedemann: "Derjenige, der ver­
Arbeit aber habe er mit sich selbst aus­ letzt hat, übernimmt die Verantwortung für die Wirkung sei­
machen müssen, sagt er: die Verhand­ nes Tuns, auch wenn er die Reaktion des anderen übertrie­
lung vor dem inneren Richter. ben findet. Im Gegenzug verwandelt sich der oder die
Verletzte von einer verärgerten in eine nachsichtige Person."
Beschleunigen lässt sich dieser Vorgang nicht - die Seele

B
braucht Zeit, um die widerstreitenden Gefühle zu verdauen.
Doch Geduld und Anstrengung zahlen sich aus: Eine Meta­
studie in den USA ergab die Erkenntnis, dass Menschen
umso größere Fortschritte beim Verzeihen machen, je län­
ger sie sich darum bemühen. Welches der erprobten Model­
B I S H E R B E F A S S E N S I C H nur wenige le sie anwenden, spielt hingegen keine Rolle - alle sind in
Studien mit Selbstversöhnung. Es gibt etwa gleichermaßen effektiv.
Hinweise, dass die Ungnade sich selbst Mit sich und anderen ins Reine zu kommen ist in den
gegenüber ähnlich Zerstörerische Spu­ meisten Fällen nichts, was sich von selbst einstellt, sondern
ren in Körper und Seele hinterlässt wie eine bewusste Entscheidung. Und auch hier stößt man wie­
der Unwille, anderen zu vergeben. Noch der auf eine Paradoxie des Verzeihens: Es erfordert einen
aber fehlen dafür verlässliche wissen­ veränderten Blick auf das Vergangene. Der amerikanische
schaftliche Belege; auch gibt es keine Psychologe und Meditationslehrer Jack
valide getesteten Therapien. Kornfield sagt es so: "Verzeihen bedeu­
Es sprichtjedoch einiges dafür, dass tet, alle Hoffnung auf eine bessere Ver­
es uns noch schwerer fällt, uns selbst gangenheit aufzugeben."
zu vergeben, als anderen zu verzeihen - Manchmal, erzählt Friederike von
vielleicht auch, weil wir dafür einem Teil Tiedemann, genüge es schon, Klienten
von uns Adieu sagen müssen. die Frage zu stellen, wie lange sie noch R U T H H O F F M A N N (1.) begriff durch

"Wir müssen akzeptieren, dass es of­ leiden und ihrem Partner oder Verflos­ die Recherche, was Verzeihen bedeutet:

fensichtlich Seiten an uns gibt, die uns senen böse sein wollen: einen Monat? bereit zu sein, einen steinigen Weg zu

nicht so lieb sind", sagt die Freiburger Ein Jahr? Zehn Jahre? So rückt in die gehen. K AT H A R I N A V O N R U S C H -

Psychologin Friederike von Tiedemann. Aufmerksamkeit, was zwischen Zorn K O W S K I (M.) interviewte für die Proto-

"Auch wenn es nicht unsere Absicht und Schmerz leicht in Vergessenheit kolle die Betroffenen, der Fotograf

war: Spätestens wenn wir jemandem gerät - das vielleicht stärkste Argument R O M A N PAW L O W S K I (r.) porträtierte

Leid zugefügt haben, ist es Zeit zu er­ für Vergebung: die Endlichkeit unseres sie. JA R E D S O A R E S fotografierte

kennen, dass wir nicht schuldlos durchs Lebens. (JJ Everett Worthington in den USA.

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der Ba­ Das Leben der Menschen veränder­

D
IE BLÄTTER
nanenstauden im Berg­ te sich durch den plötzlichen Wohlstand
dorf Mandena glänzen radikal. Aber nicht nur zum Guten.
hell im Licht des Mon­ Vanille wird in Madagaskar zumeist
des, als Ninot Oclin, 34, von einfachen Bauern wie Ninot Oclin
aufbricht, um an seinen gepflanzt; auch, weil sich die empfind­
Feldern entlang zu patrouillieren. Der liche Pflanze nicht für den industriellen
Bauer hat eine blaue Schnur durch das Anbau eignet. Die Schoten werden von
Unterholz gespannt, an der nun Was­ der Orchideenart Vanilla planifolia ge­
sertropfen im Mondlicht glitzern. Es ist bildet, die als Kletterpflanze wächst
ein Stolperdraht, der ungebetene Besu­ und deren Pflege den Bauern Hingabe
cher zu Fall bringen soll. und präzises Timing abverlangt. Vanille­
"Hier entlang kommen die Diebe", pflanzen benötigen einen Wirtsbaum
sagt Ni not Oclin, senkt die Stimme und (oder einen Pfahl), an dem sie sich im
lässt den Lichtstrahl seiner Taschen­ Schatten ranken können; sie müssen
lampe über einen Graben streifen, in drei bis vier Jahre lang gezogen werden,
dem knietief Regenwasser steht. Wenn bevor sie zum ersten Mal Blüten tragen.
er jemanden stürzen hört, weiß Oclin, Die Orchidee blüht nur einmal im Jal1r,
dass wieder einmal ein Bandit versucht, und dann nur für 24 Stunden, und muss
seine Ernte zu stehlen. sofort bestäubt werden.
Denn auf den Feldern von Ninot Oc­ Ursprünglich stammt die Vanille aus
lin wächst Vanille - eines der edelsten dem heutigen Mexiko; dort übernah­
und teuersten Gewürze der Welt. Die men stachellose Bienen der Gattung
aromatischen Schoten, die zeitweise Melipona und einige Kolibriarten die
teurer gehandelt werden als Silberbar­ Bestäubung. Versuche, die Schoten an
ren, haben aus Oclin einen vergleichs­ anderen Orten der Welt zu kultivieren,
weise wohlhabenden Mann gemacht. scheiterten daran, dass sich nirgendwo
Und einen vorsichtigen: Über seine Bestäuber fanden, die den Orchideen
Schulter hat der Vanillebauer ein Repe­ bei der Fortpflanzung helfen konnten:
tiergewehr geschlungen. Ohne Bestäubung verwelkt die Blüte,
In den mit üppigem Grün überwu­
cherten Bergen im Nordosten Madagas­
kars produzieren Bauern ungefähr die
Hälfte der weltweit gehandelten Vanille.
Seit jeher bescherten die Schoten den
Menschen in der Sava-Region im Nord­
osten des Landes ein eher spärliches
Auskommen; Madagaskar zählt zu den
zehn ärmsten Ländern der Welt.
Seit 2014 aber begann der Weltmarkt­
preis steil nach oben zu gehen, teils be­
feuert durch steigende Nachfrage nach
dem traditionell für Backwaren oder
Eiscreme und zunehmend auch für Kos­
metika verwendeten Gewürz, teils be­
dingt durch Missernten. Als ein Wirbel­
sturm im Jahr 2017 einen Teil der Ernte
in Madagaskar vernichtete, trieb dies
die Preise weiter in die Höhe.
Binnen wenigen Jahren schnellte der
Exportwert für ein Kilogramm Vanille
von 40 auf 500 Euro hoch, auf mehr als
das Zehnfache. Die Ernte in der Sava ­
Region brachte in der Saison 2018/19
gut 700 Millionen Dollar ein.

118 GEO 08 2 0 1 9
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nerhalb von zwei Monaten grüne Kap­


selfrüchte - die Vanilleschoten.
Nach der Ernte bleibt den Farmern
nicht viel Zeit. Die Schoten beginnen
zu gären und verderben, weswegen die
Züchter schnell Käufer finden müssen.
Doch nicht die aufwendige Arbeit
macht Ninot Oclin Sorgen: "Unser Pro­
blem ist die Sicherheit." Jedes Jahr ver­
schwindet Schätzungen zufolge etwa ein
Sechstel der Vanille von den Feldern in
der Region, bevor sie geerntet werden
kann. Die Diebe, sagt Oclin, wären be­
reit, Bauern zu töten, um an deren Ern­
te zu gelangen. Für seine Parzelle mit
etwa 3000 Vanillepflanzen hat er des­
wegen noch dreijunge Männer angeheu­
ert, damit sie in den vier Monaten vor
der Ernte Nachtwache halten.
Die Männer sind mit doppelzinkigen
Fischspeeren und Keulen bewaffnet. In
jeder Nacht kommt zudem eine Bürger­
wehrgruppe, die auf den lokalen Plan­
tagen patrouilliert, mit einem halben
Dutzend Männern vorbei, ebenfalls mit
Keulen sowie Macheten bewaffnet.
"Jedes einzelne Vanillefeld wird hier
bewacht", sagt Ninot Oclin.
All den Risiken zum Trotz hat sich
der Boom für Ninot Oclin gelahnt: Erbe-
sitzt ein Smartphone und ein Faceboak­
Am frühen Morgen kehrt Ninot ahne Früchte zu bilden. Im 18. Jahrhun- Konto, einen Fernseher und eine Satel­
Oclin, 34, nach Hause zurück. dert, als Vanille bereits als Luxusgut ge- litenschüssel. Selbst bescheidenste Häu­
Die Nächte verbringt er draußen handelt wurde, besaß Mexiko daher ein ser in seiner Nachbarschaft haben in­
auf dem Feld, immer bereit, Monopol auf das Gewürz. zwischen Solarmodule und Leuchten.
Diebe i n die Flucht zu schlagen
Das änderte sich 1841 auf der franzö- In einst dunklen Dörfern überstrahlt
sisch kolonisierten Insel La Reunion, helles LED-Licht die Nacht.
Tanz den Boom: Feiernde in einem
rund 680 Kilometer vor der Küste Ma- Wohlstand hat Einzug gehalten in
Club i n Sambava, wo das Vanille­
Geld auch das Nachtleben befeuert
dagaskars im Indischen Ozean gelegen. das Leben der Bauern von Mandena; al­
Dort entdeckte der zwölfjährige Skla- lerdings ein bescheidener Wohlstand -
venjunge Edmond Albius eine Metho- vor allem verglichen mit dem, was rund
de, wie sich Vanilleblüten mithilfe eines 70 Straßenkilometerweiter nordöstlich
Holzstöckchens von Hand bestäuben las- an der Küste im Städtchen Sambava zu
Mandena
Sambava sen. 50 Jahre später exportierte allein sehen ist, wo die neuen Reichen leben:
Antalaha
die kleine Insel, die bis 1848 den Namen die "Vanillionäre".
I le Bourbon trug, 200 Tonnen "Bourbon­

