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DOI: 10.1002/best.

201600057

Jan Akkermann, Simon Weiler FACHTHEMA

Risse in Fundamenten von Onshore-Windenergieanlagen


Auswirkungen des frühen Zwangs
Bei der Herstellung von Fundament-Kreisplatten aus Stahl­ Cracks in foundations of onshore wind energy plants –
beton für Onshore-Windenergieanlagen wird immer wieder effects of early constraint
­eine radiale Rissbildung in der Erhärtungsphase des Betons During the construction of circular foundation-plates made of
beobachtet. Ausgehend von einem kontinuumsmechanischen reinforced concrete a radial cracking in the hardening phase of
Hydratationsmodell werden mittels numerischer Simulation die the concrete is observed often. Basing on a continuum-me-
Vorgänge bei der Erhärtung untersucht und mit in situ festge- chanic hydration model, the processes during hardening are
stellten Schädigungen verglichen. Hierbei werden die wesent- studied by numerical simulations and compared with damages
lichen betontechnologischen, thermischen und mechanischen detected in situ. Hereby the main concrete technology, thermal
Parameter identifiziert. Es werden Empfehlungen für die Aus- and mechanical parameters are identified. Recommendations
führung in der Praxis unterbreitet. for the practical execution are proposed.

1 Einleitung Die Planung und Ausführung der Onshore-Anlagen in


1.1 Fundamente von Windenergieanlagen Deutschland erfolgt gemäß den Vorgaben der DIBt-Richt-
linie Windenergieanlagen [2] in Verbindung mit DIN
Nicht zuletzt aufgrund der von der Bundesregierung An- EN 61400 [3] sowie den einschlägigen Material-Bemes-
fang 2011 ausgerufenen Energiewende ist in den letzten sungsnormen der Eurocodes. Hierbei werden für Flach-
Jahren in Deutschland eine Vielzahl von Onshore-Wind- gründungen neben den geotechnischen Nachweisen so-
energieanlagen (WEA) errichtet worden. Die installierte wie den Bemessungen der Grenzzustände der Tragfähig-
Leistung betrug Ende 2015 rund 42 000 MW und hat sich keit auch Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchs-
damit seitdem um mehr als 50 % erhöht [1]. Alleine 2015 tauglichkeit (GZG) gefordert. Nach der DIBt-Richtlinie
wurden 1 368 neue Anlagen errichtet. Weltweit hat sich [2] sind in den Fundamentbereichen, die weniger als
die installierte Leistung in diesem Zeitraum auf ca. 0,5 m tief in das Erdreich einbinden, unter der quasi-
432 400 MW mehr als verdoppelt. Die Großzahl der An- ständigen Einwirkungskombination D.3 (Überschreitens-
lagen (Bild 1) steht an Land (onshore) und ist zumeist wahrscheinlichkeit p = 0,01) Rissbreiten von wcal =
flach mittels einer Kreisplatte aus Stahlbeton gegründet 0,2 mm nachzuweisen, alle übrigen mit wcal = 0,3 mm.
(Bild 2).
Der aufgehende Anlagenteil (Turm, Generatorgondel und
Rotor) wird zumeist für eine Nutzungsdauer von 20 Jah-
ren ausgelegt. Im Stahlbetonbau wird bei Anwendung des
deskriptiven Dauerhaftigkeitskonzepts (Expositionsklas-
sen, Betondeckung, Betonsorte, etc.) üblicherweise eine
Lebensdauer von mindestens 50 Jahren erreicht. Stahl­
betonfundamente könnten demnach – bei entsprechen-
der Bemessung und Herstellung – problemlos für zwei

Bild 1 Typische Onshore-Windenergieanlage 2015 (3,0 MW, Gesamthöhe Bild 2 Typisches WEA-Stahlbetonkreisplattenfundament [Foto: Seewind]
196 m) Typical RC circular foundation slab of wind energy plant
Typical on-shore wind energy plant 2015 (3,0 MW, total height 196 m)

2 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1
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Anlagen-Leben genutzt werden. Dem gegenüber steht die
selbst für Ingenieurbauwerke sehr hohe Anforderung an
die Betriebsfestigkeit. Bei WEA werden Lastspielzahlen
von 109 erreicht. Entsprechend sind Ermüdungsnachwei-
se für Beton und Betonstahl mittels Schadenskollektiven
nach der Palmgren-Miner-Regel zu führen [2].

1.2 Schadensbilder und Untersuchungsziel

Einzelne Schadensfälle an WEA mit z. T. erheblichen


Konsequenzen waren in den letzten Jahren nicht zuletzt
auf Rissbildung im Stahlbeton zurückzuführen, wobei je-
doch zumeist die Türme und der Sockelbereich zwischen
Turm und Fundament im Fokus standen [4]. Sehr häufig
Bild 3 Fertiger Bewehrungskorb
wird jedoch bereits im Zuge der Fundamenterstellung
Complete reinforcement basket
eine Rissbildung beobachtet, die eine charakteristische
­
Verteilung aufweist (vgl. Bild 6). Da die Rissbildung im
­Zusammenhang mit den bekannten Schadensprozessen
der Bewehrungskorrosion aufgrund von eindringender
Feuchtigkeit und Schadstoffen insbesondere hinsichtlich
der Betriebsfestigkeit der Bewehrung (sehr ungünstiger
Kerbfall) von hoher Bedeutung ist, waren Rissbreiten grö-
ßer 0,3 mm fachgerecht zu verschließen. Abgesehen vom
finanziellen Aufwand ist diese Sanierungsmaßnahme
auch immer mit Verzögerungen im eng getakteten Mon-
tageprozess verbunden.

