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Das Sanierungsgebiet Bötzowstraße –

gerechte Sanierung für alle Bevölkerungsschichten?


3.
Das Sanierungsgebiet wurde durch staatliche Förderungen von 1995 bis 2011 modernisiert,
saniert und aufgewertet. Durch die Förderung des Land Berlins konnte sich das Sanierungsgebiet
von einem bodenständigen Arbeiterbezirk in ein modernisiertem Viertel entwickeln. Während der
Sanierung von 1995 bis 2011 geschah ein Austausch der Bevölkerungsschichten, welcher sich gut
mit dem Verlaufsmodells der Gentrifizierung abbilden lässt. War diese Sanierung jedoch gerecht
für alle Bevölkerungsschichten oder nur für eine bestimmte Schicht? Diese Frage werde ich im
Folgenden beurteilen.
Mit der Sanierung einher gingen vertragliche Bindungen zwischen den Eigentümern und dem
Land Berlin. Diese umfassten einen Mietendeckel und das Recht, des Bezirksamt Pankow, die
Mieter der Wohnungen zu bestimmen. Diese Bindungen zwischen den Eigentümern und dem
Land Berlin erfolgten im Zeitraum 1995-2001 und halten 20 bis 28 Jahre. Durch den
Mietendeckel stiegen die Mieten wie in M4 zu sehen ist von 2002 bis 2010 nur leicht. Hierbei
unterschieden sich die Mieten von 4-6 € zu 6-7 € pro Quadratmeter. Da die ersten vertraglichen
Bindungen im Jahr 2016 ausliefen gewannen die Eigentümer das Recht zurück Mieterhöhungen
zu veranlassen. Dieses Recht spiegelt sich auch in M4 wieder, da sich die Mieten von 2010 bis
2021 verdoppelten oder bei größeren Wohnungen sogar verdreifachten. Somit liegt der Mietpreis
im Sanierungsgebiet Bötzowstraße im Jahr 2021 bei ca. 13-18 € pro Quadratmeter. Durch die
Förderung profitierten bis ca. 2016 alle Bevölkerungsschichten. Die Einwohner der Bötzowstraße
bekamen modernisierte und sanierte Wohnungen für fast den gleichen Mietpreis wie vor der
Sanierung. Durch den rapiden Anstieg der Mietpreise ab 2016 profitieren aber nicht mehr alle
Bevölkerungsschichten. Viele der früheren Mieter können sich die Wohnungen nicht mehr leisten
und müssen umziehen, wie in M8 beschrieben wird. Dadurch profitieren nur noch die höheren
Schichten der Gesellschaft mit viel Geld.
Diese Entwicklung ist auch in M2 und M3 zu sehen. Während im Jahr 2002 noch 50 % Personen
ohne Ausbildung oder mit Ausbildung im Gebiet gelebt haben, sank die Zahl im Jahr 2021 auf 25
%. Im Gegensatz dazu, lebten in 2021 29 % mehr Personen aus den höheren Schichten mit einem
Fachhochschule-/Hochschulabschluss in der Bötzowstraße. Bei der Erwerbsstruktur der
Einwohner ist diese Entwicklung ebenfalls gut zu sehen. So bewohnten in 2021 14 % mehr
Erwerbstätige die Bötzowstraße als in 2010.
Die Bötzowstraße befindet sich somit nach dem Verlaufsmodell der Gentrifizierung in der
Stagnationsphase. Während in der Experementierphase und in der Expansionsphase 1 die unteren
Schichten mehr und mehr aus dem Gebiet vertrieben wurden, so lebten in Expansionsphase 2 fast
keine Personen aus den unteren sozialen Schichten in der Bötzowstraße. Währenddessen siedelten
sich immer mehr Gentrifier in das Gebiet an. Die Gentrifier stammen hauptsächlich aus den
oberen Schichten der Gesellschaft. In der Stagnationsphase angekommen, leben hauptsächlich
Gentrifier in dem Gebiet mit nur einem sehr kleinen Anteil aus den unteren sozialen Schichten.
Die Leitfrage, ob die Sanierung der Bötzowstraße, eine gerechte Sanierung für alle
Bevölkerungsschichten war, stimme ich somit nicht zu. Obwohl während der Vertragsbindungen
zwischen den Eigentümern und dem Land Berlin alle Bevölkerungsschichten von der Sanierung
der Bötzowstraße profitierten, so führten die Aufhebung der Bindungen zur Vertreibung der
unteren Bevölkerungsschichten aus der Bötzowstraße. Die Bötzowstraße ist ein Idealmodell für
die Gentrifizierung, da sie veranschaulicht, wie die unteren sozialen Schichten aus dem Gebiet
vertrieben worden sind. Die Bevölkerung wurde im Sanierungsgebiet ausgetauscht.

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