G
Ambohimanarina
'bAlltananarivo Vanille" nach Frankreich. Mexikos Va­ L Ä N Z E N D E G E L Ä N D E WA G E N
MADA­
GASKAR
nillemonopol brach zusammen. rumpeln durch die holprigen
Reunion
Die Methode, die der Sklavenjunge Straßen von Sambava, Markt-
Indischer Albius entwickelt hatte, ist heute noch stände säumen die Straßen­
SOOkm Ozean
in Gebrauch: Allein in Madagaskar be­ ränder. Anstelle der traditionellen mit
GEO-Grafik
stäuben Bauern pro Saison etwa 40 Mil­ Stroh gedeckten Hütten sind hier in
Das Hauptanbaugebiet für Vanille lionen Vanillepflanzen mithilfe einer den vergangeneo Jahren "Vanillevillen"
befindet sich rund um Sambava zahnstochergroßen Holznadel von Hand. entstanden, bizarre Bauten, in Beton
im Nordosten Madagaskars Anschließend produziertjede Blüte in- gegossene Armeleute-Fantasien vom

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Luxusleben der Reichen, dreistöckig Leben in einer Wohnanlage mit Pool:

verziert mit Säulen, Veranden und spitz­ Händlerin Chantal Sarline, 40, hat
geschafft, was sich der Kommissionär
giebligen Dächern.
Pascale Rasafindal<oto (o. r. im
Unter einem Schatten spendenden
weißen Shirt) noch erarbeiten muss
Mangobaum wartet Pascale Rasafinda­
koto, 45, ein "Commissionnaire" oder
Ohnmächtige Schülerin in Ambohi­
Mittelsmann, mit Dutzenden Kollegen manarina: Seit Beginn des Vanille­
auf die Verkäufer mit ihren Kunststoff­ booms registrieren Schulen Fälle von
beuteln voller Vanilleschoten. Die Ware hysterischen Anfällen bei Teenagern
bringen die Verkäufer häufig mit ihren
Motorrädern aus kleinen Dörfern wie
Mandena; hier in Sambava wird sie wei­ wenn die Preise steigen, zu verkaufen.
terverarbeitet Im Schutz des Mango­ Weil dadurch aber die Qualität leidet,
baums prüfen die Kommissionäre dann mischen sie die eingeschweißten Scho­
Aroma, Textur und Schotengröße (grö­ ten mit frischer Ware, was es schwieri­
ßer ist besser) und feilschen um einen ger macht, an Bündel mit guter Vanille
guten Preis. zu kommen.
Ab und zu wagt sich Pascale Rasafin­ Pascale Rasafindakoto weist die Vor­
dakoto mit einem ramponierten Auto würfe mit einem Schulterzucken zurück.
selbst raus aufs Land. Er stößt dabei im­ Er sorge nur für seine Familie, außer­
mer wieder auf Straßensperren, an de­ dem: Vanillehandel sei harte Arbeit, also
nen die Polizei Fahrzeuge filzt, auf der warum nicht die guten Zeiten genießen,
Suche nach gestohlener Vanille. An ei­ solange sie andauern?
nem Checkpoint schiebt Rasafindakoto Am Wochenende besucht Rasafinda­
den Polizisten ein paar Banknoten zu, koto einen traditionellen Boxkampfund
obwohl er nichts zu verbergen hat. schaut in einem Nachtclub mit einem
"Ich hatte noch niemals Probleme mit "Sexy Show Striptease with two Women"
Gendarmen", sagt er lächelnd. "Ich ar­ vorbei; am Montag verbringt er dann
beite mit ihnen. Ich muss ihnen etwas einen Urlaubstag am Strand, um ein
geben, damit sie meine Freunde sind." Konzert und ein Barbecue mit Familie
Die Kommissionäre haben nicht den und Freunden zu genießen.
besten Ruf in der Stadt; ihnen wird vor­ In anderen Dörfern der Umgebung
geworfen, die Landwirte zu betrügen. setzen die Menschen auf rauere Frei­
Außerdem versuchen sie, die Hochsai­ zeitbeschäftigungen: traditionelle Hah­
son auszudehnen: Sie schweißen Ware nenkämpfe zum Beispiel, und seit Neu­
in Kunststoffbeutel ein, um sie später, estern sogar Motocross-Rallyes.

122 GEO 08 2 0 1 9
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"Mit Vanille ist das Leben süß", sagt die letzte Klasse erreichen. Madagas- Teenageralter mit tranceartigen Anfäl­
Rasafindakoto bei einem kalten Bier. kar hat eine der höchsten Raten von len von Hysterie während des Unter­
"Es ist schneller geworden, aber wir ge­ Kinderehen in der Welt, und der Druck richts zusammen.
nießen es in vollen Zügen." Der rasant auf junge Mädchen, Vanillebarone zu "Das passiert seit Februar jeden Tag",
beschleunigte Lebensstil schafft jedoch heiraten, verursacht zusätzlichen Stress, sagte die Direktorin der Schule, Nor­
auch soziale Erwartungen, mit denen der sich auf eine seltsame Weise mani- dine, 50, die nur einen Namen trägt.
nicht alle Menschen umgehen können. festiert. An der Ecole Privee Germinale, Die Menschen im Ort führen diese
Aus Mangel an staatlichen Einrichtun­ einer Schule mit Bambus-Klassenzim- Vorfälle auf Zauberei zurück. Die be­
gen müssen die meisten Familien für mern an einem Berghang in Ambohi- troffenen Schüler werden festgehalten,
Privatschulen bezalllen, aber 40 Pro­ manarina, brachen an einem Tag im
zent der Kinder scheiden aus, bevor sie Mai ein halbes Dutzend Mädchen im w E 1TE R Au F s E1 TE 1 26

GEO 0 8 2019 123


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ihnen wird Chiliwasser ins Gesicht ge­ "In der vergangenen Woche hatten wir
sprüht, bis sie wieder bei Sinnen sind. an einem Tag 33 Verurteilungen, haupt­
Ähnliche Vorkommnisse in Malaysia, sächlich wegen Vanillediebstahl."
Nepal und anderswo deuten daraufhin, Im direkten Gespräch erzählen In­
dass diese Anfälle eine Art psychische haftierte, sie hätten gestohlen, um ihre
Störung sein könnten, die Gesellschaf­ Familien zu unterstützen. Von den 100
ten betrifft, die sich in einem plötzli­ Minderjährigen im Gefängnis wird die
chen Übergang befinden. Hälfte wegen Diebstahls von Vanille
festgehalten, so die Direktorin.
O C H L Ä S S T S I C H nichtab­ "Sie werden ausgebeutet und sollen

N sehen, wie lange die Boom­ Vanille stehlen, manchmal sogar von
zeiten andauern werden. Es ihren eigenen Familien", erläutert Mo­
besteht die Gefahr, dass die hamady. Die Strafen für Minderjährige
Bauern nur noch Vanille pflanzen, an­ sind zumeist nur halb so lang wie jene
dere Nutzpflanzen vernachlässigen und für Erwachsene. "Diebe packen Vanille­
in Armut stürzen, sobald der Vanille­ schoten in die Rucksäcke von Kindern,
preis gesunken ist. "Wir sind schon zu um nicht an Straßensperren durchsucht
lange arm", klagt Dominique Rakoto­ zu werden. Die, die wirklich verantwort­
son, 56, der 100 Familien von Vanille­ lich sind, erwischen wir nicht."
bauern in Sambava vertritt. Wer sich al­
lein auf die Vanille verlasse, verbringe
Tanya Rasaomari, Frau von Pascale
viele Monate des Jahres damit, auf die
Rasafindakoto, frisiert ihre Tochter
Ernte zu warten, ohne Ertrag. In dieser Christiana. Der Handel mit Vanille
Zeit verschulden sich die Bauern, um brachte der Familie genug Geld ein
über die Runden zu kommen, "und ver­ für ein Haus, einen Flachbildfernseher
kaufen dann zu einem niedrigen Preis, und einen großen Kühlschrank
um schnell Geld zu verdienen."
Allerdings gibt es auch Anstrengun­ Neue Freizeitgestaltung: Motocross­

gen, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Rennen zählen inzwischen zum