Risszeitpunkt und -form ließen prinzipiell auf einen Zu-


sammenhang mit Effekten aus frühem Zwang schließen.
Versuche der ausführenden Unternehmen mit verschie- Bild 4 Betonage und Nachbehandlung mit Rüttelbohle [Foto: Seewind]
Cast of concrete and cure by vibrating beam
denen Betonrezepturen für niedrige Hydratationswärme
(mit LH-Zementen) sowie unterschiedliche Nachbehand-
lungsformen zeigten zwar Verbesserungen. Diese waren reich – meist ein C50/60 – aufbetoniert wird. Hierbei fin-
aber nicht zielsicher reproduzierbar, sodass immer wie- den Stahl- oder Systemschalungen Anwendung. Die
der Risse auftraten. schräge Kegeloberfläche wird durch Flügelglätter oder ei-
ne radial verlaufende Rüttelbohle nachbehandelt (Bild 4).
Anhand eines kontinuumsmechanischen Hydratations- Zur Oberflächennachbehandlung werden sodann ein
modells sollten daher zunächst die grundlegenden Zu- Austrocknungsschutz und eine 10 mm starke Bauten-
sammenhänge der Rissbildung verstanden und studiert schutzfolie aufgebracht.
werden. Nach Identifikation der wesentlichen Einflusspa-
rameter war sodann die Frage zu klären, ob es sich bei
der Rissbildung um einen systemimmanenten Effekt han- 2.2 Rissbreitenbegrenzung durch Bewehrung
delt, oder ob diese – sofern nicht vermeidbar – zumindest
auf ein zulässiges Maß reduzierbar ist. In Bild 5 werden typische Bewehrungen für zwei unter-
schiedlich große WEA dargestellt. In den zugehörigen
typenstatischen Berechnungen werden zumeist Ge-
­
2 Rissbildung an WEA-Kreisfundamenten brauchstauglichkeitsnachweise nach Eurocode 2 [5]
2.1 Üblicher Herstellungsprozess durchgeführt, die zum Teil sehr unterschiedlichen Be-
trachtungsweisen bzgl. der Rissbreitenbeschränkung fol-
Die Herstellung der Fundamente erfolgt zumeist gemäß gen. Beispielsweise wird in einem Fall lediglich eine Be-
einer von den Anlagenherstellern vorgegebenen Metho- trachtung der Radialbewehrung unter Last aus quasi-
dologie: Auf eine Sauberkeitsschicht wird ein Beweh- ständiger Turmbeanspruchung vorgenommen. Es findet
rungskorb aus Ring- und Radialbewehrung montiert keine Untersuchung des frühen Zwangs statt. In einer
(Bild 3). Dieser beinhaltet gleichsam die Ankerstangen anderen Typenstatik wird angenommen, dass sich – ver-
für die spätere Turmmontage. gleichbar zu großen Fundamentplatten – lediglich ein
zentrischer Zwang aus der Reibung zwischen Funda-
Der Einbau des Fundamentbetons – zumeist ein C35/45 mentbeton und Sauberkeitsschicht ergibt. Es wird ein
(XC4; XD1; XS1; XF3; XA1; WF) – erfolgt lagenweise Rissbreitennachweis für die hieraus errechnete Zwangs-
von innen nach außen, bevor der Sockel im Übergangsbe- kraft geführt.

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Bild 5 Typische Bewehrungen: links mit, rechts ohne Auftriebssicherung


Typical reinforcement: left with, right without buoyancy control

2.3 Festgestellte Rissbildungen

Generell wurden zwei typische Rissmuster wiederholt


beobachtet: Eine diffuse, krakeleeartige Oberflächenriss-
bildung und relativ regelmäßige Radial- und Umfangs­
risse. Während Erstere auf kapillares Schwinden des er-
härtenden Betons hinweist und durch eine intensivere
Nachbehandlung in der Regel vermieden wird, traten
Letztere trotz Nachbehandlung auf. Eine besonders in-
tensive Rissbildung zeigt Bild 6. Bei dem Fundament tra-
ten in der Erhärtungsphase zumeist am oberen, äußeren
Plattenrand Radialrisse auf (Bild 6a), die sukzessive zur
Plattenmitte wuchsen und hierbei Breiten von bis zu
0,5 mm annahmen (Bild 6b). Rissbreiten größer 0,3 mm
waren mittels Injektion aufwendig zu verschließen
(Bild 6c). Bei mehreren Fundamenten war zu beobach-
ten, dass sich mit zunehmendem Betonalter die Risse
auch teilweise wieder schlossen.

