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Positionspapier

Kardiologe 2010 · 4:365–374 H.M. Hoffmeister · C. Bode · H. Darius · K. Huber · K. Rybak · S. Silber


DOI 10.1007/s12181-010-0294-y
© Deutsche Gesellschaft für Kardiologie -  
Herz- und Kreislaufforschung e.V.  
Published by Springer-Verlag -   Unterbrechung antithrombotischer
all rights reserved 2010
Behandlung (Bridging) bei
kardialen Erkrankungen
Positionspapier

Positionspapier Unterbrechung anti- Risiko-Nutzen-Abwägung für Zeitdauer und Intensität der Aufhe-
thrombotischer Behandlung (Bridging) ein periprozedurales Bridging bung der antithrombotischen Therapie
bei kardialen Erkrankungen sind vom Blutungsrisiko des Eingriffs be-
Herausgegeben vom Vorstand der   Die Unterbrechung einer antithrombo- stimmt: Generell sollte immer die Mög-
Deutschen Gesellschaft für Kardiologie –   tischen Therapie kann aus unterschied- lichkeit einer Fortsetzung der gerinnungs-
Herz- und Kreislaufforschung lichen Gründen notwendig werden, z. B. hemmenden Therapie periprozedural ge-
Bearbeitet im Auftrag der Kommission für zur Durchführung notfallmäßiger oder prüft werden. Kleinere Eingriffe können
Klinische Kardiologie:
U. Sechtem, H. Darius, H.R. Figulla, C. Hamm,
elektiver operativer bzw. interventioneller häufig ohne Therapieänderung durch-
G. Hasenfuß, H.M. Hoffmeister, I. Kruck, Eingriffe oder bei manifester bedrohlicher geführt werden (z. B. Zahnextraktionen;
G. Nickenig, K. Rybak Blutung. Für das Vorgehen sind verschie- . Tab. 1). Neurochirurgische oder an-
Korrespondierender Autor: dene Faktoren maßgeblich: Blutungsrisi- dere große Operationen (. Tab. 2) wei-
Prof. Dr. H.M. Hoffmeister, F.A.C.C., F.E.S.C. ko des Eingriffes, Ausmaß der erforder- sen dagegen bei fortgesetzter Antikoagu-
Klinik für Kardiologie und Allgemeine Innere lichen Gerinnungsnormalisierung, Ver- lation ein sehr großes Blutungsrisiko auf.
Medizin schiebbarkeit eines elektiven Eingriffes Für endoskopische Untersuchungen wie
Städtisches Klinikum Solingen  
bei einer nur vorübergehend indizierten die diagnostische Ösophagogastroduode-
gemeinnützige GmbH
Gotenstr. 1 antithrombotischen Therapie (z. B. 4 Wo- noskopie oder die flexible Sigmoidosko-
42653 Solingen chen duale Plättchenhemmung nach Im- pie bzw. die Koloskopie (alle jeweils mit
hoffmeister@klinikumsolingen.de plantation von Stents ohne Medikamente oder ohne Biopsie) wird ein geringes Blu-
freisetzende Beschichtung) oder Rever- tungsrisiko angegeben wie auch für die
Die Zahl der Patienten, die mit Thrombo- sibilität der Behandlung [z. B. von Vita- ERCP, Stentimplantationen in den Gal-
zytenfunktionshemmern in Mono- oder min-K-Antagonisten oder Acetylsalicyl- lengängen (ohne Sphinkterotomie), En-
Kombinationstherapie oder mit Antiko- säure (ASS); [1, 7, 8, 26]]. Nur auf der Ba- dosonographien ohne Feinnadelaspirati-
agulanzien behandelt werden, nimmt im- sis dieser Informationen ist eine risikoad- on und die Enteroskopie [44]. Ein hohes
mer weiter zu. Dies gilt auch für den Be- aptierte Überbrückungstherapie („Brid- Blutungsrisiko mit Erfordernis der Um-
darf an interventionellen oder operativen ging“) planbar. stellung der antithrombotischen Thera-
Eingriffen. Die Kombination dieser bei- Handelt es sich um elektive, nicht pie wird für Polypektomie, Papillotomie,
den Tendenzen führt dazu, dass sich sehr dringliche Eingriffe, so sollte bei nur vor- pneumatische Bougierungen/Dilatati-
häufig ein Erfordernis zur Abwägung zwi- übergehend erforderlicher antithrombo- onen, PEG-Anlagen, Feinnadelaspirati-
schen Thromboembolie- und Blutungsri- tischer Therapie der Eingriff möglichst on, Laserablation/-Koagulation und Va-
siko ergibt. Das optimale Vorgehen ist aus verschoben werden. Bei bereits abseh- rizenbehandlung angegeben [44]. Bezüg-
wissenschaftlicher Sicht noch nicht ausrei- baren später erforderlichen sonstigen lich der Implantation von Schrittmachern
chend geklärt. Das vorliegende Positions- Eingriffen ist für die kardiologische oder ist die Literatur widersprüchlich: Wäh-
papier soll daher unter Berücksichtigung herzchirurgische Intervention die Wahl rend einerseits die Bedeutung eines aus-
gegenwärtiger Leitlinien [1 – 5] und Publi- von Implantaten ohne oder mit nur kur- giebigen Bridging betont wird [38], sehen
kationen [16 – 44] Entscheidungshilfe für zer nachfolgender antithrombotischer andere Autoren bei hohem Thromboem-
eine individuelle Therapieplanung dar- Therapienotwendigkeit (z. B. Stents ohne bolierisiko die Möglichkeit der Implanta-
stellen. Aufgrund der aktuellen Datenlage Medikamente freisetzende Beschichtung, tion unter Vitamin-K-Antagonisten-The-
wurde im nachfolgenden Text auf die An- biologische Klappenprothesen etc.) zu be- rapie [34], sodass aufgrund dieser Daten-
gabe von Evidenz im Einzelnen verzichtet vorzugen [8, 26]. lage eine Individualabwägung erforder-
(regelhaft Evidenzgrad C). lich ist. Das Blutungsrisiko muss gegen

