Mitte des 19. Jahrhunderts war Pécs noch eine Kleinstadt ohne besondere
Bedeutung. Man lebte vor allem aus der Landwirtschaft, aus Obst- und
Gemüseanbau, Viehzucht. Über Industrie kann man noch nicht sprechen.
Energie der Bäche von dem Mecsek wurde von Müllern, Gerbern und
Bierbrauereien benutzt. Fassbinder, Töpfer gab es schon, sie arbeiteten
aber noch in Zünften. Die Produkte verkauften sie auf den Marktplätzen der
Stadt.
1769 hat man Kohle in Mecsek Gebirge gefunden und damit begann eine
immer schnellere Entwicklung. 1853 kaufte und pachtete die
Donaudampfschifffahrtsgesellschaft das Recht zum Abbau der Kohle. Diese
Prozesse wirkten auch auf andere Zweige der Wirtschaft positiv: der
Verkehr entwickelte sich, neue Firmen und Fabriken wurden gegründet.
Denken wir nur an die Sektfabrik der Littke Familie, an die Handschuhfabrik
der Hamerlis, Orgelfabrik von Angster, an die Zsolnay Fabrik. Man
veranstaltete Industriemessen und -ausstellungen.
Die Kaufkraft der Menschen wurde größer und damit auch ihre Ansprüche.
Der Handel blühte. In der Hauptstraße (heutige Király Str.) wurden in den
Höfen Lagerräume errichtet, da das Dach- bzw. Kellergeschoss nicht mehr
genug groß für die Aufbewahrung der Produkte war. Das Bürgertum wurde
stärker und es entstand eine reiche Schicht, die diesen Aufschwung auch
nach außen zeigen wollte. Das Stadtbild veränderte sich: Bürgerliche
Wohnhäuser im romantischen Stil verzierten die Straßen, Denkmäler
wurden aufgestellt, man gründete das Bürgerliche Casino, baute Hotels,
Cafes. Die Verschönerung der Stadt zu dieser Zeit ist im großen Maß der
Zsolnay Baukeramik und den Initiativen der Zsolnays zu verdanken.
Während unseres Spaziergangs wollen wir auf die Spuren der Zsolnays
gehen.
Die Pläne des Denkmals stammen von Frigyes Schulek – einem der
bedeutendsten Architekten des 19. Jh. (Matthiaskirche, Fischerbastei in
Budapest). Die Hauptfigur stellt Vilmos dar. János Horvay hat sie
geschaffen. Die Nebenfiguren sind Werke von Sándor Apáti Abt und
verewigen fünf solche Berufe, die irgendwie mit dem größten Töpfer
zusammenhängen: Man sieht da einen Töpfer, einen Bildhauer, einen
Architekten, einen Maler und einen Chemiker.
Zu bewundern ist auch die älteste Apotheke der Stadt, die sog.
Szerecsenpatika (Maurenapotheke). Sie wurde noch im 17. Jh.
gegründet. In diesem Gebäude empfängt sie ihre Kunden seit
1897, der Besitzer zu der Zeit war István Sipőcz. Die Einrichtung
der Apotheke wurde aus Eichenholz im Neurokokostil in der
Werkstatt von Károly Hoffmann hergestellt. Die bunten Blumen
darstellenden Keramikeinlagen stammen aus der Zsolnay Fabrik.
In der Officina (Laden) steht der Trinkbrunnen von Gyula Zsolnay.
Er entwarf auch die kleinen Maurenstatuen, die sich über dem
Eingang in einer Nische und im Laden befinden. Zur Zeit der
Sezession wendete man seine Aufmerksamkeit nach Osten,
exotischen Sachen zu. Sehr beliebt waren dann
Figuren wie Maure, Elefant, Löwen, märchenhafte
Farben und Formenwelt.
Da die Apotheke auch als Museum funktioniert,
schlage ich vor, sie zu betreten!
Nach der Besichtigung des Museums gehen wir auf den Széchenyi Platz,
auf einen der Hauptplätze der Stadt. Er gewann sein heutiges Antlitz im
18.-19. Jahrhunderten. Die einflussreichen Bürger bauten Paläste auf, die
nicht mehr einstöckig waren, sondern mächtig und pompös. Sie
präsentierten den Vermögenszuwachs der Familien. Und da die Zsolnay
Keramik beliebt und modisch war, verzierten damit die Gebäude.
An der Ecke, wo wir den Platz erreichen, steht das Gebäude des
Gymnasiums Nagy Lajos. Sein Nordgeflügel wurde 1936 errichtet, als in
einer Nische die Mariastatue aus Pyrogranit ihren Platz fand. Anhand der
Zeichnung von Gyula Kőszeghy wurde sie in der Fabrik gemacht, genauso
wie die Reliefs über den Eingang in der Janus Pannonius Straße.