In Bild 7 sind neben den Radialrissen auch regelmäßige


Umfangsrisse zu erkennen, die bereits mittels Pinselstrich
saniert worden waren. Auffällig hierbei ist der bereichs-
Bild 6 Beispiel für starke Radialrissbildung [Foto: Seewind]: a) Rissbild,
weise regelmäßige Abstand. Zumeist wurde als Ursache b) max. Rissbreite, c) Risssanierung mittels Injektion
für die Rissbildung eine unsachgemäße Betonherstellung Example important radial cracking: a) crack pattern, b) max. crack
angesehen, obgleich Betonsorten verwendet wurden, die width, c) repairing of cracks by injection
der DAfStb-Richtlinie Massige Bauteile aus Beton [6] ent-
sprachen, und die o. g. Nachbehandlung erfolgte.

2.4 Einfluss Betonrezeptur

Aufgrund der oftmals dezentralen Standorte der WEA im


ländlichen Raum wird für die Erstellung zumeist auf die
örtliche Lieferbetonindustrie zurückgegriffen. Im Vorfeld
müssen daher die Sorten gemäß Lieferverzeichnis fall­
weise abgestimmt werden. Wesentliche Anforderungen
hierbei sind:

– Einhaltung der erforderlichen Expositionsklassen


– Anpassung an DAfStb-Rili Massige Bauteile [6] durch
•  Reduzierung Zementgehalt
•  Einsatz von Flugasche
•  Erhöhung zul. w/z-Wert
•  Prüfalter 56d Bild 7 Beispiel für starke Umfangsrissbildung auf Oberseite [Foto: Seewind]
– Reduzierung max. Frischbetontemperatur Example important circumferential cracking on top surface

4 Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1


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Qpot hängt hierbei von der Bindemittelmenge ab und er-
gibt sich bei Berücksichtigung von Flugasche zu:

Q pot = C ⋅ QCsp + FA ⋅ QFA [kJ/m 3 ]. (2)

Hierbei ist C der Zementgehalt, FA der Flugaschegehalt


und QCsp resp. QFA die zugehörige spezifische Hydrata­
tionswärme in [kJ/kg].

Ist also der Hydratationsgrad α bekannt, so lässt sich


auch die Wärmefreisetzung Q(T(t)) und daraus die Tem-
peratur T(t) bestimmen. Für die zeitliche Entwicklung
von α wurde der Ansatz nach Jonasson [9] gewählt:

 n
  te   
Bild 8 Temperaturentwicklung beim Erhärten des Betons (3) 
α(t e ) = exp b ⋅ ln 1 +  
   t k   
Temperature development during hardening of concrete   

Die Zeitvariable te beschreibt hierbei das wirksame


Hierbei kamen für den üblichen C35/45 verschiedene Beton­alter einer vergleichbaren Hydratation bei isotherm
Hochofen-Zementsorten (CEM III/A 32,5 N; CEM III/A T = 20 °C und kann nach Freiesleben et al. [9] mittels der
42,5 N-NA) mit Flugaschezusatz zum Einsatz. Aktuell [7] Reaktions-Aktivierungsenergie der Betonsorte aus der
wurden auch verstärkt Zemente mit niedriger Hydrata­ Echtzeit t und der zugehörigen Temperatur T(t) berech-
tionswärme (LH-Zemente nach DIN EN 197) verwendet net werden. Die Parameter b, n und tk sind sortenabhän-
(CEM III/A 32,5 N-LH/NA; CEM III/A 42,5 N-LH/NA). gig zu bestimmen; tk beschreibt im Wesentlichen die
Die gewünscht niedrige Hydratationsgeschwindigkeit be- Dauer der Ruhephase. Da im Wesentlichen die Zuschlag-
dingt hierbei eine langsame Festigkeitsentwicklung, die stoffe die Wärmeleitfähigkeit λc und die spez. Stoffwärme
oftmals den Belangen des Bauzeitenplans entgegensteht. Cc des Betons bestimmen, wurden diese als konstant an-
gesetzt.
In Bild 8 ist eine typische gemessene Temperaturentwick-
lung in Fundamentmitte aufgezeigt. An der Oberflächen- Der Hydratationsgrad α kann gleichsam als Steuerwert
temperatur erkennt man trotz Bautenschutzfolie die ta- für die Entwicklung der mechanischen Stoffeigenschaften
geszeitlichen Außentemperaturschwankungen. Der obere Xi bis zu ihrem hypothetischen Endwert Xi,end bei α = 1
Messpunkt markiert den höherfesten Beton. Obgleich die angesehen werden [10]; der Hydratationsgrad α0 kenn-
Betontemperaturen im Kern nicht die Grenze von 60 °C zeichnet hierin das Ende der Ruhephase:
überschreiten, erkennt man erhebliche Differenzen, die
naturgemäß zu Eigenspannungszuständen führen. ni
 α − α0 
X i(α) = X i,end ⋅  
 1 − α0 
3 Modellbildung (4)
 1 für X = f (Zugfestigkeit)
3.1 Kontinuumsmechanisches Hydratationsmodell  i ct
n i  3/2 für X i = fc (Druckfestigkeit)
=
Zur eingehenden Untersuchung der o. g. Effekte wurde  1/2 für X i = E c (E-Modul)