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Tab. 1  Operationen oder andere Ein- ßerdem dann ihrerseits Thromboembo- (. Tab. 3, 4) abschätzen [39]. Bei valvu-
griffe mit geringem Blutungsrisiko lien bedingen. lärem Vorhofflimmern (insbesondere ste-
Diagnostische Endoskopie Im Folgenden werden diese Aspekte nosierende Mitralklappenvitien) ist von
Kataraktoperation für die Behandlung mit oralen Antikoa- einem hohen Risiko auszugehen.
Dentalchirurgie/Zahnextraktion gulanzien (Vitamin-K-Antagonisten) und Patienten mit Zustand nach mecha-
Punktion komprimierbarer Gefäße mit Plättchenfunktionshemmern (ASS, nischem Herzklappenersatz haben ein
Dermatologische Chirurgie Clopidogrel, Prasugrel), basierend auf mittleres oder hohes Thromboembolie-
Hernienoperation dem Konsensus der Autorengruppe und risiko ohne Antikoagulation (. Tab. 4)
Skrotaloperation unter Berücksichtigung der anfangs ge- und wurden in mehreren Registern be-
Transösophageale Echokardiographie nannten Leitlinien, dargestellt. züglich der Anwendung von niedermo-
lekularen Heparinen untersucht [42, 43].
Tab. 2  Operationen oder andere Ein- Unterbrechung oraler Ein hohes Risiko existiert v. a. für ältere
griffe mit hohem Blutungsrisiko Antikoagulationstherapie Klappenprothesentypen, Doppelklappen-
Große Bauchoperation (Vitamin-K-Antagonisten) ersatz oder begleitendes Vorhofflimmern
Große Gefäßoperation (. Tab. 4). In Diskussion ist dagegen die
Große orthopädische Operation (z. B. Hüft- Die häufigsten Indikationen für die The- Antikoagulation nach biologischem Klap-
operation) rapie mit oralen Antikoagulanzien sind penersatz in den ersten 3 postoperativen
Große intrathorakale Chirurgie das Vorhofflimmern, der Zustand nach Monaten: Während die aktuelle herzchir-
Aortokoronare Bypassoperation mechanischem Herzklappenersatz und urgische Leitlinie das Thromboembolieri-
Herzklappenersatz die stattgehabte Thromboembolie/tie- siko für gering und eine Antiplättchenthe-
Neurochirurgische Operationen fe Beinvenenthrombose. Derzeit verfüg- rapie für ausreichend hält [14], wird diese
Prostataresektion, Blasenoperation bare Antikoagulanzien (Phenprocou- Situation in der ESC-Stellungnahme zur
Komplexe Tumorchirurgie mon, Warfarin, Acenocoumarol) unter- Antikoagulation [4] als hohes Risiko ein-
Punktion nichtkomprimierbarer Gefäße scheiden sich durch ihre Plasmahalb- gestuft. Da von einer zeitlichen Abnahme
wertzeit und Bioverfügbarkeit. Wenn auf- des Risikos mit zunehmendem Abstand
Tab. 3  CHADS2-Score zur Abschätzung grund des Eingriffes eine Gerinnungsnor- zur Operation auszugehen ist, wurde die-
des Thromboembolierisikos bei nicht- malisierung erforderlich ist, so muss der se Phase in . Tab. 4 als mittleres Risiko
valvulärem Vorhofflimmern: Die Score- Zeitraum vorherigen Absetzens an den je- klassifiziert (sodass nach individueller
Punkte der vorhandenen Risikofaktoren weiligen Vitamin-K-Antagonisten ange- Abschätzung verschiedene Antikoagula-
werden addiert, die Summe ergibt den passt werden (z. B. ca. 7 Tage bei Phen- tionsintensitäten anwendbar sind).
CHADS2-Score [39]
procoumon, ca. 5 Tage bei Warfarin und Bezüglich des Zustandes nach tiefer
CHADS2-Risiko-Kriterien Score ca. 3 Tage bei Acenocoumarol [1, 4]). In Venenthrombose/Lungenembolie ist in
Zustand nach Insult/TIA 2 Abhängigkeit vom Thromboembolierisi- . Tab. 4 eine Synthese der europäischen
Alter 1 ko kann bei geringem Blutungsrisiko des und amerikanischen Stellungnahmen [1,
Hypertonie 1 Eingriffes (. Tab. 1) aber auch eine mo- 4] dargestellt.
Diabetes mellitus 1 derate Absenkung der INR auf Werte von Prinzipiell ist die Gabe von Vitamin K
Herzinsuffizienz 1 1,8−2,0 für die Durchführung der Proze- (z. B. 1−2 mg oral [1]) zur beschleunigten
dur ausreichend sein. vollständigen Normalisierung der Gerin-
das thromboembolische Risiko der Auf- Drei Risikogruppen für eine peri- nung zurückhaltend einzusetzen, zudem
hebung der antithrombotischen Therapie operative Thromboembolie können nach ist dann zur Vermeidung thromboembo-
abgewogen werden dem jährlichen Thromboembolierisiko lischer Ereignisse eine Überlappung mit
Zu dem bestehenden thromboembo- für die Grunderkrankung ohne orale An- Heparin empfehlenswert. Die akute Anta-
lischen Risiko der Grunderkrankung [bei tikoagulationsbehandlung differenziert gonisierung einer Vitamin-K-Antagonis-
nicht valvulärem Vorhofflimmern z. B. werden [1]: ten-Therapie durch Zufuhr von Gerin-
durch den CHADS2-Score (. Tab. 3) ab- F Hochrisikogruppe (jährliche Throm- nungskomponenten sollte nur bei schwer-
schätzbar] kommen potenzielle thrombo- boembolierate unbehandelt >10%), wiegenden Blutungen erfolgen (unter eng-
embolische Risiken der Therapieumstel- F mittlere Risikogruppe (jährliche maschigen Laborkontrollen).
lung an sich (z. B. Ein-/Ausleitung ora- Thromboembolierate unbehandelt Bei niedrigem Thromboembolierisiko
ler Vitamin-K-Antagonisten-Therapie, 5–10%), kann perioperativ eine Pause der Antiko-
Überlappungsphasen mit verschiedenen F Niedrigrisikogruppe (jährliche agulation bis 1 Woche toleriert werden [8].
Antikoagulanzien) sowie das perioperativ Thromboembolierate unbehandelt In allen anderen Fällen muss eine Antiko-
erhöhte Thrombose-/Embolierisiko. Ins- <5%). agulation mit unfraktioniertem oder be-
gesamt überwiegt aber perioperativ eher vorzugt niedermolekularem Heparin er-
das Blutungsrisiko; eine evtl. erforder- Für Patienten mit nichtvalvulärem Vor- folgen.
liche antagonistische Behandlung bei sol- hofflimmern lässt sich das thromboem-
chen perioperativen Blutungen kann au- bolische Risiko über den CHADS2-Score