Symrise, in Holzminden ansässiger glo­ Trendsport im Dorf Mahitsiharongana

baler Anbieter von Geschmacks- und


Duftstoffen, unterstützt Bauern, dar­
unter Ninot Oclin, mit Bildungs- und
Finanzprogrammen. Das Unternehmen
kauft Vanille direkt vom Erzeuger, un­
ter Umgehung der Zwischenhändler.
"Einige Leute mögen uns nicht", sagt
Alban Bonnet-Casson, ein Symrise-Ma­
nager in Sambava, in Anspielung auf
die die althergebrachte Händlermacht
unterminierende Strategie. "Aber wir
sorgen für Transparenz und Nachhal­
tigkeit." Das Unternehmen ermutigt
die Bauern, ihre Schoten nach Herkunft
zu kennzeichnen. Symrise bietet Qua­
litätsprämien, das soll verhindern, dass
Bauern die Schoten zu früh ernten, aus
Angst vor Dieben.
Die Justiz ist derweil nicht untätig.
Im Gefängnis von Antalal1a sitzen kurz
vor Beginn der Erntezeit 1700 Gefan­
gene ein, aber diese Zahl werde steigen,
glaubt die Gefängnisdirektorin Voloza­
ra Sakina Mohamady. "Wir sollten bald
2000 wegen Vanille haben", schätzt sie.

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Exportlizenzen für Windbruchholz. Ei­


nige Holzhändler verstanden dies als
Genehmigung, weitere Bäume zu fällen.
Das Schlupfloch wurde zwar später
geschlossen, doch da war bereits viel
Geld verdient worden, oft illegal. Offen­
bar wurde der Vanilleboom nun dazu
benutzt, Schwarzgeld zu waschen, was
die Preise noch mehr nach oben trieb.
Unterdessen geht der Kahlschlag im
Regenwald weiter - nun, um Platz für
Vanilleplantagen zu schaffen. Ob der
Boom anhält, bis diese Pflanzen die ers­
ten Schoten tragen werden, ist fraglich.
"Es ist schwer für jene von uns, die
die Regeln befolgen", sagt Großhändler
Lomone. Ihm ist daran gelegen, einen
guten Rufbei internationalen Kunden
zu bewahren. Madagaskar produziert
hochwertige Bourbon-Vanille mit der
Schwarzbräunungstechnik, bei der die
Schoten kurz in heißem Wasser gebrüht,
dann fünf bis acht Monate lang warm­
feucht fermentiert und schließlich auf­
wendig getrocknet werden. So wird der
Gehalt an Vanillin, dem wichtigsten
Aromastoff in den Schoten, maximiert.
Sorgfältige Handhabung und richtige
Lagerung sind unerlässlich.
"Vanille erfordert Geduld", sagt Mi­
chel Lomone. "Man kann den Prozess
E R C R O S S H Ä N D L E R Michel gelware an Kommissionäre, die direkt nicht übers Knie brechen."

D Lomone, dessen Familie vor um die Ecke warten. "Die wertvollen Bauer Ninot Oclin ist sich nur allzu
Generationen aus China ein- Schoten sind so klein, dass sie leicht zu bewusst, wie viel Geduld Vanille erfor­
gewandert ist, hat im Laufe verstecken sind. Es ist ähnlich wie in dert. Anfang Juni sitzt er mit Gewehr
der Jahre Hunderte Kilogramm Vanil­ Südafrika mit den Diamanten." in der Hand am Lagerfeuer, bewacht
le aus seinen Lagern an Diebe verloren. Einst gehörte Lomone zur wohlha­ seine Schoten - und zählt die Tage, bis
"Hier gibt es keine Sicherheit für Wa­ bendsten Elite in der Stadt. Doch inzwi­ er sein grünes Gold ernten kann. ())
ren oder Personen", klagt Lomone in schen gibt es Geschäftsleute, die größe­
seinem Lager in Antalaha, während er re Gewinne erzielen, wie die luxuriösen Erfahren Sie aufder nächsten Seite,
über eine Gruppe von Frauen wacht, Anwesen auf den Hügeln von Antalaha wie umweltschonend Vanillebauern in
die Vanillebündel sortierten. "Die Jus­ weithin sichtbar beweisen. Allein mit Ecuador arbeiten - mit Unterstützung
tiz ist mies. Es ist wie mit Kokain in La­ aromatischen Schoten ist so viel Geld von "GEO schützt den Regenwald e. V. "
teinamerika: Sie kriegen die kleinen nicht zu verdienen. Der Boom der Vanil­
Jungs, aber nicht den Kopf der Bande." le hat Akteure auf den Plan gerufen, die
Seine Beschäftigten müssen sich am mit dem Raubbau an der Natur ihr Aus­
Ende jeder Schicht einer Leibesvisita­ kommen suchen: illegale Holzhändler.
tion unterziehen. "Es wird immer Dieb­ Die Nationalparks in der Sava-Region
stahl durch unsere Mitarbeiter geben, sind Lebensraum der bedrohten Rosen­
aber wir versuchen, ihn zu minimieren", holzbäume, deren dunkelroter Kern bei Autor u n d Fotoreporter F I N B A R R

sagt er und erzählt, dass Frauen schon Schreinern in China äußerst begehrt ist. O ' R E I L LY , geboren 1971 in Wales und

dabei erwischt wurden, als sie Schoten Eigentlich stehen Rosenholzbäume un­ aufgewachsen in Dublin in Irland,

in Kondome verpackt in Körperöffnun­ ter Schutz, doch nach einem schweren lebte lange Jahre in Afrika und hat sich

gen versteckt hatten. Gelingt ihnen der Sturm im Jahr 2007, als viele Bäume vor allem als Fotograf in Kriegs- und

Diebstahl, verkaufen sie die Schmug- umgestürzt waren, vergab die Regierung Krisengebieten einen Namen gemacht.

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PROJEKT ZUM NACHHALTIGEN ANBAU IN ECUADOR

Wilde Vanille aus dem Regenwald

Wenn Luis Poveda nach Entwicklung. Zu Beginn des Projekts zog Schoten zu stark getrocknet worden
seiner Vanille sehen das Kallari-Team aus wild vorkommenden waren. Gemeinsam mit .. GEO schützt den
will, streift er durch den Vanilleranken Tausende Setzlinge und Regenwald" wählte die Kooperative
Regenwald. Der 49-Jäh­ verteilte sie an 300 Familien zur Pflanzung. einen Vanil leexperten aus Mexiko aus,
rige ist Mitglied der Auf deren "Chakras" - Anbauflächen der die Produzenten an 30 Tagen im
Gen ossenschaft Kallari, mitten i m Regenwald - gedeihen Yucca, Jahr berät. Er zeigt den Kichwa, wie sie
die sich gemeinsam mit Kochbananen, Kakao und viele weitere die Ausbeute an Vanilleschoten erhöhen
..GEO sch ützt den Regenwald e. V." für Pflanzen. Die Vanille klettert an Bäumen können. Heute gl itzert die Vanille vom
den nachhaltigen Anbau von Biovanille in inm itten dieser Artenvielfalt i n die Höhe. Rio Napo nicht mehr, Trocknung und
Ecuador einsetzt. Während an anderen Damit die Schoten fachgerecht FermentierunQ sind fein abgestimmt.
Orten für Va nilleplantagen Flächen verarbeitet werden können, sorgte Noch rentiert sich der Aufwand kaum,
"
gerodet werden, trägt die Gewürzvanille "GEO schützt den Regenwald auch für doch das soll sich ändern: Durch eine
von Kallari i m Amazonasbecken sogar Infrastruktur: Im Bio-Zentrum wird die konsequente Bestäubung - die von Hand
zum Erhalt des Regenwaids bei. Vanille getrocknet und fermentiert. l n erfolgen muss, weil natürliche Sestäuber
Rund 750 Kleinproduzenten s i n d i n den ersten Jahren glitzerten d i e fertigen nur im Ursprungsgebiet der Vanille i n
der Kooperative zusammengeschlossen. Schoten noch eingehüllt in weiße Mexiko zu Hause sind - will die Koopera­
Fast alle gehören dem indigenen Volk Kristalle wie Weihnachtsbaumschmuck. tive genug Vanille produzieren, u m diese
der Kichwa an. Sie leben östlich der Der funkelnde Überzug war ausge­ nachhaltig zu vermarkten.
Anden, wo sich der Rio Napo durch die schwitztes Vanillin - ein Zeichen für Luis Poveda hat sich dafür schon
gleichnamige Provinz schlängelt. E i n kom­ einen hohen Gehalt des Aromastoffs. einmal eine Lesebrille angeschafft. Mit
mensquellen sind rar, daher ist die Gefahr Was das Projektteam nicht wusste: ihr fällt ihm die Bestäubung der zarten
groß, dass Waldanwohner illegal Holz Die Kristalle zeigten auch, dass die Blüten leichter.
schlagen, u m ihre Familien zu ernähren. "GEO schützt den Regenwald e. V. "
Kallari hat sich für einen anderen unterstützt weltweit Projekte wie das der
Weg entschieden: Die Genossenschaft Kal/ari-Kooperative. Weitere Informa­
vertreibt nachhaltig erzeugte Produkte wie tionen unter www.geo.de/regenwald
Edelkakao, Kunsthandwerk und Vanille.
"GEO sch ützt den Regenwald" finan­
Quitoo �io .Va/1o
Die Kallari-Kooperative in Ecuador
ziert dieses Vorhaben - seit Juni 2018 mit Pmjektgebiet
Kallari zieht Vanille, ohne Bäume zu
einem Zuschuss des Bundesministeriums
Pazifischer roden (1. u.). Beim Trocknen wird
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ozean jede Schote einzeln für beste
Qualität von Hand d u rchgewalkt
und dann getrocknet (u.)