ein räumliches Finite-Elemente-Modell entwickelt [8], mit
welchem die Vorgänge bis zur Rissbildung simulierbar Wie bereits aus den Gleichungen ersichtlich, bedarf es bei
waren. einer genaueren Berechnung einer Vielzahl von Kalibrie-
rungen und Parameterbestimmungen für die verwendete
Wesentliche Grundlage der Modellierung ist eine zu­ Betonsorte, was baupraktisch wegen der Vielzahl von
treffende Erfassung der Hydratationsvorgänge und deren verschiedenen Lieferwerken nicht umsetzbar ist. Zur
Auswirkungen auf die Bauteiltemperatur und die mecha- mehr qualitativ ausgerichteten Betrachtungsweise der
nischen Baustoffeigenschaften. Bei den vorliegenden Un- vorliegenden Problematik wurde daher auf charakteris­
tersuchungen wurden die „Braunschweiger Stoffmodelle“ tische Literaturwerte zurückgegriffen. Dies rechtfertigt
[9, 10] verwendet. Für die Abbildung des Hydratations­ auch die Verwendung der gegenüber dem Modelcode 90
grades α in Abhängigkeit von einem beliebigen Tempera- einfacheren Formulierung in Gl. (4).
turzeitverlauf T(t) wird die Proportionalität der Wärme-
freisetzung Q(T(t)) zum gesamten Wärmefreisetzungs­ Auf der sicheren Seite wurden viskose Kriechprozesse,
potenzial Qpot angenommen: welche die Eigenspannungen ggf. reduzieren, nicht simu-
liert. Gleichsam wurden keine Schwindprozesse betrach-
 Q(T(t)) tet. Wie noch gezeigt wird, hat die Verformungsbehinde-
α(T(t)) = ; 0 ≤ α ≤ 1. (1)
Q pot rung durch die Reibung zwischen Beton und Sauberkeits-

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schicht nur eine untergeordnete Bedeutung, sodass Effek- wurde vereinfachend ein nichtbindiger, dicht gelagerter
te aus Trocknungsschwinden zunächst nicht von Interesse Sand mit Reibungswinkel j = 30° angenommen.
waren.

3.3 Kalibrierung
3.2 Numerisches Modell
Anhand von Vergleichsberechnungen zu gebauten Fun-
Mithilfe eines strukturmechanischen, räumlichen Finite- damenten wurde das numerische Modell kalibriert. Hier-
Elemente-Modells wurden die transienten Vorgänge der bei zeigten sich beim Temperaturverlauf (Frischbetontem-
Erhärtung simuliert. Innerhalb der zur Verfügung stehen- peratur 20 °C) qualitativ recht gute Übereinstimmungen
den Programmmodule [11] wurden sowohl die nichtlinea- (Bild 8). Den Berechnungen wurden in Analogie zu den
ren Vorgänge der Kombination aus Wärmeentwicklung verwendeten Betonsorten die in Tab. 1 (Spalten 1a und 2)
und Hydratation als auch die zugehörigen Festigkeitsent- gezeigten, der Literatur entnommenen Materialkennwer-
wicklungen und Spannungszustände sukzessive in Zeit- te zugrunde gelegt.
schritten berechnet. Die verschiedenen thermischen
Randbedingungen wurden durch entsprechende Grenz-
schichten zum Boden, zur seitlichen Schalung, zu einer 4 Prozessauswertung
optionalen Wärmedämmung und zur Außenatmosphäre
modelliert. Die tageszeitlichen Lufttemperaturschwan- Aus der numerischen Simulation können bereits wesent-
kungen wurden durch eine Cosinusfunktion angenähert. liche Erkenntnisse gewonnen werden. Generell waren
die Temperaturverläufe mit den gemessenen vergleichbar
Der Fundamentbeton wurde als linear-elastisches Mate­ (Bild 8). Gegenüber den Messungen stieg die Temperatur
rial modelliert, dessen Materialkennwerte sich jedoch in im höherfesten Sockel bei der Berechnung stärker an.
Abhängigkeit vom Hydratationsgrad elementweise ent­ Dieser Bereich war jedoch nicht Gegenstand der Unter-
wickeln. Es wurde zwischen den beiden Betonsorten in suchungen.
Kreisplatte und Sockel unterschieden. Letzterer wurde
erst im Verlauf der Berechnung zugeschaltet, um den Es wurde eine über den Querschnitt inhomogene Tempe-
Bauablauf zu simulieren. Die Rissbildung an sich kann so raturverteilung festgestellt (Bild 9), die von den thermi-
nicht abgebildet werden. Eine Überprüfung derselben er- schen Randbedingungen abhängig war. Deutlich ist auch
folgte implizit über den Vergleich der erreichten Zug­ die höhere Temperatur des höherfesten Sockelbetons er-
festigkeit mit den vorhandenen Hauptzugspannungen. kennbar. Mit zunehmendem Betonalter nimmt die Tem-
Die Interaktion zwischen Fundament und Baugrund peratur nicht nur ab, sondern homogenisiert sich auch.
wurde mittels nichtlinearer, dreiachsialer Federelemente Die Temperaturgradienten führen erwartungsgemäß zu
mit Haft- und Gleitreibungsmöglichkeit modelliert. Es Eigenspannungszuständen mit Zugspannungen an der

