Medienberichterstattung
über Flucht und Migration
Marcus Maurer | Pablo Jost | Simon Kruschinski | Jörg Haßler
gefördert durch
INHALT
METHODE 11
LITERATUR 31
ÜBERBLICK
DAS WICHTIGSTE
IN KÜRZE
Die vorliegende Studie untersucht die Berichterstattung über Flucht und Migration in sechs deutschen
Leitmedien (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Bild, ARD Tagesschau, ZDF heute, RTL Aktuell)
zwischen Februar 2016 und Dezember 2020 mithilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse. Die zentralen Befunde sind:
• Die Medien berichteten im Verlauf des Untersuchungszeit- • Die Medien betonten vor allem die Gefahren der Zuwande-
raums tendenziell immer seltener über Geflüchtete. Zugleich rung für Deutschland und fokussierten dabei vor allem auf den
war die Berichterstattung stark von der aktuellen Ereignislage Aspekt der Sicherheit. Das Verhältnis zwischen Geflüchteten
beeinflusst. Dabei prägten politische Entscheidungen und und einheimischer Bevölkerung stellten sie überwiegend als
politische Institutionen die Berichterstattung stärker als die konfrontativ dar. Sie thematisierten vor allem exkludierende
Geflüchteten selbst. Maßnahmen der Flüchtlingspolitik (z.B. Verhinderung von
Einwanderung), bewerteten inkludierende Maßnahmen (z.B.
• Mehr als jeder zehnte Beitrag beschäftigte sich mit Terroris- Integration) aber deutlich positiver.
mus und Flüchtlingskriminalität. Vor allem die Bild griff diese
Themen häufig auf. Dabei waren Gewalt- und Sexualverbre- • Es zeigten sich Unterschiede zwischen den untersuchten
chen im Vergleich zur Kriminalstatistik deutlich überrepräsen- Medien, die im Wesentlichen auf deren redaktionelle Linien
tiert. zurückzuführen sind. Dabei war insbesondere die Darstellung
von Geflüchteten in der Berichterstattung der linksliberalen
• Wurden Geflüchtete in den Medien thematisiert, handelte es Süddeutschen Zeitung insgesamt deutlich weniger negativ als
sich überproportional häufig um Männer, während Frauen und die Berichterstattung der konservativen Medien FAZ und Bild.
Kinder unterrepräsentiert waren. Dies betraf vor allem bildliche
Darstellungen. Während die Tageszeitungen überwiegend • Alles in allem war die Berichterstattung über Geflüchtete
Porträtfotos von Geflüchteten oder Fotos von Geflüchteten in folglich von einer starken Widersprüchlichkeit geprägt. Auf der
Alltagssituationen abdruckten, standen in den Fernsehnach- einen Seite wurden Geflüchtete als Menschen in Not charak-
richten Bilder von Geflüchteten in Notsituationen im Vorder- terisiert, die aus humanitären Gründen aufgenommen werden
grund. müssen. Auf der anderen Seite wurden Geflüchtete als Sicher-
heitsrisiko für die deutsche Bevölkerung beschrieben. Das
• Die Darstellung der Geflüchteten war in allen Medien über- erste Narrativ betraf vor allem Geflüchtete auf der Flucht, das
wiegend negativ und damit insbesondere deutlich negativer zweite Narrativ vor allem Geflüchtete, die bereits in Deutsch-
als während der sogenannten „Flüchtlingskrise“ 2015/16. land angekommen waren.
• Die Medien wählten als Bezeichnung für die nach Deutsch- • Die Tatsache, dass der Widerspruch zwischen diesen beiden
land gekommenen Menschen überwiegend den Begriff „Flücht- inhaltlich nur schwer zu vereinbarenden Narrativen in der
linge“, der eine Schutzbedürftigkeit impliziert. Erst gegen Ende Medienberichterstattung nicht aufgelöst wird, hat vermutlich
des Untersuchungszeitraums wurden zunehmend auch die negative Konsequenzen für die öffentliche Meinungsbildung
eher neutralen Begriffe „Asylbewerber“ und „Migranten“ ver- – auch wenn dies von den Journalistinnen und Journalisten
wendet. Dementsprechend schrieben die Medien den Zuge- vermutlich nicht intendiert ist.
wanderten auch bei weitem überwiegend den Schutz vor Krieg
und Verfolgung als zentrales Fluchtmotiv zu.
3
AUSGANGSLAGE:
VERGANGENE MEDIENBERICHTERSTATTUNG
UND AKTUELLE EREIGNISLAGE
AUSGANGSLAGE
Die sogenannte „Flüchtlingskrise“ be- Über die Hälfte der Befragten hielt sie zu-
gann im Mai 2015 als erkennbar wurde, dem für „zu positiv“ (Arlt & Wolling 2018).
dass immer mehr Menschen aus Syrien
und anderen Ländern versuchten, über Um diesen Vorwürfen nachzugehen, ha-
das Mittelmeer und später auch den ben wir bereits im Jahr 2018 eine quanti-
Landweg nach Mitteleuropa zu gelangen. tative Inhaltsanalyse der Medienbericht-
Die Politik in Deutschland und Europa war erstattung während der sogenannten
lange uneins darüber, wie sie mit dem zu „Flüchtlingskrise“ durchgeführt. Dabei
erwartenden Anstieg der Einwanderung haben wir im Zeitraum von Mai 2015 bis
umgehen soll. Nachdem die Bundesre- Januar 2016 insgesamt 4.726 Beiträge
gierung Ende August entschieden hatte, über die „Flüchtlingskrise“ in der Frank-
die deutschen Grenzen für Geflüchtete furter Allgemeinen Zeitung, der Süddeut- Die zunächst überwiegend positive
offen zu halten, gelangten im Laufe des schen Zeitung, der Bild, der Tagesschau, Grundstimmung gegenüber den
Jahres rund eine Millionen Menschen der heute-Sendung und von RTL Aktuell Geflüchteten drehte sich im Verlauf
nach Deutschland. Die zunächst über- untersucht. Die Befunde lassen sich wie des Jahres 2015.
wiegend positive Grundstimmung gegen- folgt zusammenfassen (siehe ausführ-
über den Geflüchteten drehte sich im licher Maurer et al. 2019; Maurer et al.
Verlauf des Jahres angesichts der stark 2021):
steigenden Zahl an Zugewanderten und
insbesondere nach den Vorfällen in der Erstens haben die Medien ein weitgehend
Silvesternacht 2015/16, in der in Köln zutreffendes Bild von der Lage vermittelt.
und anderen deutschen Städten sexuel- Sie haben insbesondere Alter, Geschlecht
le Übergriffe auf Frauen stattfanden, an und Herkunft der Geflüchteten in Text Medien haben zu Beginn der „Flücht-
denen auch Geflüchtete beteiligt waren. und Bild in nahezu perfekter Übereinstim- lingskrise“ ein weitgehend zutreffen-
mung mit der Asyl-Statistik dargestellt. des Bild von der Lage vermittelt.