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Tab. 4  Risikoabschätzung für thromboembolische Ereignisse in Abhängigkeit von der Grunderkrankung


Nichtvalvuläres Vorhofflimmern
Thromboembolisches Risiko
Gering Mittel Hoch
CHADS2-Score CHADS2-Score CHADS2-Score
0–2 3 und 4 5 und 6
(Keinesfalls eine frühere Zerebrale Ischämie in den letzten 3 Monaten
zerebrale Ischämie)
Zustand nach Herzklappenoperation
Thromboembolisches Risiko
Gering bis mittel Mittel Hoch
Doppelflügel-Aortenklap- Doppelflügel-Aortenklappenprothese und ein zusätzlicher Risi- Mechanischer Mitralklappenersatz
penprothese (≥3 Monate) kofaktor (Vorhofflimmern, Hochdruck, Diabetes mellitus, Herzin- Kippscheiben- und ältere Herzklappenprothesen
bei Sinusrhythmus ohne suffizienz, Alter ≥75 Jahre, Zustand nach zerebraler Ischämie) Doppelflügel-Aortenklappenprothesen und mehr als einer
weitere Risikofaktoren Biologische Herzklappenprothese oder Herzklappenrekonstruk- der nebengenannten Risikofaktoren  
tion in den ersten 3 postoperativen Monaten bei Sinusrhythmus Doppelklappenersatz
Biologische Mitralklappenprothese mit Vorhofflimmern
Tiefe Venenthrombose/Embolie
Thromboembolisches Risiko
Gering Mittel Hoch
Venöse Thromboembolie Venöse Thromboembolie Venöse Thromboembolie innerhalb der letzten 3 Monate
≥12 Monate zurückliegend 3–12 Monate zurückliegend Venöse Thromboembolie mit Lungenembolie innerhalb
Wiederholte Thromboembolie der letzten 6–12 Monate oder bei erheblicher Thrombo-
Zustand nach Thromboembolie bei aktivem Krebsleiden philie (z. B. Antithrombinmangel, Antiphospholipidanti-
(Palliativsituation oder Behandlung ≤6 Monate zurückliegend) körper oder vergleichbare Konstellation)
Mod. nach [1, 4].

Tab. 5  Risikoadaptation der Intensität der Überbrückungstherapie bei Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten
Thromboembolisches Risiko
Gering Mittel Hoch
Niedermolekulares Heparin in Thromboem- Niedermolekulares Heparin in therapeutischer (oder halbthe- Niedermolekulares Heparin in thera-
bolieprophylaxedosis bzw. unfraktioniertes rapeutischer) Dosis oder bei hohem Blutungsrisiko in Throm- peutischer Dosis bzw. unfraktioniertes
Heparin in Thromboembolieprophylaxedosis boembolieprophylaxedosis bzw. unfraktioniertes Heparin in Heparin in Standarddosis
entsprechender Dosierung

Tab. 6  Periprozeduraler Ablauf der Überbrückungstherapie bei Vitamin-K-Antagonisten (am Beispiel Phenprocoumon) durch niedermo-
lekulare Heparine bei Eingriffen mit geringem oder hohem Blutungsrisiko. Bei Niereninsuffizienz (optional wenn glomeruläre Filtrationsra-
te <60 ml/min/1,73 m2; auf jeden Fall wenn <30 ml/min/1,73 m2) sollte niedermolekulares Heparin durch unfraktioniertes Heparin ersetzt
werden
Eingriffe mit geringem Blutungsrisiko Eingriffe mit hohem Blutungsrisiko
– Fortführung der Vitamin-K-Antagonisten-Therapie – Absetzen der Vitamin-K-Antagonisten-Therapie und Weiterbehandlung mit niedermolekularem
(INR im niedrig therapeutischen Bereich halten) Heparin entsprechend dem thromboembolischen Risiko (Gering-, Mittel- oder Hochrisikoschema)
Mod. nach [4].