Tab. 1 Grundlegende Materialkennwerte Beton


Fundamental material properties concrete

Beton 1a 1b 2
C35/45 C35/45 C50/60

Zement CEM III/A 32,5 N CEM III/A 42,5 N-LH/NA CEM III/A 42,5 N

C 330 kg/m3 295 kg/m3 390 kg/m3

QCsp 400 kJ/kg 330 kJ/kg 420 kJ/kg

Flugasche 70 kg/m3 90 kg/m3 60 kg/m3

QFA 35 kJ/kg 35 kJ/kg 35 kJ/kg

Wasser; (w/z)eq 172 kg/m3; 0,48 162 kg/m3; 0,49 176 kg/m3; 0,43

Qpot 134 450  kJ/m3 100 500  kJ/m3 165 900  kJ/m3

b; n; tk Gl. (3) –1; –1,15; 15 h –1; –1,15; 15 h –1; –1,5; 10 h

α0 Gl. (4) 0,2 0,2 0,2

λc 2,1 W/mK 2,1 W/mK 2,1 W/mK

Cc 1 050  J/kgK 1 050  J/kgK 1 050  J/kgK

fctm,end 3,2 N/mm2 3,2 N/mm2 4,1 N/mm2

Ec,end 34 000  N/mm2 34 000  N/mm2 37 000  N/mm2

6 Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1


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Bild 9 Temperaturentwicklung im Querschnitt bei numerischer Simulation
Temperature development in section from numerical simulation

Bild 11 Fundamentverformung aufgrund Temperaturdifferenzen (überhöht)


Foundation displacement due to temperature differences (enlarged)

Bild 10 Hauptspannungen nach 3 Tagen bei numerischer Simulation


Main stresses after 3 days from numerical simulation

Fundamentoberseite. Während am Außenrand die größ-


ten Spannungen in Umfangsrichtung auftreten, kommt es
im mittleren Bereich auch zu signifikanten Radialspan-
nungen (Bild 10). Dies lässt sich durch die Zwangsverfor-
mung des Fundaments erklären.
Bild 12 Zeitliche Entwicklung von Zugfestigkeit und Zugspannung am Rand
Time-history of tensile strength development and stresses on edge
Bedingt durch die vertikale Temperaturgradiente kommt
es zu einem Aufschüsseln der Kreisplatte entgegen dem
Eigengewicht (Bild 11). Dieses zwingt das Fundament selbst nach Rissbildung noch auftretende Zwangsverfor-
nach unten, wodurch Umfangs- und Radialzugspannun- mung in Umfangsrichtung, welche letztendlich für die
gen am oberen, äußeren Rand entstehen. Die horizontale entstehenden Rissbreiten von Bedeutung ist. In Bild 12
Gradiente bewirkt zudem ein Ausdehnen des Funda- ebenfalls erkennbar ist, dass sich die Zugspannungen
mentkernes (Bild 11), welches durch den kälteren Rand über die gesamte Fundamenthöhe einstellen. Die Wellen-
behindert wird. Hierdurch ergeben sich auf halber Funda- form der Verläufe rührt von den simulierten tageszeit­
menthöhe in Umfangsrichtung außen Zug- und innen lichen Temperaturschwankungen her.
Druckspannungen (Bild  10b). Die Zugspannungen in
Umfangsrichtung am äußeren Rand ergeben sich aus der Die ermittelten Spannungszustände passen qualitativ zu
Überlagerung der beiden Effekte (Bild 12). Nach Abküh- den festgestellten Rissbildungen (Bilder 6 und 7). Auch
lung des Betons nehmen die Umfangsspannungen am die Beobachtung der sich wieder schließenden Risse lässt
Rand wieder ab. Sobald die ermittelten Hauptzugspan- sich anhand der Berechnungen erklären. Aufgrund von
nungen die zu diesem Zeitpunkt entwickelte Zugfestig- Parameterstudien war zu klären, ob und inwiefern sich
keit des Betons erreichen, ist von einer Rissbildung aus- dieser Prozess mit dem Ziel der gänzlichen Vermeidung
zugehen, die jedoch im numerischen Modell nicht simu- von Rissen beeinflussen lässt.
liert wurde. In Bild 12 ist ersichtlich, dass sich zwar eine
schnelle Zugfestigkeitsentwicklung einstellt, diese jedoch
von den Randspannungen in Umfangsrichtung signifi- 5 Parameterstudien
kant übertroffen wird, sodass definitiv von einer Riss­ 5.1 Einfluss Betonrezeptur
bildung auszugehen ist. Die Zugspannungsentwicklung
oberhalb der Zugfestigkeit stellt sich im realen, gerisse- Die Bauteiltemperatur lässt sich mittels Betonrezeptur
nen Fundament nicht ein, markiert aber indirekt die am ehesten über die Hydratationswärme des Zements

Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1 7


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Bild 13 Zeitliche Entwicklung von Zugfestigkeit und Zugspannung am Rand bei verschiedenen Randbedingungen: a) oberer Rand, b) mittlerer Rand
Time-history of tensile strength development and stresses on edge under different boundary conditions: a) upper edge, b) middle edge

