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Affen-a und Elef@ntenrüssel

Süddeutsche Zeitung

Ein kleines Symbol hat vor fast 40 Jahren die Welt der Kommunikation
verändert: das @. Die Namen, die es weltweit erhält, zeigen die Besonderheiten
der jeweiligen Kultur.

@. Dieses Zeichen kennt jeder, es adressiert einen Empfänger, ob per E-Mail,


Twitter oder in Forendebatten. Aber was genau heißt @ eigentlich? Auf Englisch
"at", das ist sinnvoll, folgt dem Zeichen doch die Domain.

Symbol des digitalen Zeitalters: Das @ ist längst Teil der


Alltagskommunikation.
(Foto: DPA)

Andere Sprachen gehen jedoch weit kreativer mit dem Zeichen um: Es wird als
"Elefantenrüssel", "Affenschwanz", "Schlange" oder "Maus" bezeichnet.

Auf Deutsch war lange der "Klammeraffe" beliebt. Als Ray Tomlinson das
Zeichen 1971 erstmals verwendete, um den Namen des Nutzers von dem des
Hosts zu trennen, wurde es in der Regel nur von Buchhaltern und
Händlern verwendet.

Für englischsprachige Nutzer ergab sich fortan eine logische Verschiebung des
Begriffs weg von einer Menge hin zu einem Ort. "Es ist die einzige Präposition
auf der Tastatur", sagte Tomlinson in Cambridge, wo er seit Jahrzehnten für die
Firma Raytheon BBN Technologies arbeitet.

In anderen Sprachen tauchten bei diesem Übergang die fantasievollsten


Anspielungen auf - auf Tiere, Nahrungsmittel und Körperteile. Die meisten
bezogen sich auf die verwirbelte Form des Zeichens. Das Symbol ist noch immer
nicht so weit, dass alle Zeitungen und Internet-Systeme es wiedergeben können.

Schweden noch unschlüssig


Sprachwissenschaftler sind fasziniert und vergleichen die Einbindung des @ in
die Sprachen als eine Art Rorschach-Test, einem in der Psychologie
gebräuchlichen Test mit Tintenklecksen, in die jeder Betrachter etwas anderen
hineininterpretieren kann.

"Die Sprache sieht in dem Zeichen etwas aus der eigenen Kultur", erklärt die
Linguistin Karen Steffen Chung von der Universität von Taipeh in Taiwan. "Was
den Menschen vertraut ist, variiert stark, und so kamen all diese verrückten
Bezeichnungen heraus."

Das Symbol ist in Israel ein "Strudel" und ein "Rollmops" in Tschechien. Das
"Hündchen" in Russland wurde in Norwegen zu einer "Alpha Locke" und in
Schweden zu einem "Kanelbulle", einem im Land beliebten Zimtgebäck.

Allerdings ist man sich gerade in Schweden noch unschlüssig: Das @ wird dort
auch als "Elefantenrüssel", "Elefantenohr", "Affenschwanz", "Katzenpfote",
"Katzenschwanz" und "Bretzel" bezeichnet.

Wie das @ den Computer verließ


Chung war begeistert und forderte Kollegen in der ganze Welt auf, ihr die
örtlichen Bezeichnungen für das Symbol zu mailen. Dabei entdeckte sie zum
Beispiel zahlreiche Variationen im serbischen Sprachgebrauch. Das Wort
"majmun" ist eine davon. Es bedeutet Affe, scheint aus dem Türkischen entlehnt
und wird als "mujmunski rep" (Affenschwanz) und "majmunsko-a" (Affen-
a) verwendet.

Die Serben erfanden auch das "ludo-a", das verrückte "a", für das Symbol, dem
keiner von uns entkommen kann. In einigen Ländern nahmen sich die Behörden
des Symbols an und verordneten offizielle Bezeichnungen.

Die schwedischen Sprachhüter verwenden seitdem das "snabel-a", das "Rüssel-


a", während in Finnland, Südafrika und Indien die englische Aussprache gültig
ist. Das gilt auch für die Niederlande, nachdem sich "apeklootje", Hoden des
kleinen Affen, nach anfänglicher Zustimmung nicht durchsetzen konnte.

In Japan wird üblicherweise "atto maaku" verwendet, die japanische


Übersetzung des englischen "at", während das chinesische Mandarin noch
keinen einheitlichen Weg für den Umgang mit dem Zeichen gefunden hat.

Begriffe aus Tierwelt besonders beliebt


Die Griechen sprechen von einer "kleinen Ente", die Ungarn von einem "kleinen
Wurm". Arabische Muttersprachler übersetzen manchmal das englische "at" zu
"fi", andere sagen auch "Ohr", wenn sie ihre E-Mail-Adresse weitergeben.

In Taiwan ist das Symbol eine "kleine Maus" und Korea eine "Schlange". In
Spanien wird meist "arroba" verwendet, was auch eine Gewichtseinheit
bezeichnet, außerdem gebräuchlich ist das "ensaimada", ein
mallorquinisches Gebäck.

In einigen Gegenden in Lateinamerika hat das @ sogar die Computer verlassen


und wird nun verwendet, um geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu
ermöglichen. So bedeutet das Wort "nin@s", dass sowohl Mädchen als auch
Jungen gemeint sind.

Ray Tomlinson aus Cambridge hatte all dies wohl kaum bedacht, als er vor 40
Jahren sein E-Mail-Protokoll mit diesem fast vergessenen Zeichen der Tastatur
entwickelte. Für ihn war das Symbol nicht nur sinnvoll, weil es eine Präposition
war, sondern auch, weil es nicht mit einem anderen Teil der Adresse verwechselt
werden konnte. "Es ist ein einfaches Symbol, es wurde adoptiert und wurde zum
Sinnbild für alles, was mit Computern zu tun hat", erklärt er.

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