Zugleich entstand bei einem beachtli- Allerdings haben sie die Kriminalität der
chen Teil der Bevölkerung der Eindruck, Geflüchteten bis zum Herbst 2015 deut-
Tageszeitungen und insbesondere der öf- lich unter- und nach den Vorfällen in der
fentlich-rechtliche Rundfunk würden die Silvesternacht 2015/16 deutlich überre-
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung präsentiert. Dabei wurde weit überpro-
unkritisch unterstützen und ein verzerr- portional über Gewalt- und Sexualdelikte
tes Bild der Lage zeichnen. Im Novem- berichtet, obwohl Geflüchtete tatsächlich
ber 2015 veröffentlichte das Institut für vor allem im Zusammenhang mit minder
Demoskopie Allensbach dazu erste Be- schweren Delikten angeklagt waren.
fragungsdaten. Demnach glaubten mehr
als die Hälfte der Deutschen, die Medien Zweitens wurden die Geflüchteten vor al-
Die Geflüchteten wurden vor allem
vermittelten kein zutreffendes Bild vom lem zwischen Juni und September 2015
zwischen Juni und September 2015
Alter und Geschlecht der Menschen, außerordentlich positiv dargestellt. Wenn
außerordentlich positiv dargestellt.
die nach Deutschland kommen. Nur ein sie in einem Beitrag vorkamen, fiel ihre
Drittel hielt die Berichterstattung über Bewertung fast ausnahmslos positiv aus.
Geflüchtete für ausgewogen. In späteren Dies galt besonders für die Berichterstat-
Befragungen gaben jeweils rund 40 Pro- tung der öffentlich-rechtlichen Fernseh-
zent der Befragten an, die Berichterstat- sender. Den Zugewanderten wurde zu-
tung über Geflüchtete sei „stark verzerrt“. dem bei weitem überwiegend die Suche
5
AUSGANGSLAGE
nach Schutz vor Verfolgung als zentrales Teilweise kamen die Autorinnen und
Fluchtmotiv zugeschrieben, während Autoren dieser Studien aber auch zu
wirtschaftliche Motive nur selten unter- dem Schluss, dass Geflüchtete einseitig
stellt wurden. Dementsprechend wähl- positiv dargestellt und die Risiken der
ten die deutschen Medien auch fast Zuwanderung weitgehend verschwiegen
ausnahmslos den Begriff „Flüchtlinge/ wurden (Haller 2017). Trotz dieser Inkon-
Geflüchtete“, um die Zugewanderten zu sistenzen war die Berichterstattung über
beschreiben, während diese z.B. in den Geflüchtete während der sogenannten
britischen Medien häufig eher neutral als „Flüchtlingskrise“ allerdings in jedem Fall
„Migranten“ bezeichnet wurden. Nach deutlich positiver als in den Jahren zu-
September 2015 wurde die Berichterstat- vor. Frühere Studien deuten übereinstim-
tung allerdings in zwei Schüben deutlich mend darauf hin, dass über Geflüchtete
negativer: zunächst nach der Entschei- und Zugewanderte in deutschen Medien
dung der Bundesregierung, die Geflüch- vor der „Flüchtlingskrise“ nur selten und
teten aufzunehmen, dann noch einmal dann einseitig negativ berichtet wurde.
nach den Vorfällen in der Silvesternacht. Das galt insbesondere für Zugewanderte
aus muslimischen Ländern und ist auch
Die Berichterstattung über den
Drittens war die Berichterstattung über damit erklärbar, dass diese überwiegend
abstrakten Sachverhalt der
den abstrakten Sachverhalt der Zuwan- im Kontext von Kriminalität und Terroris-
Zuwanderung war deutlich negativ.
derung im gesamten Untersuchungs- mus thematisiert wurden (z.B. Hömberg
zeitraum deutlich negativ. Die Medien & Schlemmer 1994; Sommer & Ruhrmann
betonten einheitlich überwiegend die 2010; Goedeke Tort et al. 2016). Es stellt
Gefahren der Zuwanderung anstelle der sich folglich die Frage, ob die deutschen
damit verbundenen Chancen. Sie stellten Medien nach der sogenannten „Flücht-
die Zahl der Zugewanderten als hoch, die lingskrise“ 2015/16 wieder zu ihren alten
Aufnahmekapazitäten in Deutschland Berichterstattungsmustern zurückge-
als gering und die Bevölkerungsmeinung kehrt sind. Diese Frage soll in der vorlie-
gegenüber den Geflüchteten als negativ genden Studie beantwortet werden. Sie
dar. Sie thematisierten vor allem Maß- knüpft unmittelbar an unsere früheren
nahmen zur Verhinderung von Zuwande- Befunde zur Berichterstattung während
Insgesamt war die Medienbericht- rung, bewerteten allerdings Maßnahmen der „Flüchtlingskrise“ an und untersucht
erstattung in der sogenannten zur Integration von Geflüchteten deutlich mit dem unveränderten Messinstrument
„Flüchtlingskrise“ inkonsistent.
positiver. Während konservative Medien die Berichterstattung über Flucht und Mi-
den Vorrang der Interessen der einhei- gration zwischen Februar 2016 und De-
mischen Bevölkerung betonten, stellten zember 2020. Die Befunde beider Studien
linksliberale Medien die Interessen der können folglich unmittelbar miteinander
Geflüchteten als vorrangig dar. Insge- verglichen werden, um aufzuzeigen,
samt war die Medienberichterstattung in wie sich die Berichterstattung seit der
der sogenannten „Flüchtlingskrise“ also „Flüchtlingskrise“ 2015/16 verändert hat.
nicht ausgewogen, sondern inkonsistent:
sie war zwar einseitig, die Einseitigkeiten
fielen aber nicht durchweg zugunsten der
Geflüchteten aus.
6
AUSGANGSLAGE
DIE EREIGNISLAGE
2016-2020
7
AUSGANGSLAGE
800000
Anzahl der Erstanträge
700000
600000
500000
400000
300000
200000
100000
0
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Quelle: Bundesamt für Migration und Flucht
Während des gesamten Zeitraums wur- tete in Notsituationen. In dieser Zeit er-
den die mit Abstand meisten Anträge von tranken fast 15.000 Menschen beim Ver-
Menschen aus Syrien gestellt. Danach such, über das Mittelmeer nach Europa
folgten in jeweils unterschiedlicher Rei- zu gelangen. Diese Zahl verringerte sich
henfolge Afghanistan, Irak, Iran und die jedoch zwischen 2016 (mehr als 5.000
Türkei. Betrachtet man die Altersstruktur Tote) und 2020 (knapp 1.500 Tote) suk-
der Erstantragstellenden, wird im Verlauf zessive. Besonders in den Blickpunkt der
der Jahre eine erhebliche Verschiebung deutschen Öffentlichkeit gelangten die
deutlich. Waren 2015 weniger als ein Drit- Bootsflüchtlinge allerdings nur in zwei
tel (31%) der Erstantragstellenden Kinder Fällen: Im Juni 2018 irrte das Schiff des
Die Altersstruktur der Erstantrags- unter 18 Jahren, betrug dieser Anteil deutschen Kapitäns Claus-Peter Reisch
stellenden auf Asyl in Deutschland hat 2020 bereits über die Hälfte (54%). Dabei mit 234 Bootsflüchtlingen mehrere Tage
sich seit 2015 erheblich verändert. stellten Kleinkinder unter vier Jahren je- über das Mittelmeer, bevor Reisch nach
des Jahr die mit Abstand größte Gruppe. dem Anlegen auf Malta kurzzeitig ver-
Dies deutet darauf hin, dass viele Asylan- haftet wurde. Etwa genau ein Jahr später
träge in den letzten Jahren nicht mehr im lief die deutsche Kapitänin Carola Ra-
direkten Kontext von Flucht, sondern im ckete mit 53 Bootsflüchtlingen an Bord
Kontext des Familiennachzugs gestellt trotz der Weigerung der italienischen
wurden. Zugleich waren die Erstantrag- Regierung in den Hafen der Insel Lampe-
stellenden insbesondere in der Gruppe dusa ein und wurde anschließend unter
der jungen Erwachsenen (18-34) weiter- Hausarrest gestellt. Beide Fälle wurden
hin deutlich überwiegend männlich. von einer länger andauernden öffentli-
chen Diskussion über die humanitäre
Obwohl die Flüchtlingsbewegungen Notwendigkeit einerseits und die rechtli-
durch die politischen Maßnahmen erheb- chen Grenzen der Seenotrettung anderer-
lich eingeschränkt wurden, gerieten auch seits begleitet.