beeinflussen. Es wurde daher vergleichend ein bei WEA- Zudem ist die Applikation einer Dämmung und der Ver-
Fundamenten schon verbauter C35/45 angenommen bleib derselben über einen Zeitraum von bis zu 15 Tagen
(Tab. 1, Spalte 1b). Zur Erreichung der gewünschten baupraktisch sehr hinderlich, da die Fundamente in der
­Betonfestigkeitsklasse wurde hier ein höherfester LH-Ze- Regel kurz nach dem Ausschalen ihre Erdüberschüttung
ment mit einer maximalen Hydratationswärme QCsp(7 Ta- erhalten und die Turmmontage beginnt.
ge) ≤ 270 kJ/kg verwendet, der gleichzeitig geringer do-
siert wurde. Hieraus ergibt sich rechnerisch ein um ca.
25 % vermindertes Wärmefreisetzungspotential Qpot. Er- 5.3 Einfluss Bauteilgeometrie
wartungsgemäß wirkt sich die geringere Temperatur­
entwicklung positiv auf die Randspannungen aus, ein Bei einer Variation der Bauteilgeometrie im Rahmen der
Überschreiten der zeitlichen Zugfestigkeit kann jedoch verwendeten Fundamentgrößen (Bild 5) zeigte sich prin-
auch hierdurch nicht ausgeschlossen werden (Bild 13b). zipiell ähnliches Verhalten, die maximalen Zugspan-
Eine Rissbildung bleibt also wahrscheinlich. nungswerte traten jedoch mit zunehmender Bauteildicke
später auf (Bild 13).

5.2 Einfluss Wärmedämmung


5.4 Einfluss Reibung
Bild 14 stellt den Einfluss einer thermischen Kapselung
durch Aufbringung einer 2 cm starken Wärmedämmung Vergleichsberechnungen mit Reibungswinkeln j = 30°
auf der Fundamentoberseite dar. Durch die kleineren bzw. nur 5° zeigten, dass die Reibung zwischen Sauber-
Temperaturgradienten werden die Zwangsspannungen keitsschicht und Fundament erwartungsgemäß eine
signifikant verringert, sodass diese die Zugfestigkeitsent- ­untergeordnete Rolle spielt, da es sich primär um einen
wicklung fast nicht überschreiten (Bild 13). Gleichzeitig Eigenspannungszustand durch Aufschüsseln (Bild  11)
erwärmt sich jedoch die Kerntemperatur auf über 65 °C, und keine externe Verformungsbehinderung handelt.
was hinsichtlich potenziellen Ettringittreibens unvorteil-
haft ist.
6 Rissbreitenbeschränkung
6.1 Modell zur Rissbreitenberechnung

Die Abschätzung der mittleren rechnerischen Rissbreite


wk erfolgte zunächst nach Eurocode 2 [5]. Obgleich es
sich um ein Zwangsproblem handelt, werden die Glei-
chungen für die direkte Berechnung nach [5] Abs. 7.3.4
verwendet. Die Werte für Zugfestigkeit fct,eff und E-Mo-
dul Ec,eff wurden den numerischen Berechnungen für
den Zeitpunkt entnommen, an dem die Umfangszug-
spannung die Zugfestigkeitsentwicklung überschreitet
(Bild 12). Die Stahlspannung ss des Bewehrungsquer-
Bild 14 Temperaturentwicklung nach 2 Tagen ohne und mit Wärmedämmung schnitts As im Riss mit Randabstand d1 wurde aus der
Temperature development after 2 days without and with insulation freiwerdenden Betonzugkraft gemäß NA-D [5] für die

8 Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1


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e­ ffektive Betonfläche Ac,eff unter Beachtung der Bauteil- Da die nach Eurocode 2 mittels der Betonzugfestigkeit
dicke h berechnet: belastungsbasiert ermittelten Rissbreiten in Summe die
Gesamtbauteilverformungen oftmals überschreiten [12],
A c,eff fct,eff wurden Vergleichsrechnungen nach aktuellen Modellen
σ s = fct,eff ⋅ = unter Berücksichtigung der Verformungskompatibilität
As ρeff
[12, 13] durchgeführt. Es wird zwischen „Primär- und
(5)
  h  ­Sekundärrissen“ unterschieden: Primärrisse entstehen als
 2,5 d1 + 0,1 ⋅  − 5 ⋅ d1 Trennrisse aus dem globalen Rissprozess des Bauteil­
mit A c,eff = b ⋅ min   d1  .
 betons; die kleineren Sekundärrisse begleiten diese durch
 5 d1 die Verbundwirkung der Bewehrung bedingt, sodass sich
über den Abstand lcr von zwei Primärrissen der Breite wp
Eine Auswertung der Umfangszugspannung σt über die mit n Sekundärrisspaaren die integrale Verformung wbeh
Bauteilhöhe (Bild 12) rechtfertigt die Annahmen von annähernd zu
Gl.  (5). Eine weitere Abminderung der Zugspannungen
aufgrund von „Eigenspannungszuständen“ bzw. nicht­ w beh = w p ⋅ (1 + 0,9 ⋅ n) (7)
linearer Spannungsverteilungen erscheint nicht gerecht-
fertigt. Hiermit ergibt sich die rechnerische Rissbreite wk ergibt. Deren integrale Summe muss aus der Verträglich-
mit begünstigendem Ansatz des tension stiffening bei ge- keitsbetrachtung der behinderten, integralen Bauteilver-
gebenem Stabdurchmesser ds zu: längerung εbeh entsprechen:
m m
w k = sr,max ⋅ (εsm − εcm )

∑ w beh,i = ∑ ε beh,i ⋅ lcr,i . (8)
(6) i=1 i=1
 σ s ⋅ ds  σ s f  Es 
= ⋅  − 0,4 ⋅ ct,eff 1 + ⋅ ρeff   . Nach [12] ergibt sich die Primärrissbreite zu:
3, 6 ⋅ fc,eff  Es Es ⋅ ρeff  Ec,eff  