Tab. 7  Periprozeduraler Ablauf der Überbrückungstherapie bei Vitamin-K-Antagonisten (am Beispiel Phenprocoumon) durch niedermo-
lekulare Heparine bei Patienten mit geringem bzw. hohem Thromboembolierisiko und hohem Blutungsrisiko. Bei Niereninsuffizienz (op-
tional wenn glomeruläre Filtrationsrate <60 ml/min/1,73 m2; auf jeden Fall wenn <30 ml/min/1,73 m2) sollte niedermolekulares Heparin
durch unfraktioniertes Heparin ersetzt werden
Geringes thromboembolisches Risiko Hohes thromboembolisches Risiko
– Vitamin-K-Antagonisten-Therapie bis 7 Tage vor dem Eingriff – Vitamin-K-Antagonisten-Therapie bis 7 Tage vor dem Eingriff
– Niedermolekulares Heparin zur Thromboembolieprophylaxe – Beginn von niedermolekularem Heparin in therapeutischer Dosis entsprechend
periprozedural INR-Kontrolle vor dem Eingriff (24 h vor dem Eingriff letzte Gabe)
– Wiederbeginn der Vitamin-K-Antagonisten-Gabe innerhalb 24 h – Niedermolekulares Heparin zur Thromboembolieprophylaxe periprozedural
und Absetzen des niedermolekularen Heparins, wenn INR im – Wiederbeginn der Vitamin-K-Antagonisten-Gabe innerhalb 24 h und niedermo-
therapeutischen Bereich (evtl. Halbdosistherapie mit niedermo- lekulares Heparin in therapeutischer Dosis (soweit möglich nach chirurgischer
lekularem Heparin bei gering bis mittlerem Risiko ab 48 h posto- Maßgabe)
perativ bis zum therapeutischen INR) – Absetzen der niedermolekularen Heparine, sobald INR im therapeutischen Bereich
Mod. nach [4].

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Zusammenfassung · Abstract

Unfraktioniertes Heparin Kardiologe 2010 · 4:365–374  DOI 10.1007/s12181-010-0294-y


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Springer-Verlag - all rights reserved 2010
Unfraktioniertes Heparin zur periproze-
duralen antithrombotischen Überbrü- H.M. Hoffmeister · C. Bode · H. Darius · K. Huber · K. Rybak · S. Silber
ckung hat den Vorteil des schnellen Ab- Unterbrechung antithrombotischer Behandlung (Bridging)
klingens der Wirkung (sowie der Mög- bei kardialen Erkrankungen. Positionspapier
lichkeit der Antagonisierbarkeit) im Fal-
le perioperativer Blutungen, es kann zu- Zusammenfassung
dem auch bei Niereninsuffizienz einge- Für operative oder interventionelle Proze- Risiko periprozedural die antithrombotische
duren muss bei Patienten mit kardialen Er- Therapie unterbrochen oder zumindest in
setzt werden. Aufgrund seiner pharma-
krankungen und antithrombotischer Thera- sehr reduzierter Dosis durchgeführt werden
kologischen Eigenschaften erfordert es pie (Antikoagulation oder Plättchenfunkti- kann, sind bei hohem thromboembolischem
aber häufigere Gerinnungskontrollen onshemmer) das periprozedurale Manage- Risiko periprozedural Umstellungen der an-
und wegen ungünstiger Resorptionsei- ment (Bridging) unter Berücksichtigung des tithrombotischen Therapie unter Akzeptanz
genschaften nach s.c.-Gabe zumeist eine thromboembolischen Risikos und der Blu- eines erhöhten Blutungsrisikos erforderlich.
intravenöse Behandlung (aPTT 1,5.- bis tungsgefahr geplant werden. Von der Dring- Berücksichtigt werden sollte, dass das viel-
lichkeit der Prozedur hängt es ab, ob ein so- fach angeführte Blutungsrisiko häufig nur
2-fach verlängert). Subkutane Konzepte
fortiger Eingriff, ein semielektiver Eingriff kleinere beherrschbare Blutungen umfasst,
mit z. B. 250 IE/kg unfraktioniertem He- oder ein elektives Vorgehen indiziert ist. während potenzielle thromboembolische Er-
parin s.c. [1] sind noch zu wenig kontrol- Dringlich indizierte Notfalleingriffe müssen eignisse zu gravierenden Krankheitszustän-
liert, als dass sie empfohlen werden kön- ggf. unter der aktuellen antithrombotischen den führen können. Andererseits gibt es Pro-
nen. Intravenöses unfraktioniertes Hepa- Therapie durchgeführt werden. Eine elek- zeduren mit sehr hoher und schlecht be-
rin sollte 4 h vor einer Prozedur termi- tive Prozedur könnte, sofern die Antikoagu- herrschbarer Blutungsgefahr, sodass in sol-
lation oder Plättchenfunktionshemmung nur chen Fällen eher ein mäßig erhöhtes throm-
niert werden [13]. für einen absehbaren Zeitraum erforderlich boembolisches Risiko akzeptiert werden
ist, dann auf die Zeit nach einer antithrombo- muss. Insofern ist zur optimalen Planung des
Niedermolekulares Heparin tischen Therapie verschoben werden. Wenn periprozeduralen Gerinnungsmanagements
möglich, sollte diese Problematik einer in nä- die Kooperation der beteiligten Fachdiszipli-
Für niedermolekulares Heparin ist die herer Zukunft erforderlichen Operation schon nen unabdingbar.
beim Ersteingriff mit nachfolgender Anti-
Datenlage bezüglich Bridging im Ver-
thrombose hinsichtlich der Auswahl einer Schlüsselwörter
gleich zum unfraktionierten Heparin Klappenprothese oder eines Stenttyps be- Antithrombotische Therapie ·  
durch größere Register deutlich besser. rücksichtigt werden. Bei allen übrigen Fällen Periprozedurales Management ·  
Thromboembolische Ereignisse sind da- muss das thromboembolische Risiko gegen Antikoagulation · Überbrückende  
bei mit niedermolekularem Heparin in das Blutungsrisiko abgewogen werden. Wäh- Gerinnungstherapie ·  
<1% zu erwarten, größere Blutungen zwi- rend bei niedrigem thromboembolischem   Thrombozytenfunktionshemmung
schen 0 und 7% in Abhängigkeit von der
Art des Eingriffes. Erwähnt werden muss Bridging of Antithrombotic Therapy in Patients
allerdings, dass bislang keines der auf dem with Cardiovascular Disease. Position paper
Markt befindlichen niedermolekularen
Heparine für die Indikation „Bridging“ Abstract
zugelassen ist. In patients who need antithrombotic thera- boembolism should be balanced: In patients
py for cardiovascular diseases (anticoagulants at low risk for a thromboembolic event, ces-
Niedermolekulare Heparine können or antiplatelet therapy) perioperative consid- sation of effective antithrombotic therapy is
im Regelfall gewichtsadaptiert 2-mal täg- eration of the bridging strategy is mandato- reasonable. However, patients with interme-
lich s.c. ohne Gerinnungskontrollen ein- ry. The risks of thromboembolism and bleed- diate to high risk for thromboembolic events
gesetzt werden (z. B. Enoxaparin 1 mg/ ing have to be taken into account. Periproce- need specific bridging treatment depend-
kg 2-mal täglich, Dalteparin 100 IE/kg 2- dural management depends on the urgency ing on the risk of bleeding. Continuation of
of the procedure. In emergency cases the op- antithrombotics often increases just the risk
mal täglich u. a. [1]). Es kann zwischen ei-
eration has to be done in spite of antithrom- of mild to intermediate bleeding, but it pre-
ner Volldosisantikoagulation (= therapeu- botic therapy. In patients who need anti- vents occurrence of life-threatening throm-
tische Dosis entsprechend Zulassungs- thrombotics only for a limited period of time, boembolic events. For optimal periprocedur-
angabe) äquivalent einer INR von 2,5– an elective procedure could be performed af- al treatment of patients on anticoagulants or
3,2 oder einer Halbdosisantikoagulation ter the time of anticoagulation or dual anti- antiplatelet therapy cooperation of the medi-
(halbe Menge der Volldosis entsprechend platelet therapy. If heart valve replacement cal disciplines involved is mandatory.
or coronary stenting is performed in a patient
INR um ca. 2,0) unterschieden werden.
with known future need of an elective proce- Keywords
Bei Halbdosistherapie wird auch die 1- dure, devices should be preferred for implan- Antithrombotic therapy · Bridging ·  
mal tägliche Gabe verwendet [27], ohne tation which need antithrombotics only for a Anticoagulation · Antiplatelet therapy ·  
dass ein prospektiver Vergleich zur 2-mal short time post implantation. In all other cas- Periprocedural management
täglichen Gabe vorliegt. Für das Halbdo- es the risk of bleeding and the risk of throm-
sisschema bei niedrigem bis mittlerem