zwischen 2016 und 2020 viele Geflüch-
8
AUSGANGSLAGE
Diejenigen, denen die Flucht über das gravierenden Straftaten beeinflusst wur-
Meer gelang, wurden überwiegend in zu- de. Vor allem die Jahre 2016 und 2017
nehmend überfüllten Flüchtlingslagern in waren von einer Reihe islamistischer
den Erstaufnahmeländern untergebracht. Terroranschläge geprägt, an denen auch
Zu Beginn unseres Untersuchungszeit- Geflüchtete bzw. Asylsuchende beteiligt
raums (März 2016) stand dabei das La- waren. In Deutschland war dies insbe-
ger Idomeni an der griechisch-mazedoni- sondere der Anschlag auf den Berliner
schen Grenze im Blickpunkt, in dem nach Weihnachtsmarkt im Dezember 2016, bei
Schließung der Balkanroute zeitweise dem ein im Sommer 2015 eingereister
fast 20.000 Geflüchtete gestrandet wa- Asylbewerber zwölf Menschen tötete.
ren. Im Jahr 2020 wurde das Lager Moria Islamistische Anschläge mit einer ähn-
auf der griechischen Insel Lesbos zum lich hohen oder höheren Anzahl von Op- Zwischen 2016 und 2020 gerieten
Symbol dieser Misere. Nachdem es be- fern wurden u.a. in Brüssel (März 2016), Geflüchtete als Täter und Opfer von
reits seit Jahren wegen Überfüllung und Nizza (Juli 2016), London (März und Kriminalität und Terrorismus in die
katastrophalen humanitären Zuständen Juni 2017), Stockholm (April 2017), Man- öffentliche Diskussion.
in der Kritik stand, spitzte sich die Situ- chester (Mai 2017), Barcelona (August
ation durch die COVID-19-Pandemie im 2017), Lüttich (Mai 2018) und Straßburg
Laufe des Jahres 2020 zu. Bereits im (Dezember 2018) verübt. Hinzu kamen in
März und April 2020 hatte die Bundes- Deutschland weitere Anschläge Anschlä-
regierung entschieden, minderjährige Ge- ge mit Todesfolge in Ansbach und Würz-
flüchtete aus Moria und anderen griechi- burg (jeweils Juli 2016) sowie Hamburg
schen Lagern aufzunehmen. Als Anfang (Juli 2017) und Dresden (Oktober 2020).
September bei mehreren Menschen In-
fektion mit COVID-19 festgestellt wurden, Zudem ereigneten sich im Untersu-
kam es zu Unruhen im Lager Moria, das chungszeitraum drei medial stark be-
schließlich am 9. September 2020 durch achtete Kriminalfälle: Im Oktober 2016
Brandstiftung komplett zerstört wurde. töte ein als unbegleiteter minderjähriger
Deutschland und mehrere andere euro- Flüchtling nach Deutschland gekomme-
päische Länder erklärten sich daraufhin ner Mann in Freiburg eine Studentin. Im
wiederum bereit, einen Teil der Geflüchte- Dezember 2017 erstach im rheinland-
ten aufzunehmen. pfälzischen Kandel ein ebenfalls als min-
derjähriger Flüchtling nach Deutschland
Zwischen 2016 und 2020 gerieten Ge- gekommener Afghane seine 15-jährige
flüchtete schließlich auch als Tatver- Ex-Freundin. Im Oktober 2018 vergewal-
dächtige und Opfer von Kriminalität und tigten elf Männer überwiegend syrischer
Terrorismus in die öffentliche Diskus- Herkunft wiederum in Freiburg eine
sion. Statistisch betrachtet stieg die Zahl 18-jährige Frau.
der Straftaten, bei denen Geflüchtete un-
ter Tatverdacht standen, zwar zwischen Die Straftaten gegen Flüchtlingsunter-
2015 (114.238) und 2016 (174.438) deut- künfte sanken von jeweils etwa 1.000
lich an, ging von da an aber wieder zurück Fällen in den Jahren 2015 und 2016 auf
auf 151.009 im Jahre 2019. Bei diesen etwas mehr als 100 Fälle im Jahre 2019 – Die Zahl der Straftaten, bei denen
Straftaten handelte es sich jeweils über- auch weil solche Unterkünfte zunehmend Geflüchtete unter Tatverdacht standen,
wiegend um Rohheits- und Eigentums- geschlossen wurden. Die Gesamtzahl der stieg 2015 und 2016 an und ging
delikte. Allerdings lässt sich auch hier Fälle, bei denen Geflüchtete Opfer von anschließend wieder zurück.
vermuten, dass die Medienberichterstat- Straftaten wurden, blieb mit rund 50.000
tung weniger von der statistischen Lage Fällen pro Jahr über den gesamten Zeit-
als vielmehr von einzelnen, besonders raum weitgehend unverändert. Im August
9
AUSGANGSLAGE
10
METHODE
METHODISCHES
VORGEHEN
• Die Studie analysiert die Berichterstattung über Flucht und • Aus allen Beiträgen in den untersuchten Medien haben wir
Migration mit einem Bezug zu Deutschland im Zeitraum von für unsere Analyse eine halbe Stichprobe gezogen. Dazu
Februar 2016 bis Dezember 2020 mithilfe einer quantitati- haben wir das Prinzip der rollenden Woche gewählt, also in
ven Inhaltsanalyse. Bei dieser Methode erfassen geschulte der ersten Woche die Tage Montag, Mittwoch und Freitag,
Codiererinnen und Codierer eine große Anzahl von Text- und in der folgenden Woche die Tage Dienstag, Donnerstag und
Bildmerkmalen (Kategorien) mit einem standardisierten Samstag analysiert usw. Sonntage haben wir von der Ana-
Messinstrument (Codebuch). lyse ausgeschlossen.