128 GEO 08 2019


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H
AMBURG, HAFENG EBURTSTAG,
Hunderttausende Besucher. Und
einer steht dumm rum. Oder sagen
wir: logistisch unvorteilhaft. Auf
der Fußgängerbrücke, die von der
U-Bahn zu den St.-Pauli-Landungs­
brücken führt, ist im Strom der Menschenmenge
ein Mann mit beachtlicher Leibesfülle abrupt ste­
hen geblieben. Er kramt sein Smartphone aus der
Gürteltasche, um den Pegelturm des H afens zu
filmen. Menschen werden langsamer, Menschen
weichen aus, Menschen bleiben stehen. Menschen
rempeln, einer aus Versehen, ein anderer, so sieht
es aus, mit Absicht.
Einige Dutzend Meter die Promenade hinun­
ter steht ein Stapel grauer Container, drei Stock­
werke hoch. Darin haben sich Wissenschaftler
eingerichtet. Eine Handvoll Mathematiker und
Informatiker sitzen vor Laptops und verfolgen an
drei großen Monitoren das Geschehen auf der
Brücke: Wo sich hinter dem Herrn mit dem Smart­
phone immer mehr Fußgänger stauen, überlagert
eine farbige Wolke das Bild. Anfangs noch grün,
dann gelb, jetzt tiefrot. Ähnlich einer Wetterkarte
zeigt die "Heatmap": Da braut sich etwas zusam­
men. Nämlich eine sehr dichte Menschenmenge.
Wäre dies der richtige Moment, um Sicherheits­
kräfte loszuschicken?
Spätestens seit der Loveparade 2010 in Duis­
burg kreisen diese Bilder im Kopf: zu viele Men­
schen auf zu wenig Raum. Sie verlieren den Halt,
stürzen oder werden gegen Wände und Zäune ge­
drückt. In Duisburg starben 21 Musikfans. Beim
Hadsch in Mekka 2015 Hunderte Pilger. Und in
Turin wurden 2017 bei einem Public Viewing 1500
Fußballfans verletzt, Feuerwerkskörper hatten sie
vermutlich aufgeschreckt. Denn auch die Angst vor
Anschlägen ist gewachsen. Bataclan, Paris. Prome­
nade des Anglais, Nizza. Breitscheidplatz, Berlin.
Deshalb feilen Experten an den Sicherheits­
konzepten für Großveranstaltungen, fragen sich:
Wie verhält sich der Mensch in der Masse? Wann
G UTE AUSSICHT? GANZ SCHLECHT wird Gedränge gefährlich? Wann entsteht Panik?
Von der Treppe gibt es beim Hamburger Hafen­
Das war bislang schwer zu beantworten. Feld­
gebu rtstag den besten Ausblick auf d i e Eibe, doch
experimente zur Simulation von Gedränge sind
wer hier stehen bleibt, blockiert den Fluchtweg.
kaum möglich: Niemand darf Probanden im Dienst
Lösung: Eine Blende versperrt die Sicht zum Fluss
der Forschung gezielt in Panik versetzen. Wie sich
Menschen in der Masse bewegen, in der Wissen­
schaft auch englisch crowd genannt, haben Kata­

00� [?wB@� o�u� Bm


strophenforscher bislang vor allem von kleineren
auf größere Gruppen hochgerechnet; wie sie sich

WB�� WDw0 @�0wm�@�


in Notsituationen verhalten, haben sie von histo­
rischen Tragödien abgeleitet: dem Großbrand im

@�[?mCOw[SDßCO�
Beverly Hills Supper Club 1977, dem Flugzeugun­
glück in Ramstein 1988, der Tragödie im Fußball-

132 GEO 08 2 0 1 9
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CZBGJ�wB� [10�CS�wGJ GJODw


stadion von Hillsborough 1989. Augenzeugen ha­
ben oftmals eine verzerrte Wahrnehmung. Heute

wD[10�w� �GJu�ßco�o0�GJ
profitieren die Forscher von den vielen privaten
H andyaufnahmen und den Videos aus Überwa­

GJ®���GJ 00� GJ�GJ�ßCO�GJ


chungskameras. All erdings lässt sich selbst dar­
aus nicht ablesen, wie viele Menschen sich gerade
auf einem Quadratmeter drängen. Die Kamera­
perspektive trügt.
Inzwischen wird fachübergreifend geforscht.
SCHIRMHERR ÜBER DAS CHAOS
Auch im Hamburger Baucontainer gehen in die­ Draußen schieben sich die Besucher über die
sen Tagen IT-Spezialisten, Sicherheitsberater und Hafenpromenade, drinnen i m Forscher-Container
Psychologen ein und aus. 18 Partner arbeiten im wertet der I nformatiker Sascha Voth die
Rahmen des deutsch-französischen Forschungs­ Daten der Kameras aus: Läuft alles reibungslos -
projekts S2UCRE an neuen Sicherheitstechnola­ oder müssten Ordner eingreifen?
gien für Großevents in "unübersichtlichen Umge­
hungen". Dort also, wo das Gelände weitläufig ist,
der Zugang nicht kontrollierbar: Marathons, Fan­
meilen, Volksfeste. Der Hafengeburtstag ist dafür
das perfekte Forschungsobjekt Und die Fußgänger­
brücke im Besonderen.

DIE nCROWDcc IM BLICK


"immer wieder zu Ge­

H
I E R K O M M T ES
dränge, aber zum Glück passiert nichts
Schlimmes", erklärt der Projektleiter
Sascha Voth, 40, den Blick auf die rote
Wolke der Heatmap geheftet. Der Informatiker
vom Fraunhofer-Institut für Optronik, System­
technik und Bildauswertung in Karlsruhe braucht
"eine gewisse Menschendichte", um den Algorith­
mus der Heatmap zu trainieren: die erste video­
gestützte Technik, mit der sich die genaue Perso­
nenzahl pro Quadratmeter ermitteln lässt. Und
zwar live.
Dazu haben Voth und seine Kollegen im Vor­
feld das Gelände mithilfe von Drohnen kartiert,
ein 3-D-Modell erstellt und sechs Videokameras
installiert. Nun rechnet der Algorithmus die Kame­
raperspektiven heraus und stellt Menschendichte
und Bewegungsfluss auf einer Karte farblieh dar.
Statt vieler einzelner Videobilder entsteht so ein
übersichtliches "Lagebild".
Darauf soll der "Crowd-Manager" einer Veran­
staltung dann mit einem Blick sehen: Wo ist die
Menge besonders dicht? Fließt oder stockt sie?
Strömt sie schnell zusammen oder auseinander?
Mithilfe ferngesteuerter Kameras kann er ge­
nauer hinsehen. "Ob eingegriffen werden soll, ent­
scheidet immer noch der Mensch", betont Voth.
Die Kameras liefern so hochauflösende Bilder,
dass selbst Details wie das S martphone gut zu er­
kennen sind. Aber kein Gesicht, dafür sind die
Blickwinkel zu steil. "Gesichtserkennung ist bei

GEO 0 8 2019 133


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uns ganz bewusst nicht gewünscht", sagt Voth.


"Wir wollen nur die Informationen nutzen, die wir
für die Dichtemessung brauchen." Privacy by De­
sign nennen das die Forscher. Und damit ihr De­
sign auch mit der Datenschutzgrundverordnung
vereinbar ist, arbeiten auch Juristen mit.
Neben Voth im Container sitzt Florian Sesser
mit Informatikern und Mathematikern der Hoch­
schule München, die Blicke auf Laptops gerichtet.
Der 35-jährige Mitgründer von accu:rate, einem
Start-up für Crowd- Simulation, testet ein Pro­
gramm, das die Heatmap in eine Simulation über­
gehen lässt, ähnlich wie der Wetterbericht zu ei­
ner Vorhersage führt: Wie wird sich die Crowd auf
der Brücke in den nächsten Minuten verhalten?
Ein paar Klicks, dann verändern sich die Farb­
flecken im Zeitraffer und eilen der Echtzeit 180
Sekunden voraus. "Mit solchen Simulationen sol­
len Einsatzkräfte ,vor die Lage' kommen, statt ihr
hinterherzuhinken", sagt Sesser. Dann könnten
Ordner eingreifen, bevor ein Gedränge eskaliert.
Beim aktuellen Stau gibt die Heatmap bereits
Entwarnung. Der Mann, der den Fußgängerfluss
aufgehalten hat, trottet weiter. Die Wolke über
dem Videobild wechselt von rot zu grün.

