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II b)

In Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht:


Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

So ist die Theorie.

Die Realität zeigt etwas anderes: Wir haben alle die Bilder vor Augen,
was zum Beispiel in Lampedusa geschehen ist, weil die EU ihre
Grenzen abschottet.
Unbemerkt von der Öffentlichkeit spielen sich ähnliche Tragödien
auch in Griechenland an der Küste, z. B. auf Lesbos, ab:
Mit ungeheurem Aufwand wurde in den vergangenen Jahren die
griechisch-türkische Grenze abgesichert - mit Zäunen, Gräben,
Hubschraubern, Spürhunden, Wärmebildkameras, Nachtsichtgeräten
und anderen Sensoren.

II c) Fallbeispiel aus dem aktuellen Amnesty-Heft:

"Ich will nur den Körper meines Sohnes finden. Ich will nicht, dass
die Fische im Meer ihn auffressen", sagt Ali. Der Syrer sitzt auf dem
Bett seines Hotelzimmers auf der Insel Lesbos und starrt verzweifelt
aus dem Fenster. Seine Finger verkrampfen sich, während er vom
letzten Gespräch mit seinem 14-jährigen Sohn erzählt. "Er rief mich
an und sagte, dass sie von der Küste aufgebrochen seien und in einer
halben, spätestens einer Stunde in Lesbos ankämen."
Das war in der Nacht vom 6. auf den 7. März dieses Jahres. Doch Ali
wartete vergeblich auf eine weitere Nachricht seines Sohns.
Schließlich fuhr er selbst nach Lesbos und auf die Nachbarinsel Chios,
um dort nach ihm zu suchen. Obwohl Ali sofort die Polizei und die
Küstenwache über die Vermissten auf See benachrichtigte, wurde erst
Mitte März mit der Suche begonnen, als an den Küsten von Lesbos
die Leichen einer Frau und zweier Kinder gefunden wurden. Ein paar
Tage später wurden zwei Reisepässe und vier weitere Leichen

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angespült, darunter auch die von Alis Sohn. Das Schiffsunglück wurde
von den griechischen Behörden nicht einmal als solches registriert.
Ali ist Unternehmer und wohnt seit Jahren in Griechenland. Sein Sohn
hat ihn mehrmals besucht, die Visa erhielt er von der griechischen
Botschaft in Damaskus. Vor einigen Monaten, als sich der Krieg in
Syrien verschlimmerte, floh sein Sohn mit seiner Großmutter und
seiner Tante nach Ägypten. Ali versuchte vergeblich, bei der dortigen
griechischen Botschaft ein Visum für ihn zu bekommen. Als einziger
Weg nach Griechenland blieb nur die Flucht mit dem Schlauchboot.

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