• Untersucht wurde die Berichterstattung von sechs Leitme- • Eine wichtige Frage ist schließlich, nach welchen Kriterien
dien: Frankfurter Allgemeine Zeitung (rechtsliberale überre- wir die Beiträge ausgewählt haben, die zu codieren waren
gionale Tageszeitungen), Süddeutsche Zeitung (linksliberale (Zugriffskriterien). Dies entscheidet darüber, über welche
überregionale Tageszeitung), Bild (Boulevardzeitung) sowie Bevölkerungsgruppe wir Aussagen machen, wenn wir die
die Hauptnachrichtensendungen von ARD (Tagesschau), Berichterstattung über „Geflüchtete“ analysieren. Dabei ha-
ZDF (heute) und RTL (RTL Aktuell). ben wir einerseits Beiträge einbezogen, in denen Begriffe
wie Geflüchtete, Flüchtling oder Flucht explizit vorkamen.
• Codiert wurden sowohl schriftliche und gesprochene Text- Weil wir davon ausgegangen sind, dass die von uns avisier-
beiträge als auch Pressefotos und Fernsehbilder. Während te Bevölkerungsgruppe einige Jahre nach der sogenannten
die Textcodierungen auf Beitragsebene erfolgten, wurden „Flüchtlingskrise“ 2015/16 nicht mehr durchgängig mit die-
die Bildcodierungen in den Fernsehnachrichten für jede Ein- sen Begriffen bezeichnet wird, haben wir zudem alle Bei-
stellung getrennt vorgenommen. Aus forschungsökonomi- träge über Menschen aus Ländern einbezogen, die im Zuge
schen Gründen haben wir uns dabei allerdings auf die ersten der „Flüchtlingskrise“ eine große Rolle gespielt haben, auch
fünf Einstellungen in jedem Beitrag beschränkt. wenn sie in einem Beitrag nicht explizit als Geflüchtete be-
zeichnet wurden. Dabei handelt es sich um folgende Länder
• Insgesamt haben wir neben einigen formalen Kategorien (Länder, die in unserer Vorgängerstudie zur „Flüchtlingskri-
(z.B. Medium, Datum, Stilform) etwa 50 inhaltliche Katego- se“ mindestens ein Prozent der Nennungen in der Bericht-
rien auf Text- und Bildebene erhoben. Dazu gehören einer- erstattung ausmachten): Syrien, Afghanistan, Eritrea, Irak,
seits Kategorien, in denen wir das Vorkommen von Themen, Albanien, Kosovo, Marokko, Pakistan, Serbien, Algerien und
Akteurinnen und Akteuren, Personenmerkmalen oder ande- Somalia. Ob es sich bei diesen Personen im juristischen Sin-
ren Textinhalten (z.B. politische Maßnahmen oder Folgen ne tatsächlich um Geflüchtete handelt, ist hier zunächst un-
der Zuwanderung) erfasst haben. In diesen Fällen haben wir erheblich. Wir verwenden diesen Begriff vor allem, um den
pro Beitrag meist bis zu drei Codierungen (also z.B. bis zu Unterschied zu anderen Gruppen von Zugewanderten (ins-
drei Themen) zugelassen, sodass die Zahl der Codierungen besondere Arbeitsmigrantinnen und -migranten) zu verdeut-
die Zahl der Beiträge überschreiten kann. Andererseits ent- lichen, die wir in unsere Untersuchung nicht einbeziehen.
hält das Codebuch eine Reihe von Kategorien, mit denen wir
mediale Bewertungen gemessen haben (z.B. die Bewertung • Nach diesen Kriterien haben die sieben an unserer Untersu-
von Personen und Institutionen oder die Darstellung der Zu- chung beteiligten Codiererinnen und Codierer 5822 Beiträ-
wanderung als Chance oder Gefahr). Solche Bewertungska- ge erfasst. Die meisten davon entfielen auf die Frankfurter
tegorien haben wir auf fünfstufigen Skalen (z.B. eindeutig Allgemeine Zeitung (1959), gefolgt von der Süddeutschen
positiv bis eindeutig negativ) erfasst und für die Auswertung Zeitung (1489) und der Bild (870). Die Beiträge in den Haupt-
der Übersichtlichkeit halber auf dreistufige Skalen (positiv, nachrichtensendungen verteilten sich auf die Tagesschau
ambivalent, negativ) zusammengefasst. Dabei weisen wir (537) ZDF heute (511) und RTL Aktuell (456). Die Interco-
den Saldo aus positiven und negativen Beiträgen in Prozent derreliabilität, also die prozentuale Übereinstimmung der
aus. acht Codiererinnen und Codierer untereinander (Holsti-Ko-
effizient) als Maß für die Qualität der Codierung, belief sich
auf gute bis sehr gute Werte zwischen .96 (Herkunftsland)
und .72 (Bewertung der Maßnahmen).
11
BEFUNDE:
DIE MEDIENBERICHTERSTATTUNG ÜBER
FLUCHT UND MIGRATION 2016-2020
BEFUNDE
Schaubild 2 zeigt die Entwicklung der an Relevanz, als die Zahl der nach
Medienberichterstattung über Flucht Deutschland kommenden Geflüchte-
und Migration zwischen Februar 2016 ten deutlich zurückging. Zugleich lässt
und Dezember 2020 auf Monatsbasis. sich insbesondere die geringe Bericht-
Dabei zeigt sich zunächst, dass die Be- erstattungsmenge im Jahre 2020 aber
richterstattung im Untersuchungszeit- auch damit erklären, dass die COVID-
raum fast kontinuierlich zurückging. Im 19-Pandemie in diesem Jahr nicht nur
Februar und März 2016 erschienen im das Thema Migration, sondern auch
Schnitt in jedem von uns untersuchten alle anderen politischen Sachthemen Die Berichterstattung ging im
Untersuchungszeitraum fast
Medium täglich rund fünf Beiträge mit in den Nachrichtenmedien weitgehend
kontinuierlich zurück.
Bezug zu Geflüchteten. Die Werte ent- verdrängt hat.
sprachen damit weitgehend denen, die
wir in unserer Vorgängerstudie für den Die Berichterstattungsmenge war
Januar 2016 gemessen hatten. Gegen dabei aber auch ereignisabhängigen
Ende des Untersuchungszeitraums er- Schwankungen unterworfen, die vor
schien dann in jedem Medium durch- allem von politischen Entscheidungen
schnittlich nur noch an jedem zweiten geprägt waren. Die häufige Bericht-
Tag ein solcher Beitrag. Das Flücht- erstattung zu Beginn des Untersu-
lingsthema verlor für die deutschen chungszeitraums war vor allem auf
Medien in dem Moment weitgehend die politische Diskussion über das
400
300
200
100
0
2016 2017 2018 2019 2020 2021
N = 5.822 Beiträge
13
BEFUNDE
Sonstige Themen 7
N = 10.877 Themennennungen
14
BEFUNDE
50
Anteil (in %)
40
30
20
10
0
FAZ SZ Bild Tagesschau ZDF heute RTL Aktuell
Wie in unserer Vorgängerstudie, aber Dies ist vergleichsweise wenig, aber im-
auch in der Kriminalitätsberichterstattung merhin genau doppelt so viel wie wäh-
im Allgemeinen, waren dabei Gewalt- rend der sogenannten „Flüchtlingskrise“
(74%) und Sexualverbrechen (22%) deut- 2015/16. Prozentuiert man nicht auf die
lich überrepräsentiert. Eigentumsdelikte, Akteursnennungen, sondern auf die Bei-
die laut Statistik die meisten Straftaten träge, kommen Geflüchtete in mehr als
von Geflüchteten betreffen, kamen da- einem Drittel der Beiträge (37%) selbst
gegen nur selten in der Berichterstattung maßgeblich vor.
vor (4%).