WAS WÄRE, WENN?


Besucherströme
I S H E R . K Ö N N E N WIR

B nur im Vorfeld einer Veranstaltung durch­


spielen, nicht während sie stattfindet",
sagt Sesser. Zur Planung des Oktober­
fests in München und der Hanse Sail in Rostock
ist Sessers Crowd- Simulation schon im Einsatz.
Auf Basis virtueller Geländepläne simuliert er, wie
sich Menschen verteilen, wohin sie sich im Fall ei­
ner Flucht bewegen. Wie ein Publikum schnell
evakuiert werden kann. Wie breit die Fluchtwege
sein müssen. Wo Notausgänge freizuhalten sind.
Simulationsprogramme werden im Katastro­
phenschutz immer wichtiger. Konnten Einsatz­
PENDLER-ALBTRAUM kräfte bislang Übungen nur nach einem vorher
Was, wenn Terroristen einen Zug überfallen?
festgelegten Script absolvieren, spielen Forscher
ln Berlin probt eine Einheit der Elitetruppe GSG 9
den Ernstfa ll. Die geretteten Statisten, erkennbar
die Auswirkungen von Anschlägen, Bränden, Seu­
an den roten Armbändern, sehen es gelassen chen und Naturkatastrophen auf Metropolen neu­
erdings auch am Großrechner durch. Dabei flie­
ßen nicht nur lokale Gegebenheiten mit ein, der
Pixelbevölkerung sind auch unterschiedliche Ver­

ßDW(]!)ß!lJuD@CD WOw[Q) w�ODJ haltensweisen einprogrammiert: Manche Grup­


pen verlassen so schnell wie möglich das Gebiet,

�BuB8uw®�mß�8ßm�u�
andere verstecken sich oder fliehen ins nächstge­
legene Kra nkenhaus .

ODJDJ�w WOßCGuO@�w
Auch Florian Sesser kann einige Eigenschaften
seiner virtuellen "Agenten" verändern: Größe und

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EIN DRAMA, NUR GESPIELT


Damit ein Unfall sich nicht zur Katastrophe
ausweitet, müssen Ersthelfer schnell zur
Stelle sein und richtig reagieren. Das
Technische Hilfswerk probt im dänischen
Tinglev die Bergung von Opfern - mit
Schauspielern, die Schwerverletzte mimen
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m[;J �co��u�� ®m��[1�wu� Alter etwa, was das Gehtempo beeinflusst. Oder
den Anteil von Familien. Wenn viele Eltern mit

W�� BODCS 0�� �®uCSDJ[1[1


Kindern unterwegs sind, könnte es doppelt so lan­
ge dauern, sie aus der Gefahrenzone zu bringen,

W®�m���ou�u o�u
als wenn nur Erwachsene beteiligt wären. "Ent­
fluchtungsdauer" heißt das im Fachjargon.
"Aber vieles geht bei solchen Berechnungen
noch im Gesetz der großen Zahlen unter", sagt
EXTRA-SCHUTZ? FÜR REICHE Sesser. "Dass jemand kopflos in die falsche Rich­
Sicherheit ist ein Gut, das e s a u c h zu mieten tung läuft, kommt bei uns nicht vor."
gibt: Private Personenschützer trainieren auf einem Zukünftig sollen jedoch auch psychologische
Ü bungsgelände i n Berli n-Wannsee, wie sich ein Faktoren mit in die Simulation einfließen.
Terrorangriff auf eine Zielperson abwehren ließe

DIE MACHT DER MASSE


steht mit einem Klemm­

L
AURA KÜNZER
brett auf dem Containerdach und beob­
achtet die Besucher. Die Psychologin ist
Partnerin des Team HF (Human Factors)
aus Ludwigsburg, das zu "menschlichen Faktoren"
beim Thema Sicherheit forscht und berät. Wie
verhalten sich Gäste und Personal, und wie lassen
sich die Sicherheitssysteme daran anpassen?
Künzer nimmt einen Abschnitt der Hafenpro­
menade ins Visier. Die Besucher schlendern, än­
dern ihre Richtung, bleiben stehen, werden zu
Hindernissen. Sie lassen sich treiben - und locken.
Von angenehmen Gerüchen, von Lichtern. "Dichte
allein ist nicht unbedingt problematisch", sagt die
Psychologin. "Manche Leute tauchen gern in die
Menge ein, etwa wenn ihre Lieblingsband spielt.
Wichtig ist deshalb auch, die Stimmung der Besu­
cher einzuschätzen." So füllt Künzer zu festen
Zeiten eine Checkliste aus: Wie ist das Wetter?
Bewegen sich die Besucher "sehr entspannt" oder
"eher angespannt", "drängeln sie"? Wirken sie lo­
cker, stoppen sie für Fotos, essen sie im Gehen?
Wie reagieren sie auf Ordnungskräfte?
Besonderes Augenmerk legt das Team HF auf
Gruppen. Deren Bewegungen zu verstehen, könn­
te die Simulation von Menschenströmen wesent­
lich verbessern. "Gruppen bleiben zusammen", so
HF-Gründerin Gesine Hofinger. "Sie suchen ge­
meinsam Schutz oder fliehen gemeinsam. Auch
wenn das im Ernstfall wertvolle Zeit kostet."
Aber wer gehört zusammen? Eltern mit ihren
Kindern, Junggesellen im Partnerlook lassen sich
leicht erkennen. Andere Gruppen nur an ihren
Bewegungsmustern im Gedränge. Drei oder vier
Personen bilden oft eine Art V-Form, noch mehr
eine Raute. Sie schaffen eine Art Keil nach vorn.
Wie ein strömungsoptimierter Wellenbrecher.
Um reibungslos aneinander vorbeizukommen,
organisieren sich Menschen verblüffend gut selbst:

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Hysterie infiziert, in eine rücksichtslos rasende


TIPPS FÜR DEN NOTFALL Herde verwandelt, tritt eher im Kino auf als im
echten Leben. "Menschen sind weder irre noch
Wissen, was zu tun ist irrational", sagt Gesine Hofinger. "Es wäre evolu­
tionstechnisch auch unsinnig, wenn wir uns bei
Als beste Vorsorge für den Gegebenheiten informieren, der nächsten Gefahr über den Haufen rennen."
Ernstfall gilt, i h n im Kopf durch- das Mob iltelefon aufladen Kooperation in Notlagen erhöhe die Überlebens­
zuspielen: Wo liegen Gefahren. und f ü r den Fall, dass das chancen für alle.
wie sollte ich reagieren? Netz zusammenbricht, Augenzeugenberichte, Befragungen, Videoana­
einen Treffpunkt vereinbaren. lysen aus Jahrzehnten der Katastrophenforschung
1 . ln fremden Gebäuden
Notausgänge registrieren, u m 5. Feueralarm? Sofort
belegen: Wir suchen und wir helfen uns.
schnell reagieren z u können. evakuieren - nicht abwarten, Auch andere Muster wiederholen sich. Ältere
wie andere reagieren. Menschen schätzen im Schnitt Notfälle aufgrund
2. I m Flugzeug oder Schiff:
Sicherheitshinweise auf­
ihrer Erfahrung besser ein als junge. Frauen rufen
6. Bei einem Anschlag oder
merksam lesen, Fluchtweg eher nach Hilfe, warnen andere. Männer geben
Krawall: Kopf runter und
zurechtlegen. sich gelassener und meinen, die Situation im Al­
schnell weglaufen.
leingang zu bewältigen. Und ganz allgemein gilt:
3. Sitzgurte benutzen!
7. Im Fall eines Angriffs auf Im Ernstfall reagieren viele Menschen zu langsam.
Sie können die Ü berlebens­
die eigene Person: .. Bombe" Etwa am 11. September 2001. Nachdem die
chancen vervierfachen.
oder ..Waffe" schreien und Flugzeuge in das World Trade Center gerast wa­
4. Vorsorge: sich vor Groß­ zu anderen Menschen laufen. ren, warteten viele im Gebäude zunächst ab, was
veranstaltungen über d i e Das schafft Aufmerksamkeit.
ihre Kollegen tun würden, sie telefonierten, be­
endeten E-Mails, gingen noch zur Toilette, zogen
sich um. Eine Befragungvon Überlebenden ergab:
Bei Gegenverkehr halten sie sich meist rechts, beim Im Schnitt ließen sie sechs kostbare Minuten ver­
Durchqueren von stehendem Publikum bilden sie gehen, bevor sie die Flucht ergriffen.
oft Ketten, gegen den Strom laufen sie diagonal. Der Brite John Leach, Autor des Buches "Über­
Ab einer gewissen Dichte aber berühren sich Men­ lebenspsychologie", schätzt: Bis zu 75 Prozent
schen, selbst wenn niemand drängelt. Dann über­ aller Menschen in einer lebensbedrohlichen Situ­
trägt sich Kraft von einem Körper zum nächsten, ation können keinen klaren Fluchtgedanken fas­
viele kleine Bewegungen addieren sich. "Ab etwa sen: Sie denken nicht daran, den Notruf zu wählen,
sechs Menschen auf einem Quadratmeter gibt es sie übersehen Auswege.
keine Bewegungsfreiheit mehr", weiß Hofinger. Wir landen so selten in Extremsituationen,
Es drohen: Atemnot, Quetschungen, Rippenbrüche. dass wir dafür keine erprobten Handlungsmuster
Nicht für jeden, denn die Menge wogt in Wel­ haben. Also verlängert sich unsere Reaktionszeit.
len und kann so die Kräfte halbwegs verteilen. Bis Hinzu kommt die Angst. Zunächst schärft sie die
die Wellen auf Hindernisse stoßen, ein Nadelöhr Sinne, dann aber droht sie uns zu überwältigen:
wie den Tunnel auf der Duisburger Loveparade. Körper und Geist sind wie gelähmt, Informatio­
Auch mitten in der Menge kann es zu plötzlichen nen können nicht mehr verarbeitet werden.
Turbulenzen kommen, zu crowd quakes, wie der Deshalb ist es wichtig, sich vorher zu überlegen,
Physiker Dirk Helbing, ein führender Erforscher was im Ernstfall zu tun ist (siehe Kasten). Über­
von Crowd-Dynamiken, nachgewiesen hat. Solche lebende seien nicht mutiger, beobachtet Leach,
"Menschenmassen-Beben" erhöhen den Druck sondern einfach besser vorbereitet. �
schlagartig.