σ f  d
In Tab. 2 sind die entsprechenden Rechenergebnisse für  w p =  s − 0,39 ⋅ ct,eff  ⋅ 0,18 s (9)
E
 s ρeff ⋅ E s ρeff
die in Bild 5 dargestellten Bewehrungsführungen zusam-
mengefasst. Es wurde hierbei vereinfachend von einem
Reifegrad der Zugfestigkeit von αct = 0,7 ausgegangen.  σs f
mit = (1 + n ⋅ 0,3) ct,eff . (10)
Für beide Bewehrungstypen erweist sich die am oberen Es ρeff ⋅ Es
Rand vorhandene Umfangsbewehrung zur Rissbreiten­
beschränkung auf wk ≤ 0,3 mm als bei Weitem nicht aus- Wie bereits in [13] eingehend untersucht, sind die ent-
reichend. scheidenden Parameter zur Berechnung der Rissbreiten
der Primärrissabstand lcr und die Anzahl n der Sekundär-
risspaare. Insbesondere lcr ist bauteilgeometrieabhängig.
Tab. 2 Ermittlung der Rissbreiten wk nach Eurocode 2 [5] und [12]
Die in [12, 13] angegebenen Näherungen für Wände und
Calculation of crack width wk acc. to Eurocode 2 [5] und [12] Bodenplatten sind für die vorliegende Problematik der
Kreisplatte in Umfangsrichtung (Bild  11) nicht ohne
Fundament 1 (hoch) 2 (flach)
­Weiteres anwendbar. Es wird daher zur Bestimmung von
Beton C35/45 C35/45 lcr und n vereinfachend davon ausgegangen, dass die
fct,eff 2,24 N/mm2 2,24 N/mm2 Zwangskraft der mittleren Betonzugkraft Ft(t) in Um-
Ec,eff 27 200  N/mm2 27 200  N/mm2 fangsrichtung zum Zeitpunkt der Rissbildung entspricht.
h/d1 165 cm/7,25 cm 85 cm/7,25 cm
Hieraus ergibt sich die behinderte Betondehnung zu:
Ac,eff Gl. (5) 0,31 m2/m 0,23 m2/m
Ft(t) σ (t) ⋅ A c,eff f
Bewehrung ∅25–150 mm ∅25–250 mm ε beh = = t = ct,eff (11)
 Ec,eff ⋅ A c,eff Ec,eff ⋅ A c,eff Ec,eff
As; ρeff 32,7 cm2/m;  1,06 % 19,6 cm2/m;  0,85 %

Berechnung nach Eurocode 2 [5] Als zu bestimmende Freiwerte verbleiben jetzt die Anzahl
ss Gl. (5) 212,2 N/mm2 262,4 N/mm2 der Sekundärrisspaare n zwischen den Primärrissen und
sr,eff 0,66 m 0,81 m
die Anzahl der Primärrisse m über den äußeren Funda-
mentumfang. Aufgrund der Beobachtungen von Rissbil-
wk Gl. (6) 0,42 mm 0,64 mm
dungen an gebauten Fundamenten und aufgrund der Tat-
Berechnung nach Bödefeld [12] sache, dass zum Einstellen von mehr als einem Sekundär-
Sekundärrisspaare n 1 1 risspaar eine gewisse freie Verformung zwischen den
Primärrisse m; lcr 8; 9,5 m 5; 13,9 m ­Primärrissen nach dem Zeitpunkt der Erstrissbildung ge-
Gesamtrisszahl 24 15 geben sein muss, was aufgrund der Bauteilgeometrie mit
Primärriss ss Gl. (11) 275,9 N/mm2 341,1,9 N/mm2
Kontakt zum Boden nicht zutrifft, wird in Übereinstim-
mung mit [13] von n = 1 ausgegangen. Hieraus lassen sich
Primärriss wp Gl. (9) 0,41 mm 0,63 mm
mit Gln. (7), (8) und (11) der Primärrissabstand lcr und

Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1 9


J. Akkermann, S. Weiler: Risse in Fundamenten von Onshore-Windenergieanlagen

minimiert werden. Hierbei kann ggf. für die Rissbreiten-


bemessung ein Reifegrad von act ≤ 0,7 für die Zugfestig-
keit angesetzt werden, was eine Eignungsprüfung der
Sortenrezeptur bedingt. Die Verwendung einer zusätz­
lichen, signifikanten Wärmedämmung – sofern überhaupt
baupraktisch umsetzbar – muss im Einzelfall mit der
Betonsorte abgestimmt werden, um ein Überhitzen zu
­
vermeiden. Prinzipiell wirkt sie sich positiv aus.