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Positionspapier

Tab. 8  Risikofaktoren für eine Stentthrombose nach Implantation unbeschichteter oder die aPTT, sondern nur über die Bestim-
Medikamente freisetzender Koronarstents mung der Anti-Faktor-Xa-Aktivität erfol-
Angiographische bzw. prozedurale Risikofaktoren für eine Stentthrombose gen und sollte besonders bei Risikopati-
– Kleine Gefäße enten erwogen werden.
– Lange Stents, multiple Stents, überlappende Stents Über den für eine Gerinnungsnor-
– Multiple Läsionen, Mehrgefäßerkrankung, Mehrgefäß-PCI malisierung notwendigen zeitlichen Ab-
– Ostiale und Bifurkationsstenosen stand zwischen der letzten Gabe nieder-
– Ungenügende Aufdehnung der Koronararterie, inkomplette Stententfaltung molekularen Heparins und dem Eingriff
– Verbliebenes Restdissekat liegen unterschiedliche Daten vor [18, 20,
– Persistierender langsamer Blutfluss 21]: 24 h Abstand mit Reduktion der letz-
– Vorbestehende intrakoronare Thromben ten Dosis auf die Hälfte sind zu bevorzu-
– Vorausgegangene intrakoronare Brachytherapie gen [1].
Patientenbezogene Risikofaktoren für eine Stentthrombose Trotz der Einschränkungen bei eini-
– Unzuverlässige Einnahme/vorzeitiges Absetzen der dualen Thrombozytenaggregtionshemmung gen Patientengruppen hat sich die Über-
– Akutes Koronarsyndrom oder vorausgegangener Myokardinfarkt brückung mit niedermolekularem Hepa-
– Diabetes mellitus
rin als gut praktikabel gezeigt. Sie hat sich
aufgrund der kalkulierbaren Antikoagu-
– Erniedrigte linksventrikuläre Auswurffraktion
lation bereits zu Therapiebeginn wie auch
– Niereninsuffizienz
wegen der größeren Mobilität der Pati-
– ASS- und/oder Clopidogrel-„Resistenz“
enten bei s.c.-Gabe als zu bevorzugende
Mod. nach [2].
Alternative zu unfraktioniertem Hepa-
Tab. 9  Planung von PCI und Operation zur Verhinderung von Stentthrombosen rin erwiesen [1, 8, 20, 22, 23, 27]. Dieses
Vorgehen ist nach der aktuellen US-ame-
PCI oder Operation verschiebbar?
– Vermeidung einer präoperativen PCI mit Stentimplantation in den letzten 6 Wochen vor geplanter rikanischen Leitlinie [1] inzwischen auch
Operation für das Bridging bei Patienten mit me-
– Wenn PCI, dann nach Möglichkeit ohne Stentimplantation chanischem Herzklappenersatz anwend-
– Bei Stentimplantation Bevorzugung eines unbeschichteten Stents bar, allerdings favorisierte die letzte eu-
– Alternativ: Verschiebung der Operation (≥4 Wochen nach BMS, ≥6 Monate nach DES), um vorzei- ropäische Leitlinie noch unfraktioniertes
tige Unterbrechung der dualen Plättchenhemmung zu vermeiden
Heparin [15].
Bei unaufschiebbaren Operationen
Auch letztere Leitlinie lässt aber die
– Soweit möglich, keine Unterbrechung der dualen Plättchenhemmung
– Ansonsten ASS-Monotherapie und für einige Tage (unter stationären Bedingungen möglichst mit Verwendung von niedermolekularem
PCI-Bereitschaft im Haus) Absetzen von Clopidogrel/Prasugrel Heparin bei Zustand nach Herzklappen-
– Diskussion evtl. präoperativer Gabe von Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren mit kurzer Halbwertzeit ersatz zu [15]. Bei hohem thromboem-
bei Patienten mit hohem koronarem Risiko (Individualentscheidung – keine gesicherte Datenlage) bolischem Risiko wird die gewichtadap-
– Generell sollten operative Eingriffe bei Patienten nach Stentimplantation unter dualer Plättchen- tierte 2-mal tägliche Dosis zur Vollantiko-
inhibition bei Absetzen Letzterer nur in Zentren durchgeführt werden, an denen eine interventio-
nelle kardiologische Abteilung verfügbar ist
agulation empfohlen. Patienten mit nied-
rigerem Risiko (. Tab. 4) sind nach ers-
Vollständige Beendigung der dualen Plättchenhemmung kurz nach PCI, d. h. in den ersten 4 Wochen ten Registerdaten aber auch mit Halbdo-
nach unbeschichtetem Stent bzw. in den ersten ca. 3–6 Monaten nach Implantation eines Medika-
mente freisetzenden Stents wegen des dann erhöhten Myokardinfarktrisikos vermeiden (anderen- sisschemata behandelt worden [43]. Eine
falls intensive Überwachung und Gewährleistung einer PCI-Möglichkeit). Unter Berücksichtigung risikoadaptierte Therapie als Mittel- oder
der . Tab. 8 ist u. U. auch von einer längeren Hochrisikophase für Stentthrombosen bei Vorliegen Hochrisikoschema sollte entsprechend
entsprechender Kriterien auszugehen . Tab. 5 für die periprozedurale Periode
Grundsätzlich durchgeführt werden, der zeitliche Ablauf
Antikoagulanzien können Plättchenfunktionshemmer nicht ersetzen ist in . Tab. 6 und 7 beschrieben.
Mod. nach [2, 3].
Sonstige Antikoagulanzien