MYTHOS MASSENPANIK
US F O R S C H E R S I C H T ist das Unglück

A auf der Loveparade ein trauriges Bei­


spiel für Crowd-Physik und nicht für
eine Massenpanik, wie die Veranstalter
GEO-Reporter P H I L I P P B R A N DSTÄ D T E R (1.) hat

für die Recherche als Statist an einer Katastrophen-


übung teilgenommen - und filmreif gejammert

behauptet hatten. Den Begriff Massenpanik ver­ und gesc h rien . Die Fotografen M I G U E L H A H N (M.)

wenden Wissenschaftler nur ungern. Die Men­ und J A N - C H R I S T O P H H A R T U N G befassen sich

schenmenge, die sich, wie von einem Virus der mit der Frage, wie Menschen mit Angst umgehen.

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s b e we g t.
wa s u n
a g.
J e d e n D o n n ers t
h ich ten.
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GEO Erleben
August 2019

NATURHISTORISCHES MUSEUM. WIEN

Pflanzen im Winterschlaf

Vom blühenden Leben zur bleichen Pracht:


Wie Pflanzen im Winter ruhen oder in Schönheit
sterben, zeigt Petra Lutnyk. Die Fotografin setzt
Hopfen, Silberblatt, Klettertrompete, Raps,
Wurmfarn und Kuhschelle (v. r. im Uhrzeiger­
sinn) in Szene und macht sichtbar, was in Gärten
und am Wegesrand während der kalten Jahres­
zeit kaum Beachtung findet. Bis zum 6. Oktober
stellt das Naturhistorische Museum Wien ihre
Pflanzenporträts aus. www.nhm-wien.ac.at

Mehr wissen und erleben


Mit der GEOcard gibt e s ermäßigten Eintritt in Museen,
Planetarien, Science-Center, Zoos und weitere Erlebnisorte:
Nutzen Sie Ihr Privileg als GEO -Abonnent und sparen Sie
bis zur Hälfte des Ticketpreises. Oder genießen Sie Kauf­
vorteile. Hier stellen wir eine Auswahl unserer Partner vor.
Mehr unter: www.geo-card.de
Wichtiger Hinweis: Mit der GEOcard, die Ihnen als Abonnent von GEO jedes Quartal zugeht, erhalten Sie bei unseren Partnern eine Ei ntritts­
ermäßigung von bis zu 50 Prozent auf den Normaltarif. Für bereits Ermäßigu ngsberechtigte, etwa Studenten, wird kein weiterer Nachlass gewährt.
Die Ermäßigung gilt für das Normalangebot unserer Partner, nicht aber automatisch auch für alle Sonderausstellungen und Veranstaltungen.

140 GEO 08 2019


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INTERNATIONAL OCEAN FILM TOUR

Jagd durch drei Ozeane

Seit Jahrzehnten fischen Wilderer im Süd­


pol armeer illegal den geschützten Antarktis­
dorsch - ein Millionengeschäft. Denn in den
internationalen Gewässern schaut niemand
hin. Bis auf Sea Shepherd: Mit zwei Schiffen
verfolgte die Meeresschutzorganisation den
Trawler "Thunder" 110 Tage lang durch drei
Ozeane. Die Situation eskaliert: Das Schiff der
Wilderer sinkt sogar. Der Film "Chasing the
Thunder" zählt, wie die von GEO empfohlene
Grauhai-Dokumentation "700 Sharks", zu
den Höhepunkten der International Ocean
M E S S N E R MOUNTAIN M U S E U M CORONES. S Ü DT I R O L Film Tour 2019. www.oceanfilmtour.com
Kunst im Berg

Zu einem Gipfeltreffen versammelt die Ausstellung "Der traditio­


nelle Alpinismus" berühmte Berge: Gemälde, Fotos, Plastiken vom
Matterhorn bis zum K2 zeigt Reinhold Messners Museum Corones,
das in Südtirol auf dem Kronplatz auf 2275 Meter Höhe steht, mitten
in den Fels gebaut. www.messner-mountain-museum.it/corones

W ELTVOGELPARK, WALSRODE

Viele Schnäbel zu füttern

Wird es dem Riesentukan zu warm,


pumpt er Blut in seinen Schnabel, u m
abzukühlen. Im Weltvogelpark dürfen
Besucher Tukanen eine andere kleine
Erfrischung anbieten: Blaubeeren.
www.weltvogelpark.de

Eine Auswahl unserer Partner


Andernach: Geysir-Zentrum Berlin: Museum für Naturkunde
Bramsche-Ka lkriese: Varusschlacht im Osnabrücker Land Bus­
dorf: Wikinger Museum Haithabu Darmstadt: Hessisches Lan­
desmuseum Dresden: Senckenberg Naturhistorische Samm­
lungen (Museum für Völkerkunde Dresden und Japanisches S T A DT M U S E U M , S C H L E S W I G

Palais) Frankfurt/Main: Palmengarten Glauburg: Keltenwelt Asche über Europa


am Glauberg Hamburg: Auswanderermuseum BallinStadt Kas­
sel: Museum für Sepulkralkultur Leipzig: Panometer Mann­ Im Frühjahr 2010 brach in Island der Vulkan
heim: Luisenpark Meran (IT): Gärten von Schloss Trauttmans­ Eyjafjallajökull aus und legte mit Aschewolken
dorff Mistelbach (AT) : MAMUZ Museum Münster: Allwetterzoo große Teile des Flugverkehrs über Europa
Münster Oberhausen: Gasometer Pirmasens: Dynamikum lahm. Der schwedische FotografHans Strand
Stralsund: Ozeaneum Winterthur (CH): Swiss Science Center konnte dennoch mit einer Cessna 172 in das
Technorama Wolfsburg: Phreno Vortragsreihe: Living Planet Gebiet fliegen - und Bilder des Unruhestifters
Tour - Dirk Steffens live einfangen. Die Ausstellung "ERDE" i m Stadt­
museum Schleswig zeigt sie und weitere Werke
Strands. www.stadtmuseum-schleswig.de

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Die Welt von GEO


Neues aus den Redaktionen

GEO DIG ITAL

Unsere Renner
im Netz

»Der Tatort Münster


kommt ohne erhobenen
Zeigefinger aus«
Gespräch mit Regisseur Lars Jessen
über grüne Botschaften im Film.
www.geo.de/tatort

Erkennen Sie
die Schmetterlinge?
Stellen Sie im GEO-Bilderquiz
Ihr Wissen auf die Probe.
www.geo.de/schmetterlinge

GEO SPECIAL unberührt sie auch wirken - ein


Wunderbares Menschenwerk sind.
Das neue GEO Special geht dem
Schottland
wunderbaren Schottland auf den
1' Europas schönste Küstenstraßen Dudelsack und Tweed, Kilt und Clans, Grund: Warum hat es Haggis - mit
Diese Routen punkten mit Geiz und Tapferkeit - kaum ein Land Innereien gefüllter Schafsmagen - zum
Postka rtenmotiven - etwa die scheint so reich an Klischees zu sein Nationalgericht geschafft? Warum
C710 auf Mallorca mit dem Blick wie Schottland. Doch wer den Norden schmeckt Whisky auf Islay nach Torf?
vom Cap Formentor (oben). der Insel Großbritannien erkundet, Weshalb zieht es immer mehr
www.geo.de/kuesten verfällt nicht den Vorurteilen, son­ Wanderer in den Bergen in die
dern dem Land selbst: den Hügeln des Schutzhütten namens Bothy? Und
Hochlands mit seinen weiten Ebenen was sollte man in Edinburgh auf
und zerklüfteten Küsten, wo die Wel­ keinen Fall verpassen? Die Antwort
len von Atlantik und Nordsee tosen. auf die letzte Frage sei verraten: eine
So reisten auch die Reporter von Führung durch das schottische
GEO Special auf ihren Recherchen Parlament! Dort lernt man, dass die
für die aktuelle Ausgabe durch eine Scots ein sympathisches Volk sind.
atemraubende Landschaft: an die
North Coast 500 etwa. Die 830 Kilo­
GEO SPECIAL GEO SPECIAL
meter lange Küstenstraße im Nord­ '
. .. ,.Schottland«
.
westen des Landes gilt als eine der ' hat 148 Seiten
Mit Lesemodus: GEO Digital
und kostet
Die neue digitale Ausgabe von schönsten Europas. Bei Loch Ness
9,90 Euro.
GEO ist jetzt für alle Smartphones schnürte ein Journalist die Wander­ Einige Themen:
und Tablets erhältlich schuhe, drei Tage lang marschierte er Glasgow •