15
BEFUNDE
Anteil (in %)
Menschen aus Afghanistan (16%), dem
Irak (9%), Tunesien (6%) und Marokko
(4%). Dies entsprach weitgehend der Ver- 75
teilung der Nationalitäten derjenigen, die
seit 2015 einen Asylantrag in Deutsch-
land gestellt haben. 50
16
BEFUNDE
75
50
25
0
FAZ SZ Bild Tagesschau ZDF heute RTL Aktuell
Die Bilder, auf denen Geflüchtete zu Sommer 2018 bzw. Sommer 2019 sowie
sehen waren, haben wir anschließend Bilder von den Zuständen in den griechi-
etwas genauer im Hinblick auf die jewei- schen Flüchtlingslagern im Jahr 2020.
lige Situation der Darstellung analysiert Ebenso bemerkenswert wie diese zeitli-
(visuelles Framing). Dabei haben wir ins- chen Veränderungen sind die Unterschie-
Bis 2018 haben Bilder von Geflüchte- besondere die Darstellung von Geflüch- de zwischen den von uns untersuchten
ten in Alltagssituationen dominiert. teten in Notsituationen (z.B. Bilder von Medien: Während Tageszeitungen, ins-
Seenotrettungen) von der Darstellung besondere die Bild, im gesamten Unter-
von Geflüchteten in Alltagssituationen suchungszeitraum deutlich überwiegend
und Porträtfotos von Geflüchteten unter- Porträtfotos oder Fotos von Geflüchteten
schieden, weil diese Bilder jeweils einen in Alltagssituationen zeigten, dominier-
völlig anderen Eindruck von der Situation ten vor allem in der Tagesschau Bilder
von Geflüchteten vermitteln. Die Analy- von Geflüchteten in Notsituationen
sen im Zeitverlauf zeigen zunächst, dass (Schaubild 5).
zu Beginn unseres Untersuchungszeit-
raums eindeutig Bilder von Geflüchteten Für die Wahrnehmung in der Bevölkerung
in Alltagssituationen dominiert haben. spielt es vermutlich auch eine Rolle, wie
Ab Mitte 2018 zeigten die Medien Dies änderte sich allerdings ab Mitte des die Menschen, die nach Deutschland
zunehmend und schließlich überwie- Jahres 2018, als die von uns untersuch- kommen, in den Medien bezeichnet wer-
gend Geflüchtete in Notsituationen. ten Medien zunehmend und schließlich den (verbales Framing). Wir haben hier
überwiegend Geflüchtete in Notsituatio- zwischen weitgehend neutralen Formu-
nen zeigten. Dies betraf beispielsweise lierungen („Migranten“ und „Asylbewer-
Bilder von den beiden Seenotrettungs- ber“) und Formulierungen, die die Schutz-
aktionen mit deutscher Beteiligung im bedürftigkeit der Menschen betonen
17
BEFUNDE
100
75
50
25
0
2016 2017 2018 2019 2020 2021
18
BEFUNDE
75
50
25
0
FAZ SZ Bild Tagesschau ZDF heute RTL Aktuell
Die Verwendung dieser Begriffe spiegelt jeden Beitrag, in dem Geflüchtete vorka-
sich auch in der medialen Zuschreibung men, ihre Bewertung erfasst. Wie bereits
von unterschiedlichen Fluchtursachen wi- im Methodenteil beschrieben, haben wir
der. Insgesamt stellten die Medien im Un- für die Auswertung einen Saldo aus posi-
tersuchungszeitraum mit deutlichem Ab- tiven und negativen Beiträgen in Prozent
Medien stellen mit Abstand am stand am häufigsten die Flucht vor Krieg berechnet. Die Analysen zeigen, dass Ge-
häufigsten die Flucht vor Krieg und und Verfolgung als Fluchtmotiv (62%) der flüchtete in unserem gesamten Untersu-
Verfolgung als Fluchtmotiv dar. nach Deutschland gekommenen Men- chungszeitraum im Schnitt überwiegend
schen dar. Wirtschaftliche (16%) und negativ dargestellt wurden. Nachdem die
soziale Motive (10%), wie beispielsweise Darstellung zu Beginn des Untersuchungs-
der Familiennachzug, wurden seltener als zeitraums nur leicht negativ war, wurde
Ursachen für die Zuwanderung genannt. sie im Verlauf der fünf Jahre fast kontinu-
Dies blieb im Untersuchungszeitraum ierlich negativer bis am Ende kaum noch
weitgehend konstant, unterschied sich Beiträge mit einer positiven Darstellung
aber wiederum zwischen den von uns un- von Geflüchteten erschienen. Dabei fällt
tersuchten Medien. Insbesondere bei der auf, dass die Darstellung in den Zeiträu-
Süddeutschen Zeitung (73%) sowie der men weniger negativ ausfiel, in denen die
Tagesschau (75%) dominierten Sicher- Medien häufiger berichtet haben und vor
heitsmotive, während wirtschaftliche Mo- allem politische Entscheidungen zur Auf-
Geflüchtete wurden im gesamten tive überdurchschnittlich häufig in Beiträ- nahme oder Abweisung von Geflüchteten
Untersuchungszeitraum überwiegend gen der FAZ (24%) und der heute-Sendung thematisierten (Frühjahr 2016, Sommer
negativ dargestellt. (23%) thematisiert wurden (Schaubild 7). 2016 und Sommer 2018). Dagegen wurde
in den Jahren 2019 und 2020 nicht nur
Eine besonders wichtige Frage ist schließ- wenig, sondern auch sehr negativ über
lich, wie die Geflüchteten in den Medien Geflüchtete berichtet (Schaubild 8).
bewertet wurden. Dazu haben wir für
19
BEFUNDE
Die Darstellung von Geflüchteten fiel zwi- SCHAUBILD 8: DARSTELLUNG DER GEFLÜCHTETEN
schen Februar 2016 und Dezember 2020 IM ZEITVERLAUF
folglich vollkommen anders aus als zu Be-
ginn der so genannten „Flüchtlingskrise“
-25
-50
-75
-100
FAZ SZ Bild Tagesschau ZDF heute RTL Aktuell
N = 795 Bewertungen
20
BEFUNDE
-50
-75
Gefahr
FAZ SZ Bild Tagesschau ZDF heute RTL Aktuell
N = 2.275
21
BEFUNDE
75
50
25
0
FAZ SZ Bild Tagesschau ZDF heute RTL Aktuell
N = 838 Motivnennungen
Zudem haben wir erfasst, ob in der Be- SCHAUBILD 12: DARSTELLUNG DES VORRANGS DER
richterstattung positive oder negative Fol- BEDÜRFNISSE VON GEFLÜCHTETEN ODER EINHEIMISCHEN
gen erwähnt wurden. Während die Folgen
für die Sicherheit per se negativ sind, wur- 50
Vorrang der Bedürfnisse (Saldo in %)
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BEFUNDE
krise“ zeigen sich auch hier recht deutli- Zu dieser eher konfrontativen Berichter-
che Unterschiede vor allem zwischen den stattung passt auch ein weiterer Befund.