Thromboembolierisiko liegen bisher we- tionierten Heparins ersetzt werden. Für Ausreichende Bridging-Erfahrungen
nige Daten vor. deutliches Über- und Untergewicht lie- für das 1-mal täglich s.c. zu applizieren-
Bei Niereninsuffizienz besteht für nie- gen nur wenige Daten für niedermole- de Fondaparinoux gibt es bislang nicht,
dermolekulare Heparine das Risiko einer kulares Heparin vor. Bei hohem Lebens- ebenso wenig wie für Argatroban, Lepiru-
Kumulation. Daher sollte bei einer glo- alter (z. B. >75 Jahre) sollte die gewichts- din, Dabigatran und Rivaroxaban.
merulären Filtrationsrate <30 ml/min/ adaptierte s.c.-Dosis des niedermoleku-
1,73 m2, optional bei <60 ml/min/1,73 m2, laren Heparins auf ca. 75% reduziert wer-
niedermolekulares Heparin durch ent- den. Eine Gerinnungskontrolle kann bei
sprechende Therapieschemata unfrak- niedermolekularem Heparin nicht über

370 |  Der Kardiologe 5 · 2010


Positionspapier
Operative Eingriffe bis 4 Wochen nach BM-Stentimplantation
bzw. <12 Monate nach DE-Stentimplantation kant von schwereren Blutungsereignissen
[13, 25, 41]) erfolgen.
Für eine duale Plättchenhemmung
(ASS in Kombination mit Clopidogrel)
besteht eine wesentliche Therapieindika-
elektiver Eingriff dringlicher Eingriff
tion bei Patienten in den ersten 12 Mona-
ten nach akutem Koronarsyndrom, auch
ohne eine Stentimplantation [5, 6]. Pro-
periop. duale periop. duale Periop. duale spektive Studien zum „Bridging“ gibt es
Plättchenhemmung Plättchenhemmung Plättchen- hierfür nicht. Mit zunehmendem Abstand
kontinuierlich nicht oder nur mit hemmung
vom Indexereignis einerseits und anhal-
problemlos möglich erhöhtem Risiko kontinuierlich
möglich problemlos tender Stabilisierung der koronaren Herz-
möglich erkrankung andererseits vermindert sich
das Risiko einer Unterbrechung der du-
alen Plättchenhemmung. Bei dann sin-
Eingriff durchführbar Eingriff > 4 Wochen ja
kendem koronarem Ereignisrisiko sollten
nein
(optimal 3 Monate) Eingriffe ohne wesentlich erhöhtes Blu-
nach BM-Stent bzw. 6- tungsrisiko (. Tab. 1, 2) auch nach Ab-
12 Monate nach DE-
Stent-Implantation
setzen nur von Clopidogrel (7 Tage zu-
verschieben vor; zur Verringerung des höheren Blu-
tungsrisikos einer dualen Plättchenhem-
Duale Plättchen-
mung) unter Fortsetzung der ASS-Thera-
Bridging vergl.
hemmung Tab. 8 pie durchgeführt werden.
periop. fortsetzen für Stent- Die zweite häufige Indikation für eine
Thrombose-
duale Plättchenhemmung in der kardio-
Risikofaktoren
und Tab. 9 zur vaskulären Medizin ist die koronare Stent-
Bridgingplanung. implantation (ASS mit Clopidogrel oder
Baldmöglichst
Prasugrel). Die empfohlene Therapie-
Wiederauf-
nahme der dauer beträgt 4 Wochen nach Implanta-
dualen tion eines Stents ohne Medikamente frei-
Plättchen-
setzende Beschichtung und zumindest
hemmung
6(−12) Monate nach Implantation eines
Medikamente freisetzenden Stents [2, 3,
26]. In der aktuellen Leitlinie der Europä-
Abb. 1 8 Perioperative plättchenfunktionshemmende Therapie
ischen Gesellschaft für Kardiologie wird
zur optimalen Vermeidung perioperativer
Risikoadaptation Unterbrechung koronarer Ereignisse nach Implantation
plättchenhemmender Therapie eines Stents ohne Medikamente freiset-
Prinzipiell sollte bei hohem thrombo- (ASS, Clopidogrel, Prasugrel) zende Beschichtung sogar ein Zeitraum
embolischem Risiko bevorzugt nieder- bis 3 Monate empfohlen, während dessen
molekulares Heparin s.c. (oder unfrakti- Bei stabiler koronarer Herzkrankheit eine duale Plättchenhemmung durchge-
oniertes Heparin i.v.) in therapeutischer (d. h. seit 1 Jahr kein akutes Koronarsyn- führt und eine elektive Operation vermie-
Dosis eingesetzt werden(. Tab. 5). Bei drom) oder anderen Arteriosklerosema- den werden sollte [13].
moderatem thromboembolischem Risi- nifestationen kann eine orale plättchen- Die . Tab. 8 fasst die wesentlichen kli-
ko kann niedermolekulares Heparin in hemmende Therapie mit ASS oder Clo- nischen und koronaren Risikomerkmale
therapeutischer Dosis (alternativ unfrak- pidogrel bei elektiven Operationen peri- für eine Therapieunterbrechung einer du-
tioniertes Heparin i.v.) oder in Abhän- operativ ausgesetzt werden (7 Tage prä- alen Plättchenhemmung nach Stentim-
gigkeit vom Blutungsrisiko in Halbdosis operativ beginnend). Wegen des dadurch plantation zusammen. Noch nicht geklärt
oder in Thromboembolieprophylaxedosis dann erhöhten perioperativen kardiovas- ist, ob ein möglicher „Rebound“ [24] bei
eingesetzt werden. Bei niedrigem throm- kulären Ereignisrisikos sollte dies aber gleichzeitiger Beendigung der Gabe bei-
boembolischem Risiko kann niedrig do- nur nach kritischer Risiko-Nutzen-Ab- der Plättchenhemmer durch ein sequen-
siertes niedermolekulares Heparin s.c. wägung bezüglich der häufig nicht so re- zielles Vorgehen beim Absetzen günstig
(= Thromboembolieprophylaxedosis) ge- levanten Blutungsgefahren (unter Plätt- beeinflusst werden kann. Nach Stentim-
geben werden [1]. Bezüglich Schema und chenhemmern zwar Zunahme der Häu- plantation kann bei Notfalleingriffen in-
Therapiezeitraum s. . Tab. 6 und 7. figkeit von Blutungen, aber nicht signifi- nerhalb des Zeitraumes einer eigentlich
erforderlichen dualen Plättchenhemmung