unter Waldkiefern durch das Tal von Äußere Hebriden


• Urlaub im
Gien Affric. Und auf dem Landgut
GEO-Abonnenten zahlen für die Herrenhaus •

digitale Ausgabe nur 1 Euro pro Ausgabe - Invermark erfuhr eine Redakteurin, Schafe • Krimis •

mehr unter www.geo.de/eupgrade dass die Highlands - so wild und Rob Roy

142 GEO 08 2 0 1 9
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GEO WISSEN GESUNDHEIT WALDEN

So schützen Sie Mikroabenteuer


Ihr Herz! am Wasser 360° - GEO- Reportage
Im J u l i und August sendet ARTE die
Unermüdlich, meist über viele Jahr­ Wann sind Sie zuletzt ins eiskalte Was­
GEO Reportage samstags ab 18.25 Uhr.
zehnte schlägt der faustgroße Muskel ser gehechtet? Haben in einer Wathose
Alle Filme sind nach der Ausstra hlung
in unserer Brust, erhält uns am Leben. kapitale Karpfen geangelt? Oder sich mindestens eine Woche lang i n der
Doch führen die moderne Lebens­ auf einem Hausboot einen Fluss hinun­ Mediathek abrufbar. www.arte.tv
weise und das Altern oft dazu, dass ter treiben lassen?
wir Arteriosklerose oder Bluthoch­ Das ist bestimmt schon viel zu lange
druck entwickeln - und infolgedessen her. So dachten auch die WALDEN-Ma­
Erkrankungen des Herzens. cher, die Sie deshalb in der neuen Aus­
Die aktualisierte Neuauflage des gabe des Magazins für Abenteuer vor
Bestsellers GEO WISSEN GESUND­ der Haustür endlich wieder ins und ans
HEIT "Das Herz" veranschaulicht auf Wasser bringen: Für WALDEN Nr. 1 5
196 Seiten nicht nur die faszinierende campierte der Mikroabenteurer Alastair
Funktionsweise des kardiavaskulären Humphreys vier Tage zwischen Eibsee
Systems, sondern erklärt auch, wie (in Bayern) und Plansee (in Ö sterreich)
und brachte von seiner Tour, die so gar
1' Samstag 20. 7.
nicht nach Plan verlief, sechs Tipps für
Der britische Tiertherapeut Roger
spontane Abenteuer mit.
Mugford erzieht Hunde samt ihren
Außerdem erzählt die Ausgabe von
Besitzern - darunter auch
einem Karpfenangler, der die Wochen­ Queen Elizabeth mit ihren Corgis.
enden hin und wieder lieber am Wasser
als mit seiner Familie verbringt. Und
von einem Fotografen, der sich selbst
ein Hausboot baute und damit bis nach
Paris schipperte.
Wem das eine Nummer zu groß ist,
Leiden entstehen. Und beschreibt er­ der springt einfach in wilde Seen und
staunliche Fortschritte der modernen Flüsse: Der WALDEN Field Guide prä­
Kardiologie und Herzchirurgie, die sentiert 60 Wild Swimming Spots in
mit minimalinvasiven Eingriffen allen Bundesländern.
und Operationen am offenen Herzen
1' Samstag 27. 7.
viele Leben retten können.
Loulou ist einer der bekan ntesten
Aber jeder kann auch selbst dazu Klippenspringer der Region Marseille.
beitragen, dass es nicht zum Äußers­ Die weiße Steilküste der Calanques
ten kommt: durch Umstellung von ist für sein Hobby wie geschaffen.
Ernährungsgewohnheiten etwa und
vor allem durch regelmäßige Be­ Samstag 3. 8.
wegung. Deshalb enthält das Heft ein Beim Wettkampf der Menschentürme
eigens entwickeltes Trainingspro­ i n Katalonien geht es halsbrecherisch

gramm für die Gesundheit von Herz zu. Welche Stadt baut mit

und Kreislauf. ihrem Team den höchsten Turm?

G E O WISSEN
Samstag 1 0 .8.
GEO W I S S E N GESUNDHEIT WALDEN Nr. 1 5
Rückkehr der Riesengreifer:

.:·.- w· ·�
»Das Herz« hat kostet 8 , 5 0 Euro.
196 ln den Schluchten der Provence
Das
Seiten u n d milli- - -�'�··
Weitere Themen:
....- -..- --­
-- .,.____ --
kostet 11,50 Euro Unter die Flügel siedeln Vogelschützer mit
Herz "- ..
, (mit DVD »Die greifen: Wi e man Erfolg als verschollen geltende
besten Übungen eine Bienenkiste Geierarten an.
für Herz und baut • Grenzgän­
Kreislauf« 16,50 ger: Wandern im
Euro). Weitere Zittauer Gebirge •
Mehr Infos z u r 360" - GEO-Reportage
Themen: Das Herz Am Haken: die unter www.geo.de/tv oder www.arte.tv
der Frauen • 2 0 besten Angel­
Stress • Fasten gewässer

GEO 08 2 0 1 9 143
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FOTONACHWEISE NACH SEITEN IMP RESSUM

TITEL: Science Photo Library/Raul Gonzalcz GRUNER + JAHR GMBH

AM B A U M W A L L 11, 20459 H A M B U R G
Julius Schrank (Montage: Perez: 84 r. o.; Duke Eye Center:

Sebastian Böcking/4mat); 84 I. u.; Museum für Natur-


POSTA N S C H R I F T D E R R E D A K T I O N :

Teilauflage zusätzlich: wissenschaften, Brüssel: 85 r. o.; B R I E F FACH 2 4 , 20444 H A M B U R G .

T E L E F O N 0 4 0 I 37 03-0, T E L E F A X 040 1 37 03 S b 48
Evgenij Yulkin/Stocksy United; plainpicture/Lubitz + Dorner:
I N T E R N E T : WWW.GEO.DE
Tony HamblinflmageBroker/ 85 I. u.; Jean-Marc Babalianj

Varia Images Nikon small world competition: 86 C H E F R E DA K T E U R : Dr. Christoph Kucklick

VERZEIHEN: S T E L L V E R T R E T E N D E R C H E F R E D A K T E U R : Jürgen Schaefer


EDITORIAL:
T E X T C H E F I N : Katharina Priebe
Christian Gogolin Roman Pawlowski: 88-106 r. u . r.;
CREATIVE 01 RECTOR: Anna-C!ea Skoluda
außer: Jared Soares: 99;
I N HALT: STELLV. CREATIVE D I R ECTOR ( B I L D ) : Lars Lindemann

Ruth Hoffmann: 106 r. u. I.; GESCHÄFTS F Ü H R E N D E R E D A K T E U R I N : Maike Köhler


Eye of Science: 41. o.; Fi11barr O'Reilly:
LTG. D I G ITALE M A G A Z I N E / S O N D E R P R O D U K T E : Rainer Droste
Katharina von Ruschkowski:
4 I. m.; Julius Schr=k: 4 I. u.;
TEXTil EDAKTIO N: Jörn Auf dem Kampe, Klaus Bachmann, Gesa Gottschalk,
106 r. u. m.
GaeJ Turine: 5 r. o.; Roman Pawlowski: Diana Laarz� Fred Langer, Dr. Vivian Pasquet, Ines Possemeyer,
E I N SCHATZ I N SCHOTEN: Katharina Schmitz, Katja Trippe! (GEO-TV)
5 r. m.; Hahn+ Hartung: 5 r. u.
Finbarr O'Reilly: 112-127; A B E N T E U E R & E X P E D I T I O N E N : LarsAbromeit
UNTERWEGS:
AUTOR I N : Johanna Romb erg
Misha Vallejo: 128 u.
Finbarr O'Reilly: 6 I. o.; Roman G E O -TAG D E R NATUR: Dr. Mirjam S. Gießmer, geotagdernatur@geo.de
BLOSS K E I N E P A N I K ! :
Pawlowski: 6 r. m.; Julius Schrank: B I L D R E D A K T I O N : Christian Gogolin,