Tageszeitungen mit unterschiedlichen Wir haben erfasst, ob die Medienbeiträge
redaktionellen Linien. Während die kon- 1) das Verhalten der Geflüchteten gegen-
servative FAZ und vor allem die Bild den über der einheimischen Bevölkerung und
Bedürfnissen der Einheimischen über- 2) das Verhalten der einheimischen Be-
Die Medien vermittelten überwiegend wiegend den Vorrang einräumten, beton- völkerung gegenüber Geflüchteten als
den Eindruck einer wechselseitigen te die linksliberale Süddeutsche Zeitung eher friedlich und integrativ oder als eher
Konfrontation zwischen Geflüchteten überwiegend die Bedürfnisse der Zuge- gewaltsam und abweisend dargestellt
und Einheimischen. wanderten. Während 2015 noch alle Fern- haben. Unsere Analysen zeigen zum
sehnachrichtensendungen eindeutig die einen, dass das Verhalten der Geflüchte-
Interessen der Zugewanderten betonten, ten (1.273 Fälle) etwa doppelt so häufig
stellte die heute-Sendung zwischen 2016 thematisiert wurde wie das Verhalten der
und 2020 überwiegend die Bedürfnisse Einheimischen (618 Fälle). Zum anderen
der einheimischen Bevölkerung in den wird erkennbar, dass das Verhalten beider
Vordergrund (Schaubild 12). Selbstver- Gruppen eindeutig als eher gewaltsam
ständlich haben wir dabei ebenfalls erho- und abweisend charakterisiert wurde.
ben, ob ein Medienbeitrag die Bedürfnisse Dies galt für das Verhalten der Geflüch-
von Einheimischen und Zugewanderten teten (-67%) sogar noch deutlich stärker
explizit nicht als gegensätzlich dargestellt als für das Verhalten der einheimischen
hat. Solche Fälle waren zwar vergleichs- Bevölkerung (-40%). Insgesamt vermittel-
weise selten (9%), kamen aber immerhin ten die Medien folglich überwiegend den
fast doppelt so häufig vor wie während Eindruck einer wechselseitigen Konfron-
der sogenannten „Flüchtlingskrise“ (5%). tation zwischen Geflüchteten und Einhei-
mischen (Schaubild 13).
-25
-50
-75
-100
FAZ SZ Bild Tagesschau ZDF heute RTL Aktuell
Verhalten der Geflüchteten gegenüber Einheimischen Verhalten der Einheimischen gegenüber Geflüchteten
N = 1.273 Darstellung des Verhaltens von Geflüchteten; N = 618 Darstellung des Verhaltens der Einheimischen
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BEFUNDE
Wir haben schließlich auch untersucht, SCHAUBILD 14: BEWERTUNG INKLUDIERENDER UND
welche Maßnahmen im Rahmen der EXKLUDIERENDER MASSNAHMEN DER
Flüchtlingspolitik die Medien themati- FLÜCHTLINGSPOLITIK
siert haben. Diese haben wir anschlie-
ßend grob zu zwei Gruppen zusammen-
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BEFUNDE
Wir haben bereits eingangs darauf hinge- Auch wenn die Fallzahlen gering sind, zei-
wiesen, dass die Medienberichterstattung gen unsere Analysen ein klares Muster:
während der sogenannten „Flüchtlings- Beide Zeitungen hielten die Kritik an der
krise“ von vielen Menschen als einseitig Medienberichterstattung überwiegend Die untersuchten Medien thematisier-
wahrgenommen wurde. Einige Medien für berechtigt, thematisierten dabei aber ten in lediglich 39 Beiträgen die Kritik
haben bereits damals auf diese Kritik jeweils eine vollkommen andere Art von an der Berichterstattung.
reagiert und sie als mehr oder weniger Kritik. Während die FAZ überwiegend den
berechtigt bezeichnet (z.B. Bär 2015). eher aus konservativen Kreisen erhobe-
Deshalb haben wir für unseren Untersu- nen Vorwurf als berechtigt bezeichnete,
chungszeitraum auch erfasst, ob und auf die Medien hätten die Geflüchteten zu
welche Art (zu positive oder zu negative positiv dargestellt, hielt die Süddeutsche
Berichterstattung über Geflüchtete) Medi- Zeitung vor allem den eher aus linken
enkritik in den von uns untersuchten Medi- Kreisen geäußerten Vorwurf, die Medien
en thematisiert wurde und ob die Berichte hätten die Geflüchteten zu negativ darge-
die Kritik für berechtigt oder unberechtigt stellt, für gerechtfertigt. In beiden Fällen
hielten. Im gesamten Untersuchungszeit- handelte es sich folglich nicht um eine
raum (halbe Stichprobe) thematisierten ernsthafte Auseinandersetzung mit der
in den von uns untersuchten Medien al- Kritik an der Medienberichterstattung im
lerdings lediglich 39 Beiträge die Kritik Allgemeinen, sondern eher um eine ideo- FAZ und SZ bestätigten sich indirekt
an der Medienberichterstattung. Diese logische Selbstvergewisserung: Beide selbst darin, nichts falsch gemacht
Beiträge erschienen fast ausschließlich in Medien bezeichneten die Kritik an der zu haben.
der FAZ (20) und der Süddeutschen Zei- Berichterstattung der jeweils anders be-
tung (12). richtenden Medien als gerechtfertigt und
bestätigten sich folglich indirekt selbst
darin, nichts falsch gemacht zu haben.
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ZUSAMMENFASSUNG UND
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
FAZIT
ZUSAMMENFASSUNG UND
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
Fasst man die Befunde noch einmal zu- in den folgenden Jahren nur noch sehr
sammen, kann man erstens festhalten, wenige. Zudem standen die Gefahren der
dass die Medienberichterstattung über Zuwanderung noch deutlicher im Vorder-
Flucht und Migration zwischen 2016 und grund als während der „Flüchtlingskrise“
2020 von einer starken Widersprüch- und die Berichterstattung fokussierte Die Medienberichterstattung über
lichkeit geprägt war. Auf der einen Seite deutlich stärker auf Kriminalität. Insge- Flucht und Migration war zwischen
bezeichneten die von uns untersuchten samt verlor das Thema Flucht und Mig- 2016 und 2020 von einer starken
Medien die Menschen, die nach Deutsch- ration in den Medien schließlich auch zu- Widersprüchlichkeit geprägt.
land gekommen sind, weit überwiegend nehmend an Bedeutung.
als „Flüchtlinge“ und stellten die Flucht
vor Krieg und Verfolgung als ihr zentra- Neben diesen allgemeinen Berichterstat-
les Fluchtmotiv dar. Dies impliziert eine tungsmerkmalen haben wir zudem eine
Schutzbedürftigkeit, die eine Aufnahme Reihe bemerkenswerter Unterschiede zwi-
der Menschen aus humanitären Gründen schen den von uns untersuchten Medien
nahelegt. Dementsprechend bewerteten gefunden. Diese lassen sich zum einen
sie auch inkludierende Maßnahmen (z.B. auf die unterschiedlichen Mediengattun-
Integrationsförderung) deutlich positiver gen zurückführen. So berichtete die Bou-
als exkludierende Maßnahmen (z.B. Ver- levardzeitung Bild deutlich häufiger über
hinderung von Einwanderung). Auf der Flüchtlingskriminalität und thematisierte
anderen Seite bewerteten sie die Geflüch- die negativen Folgen der Zuwanderung Die Bild thematisierte Flüchtlings-
teten im Schnitt deutlich negativ, betrach- für die Innere Sicherheit deutlich häufiger kriminalität und andere negative
teten die Zuwanderung weit überwiegend als die anderen Medien. Dagegen wiesen Folgen der Zuwanderung für die Innere
als Gefahr und thematisierten vor allem die Fernsehnachrichtensendungen im Sicherheit deutlich häufiger als die
ihre negativen Folgen für die Sicherheit in Vergleich zu den Tageszeitungen einen anderen Medien.