372 |  Der Kardiologe 5 · 2010


auch eine alleinige Gabe von einer plätt- Für Vitamin-K-Antagonisten ist das   5. Bassand JP, Hamm CW, Ardissino D et al (2007)
Guidelines for the diagnosis and treatment of non-
chenhemmenden Substanz zur Überbrü- Vorgehen in . Tab. 7 dargestellt. Bei ST-segment elevation acute coronary syndromes.
ckungsbehandlung erwogen werden, so- moderatem Thromboembolierisiko ist Eur Heart J 28:1598–1660
fern das Blutungsrisiko des Eingriffs nicht auch eine überlappende Halbdosisthera-   6. Van de Wef F, Bax J, Betriu A et al (2008) Manage-
ment of acute myocardial infarction in patients
sehr groß ist und der potenzielle Ver- pie mit niedermolekularem Heparin statt presenting with persistent ST-segment elevation.
schluss des Koronarstents auf einer Über- einer volltherapeutischen Dosis bis zur Eur Heart J 29:2909–2945
wachungsstation ohne größeres Risiko in Ziel-INR möglich. In Abhängigkeit vom   7. Silber S, Albertsson P, Avilès F et al (2005) Guide-
lines for percutaneous coronary interventions. Eur
Kauf genommen werden kann. Vor Been- Blutungsrisiko wird eine verzögerte the- Heart J 26:804–847
digung einer dualen Plättchenhemmung rapeutische Heparingabe erst ab 24–72 h   8. Fuster V, Rydèn LE, Cannorn DS et al (2006) ACC/
sollte daher immer geprüft werden, ob postoperativ empfohlen [28, 35, 36, 37]. AHA/ESC 2006 guidelines for the management of
patients with atrial fibrillation-executive summary.
die Risiko-Nutzen-Abwägung nicht zu- Eur Heart J 27:1979–2030
mindest die perioperative Beibehaltung Zusammenfassung   9. Fleisher LA, Beckman JA, Brown KA et al (2007)
wenigstens einer plättchenhemmenden Guidelines on perioperative cardiovascular evalu-
ation and care for noncardiac surgery. Circulation
Substanz erlaubt. Zur Planung des optimalen Vorgehens 116:1971–1996
Die . Tab. 9 und . Abb. 1 stellen bei einer evtl. erforderlichen Unterbre- 10. Grines CL, Bonow RO, Casey DE et al (2007) Pre-
die empfohlene Vorgehensweise für die chung einer antithrombotischen Thera- vention of premature discontinuation of dual an-
tiplatelet therapy in patients with coronary artery
Eingriffsplanung und das perioperative pie sollte das periprozedurale Vorgehen stents. Circulation 115:813–818
„Bridging“ dar. Grundsätzlich ist anzu- gemeinsam von den Beteiligten (Kardi- 11. King SB III, Smith SC, Hirshfeld JW et al (2008) 2007
merken, dass die Gabe von Heparin (un- ologe einschließlich Interventionalist, focused update of the ACC/AHA/SCAI 2005 guide-
line update for percutaneous coronary interventi-
fraktioniertes Heparin oder niedermole- Operateur, Anästhesist) unter den As- on. Circulation 117:261–299
kulares Heparin) keinen Ersatz für die feh- pekten zeitliche Dringlichkeit des Ein- 12. Antman EM, Hand M, Armstrong PW et al (2008)
lende Plättchenhemmung darstellt [10, 25, griffes, Blutungswahrscheinlichkeit in 2007 focused update of the ACC/AHA 2004 guide-
lines for the management of patients with ST-ele-
33]. Ebenso wenig ist die Gabe von Glyko- Relation zum Ausmaß der erforderlichen vation myocardial infarction. Circulation 117:296–
protein-IIb/IIIa-Inhibitoren als Ersatz für antithrombotischen Therapie, Gefähr- 329
pausierte Plättchenhemmer wissenschaft- dung des Patienten durch potenzielle 13. Poldermans D, Bax JJ, Boersma E et al (2009) Gui-
delines for pre-operative cardiac risk assessment
lich belegt [1]. Im Einzelfall wurde aller- Blutungen sowie Prüfung möglicher Al- and perioperative cardiac management in non-
dings berichtet, dass durch Gabe kurz- ternativeingriffe mit geringerem Blu- cardiac surgery. Eur Heart J 30:2769–2812
wirksamer Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibi- tungsrisiko festgelegt werden. Zudem 14. Dunning J, Versteegh M, Fabbri A et al (2008) Gui-
delines on antiplatelet and anticoagulation ma-