Fraunhofer-lnstitut für David Kern, Trixi Rossi


6 r. u.; GaiH Turine: 6 I. u.
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KOSMOS:
S C H L U S S R E D A K T I O N , KOORDINATION: OlafStefanus
Phitipp Brandstädter: 137 r. u. I.
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Petra Lutnyk: 140; Harald Wisthaler: H O N O R A R E / S P E S E N : Angelika Györffy, Andreas Koseck
16/17; An Rang Xu/Reduxjlaif:
141 I. o.; Joao Marcos Rosa/ G E O . D E : Julia Großmann, Jan Henne (Leitung)
18/19 (5); National Park Service: 20; Redaktion: Peter Carstens, Jaane Christensen (Bildredaktion), Solvejg Hoffmann
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Hans Strand: 141 r. m.
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22 I. o.; Russell Ord: 22 r. u.; imago/
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Kyodo News: 23; Gene Gloverj
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142 I. m.; Jim Richardson: 142 r. o.;
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Director Brand Salutions
G U T FÜRS K L I M A ... :
Bettina Theuerkauf: 145 I . o.; G+J eiMS, Am Baumwall II, 20459 Hamburg.
Julius Schrank: 44/45, 48-52,
Christopher PaynejEsto: 145 I. u.; Es gilt dje jeweils aktuelle Preisliste. Infos hierzu unter ww\v.gujmedia.de

54-64 r. u. r.; Hager Tidman/FLPA/


Charlic Cordero: 145 o. r.;
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Minden Pictures: 46/47;
Giulio Di Sturco: 145 m. r.
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Benne Ochs: 64 r. u. I.;
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Jllustration: Till Nows: 53 Online·Dienste und Internet und Vervielf:.i


l t igung auf Datenträger, wie CD-ROM, DVD-ROM etc.
Martin Zinggl: 146
nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Verlages erfolgen.
WALDBOOEN:
KARTEN:
ßankverbindung: Deutsche Bank AG Hamburg,
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Oliver Meckes: 80 r. u. m., r. u. r.;

Bernhard Kegel: 80 r. u. I. Für unverlangt eingesandte Manu-


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361 G R A D : skripte und Fotos übernehmen Verlag
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Digitalstock - stock.adobe.com: 82; und Redaktion keine Haftung. GEO wird aufchlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Papierfasern stammen aus nachhaltiger

Waldbewirtschaftung mit FSC- oder PEFC-Siegel, die Nachhaltigkeil ist nach ISO 14001 zertifiziert.
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Printed in Germany
Benne Ochs: 83 r. m.; © GEO 2019

Mark Powe r/Magnum Photos/ Verlag Gruner + Jahr GmbH, GEO (German) (USPS no 0011476) is publishcd monthly by GRUNER + JAHR GmbH.

Agentur Focus: 83 r. u.; Hamburg, für sämtliche Beiträge. Known office ofpublication: German Language Pub., 153 S Dean St, Englewood NJ 07631.

Periodicals postage is paid at Paramus NJ 07652 and additional mailing offices. Postmaster: Send

Anordnung im Layout: I. =- links, r. =- rechts, o. = oben, m. = Mitte, u. = unten address changes to: GEO (Gcrman), GLP, PO Box 9868, Englcwood NJ 07631, 855-457-6397.

144 G E O 08 2 0 1 9
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Vorschau
September 2019

»Wir machen alles genau so, wie es


die Gesellschaft sich wünscht«
Ö K O B Ä U E R I N M A R T I N A B R E S S E L F I N D E T, D A S S

B I O L A N D W I RTSCHAFT MEHR ANERKEN N U N G VERDIENT

Karibisch bunte, kleine Weit: Lucero,


29, lebt auf Santa Cruz del lslote, einer
Insel kaum größer als ein Fußballfeld,
Heimat von mehr als 1200 Menschen

Unter einem autoritären Regime


wurde Singapur ein wohlhabendes
Land, dessen Bewohner zufrieden
wirken. Ein Modell für die Weit?

Außerdem im Heft
Mimosen können lernen, Blüten
lauschen, Basilikum schickt
Nachrichten - das behauptet Monica
Gagliano. Aber können Pflanzen
schlau sein, wenn sie doch kein
Gehirn besitzen? Ein I nterview mit
Umweltschonender Landbau (oben der Hof der Familie Bressel i n Brodowin) einer streitbaren Biologin.
kann helfen, Arten zu schützen - so die Bilanz des GEO-Tags der Natur
ln einer Mine i n Südafrika, mehr als
3000 Meter unter der Erde, finden
»Menschen sind das Forscher Lebewesen, die vom Gestein

kreative Element« leben. E i n Abstieg in die Heimat


der rätselhaften tiefen Biosphäre.
EIN A R BEITS PSYCHOLOGE Ü BER
D I E D E F I Z I T E V O N R O B O TE R N

GEO 09/2019
Altes Handwerk mit Zu kunft: Bei
General Pencil i n den USA werden erscheint
Bleistifte von Hand hergestellt am 1 6. August

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Weltbürger
Einer von 7,715 Milliarden

Unseren Fragebogen beantwortet Rondell Lalgie, 34. Der ein Dach über dem Kopf und genug zu
essen hat - aber sie hat sich einen an­
Fischer von der Karibikinsel Grenada beliefert seit 2011 den Markt
deren Mann angelacht und ist mit ihm
in Grenville. Davor arbeitete er als Landvermesser. Er hat zusammengezogen. Als ich aufhörte, sie
einen 18-jährigen Sohn und lebt von dessen Mutter getrennt. zu finanzieren, schleppte sie mich vor
Gericht. Das war vor neun Jahren.
Was war Ihr bisher bestes
Lebensjahr?
Wofür sind Sie dankbar? 2005, kurz nach dem Hurrikan Emily.
Für meinen Sohn und dafür, dass ich Freunde und Familienmitglieder von
ein eigenständiges und stabiles Leben der Nachbarinsel St. Vincent spendeten
führe, seit ich Fischer bin. Davor war es Decken, Kleidung, Wasser und Essen.
etwas unbeständig. Ich hatte plötzlich so viel, dass ich Pake­
Was erfüllt Sie mit Hoffnung? te schnürte und sie in meiner Nachbar­
Ein Satz meiner Mutter: "Jeder Tag schaft verteilte. Eine Greisin hielt uns
ist ein Fischertag, aber nicht jeder Tag den ganzen Tag über auf Trab mit Ge­
ist ein Fangtag." schichten, da war die Misere um uns
Welche Hoffnung haben Sie herum plötzlich vergessen.
aufgegeben? Wie viel Geld möchten Sie besitzen?
Dass die Mutter meines Sohnes und (Lacht.) Oh Junge, unbegrenzt! So
ich uns wieder vertragen. viel wie möglich, eine ganze Schiffsla­
Was bezeichnen Sie als Heimat? dung voll. Mehr als Donald Trump und
Das Meer. Die Ruhe da draußen. Ich Bill Gates zusammen, sogar mehr als
liebe es, nur den Wind und die Wellen ,»Jeder Tag ist ein die Drogenkartelle.
zu hören. Das ist meine Meditation. Fischertag, aber nicht Was muss Ihnen keiner mehr sagen?
Was braucht Ihre Nachbarschaft? "Du bist gefeuert!" Ich arbeite nur
jeder Tag ist Fangtag((
Ein Gemeindezentrum, damit die Ju­ noch für mich.
gendlichen nicht mehr auf der Straße Haben Sie Angst vor dem Tod?
herumlungern. Nein, es führt kein Weg daran vorbei.
Was haben Sie zuletzt geschenkt Bis ich meine Mutter auf dem Sterbe­
bekommen? bett gesehen habe, hatte ich Angst da­
Mein großer Bruder hat mir zum Ge­ vor. Aber sie ist erfüllt und zufrieden
burtstag Geld überwiesen und gesagt: aus dieser Welt gegangen, und seitdem
"Gönn dir etwas Schönes." Grenada fürchte ich mich nicht mehr.
Gibt es ein Tier, das Ihnen etwas Wann haben Sie das letzte Mal so
bedeutet? richtig herzhaft gelacht?
Friskie, der Nachbarhund. Als Kind um Betrunkene zu spielen. Wir sind Vor einigen Sonntagen war ich mit
fiel ich einmal in den Fluss. Ich konnte heute noch wie Brüder. einem Kollegen in der Nähe der Küste
nicht schwimmen und brüllte um Hilfe, Wenn Sie einem Kind nur einen ein­ unterwegs. Ich steuerte das Boot, wäh­
aber niemand hörte meine Schreie. Erst zigen Ratschlag für das Leben geben rend er versuchte, einige Mädchen an
als der Hund zu bellen anfing, kamen könnten: Welcher würde das sein? Land mit ein paar Kunststücken zu be­
Freunde angelaufen, um mich aus dem Bleib stark, denk positiv, mach eine eindrucken. Ich wettete, dass er das nicht
Wasser zu ziehen. Friskie hat mir das Ausbildung, und du wirst ein besseres könne, wenn ich Gas geben würde. Na­
Leben gerettet. Leben haben. Bildung ist der Schlüssel. türlich stieg er darauf ein, also lenkte
Was war das größte Glück Ihrer Was war Ihre größte Enttäuschung? ich das Boot so schnell und abrupt, dass
Kindheit? (Denkt lange nach.) Die größte Ent- er sofort ins Wasser fiel. Die Mädchen
Mein bester Freund und ich kauften täuschungwar wohl die Mutter meines lachten, und ich machte mir beinahe in
von unserem hart Ersparten gern Soft- Sohnes. Ich habe sieben Tage in der Wo­ die Hose, so lustig war das.
drinks und taten so, als wäre es Rum, ehe hart gearbeitet, damit meine Familie Protokoll: Martin Zinggl

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