Deutschland. Das Verhältnis von Geflüch- deutlich höheren Anteil von Bildern von
teten und Einheimischen beschrieben sie Geflüchteten in Notsituationen auf. Zum
als eher konfrontativ. Sie bildeten über- anderen lassen sich die Unterschiede in
proportional Männer ab und thematisier- der Berichterstattung auch auf die redak-
ten überproportional schwere Straftaten tionellen Linien der Medien zurückführen.
von Zugewanderten. So bezeichnete die linksliberale Süddeut-
sche Zeitung die nach Deutschland ge-
Eine ähnliche Widersprüchlichkeit in den kommenen Menschen deutlich häufiger
Medienberichten hatten wir bereits wäh- als „Flüchtlinge“, berichtete deutlich we-
rend der sogenannten „Flüchtlingskrise“ niger negativ über diese und stellte das
2015/16 festgestellt. Allerdings hat sich Verhältnis zwischen Zuwanderern und
die Berichterstattung nach 2015 noch einheimischer Bevölkerung deutlich weni-
einmal eindeutig ins Negative verscho- ger konfrontativ dar als die konservativen
ben. Dabei wurden insbesondere die Ge- Tageszeitungen FAZ und Bild. Die Berichterstattung hat sich nach
flüchteten deutlich negativer bewertet als 2015 noch einmal eindeutig ins Nega-
während der „Flüchtlingskrise“. Vor allem Betrachtet man unsere beiden Untersu- tive verschoben.
in den Fernsehnachrichten erlebten diese chungszeiträume gemeinsam, existier-
eine komplette Umbewertung: Bewerte- ten in der Medienberichterstattung über
ten 2015 noch fast alle Fernsehnachrich- Migration seit 2015 folglich zwei gegen-
tenbeiträge Geflüchtete positiv, waren es sätzliche Narrative über Geflüchtete. Auf
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FAZIT
der einen Seite wurden Geflüchtete als keine Nachricht. Dies gilt allerdings auch
Menschen in Not charakterisiert, die aus für andere Bevölkerungsgruppen, z.B. Pri-
humanitären Gründen aufgenommen wer- vatpersonen ohne Migrationshintergrund,
den müssen. Auf der anderen Seite wur- die ebenfalls nur in seltenen und beson-
den Geflüchtete als Sicherheitsrisiko für ders spektakulären Fällen Gegenstand
die deutsche Bevölkerung beschrieben. der Medienberichterstattung werden.
Welches Narrativ dominierte, hing maß- Deshalb ist auch die Medienberichterstat-
geblich davon ab, ob es in der Bericht- tung über andere Bevölkerungsgruppen
erstattung um Menschen auf der Flucht überwiegend negativ. Und selbstverständ-
ging oder um Menschen, die bereits in lich werden auch in Bezug auf Menschen
Deutschland angekommen und damit in ohne Migrationshintergrund z.B. schwe-
Sicherheit waren. Dabei ging es selbstver- re Straftaten überproportional berichtet
ständlich zu unterschiedlichen Zeitpunk- (z.B. Schönhagen & Brosius 2004).
ten um dieselben Menschen. Dennoch
Seit 2015 existierten in der Medien- mangelte es den Medien an Urteilskon- Die Tatsache, dass die Art der Medienbe-
berichterstattung über Flucht und Mi- stanz: Solange es um Menschen auf richterstattung über Geflüchtete zumin-
gration zwei gegensätzliche Narrative der Flucht geht, werden diese vor allem dest teilweise durch allgemeine mediale
über Geflüchtete. unter dem humanitären Gesichtspunkt Selektionskriterien und Darstellungswei-
betrachtet. Wenn dieselben Menschen sen erklärt werden kann, bedeutet aber
in Deutschland angekommen sind, steht keinesfalls, dass die hier gefundenen
vor allem das Sicherheitsrisiko im Vorder- Muster der Darstellung von Geflüchteten
grund. Die Medien thematisierten diese gesellschaftlich unproblematisch wären.
Wiedersprüche bzw. die Kritik an ihrer Be- Vor allem Menschen, die keinen direkten
richterstattung selbst jedoch kaum. Kontakt zu Geflüchteten haben, richten
ihre Urteile über Migration und Geflüch-
Zur Versachlichung der Debatte ist es tete an der Medienberichterstattung aus
zunächst hilfreich, darauf hinzuweisen, (zusammenfassend Eberl et al. 2018).
dass viele der hier identifizierten Bericht- Eine Berichterstattung, die immer wieder
erstattungsmuster nicht nur für die Be- von einem Narrativ (Geflüchtete müssen
richterstattung über Geflüchtete typisch aus humanitären Gründen aufgenommen
sind. Nachrichtenmedien berichten stark werden) in das andere Narrativ (Geflüch-
ereignisorientiert und betrachten die dar- tete sind ein Sicherheitsrisiko für die Be-
gestellten Menschen folglich im Lichte völkerung) wechselt, hat vermutlich ne-
der jeweiligen Ereignisse. Der Alltag von gative Konsequenzen für die öffentliche
Konfligierende Narrative haben ver- Geflüchteten liefert jedoch nur selten Meinungsbildung – auch wenn dies von
mutlich negative Konsequenzen für Ereignisse, die spektakulär oder unge- den Nachrichtenmedien nicht intendiert
die öffentliche Meinungsbildung. wöhnlich genug sind, um von den Me- ist. Je nach eigenem politischen Stand-
dien aufgegriffen zu werden. Abseits von punkt erscheint es den Rezipientinnen
politischen Diskussionen über Maßnah- und Rezipienten dann entweder fragwür-
men im Bereich der Flüchtlingspolitik, an dig, warum Menschen in Deutschland auf-
denen Geflüchtete selbst nur passiv be- genommen werden sollen, die ein Sicher-
teiligt sind, liefern sie den Medien vor al- heitsrisiko darstellen, oder fragwürdig,
lem dann aus deren Sicht berichtenswerte wie man Menschen, die in Not sind, als
Ereignisse, wenn sie sich in Not befinden Sicherheitsrisiko betrachten kann.