toren (Eptifibatide, Tirofiban) bis ca. 4 h müssen die Notwendigkeit und das Aus- nagement in cardiac surgery. Eur J Cardiothorac
vor der Operation das koronare Throm- maß der antithrombotischen Therapie im Surg 34:73–92
boserisiko ohne wesentlich erhöhte Blu- Hinblick auf Ereignishäufigkeit und Risi- 15. Vahanian A, Baumgartner H, Bax J et al (2007) Gui-
delines on the management of valvular heart di-
tungsgefahr auf ein sehr schmales Zeit- ko des potenziellen thrombotischen Er- sease. Eur Heart J 28:230–268
fenster begrenzt werden konnte [29, 33, eignisses evaluiert werden. Über die Not- 16. Wysokinski WE, McBane RD, Daniels PR et al (2008)
40]. wendigkeit dieses Vorgehens müssen der Periprocedural anticoagulation management of
patients with nonvalvular atrial fibrillation. Mayo
Der neue Plättchenfunktionshemmer Patient und sein behandelnder Arzt in- Clin Proc 83:639–645
Prasugrel ist bezüglich der Bridging-Situ- formiert sein (z. B. Stentpass der DGK). 17. Garcia DA, Regan S, Henault LE et al (2008) Risk of
ation noch nicht evaluiert worden. Auf- thromboembolism with short-term interruption of
Interessenkonflikt.  Der korrespondierende   warfarin therapy. Arch Intern Med 168:63–69
grund der Irreversibilität der Plättchen- 18. Whitlock RP, Crowther MA, Warkentin TE et al
Autor weist auf folgende Beziehungen hin:  
bindung ist aber für Prasugrel von ver- Referenten-/Beratungstätigkeit für AstraZeneca,   (2007) Warfarin cessation before cardiopulmona-
gleichbaren Zeitabständen für das prä- Boehringer Ingelheim, Sanofi Aventis, MSD,   ry bypass: lessons learned from a randomized con-
Daiichi Sankyo. trolled trial of oral vitamin K. Ann Thorac Surg
prozedurale Absetzen wie für Clopido- 84:103–109
grel auszugehen. 19. Rivas- Gándara N, Ferreira-Gonzàlez I, Tornos P et
Literatur al (2008) Enoxaparin as bridging anticoagulant
treatment in cardiac surgery. Heart 94:205–210
Postoperative Therapie 20. Renda G, Di Pillo R, D’Alleva A et al (2007) Surgical
  1. Douketis JD, Berger PB, Dunn AS et al (2008) The bleeding after pre-operative unfractionated hepa-
perioperative management of antithrombotic rin and low molecular weight heparin for coronary
Postoperativ ist die Wiederaufnahme ei- therapy (ACCP Evidence-based clinical practice bypass surgery. Haematologica 92:366–373
ner abgesetzten Therapie mit dem Ope- guidelines, 8th Edition). Chest 133:299–339 21. O’Donnell MJ, Kearon C, Johnson J et al (2007) Pre-
rateur abzustimmen. Für die oralen Plätt-   2. Silber S, Borggrefe M, Böhm M et al (2007) Positi- operative anticoagulant activity after bridging
onspapier der DGK zur Wirksamkeit und Sicherheit low-molecular-weight heparin for temporary in-
chenfunktionshemmer beginnt der Ef- von Medikamente freisetzenden Koronarstents terruption of warfarin (Brief Communication). Ann
fekt innerhalb des ersten Tages nach er- (DES). Kardiologe 2:84–111 Intern Med 146:184–187
neutem Therapiebeginn. Falls indiziert,   3. Silber S, Borggrefe M, Böhm M et al (2008) Medika- 22. Spyropoulos AC, Bauersachs RM, Omran H et al
mente freisetzende Koronarstents (DES) und Me- (2008) Periprocedural bridging therapy in patients
wird auch eine Beschleunigung des Wir- dikamente freisetzende Ballonkatheter (DEB): Ak- receiving chronic oral anticoagulation therapy.
kungseintritts durch Erhöhung der post- tualisierung des Positionspapiers der DGK. Clin Res Curr Med Res Opin 22:1109–1122
operativen Startdosis (ASS 500 mg, Clo- Cardiol 97:548–563
  4. De Caterina R, Husted S, Wallentin L et al (2007)
pidogrel 600 mg) als Option bei hohem Anticoagulants in heart disease: current status and
Stentthromboserisiko diskutiert [30]. perspectives. Eur Heart J 28:880–913

Der Kardiologe 5 · 2010  | 373


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