7 Zusammenfassung und Ausblick

Die an WEA-Fundamenten häufig festgestellte Rissbil-


dung konnte anhand des kontinuumsmechanischen Hy­
dratationsmodells auf die temperaturbedingte Zwangs-
Bild 15 Rechnerische Rissbreitenentwicklung nach Ansatz [12] verformung (Bild 11) zurückgeführt werden. Betontech-
Calculated crack development acc. [12]
nologische Maßnahmen führen nicht zielsicher zu einer
Vermeidung der Risse, zumal sich die für eine Prognose-
berechnung notwendigen Betonparameter (Tab. 1) bau-
die korrespondierende Zahl an Primärrissen m bei Fun- praktisch nicht im Vorfeld komplett bestimmen lassen. Es
damentdurchmesser D ermitteln: sollte daher immer eine rissbreitenbeschränkende Be-
wehrung vorgesehen oder eine nachträgliche Rissabdich-
m ≈ π ⋅ (D − 2 ⋅ d1)/lcr (12) tung in Kauf genommen werden. Die den Verfassern vor-
liegenden Gebrauchstauglichkeitsnachweise und Ausfüh-
In Tab. 2 sind die so ermittelten Ergebnisse aufgezeigt, die rungspläne beinhalten die hierfür notwendigen Rissbrei-
sehr gut mit den Berechnungen nach Eurocode 2 korres- tenberechnungen und Bewehrungen nicht, wodurch die
pondieren. Es muss also davon ausgegangen werden, dass in situ oftmals festgestellten Rissbildungen (Bild 6) erklär-
es im vorliegenden Fall keine Verformungsüberschätzung bar sind. Es wird eine direkte Berechnung nach Eurocode
durch die Berechnung nach Eurocode 2 [5] gibt. Bild 15 2/NA-D [5], wie hier aufgezeigt, vorgeschlagen. Gleich-
zeigt zudem die hypothetische Rissbreitenentwicklung zeitig sollte eine Bewehrungsoptimierung (ggf. Verlage-
nach diesem Verfahren für die Annahmen m = 5 und rung an den Bauteilrand) vorgenommen werden.
n = 1 bzw. n = 2.
Die bereits stattfindenden Nachbehandlungen sollten für
die Oberflächenqualität beibehalten werden. Gleichzeitig
6.2 Empfehlung für die Bewehrung ist die Verwendung von LH-Betonen vorteilhaft. Aller-
dings lässt sich hierdurch alleine die beschriebene Rissbil-
Da, wie in den Parameterstudien festgestellt, selbst bei dung nicht zielsicher vermeiden. Zur genaueren Betrach-
Betonen mit niedriger Wärmeentwicklung während des tung des Einflusses von LH-Betonen bieten sich vertiefte
Hydratationsprozesses die Zwangsspannungen am Rand Parameterstudien an. Gleichzeitig sollte der Einfluss des
die Zugfestigkeit des jungen Betons überschreiten kön- Bauteilschwindens in das Modell integriert und studiert
nen, wird für den äußeren Fundamentrand (ca. 2–3 m) werden. Anhand umfassender statischer Berechnungen
eine Bemessung der rissbreitenbeschränkenden Umfangs- für die Grenzzustände der Tragfähigkeit und der Ge-
bewehrung nach den Vorgaben des Eurocode 2/NA-D [5] brauchstauglichkeit ließe sich die Bewehrungsverteilung
empfohlen. Gegebenenfalls kann bei genauerer Betrach- für die Rissbreitenbegrenzung ggf. umordnen und insge-
tung des Lastabtrages die bislang homogen verteilte Be- samt optimieren.
wehrung optimiert und in den notwendigen Bereichen
akkumuliert verlegt werden, ohne die Gesamtstahlmenge
zu verändern. Dank

Die Autoren danken Herrn Gerd Seel, SEEWIND Wind-


6.3 Empfehlungen für die Bauausführung energiesysteme GmbH, für die Anregung zu diesen Unter-
suchungen sowie die tatkräftige fachliche Unterstützung
Es wird weiterhin die Verwendung von LH-Betonen emp- bei der Herstellungsbeobachtung der Fundamente und
fohlen, da hierdurch die Zwangsverformungen prinzipiell die Bereitstellung von Mess- und Materialkennwerten.

10 Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1


J. Akkermann, S. Weiler: Cracks in foundations of onshore wind energy plants

FACHTHEMA  ARTICLE
Literatur

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themen/statistiken. [12] Bödefeld, J.: Rissmechanik in dicken Stahlbetonbauteilen
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gieanlagen. Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 8, Fassung Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 92 (2010).
2012. [13] Schlicke, D.: Mindestbewehrung zwangbeanspruchter Be-
 [3] DIN EN 61400-1:2011-08; VDE 0127-1:2011-08: Wind- tonbauteile unter Berücksichtigung der erhärtungsbeding-
energieanlagen – Teil 1: Auslegungsanforderungen. ten Spannungsgeschichte und der Bauteilgeometrie. TU
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Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton-
und Spannbetontragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemes-
Autoren
sungsregeln und Regeln für den Hochbau mit Nationalem
Anhang. Prof. Dr.-Ing. Jan Akkermann
 [6] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb-Richtlinie Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft
„Massige Bauteile aus Beton“. Beuth, Berlin, April 2010. Moltkestraße 30
76133 Karlsruhe
 [7] Hahn, A.; Geisenhanslücke, C.; Hannuschke, A.: Wind-
jan.akkermann@hs-karlsruhe.de
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tonbauteilen – Teil 2: Hydratation und Wärmefreisetzung. 76133 Karlsruhe
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[10] Rostásy, F.; Krauss, M.; Budelmann, H.: Planungswerk-
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tonbauteilen- Teil 3: Eigenschaften und Stoffmodelle. Bau-
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Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1 11

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