oder als Tatverdächtige oder Opfer von
spektakulären Straftaten in Erscheinung
treten. Kinder, die im Rahmen des Fami-
liennachzugs weitgehend unspektakulär
nach Deutschland gelangen, oder gut in
die Gesellschaft integrierte Geflüchtete
sind aus journalistischer Sicht dagegen
28
FAZIT
Die Lösung dieser komplexen Problematik Kurzfristig kann aber das Verständnis
muss unseres Erachtens an unterschied- der Rezipientinnen und Rezipienten für
lichen Stellen ansetzen. Zum einen wäre die journalistischen Berichterstattungs-
es wünschenswert, dass im Journalismus muster gefördert werden. Wenn diesen
das Verständnis für die nicht intendier- bewusst wird, dass die Medienberichter-
ten negativen Folgen einer zugespitzten stattung die Realität nicht vollständig ab-
Berichterstattung wächst. Dabei ist es bildet, sondern auf extreme Ereignisse mit
selbstverständlich, dass über Geflüchtete, Geflüchteten als entweder Opfern oder
die gerade aus dem Meer gerettet wurden, Tätern fokussiert, kann dies ein erster
anders berichtet wird, als über Geflüchte- Schritt zu einer fundierteren Meinungs-
te, die gerade einen Terroranschlag verübt bildung über Geflüchtete sein. Da die Re- Medien solten Raum für eine stärker
haben. Allerdings gehören die allermeis- zipientinnen und Rezipienten zudem dazu ausgewogene und differenzierte Be-
ten Geflüchteten weder zu der einen, noch neigen 1.) die Tendenz der Medienbe- richterstattung bieten, die auch posi-
zu der anderen Gruppe. Die starke Fokus- richterstattung als ihrem eigenen Stand- tive Aspekte und Problemlösungen in
sierung der Medien auf extreme Ereignis- punkt entgegengesetzt wahrzunehmen den Fokus nimmt.
se führt aber dazu, dass diese Menschen (Hostile Media Effekt) und 2.) vor allem
weitgehend unsichtbar bleiben. Hier wäre solche Medienbeiträge als glaubwürdig
im Sinne des Konstruktiven Journalismus wahrzunehmen, die ihre eigenen Ansich-
Raum für eine stärker ausgewogene und ten bestätigen (Motivated Reasoning)
differenzierte (aber nicht widersprüchli- (Maurer et al. 2018), kann eine stärkere
che) Berichterstattung, die auch positive Distribution wissenschaftlicher Befunde
Aspekte und Problemlösungen in den Fo- zur Berichterstattung über Geflüchtete an
kus nimmt. Dies sollte allerdings nicht auf eine interessierte Öffentlichkeit zu einer
die Berichterstattung über Geflüchtete be- objektiveren Sicht der Bevölkerung auf die
schränkt bleiben, sondern gilt ebenso für Inhalte der Medienberichterstattung bei-
andere Berichterstattungsthemen. Eine tragen. Dies wiederum kann sich positiv
solche grundlegende Veränderung jour- auf deren Urteilsbildung auswirken. Mög-
nalistischer Selektions- und Darstellungs- liche Maßnahmen sind hier wissenschaft-
weisen kann in einem demokratischen liche Vorträge, die allerdings nur ein klei- Distribution wissenschaftlicher Be-
System, in dem die Freiheit der Presse ein nes, besonders interessiertes Publikum funde kann zu einer objektiveren Sicht
besonders hohes Gut darstellt, selbstver- erreichen, aber auch öffentlich zugäng- der Bevölkerung auf die Inhalte der
ständlich nicht von außen diktiert werden, liche Publikationen (Open Access), Web- Medienberichterstattung beitragen.
sondern erfordert ein grundsätzliches seiten oder Social-Media-Kanäle, über die
Umdenken im Journalismus und ist folg- die Befunde distribuiert werden. Letztlich
lich eher eine mittel- bis langfristige Per- geht es hierbei auch um die vielfach ge-
spektive. Erste Schritte auf diesem Weg forderte Medienkompetenz, die bereits in
können Workshops mit Journalistinnen der Schule erworben werden sollte und im
und Journalisten sein, in denen ihnen ihre Idealfall über z.B. das Erkennen von un-
Berichterstattungsmuster und mögliche glaubwürdigen Informationsquellen hin-
Folgen vor Augen geführt werden. Zudem aus auch zu einer besseren Einschätzung
kann die Auseinandersetzung mit solchen medialer Funktionsweisen führen kann.
Befunden auch noch stärker in die Journa-
listenausbildung einfließen, z.B. im Rah-
men von Journalismus-Studiengängen
oder Weiterbildungsstudiengängen, wie
es sie z.B. an der JGU Mainz bereits gibt.
29
FAZIT
Die Politik neigt in vielen Fällen dazu, ihr Aus Sicht der Wissenschaft ergibt sich
Kommunikationsverhalten und selbst ihre aus unseren Befunden schließlich ein
Entscheidungen an der Medienbericht- vielfältiger Bedarf an weiterer Forschung.
erstattung auszurichten (Mediatisierung Dies betrifft beispielsweise gezielte Ver-
der Politik, Political Agenda Setting), z.B. gleiche zwischen der Medienbericht-
weil sie die Medienberichterstattung als erstattung über Geflüchtete und der
Die Politik muss damit rechnen, dass einen Indikator für die Stimmung in der Medienberichterstattung über andere
ihre Entscheidungen von den Medien Bevölkerung betrachtet oder annimmt, Bevölkerungsgruppen. Solche Forschung
im Nachhinein kritisiert werden. dass sie die zukünftige Bevölkerungsmei- kann Aufschluss darüber geben, welche
nung prägt. Wäre dies der Fall, könnten Merkmale der Berichterstattung über Ge-
Politikerinnen und Politiker von einer An- flüchtete auf allgemeine mediale Selek-
passung an diese Positionen profitieren, tionskriterien und Darstellungsweisen zu-
beispielsweise im Sinne einer zuneh- rückzuführen sind, und welche Merkmale
menden Beliebtheit in der Bevölkerung. speziell auf die Berichterstattung über
Unsere Befunde zeigen aber, dass eine Geflüchtete zutreffen. Untersucht wer-
solche Anpassung aufgrund der Volatili- den könnten beispielsweise Unterschie-
tät der Berichterstattung keine Garantie de in der Kriminalitätsberichterstattung
dafür bietet, auch längerfristig zu profi- oder Unterschiede in der generellen Dar-
tieren. Vielmehr muss die Politik damit stellungstendenz von Geflüchteten und
rechnen, dass ihre Entscheidungen von Menschen ohne Migrationshintergrund.
den Medien im Nachhinein kritisiert wer- Solche Vergleiche sind bislang selten und
den, unabhängig davon, wie sie ausfallen, in der Regel auf eine methodisch leicht
und unabhängig davon, welche Entschei- angreifbare Art durchgeführt worden. Sie
dung die Medien zuvor favorisiert haben. könnten insbesondere dazu beitragen, die
Politische Entscheidungen sollten sich Politische Entscheidungen sollten sich doch relativ stark ideologisch aufgelade-
eher an eigenen Überzeugungen oder folglich eher an eigenen Überzeugungen ne Diskussion über die Darstellung von
an validen Erkenntnissen über die Be- oder, wenn sich die Politik gegenüber der Geflüchteten zu versachlichen.
völkerungsmeinung orientieren. Bevölkerung responsiv verhalten möchte,
an validen Erkenntnissen über die Bevöl-
kerungsmeinung, die z.B. aus repräsen-
tativen Befragungen gewonnen werden
können, orientieren.
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