Als schönstes Beispiel für Paläste des Platzes könnten wir das Gebäude
der ehemaligen Sparkasse hervorheben, das unsere Aufmerksamkeit
gleich an sich zieht.
Das dreistöckige Haus wurde 1898 im eklektischen
Stil gebaut. Diese Jahreszahl zeigen uns auch die
römischen Ziffern oben mit Reliefs verziert, die
natürlich aus der Zsolnay Fabrik stammen. Die
weiteren Reliefs sind Symbole der Sparsamkeit. Das
Dach war zwar abgebrannt, ist aber Produkt der
Firma.
Auf der anderen Seite gegenüber der Sparkasse steht das einstige Zsolnay
Haus. 1845 wurde es gebaut und hier hatte der Vater von Vilmos, Miklós
ein Geschäft errichtet. Wie üblich, wohnte die Familie oben, das Geschäft
fand unten Platz. 1858 erweiterte der Sohn das Gebäude mit einem
anderen in der Fő (heute: Király) Straße, das den Namen Basar bekam.
Die zwei Häuser wurden durch eine glasbedeckte Passage verbunden. Die
Töpferfabrik war dann noch in den Händen von Ignác, der die ersten
Experimente mit Baukeramik machte. Die Fassade wurde durch
Terrakottenmotive verziert, die als „Werbemittel“ dienten. Die Bürger
konnten die Vielseitigkeit der Keramik bewundern, sie wurden dadurch zum
Kauf motiviert.
Das Wappen der Stadt über dem Eingang des Rathauses stammt auch
aus der Zsolnay Fabrik. Pécs wurde im Jahre 1780 zur freien königlichen
Stadt. Die Buchstaben weisen auf Joseph II. und Maria Theresia hin. Das
Mecsek Gebirge mit der Krone und die Stadt mit vier Toren ist gut zu
erkennen. Die zwei Berge mit Weintrauben sind der Arany-hegy und Tettye.
Die Fassade des Archivs zeigt eine breite Palette der Zsolnay
Verzierung. An der Stelle stand das Salzhaus, das aber 1870 völlig
neugestaltet wurde und beheimatete die Finanzverwaltung. An der
Fassade sind die früheren Werke der Firma, noch ohne Glasur zu
erkennen. Die hier zu sehende Baukeramik wurde von Vilmos Zsolnay
auf der Weltausstellung in Wien (1873) präsentiert. Im ersten Stock
sieht man über die Zwillingsfenster Mercurius, den mythologischen
Gott des Handels und Boten der Götter. (In der griechischen Mythologie
wird er Hermes genannt). Sein Kopf ist durch Blumengirlanden umfangen.
Im zweiten Stock umrahmen diese Girlanden das Wappen von Ungarn. Die
Blumeneinlagen unter den Fenstern wiederholen sich an zahlreichen Bauten
der Stadt, da sie nach der Ausstellung sehr in die Mode kamen.
Das Nationaltheater wurde 1894 nach den
Plänen von Antal Steinhard und Antal Lang
gebaut. Die Stadt wollte zur Verzierung
repräsentative, wertvolle Statuen, die auf das
Theater hinweisen. Zuerst wurde György Kiss
– der Bildhauer, dessen Werke wir aus der
Basilika kennen – mit der Arbeit beauftragt
und er hat die Pläne gemacht. Aber da Vilmos
eine preisgünstigere Variante anbot, wurde
ein Teil der geplanten Statuen statt Stein aus
Pyrogranit gefertigt. Die Genius-Gestalt oben auf der Kuppel war dann noch
vergoldet. Die fünf Künstler (Erkel, Csiky, Szigligeti, Kisfaludy, Vörösmarty)
sind von Kiss geschaffen. Die drei Gestalten über dem Tympanon, das Relief
über Diana in dem Tympanon und die allegorischen Frauenfiguren zwischen
den Säulen wurden aus Pyrogranit hergestellt, genauso wie die braunen
Reliefs und von Innen das Treppengeländer. Über der Kasse kann man ein
Relief aus dem Jahre 1986 sehen, das von Imre Schrammel und György
Fürtös geschaffen wurde.
Quellen:
Bezerédy Győző: Pécs, Mecsek-Tourist 1988
Katona Imre: Zsolnay szemtől szemben, Gondolat, Budapest 1977
Romváry Ferenc: A néhai Vasváry-ház In: Pécsi Szemle, 2002 nyár 28ff